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NEUES THEMA09.02.2020, 22:57 Uhr
EDIT: FPeregrin
09.02.2020, 23:29 Uhr
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FPeregrin

• Rep. Irland: Erdrutschsieg für Sinn Féin jW morgen:

Parlamentswahl in Irland

Nachwahlbefragung sieht Sinn Féin mit konservativen Parteien gleichauf

Bei der Parlamentswahl in Irland zeichnet sich einer Nachwahlbefragung zufolge ein deutlicher Umbruch in der politischen Landschaft ab. Wie der irische Rundfunksender RTÉ bereits am Sonnabend nach der Schließung der Wahllokale berichtet hatte, gewannen sowohl die beiden konservativen Parteien Fine Gael und Fianna Fáil als auch die linksgerichtete Sinn Féin jeweils etwa 22 Prozent der Stimmen. Das Endergebnis lag wegen des komplizierten irischen Wahlsystems bis jW-Redaktionsschluss noch nicht vor.

Bislang hatten sich in der Geschichte des Landes seit der Unabhängigkeit von Großbritannien stets Fine Gael und Fianna Fáil an der Macht abgewechselt. Der deutliche Stimmengewinn von Sinn Féin, die 2016 noch 16 Prozent erreicht hatte, beendet die Vorherrschaft der konservativen Parteien. Ob Premierminister Leo Varadkar im Amt bleiben kann, ist fraglich. Varadkar führt derzeit mit Fine Gael eine Minderheitsregierung an, die von Fianna Fáil mit der Vorsitzenden Micheál Martin an der Spitze toleriert wird.

Im Wahlkampf punktete Sinn Féin vor allem mit ihren sozialpolitischen Forderungen. So gut wie keine Rolle spielte hingegen der EU-Austritt Großbritanniens. Nur ein Prozent der Wähler gab bei der Befragung an, der »Brexit« sei das bedeutendste Thema gewesen, berichtete der Sender RTÉ am Sonntag. Am wichtigsten waren den Wählern demnach die Themen Gesundheit, Wohnen und Rente.

Die Regierungsbildung dürfte sich nun schwierig gestalten. Sowohl Fine Gael als auch Fianna Fáil hatten bereits vor der Wahl eine Koalition mit Sinn Féin ausgeschlossen. Eine »große Koalition« der beiden konservativen Parteien ist unwahrscheinlich, und für beide dürfte es selbst mit Hilfe der jeweils anderen schwierig werden, eine Minderheitsregierung zu bilden. Eine wichtige Rolle könnte daher den Grünen zufallen. Sie kamen der Befragung zufolge auf acht Prozent der Stimmen. Zudem votierte gut ein Zehntel der Wähler für unabhängige Kandidaten. (dpa/jW)


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Und zwar sieht es mittlerweile so aus, daß SF mit über 24% der Erstpräferenzen der sogar deutlich stärkste Partei geworden sein könnte:
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Das sind Ergebnisse wie sonst aus dem Norden.
NEUER BEITRAG09.02.2020, 22:59 Uhr
EDIT: FPeregrin
09.02.2020, 23:29 Uhr
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FPeregrin

jW kommentiert morgen:

Historischer Linksruck

Parlamentswahlen in Irland

Von Uschi Grandel

Zwar war die Auszählung der Stimmen wegen des komplexen irischen Wahlsystems bis jW-Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen. Aber der Sieger der Wahl vom Sonnabend stand bereits fest: Die Linkspartei Sinn Féin (SF, »Wir selbst«) ist nun die dritte große Kraft im Land. Die Vorherrschaft der beiden großen konservativen Parteien in der Republik Irland, dem politischen »Süden« der Insel, ist damit durchbrochen. Dabei hatten rechte Medien im Vorfeld der Wahl versucht, dies durch eine Schlammschlacht zu verhindern. Als sich in den Umfragen bereits ein Erfolg von SF abzeichnete, bestand der staatliche Fernsehsender RTÉ trotzdem auf einem exklusiven Fernsehduell der Parteichefs von Fine Gael und Fianna Fáil. Erst die Empörung in der Bevölkerung verhalf der Präsidentin von Sinn Féin, Mary Lou McDonald, zur Teilnahme an der Sendung. Im Wahlkreis Dublin Central erreichte sie mit 36,65 Prozent der Stimmen ein Spitzenergebnis.

