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„Gewerkschaften starten Lohnoffensive... Arbeitnehmer sollen von Aufschwung profitieren“(Berliner Zeitung, 02.01.2007) – wie können Unternehmer und ihre Verbände „angesichts der verbesserten Ertragslage der Unternehmen und der steigenden Belastungen der Arbeitnehmer durch die höhere Mehrwertsteuer“ (ebenda) 2007 die Ansprüche der Arbeitenden abwehren, ohne eine harte Tarifrunde mit massiven Arbeitskämpfen zu provozieren? Da scheint eine flexible Taktik notwendig – und der Einsatz aller Mittel im „Kampf um die Köpfe“...

„Kämpfen Sie für mehr Lohn...“ – nein, das ist kein Gewerkschaftsblatt, das ist tatsächlich BILD (05.12.2006)! Die BILD-Zeitung ruft nicht nur zum Lohnkampf auf, sie liefert auch die Waffen dazu - einen „Mehr-Lohn-Antrag“ mit „den wichtigsten Argumenten, die selbst der härteste Chef schwer entkräften kann“:
  • „der Aufschwung in der Wirtschaft ist da... gute Gewinne... Auftragsbücher voll...“

  • „der massive Anstieg der Mehrwertsteuer... weitere Belastungen... steigende Krankenkassen- und Rentenbeiträge... Miet-Nebenkosten... Benzin, Gas, Heizöl, Strom usw...“

  • „Reallöhne... in den letzten 15 Jahren... um 2 Prozent gesunken...“


Zur Unterstützung lässt BILD „immer mehr Politiker“ (Müntefering, Merkel, SPD-Generalsekretär Heil) „und Experten“ zu Wort kommen. Gewerkschaftsnahe Verfechter einer „nachfrageorientierten“ Wirtschaftspolitik (Peter Bofinger, Gustav Horn) fordern in BILD „stärkere Lohnerhöhungen, um den Aufschwung fortzusetzen!“ Dazu ein Hinweis auf die Rekordgewinne der „30 Top-Unternehmen“ („stiegen seit 1999... um 15,5 Prozent im Schnitt“) und eine Grafik: „Chef-Gehälter stiegen fünfmal so stark“.

Am Tag darauf werden Chefs vorgestellt, die sich diesen Argumenten nicht verschließen und ihren Beschäftigten Sonderzahlungen oder mehr Lohn zahlen – von „Berlin-Chemie (4000 Beschäftigte)“ bis zu Dönerproduzenten und Stollenbäckern: „Mehr Lohn! Die ersten Chefs zahlen schon.“

...oder doch: für „Arbeitgeber“?

„BILD kämpft für sie“ – die Pose als „Anwalt des kleinen Mannes“ war immer schon Werbestrategie von BILD. Doch es geht um mehr. Der Chef des Unternehmerverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, gab die Linie vor. In der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (02.12.2006) sprach er sich dafür aus, „dass unsere Mitarbeiter angemessen am Zuwachs und Erfolg beteiligt werden“. Doch: „Einen überzogenen Lohnabschluss darf es aber nicht geben“. Vor allem wollen die Metall-Bosse an „Einmalzahlungen, die abhängig gemacht werden können vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens“ auch „künftig festhalten“.

Der BILD-Kommentar (gleiche Seite wie der „Mehr-Lohn-Antrag“) bläst ins gleiche Horn: „Löhne im Betrieb festlegen!“ Auch dort heißt es „Jetzt ist der Aufschwung da – jetzt geht es ans Verteilen“. Doch dann geht es gegen das „Uralt-Ritual von Tarifverhandlungen“: „Schluss mit dem Tarif-Einheitsbrei. Bundesweit einheitlich sollten nur noch Eckpunkte wie Urlaub oder Kündigungsfristen festgelegt werden. Der Rest, vor allem die Lohnhöhe, muss Sache der Betriebe und ihrer Belegschaften selbst werden.“

Das wäre eine schöne Tariflandschaft –für die Kapitalbesitzer! Viele Beschäftigte mussten in den letzen Jahren schmerzlich erfahren, wie erpressbar einzelne Belegschaften sind. Angst um den Arbeitsplatz und Konkurrenz der Beschäftigten untereinander haben Löhne und Gehälter nach unten gedrückt. Nur die Abmilderung dieser Konkurrenz durch die Organisierung in (streikfähigen) Gewerkschaften, also das „Uralt-Ritual von Tarifverhandlungen“, kann dieser Abwärtsspirale etwas entgegensetzen.

Hinter dem „Kampf“ von BILD für „mehr Lohn“ versteckt sich die Unterstützung der Unternehmer. Die Arbeitenden sind gut beraten, wenn sie sich im Lohnkampf weiterhin auf ihre eigene Fähigkeit zum Streik verlassen und nicht auf „BILD-Formulare“.


aus der UZ - Unsere Zeit, Zeitung der DKP - 1/2007.

 
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  Kommentar zum Artikel von Andrea:
Montag, 26.02.2007 - 18:21

Nicht den Kollegen in die Hand druecken, sondern als Argumentationsbasis benutzen.
(Ob alt oder sperrig, es wird sogar in DKP-Kreisen noch ziemlich viel geschult!)


  Kommentar zum Artikel von klemens:
Montag, 26.02.2007 - 17:53

Wobei "Lohn, Preis, Profit" einem Kollegen zum Lesen geben - trotz inhaltlicher Qualität - einem heutigen Kollegen eher schwer zumutbar ist. des is für heutige begriffe doch etwas .... sperrig geschrieben. zumindest für meine begriffe.

Ansonsten kann mich Andrea natürlich nur anschließen!


  Kommentar zum Artikel von Andrea:
Sonntag, 25.02.2007 - 20:30

Absolut korrekt, Achim! Es geht um die Binnennachfrage, die es von Kapitalseite
via das voelkische Sprachrohr BILD anzukurbeln gilt (erst recht, wenn einem
China in diesem Jahr die Exportweltmeisterschaft streitig macht, hihi ...)

Fuer uns allerdings heisst das ganz banal, "Lohn, Preis, Profit" wieder hervor
zu holen und unseren Kollegen klar zu machen, dass nicht dicke Gewinne die
Rechtfertigung fuer Lohnforderungen sind, sondern die Beduerfnisse der
Arbeiterklasse - und dass es keineswegs nur dann was zu verteilen gibt,
wenn die Taschen des Kapitals mehr als voll sind (und Ueberakkumulation
droht) ...