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•NEUER BEITRAG29.11.2019, 00:05 Uhr
EDIT: FPeregrin
29.11.2019, 00:06 Uhr
29.11.2019, 00:06 Uhr
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Rückkehr Gottes
Die Proteste gegen das Projekt können im nachhinein als ein Auftakt zum Staatsstreich angesehen werden. Die treibende Kraft hinter der Bewegung gegen das bolivianisch-deutsche Projekt war das rechtsgerichtete »Bürgerkomitee von Potosí« (Comcipo). Dessen Anführer Marco Pumari liebäugelt inzwischen damit, sich an der Seite von Luis Fernando Camacho vom »Bürgerkomitee pro Santa Cruz« bei den für Februar vorgesehenen Neuwahlen zum Vizepräsidenten Boliviens wählen zu lassen.¹² Beide waren am Tag des Staatsstreichs in den Palacio Quemado, den alten Regierungssitz an der Plaza Murillo in La Paz, eingedrungen und hatten eine rot-gelb-grüne Nationalflagge, eine Bibel und eine an Morales gerichtete Rücktrittsforderung niedergelegt.
Die klerikalfaschistische Rechte, zu der Pumari und Camacho gehören, hat der von Morales geführten Bewegung nie verziehen, dass die katholische Kirche seit Inkrafttreten der 2009 in einer Volksabstimmung verabschiedeten neuen Verfassung keine Staatskirche mehr ist, sondern der laizistische Charakter des Staates betont wird. Morales habe »Gott« aus dem Präsidentenpalast vertrieben und durch die von den Indígenas verehrte Pachamama (Mutter Erde) ersetzt, barmen sie. Nun aber sei »die Bibel in den Palast zurückgekehrt«, verkündete ein Begleiter Camachos und Pumaris am 10. November. »Die Pachamama wird niemals zurückkehren.« Und Camacho machte hinter dem Sturz des Präsidenten sogar das Wirken Gottes aus: Kaum eine Viertelstunde nachdem die Bibel »in den Präsidentenpalast zurückgekehrt« sei, habe die Welle von Rücktritten der »Verbrecher« begonnen, behauptete er auf Twitter.
Tatsächlich waren es vielmehr Gewalt und Erpressung, die zahlreiche Funktionsträger der bolivianischen Administration zur Demission gezwungen haben. So gab Bergbauminister César Navarro sein Amt auf, nachdem militante Regierungsgegner sein Haus in Potosí in Brand gesteckt und einen Angehörigen angegriffen hatten: »Ich muss die Familie beschützen.« Auch Sportminister Tito Rolando Montaño begründete seinen Schritt gegenüber dem Rundfunksender Red Uno mit »Schikanen, psychologischem Druck und Drohungen gegen meine Familie«. Der Präsident der Abgeordnetenkammer, Víctor Borda, erklärte öffentlich, er wolle durch seinen Rücktritt das Leben seines Bruders retten, der »als Geisel genommen« worden sei. Auch Staatschef Morales und sein Stellvertreter Álvaro García Linera begründeten ihre Demissionserklärungen damit, auf diese Weise ihre Genossen vor weiteren Nachstellungen schützen zu wollen.
Von den Rücktritten profitierte am folgenden Tag Jeanine Áñez, die Zweite Vizepräsidentin des Senats. Boliviens Verfassung sieht vor, dass bei einem Rücktritt von Präsident und Vizepräsident der Präsident des Senats oder – wenn auch dieser nicht verfügbar ist – der Präsident des Abgeordnetenhauses die Regierungsgeschäfte übernehmen sollen. Alle vier hatten jedoch ihr Amt niedergelegt. Áñez ließ sich deshalb zur Senatspräsidentin wählen – allerdings in einer Sitzung, die nicht beschlussfähig war, weil die Abgeordneten der MAS aufgrund fehlender Sicherheitsgarantien der Tagung ferngeblieben waren. Nur Minuten nach ihrer irregulären Wahl verkündete sie dann, die Präsidentschaft des Landes zu übernehmen.¹³ Die Präsidentenschärpe wurde ihr von einem Offizier in Tarnfleckuniform umgehängt, und den Amtseid legte sie nicht auf die Verfassung des Landes, sondern auf eine Bibel ab. Schon in der Vergangenheit hatte Áñez keinen Hehl aus ihrer rassistischen Verachtung für die »Indios« gemacht, denen sie auf Twitter »satanische Riten« vorwarf.¹⁴ Folgerichtig gehören ihrem Kabinett keine Indígenas an. Solchen Gesten ließen die Putschisten vielerorts Taten folgen und verbrannten die Whipala, die Fahne der Indígenas, die in der bolivianischen Verfassung ebenso wie die rot-gelb-grüne Trikolore als Symbol des Staates anerkannt ist. Es kam auch zu Angriffen auf die Botschaften Venezuelas und Kubas in La Paz sowie zur Festnahme kubanischer Ärztinnen und Ärzte.
Allerdings hätte Áñez spätestens mit der am 14. November erfolgten Neuwahl der Spitzen von Senat und Abgeordnetenkammer ihr Amt als »Übergangspräsidentin« wieder aufgeben müssen, denn seither steht die MAS-Senatorin Mónica Eva Copa an der Spitze des Oberhauses. Tatsächlich haben die sozialistischen Abgeordneten jedoch seither keinen Versuch unternommen, die Machtfrage zu stellen. Das könnte der realpolitischen Einschätzung geschuldet sein, dass sich Polizei und Armee hinter Áñez gestellt haben und offensichtlich nicht bereit sind, sie fallen zu lassen. Auch führende Vertreter des Gewerkschaftsbundes COB und des ursprünglich zur Unterstützung der Regierung von Evo Morales gebildeten Bündnisses »Pakt der Einheit« haben am vergangenen Montag ein Abkommen mit Áñez unterzeichnet, das der »Befriedung« des Landes dienen soll. Die Vertreter sozialer Bewegungen und Gewerkschaften hatten unter anderem einen Rückzug des Militärs in die Kasernen verlangt, nachdem die Soldaten seit dem Staatsstreich zur Unterdrückung der Proteste eingesetzt worden waren. Die Zahl der dabei Getöteten wird inzwischen auf mehr als 30 geschätzt. In dem Abkommen, das der Fernsehsender RTP über Twitter verbreitete, ist allerdings nur die Rede von einer »Koordination mit den zuständigen Stellen«, um den Rückzug der Armee zu erreichen. Die gleiche Formulierung wurde hinsichtlich einer Aufhebung des von Áñez am 15. November erlassenen Dekrets gewählt, mit dem Soldaten und Polizisten ein Freibrief für den Einsatz von Schusswaffen gegen die Massenproteste erteilt wurde.
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Rückkehr Gottes
Die Proteste gegen das Projekt können im nachhinein als ein Auftakt zum Staatsstreich angesehen werden. Die treibende Kraft hinter der Bewegung gegen das bolivianisch-deutsche Projekt war das rechtsgerichtete »Bürgerkomitee von Potosí« (Comcipo). Dessen Anführer Marco Pumari liebäugelt inzwischen damit, sich an der Seite von Luis Fernando Camacho vom »Bürgerkomitee pro Santa Cruz« bei den für Februar vorgesehenen Neuwahlen zum Vizepräsidenten Boliviens wählen zu lassen.¹² Beide waren am Tag des Staatsstreichs in den Palacio Quemado, den alten Regierungssitz an der Plaza Murillo in La Paz, eingedrungen und hatten eine rot-gelb-grüne Nationalflagge, eine Bibel und eine an Morales gerichtete Rücktrittsforderung niedergelegt.
Die klerikalfaschistische Rechte, zu der Pumari und Camacho gehören, hat der von Morales geführten Bewegung nie verziehen, dass die katholische Kirche seit Inkrafttreten der 2009 in einer Volksabstimmung verabschiedeten neuen Verfassung keine Staatskirche mehr ist, sondern der laizistische Charakter des Staates betont wird. Morales habe »Gott« aus dem Präsidentenpalast vertrieben und durch die von den Indígenas verehrte Pachamama (Mutter Erde) ersetzt, barmen sie. Nun aber sei »die Bibel in den Palast zurückgekehrt«, verkündete ein Begleiter Camachos und Pumaris am 10. November. »Die Pachamama wird niemals zurückkehren.« Und Camacho machte hinter dem Sturz des Präsidenten sogar das Wirken Gottes aus: Kaum eine Viertelstunde nachdem die Bibel »in den Präsidentenpalast zurückgekehrt« sei, habe die Welle von Rücktritten der »Verbrecher« begonnen, behauptete er auf Twitter.
Tatsächlich waren es vielmehr Gewalt und Erpressung, die zahlreiche Funktionsträger der bolivianischen Administration zur Demission gezwungen haben. So gab Bergbauminister César Navarro sein Amt auf, nachdem militante Regierungsgegner sein Haus in Potosí in Brand gesteckt und einen Angehörigen angegriffen hatten: »Ich muss die Familie beschützen.« Auch Sportminister Tito Rolando Montaño begründete seinen Schritt gegenüber dem Rundfunksender Red Uno mit »Schikanen, psychologischem Druck und Drohungen gegen meine Familie«. Der Präsident der Abgeordnetenkammer, Víctor Borda, erklärte öffentlich, er wolle durch seinen Rücktritt das Leben seines Bruders retten, der »als Geisel genommen« worden sei. Auch Staatschef Morales und sein Stellvertreter Álvaro García Linera begründeten ihre Demissionserklärungen damit, auf diese Weise ihre Genossen vor weiteren Nachstellungen schützen zu wollen.
Von den Rücktritten profitierte am folgenden Tag Jeanine Áñez, die Zweite Vizepräsidentin des Senats. Boliviens Verfassung sieht vor, dass bei einem Rücktritt von Präsident und Vizepräsident der Präsident des Senats oder – wenn auch dieser nicht verfügbar ist – der Präsident des Abgeordnetenhauses die Regierungsgeschäfte übernehmen sollen. Alle vier hatten jedoch ihr Amt niedergelegt. Áñez ließ sich deshalb zur Senatspräsidentin wählen – allerdings in einer Sitzung, die nicht beschlussfähig war, weil die Abgeordneten der MAS aufgrund fehlender Sicherheitsgarantien der Tagung ferngeblieben waren. Nur Minuten nach ihrer irregulären Wahl verkündete sie dann, die Präsidentschaft des Landes zu übernehmen.¹³ Die Präsidentenschärpe wurde ihr von einem Offizier in Tarnfleckuniform umgehängt, und den Amtseid legte sie nicht auf die Verfassung des Landes, sondern auf eine Bibel ab. Schon in der Vergangenheit hatte Áñez keinen Hehl aus ihrer rassistischen Verachtung für die »Indios« gemacht, denen sie auf Twitter »satanische Riten« vorwarf.¹⁴ Folgerichtig gehören ihrem Kabinett keine Indígenas an. Solchen Gesten ließen die Putschisten vielerorts Taten folgen und verbrannten die Whipala, die Fahne der Indígenas, die in der bolivianischen Verfassung ebenso wie die rot-gelb-grüne Trikolore als Symbol des Staates anerkannt ist. Es kam auch zu Angriffen auf die Botschaften Venezuelas und Kubas in La Paz sowie zur Festnahme kubanischer Ärztinnen und Ärzte.
Allerdings hätte Áñez spätestens mit der am 14. November erfolgten Neuwahl der Spitzen von Senat und Abgeordnetenkammer ihr Amt als »Übergangspräsidentin« wieder aufgeben müssen, denn seither steht die MAS-Senatorin Mónica Eva Copa an der Spitze des Oberhauses. Tatsächlich haben die sozialistischen Abgeordneten jedoch seither keinen Versuch unternommen, die Machtfrage zu stellen. Das könnte der realpolitischen Einschätzung geschuldet sein, dass sich Polizei und Armee hinter Áñez gestellt haben und offensichtlich nicht bereit sind, sie fallen zu lassen. Auch führende Vertreter des Gewerkschaftsbundes COB und des ursprünglich zur Unterstützung der Regierung von Evo Morales gebildeten Bündnisses »Pakt der Einheit« haben am vergangenen Montag ein Abkommen mit Áñez unterzeichnet, das der »Befriedung« des Landes dienen soll. Die Vertreter sozialer Bewegungen und Gewerkschaften hatten unter anderem einen Rückzug des Militärs in die Kasernen verlangt, nachdem die Soldaten seit dem Staatsstreich zur Unterdrückung der Proteste eingesetzt worden waren. Die Zahl der dabei Getöteten wird inzwischen auf mehr als 30 geschätzt. In dem Abkommen, das der Fernsehsender RTP über Twitter verbreitete, ist allerdings nur die Rede von einer »Koordination mit den zuständigen Stellen«, um den Rückzug der Armee zu erreichen. Die gleiche Formulierung wurde hinsichtlich einer Aufhebung des von Áñez am 15. November erlassenen Dekrets gewählt, mit dem Soldaten und Polizisten ein Freibrief für den Einsatz von Schusswaffen gegen die Massenproteste erteilt wurde.
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•NEUER BEITRAG29.11.2019, 00:07 Uhr
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Keine Wahlfälschung
Unterdessen gerät auch die zentrale Begründung für den Staatsstreich – angebliche Manipulationen bei der Wahl vom 20. Oktober – ins Wanken. Dem offiziellen Ergebnis zufolge hatte Amtsinhaber Evo Morales mit 47,08 Prozent der Stimmen gewonnen. Da der Zweitplazierte Carlos Mesa mit 36,51 Prozent mehr als zehn Punkte hinter dem Sieger lag, war Morales damit in der ersten Runde im Amt bestätigt. Bei einem geringeren Abstand hätte es eine Stichwahl geben müssen. Darauf hatten die Rechtsparteien gesetzt, weil sie dann gute Chancen gehabt hätten, mit vereinten Kräften eine Mehrheit gegen Morales zusammenzubekommen.