Historisch ist der Sieg jedoch nicht nur deshalb, weil eine linke Partei ein gutes Ergebnis erzielt hat. Historisch ist das Ergebnis, weil mit Sinn Féin nun eine Kraft stark geworden ist, die sich dem irischen Freiheitskampf verpflichtet fühlt und die in ihrer langfristigen Strategie nicht nur ein vereinigtes Irland anstrebt, sondern eine neue Gesellschaft, eine irische Republik, die »Menschen und nicht Wirtschaftsinteressen« in den Mittelpunkt stellt, wie es McDonald in ihrer Neujahrsansprache formuliert hatte.

Das neue Gewicht der gesamtirischen Partei im Süden hat das Potential, Irland zu verändern. Denn Sinn Féin sieht das Parlament und auch eine Regierungsbeteiligung nicht als das, sondern nur als ein Mittel, Veränderung zu bewirken. Die Partei ist bekannt für ihre Kampagnenfähigkeit und kämpft im Bündnis mit anderen linken Kräften und Gewerkschaften auf der Straße für Menschen- und Bürgerrechte. Massenproteste der letzten Jahre erzwangen im Süden einige Gesetzesänderungen. Beispiele sind das Recht auf Abtreibung, Gleich­berechtigung der LGBT-Community oder auch die Verhinderung der Privatisierung der Wasserversorgung.

In Umfragen nach der Wahl gaben viele die Lösung sozialer Fragen, vor allem der Wohnungsnot und des kaputtgesparten Gesundheitssystems, als wichtigste Themen an. SF hatte bereits in der Opposition ein alternatives Regierungsprogramm entwickelt, das unter anderem ein durchgerechnetes staatliches Wohnungsbauprogramm enthält – gegensätzlich zur neoliberalen Politik der beiden Kontrahenten.

Geholfen hat SF auch der unsägliche Versuch der Geschichtsklitterei durch die Regierungspartei Fine Gael. Diese hatte geplant, ausgerechnet die Milizen ehren zu wollen, die einst die britische Herrschaft durch Unterdrückung und Terror aufrechterhalten hatten. »Reclaim our history« (»Erobern wir unsere Geschichte zurück!«) ist eine Kampagne, die zum 100. Jahrestag des Oktoberaufstands 2016 begann und noch nicht abgeschlossen ist. Sie könnte zur Kampfansage an das etablierte System werden.


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#Irland
#SinnFein
NEUER BEITRAG10.02.2020, 00:34 Uhr
EDIT: FPeregrin
10.02.2020, 13:55 Uhr
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FPeregrin

Rep. Irland: Erdrutschsieg für Sinn Féin "Nur ein Prozent der Wähler gab bei der Befragung an, der »Brexit« sei das bedeutendste Thema gewesen, berichtete der Sender RTÉ am Sonntag. Am wichtigsten waren den Wählern demnach die Themen Gesundheit, Wohnen und Rente."

"In Umfragen nach der Wahl gaben viele die Lösung sozialer Fragen, vor allem der Wohnungsnot und des kaputtgesparten Gesundheitssystems, als wichtigste Themen an."

