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zurück zu 1. Kapitel - Arbeitswerttheorie


I.a) Markt

Überall dort, wo Menschen regelmäßig Waren miteinander tauschen, entsteht ein Markt. Auf dem Markt stellen sich die Werte der verschiedenen Waren als Preise dar und machen so alle Waren miteinander vergleichbar und austauschbar.

Zum Markt geht der Besitzer von Ware, die für ihn selbst keinen Gebrauchswert, aber dafür Tauschwert hat. Beispielsweise bringt ein Schuster allerlei Schuhe zum Markt, da er selbst ja nur ein Paar Schuh gleichzeitig tragen kann, und auch nur eins in seiner Größe. Er versucht dort einen anderen Warenbesitzer zu finden, dessen Ware für ihn brauchbar ist, z.B. einen Hutmacher. Der Hutmacher hat ebenfalls mehr Hüte als er bräuchte, sucht aber z.B. Honig. So stehen sich allerlei verschiedene Warenmengen, und somit Wertmassen, gegenüber.

Nehmen wir an, es stecke gleichviel Arbeit in je einem Paar Schuhe, einem Hut und einem Glas Honig. So kann der Schuster problemlos beim Hutmacher ein Paar Schuhe gegen einen Hut tauschen; der Hutmacher wiederum zwei Hüte gegen zwei Gläser Honig. Jeder von ihnen tauscht Ware (W) gegen Ware, oder kurz: W - W.

I.b) Geld

Einfacher Austausch:

Hier stehen sich direkt die Besitzer verschiedener Waren auf dem Markt gegenüber. Als Wert ihrer Waren gilt ihnen die dafür verbrauchte Arbeitszeit.

Ware:

Arbeitszeit:

1Schuh

2Stunden

1Hut

2 Stunden

1 Glas Honig

2 Stunden

2 Flaschen Milch

2 Stunden

Denken wir uns nun einen Milchmann hinzu. Er isst auch gern Honig und tauscht mit diesem zwei Flaschen Milch pro Glas. Eines Tages hat ihm der Hutmacher aber bereits allen Honig weggekauft. Der Milchmann hat das Problem, dass seine Milch verdirbt, wenn er sie nicht verkauft; er muss sie also zeitnah verkaufen, damit nicht mit ihrem Gebrauchswert ihr Wert verfällt. In seiner Not tauscht er erstmal Schuhe ein, im Austausch für seine Milch, obwohl er schon Schuhe hat. Mit den Schuhen kann er dann das nächste Mal einen Honigvorrat eintauschen: ein Glas pro Paar Schuhe und zusätzlich noch eins für je zwei Flaschen Milch. Er hat in den Schuhen den Wert seiner Milch aufgespeichert. Die Möglichkeit Wert aufzuspeichern ist sehr wichtig. Selten sind Märkte so beschaffen, dass sie zufällig die richtige Anzahl von Waren zum richtigen Zeitpunkt verfügbar haben. Mit fortschreitender Warenproduktion und entsprechendem Austausch wird es also immer häufiger, dass bestimmte Waren nur gekauft werden, um eine Weile Wert zu speichern, der später wieder in den gewünschten Gebrauchswert umgetauscht wird. Immer häufiger werden also eben diese Waren hin- und hergetauscht. Sie verlieren mit der Zeit ihren eigentlichen Charakter als selbstständige Gebrauchswerte und werden Hilfsmittel der Warenzirkulation, gewissermaßen Lückenfüller oder Pfandmarken für Gebrauchswerte. Sie werden Wertzeichen, Geld. Als solches bekommen sie spezifische Aufgaben, und so setzen sich recht bald als Geldware Produkte durch, die den Ansprüchen an sie am besten gerecht werden. Eine Geldware muss erstmal möglichst robust und beständig sein, dazu gut und beliebig portionierbar, jede Portion muss eine gleichmäßige Qualität aufweisen, sie darf nicht zu sperrig sein bzw. sollte schon in geringen Mengen recht hochwertig sein, und nicht beliebig zu vervielfältigen. Irgendwann setzen sich die Edelmetalle als Geldware durch, besonders Gold und Silber, da diese von Natur aus all jene Eigenschaften besitzen. Im hochentwickelten Kapitalismus werden selbst die Edelmetalle zu rar, um den Geldbedarf der weltweiten Zirkulation zu decken. Schließlich wird das Goldgeld seinerseits durch Geldzeichen ersetzt - wertlose bunte Papierzettel und billiges Blechgeld (bisweilen sogar Plastikkarten und bloße Datenbankeinträge).1