Die Opposition zweifelte das Ergebnis an und verwies darauf, dass Morales’ Vorsprung in ersten, am Wahlabend veröffentlichten Teilergebnissen geringer ausgefallen war. Die Präsidentin des Obersten Wahlgerichts (TSE), María Eugenia Choque, hatte allerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in diesen noch nicht die Resultate ländlicher Wahlbezirke eingeflossen seien, in denen die MAS ihre Hochburgen hatte. Gewaltsame Angriffe auf die Auszählung führten dann zu deren Unterbrechung, so dass das vorläufige Endergebnis erst am 24. Oktober veröffentlicht wurde. Daraufhin kritisierten Wahlbeobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) die Auszählung. Entgegen getroffener Absprachen veröffentlichte der von Washington dominierte Staatenbund am 10. November vorzeitig seinen vorläufigen Bericht, in dem technische Mängel aufgelistet werden. OAS-Generalsekretär Luis Almagro nahm das zum Anlass, die Annullierung der Wahlen zu fordern. Dagegen stellte der US-amerikanische Thinktank »Center for Economic and Policy Research« (CEPR) in einer wenige Tage später veröffentlichten Studie fest, dass weder die OAS noch andere Stellen hätten nachweisen können, »dass es bei den Wahlen systematische oder weit verbreitete Unregelmäßigkeiten gab«. Es existiere »keinerlei statistische oder offensichtliche Grundlage dafür, die Stimmergebnisse in Zweifel zu ziehen, nach denen Evo Morales in der ersten Runde gewonnen hat«, so der Mitverfasser der Analyse, Guillaume Long.¹⁵ Auch der an der Universität Michigan lehrende Politikwissenschaftler Walter R. Mebane unterzog die Resultate einer eingehenden Analyse und kam zu dem Schluss, dass eventuell manipulierte Stimmen für das Ergebnis der Wahlen in Bolivien nicht ausschlaggebend gewesen sein können.¹⁶
Schon im vergangenen April hatte Álvaro García Linera im Gespräch mit junge Welt einen philosophischen Vergleich herangezogen: »Wenn Sie ein Glas haben und einen Stein darauf werfen und dieses kaputt geht – warum geht es kaputt? Ist es die Schuld des Steins, oder liegt es daran, dass das Glas nicht stabil genug war, dem Stein standzuhalten? (…) Es wird immer Angriffe äußerer Kräfte geben, denen die Souveränität, die Autonomie und das Recht auf freie Selbstbestimmung der Völker nicht gefällt, die ein unterworfenes Lateinamerika wollen, das um Almosen bettelt.« Quasi als vorweggenommene Schlussfolgerung der jüngsten Ereignisse erklärte er damals: »Das können wir aus den zurückliegenden Erfahrungen lernen: Der Standard ist, dass sie uns angreifen werden. Das müssen wir im voraus wissen, damit wir diese Schläge aushalten und ihnen widerstehen können. Das ist die Aufgabe, vor der jede fortschrittliche Regierung in der ganzen Welt steht. Die konservativen Kräfte geben niemals kampflos auf. Der Baum, den du pflanzt, muss feste und tiefe Wurzeln schlagen, damit er Früchte tragen kann.«¹⁷
Das ist eine wichtige Lehre für den nächsten Anlauf, nicht nur in Bolivien.
Anmerkungen:
1 Link ...jetzt anmelden!
2 Evo Morales: »Renuncio a mi candidatura«, Página 12, 24.11.2019
3 Link ...jetzt anmelden!
4 Link ...jetzt anmelden!
5 Link ...jetzt anmelden!
6 U.S. Geological Survey, Mineral Commodity Summaries, February 2019; S. 98 f.; Link ...jetzt anmelden!
7 Link ...jetzt anmelden!
8 Link ...jetzt anmelden!
9 Detrás del Golpe: la industrialización del litio en Bolivia; Link ...jetzt anmelden!
10 Link ...jetzt anmelden!
11 Link ...jetzt anmelden!
12 Link ...jetzt anmelden!
13 Vgl. Link ...jetzt anmelden!
14 Vgl. Link ...jetzt anmelden!
15 Link ...jetzt anmelden!
16 Link ...jetzt anmelden!
17 junge Welt, 13. April 2019; Link ...jetzt anmelden!
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Keine Wahlfälschung
Unterdessen gerät auch die zentrale Begründung für den Staatsstreich – angebliche Manipulationen bei der Wahl vom 20. Oktober – ins Wanken. Dem offiziellen Ergebnis zufolge hatte Amtsinhaber Evo Morales mit 47,08 Prozent der Stimmen gewonnen. Da der Zweitplazierte Carlos Mesa mit 36,51 Prozent mehr als zehn Punkte hinter dem Sieger lag, war Morales damit in der ersten Runde im Amt bestätigt. Bei einem geringeren Abstand hätte es eine Stichwahl geben müssen. Darauf hatten die Rechtsparteien gesetzt, weil sie dann gute Chancen gehabt hätten, mit vereinten Kräften eine Mehrheit gegen Morales zusammenzubekommen.
Die Opposition zweifelte das Ergebnis an und verwies darauf, dass Morales’ Vorsprung in ersten, am Wahlabend veröffentlichten Teilergebnissen geringer ausgefallen war. Die Präsidentin des Obersten Wahlgerichts (TSE), María Eugenia Choque, hatte allerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in diesen noch nicht die Resultate ländlicher Wahlbezirke eingeflossen seien, in denen die MAS ihre Hochburgen hatte. Gewaltsame Angriffe auf die Auszählung führten dann zu deren Unterbrechung, so dass das vorläufige Endergebnis erst am 24. Oktober veröffentlicht wurde. Daraufhin kritisierten Wahlbeobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) die Auszählung. Entgegen getroffener Absprachen veröffentlichte der von Washington dominierte Staatenbund am 10. November vorzeitig seinen vorläufigen Bericht, in dem technische Mängel aufgelistet werden. OAS-Generalsekretär Luis Almagro nahm das zum Anlass, die Annullierung der Wahlen zu fordern. Dagegen stellte der US-amerikanische Thinktank »Center for Economic and Policy Research« (CEPR) in einer wenige Tage später veröffentlichten Studie fest, dass weder die OAS noch andere Stellen hätten nachweisen können, »dass es bei den Wahlen systematische oder weit verbreitete Unregelmäßigkeiten gab«. Es existiere »keinerlei statistische oder offensichtliche Grundlage dafür, die Stimmergebnisse in Zweifel zu ziehen, nach denen Evo Morales in der ersten Runde gewonnen hat«, so der Mitverfasser der Analyse, Guillaume Long.¹⁵ Auch der an der Universität Michigan lehrende Politikwissenschaftler Walter R. Mebane unterzog die Resultate einer eingehenden Analyse und kam zu dem Schluss, dass eventuell manipulierte Stimmen für das Ergebnis der Wahlen in Bolivien nicht ausschlaggebend gewesen sein können.¹⁶
Schon im vergangenen April hatte Álvaro García Linera im Gespräch mit junge Welt einen philosophischen Vergleich herangezogen: »Wenn Sie ein Glas haben und einen Stein darauf werfen und dieses kaputt geht – warum geht es kaputt? Ist es die Schuld des Steins, oder liegt es daran, dass das Glas nicht stabil genug war, dem Stein standzuhalten? (…) Es wird immer Angriffe äußerer Kräfte geben, denen die Souveränität, die Autonomie und das Recht auf freie Selbstbestimmung der Völker nicht gefällt, die ein unterworfenes Lateinamerika wollen, das um Almosen bettelt.« Quasi als vorweggenommene Schlussfolgerung der jüngsten Ereignisse erklärte er damals: »Das können wir aus den zurückliegenden Erfahrungen lernen: Der Standard ist, dass sie uns angreifen werden. Das müssen wir im voraus wissen, damit wir diese Schläge aushalten und ihnen widerstehen können. Das ist die Aufgabe, vor der jede fortschrittliche Regierung in der ganzen Welt steht. Die konservativen Kräfte geben niemals kampflos auf. Der Baum, den du pflanzt, muss feste und tiefe Wurzeln schlagen, damit er Früchte tragen kann.«¹⁷
Das ist eine wichtige Lehre für den nächsten Anlauf, nicht nur in Bolivien.
Anmerkungen:
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2 Evo Morales: »Renuncio a mi candidatura«, Página 12, 24.11.2019
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6 U.S. Geological Survey, Mineral Commodity Summaries, February 2019; S. 98 f.; Link ...jetzt anmelden!
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9 Detrás del Golpe: la industrialización del litio en Bolivia; Link ...jetzt anmelden!
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17 junge Welt, 13. April 2019; Link ...jetzt anmelden!
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•NEUER BEITRAG03.12.2019, 10:04 Uhr
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Bolivien: Putsch!
Interview mit Evo Morales 29.11.2019
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•NEUER BEITRAG25.10.2020, 22:10 Uhr
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Bolivien: "Neuwahlen" - Die Rechten schaffen's wieder nicht!
Ein Jahr nach dem Putsch in Bolivien: Die Rechten haben's wieder nicht geschafft, die "MAS gewinnt mit 55,1 Prozent. Zweithöchste Wahlbeteiligung der Geschichte. Im Parlament behält MAS absolute Mehrheit". Und diesmal, oh Wunder, scheint sogar die OAS (Organisation amerikanischer Staaten) das Ergebnis anzuerkennen. Bleibt ihnen aktuell wohl nichts anderes über ... und den Rechten dann erstmal höchstens eine erneute Putschalternative, was aber auch eine gewisse Peinlichkeit beinhalten würde. Andererseits sind einige doch da recht schmerzfrei, wie Guaido in Venezuela immer wieder zeigt.
Auf amerika21 am 24. Oktober ein Artikel von Andreas Hetzer
Offizielles Wahlergebnis in Bolivien: MAS siegt mit überragender Mehrheit
MAS gewinnt mit 55,1 Prozent. Zweithöchste Wahlbeteiligung der Geschichte. Im Parlament behält MAS absolute Mehrheit
La Paz. Mit einer weiteren Verspätung um zwei Tage hat Salvador Romero, Präsident des Obersten Wahlgerichts (TSE), am Freitagabend die offiziellen Wahlergebnisse verkündet. Die Bewegung zum Sozialismus (Movimiento al Socialismo, MAS) steht somit als Wahlsieger in der ersten Runde mit deutlichem Vorsprung fest. Der demokratische Ablauf der Wahlen wird von internationalen Organisationen rundum bestätigt.
Die MAS ist mit 55,1 Prozent der klare Wahlsieger, gefolgt von der enttäuschten Allianz Bürgergemeinschaft (Comunidad Ciudadana, CC) mit 28,83 Prozent. Der Präsidentschaftskandidat der CC, Carlos Mesa, hatte schon vor Tagen seine Niederlage eingestanden und die Führung der Opposition für sich reklamiert. Das bedeutet, dass die MAS über 26 Prozentpunkte vor dem unmittelbaren Konkurrenten liegt.
In Wählerstimmen ausgedrückt haben über 1.600.000 Personen mehr die MAS als die CC gewählt. Arce hat demnach das Wahlergebnis von Ex-Präsident Evo Morales aus dem Vorjahr weit übertroffen. Damals hatte Morales etwas über 47 Prozent erreicht, jedoch wurden die Wahlen aufgrund eines angeblichen Wahlbetrugs annulliert.
Der regionalistische und ultrarechte Luis Fernando Camacho von Wir Glauben (Creemos) aus Santa Cruz kommt mit seiner Partei gerade mal auf 14 Prozent. Die restlichen beiden Parteien blieben sogar unter der Drei-Prozent-Hürde und verlieren somit laut Wahlgesetz ihre Parteiregistrierung.
Die Abstimmung in 29 Ländern fiel sogar noch deutlicher aus. Dort gewann die MAS deutlich mit knapp 69 Prozent vor CC mit unter 17 Prozent. Die drittstärkste Kraft war auch hier Creemos mit etwa 12 Prozent.
Aus den Ergebnissen folgt, dass die MAS auch dann die Wahlen in der ersten Runde für sich entschieden hätte, wenn sich die beiden stärksten Oppositionsparteien zusammengeschlossen hätten. Dies wurde im Vorfeld der Wahlen immer wieder von der Anti-MAS-Fraktion gefordert, nachdem De-facto-Präsidentin Jeanine Áñez ihre Kandidatur zurückgezogen hatte. Laut Wahlgesetz gewinnt ein Kandidat dann in der ersten Runde, wenn er 40 Prozent der abgegebenen Stimmen bei einem Vorsprung von mindestens zehn Prozentpunkten erreicht.
Insgesamt gaben 6.483.893 Menschen ihre Stimme ab. Das bedeutet eine Wahlbeteiligung von 88,4 Prozent. Auch wenn im Land Wahlpflicht herrscht, so handelt es sich laut Romero um die zweithöchste Partizipation in der Geschichte Boliviens.
Damit ist das Ergebnis noch deutlicher ausgefallen als nach den ersten Hochrechnungen (amerika21 berichtete). Aus diesem Grund hatten international namhafte Politiker bereits frühzeitig der MAS zum Wahlsieg gratuliert. Luis Almagro, Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), erkannte schon am Montag die neu gewählte Präsidentschaft an, als die offizielle Auszählung gerade erst begonnen hatte.
Selbst der der MAS nicht gerade wohlgesonnene US-Außenminister, Mike Pompeo, schloss sich zwei Tage später den Glückwünschen an. Er brachte seine Hoffnung "auf eine Zusammenarbeit in Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse mit der demokratisch neu gewählten Regierung" zum Ausdruck.
Die verschiedenen internationalen Wahlbeobachtermissionen waren sich in ihren vorläufigen Berichten einig, dass ein Wahlbetrug auszuschließen und die Stimmabgabe friedlich und ohne größere Zwischenfälle abgelaufen sei.