Das ist zweifellos sehr gut, da es zeigt, daß sich die Wählerschaft von SF primär an ihren eigenen Interesssen und nicht an eskapistischem "nationalistischen Gedöns" orientiert. Das heißt aber nicht, daß dies die nationale Frage bezüglich Irlands irgendwie still erledigt hätte. Gerade die bislang unabsehbaren Folgen des Brexits, in dem die drückende Mehrheit der Bevölkerung der alten Kolonialmacht ungefragt und ungebeten nicht zuletzt über die Zukunft des - ebenso drückend - überwiegend nicht abgestimmt habenden ganzen Irlands mal so eben mit abgestimmt hat, werden zeigen, daß die nationale Frage nach wie vor der Hauptwiderspruch der irischen Politik ist, wie auch immer sich dies äußern wird.

Bei Sinn Féin weiß man das ganz offensichtlich: "Historisch ist der Sieg jedoch nicht nur deshalb, weil eine linke Partei ein gutes Ergebnis erzielt hat. Historisch ist das Ergebnis, weil mit Sinn Féin nun eine Kraft stark geworden ist, die sich dem irischen Freiheitskampf verpflichtet fühlt und die in ihrer langfristigen Strategie nicht nur ein vereinigtes Irland anstrebt, sondern eine neue Gesellschaft, eine irische Republik, die »Menschen und nicht Wirtschaftsinteressen« in den Mittelpunkt stellt, wie es McDonald in ihrer Neujahrsansprache formuliert hatte."

Dies bildet eine gute Basis dafür, daß der sehr wahrscheinlich kommende Kampf gegen eine neuerliche harte Teilung der Insel eben kein bloßer "Elitenkrieg" zwischen einer nationalen und einer imperialistischen Bourgeoisie sein wird, sondern potentiell Teil eines revolutionären Prozesses. Das irische Volk ist möglicherweise gerade dabei, endlich seiner herrschenden Klasse die nationale Frage zu entwinden.

Wir werden sehen, ob ich recht habe, oder ob dies ein Strohfeuer ist. Verzockbar ist gesellschaftlicher Fortschritt ja grundsätzlich.
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NEUER BEITRAG11.02.2020, 23:08 Uhr
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FPeregrin

Rep. Irland: Erdrutschsieg für Sinn Féin AnPhoblacht schreibt gestern:

'A revolution in the ballot box' - Mary Lou McDonald

Michael McMonagle

In a seismic and historic election, Sinn Féin is the most popular political party in the 26 counties, securing widespread support across the state.

With counting continuing in many constituencies, Sinn Féin have 37 TDs elected to Dáil Éireann.

Sinn Féin topped the poll in many constituencies with candidates being elected on the first count.

The party secured 24.5 per cent of the first preference vote in what Sinn Féin President Mary Lou McDonald described as a "revolution in the ballot box”.

For the first time ever, each of the 32 counties of Ireland is now represented by a Sinn Féin TD or MP.

Sinn Féin's Denise Mitchel secured the highest vote of any candidate, receiving 21,344 first preference votes.

In fact, seventeen of the top 20 high polling candidates were from Sinn Féin.

Sinn Féin made history in a number of constituencies, breaking new ground with first election of candidates which never returned a Sinn Féin TD before.

Speaking after being elected, topping the poll in the Dublin described the election results as “seismic”.

"This vote for Sinn Féin is for Sinn Féin to be in government, for Sinn Féin to deliver," she said.

The Sinn Féin leader also said discussions would now begin with other parties to attempt to form a government.

***

"This vote for Sinn Féin is for Sinn Féin to be in government, for Sinn Féin to deliver." - Mary Lou McDonald


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NEUER BEITRAG11.02.2020, 23:11 Uhr
EDIT: FPeregrin
11.02.2020, 23:31 Uhr
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FPeregrin

Rep. Irland: Erdrutschsieg für Sinn Féin Und jW morgen:

Suche nach Mehrheiten

Das Ende des Zweiparteiensystems in Irland: Sinn Féin gewinnt mit linken Themen Wahlen