Man muss an dieser Stelle bemerken, dass das Geld selbst bzw. seine Produktion bereits „Verschwendung von Arbeit“ ist. Schließlich wird kein konkreter Gebrauchswert mehr dabei hergestellt. Stattdessen kommt ein Produkt heraus, das in die Zirkulationssphäre eingesperrt wird und diese nicht mehr verlässt. Die gesamte Produktion von Werten geschieht nun gewissermaßen doppelt, indem erst die Waren selbst produziert werden müssen und parallel ihr Geldausdruck ihnen gegenübergestellt wird. Durch das Aufkommen von Geld werden viele Mechanismen des Warenaustauschs verschleiert. Es scheint, dass nicht mehr die Waren selbst Wert besitzen, sondern dass sie diesen erst durch ihren Austausch mit der Geldware bekommen. Es stehen sich plötzlich auch nicht mehr Warenbesitzer direkt gegenüber, die Nichtgebrauchswerte in Gebrauchswerte eintauschen. Dadurch, dass sie jetzt die Zwischenstufe Geld benötigen, kann der Warenkreislauf sogar unterbrochen werden. War früher Verkauf und Kauf der Ware derselbe Akt, W - W, so sind jetzt unter dem Einfluss des Geldes (G) zwei unabhängige Akte daraus geworden - Verkauf, W - G und Kauf, G - W. Während aber die Waren wechselseitig den Markt erst betreten, um ihn recht bald wieder zu verlassen, wandert das Geld in umgekehrter Richtung - durch einen Warenverkauf verlässt es den Markt in Richtung Geldbörse des Verkäufers. Später wird es von dort wieder in den Markt zurückgeworfen, und wenn auch nicht sofort vollständig, so kommt der Rest früher oder später nach.

Geld wird zum Ausdruck von Reichtum. Ein großes Geldvermögen stellt eine gewisse Macht dar; nämlich die Macht, viele Waren davon kaufen zu können. Dennoch ist es nicht das Geld, das den Reichtum ausmacht, es sind die Waren selbst, denn nur sie kann man gebrauchen, nur sie besitzen Wert (wie in Zeiten starker Inflation zu bemerken). Geldvermögen ist oft auch nur ein Anzeichen für Macht (in der Regel Macht eines Ausbeuters), die allerdings der Geldbesitzer oft schon vorher besaß und mit dessen Hilfe er eben jenen Schatz scheffelte. Es entsteht der Geldfetischismus. Das Geld wird als über der Gesellschaft stehende, sie lenkende Macht angesehen und verdeckt die dahinterstehende Macht des Privateigentums, nämlich Menschen ausbeuten zu können. Immer stärker beherrscht das Geld alle sozialen Verhältnisse, dringt immer tiefer zwischen die Menschen und macht nach und nach alles und jeden, den es berührt, zur käuflichen Ware. Der Warenfetischismus ist nur ein anderer Ausdruck desselben Verhältnisses. Durch viele und teure Waren (Auto, Schmuck, Elektronik etc.) repräsentieren die höhergestellten Mitglieder der Gesellschaft ihren Status und ihr Eigentum.

Der Warenfetischismus. Unter den Bedingungen der auf dem Privateigentum an den Produktionsmitteln beruhenden Warenproduktion zeigt sich der im Produktionsprozess bestehende gesellschaftliche Zusammenhang zwischen den Menschen erst durch die Vermittlung des Austauschs der Sachen als Waren. Das Schicksal der Warenproduzenten hängt eng mit dem Schicksal der von ihnen geschaffenen Sachen als Waren zusammen. Die Warenpreise verändern sich ständig unabhängig vom Willen und Bewusstsein der Menschen, und dabei ist das Preisniveau für die Warenproduzenten nicht selten eine Lebensfrage.