Neben der Direktwahl des Präsidenten stimmten die Wähler auch über die Zusammensetzung der Plurinationalen Legislativen Versammlung Boliviens ab. Im Abgeordnetenhaus erreichte die MAS 73 von 130 Sitzen und verfügt über die absolute Mehrheit. CC kam auf 41 und Creemos auf 16. Im 36 Sitze starken Senat verfügt die MAS über eine satte Mehrheit von 21, die CC hat hier 11 und Creemos 4 Sitze. Bemerkenswert ist die Geschlechterverteilung im Senat: Von 36 Vertretern sind 20 Frauen.
Die MAS hat damit ihre Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern im Gegensatz zur vorherigen Legislaturperiode verloren. Das bedeutet, dass sie bei Verfassungsänderungen zu Verhandlungen mit der Opposition gezwungen ist.
Der deutliche Vorsprung und die absolute Mehrheit verleiht der neuen Regierung eine hohe Legitimität. Nichtsdestotrotz regt sich immer noch Widerstand gegen den Wahlausgang, der vor allem aus dem Tieflanddepartament Santa Cruz kommt. Dort versammeln sich seit den letzten vier Tagen regelmäßig Tausende Menschen und protestieren wegen angeblichen Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauszählung. Juan Martín Delgado, Führer der Jungen Cruzeñischen Union (Unión Juvenil Cruceñista, UJC), rief gestern zum Bürgerstreik ab Samstag 24 Uhr auf. Der Präsident des nahestehenden Comité Pro Santa Cruz, Rómulo Calvo, schloss sich dem Aufruf jedoch nicht an, weil "es nicht der richtige Moment sei". Er sei der Meinung, dass zuerst alle juristischen Mittel zum Einsatz kommen müssten. Zudem sei eine Versammlung der Bürger von Santa Cruz abzuhalten, bevor derartige Maßnahmen getroffen werden könnten. Delgado warf seiner Schwesterorganisation daraufhin vor, dass sie sich einer "Komplizenschaft des Schweigens" schuldig mache und die Jugendorganisation "bereits zuvor verraten" habe.
Die Senatspräsidentin, Eva Copa, hat unmittelbar nach der Pressekonferenz des TSE die offizielle Amtseinführung von Luis Arce und seinem Vize, David Choquehuanca, für den 8. November in La Paz festgelegt. Das TSE wird am kommenden Dienstag die Ernennungsurkunden für die Parlamentarier und am Mittwoch für die Präsidentschaft ausstellen. Danach muss innerhalb von zwei Wochen die Amtsübergabe vonstattengehen. Das bedeutet, dass die De-facto-Regierung noch maximal bis zum 11. November im Amt bleiben kann. Wiederum maximal 120 Tage danach müssen die Regionalwahlen durchgeführt werden, bei denen die Gouverneure, Bürgermeister und Regionalparlamente bestimmt werden. Der Wahlkampf geht also direkt in die nächste Runde.
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Auf amerika21 am 24. Oktober ein Artikel von Andreas Hetzer
Offizielles Wahlergebnis in Bolivien: MAS siegt mit überragender Mehrheit
MAS gewinnt mit 55,1 Prozent. Zweithöchste Wahlbeteiligung der Geschichte. Im Parlament behält MAS absolute Mehrheit
La Paz. Mit einer weiteren Verspätung um zwei Tage hat Salvador Romero, Präsident des Obersten Wahlgerichts (TSE), am Freitagabend die offiziellen Wahlergebnisse verkündet. Die Bewegung zum Sozialismus (Movimiento al Socialismo, MAS) steht somit als Wahlsieger in der ersten Runde mit deutlichem Vorsprung fest. Der demokratische Ablauf der Wahlen wird von internationalen Organisationen rundum bestätigt.
Die MAS ist mit 55,1 Prozent der klare Wahlsieger, gefolgt von der enttäuschten Allianz Bürgergemeinschaft (Comunidad Ciudadana, CC) mit 28,83 Prozent. Der Präsidentschaftskandidat der CC, Carlos Mesa, hatte schon vor Tagen seine Niederlage eingestanden und die Führung der Opposition für sich reklamiert. Das bedeutet, dass die MAS über 26 Prozentpunkte vor dem unmittelbaren Konkurrenten liegt.
In Wählerstimmen ausgedrückt haben über 1.600.000 Personen mehr die MAS als die CC gewählt. Arce hat demnach das Wahlergebnis von Ex-Präsident Evo Morales aus dem Vorjahr weit übertroffen. Damals hatte Morales etwas über 47 Prozent erreicht, jedoch wurden die Wahlen aufgrund eines angeblichen Wahlbetrugs annulliert.
Der regionalistische und ultrarechte Luis Fernando Camacho von Wir Glauben (Creemos) aus Santa Cruz kommt mit seiner Partei gerade mal auf 14 Prozent. Die restlichen beiden Parteien blieben sogar unter der Drei-Prozent-Hürde und verlieren somit laut Wahlgesetz ihre Parteiregistrierung.
Die Abstimmung in 29 Ländern fiel sogar noch deutlicher aus. Dort gewann die MAS deutlich mit knapp 69 Prozent vor CC mit unter 17 Prozent. Die drittstärkste Kraft war auch hier Creemos mit etwa 12 Prozent.
Aus den Ergebnissen folgt, dass die MAS auch dann die Wahlen in der ersten Runde für sich entschieden hätte, wenn sich die beiden stärksten Oppositionsparteien zusammengeschlossen hätten. Dies wurde im Vorfeld der Wahlen immer wieder von der Anti-MAS-Fraktion gefordert, nachdem De-facto-Präsidentin Jeanine Áñez ihre Kandidatur zurückgezogen hatte. Laut Wahlgesetz gewinnt ein Kandidat dann in der ersten Runde, wenn er 40 Prozent der abgegebenen Stimmen bei einem Vorsprung von mindestens zehn Prozentpunkten erreicht.
Insgesamt gaben 6.483.893 Menschen ihre Stimme ab. Das bedeutet eine Wahlbeteiligung von 88,4 Prozent. Auch wenn im Land Wahlpflicht herrscht, so handelt es sich laut Romero um die zweithöchste Partizipation in der Geschichte Boliviens.
Damit ist das Ergebnis noch deutlicher ausgefallen als nach den ersten Hochrechnungen (amerika21 berichtete). Aus diesem Grund hatten international namhafte Politiker bereits frühzeitig der MAS zum Wahlsieg gratuliert. Luis Almagro, Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), erkannte schon am Montag die neu gewählte Präsidentschaft an, als die offizielle Auszählung gerade erst begonnen hatte.
Selbst der der MAS nicht gerade wohlgesonnene US-Außenminister, Mike Pompeo, schloss sich zwei Tage später den Glückwünschen an. Er brachte seine Hoffnung "auf eine Zusammenarbeit in Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse mit der demokratisch neu gewählten Regierung" zum Ausdruck.
Die verschiedenen internationalen Wahlbeobachtermissionen waren sich in ihren vorläufigen Berichten einig, dass ein Wahlbetrug auszuschließen und die Stimmabgabe friedlich und ohne größere Zwischenfälle abgelaufen sei.
Neben der Direktwahl des Präsidenten stimmten die Wähler auch über die Zusammensetzung der Plurinationalen Legislativen Versammlung Boliviens ab. Im Abgeordnetenhaus erreichte die MAS 73 von 130 Sitzen und verfügt über die absolute Mehrheit. CC kam auf 41 und Creemos auf 16. Im 36 Sitze starken Senat verfügt die MAS über eine satte Mehrheit von 21, die CC hat hier 11 und Creemos 4 Sitze. Bemerkenswert ist die Geschlechterverteilung im Senat: Von 36 Vertretern sind 20 Frauen.
Die MAS hat damit ihre Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern im Gegensatz zur vorherigen Legislaturperiode verloren. Das bedeutet, dass sie bei Verfassungsänderungen zu Verhandlungen mit der Opposition gezwungen ist.
Der deutliche Vorsprung und die absolute Mehrheit verleiht der neuen Regierung eine hohe Legitimität. Nichtsdestotrotz regt sich immer noch Widerstand gegen den Wahlausgang, der vor allem aus dem Tieflanddepartament Santa Cruz kommt. Dort versammeln sich seit den letzten vier Tagen regelmäßig Tausende Menschen und protestieren wegen angeblichen Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauszählung. Juan Martín Delgado, Führer der Jungen Cruzeñischen Union (Unión Juvenil Cruceñista, UJC), rief gestern zum Bürgerstreik ab Samstag 24 Uhr auf. Der Präsident des nahestehenden Comité Pro Santa Cruz, Rómulo Calvo, schloss sich dem Aufruf jedoch nicht an, weil "es nicht der richtige Moment sei". Er sei der Meinung, dass zuerst alle juristischen Mittel zum Einsatz kommen müssten. Zudem sei eine Versammlung der Bürger von Santa Cruz abzuhalten, bevor derartige Maßnahmen getroffen werden könnten. Delgado warf seiner Schwesterorganisation daraufhin vor, dass sie sich einer "Komplizenschaft des Schweigens" schuldig mache und die Jugendorganisation "bereits zuvor verraten" habe.
Die Senatspräsidentin, Eva Copa, hat unmittelbar nach der Pressekonferenz des TSE die offizielle Amtseinführung von Luis Arce und seinem Vize, David Choquehuanca, für den 8. November in La Paz festgelegt. Das TSE wird am kommenden Dienstag die Ernennungsurkunden für die Parlamentarier und am Mittwoch für die Präsidentschaft ausstellen. Danach muss innerhalb von zwei Wochen die Amtsübergabe vonstattengehen. Das bedeutet, dass die De-facto-Regierung noch maximal bis zum 11. November im Amt bleiben kann. Wiederum maximal 120 Tage danach müssen die Regionalwahlen durchgeführt werden, bei denen die Gouverneure, Bürgermeister und Regionalparlamente bestimmt werden. Der Wahlkampf geht also direkt in die nächste Runde.
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•NEUER BEITRAG25.10.2020, 22:21 Uhr
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... und die Auswertung der Wahlbezirke widerlegt noch einmal aufs schönste das letztjährige "Wahlbetrug"-Geschrei von bolivianischer Rechte, Yanks und OAS. "Das CEPR verglich die Ergebnisse von 81 der 86 Wahlbezirke, in denen die OAS im letzten Jahr Betrug festgestellt haben wollte. Und siehe da, die diesjährigen Ergebnisse sind praktisch überall, mit Ausnahme von neun Bezirken, noch weit eindeutiger in Richtung der Bewegung zum Sozialismus (MAS) als vergangenes Jahr. Hatte die MAS 2019 in vielen dieser Wahlbezirke 85-90 Prozent der Stimmen errungen, sind es in diesem Jahr teils sogar 95-100 Prozent." [...] "muss die Rolle der OAS im vergangenen Jahr nun nochmals kritischer gesehen werden als bereits nach den vorgelegten Analysen der letzten Monate von CEPR, dem Massachusetts Institute of Technology (MIT), den Universitäten von Pennsylvania, Tulane und Michigan sowie der New York Times (amerika21 berichtete mehrfach)."
Der Artikel Analyse und Erkenntnis: Kein Wahlbetrug in Bolivien 2019, kein Wahlbetrug 2020 von Jonatan Pfeifenberger am 22.10. ebenfalls auf amerika21 unter Link ...jetzt anmelden!
Der Artikel Analyse und Erkenntnis: Kein Wahlbetrug in Bolivien 2019, kein Wahlbetrug 2020 von Jonatan Pfeifenberger am 22.10. ebenfalls auf amerika21 unter Link ...jetzt anmelden!
•NEUER BEITRAG26.10.2020, 15:50 Uhr
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Bolivien: Wiederaufnahme dipl. Bez. zu Kuba, Venez., Iran
Nach dem Wahlsieg der Linken will Bolivien die vom Putschistenregime abgebrochenen diplomatischen Beziehungen zu Kuba, Venezuela und Iran wieder aufnehmen.
Regierung von Arce hat vor, Beziehungen zu Kuba, Venezuela und dem Iran wieder aufzunehmen
Die Beziehungen zwischen diesen Ländern verschlechterten sich nach dem Staatsstreich im November 2019 und der Machtergreifung der de facto Regierung von Áñez
Der gewählte Präsident Boliviens Luis Arce plant im Rahmen der Außenpolitik seiner zukünftigen Regierung, die diplomatischen Beziehungen zu Kuba, Venezuela und dem Iran wieder aufzunehmen, meldete Telesur.
Arce gwann als von der Bewegung zum Sozialismus (MAS) aufgestellter Kandidat am Sonntag die Präsidentschaftswahlen des südamerikanischen Landes mit etwa 54 % der Stimmen, wie der Oberste Wahlgerichtshof (TSE) basierend auf einer Teilauszählung bekanntgab.
In einem Interview mit der spanischen Nachrichtenagentur EFE sagte der 57jährige Politiker, dass, wenn er einmal das Präsidentenamt übernommen habe, was voraussichtlich in der ersten Novemberhälfte der Fall sein werde, er damit beginne, die diplomatischen Beziehungen zu Kuba, Venezuela und dem Iran wiederaufzunehmen,
Die Beziehungen zu diesen Ländern verschlechterten sich nach dem Staatsstreich gegen den ehemaligen Präsidenten Evo Morales im November 2019 und der Machtübernahme durch die von der rechten Jeanine Áñez angeführten de facto Regierung.
Die bolivianische de facto Regierung brach die diplomatischen Beziehungen mit Venezula am 15. Novemer 2019 an und tat das gleiche mit Kuba am 24 Januar wegen angeblicher „Feindseligkeiten und Aggressionen“.