Von David Conolly

Bisher war es bei Wahlen in Irland immer recht einfach: Eine der beiden großen bürgerlich-konservativen Parteien Fine Gael (FG) oder Fianna Fáil (FF) gewann die meisten Sitze, suchte sich einen oder zwei kleine Koalitionspartner und durfte dann so lange regieren, bis der Gegner wieder an der Reihe war. Dabei unterscheiden sich die beiden Parteien nicht sehr, sie ließen sich mit Blick auf Deutschland am ehesten mit der CDU vergleichen. Die Rivalität zwischen den beiden erklärt sich aus dem Bürgerkrieg vor 100 Jahren: Aus den damaligen Konfliktparteien entstanden Fine Gael und Fianna Fáil. Bis heute stehen sie sich als Gegner gegenüber.

Doch das alte Zweiparteiensystem ist seit den Wahlen am vergangenen Wochenende Geschichte: Selbst gemeinsam kämen Fine Gael mit 35 Abgeordneten und Fianna Fáil mit 38 nur auf 73 Abgeordnete, für eine Mehrheit bräuchte es allerdings 81 Sitze. Eine formale Koalition hat es zwischen den beiden bislang nicht gegeben, jetzt wären sie sogar auf einen dritten Partner angewiesen.

Der klare Wahlsieger heißt Sinn Féin (SF). Die Partei hat mit ihrem konsequent linken Programm zwar die meisten Stimmen bekommen, aufgrund des komplizierten Wahlverfahrens ist sie mit 37 Abgeordneten dennoch nur auf Platz zwei gelandet. Trotzdem liegen jetzt alle Augen auf Sinn Féin. Parteichefin Mary Lou McDonald sagte am Montag vormittag gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Sender RTÉ: »Es ging um einen Wechsel in diesem Wahlkampf, das war das Thema. Meine Aufgabe ist es, eine Regierung ohne Fine Gael und Fianna Fáil zu bilden.«

Laut McDonald sei SF im Gespräch mit anderen Parteien wie den Grünen, Labour, den Social Democrats und den Sozialisten von »People before Profit«. Im Vorfeld der Wahlen hatten viele für ein solches linkes Bündnis abseits der beiden traditionellen rechten Parteien FG und FF geworben. Aber selbst dieses heterogene Bündnis würde nicht auf die benötigten Abgeordneten kommen.

Hinzu kommt, dass Sinn Féin in Teilen der Gesellschaft immer noch umstritten ist: Die Partei kämpft für eine Wiedervereinigung Irlands. SF tritt sowohl in der Republik als auch in Nordirland bei Wahlen an und war lange Zeit der politische Arm der Untergrundorganisation IRA. Bis vor zwei Jahren war mit Gerard »Gerry« Adams ein namhafter IRA-Kommandeur Parteichef. Vor allem aus diesem Grund wurde Sinn Féin bisher von den beiden großen Parteien gemieden.

Fakt ist aber auch nach dieser Wahl: Es gibt ab jetzt ein Dreiparteiensystem. Der bisherige Regierungschef, Leo Varadkar von Fine Gael, hat bereits angekündigt, weiterhin nicht mit SF über eine Koalition reden zu wollen. Der Parteichef von Fianna Fáil, Micheál Martin, dagegen hat eine Zusammenarbeit mit SF zumindest nicht mehr ausgeschlossen: »Ich bin ein Demokrat, ich akzeptiere die Entscheidung der Wähler«, sagte er bereits am Sonntag gegenüber RTÉ.

Die Regierungsbildung wird aller Voraussicht nach lange dauern. Es könnte auf eine Dreierkombination hinauslaufen. Auch Neuwahlen sind denkbar. Schließlich hat Sinn-Féin-Chefin McDonald angekündigt, in den nächsten fünf Jahren ein Referendum über eine Wiedervereinigung Irlands abhalten zu wollen, was vor allem in Nordirland auf großen Widerstand stoßen dürfte, wo immer noch rund die Hälfte der Bevölkerung Protestanten sind.