Die Verhältnisse der Sachen verbergen die gesellschaftlichen Verhältnisse der Menschen. So bringt der Wert der Ware das gesellschaftliche Verhältnis der Warenproduzenten zum Ausdruck, doch erscheint er als eine ebenso natürliche Eigenschaft der Ware wie etwa deren Farbe oder Gewicht.

Somit treten in der auf dem Privateigentum beruhenden Warenwirtschaft die Produktionsverhältnisse der Menschen unvermeidlich als Verhältnisse zwischen Sachen in Warengestalt in Erscheinung. In dieser Versachlichung der Produktionsverhältnisse besteht eben der für die Warenproduktion charakteristische Warenfetischismus2.

Besonders deutlich tritt der Warenfetischismus im Geld zutage. In der Warenwirtschaft ist das Geld eine gewaltige Kraft, die dem Besitzer Macht über die Menschen gibt. Für Geld kann man alles kaufen. Es entsteht der Anschein, als sei diese Fähigkeit, alles kaufen zu können, eine natürliche Eigenschaft des Goldes, während sie in Wirklichkeit das Ergebnis bestimmter gesellschaftlicher Verhältnisse ist.

Der Warenfetischismus ist tief in der Warenproduktion verwurzelt, in der die Arbeit der Warenproduzenten unmittelbar als private Arbeit auftritt und ihr gesellschaftlicher Charakter sich erst im Austausch der Waren zeigt. Erst mit der Beseitigung des Privateigentums an den Produktionsmitteln verschwindet auch der Warenfetischismus.3

I.c) Zirkulationsmittel

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der Kapitalkreislauf
Geld ist hauptsächlich erstmal dazu da, die Warenzirkulation zu vermitteln. Es ist das Maß der Werte; eben dadurch, dass es abstrakte Arbeit beispielhaft repräsentiert, nämlich jene Arbeit, die in einer Münze Gold steckt. Es ist auch der Maßstab der Preise4; gewissermaßen eine Messlatte, auf der die Wertgröße einer Waren gemessen werden kann in Vielfachen eines einfachen Goldquantums.5

Welche Menge an Geldware üblicherweise benötigt wird, hängt von verschiedenen Umständen ab. Das Geld muss natürlich ausreichen, um sämtliche Käufe und Verkäufe zu vermitteln. Die Preissumme der auf einem Markt befindlichen Waren spielt also eine Rolle. Allerdings wird das Geld ja regelmäßig auf den Markt zurückgebracht, außerhalb hat es schließlich keine Funktion. Ein einzelnes Geldstück kann so hintereinander viele verschiedene Warenzirkulationen vermitteln. In obigem Beispiel kann z.B. unser Schuster seine Schuhe für eine Münze verkaufen, gibt diese Münze dem Hutmacher als Tausch gegen den Hut, dieser gibt die Münze dem Imker für den Honig, schließlich wandert die Münze zum Milchmann. Ein einzelnes Geldstück hat hier die Zirkulation einer Wertmasse erledigt, die viermal so groß ist wie seine eigene, obwohl sie immer nur gegen gleichwertige Waren getauscht wurde. Wir kommen zu folgender Gleichung:

I.d) Wertgesetz

Das Wertgesetz als ökonomisches Gesetz der Warenproduktion. In der auf dem Privateigentum beruhenden Warenwirtschaft werden die Waren von isolierten Privatproduzenten hergestellt. Zwischen den Warenproduzenten herrscht Konkurrenzkampf; jeder sucht den anderen zu verdrängen und seine Position auf dem Markt zu behaupten und auszubauen. Der Produktion liegt kein Gesamtplan zugrunde. Jeder produziert isoliert, unabhängig von den anderen. Niemand weiß, wie groß der Bedarf für die von ihm hergestellte Ware ist und wie viele andere Warenproduzenten die gleiche Ware herstellen, ob er die Ware auf dem Markt absetzen kann und ob ihm sein Arbeitsaufwand ersetzt wird. Mit der Entwicklung der Warenproduktion verstärkt sich die Gewalt des Marktes über die Warenproduzenten immer mehr.