Das von Áñez angeführte Regime hat außerdem ein gespanntes Verhältnis zu den Regierungen Mexikos und Argentiniens, weil sie den ehemaligen Präsidenten Evo Morales nach dem Staatsstreich aufgenommen hatten.
Außerdem ist die Rückkehr Boliviens in die Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC) vorgesehen, ein Integrationsmechanismus, der sich aus 33 Ländern Lateinamerikas und der Karibik zusammensetzt.
veröffentlicht auf granma am 21.10. unter
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Regierung von Arce hat vor, Beziehungen zu Kuba, Venezuela und dem Iran wieder aufzunehmen
Die Beziehungen zwischen diesen Ländern verschlechterten sich nach dem Staatsstreich im November 2019 und der Machtergreifung der de facto Regierung von Áñez
Der gewählte Präsident Boliviens Luis Arce plant im Rahmen der Außenpolitik seiner zukünftigen Regierung, die diplomatischen Beziehungen zu Kuba, Venezuela und dem Iran wieder aufzunehmen, meldete Telesur.
Arce gwann als von der Bewegung zum Sozialismus (MAS) aufgestellter Kandidat am Sonntag die Präsidentschaftswahlen des südamerikanischen Landes mit etwa 54 % der Stimmen, wie der Oberste Wahlgerichtshof (TSE) basierend auf einer Teilauszählung bekanntgab.
In einem Interview mit der spanischen Nachrichtenagentur EFE sagte der 57jährige Politiker, dass, wenn er einmal das Präsidentenamt übernommen habe, was voraussichtlich in der ersten Novemberhälfte der Fall sein werde, er damit beginne, die diplomatischen Beziehungen zu Kuba, Venezuela und dem Iran wiederaufzunehmen,
Die Beziehungen zu diesen Ländern verschlechterten sich nach dem Staatsstreich gegen den ehemaligen Präsidenten Evo Morales im November 2019 und der Machtübernahme durch die von der rechten Jeanine Áñez angeführten de facto Regierung.
Die bolivianische de facto Regierung brach die diplomatischen Beziehungen mit Venezula am 15. Novemer 2019 an und tat das gleiche mit Kuba am 24 Januar wegen angeblicher „Feindseligkeiten und Aggressionen“.
Das von Áñez angeführte Regime hat außerdem ein gespanntes Verhältnis zu den Regierungen Mexikos und Argentiniens, weil sie den ehemaligen Präsidenten Evo Morales nach dem Staatsstreich aufgenommen hatten.
Außerdem ist die Rückkehr Boliviens in die Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC) vorgesehen, ein Integrationsmechanismus, der sich aus 33 Ländern Lateinamerikas und der Karibik zusammensetzt.
veröffentlicht auf granma am 21.10. unter
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•NEUER BEITRAG27.10.2020, 10:20 Uhr
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FPeregrin | |
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Bolivien: Haftbefehl gegen Evo Morales aufgehoben
Haftbefehl gegen Evo Morales aufgehoben
Bolivien 26. Oktober 2020
n Bolivien ist der nach dem Putsch Ende 2019 erlassene Haftbefehl gegen den damals gestürzten Präsidenten Evo Morales aufgehoben worden. Darüber informierte am Montag der Präsident des Regionalgerichts von La Paz, Jorge Quino. Er begründete die Entscheidung damit, dass die Rechte des Beschuldigten im Verfahren verletzt worden seien. Insbesondere sei Morales die Möglichkeit vorenthalten worden, sich gegen die erhobenen Anschuldigungen zu verteidigen.
Der zuständige Staatsanwalt Marco Cossío bestätigte gegenüber Journalisten außerdem, dass auch die Vorladung von Evo Morales, zu den vom Putschistenregime gegen ihn erhobenen Terrorismus-Vorwürfen auszusagen, aufgehoben worden sei. Allerdings seien die Vorwürfe nicht fallengelassen worden, man wolle nun eine Aussage des gestürzten Präsidenten durch »internationale Kooperation« erreichen.
Morales hatte im November 2019 seinen Rücktritt vom Präsidentenamt erklärt, nachdem Militär und Polizei gegen ihn rebelliert hatten. Er konnte nach Mexiko entkommen. Heute lebt er in Argentinien, das ihm politisches Asyl gewährt hat.
Quelle: Xinhua / RedGlobe
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Bolivien 26. Oktober 2020
n Bolivien ist der nach dem Putsch Ende 2019 erlassene Haftbefehl gegen den damals gestürzten Präsidenten Evo Morales aufgehoben worden. Darüber informierte am Montag der Präsident des Regionalgerichts von La Paz, Jorge Quino. Er begründete die Entscheidung damit, dass die Rechte des Beschuldigten im Verfahren verletzt worden seien. Insbesondere sei Morales die Möglichkeit vorenthalten worden, sich gegen die erhobenen Anschuldigungen zu verteidigen.
Der zuständige Staatsanwalt Marco Cossío bestätigte gegenüber Journalisten außerdem, dass auch die Vorladung von Evo Morales, zu den vom Putschistenregime gegen ihn erhobenen Terrorismus-Vorwürfen auszusagen, aufgehoben worden sei. Allerdings seien die Vorwürfe nicht fallengelassen worden, man wolle nun eine Aussage des gestürzten Präsidenten durch »internationale Kooperation« erreichen.
Morales hatte im November 2019 seinen Rücktritt vom Präsidentenamt erklärt, nachdem Militär und Polizei gegen ihn rebelliert hatten. Er konnte nach Mexiko entkommen. Heute lebt er in Argentinien, das ihm politisches Asyl gewährt hat.
Quelle: Xinhua / RedGlobe
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•NEUER BEITRAG10.11.2020, 18:54 Uhr
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Bolivien: Umkehr des "Regime Change"
Seit dem 31.10. steht auf amerika21 ein längerer Text von Mark Weisbrot, der sich mit den Wahlen (nicht nur der letzten), der OAS, dem Putsch, der polit. + wirtschaftl. Situation im Land ... beschäftigt. Lohnt sich zu lesen.
Bolivien: Bevölkerung gewinnt Demokratie zurück
MAS-Wahlsieg ist eine Zurückweisung des rassistischen Putschregimes und eine Abfuhr an Trump-Regierung und OAS
Am Sonntag, dem 18. Oktober, gewann Luis Arce die Präsidentschaft von Bolivien in klarer Ablehnung des Militärputsches vom letzten Jahr, durch den die gegenwärtige Regierung an die Macht gekommen war. Arce ist der frühere Wirtschaftsminister von Evo Morales, des ersten indigenen Präsidenten des Landes mit dem größten indigenen Bevölkerungsanteil in den Amerikas. Morales' demokratisch gewählte Regierung war im November des vergangenen Jahres gestürzt worden.
Der November-Putsch wurde von der US-Regierung unterstützt und die Führung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) spielte eine zentrale Rolle dabei, die Grundlagen zu schaffen. Die Wahl vom Sonntag hat enorme Auswirkungen nicht nur für Bolivien, wo sie ein notwendiger Schritt zur Wiederherstellung der Demokratie ist, sondern auf die ganze Region, was Demokratie, nationale Unabhängigkeit, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt und den Kampf gegen Rassismus betrifft.
Was zunächst die Wahl betrifft, so zeigen inoffizielle Stimmauszählungen Arce mit mehr als 50 Prozent der Stimmen und mindestens 20 Prozentpunkten Vorsprung vor seinem nächsten Konkurrenten, dem ehemaligen Präsidenten Carlos Mesa, in Führung. Eine Mehrheit ist entscheidend, aber selbst wenn die endgültige, offizielle Auszählung Arce unter 50 Prozent brächten, so ist sein Vorsprung auf Mesa so gut wie sicher ausreichend, um die Wahl im ersten Wahlgang zu gewinnen (dazu muss ein Kandidat mehr als 50 Prozent der Stimmen haben oder mindestens 40 Prozent mit einem Vorsprung von zehn Prozentpunkten auf den Zweitplatzierten). Bereits am Sonntagabend hatte Mesa hat die Niederlage eingestanden und De-facto-Präsidentin Jeanine Áñez gratulierte Arce zu seinem Sieg.
Tatsächlich hätte Arce die Wahl wohl sogar dann gewonnen, wenn er nicht gegen eine repressive, rassistische Regierung angetreten wäre, die durch einen Putsch an die Macht kam. Als Wirtschaftsminister seit Morales' Amtsantritt im Januar 2006 kann Arce viel Anerkennung für eine Politik beanspruchen, die jeder Ökonom als bemerkenswert erfolgreiche wirtschaftliche Wende für Bolivien bezeichnen würde. Als Morales zum ersten Mal gewählt wurde, war das Einkommen pro Person geringer als in den 26 Jahre davor. In den 14 Jahren der Regierung der "Bewegung zum Sozialismus" (Movimiento al Socialismo, MAS) stieg das Einkommen dagegen um 52 Prozent. Dies ist eine beträchtliche Verbesserung des Lebensstandards (sechstes von 34 Ländern in der Region) nach lang andauerndem wirtschaftlichen Niedergang.
Arme Bolivianer, in ihrer Mehrheit Indigene, profitierten sogar mehr als andere von den wirtschaftlichen Erfolgen der MAS-Regierung. Die Armut wurde um 42 Prozent und die extreme Armut um 60 Prozent reduziert. Ärmere Bolivianer profitierten auch überproportional von den stark zunehmenden öffentlichen Investitionen etwa in Schulen, Straßen und Krankenhäuser.
Im Gegensatz dazu waren die elf Monate der Putschregierung seit November letzten Jahres eine Katastrophe. Der Internationale Währungsfonds schätzt, dass die bolivianische Wirtschaft im Jahr 2020 um 7,9 Prozent schrumpft. Natürlich hat der größte Teil der Welt durch Covid-19 wirtschaftlichen Schaden erlitten, aber Bolivien hat aufgrund der Misswirtschaft der Putschregierung eine extrem hohe Zahl an Todesopfern im Verhältnis zu seiner Bevölkerung. Bolivien steht an dritter Stelle von 150 Ländern, gemessen an der Zahl der Menschen pro Million, die durch Covid-19 zu Tode kamen. Dies ist kriminelle Fahrlässigkeit.
Die Bolivianer litten unter weiteren vorsätzlichen Verbrechen der aktuellen Regierung. Dazu gehören zwei Massaker der Sicherheitskräfte, bei denen mindestens 22 Menschen getötet wurden ‒ allesamt Indigene. Der offene Rassismus nicht nur der Sicherheitskräfte, sondern auch der Führung des Putsches und der De-facto-Regierung sowie die Unterdrückung und politische Verfolgung durch diese Regierung wurden im Bericht der "International Human Rights Clinic" der Harvard Law School und des Universitätsnetzwerks für Menschenrechte im Juli dokumentiert. Dieser Bericht kam zu dem Ergebnis, der Putsch-Monat sei "der zweittödlichste Monat in Bezug auf die Zahl der zivilen Toten gewesen, die staatliche Sicherheitskräfte zu verantworten hatten, seit Bolivien vor fast 40 Jahren eine Demokratie wurde".
Human Rights Watch stellte fest, dass die De-facto-Regierung "Staatsanwälte und Richter öffentlich unter Druck setzte, im Sinne ihrer Interessen tätig zu werden, was strafrechtliche Ermittlungen wegen Aufruhr und/oder Terrorismus gegen mehr als 100 Personen, die mit der Morales-Regierung und Morales-Unterstützern in Verbindung stehen, zur Folge hatte". Zu den wegen Terrorismus Beschuldigten gehört Evo Morales selbst. Human Rights Watch kam zu dem Schluss, dass dies "eher ein politischer Angriff auf Morales und seine Unterstützer zu sein scheint, als die Durchsetzung des Gesetzes".
All das wäre nicht geschehen, wenn die rechtsgerichteten Kräfte ‒ die 14 Jahre lang keine Wahlen gewinnen konnten ‒ nicht in der Lage gewesen wären, einen Staatsstreich durchzuführen. Und dafür bekamen sie tatkräftige Hilfe:
Am 21. Oktober 2019, dem Tag nach der Wahl, veröffentlichte die OAS eine Erklärung und behauptete, dass es "nach Abschluss der Wahlen eine drastische und schwer erklärbare Trendwende bei den Ergebnissen gab". Beweise wurden nicht vorgebracht und die Behauptungen wurden alsbald widerlegt. Aber die OAS wiederholte den Vorwurf über Wochen und dann über Monate, und er war die politische Grundlage für den Putsch vom 10. November und zur Rechtfertigung für die dann folgenden Übergriffe.
Wie aus öffentlich zugänglichen Wahlunterlagen von Anfang an klar hervorging, war das, was tatsächlich geschah, recht einfach: Gegenden, die ihre Ergebnisse später übermittelten, hatten mehr für die MAS gestimmt als die, die früher berichteten. Das geschieht bei vielen Wahlen und war, wenig überraschend, auch in diesem Jahr so, wie es in der offiziellen Auszählung in den Tagen nach der Wahl vom Sonntag dokumentiert ist.
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Bolivien: Bevölkerung gewinnt Demokratie zurück
MAS-Wahlsieg ist eine Zurückweisung des rassistischen Putschregimes und eine Abfuhr an Trump-Regierung und OAS
Am Sonntag, dem 18. Oktober, gewann Luis Arce die Präsidentschaft von Bolivien in klarer Ablehnung des Militärputsches vom letzten Jahr, durch den die gegenwärtige Regierung an die Macht gekommen war. Arce ist der frühere Wirtschaftsminister von Evo Morales, des ersten indigenen Präsidenten des Landes mit dem größten indigenen Bevölkerungsanteil in den Amerikas. Morales' demokratisch gewählte Regierung war im November des vergangenen Jahres gestürzt worden.