Das ist aber nicht die wichtigste Frage, denn die beiden großen Themen im Wahlkampf waren der Kampf gegen Mietenwucher, Obdachlosigkeit und das marode Gesundheitssystem. An Erfolgen in diesen Bereichen wird sich die neue Regierung in Dublin messen lassen müssen. Sinn Féin jedenfalls hat im Wahlkampf sehr viel versprochen und damit auch sehr viel zu verlieren.


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NEUER BEITRAG20.04.2020, 15:43 Uhr
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FPeregrin

Rep. Irland: Deck zu Dreck ... und natürlich sieht es jetzt so aus (jW heute) - Basis ist dicker als Überbau -:

Große Koalition gegen links

Irland: Konkurrierende konservative Parteien wollen gemeinsam regieren. Sinn Féin bleibt außen vor

Von David Conolly

In Irland geht die Suche nach einer neuen Regierung weiter. Vor mehr als zwei Monaten wurde ein neues Parlament gewählt, und es lag vor allem an der Coronakrise und am äußerst komplizierten Wahlergebnis, dass erst jetzt zwei Parteien einen ersten Aufschlag gemacht haben. Die Ausmaße sind historisch: Denn zum ersten Mal in der 98jährigen Geschichte des unabhängigen Irlands haben sich die beiden konservativen Parteien Fine Gael (FG) und Fianna Fáil (FF) Mitte vergangener Woche prinzipiell auf eine gemeinsame Koalition verständigt. Beide sind traditionell Erzrivalen und haben die Politik in Irland seit 1922 dominiert – jede Regierung wurde von ihnen oder ihren Vorgängerparteien geführt. Allerdings reicht diese historische Elefantenhochzeit nicht aus, FG und FF haben nicht genug Parlamentssitze für eine Mehrheit und umwerben deshalb jetzt die kleinen Parteien, wie die Grünen, Labour oder Social Democrats.

Eine Partei wird dabei konsequent außen vor gelassen und wurde gar nicht erst zu Gesprächen eingeladen: Der eigentliche Wahlsieger Sinn Féin (SF). Mit einer linken Agenda hatte SF Wahlkampf gemacht und damit auch die meisten Erststimmen bekommen, die Zahl ihrer Abgeordneten erhöhte sich von 23 auf 37. In vielen Regionen gibt es das erste Mal seit Jahrzehnten SF-Abgeordnete im Parlament, wie zum Beispiel Rose Conway-Walsh. In ihrem Wahlbezirk Mayo hatte es seit 1927 kein SF-Kandidat ins Abgeordnetenhaus geschafft. Gegenüber jW schilderte Conway-Walsh das Bündnis der einst großen Erzfeinde FG und FF in erster Linie als Pakt gegen linke Politik: »Ich denke, sie schließen uns weiter aus, weil sie einfach wissen: Wir würden die Dinge anders angehen. Wir tun alles dafür, die Ungleichheiten in der Gesellschaft zu beseitigen.«

In der Öffentlichkeit führen FG und FF jedoch einen anderen Grund an: Die Rolle von Sinn Féin als ehemaliger politischer Arm der Terrorgruppe IRA ist immer noch Gegenstand von kontroversen Diskussionen. Sinn Féin tritt schließlich auch bei Wahlen in Nordirland an und setzt sich vehement für eine Wiedervereinigung der beiden Landesteile ein. Das klingt unproblematisch, wird aber weiterhin von einem großen Teil der Bevölkerung kritisch gesehen. Conway-Walsh hält diese Vorbehalte für nicht mehr zeitgemäß. »Für mich ist das ein Vorwand, um uns von der Regierungsbildung auszuschließen. 22 Jahre nach dem Friedensschluss in Nordirland sind wir dort in der Regierung und es gibt keinen Grund, uns in der Republik weiterhin auszuschließen. Wenn sie es weiter tun, werden wir aber mit Sicherheit eine starke Opposition sein.«