Dies bedeutet, dass in der auf dem Privateigentum an den Produktionsmitteln beruhenden Warenproduktion das ökonomische Gesetz der Konkurrenz und der Anarchie der Produktion wirksam ist. Dieses Gesetz bringt den elementaren Charakter der Produktion und des Austauschs, den Kampf zwischen den privaten Warenproduzenten um günstigere Bedingungen für die Produktion und den Verkauf der Waren zum Ausdruck.

Unter den Bedingungen der Anarchie der Produktion, die in der auf dem Privateigentum beruhenden Warenwirtschaft herrscht, tritt als elementarer Regulator der Produktion das Wertgesetz auf, das sich mithilfe der Marktkonkurrenz durchsetzt.

Das Wertgesetz ist das ökonomische Gesetz der Warenproduktion, dem zufolge sich die Waren entsprechend der zu ihrer Herstellung aufgewandten gesellschaftlich notwendigen Arbeitsmenge austauschen.

Das Wertgesetz reguliert die Verteilung der gesellschaftlichen Arbeit und der Produktionsmittel auf die verschiedenen Zweige der Warenwirtschaft elementar vermittels des Preismechanismus. Unter dem Einfluss der Schwankungen im Verhältnis von Angebot und Nachfrage weichen die Preise der Waren ständig nach oben oder nach unten von ihrem Wert ab. Die Abweichungen der Preise vom Wert sind nicht das Ergebnis eines fehlerhaften Wirkens des Wertgesetzes, sondern im Gegenteil die einzig mögliche Art der Durchsetzung des Wertgesetzes. In einer Gesellschaft, in der sich die Produktion in den Händen von Privateigentümern befindet, die aufs Geratewohl produzieren, lassen nur die elementaren Preisschwankungen auf dem Markt den Warenproduzenten wissen, welche Produkte in zu großer oder zu geringer Menge im Vergleich zur kaufkräftigen Nachfrage der Bevölkerung produziert wurden. Erst die elementaren Schwankungen der Preise um den Wert veranlassen die Warenproduzenten, die Produktion dieser oder jener Waren zu erweitern oder einzuschränken. Unter dem Einfluss der Preisschwankungen wenden sich die Warenproduzenten den Zweigen zu, die ihnen im gegebenen Moment günstigere Aussichten bieten.6

Das Wertgesetz ist die wichtigste Grundlage zum Verständnis der Funktion von Märkten. Wie alle ökonomischen Gesetze gilt es unabhängig vom Willen der einzelnen Menschen; im Gegenteil wirkt es erst dadurch, dass die Menschen individuell agieren. So wird die Freiheit der einen durch das Wertgesetz zum Sachzwang für die anderen. Ein Produzent z.B., der aufgrund besserer Maschinen in der Lage ist, seine Preise zu senken, zwingt früher oder später seine Konkurrenten, ihre Preise anzugleichen oder sie werden vom Markt verdrängt.

Da auf allen Märkten das Wertgesetz gilt, ist es klar, dass in der Summe die Marktteilnehmer im Markt selbst weder verarmen, noch sich bereichern können. Es kann keine größere Wertsumme aus dem Markt herauskommen als hereingesteckt wurde, oder anders ausgedrückt: die Zirkulation der Waren selbst benötigt keine Verausgabung von Arbeit und produziert somit keinen Wert.7

Nehmen wir an, ein Markt beinhalte folgende Waren:

Warengattung

Gesamtwert

Lebensmittel

30.000€

Kleidung

10.000€

Werkzeug

5.000€

Spielzeug

20.000€

Elektronik

40.000€

Schmuck

15.000€



Nehmen wir zusätzlich noch an, es kämen über längere Zeit genug Käufer um sämtliche Waren zu kaufen. Der Gesamtumsatz für diese Waren beträgt:

30.000€ + 10.000€ + 5.000€ + 20.000€ + 40.000€ + 15.000€ = 120.000€

Dazu kommt noch ein Geldvermögen von 120.000€ auf den Markt, sodass sich insgesamt 240.000€ an Werten jeglicher Form auf dem Markt befinden. Hier können wir nun die Wirkung des Wertgesetzes gut beobachten.