Der November-Putsch wurde von der US-Regierung unterstützt und die Führung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) spielte eine zentrale Rolle dabei, die Grundlagen zu schaffen. Die Wahl vom Sonntag hat enorme Auswirkungen nicht nur für Bolivien, wo sie ein notwendiger Schritt zur Wiederherstellung der Demokratie ist, sondern auf die ganze Region, was Demokratie, nationale Unabhängigkeit, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt und den Kampf gegen Rassismus betrifft.
Was zunächst die Wahl betrifft, so zeigen inoffizielle Stimmauszählungen Arce mit mehr als 50 Prozent der Stimmen und mindestens 20 Prozentpunkten Vorsprung vor seinem nächsten Konkurrenten, dem ehemaligen Präsidenten Carlos Mesa, in Führung. Eine Mehrheit ist entscheidend, aber selbst wenn die endgültige, offizielle Auszählung Arce unter 50 Prozent brächten, so ist sein Vorsprung auf Mesa so gut wie sicher ausreichend, um die Wahl im ersten Wahlgang zu gewinnen (dazu muss ein Kandidat mehr als 50 Prozent der Stimmen haben oder mindestens 40 Prozent mit einem Vorsprung von zehn Prozentpunkten auf den Zweitplatzierten). Bereits am Sonntagabend hatte Mesa hat die Niederlage eingestanden und De-facto-Präsidentin Jeanine Áñez gratulierte Arce zu seinem Sieg.
Tatsächlich hätte Arce die Wahl wohl sogar dann gewonnen, wenn er nicht gegen eine repressive, rassistische Regierung angetreten wäre, die durch einen Putsch an die Macht kam. Als Wirtschaftsminister seit Morales' Amtsantritt im Januar 2006 kann Arce viel Anerkennung für eine Politik beanspruchen, die jeder Ökonom als bemerkenswert erfolgreiche wirtschaftliche Wende für Bolivien bezeichnen würde. Als Morales zum ersten Mal gewählt wurde, war das Einkommen pro Person geringer als in den 26 Jahre davor. In den 14 Jahren der Regierung der "Bewegung zum Sozialismus" (Movimiento al Socialismo, MAS) stieg das Einkommen dagegen um 52 Prozent. Dies ist eine beträchtliche Verbesserung des Lebensstandards (sechstes von 34 Ländern in der Region) nach lang andauerndem wirtschaftlichen Niedergang.
Arme Bolivianer, in ihrer Mehrheit Indigene, profitierten sogar mehr als andere von den wirtschaftlichen Erfolgen der MAS-Regierung. Die Armut wurde um 42 Prozent und die extreme Armut um 60 Prozent reduziert. Ärmere Bolivianer profitierten auch überproportional von den stark zunehmenden öffentlichen Investitionen etwa in Schulen, Straßen und Krankenhäuser.
Im Gegensatz dazu waren die elf Monate der Putschregierung seit November letzten Jahres eine Katastrophe. Der Internationale Währungsfonds schätzt, dass die bolivianische Wirtschaft im Jahr 2020 um 7,9 Prozent schrumpft. Natürlich hat der größte Teil der Welt durch Covid-19 wirtschaftlichen Schaden erlitten, aber Bolivien hat aufgrund der Misswirtschaft der Putschregierung eine extrem hohe Zahl an Todesopfern im Verhältnis zu seiner Bevölkerung. Bolivien steht an dritter Stelle von 150 Ländern, gemessen an der Zahl der Menschen pro Million, die durch Covid-19 zu Tode kamen. Dies ist kriminelle Fahrlässigkeit.
Die Bolivianer litten unter weiteren vorsätzlichen Verbrechen der aktuellen Regierung. Dazu gehören zwei Massaker der Sicherheitskräfte, bei denen mindestens 22 Menschen getötet wurden ‒ allesamt Indigene. Der offene Rassismus nicht nur der Sicherheitskräfte, sondern auch der Führung des Putsches und der De-facto-Regierung sowie die Unterdrückung und politische Verfolgung durch diese Regierung wurden im Bericht der "International Human Rights Clinic" der Harvard Law School und des Universitätsnetzwerks für Menschenrechte im Juli dokumentiert. Dieser Bericht kam zu dem Ergebnis, der Putsch-Monat sei "der zweittödlichste Monat in Bezug auf die Zahl der zivilen Toten gewesen, die staatliche Sicherheitskräfte zu verantworten hatten, seit Bolivien vor fast 40 Jahren eine Demokratie wurde".
Human Rights Watch stellte fest, dass die De-facto-Regierung "Staatsanwälte und Richter öffentlich unter Druck setzte, im Sinne ihrer Interessen tätig zu werden, was strafrechtliche Ermittlungen wegen Aufruhr und/oder Terrorismus gegen mehr als 100 Personen, die mit der Morales-Regierung und Morales-Unterstützern in Verbindung stehen, zur Folge hatte". Zu den wegen Terrorismus Beschuldigten gehört Evo Morales selbst. Human Rights Watch kam zu dem Schluss, dass dies "eher ein politischer Angriff auf Morales und seine Unterstützer zu sein scheint, als die Durchsetzung des Gesetzes".
All das wäre nicht geschehen, wenn die rechtsgerichteten Kräfte ‒ die 14 Jahre lang keine Wahlen gewinnen konnten ‒ nicht in der Lage gewesen wären, einen Staatsstreich durchzuführen. Und dafür bekamen sie tatkräftige Hilfe:
Am 21. Oktober 2019, dem Tag nach der Wahl, veröffentlichte die OAS eine Erklärung und behauptete, dass es "nach Abschluss der Wahlen eine drastische und schwer erklärbare Trendwende bei den Ergebnissen gab". Beweise wurden nicht vorgebracht und die Behauptungen wurden alsbald widerlegt. Aber die OAS wiederholte den Vorwurf über Wochen und dann über Monate, und er war die politische Grundlage für den Putsch vom 10. November und zur Rechtfertigung für die dann folgenden Übergriffe.
Wie aus öffentlich zugänglichen Wahlunterlagen von Anfang an klar hervorging, war das, was tatsächlich geschah, recht einfach: Gegenden, die ihre Ergebnisse später übermittelten, hatten mehr für die MAS gestimmt als die, die früher berichteten. Das geschieht bei vielen Wahlen und war, wenig überraschend, auch in diesem Jahr so, wie es in der offiziellen Auszählung in den Tagen nach der Wahl vom Sonntag dokumentiert ist.
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•NEUER BEITRAG10.11.2020, 18:57 Uhr
EDIT: arktika
10.11.2020, 19:00 Uhr
10.11.2020, 19:00 Uhr
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Bolivien: Umkehr des "Regime Change"
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Am Montagnachmittag meldete Associated Press: "Bei der offiziellen Auszählung der 24 Prozent der bis Montag ausgezählten Stimmen hatte Mesa einen 41 zu 39 Prozent Vorsprung vor Arce, aber diese Stimmen kamen größtenteils aus städtischen Gegenden und nicht aus den ländlichen Kerngebieten, welche die Basis für Morales' Unterstützung sind". Und in der Tat zog Arce bald vorbei und war auf dem Weg zu seinem mehr als 20-Punkte-Vorsprung, wie es die Schnellauszählung vom Sonntagabend auch gemeldet hatte.
Doch als sich im vergangenen Jahr der gleiche, leicht erklärbare Trend zeigte, der den Vorsprung von Evo Morales von 7,9 auf über zehn Prozentpunkte vergrößerte ‒ genug, um in der ersten Wahlrunde zu gewinnen ‒ erfand die OAS die falsche Geschichte vom Betrug. Die meisten großen Medien akzeptierten diese Geschichte.
Die OAS veröffentlichte in den Monaten nach ihrer ersten Pressemitteilung noch drei weitere Berichte, ging aber auf die naheliegende Möglichkeit gar nie ein, die ihre Wahlresultate später abliefernden Bezirke könnten sich politisch von denen unterscheiden, die ihre Ergebnisse früher geliefert hatten. Es handelte sich um eine offizielle Beobachtermission der OAS, besetzt mit professionellen Wahlbeobachtern, die mindestens genauso so viel darüber hätten wissen müssen wie jemand, der Wahlen am Fernsehbildschirm verfolgt. Es ist ganz einfach unglaubwürdig, dass dieses weit verbreitete und weithin verstandene Wahlphänomen der Organisation nie auch nur in den Sinn gekommen ist.
Am 25. November fragten vier Mitglieder des US-Kongress bei der OAS, ob die Organisation an diese Möglichkeit gedacht habe, aber nach fast einem Jahr haben sie auf diese und zehn weitere grundlegende Fragen noch immer keine Antwort. Zwei von ihnen, Jan Schakowsky und Jesús "Chuy" García (beide Demokraten aus Chicago), fordern vom Kongress, das Tun der OAS zu untersuchen (der US-Kongress bewilligt rund 60 Prozent der OAS-Finanzen).
Auf die meisten Fragen von Journalisten verweigert die OAS die Antwort, zumindest offiziell; und sie beantwortete nie den Brief der 133 Ökonomen und Statistiker, in dem die gleichen Probleme und Fragen betreffend die Falschaussagen der OAS aufgeworfen wurden wie von den Kongressmitgliedern.
Aber der Generalsekretär der OAS, Luis Almagro, antwortete sehr wohl auf einen Artikel in der New York Times vom 7. Juni, in dem statistische Belege dafür geliefert wurden, dass die Behauptungen der OAS über eine gestohlene Wahl falsch waren.
Almagro überschüttete die Times mit einer Flut von Beschimpfungen und der Behauptung, sie "beabsichtige, dem bolivianischen Volk die Möglichkeit zu nehmen, bei einer neuen Wahl einen anderen Präsidenten zu wählen als Evo Morales". Er attackierte die mehr als 90 Jahre Berichterstattung der Times und erklärte deren angebliche Voreingenommenheit gegenüber Morales mit der "gut dokumentierten widersprüchlichen Geschichte der Zeitung, was die Wahrheit in Bezug auf Totalitarismus und Diktatur angeht", einschließlich der von Stalin, Castro und sogar Hitler. Dies von einer Organisation, die Länder mit einer Gesamtbevölkerung von mehr als einer Milliarde Menschen vertreten soll.
All dies zeigt, wie wichtig es ist, zu verhindern, dass die OAS von der US-Regierung weiter als Instrument für "Regime change" benutzt wird.
Die OAS hat dies bereits früher getan: Bei den Wahlen in Haiti im Jahr 2000, als die OAS ihre Analyse änderte, um den Vorwand für die Einstellung fast der gesamten internationalen Hilfe zu liefern, was zu dem US-gestützten Putsch 2004 führte; ferner 2011, als die OAS tat, was vielleicht keine andere Wahlbeobachtermission je getan hat, nämlich einfach die Ergebnisse des ersten Wahlgangs der Präsidentschaftswahlen in Haiti zu kippen.
Wir müssen selbstverständlich auch stoppen, dass "Regime change" Washingtons Standardpolitik im Umgang mit linken Regierungen in Lateinamerika ist.
Im 21. Jahrhundert hat die Mehrheit der Menschen in Lateinamerika und der Karibik linke Regierungen gewählt, die unabhängiger waren als ihre Vorgänger. Washington intervenierte stets, um fast alle zu untergraben, wie etwa in Argentinien, Brasilien, Bolivien, Haiti, Honduras, Nicaragua, Venezuela und Paraguay ‒ mit ziemlicher Sicherheit noch weitere, wofür es Indizien gibt ‒ und trug in mehreren Fällen zu einem tatsächlichen Regierungswechsel bei.
Diese Interventionen können verheerende und lang anhaltende Auswirkungen haben, wie man bei einigen der oben genannten Länder sehen kann, die allein in diesem Jahrhundert den Regime change-Operationen der USA zum Opfer fielen.
Deshalb ist die Umkehr des "Regime change" in Bolivien so wichtig — und nicht nur für Bolivien, sondern für die gesamte Region.
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#Bolivien
#regimechange
#OAS
#USA
#LuisArce
#EvoMorales
Am Montagnachmittag meldete Associated Press: "Bei der offiziellen Auszählung der 24 Prozent der bis Montag ausgezählten Stimmen hatte Mesa einen 41 zu 39 Prozent Vorsprung vor Arce, aber diese Stimmen kamen größtenteils aus städtischen Gegenden und nicht aus den ländlichen Kerngebieten, welche die Basis für Morales' Unterstützung sind". Und in der Tat zog Arce bald vorbei und war auf dem Weg zu seinem mehr als 20-Punkte-Vorsprung, wie es die Schnellauszählung vom Sonntagabend auch gemeldet hatte.
Doch als sich im vergangenen Jahr der gleiche, leicht erklärbare Trend zeigte, der den Vorsprung von Evo Morales von 7,9 auf über zehn Prozentpunkte vergrößerte ‒ genug, um in der ersten Wahlrunde zu gewinnen ‒ erfand die OAS die falsche Geschichte vom Betrug. Die meisten großen Medien akzeptierten diese Geschichte.
Die OAS veröffentlichte in den Monaten nach ihrer ersten Pressemitteilung noch drei weitere Berichte, ging aber auf die naheliegende Möglichkeit gar nie ein, die ihre Wahlresultate später abliefernden Bezirke könnten sich politisch von denen unterscheiden, die ihre Ergebnisse früher geliefert hatten. Es handelte sich um eine offizielle Beobachtermission der OAS, besetzt mit professionellen Wahlbeobachtern, die mindestens genauso so viel darüber hätten wissen müssen wie jemand, der Wahlen am Fernsehbildschirm verfolgt. Es ist ganz einfach unglaubwürdig, dass dieses weit verbreitete und weithin verstandene Wahlphänomen der Organisation nie auch nur in den Sinn gekommen ist.