Dabei hatte Sinn Féin als stimmenstärkste Partei zunächst durchaus versucht, eine bunte Koalition zu schmieden, ohne FG und FF. Direkt in der Woche nach der Wahl hatten Gespräche mit den kleinen Parteien und unabhängigen Abgeordneten begonnen, jedoch ohne Erfolg: »Es war aber auch jedem, der etwas rechnen konnte, von Anfang an klar, dass wir auf keine Mehrheit kommen« sagte Conway-Walsh. Es gebe sehr viele unterschiedliche Parteien und unabhängige Abgeordnete im linken Spektrum. »Der Rückzug von den sechs Labour-Abgeordneten, die einer Regierungsbeteiligung eine Absage erteilt hatten, spielte da auch eine Rolle.«

Was den Inhalt des Positionspapiers angeht, dass FG und FF vorgelegt haben, schüttelte Conway-Walsh den Kopf: »Man kann es kaum kritisieren, weil man es nur schwer ein Positionspapier nennen kann. Es ist sehr vage und das sehen nicht nur wir so, sondern jeder außerhalb von FG-FF. Wenn wir so ein Papier vorlegen würden, würden wir ausgelacht.« Noch gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich eine der kleinen Parteien für eine Koalition entscheiden wird. Sollte der Vorschlag von Fine Gael und Fianna Fáil keine weitere Unterstützung bekommen, könnten Neuwahlen ein Thema werden.


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#Irland
NEUER BEITRAG21.11.2021, 22:34 Uhr
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FPeregrin

"[...] daß der sehr wahrscheinlich kommende Kampf gegen eine neuerliche harte Teilung der Insel eben kein bloßer "Elitenkrieg" zwischen einer nationalen und einer imperialistischen Bourgeoisie sein wird, sondern potentiell Teil eines revolutionären Prozesses. Das irische Volk ist möglicherweise gerade dabei, endlich seiner herrschenden Klasse die nationale Frage zu entwinden. / Wir werden sehen, ob ich recht habe, oder ob dies ein Strohfeuer ist."

Bislang sieht es nicht nach Strohfeuer aus. jW morgen:

»Ich will eine linke Frau als Regierungschefin«

Irland vor großen Veränderungen. Mit »Brexit« und Covid-19 scheint Wiedervereinigung realistisch. Ein Gespräch mit Mairéad Farrell

Interview: Dieter Reinisch, Galway

Mairéad Farrell stammt aus Galway und ist die Sinn-Féin-Abgeordnete für Galway West sowie Parteisprecherin für Staatsausgaben und Reformen

Bei den Parlamentswahlen in der Republik Irland errang Sinn Féin im Februar 2020 einen fulminanten Wahlsieg. Seither befindet sich Ihre Partei im Umfragehoch. Wie erklären Sie das?

Jahrzehntelang haben die konservativen Parteien Fianna Fáil und Fine Gael das Geschehen dominiert, daneben gab es die kleinen Parteien Labour und Grüne. Erstmals sind wir im Wahlkampf deutlich als linke Alternative aufgetreten, als eine Partei, die die Menschen und ihre Interessen in den Mittelpunkt stellt. Fianna Fáil und Fine Gael vertreten die Interessen der Reichen, wir, und das erkannten die Menschen, die der Arbeiterklasse.

Sie werden als »neue, linke Alternative« angesehen? Sinn Féin gibt es doch bereits seit mehr als 100 Jahren.

Jahrzehntelang herrschte in der Republik Irland Zensur, die Interviews der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt mit Vertretern von Sinn Féin und der IRA verbot. Und erst vor etwa zehn Jahren wiederum haben wir begonnen, unsere Ziele neu zu formulieren. Ich will nicht sagen, wir wurden professioneller, aber wir haben sie besser kommuniziert. Dazu gehört, dass wir die sozialen Probleme in den Mittelpunkt stellen. Wir sagen klar: Die Mieten dürfen nicht erhöht werden. Die Leute müssen am Jahresende eine Monatsmiete von der Steuer zurückbekommen.