120.000€ ist die gesamte Geldsumme, die die Verkäufer an diesem Markt maximal verdienen können, und zwar unabhängig von der Verteilung dieses Betrags auf die einzelnen Verkäufer. Es kann gut sein, dass die Elektronikhändler ihre Geräte nicht für insgesamt 40.000€, sondern für 50.000€ verkaufen. Dafür werden dann vielleicht die Lebensmittel, deren Anbieter sich gerade gegenseitig vom Markt zu drängen versuchen, nur für insgesamt 20.000€ verkauft. Am Ende gehen die Marktteilnehmer insgesamt wieder mit den 240.000€ an Werten nach Hause, mit denen sie herkamen. Die Waren und das Geld haben nur ihre Position gewechselt. Reicher oder ärmer geworden sind sie in der Summe nicht, selbst wenn nun ein Lebensmittelhersteller pleite sein sollte.

Angenommen aber, Angebot und Nachfrage decken sich nicht. Es kann sein, dass nicht alle Waren verkauft werden. Z.B. bleiben 10.000€ an Spielzeug unverkauft. Dann nehmen die Spielzeughersteller statt des erwarteten Geldes ihr Spielzeug wieder mit, was die gesamte Wertsumme am Markt unberührt lässt.8 Ebenso in dem Fall, dass die Nachfrage das Angebot übersteigt. Solange nur 120.000€ an Geld zur Verfügung stehen, können auch nur 120.000€ an Warenwert umgesetzt werden. Die höhere Nachfrage würde sich dann nur auf die Geschwindigkeit auswirken, mit der das Angebot umgesetzt würde. Sozusagen wäre „Platz für mehr“ auf dem Markt vorhanden, den die Anbieter in Zukunft dann auch füllen würden.

Selbst wenn wir annehmen, dass die Verkäufer mit dem erworbenem Geld untereinander Handel treiben, sodass das Geld mehr als einmal zirkuliert, geht die Rechnung noch immer auf. Der Werkzeughändler kaufe z.B. von seinem Geld ein Drittel des Schmucks auf. Dann ist natürlich erstmal zuviel Geld auf dem Markt verfügbar, denn die 5.000€ des Werkzeugkäufers zirkulieren ein zweites Mal. Andere Schmuckkäufer würden nun mangels Angebot leer ausgehen und müssten ihre 5.000€ wieder heimtragen. Es wäre dasselbe, als hätten auf dem Markt von Anfang an zwar die 120.000€ Warenwert, aber nur 115.000€ Geldwert zur Verfügung gestanden. Die übrigen 5.000€ sind nicht in die Zirkulation mit eingegangen und können somit auch niemanden bereichert oder verarmt haben.

In der alltäglichen Praxis treten diese Zusammenhänge nie rein ans Licht. Die üblichen Warenumschlagsplätze, Groß- und Einzelhändler z.B., werden ständig neu beliefert, auch wenn sie ihre „alten“ Waren großenteils noch garnicht umgesetzt haben. Dazu kommen noch andere Faktoren, wie Wert- und Preisschwankungen. In gewissen Perioden stehen die Preise der Waren mal über, mal unter dem Wert. Langfristig gleichen sich diese Schwankungen notwendigerweise aber aus, sofern sie nicht auf den Wert selbst zurückwirken (also für „hungrige“ Märkte die Produktion verbessert und somit der Einzelwert der Ware verändert wird). Nicht zuletzt treten Unterschiede im Wert des Geldes selbst auf, die die ganze Bewegung schwer erfassbar machen. Dennoch gilt natürlich auch hier, gewissermaßen unsichtbar im Hintergrund, unverändert das Wertgesetz.