Am 25. November fragten vier Mitglieder des US-Kongress bei der OAS, ob die Organisation an diese Möglichkeit gedacht habe, aber nach fast einem Jahr haben sie auf diese und zehn weitere grundlegende Fragen noch immer keine Antwort. Zwei von ihnen, Jan Schakowsky und Jesús "Chuy" García (beide Demokraten aus Chicago), fordern vom Kongress, das Tun der OAS zu untersuchen (der US-Kongress bewilligt rund 60 Prozent der OAS-Finanzen).
Auf die meisten Fragen von Journalisten verweigert die OAS die Antwort, zumindest offiziell; und sie beantwortete nie den Brief der 133 Ökonomen und Statistiker, in dem die gleichen Probleme und Fragen betreffend die Falschaussagen der OAS aufgeworfen wurden wie von den Kongressmitgliedern.
Aber der Generalsekretär der OAS, Luis Almagro, antwortete sehr wohl auf einen Artikel in der New York Times vom 7. Juni, in dem statistische Belege dafür geliefert wurden, dass die Behauptungen der OAS über eine gestohlene Wahl falsch waren.
Almagro überschüttete die Times mit einer Flut von Beschimpfungen und der Behauptung, sie "beabsichtige, dem bolivianischen Volk die Möglichkeit zu nehmen, bei einer neuen Wahl einen anderen Präsidenten zu wählen als Evo Morales". Er attackierte die mehr als 90 Jahre Berichterstattung der Times und erklärte deren angebliche Voreingenommenheit gegenüber Morales mit der "gut dokumentierten widersprüchlichen Geschichte der Zeitung, was die Wahrheit in Bezug auf Totalitarismus und Diktatur angeht", einschließlich der von Stalin, Castro und sogar Hitler. Dies von einer Organisation, die Länder mit einer Gesamtbevölkerung von mehr als einer Milliarde Menschen vertreten soll.
All dies zeigt, wie wichtig es ist, zu verhindern, dass die OAS von der US-Regierung weiter als Instrument für "Regime change" benutzt wird.
Die OAS hat dies bereits früher getan: Bei den Wahlen in Haiti im Jahr 2000, als die OAS ihre Analyse änderte, um den Vorwand für die Einstellung fast der gesamten internationalen Hilfe zu liefern, was zu dem US-gestützten Putsch 2004 führte; ferner 2011, als die OAS tat, was vielleicht keine andere Wahlbeobachtermission je getan hat, nämlich einfach die Ergebnisse des ersten Wahlgangs der Präsidentschaftswahlen in Haiti zu kippen.
Wir müssen selbstverständlich auch stoppen, dass "Regime change" Washingtons Standardpolitik im Umgang mit linken Regierungen in Lateinamerika ist.
Im 21. Jahrhundert hat die Mehrheit der Menschen in Lateinamerika und der Karibik linke Regierungen gewählt, die unabhängiger waren als ihre Vorgänger. Washington intervenierte stets, um fast alle zu untergraben, wie etwa in Argentinien, Brasilien, Bolivien, Haiti, Honduras, Nicaragua, Venezuela und Paraguay ‒ mit ziemlicher Sicherheit noch weitere, wofür es Indizien gibt ‒ und trug in mehreren Fällen zu einem tatsächlichen Regierungswechsel bei.
Diese Interventionen können verheerende und lang anhaltende Auswirkungen haben, wie man bei einigen der oben genannten Länder sehen kann, die allein in diesem Jahrhundert den Regime change-Operationen der USA zum Opfer fielen.
Deshalb ist die Umkehr des "Regime change" in Bolivien so wichtig — und nicht nur für Bolivien, sondern für die gesamte Region.
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•NEUER BEITRAG12.11.2020, 17:50 Uhr
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Bolivien: Evo Morales zurück aus Exil
Wie Marta Andujo am 11. November auf amerika21 berichtet hat, ist der weggeputschte Ex-Präsident Evo Morales nach dem Wahlsieg der MAS nach Bolivien zurückgekehrt:
Evo Morales ist nach einem Jahr nach Bolivien zurückgekehrt
Villazón. Um 10:09 Uhr an diesem Montag hat Evo Morales die Grenze zwischen Bolivien und Argentinien überquert und kehrte nach einem Jahr Exil in seine Heimat zurück.
Nach den Wahlen im November 2019 war der erste indigene Präsident Boliviens durch politische Rechtskräfte und unter Mithilfe von Polizei, Militär und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) aus dem Amt gedrängt und, genau heute vor einem Jahr, zum Verlassen des Landes genötigt worden.
Seinen Grenzübertritt, der in Begleitung des argentinischen Präsidenten Alberto Fernández und einer großen Menschenmenge stattfand, kommentierte Morales: "Ich hatte keinen Zweifel daran, dass ich zurückkehre, aber ich war mir nicht sicher, dass es so bald sein würde ‒ etwas Historisches, etwas noch nie Dagewesenes, dank des Willens des Volkes und der Begleitung durch viele Verantwortungsträger in der Welt".
In der bolivianischen Grenzstadt Villazón hatten sich Tausende Menschen versammelt, um auf Morales zu warten. Die Basis der Bewegung zum Sozialismus (MAS), deren Parteichef Morales auch während seines Exils geblieben ist, zeigt in diesen Tagen ihren Mobilisierungsgrad. Wie bei der Rückkehr von Morales, sorgten die Massen der MAS-Anhänger auch in der Hauptstadt La Paz bei der Amtseinführung des neuen Präsidenten von Bolivien, Luis Arce, für einen geschützten Ablauf.
Der Ex-Präsident traf in Begleitung seines ehemaligen Vizepräsidenten Álvaro García Línera und des ehemaligen bolivianischen Botschafters bei den Vereinten Nationen, Sacha Llorenti, ein und verbrachte die Nacht in Uyuni, Potosí, um sodann in seine Heimatstadt Orinoca im Departement Oruro aufzubrechen.
In Uyuni hielt Morales eine Pressekonferenz ab, bei der er auf die Lithium- und Solequellen dieser Region verwies. Er betonte, dass sein Land mit dem Bau einer Lithium-Batterieanlage fortfahren werde. Präsident Arce werde die Pläne aus der gemeinsamen Regierungszeit wieder aufnehmen, um den Veredelungsprozess des Rohstoffes im Land zu halten. Viele internationale Treffen im vergangenen Jahr hätten ihm klar gemacht, "dass die Industrieländer im Westen nur wollen, dass wir Lateinamerikaner die Rohstoffe garantieren", erklärte der ehemalige Präsident.
Morales besuchte anschließend den Ort seiner Geburt, das Dorf Orinoca, um dann weiter in die Provinz Cochabamba zu reisen. Seine Route gestaltet sich als indigene Karawane mit vielen Zwischenstopps und Kundgebungen.
Mit dem Putsch vor einem Jahr kehrten zeitweise die Kräfte an die Macht zurück, die die indigene Mehrheit der bolivianischen Bevölkerung als "Wilde" bezeichnen und ihr einen Platz am Rande der Gesellschaft zuweisen wollen. Der Wahlsieg der MAS und die Rückkehr von Morales werden entsprechend gefeiert.
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Evo Morales ist nach einem Jahr nach Bolivien zurückgekehrt
Villazón. Um 10:09 Uhr an diesem Montag hat Evo Morales die Grenze zwischen Bolivien und Argentinien überquert und kehrte nach einem Jahr Exil in seine Heimat zurück.
Nach den Wahlen im November 2019 war der erste indigene Präsident Boliviens durch politische Rechtskräfte und unter Mithilfe von Polizei, Militär und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) aus dem Amt gedrängt und, genau heute vor einem Jahr, zum Verlassen des Landes genötigt worden.
Seinen Grenzübertritt, der in Begleitung des argentinischen Präsidenten Alberto Fernández und einer großen Menschenmenge stattfand, kommentierte Morales: "Ich hatte keinen Zweifel daran, dass ich zurückkehre, aber ich war mir nicht sicher, dass es so bald sein würde ‒ etwas Historisches, etwas noch nie Dagewesenes, dank des Willens des Volkes und der Begleitung durch viele Verantwortungsträger in der Welt".
In der bolivianischen Grenzstadt Villazón hatten sich Tausende Menschen versammelt, um auf Morales zu warten. Die Basis der Bewegung zum Sozialismus (MAS), deren Parteichef Morales auch während seines Exils geblieben ist, zeigt in diesen Tagen ihren Mobilisierungsgrad. Wie bei der Rückkehr von Morales, sorgten die Massen der MAS-Anhänger auch in der Hauptstadt La Paz bei der Amtseinführung des neuen Präsidenten von Bolivien, Luis Arce, für einen geschützten Ablauf.
Der Ex-Präsident traf in Begleitung seines ehemaligen Vizepräsidenten Álvaro García Línera und des ehemaligen bolivianischen Botschafters bei den Vereinten Nationen, Sacha Llorenti, ein und verbrachte die Nacht in Uyuni, Potosí, um sodann in seine Heimatstadt Orinoca im Departement Oruro aufzubrechen.
In Uyuni hielt Morales eine Pressekonferenz ab, bei der er auf die Lithium- und Solequellen dieser Region verwies. Er betonte, dass sein Land mit dem Bau einer Lithium-Batterieanlage fortfahren werde. Präsident Arce werde die Pläne aus der gemeinsamen Regierungszeit wieder aufnehmen, um den Veredelungsprozess des Rohstoffes im Land zu halten. Viele internationale Treffen im vergangenen Jahr hätten ihm klar gemacht, "dass die Industrieländer im Westen nur wollen, dass wir Lateinamerikaner die Rohstoffe garantieren", erklärte der ehemalige Präsident.
Morales besuchte anschließend den Ort seiner Geburt, das Dorf Orinoca, um dann weiter in die Provinz Cochabamba zu reisen. Seine Route gestaltet sich als indigene Karawane mit vielen Zwischenstopps und Kundgebungen.
Mit dem Putsch vor einem Jahr kehrten zeitweise die Kräfte an die Macht zurück, die die indigene Mehrheit der bolivianischen Bevölkerung als "Wilde" bezeichnen und ihr einen Platz am Rande der Gesellschaft zuweisen wollen. Der Wahlsieg der MAS und die Rückkehr von Morales werden entsprechend gefeiert.
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•NEUER BEITRAG25.11.2020, 15:14 Uhr
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Von Jonatan Pfeifenberger am 21. Nov. auf amerika21:
Bolivien: Morales übernimmt Führung der MAS, Putsch-Minister Murillo setzt sich ab
Politisches Comeback früher als erwartet. Kein Amt in Regierung. CIDH untersucht ab kommender Woche vor Ort Massaker von Sacaba und Senkata
Morales hat knapp eine Woche nach seiner Rückkehr nach Bolivien aus seinem einjährigen Exil in Argentinien die Führung der Regierungspartei Bewegung zum Sozialismus (MAS) übernommen. Morales wird auch wieder Präsident des Gewerkschaftsbundes der Kokabauern aus Chimare.
Er soll die MAS in die Kommunal- und Regionalwahlen im kommenden März führen. Morales war vor seinem Exil, während der Zeit als Präsident von Bolivien, bereits 14 Jahre lang Vizepräsident der MAS gewesen. Außerdem war er offiziell von seinem Exil in Buenos Aires aus Leiter des Wahlkampfes der MAS bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Oktober, aus denen Luis Arce als Sieger hervorging. Ein Amt in der neuen Regierung Arce hatten alle Seiten ausgeschlossen.
Morales wurde bei einer Sitzung in Cochabamba einstimmig an die Spitze der MAS gewählt. Er war am Tag nach der Amtseinführung von Arce über die südliche Grenze zu Argentinien nach einem einjährigen Exil nach Bolivien zurückgekehrt. Dabei wurde er von zahlreichen Anhängern enthusiastisch empfangen. Tausende Menschen waren in Chimare im subtropischen Teil von Cochabamba zugegen, wie in diesem Video zu sehen. Dort war Morales von einer Karawane von Anhängern begleitet zwei Tage später angekommen.
Derweil beschäftigt den Andenstaat auch bei einem anderen Thema die Vergangenheit: Kommende Woche wird eine Mission der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) nach Bolivien reisen, um eine Untersuchung durchzuführen, inwiefern die Putschregierung um Jeanine Áñez für die Massaker von Sacaba und Senkata verantwortlich ist. Die beiden Massaker jährten sich in dieser Woche zum ersten Mal.
Die CIDH hatte bereits in einem vorläufigen Bericht die Geschehnisse, bei denen mindestens 26 Menschen getötet und rund 100 verletzt wurden, als "Massaker" bezeichnet. Nun sei das Ziel der insgesamt sechs Experten, darunter auch der Präsident der CIDH, Joel Hernández García aus Mexiko, Einblick in alle relevanten Akten der Polizei, des Militärs und der Staatsanwaltschaft zu bekommen.
Auch die Vereinten Nationen hatten solche Ermittlungen gefordert (amerika21 berichtete).
Justizminister Iván Lima sagte der CIDH-Mission alle mögliche Unterstützung zu, machte aber zugleich deutlich, dass die bolivianische Justiz "das letzte Wort" bei der Bewertung der Geschehnisse vom November 2019 haben werde. Dies sei zur Wahrung der staatlichen Souveränität unerlässlich.
Der als hauptverantwortlich für die Massaker geltende ehemalige Innenminister unter Áñez, Arturo Murillo, scheint sich seit Längerem bewusst gewesen zu sein, was bei einer entsprechenden Aufarbeitung des Putsch-Jahres und der beiden Massaker auf ihn zukommen könnte. Darauf deuteten Aussagen kurz nach der Wahl von Arce zum Präsidenten hin.