Wie hat die Pandemie die soziale Lage beeinflusst?

Wir hatten immer ein infrastrukturelles Defizit, das infolge der ­Covid-Krise schonungslos offengelegt wurde. Es bestanden jahrelang Probleme in den Krankenhäusern, immer schon gab es zu wenige Betten, das wurde nun ein großes Problem. Sehr viele Familien leben gezwungenermaßen gemeinsam in einem Haus, das führte zu hohen Infektionszahlen, insbesondere bei den niedrig entlohnten Beschäftigten in der Fleischindustrie. Wenn einer es hatte, dann hatten es alle. Sie mussten aber weiterhin zur Arbeit. Ein anderes Problem: zu viele Schüler in einer Klasse; nicht neu, aber durch die Pandemie entstand daraus eine Notsituation. Ich hatte ehrlich gehofft, dass die Regierung infolge dieser Erfahrungen daran etwas ändern würde, doch es ist nichts passiert. So gab es im neuen Haushalt kein Geld für zusätzliche Krankenhausbetten.

Vor kurzem haben Sie Ihren Parteitag abgehalten. Die Irish Times schrieb dazu, dass die Sinn-Féin-Sprecher »Minister in Wartestellung« seien. Sehen Sie sich als kommende Ministerin?

Jeder von uns kann Minister sein, denn wir haben einen Plan. Wir sagen darin klar: Wenn wir Ämter übernehmen, dann wissen wir auch genau, was zu tun ist. Die bisherigen Minister waren unvorbereitet, als sie ihr Amt antraten, und hörten nur auf die Beamten – dadurch hat sich nie etwas geändert. Wir müssen bereits in der Opposition wissen, was wir in der Regierung ändern wollen. Wir hoffen darauf, stärkste Kraft zu werden. Und dann werden wir sehen, wer ein progressives Regierungsprogramm unterstützt.

Wenn Sinn Féin die Regierungschefin stellt, wie soll dann so ein »progressives Regierungsprogramm« aussehen?

Es gibt drei Hauptpunkte. Erstens: Es müssen jährlich 20.000 neue Sozialwohnungen gebaut werden. Jeden Tag kommen Leute in mein Büro und sagen, dass sie ihre Miete nicht mehr zahlen können. Es gibt unglaublich viele Obdachlose. Die anderen beiden Punkte lauten: Verbesserung der Krankenhäuser und mehr Kinderbetreuungsplätze. Mary Lou McDonald wäre eine wunderbare Regierungschefin. Für mich geht es mehr um Politik, ich will eine linke Frau als Regierungschefin haben.

Mit dem »Brexit« kam die Wiedervereinigung mit Nordirland auf die Tagesordnung.

Und mit Covid. Die Leute in Galway bemerken den Brexit nicht, aber mit Covid erkannten sie: Es ist verrückt, dass wir als eine Insel, ein Land, nicht zusammenarbeiten. Die Wiedervereinigung ist sehr realistisch, und die Regierung muss jetzt beginnen, ein Referendum zu planen. Es wird Leute geben, die Unionisten, die das nicht wollen. Daher müssen wir jetzt beginnen, mit allen zu sprechen. Es kann nicht sein, dass es wieder so ist, wie bei der Staatsgründung, als die Protestanten und Unionisten vergessen wurden und so ein katholischer Staat entstand – es muss ein inklusiver Staat sein, an dem alle beteiligt sind.


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#Irland
#SinnFein
NEUER BEITRAG22.11.2021, 14:14 Uhr
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arktika

"Wir müssen bereits in der Opposition wissen, was wir in der Regierung ändern wollen."
Das ist m. E. der entscheidende Punkt, das "Danach" schon vorher im Kopf zu haben!
• Schau mal: ziemlich ähnliche Diskussionen in den www.secarts.org-Foren
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