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Propagandafilme, das wusste schon Josef Goebbels, wirken besser, wenn sie nicht als solche, sonders als "Unterhaltung" daherkommen. Das Pentagon hat diese Lektion längst gelernt und oftmals "geeignete" Hollywood-Produktionen ("Die rote Flut", "Stählerne Adler" u. ä.) großzügig mit Gerät und Personal unterstützt. Aus der bundesdeutschen Produktion waren derlei Filme bisher nicht bekannt, wohl auch, weil die Bundeswehr beim weltweiten Kriegspielen zum Glück lange Zeit nur Zuschauer war.

Seit sie aber die Machtstrategie des großen Bruders USA nicht mehr nur passiv, sondern mit eigenen "Militäreinsätzen" - ein Wort für Angriffskrieg, das gewiss auch Herrn Goebbels gefallen hätte! - unterstützt, muss es offenbar mit solcher Zurückhaltung ein Ende haben. Und was wäre da passender als ein Filmstoff, der zeigt, wie "unsere Jungs" opferbereit für den Frieden kämpfen, zwar nicht daheim, wie es mal gedacht war, sondern in einem Land, wo sich die Menschen ohne unsere "Friedensstifter" vielleicht sinnlos die Köpfe einschlagen: als KFOR-Soldaten im Kosovo.

Rudolf Schweiger heißt der Regisseur dieses Machwerks, für das er sich zuvor mit einem Kurzfilm ("Sniper Alley") und einem Bundeswehr-Schulungsfilm über die Schlacht bei Verdun "qualifizierte". Im Presseheft zu seinem neuen Opus, bei dem er auch als Co-Autor und Produzent fungierte, lässt er sich denn auch die "Authentizität" seiner Darstellung von einem Kosovo-erfahrenen Hauptmann a. D. ausdrücklich bestätigen. Sodann preist er selber in einem Interview in höchsten Tönen die hervorragende Unterstützung durch die Bundeswehr und ihren ersten KFOR-Befehlshaber Klaus Reinhardt: "Lange schon war ich mit dem Presse/Info Stab des Verteidigungsministeriums im Gespräch und wälzte das Projekt. ... Letztendlich haben sie uns aus filmischer Sicht gerettet."

Von entsprechendem "Niveau" ist denn auch die Geschichte, die sein Film erzählt: Tom und Charly, zwei junge Bundeswehrsoldaten der KFOR-Truppen, retten die hübsche Serbin Mirjana Jovovic vor dem 13-jährigen albanischen Heckenschützen Durcan und sodann ihre Eltern in einer serbischen Enklave vor den Attacken einer Bande rachsüchtiger Albaner. Doch von denen erfahren sie, dass zumindest der Vater ihres Schützlings solche Rache durchaus verdient hat - er hat nämlich als Arzt falsche Totenscheine für von den Serben ermordete Albaner ausgestellt (weshalb er zum Filmschluss sich vor Schuldbewusstsein auch selbst erschießt!). Natürlich fehlt auch ein "Konflikt" zwischen den beiden Freunden um Mirjana ebenso wenig wie reichlich Ballerei und andere Action-Zutaten oder - besonders unerträglich - eine schwülstige Musik, die das Ganze bis zur unfreiwilligen Komik mit "Bedeutung" aufladen soll. Die Darsteller müssen papierene Lehrbuchdialoge aufsagen, bewegen sich steif durch die Landschaft und sind mit der holprigen Beinahe-Lovestory dann gänzlich überfordert.

"Wir sind Soldaten, wir sind neutral, für uns gibt es weder Gut noch Böse" muss einer der Soldaten irgendwann verkünden, doch der Tenor von Schweigers Geschichte straft ihn Lügen. Schon in der ersten Szene wird eine albanische Witwe am Grab ihres ermordeten Mannes durch eine (natürlich serbische) Mine in die Luft gesprengt - was braucht es mehr, um die folgenden Aktionen der Albaner zumindest als verständlich darzustellen? Und die einzige "gute" Serbin Mirjana, entsetzt über ihres Vaters Taten, erhält immerhin Gelegenheit zur reuigen Buße: Sie soll dem verstockten Durcan das Geheimnis um das Waffenlager der Albaner entlocken und darf dafür im Schlussbild mit Durcan und Strahlemann Tom als Heilige Familie der Völkerversöhnung posieren.

Ach ja, fast hätte ich´s vergessen. Schweigers Film heißt "Mörderischer Frieden" und ist somit auch in seinem Titel schon ein Musterbeispiel für Goebbelssche Wortverdrehung oder Orwellsches Neusprech. Wenn der Frieden mörderisch ist, so soll wohl die Botschaft lauten, dann kann nur der Krieg Leben retten. Eine Botschaft, die wegen der grobschlächtigen Machart allerdings selbst in konservativen Kritikerkreisen schlecht ankam. Die Urteile über Schweigers Film reichen von "schlechter Actionfilm", "unbeholfen" und "unsägliches Desaster" bis hin zu "Wegtreten!"

 
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  Kommentar zum Artikel von 127757:
Dienstag, 11.12.2007 - 14:42

Der blöde Verweis auf den "großen Bruder" ist definitiv fehlplatziert, da hat der Ivan recht!
Ansonsten sehe ich da im Text nix, was direkt falsch ist: die Hollywood-Großproduktionen wären ohne Hilfe mit Gerät und Mannschaften seitens des Militärs kaum machbar... Die Besprechung leugnet ja auch die Existenz progressiver amerikanischer filme nicht ab. Daß es sich, ein wenig nachholend wie immer, hier in ähnliche Richtung entwickelt, ist das Interessantere. Die USA benutzt Panzer zum Kriegführen, die BRD auch. Warum uns letztere hierzulande mehr interessieren, sollte klar sein.


  Kommentar zum Artikel von Ivan:
Dienstag, 11.12.2007 - 14:15

Der Verweis auf die amerikanische Filmindustrie ist grottenschlecht.
Es gibt durchaus eine nennenswerte demokratische Filmopposition in den USA. Als Beispiel gilt der etwas ältere Film "geboren am 4. Juli", der hier sehr gerne gezeigt wird. Als weiteres Beispiel antiimpierialistischer Filmindustrie ist der recht neue Film "Syriana".
Ebenfalls den Hinweis auf den "großen Bruder" kann man sich spraren.
Der Autor erliegt einem Antiamerikanismus oder einer Orwell- Verehrung.
Diesen großen Bruder hat es nie gegeben. Der eine Räuber "US-Imp". hat dem anderen "dt. Imp." 1945 den Kopf aus der SChlinge gezogen, um seinen eigenen zu retten, um sich hinterher wieder zu bekämpfen. Was ist daran brüderlich?
Der Jugoslawienkrieg selbst ist ein Beweis für den Alleingang des dt. Imperialismus.
Manche lernen es nie, drei vier Zeilen mehr zur deutschen Jugoslawienpolitik statt dem unsäglichen Hinweis zu den USA hätten der Filmbesprechung gut getan.