Der praktischen Wirkung nach betrachtet lässt sich das Wertgesetz wie folgt formulieren:

Summe aller Werte = Summe aller Preise

I.e) Kapitalkreislauf

Der Markt dient ursprünglich dazu, als Warenaustauschplatz die gesellschaftliche Produktion zu verteilen. Man geht zum Markt, um Gebrauchswerte, die man selbst nicht braucht, gegen Gebrauchswerte, die man braucht, auszutauschen. Das Geld dient als Hilfsmittel, um die gleichwertigen Mengenverhältnisse verschiedener Waren zueinander bestimmen zu können. Mit dem Geld (G), das die eigene Ware (W1) einbringt, wird fremde Ware (W2) erworben; es wird verkauft, um zu kaufen: W1 - G - W2. Damit ist der Prozess der Warenmetamorphose auch schon abgeschlossen, die Zirkulation beendet. Ein Markt besteht natürlich aus sehr sehr vielen solcher atomarer Austauschprozesse, die nebeneinander ablaufen und ineinandergreifen.

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Allerdings tritt noch ein anderes Phänomen auf: der Kapitalkreislauf. Es ist möglich, mit einer gewissen Mindestsumme an Geld Ware zu kaufen, die man wieder verkauft, und zwar möglichst teurer als der Einkauf war. Das Geld soll sich vermehren, G soll sich in G + ΔG, in G' verwandeln.


Diese Art des Kreislaufs ist fundamental für jede Art von Kapital. Eine Geldsumme wird ausgegeben, nicht zum direkten Erwerb von Gebrauchsgegenständen, sondern um sich zu vermehren, um weiteres Geld zu erwerben. Das regelmäßige Gelingen dieses Prozesses macht eine bestimmte Wert- bzw. Geldsumme zu Kapital; der zusätzliche Wert, den das Kapital durch seine Zirkulation aufsaugt, ist der Mehrwert (die entwickeltere Variante des Mehrprodukts, wie sich in III zeigen wird).

Auf den ersten Blick scheint die Form G - W - G' dem Wertgesetz zu widersprechen. Schließlich bestimmt das Wertgesetz, dass äquivalente, also gleichwertige Waren miteinander getauscht werden. Wenn also G = W ist, müsste W = G' sein, und dann kann kein ΔG, kein Mehrwert bzw. Gewinn existieren.

Betrachten wir das Problem nach seiner praktischen Seite. Schlägt man einfach einen Betrag auf den Wert einer Warenmenge drauf, so vertreibt man in selbem Maß Käufer. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, werden sich schnell Konkurrenten finden, die die gleichen Waren verkaufen, und der Markt wird schnell überfüllt, sodass die Nachfrage versiegt und die Preise gesenkt werden müssen. Man kann bestimmte Waren auch von einem Markt, auf dem sie günstig sind, zu einem anderen exportieren, auf dem sie teurer sind (was ja nur bedeutet, dass jede Ware dort mehr verausgabte Arbeit verkörpert). Auf diese Weise kann man kurzfristig sicher einen Gewinn machen. Doch längerfristig betrachtet verstärkt das nur die Konkurrenz unter den Anbietern, und die Produzenten des Exportmarkts werden entweder ihre Produktion verbessern, um ihrerseits ihre Waren günstiger anbieten zu können, oder schließlich ruiniert werden und verschwinden, wodurch auch die Preisdifferenz verschwindet, die den Gewinn ausmachte (wir erinnern uns: Wert = durchschnittliche Verausgabung von Arbeit). Wie wir uns drehen und wenden, der Wert der erst gekauften, dann wieder verkauften Ware bleibt bei aller Marktaktivität annähernd gleich. Um aus G G' zu machen, muss die gekaufte Ware selbst ihren Wert vergrößern.

Die Verwandlung des Geldes in Kapital ist auf Grundlage dem Warenaustausch immanenter Gesetze zu entwickeln, sodass der Austausch von Äquivalenten als Ausgangspunkt gilt. Unser nur noch als Kapitalistenraupe vorhandener Geldbesitzer muss die Waren zu ihrem Wert kaufen, zu ihrem Wert verkaufen und dennoch am Ende des Prozesses mehr Wert herausziehen, als er hineinwarf. Seine Schmetterlingsentfaltung muss in der Zirkulationssphäre und muss nicht in der Zirkulationssphäre vorgehen. Dies sind die Bedingungen des Problems. Hic Rhodus, hic salta!