Nun hat er sich, wie der Generalkommandant der bolivianischen Polizei, Jhonny Aguilera, in dieser Woche erklärte, aus Bolivien abgesetzt. Genauso wie De-facto-Verteidigungsminister Fernando López soll Murillo bereits am 9. November über den Landweg die Grenze in Richtung Brasilien überquert haben. Während López in Brasilien geblieben sei, habe Murillo ein Flugzeug nach Panama genommen, erklärte Aguilera. Gegen beide liegen mittlerweile Haftbefehle vor. Sie sollen Tränengas zu weit über dem Marktpreis üblichen Kosten gekauft haben. Auch von den Untersuchungen im Fall der Massaker von Sacaba und Senkata ist zu erwarten, dass weitere belastende Erkenntnisse gegen sie ermittelt werden.
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Bolivien: Morales übernimmt Führung der MAS, Putsch-Minister Murillo setzt sich ab
Politisches Comeback früher als erwartet. Kein Amt in Regierung. CIDH untersucht ab kommender Woche vor Ort Massaker von Sacaba und Senkata
Morales hat knapp eine Woche nach seiner Rückkehr nach Bolivien aus seinem einjährigen Exil in Argentinien die Führung der Regierungspartei Bewegung zum Sozialismus (MAS) übernommen. Morales wird auch wieder Präsident des Gewerkschaftsbundes der Kokabauern aus Chimare.
Er soll die MAS in die Kommunal- und Regionalwahlen im kommenden März führen. Morales war vor seinem Exil, während der Zeit als Präsident von Bolivien, bereits 14 Jahre lang Vizepräsident der MAS gewesen. Außerdem war er offiziell von seinem Exil in Buenos Aires aus Leiter des Wahlkampfes der MAS bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Oktober, aus denen Luis Arce als Sieger hervorging. Ein Amt in der neuen Regierung Arce hatten alle Seiten ausgeschlossen.
Morales wurde bei einer Sitzung in Cochabamba einstimmig an die Spitze der MAS gewählt. Er war am Tag nach der Amtseinführung von Arce über die südliche Grenze zu Argentinien nach einem einjährigen Exil nach Bolivien zurückgekehrt. Dabei wurde er von zahlreichen Anhängern enthusiastisch empfangen. Tausende Menschen waren in Chimare im subtropischen Teil von Cochabamba zugegen, wie in diesem Video zu sehen. Dort war Morales von einer Karawane von Anhängern begleitet zwei Tage später angekommen.
Derweil beschäftigt den Andenstaat auch bei einem anderen Thema die Vergangenheit: Kommende Woche wird eine Mission der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) nach Bolivien reisen, um eine Untersuchung durchzuführen, inwiefern die Putschregierung um Jeanine Áñez für die Massaker von Sacaba und Senkata verantwortlich ist. Die beiden Massaker jährten sich in dieser Woche zum ersten Mal.
Die CIDH hatte bereits in einem vorläufigen Bericht die Geschehnisse, bei denen mindestens 26 Menschen getötet und rund 100 verletzt wurden, als "Massaker" bezeichnet. Nun sei das Ziel der insgesamt sechs Experten, darunter auch der Präsident der CIDH, Joel Hernández García aus Mexiko, Einblick in alle relevanten Akten der Polizei, des Militärs und der Staatsanwaltschaft zu bekommen.
Auch die Vereinten Nationen hatten solche Ermittlungen gefordert (amerika21 berichtete).
Justizminister Iván Lima sagte der CIDH-Mission alle mögliche Unterstützung zu, machte aber zugleich deutlich, dass die bolivianische Justiz "das letzte Wort" bei der Bewertung der Geschehnisse vom November 2019 haben werde. Dies sei zur Wahrung der staatlichen Souveränität unerlässlich.
Der als hauptverantwortlich für die Massaker geltende ehemalige Innenminister unter Áñez, Arturo Murillo, scheint sich seit Längerem bewusst gewesen zu sein, was bei einer entsprechenden Aufarbeitung des Putsch-Jahres und der beiden Massaker auf ihn zukommen könnte. Darauf deuteten Aussagen kurz nach der Wahl von Arce zum Präsidenten hin.
Nun hat er sich, wie der Generalkommandant der bolivianischen Polizei, Jhonny Aguilera, in dieser Woche erklärte, aus Bolivien abgesetzt. Genauso wie De-facto-Verteidigungsminister Fernando López soll Murillo bereits am 9. November über den Landweg die Grenze in Richtung Brasilien überquert haben. Während López in Brasilien geblieben sei, habe Murillo ein Flugzeug nach Panama genommen, erklärte Aguilera. Gegen beide liegen mittlerweile Haftbefehle vor. Sie sollen Tränengas zu weit über dem Marktpreis üblichen Kosten gekauft haben. Auch von den Untersuchungen im Fall der Massaker von Sacaba und Senkata ist zu erwarten, dass weitere belastende Erkenntnisse gegen sie ermittelt werden.
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•NEUER BEITRAG14.03.2021, 22:37 Uhr
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Endlich!!! In Bolivien wird jetzt 'klar Schiff' gemacht - ich hoffe, daß es nicht bei halben Sachen stehen bleiben wird. Die Staatsanwaltschaft hat 10 Haftbefehle gg die "Übergangspräsidentin", fünf Minister des Putschistenregimes und vier Mitglieder des Oberkommandos der Streitkräfte erlassen.
Von Volker Hermsdorf in der morgigen jW:
Knast für Putschisten
Boliviens linke Regierung verhaftet für Staatsstreich verantwortliche frühere »Übergangspräsidentin« und Minister. Rechte gibt sich empört
Die Opfer des Putsches gegen den gewählten Präsidenten Evo Morales vom November 2019 in Bolivien dürfen auf Gerechtigkeit hoffen. Am Sonnabend haben Sicherheitskräfte die damalige Vizepräsidentin des Senats, Jeanine Áñez, verhaftet. Sie hatte sich nach dem Staatsstreich selbst zur »Übergangspräsidentin« ernannt. Die Staatsanwaltschaft erließ Haftbefehle gegen insgesamt zehn Personen, darunter fünf Minister des Putschistenregimes und vier Mitglieder des Oberkommandos der Streitkräfte. Am Freitag waren bereits die ehemaligen Minister Álvaro Coímbra (Justiz) und Rodrigo Guzmán (Energie) festgenommen worden, nach vier Militär- und Polizeikommandeuren wird gefahndet. Der ultrarechte Exinnenminister Arturo Murillo hatte sich schon im November in die USA abgesetzt.
Der ehemaligen Machthaberin Áñez wird unter anderem Anstiftung zum Terrorismus, Verschwörung und Volksverhetzung vorgeworfen. Nachdem sie sich der Festnahme zunächst entzogen hatte, konnte sie in der Provinz Beni gefasst werden. Nach ihrer Verhaftung warf Áñez Staatsanwaltschaft und Regierung des südamerikanischen Landes vor, »zum Stil der Diktatur« zurückzukehren. »Sie beschuldigen mich, an einem Staatsstreich teilgenommen zu haben, der nie stattgefunden hat«, erklärte sie. Carlos Mesa, dessen Oppositionspartei Comunidad Ciudadana bei den mehrfach von den Putschisten verschobenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 18. Oktober 2020 mit 28,8 Prozent auf dem zweiten Platz landete, während der linken »Bewegung zum Sozialismus« (MAS) mit 55,1 Prozent ein Erdrutschsieg gelungen war, bezeichnete die Festnahmen und Haftbefehle als »juristische Verfolgung aus Rache«. Der rechte Gouverneur des Departamentos Santa Cruz, Luis Fernando Camacho, ein Drahtzieher des Putsches gegen Morales, drohte Präsident Luis Arce und der MAS offen damit, dass er der »Einschüchterung und Verfolgung« von ehemaligen Politikern und Militärs »nicht tatenlos zusehen« werde.
»Diese demokratisch gewählte Regierung hat nicht die Absicht, irgendjemanden politisch zu verfolgen, aber sie wird dafür sorgen, dass es in unserem Land Gerechtigkeit gibt«, wies Minister Eduardo del Castillo die Unterstellungen der politischen Rechten zurück. Die Staatsanwälte waren tätig geworden, nachdem die ehemalige Kongressabgeordnete Lidia Patty von der MAS mehrere Akteure des Putsches angezeigt hatte. Auch Eva Copa vom linken indigenen Parteienbündnis »Jallalla«, die vor einer Woche mit über 60 Prozent zur Bürgermeisterin der Stadt El Alto gewählt worden war, forderte die Einleitung von Strafverfahren gegen die »für Menschenrechtsverletzungen und Massaker verantwortlichen« Politiker des bis Herbst 2020 herrschenden Putschistenregimes. Expräsident Evo Morales begrüßte die Ermittlungen ebenfalls, »damit den 36 Opfern, mehr als 800 Verletzten und über 1.500 illegal Inhaftierten endlich Gerechtigkeit widerfährt«.
Es dürfe »weder Vergeben noch Vergessen« geben, fordert auch Paulo Abrão, der ehemalige Exekutivsekretär der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (IACHR), die dem Putschistenregime Massaker an der Zivilbevölkerung vorgeworfen hatte. »Angriffe auf die Demokratie erfordern die stärksten und energischsten Antworten der Justiz«, schrieb Abrão am Wochenende per Twitter. Die bolivianische Gesellschaft müsse jetzt »ein Exempel gegen die neuen Formen des Autoritarismus statuieren«.
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Von Volker Hermsdorf in der morgigen jW:
Knast für Putschisten
Boliviens linke Regierung verhaftet für Staatsstreich verantwortliche frühere »Übergangspräsidentin« und Minister. Rechte gibt sich empört
Die Opfer des Putsches gegen den gewählten Präsidenten Evo Morales vom November 2019 in Bolivien dürfen auf Gerechtigkeit hoffen. Am Sonnabend haben Sicherheitskräfte die damalige Vizepräsidentin des Senats, Jeanine Áñez, verhaftet. Sie hatte sich nach dem Staatsstreich selbst zur »Übergangspräsidentin« ernannt. Die Staatsanwaltschaft erließ Haftbefehle gegen insgesamt zehn Personen, darunter fünf Minister des Putschistenregimes und vier Mitglieder des Oberkommandos der Streitkräfte. Am Freitag waren bereits die ehemaligen Minister Álvaro Coímbra (Justiz) und Rodrigo Guzmán (Energie) festgenommen worden, nach vier Militär- und Polizeikommandeuren wird gefahndet. Der ultrarechte Exinnenminister Arturo Murillo hatte sich schon im November in die USA abgesetzt.
Der ehemaligen Machthaberin Áñez wird unter anderem Anstiftung zum Terrorismus, Verschwörung und Volksverhetzung vorgeworfen. Nachdem sie sich der Festnahme zunächst entzogen hatte, konnte sie in der Provinz Beni gefasst werden. Nach ihrer Verhaftung warf Áñez Staatsanwaltschaft und Regierung des südamerikanischen Landes vor, »zum Stil der Diktatur« zurückzukehren. »Sie beschuldigen mich, an einem Staatsstreich teilgenommen zu haben, der nie stattgefunden hat«, erklärte sie. Carlos Mesa, dessen Oppositionspartei Comunidad Ciudadana bei den mehrfach von den Putschisten verschobenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 18. Oktober 2020 mit 28,8 Prozent auf dem zweiten Platz landete, während der linken »Bewegung zum Sozialismus« (MAS) mit 55,1 Prozent ein Erdrutschsieg gelungen war, bezeichnete die Festnahmen und Haftbefehle als »juristische Verfolgung aus Rache«. Der rechte Gouverneur des Departamentos Santa Cruz, Luis Fernando Camacho, ein Drahtzieher des Putsches gegen Morales, drohte Präsident Luis Arce und der MAS offen damit, dass er der »Einschüchterung und Verfolgung« von ehemaligen Politikern und Militärs »nicht tatenlos zusehen« werde.
»Diese demokratisch gewählte Regierung hat nicht die Absicht, irgendjemanden politisch zu verfolgen, aber sie wird dafür sorgen, dass es in unserem Land Gerechtigkeit gibt«, wies Minister Eduardo del Castillo die Unterstellungen der politischen Rechten zurück. Die Staatsanwälte waren tätig geworden, nachdem die ehemalige Kongressabgeordnete Lidia Patty von der MAS mehrere Akteure des Putsches angezeigt hatte. Auch Eva Copa vom linken indigenen Parteienbündnis »Jallalla«, die vor einer Woche mit über 60 Prozent zur Bürgermeisterin der Stadt El Alto gewählt worden war, forderte die Einleitung von Strafverfahren gegen die »für Menschenrechtsverletzungen und Massaker verantwortlichen« Politiker des bis Herbst 2020 herrschenden Putschistenregimes. Expräsident Evo Morales begrüßte die Ermittlungen ebenfalls, »damit den 36 Opfern, mehr als 800 Verletzten und über 1.500 illegal Inhaftierten endlich Gerechtigkeit widerfährt«.
Es dürfe »weder Vergeben noch Vergessen« geben, fordert auch Paulo Abrão, der ehemalige Exekutivsekretär der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (IACHR), die dem Putschistenregime Massaker an der Zivilbevölkerung vorgeworfen hatte. »Angriffe auf die Demokratie erfordern die stärksten und energischsten Antworten der Justiz«, schrieb Abrão am Wochenende per Twitter. Die bolivianische Gesellschaft müsse jetzt »ein Exempel gegen die neuen Formen des Autoritarismus statuieren«.
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•NEUER BEITRAG14.03.2021, 22:49 Uhr
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Bolivien: Putsch!
Bei den Regional- und Kommunalwahlen am So vor einer Woche blieb die Regierungspartei MAS zwar die stärkste Kraft, aber es ist ihr leider nicht gelungen, die Macht in den wichtigsten Städten und Regionen des Landes zu erobern. Gerade die großen Städte bleiben umkämpftes Terrain.