Die Wertveränderung des Geldes, das sich in Kapital verwandeln soll, kann nicht an diesem Geld selbst vorgehen, denn als Kaufmittel und als Zahlungsmittel realisiert es nur den Preis der Ware, die es kauft oder zahlt, während es, in seiner eignen Form verharrend, zum Petrefakt [Versteinerten] von gleichbleibender Wertgröße erstarrt. Ebensowenig kann die Veränderung aus dem zweiten Zirkulationsakt, dem Wiederverkauf der Ware, entspringen, denn dieser Akt verwandelt die Ware bloß aus der Naturalform zurück in die Geldform. Die Veränderung muss sich also zutragen mit der Ware, die im ersten Akt G - W gekauft wird, aber nicht mit ihrem Wert, denn es werden Äquivalente ausgetauscht, die Ware wird zu ihrem Wert bezahlt. Die Veränderung kann also nur entspringen aus ihrem Gebrauchswert als solchem, d.h. aus ihrem Verbrauch. Um aus dem Verbrauch einer Ware Wert herauszuziehen, müsste unser Geldbesitzer so glücklich sein, innerhalb der Zirkulationssphäre, auf dem Markt, eine Ware zu entdecken, deren Gebrauchswert selbst die eigentümliche Beschaffenheit besäße, Quelle von Wert zu sein, deren wirklicher Verbrauch also selbst Vergegenständlichung von Arbeit wäre, daher Wertschöpfung. Und der Geldbesitzer findet auf dem Markt eine solche spezifische Ware vor - das Arbeitsvermögen oder die Arbeitskraft.9

I.f) Zusammenfassung

  • Auf Märkten treffen sich Warenbesitzer um ihre Waren auszutauschen. Grundlage dafür ist der Tauschwert; er bestimmt die Mengenverhältnisse verschiedener gleichwertiger Warenmassen zueinander.
  • Geld entsteht aus der Notwendigkeit, Wert aufzuspeichern, sollte der Warenaustausch unterbrochen werden. Edelmetalle werden üblicherweise zur vorherrschenden Geldware, aber auch sie werden schließlich von Geldzeichen (Papiergeld) abgelöst.
  • Mit dem Geld, das sich seiner Menge proportional zu einer gesellschaftlichen Macht entwickelt, entsteht der Geld- und Warenfetischismus. Die Menschen ordnen sich noch mehr den ökonomischen Verhältnissen unter und mystifizieren diese.
  • Auf Märkten herrscht die Konkurrenz der Verkäufer und Käufer untereinander vor. Diese verhindert effiziente Planung von Produktion und Verteilung; es herrscht Anarchie. Dadurch werden zunehmend viele Werte vernichtet.
  • Das Wertgesetz bestimmt den Austausch auf dem Markt. Es besagt, dass die Waren in der Summe zu ihren Werten - die bestimmt sind durch die durchschnittliche gesellschaftliche Arbeitszeit, die die Waren enthalten - ausgetauscht werden, und dass sich in der Summe daran niemand bereichern kann.
  • Der Kapitalkreislauf entspringt der Warenzirkulation. Eine Geldmenge wird zu Kapital, sofern sie es vermag, sich regelmäßig durch die Zirkulation zu vermehren.
  • Auf dem Markt werden durch Arbeit geschaffene Werte nur verteilt, es kann kein weiterer Wert dazukommen. Nur die Verausgabung von Arbeitskraft, also nur die Produktion, schafft Wert.



weiter zu 3. Kapitel - Produktion


Anmerkungen:
1 Dies mag auf den ersten Blick befremdlich erscheinen, tut aber, wie oben erklärt, den Funktionen und Eigenschaften des Geldes keinen Abbruch. Denn auch wenn das ursprüngliche Geld, als Wertzeichen, schließlich selbst wertlos geworden ist, erfüllt es immernoch seinen Zweck als Hilfsmittel der Waren- und somit Wertzirkulation. Das früher so wichtige Gold besitzt zwar nach wie vor hohen Wert (steckt eben viel Arbeit drin), ist aber fast vollständig aus der Zirkulation verdrängt und wird heutzutage hauptsächlich zu industriellen Zwecken verwendet (Elektronik, aber auch Schmuck etc.).
2 Die für die Warenproduktion charakteristische Versachlichung der Produktionsverhältnisse wird deswegen „Warenfetischismus“ genannt, weil sie dem Fetischismus in der Religion ähnelt, der darin besteht, dass die Urmenschen von ihnen selbst geschaffene Gegenstände als Götter verehrten.
3 „Politische Ökonomie - Lehrbuch“, Berlin 1955, Kapitel IV, S. 95f.
4 An dieser Stelle noch ein Hinweis auf Inflation/Deflation. Beide Begriffe bedeuten eine Veränderung des Preismaßstabs, sonst nichts. Der Wert, den eine bestimmte Masse Münzen und Scheine repräsentiert, wird hierdurch beeinflusst, damit auch deren Kaufkraft. Gerade im Fall der Inflation wird dieser Zusammenhang häufig mystifiziert; die „Preissteigerungen“ scheinen ein unabwendbares Schicksal moderner Wirtschaft zu sein, die den armen Arbeitern die Löhne auffrisst. Man muss allerdings konsequent sein und fragen, wo denn das Geld hingeht, dass dem Arbeiter dadurch entgeht. So offenbart sich, dass die Inflation nur eins von vielen Mitteln der Ausbeuter ist, den Arbeiter um seinen Lohn zu prellen.
5 Es gibt auch noch weitere Funktionen des Geldes, wie z.B. seine Funktionen als Rechengeld und Zahlungsmittel, welche die Grundlage des Kreditsystems mit seinen verwirrenden Entwicklungen sind. Für die Zwecke dieses Readers sind jene Funktionen wenig relevant; der interessierte Leser sei auf „Das Kapital“, Bd. 1, Kapitel 3, „Das Geld oder die Warenzirkulation“ verwiesen.
6 „Politische Ökonomie - Lehrbuch“, Berlin 1955, Kapitel IV, S. 93f.
7 Dagegen sind natürlich für die Warenzirkulation bestimmte Voraussetzungen zu schaffen. Diese Art Arbeiten - allen voran Transportarbeit - sind tatsächlich wertbildend, auch wenn sie nicht mehr der Produktion direkt zugehörig scheinen. Solche Arbeit verschwimmt an und mit der Grenze zum Zirkulationsprozess.
8 Dass unverkäufliche Ware eben dadurch, dass sie als Warenwert produziert, aber nicht realisiert wurde, früher oder später entwertet wird, spielt für unser Beispiel keine Rolle. Gesamtwirtschaftlich sind aber die Wirkungen gerade der chaotischen kapitalistischen Überproduktion problematisch. Es wird - mangels zentraler Planung - ständig Arbeit verschwendet für Waren, die aufgrund zu großer Masse entweder niemand kaufen kann oder in der Tat niemand gebrauchen kann. Die Wirkung ist die gleiche, als wäre für die notwendige Warenmasse gleichen Typs übermäßig viel Arbeit aufgewendet worden, die sich nun auf weniger (umsetzbare) Waren verteilt. Z.B.: 500.000 Arbeitsstunden sind gesellschaftlich nötig, um den Bedarf an Bier für einen gewissen Zeitraum zu decken. Es wurden 1.000.000 Arbeitsstunden aufgewandt. Somit verteilt sich das Wertprodukt von 500.000 Arbeitsstunden auf die doppelte Menge Bier. Nun verkaufen entweder die Brauer nur die Hälfte ihres Produkts zum üblichen Preis, oder schlagen die Ware zum halben Preis los. Der halbe Wert des Bieres wird so oder so vernichtet. Vgl. K. Marx, „Das Kapital“, Bd. 1, in MEW, Bd. 23, S. 121f.
9 K. Marx, „Das Kapital“, Bd. 1, in MEW, Bd. 23, S. 180f.