Dazu Volker Hermsdorf in der jW vom 11.03.:
Erster Stimmungstest für MAS
Bolivien: Linke Regierungspartei konsolidiert sich bei Regional- und Kommunalwahlen als stärkste Kraft
In Bolivien ist es der linken Regierungspartei Bewegung zum Sozialismus (MAS) bei den Kommunal- und Regionalwahlen am Sonntag nicht gelungen, die Macht in den wichtigsten Städten und Regionen des Landes zu erobern. Zwar bleibt die MAS, die sich am 18. Oktober 2020 bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen noch mit landesweit 55,1 Prozent der Wählerstimmen durchgesetzt hatte, weiterhin die stärkste politische Kraft in Bolivien. Jedoch verlor die Partei zahlreiche Ämter in städtischen Ballungsgebieten an Vertreter verschiedener, meist rechts stehender Oppositionsparteien. Das Oberste Wahlgericht (TSE) kündigte die Veröffentlichung der offiziellen Endergebnisse für die nächsten Tage an.
Mehr als sieben der rund 11,5 Millionen Einwohner waren zur Wahl der Gouverneure und Abgeordneten der Regionalparlamente in den neun autonomen Departamentos sowie zu der der Bürgermeister und Stadträte in rund 340 Gemeinden aufgerufen. Nach den bis Mittwoch vorliegenden Ergebnissen gewann die MAS die Gouverneursposten in den Departamentos Cochabamba, Oruro und Potosí mit klarem Vorsprung, während sich in den Provinzen Santa Cruz und Beni die Opposition durchsetzen konnte.
Wie bei den nationalen Wahlen sind für den Sieg im ersten Wahlgang mindestens die Hälfte der Stimmen oder 40 Prozent und ein Vorsprung von mehr als zehn Punkten vor dem Zweitplazierten erforderlich. In vier Departamentos findet deshalb am 11. April eine Stichwahl statt. Dabei liegen in der Provinz La Paz der MAS-Kandidat und in Chuquisaca ein Oppositionspolitiker vorn. Dagegen ist der Ausgang in den Departamentos Pando und Tarija nach jüngsten Umfragen noch offen. Das Regierungslager kann also künftig bestenfalls sechs Gouverneure stellen. Die in der ersten Runde gewählten neuen Amtsinhaber sollen Ende März vereidigt werden. Mit den Ergebnissen des zweiten Wahldurchgangs wird bis zum 18. April gerechnet.
Während die städtischen Ballungszentren politisch weiterhin gespalten sind, konnte die MAS ihre Position in ländlichen Regionen offenbar behaupten. Kurz nach der Wahl veröffentlichte Umfrageergebnisse deuteten darauf hin, dass die Regierungspartei die Mehrheit der 340 Bürgermeisterämter besetzen kann. MAS-Wahlkampfleiter, Expräsident Evo Morales, erklärte am Sonntag, diese Politiker »repräsentieren unsere soziale Politik und sind die Hoffnung Boliviens«.
Derzeit konzentriert sich die Regierung auf einen Ausbau der Gesundheitsversorgung und den Wiederaufbau der Wirtschaft, die vom neoliberalen Putschistenregime zugrunde gerichtet wurde. Präsident Luis Arce wird allerdings mit heftigem Gegenwind rechnen müssen. So kündigte der mit 55,6 Prozent zum Gouverneur des wirtschaftlich bedeutenden Departamentos Santa Cruz gewählte ultrarechte Anführer des Staatsstreichs von 2019, Luis Camacho, eine »starke kämpferische Opposition« zur Linksregierung an. Gemeinsam mit dem neu gewählten Bürgermeister von Cochabamba, der Hauptstadt des gleichnamigen Departamentos, Manfred Reyes Villa – wie Camacho ein Rassist und Befürworter militanter Aktionen –, plant der Provinzchef aggressive Kampagnen und bereitet das Terrain für eine künftige neue Präsidentschaftskandidatur vor.
Anders verhält es sich in El Alto, der überwiegend von Aymara bewohnten zweitgrößten Stadt des Landes. Hier verlor die MAS den Bürgermeisterposten gegen ihr früheres Mitglied, die ehemalige Senatspräsidentin Eva Copa, die für das linke indigene Parteienbündnis Jallalla angetreten war und weit über 60 Prozent der Stimmen erhielt. Umgehend nach ihrer Wahl forderte Copa das Parlament am Montag zur Einleitung von Strafverfahren gegen die »für Menschenrechtsverletzungen und Massaker verantwortlichen« Politiker des bis Herbst 2020 herrschenden Putschistenregimes auf.
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Dazu Volker Hermsdorf in der jW vom 11.03.:
Erster Stimmungstest für MAS
Bolivien: Linke Regierungspartei konsolidiert sich bei Regional- und Kommunalwahlen als stärkste Kraft
In Bolivien ist es der linken Regierungspartei Bewegung zum Sozialismus (MAS) bei den Kommunal- und Regionalwahlen am Sonntag nicht gelungen, die Macht in den wichtigsten Städten und Regionen des Landes zu erobern. Zwar bleibt die MAS, die sich am 18. Oktober 2020 bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen noch mit landesweit 55,1 Prozent der Wählerstimmen durchgesetzt hatte, weiterhin die stärkste politische Kraft in Bolivien. Jedoch verlor die Partei zahlreiche Ämter in städtischen Ballungsgebieten an Vertreter verschiedener, meist rechts stehender Oppositionsparteien. Das Oberste Wahlgericht (TSE) kündigte die Veröffentlichung der offiziellen Endergebnisse für die nächsten Tage an.
Mehr als sieben der rund 11,5 Millionen Einwohner waren zur Wahl der Gouverneure und Abgeordneten der Regionalparlamente in den neun autonomen Departamentos sowie zu der der Bürgermeister und Stadträte in rund 340 Gemeinden aufgerufen. Nach den bis Mittwoch vorliegenden Ergebnissen gewann die MAS die Gouverneursposten in den Departamentos Cochabamba, Oruro und Potosí mit klarem Vorsprung, während sich in den Provinzen Santa Cruz und Beni die Opposition durchsetzen konnte.
Wie bei den nationalen Wahlen sind für den Sieg im ersten Wahlgang mindestens die Hälfte der Stimmen oder 40 Prozent und ein Vorsprung von mehr als zehn Punkten vor dem Zweitplazierten erforderlich. In vier Departamentos findet deshalb am 11. April eine Stichwahl statt. Dabei liegen in der Provinz La Paz der MAS-Kandidat und in Chuquisaca ein Oppositionspolitiker vorn. Dagegen ist der Ausgang in den Departamentos Pando und Tarija nach jüngsten Umfragen noch offen. Das Regierungslager kann also künftig bestenfalls sechs Gouverneure stellen. Die in der ersten Runde gewählten neuen Amtsinhaber sollen Ende März vereidigt werden. Mit den Ergebnissen des zweiten Wahldurchgangs wird bis zum 18. April gerechnet.
Während die städtischen Ballungszentren politisch weiterhin gespalten sind, konnte die MAS ihre Position in ländlichen Regionen offenbar behaupten. Kurz nach der Wahl veröffentlichte Umfrageergebnisse deuteten darauf hin, dass die Regierungspartei die Mehrheit der 340 Bürgermeisterämter besetzen kann. MAS-Wahlkampfleiter, Expräsident Evo Morales, erklärte am Sonntag, diese Politiker »repräsentieren unsere soziale Politik und sind die Hoffnung Boliviens«.
Derzeit konzentriert sich die Regierung auf einen Ausbau der Gesundheitsversorgung und den Wiederaufbau der Wirtschaft, die vom neoliberalen Putschistenregime zugrunde gerichtet wurde. Präsident Luis Arce wird allerdings mit heftigem Gegenwind rechnen müssen. So kündigte der mit 55,6 Prozent zum Gouverneur des wirtschaftlich bedeutenden Departamentos Santa Cruz gewählte ultrarechte Anführer des Staatsstreichs von 2019, Luis Camacho, eine »starke kämpferische Opposition« zur Linksregierung an. Gemeinsam mit dem neu gewählten Bürgermeister von Cochabamba, der Hauptstadt des gleichnamigen Departamentos, Manfred Reyes Villa – wie Camacho ein Rassist und Befürworter militanter Aktionen –, plant der Provinzchef aggressive Kampagnen und bereitet das Terrain für eine künftige neue Präsidentschaftskandidatur vor.
Anders verhält es sich in El Alto, der überwiegend von Aymara bewohnten zweitgrößten Stadt des Landes. Hier verlor die MAS den Bürgermeisterposten gegen ihr früheres Mitglied, die ehemalige Senatspräsidentin Eva Copa, die für das linke indigene Parteienbündnis Jallalla angetreten war und weit über 60 Prozent der Stimmen erhielt. Umgehend nach ihrer Wahl forderte Copa das Parlament am Montag zur Einleitung von Strafverfahren gegen die »für Menschenrechtsverletzungen und Massaker verantwortlichen« Politiker des bis Herbst 2020 herrschenden Putschistenregimes auf.
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•NEUER BEITRAG18.03.2021, 12:23 Uhr
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Tja, da hat man nun so schön geputscht gehabt, hatte kurz die Macht ... und dann solch schreckliche Folgen: Strafverfolgung. Wieso denn das?? Das geht ja nun gar nicht! Jedenfalls nach dem Generalsekretär der OAS (deren Rolle damals man ja nicht mal mehr als zweifelhaft beschreiben kann), den USA und der EU, die alle laut das Maul aufreißen, wie Marta Andujo am 17.03. auf amerika21 darstellt:
OAS-Generalsekretär Almagro stellt sich gegen Putsch-Ahndung in Bolivien
Almagro fordert Freiheit für Verantwortliche des Staatsstreichs. USA und Europäische Union zeigen sich "besorgt" über Strafverfolgung
Washington/La Paz. Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, hat Schritte der Justiz in Bolivien, den Putsch vom November 2019 aufzuarbeiten, als "Missbrauch von Justizmechanismen" bezeichnet. Er fordert "die Freilassung aller in diesem Zusammenhang Inhaftierten, bis unparteiische Prozesse und Mechanismen zur Feststellung der Verantwortlichkeiten" vorhanden seien.
Außerdem schlug er die Bildung einer internationalen Kommission vor, die Korruptionsfälle während der letzten Periode der Regierung von Evo Morales und "natürlich" von De-facto-Präsidentin Jeanine Áñez untersuchen solle. Darüber hinaus halte er es für notwendig, den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) hinzuzuziehen, um eine "unparteiische Strafverfolgung" zu ermöglichen.
Am Montagmorgen wurde die nach dem Sturz des verfassungsmäßigen Präsidenten Morales für ein Jahr als "Interimspräsidentin" amtierende Áñez auf Anordnung der Richterin Regina Santa Cruz in Haft genommen. Áñez soll sich in dem "Staatsstreich"-Prozess, den die ehemalige Abgeordnete der Bewegung zum Sozialismus (MAS) Lidia Patty gegen den damaligen Präsidenten des Komitees Pro Santa Cruz, Luis Fernando Camacho, angestrengt hatte, verantworten. Camacho gehörte zu den maßgeblichen Kräften, die unter Vorgabe "gefälschter Wahlen" den Putsch förderten.
Minister der ehemaligen Putsch-Regierung sowie hohe Ränge aus Militär und Polizei sitzen inzwischen ebenfalls in Haft.
Almagro persönlich spielte eine wichtige Rolle in der Krise nach den Wahlen 2019, indem er einen vorläufigen Bericht für die US-nahe OAS herausgab, der angebliche schwerwiegende Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen in diesem Jahr feststellte. Das Dokument hatte maßgeblichen Anteil an der Mobilisierung, die Áñez auf den Schild hob, und gilt in seiner Aussage inzwischen als manipuliert und widerlegt.
Die Rückkehr Boliviens zu einer gewählten Regierung im Oktober 2020 mit einem Wahlsieg der Bewegung zum Sozialismus (MAS) kann als Scheitern von Almagros Ambitionen angesehen werden.
Das Parlament des Mercosur (Parlasur) hatte im Dezember gar eine Untersuchung gegen den OAS-Generalsekretär in Aussicht gestellt. Die OAS habe in Bolivien im letzten Jahr "eine schamlose Rolle gespielt, ohne Sinn und Verstand". Mit diesen Worten forderte der Präsident des Parlasur, Oscar Laborde, die Organisation auf, "den schrecklichen Fehler" einzugestehen, "den sie zur Unterwerfung Lateinamerikas und des bolivianischen Volkes gemacht hat".
Unterdessen kündigte die MAS-Regierung an, rechtliche Schritte gegen Almagro zu prüfen. Dies sagte der Minister für Justiz und institutionelle Transparenz, Iván Lima, gegenüber Red Uno. Der Generalsekretär sei ein "politischer Akteur" und wenn die bolivianische Justiz ihn strafrechtlich verfolgen und ins Land bringen könne, um ihn für die "Schwere seiner Aussagen und die Verantwortungslosigkeit seines Berichts" über einen angeblichen Betrug bei den Wahlen 2019 zur Rechenschaft zu ziehen, werde man das tun.
Lima verwies darauf, dass die Madres de Plaza de Mayo und Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez aus Argentinien bereits Anzeige gegen Almagro bei den Vereinten Nationen "wegen Verbrechen gegen bürgerliche, politische und soziale Rechte" erstattet haben. Er habe die damalige Regierung "ohne Beweise und mit massiver politischer Voreingenommenheit eines angeblichen Betrugs bezichtigt" und mit dieser Einmischung gegen die UN-Charta und internationales Recht verstoßen. Sein Handeln habe zu einem Staatsstreich und der Einsetzung einer Übergangsregierung geführt, "die systematisch Verbrechen gegen die Bevölkerung begeht", hieß es darin.
Auch der seinerzeit gestürzte Evo Morales kritisiert die Äußerungen des OAS-Generalsekretärs vehement: "Almagro hat sich nie zu den 36 Ermordeten, mehr als 800 Verwundeten, 1.500 illegal Inhaftierten und den Hunderten Verfolgten geäußert. Wir sind nicht überrascht von seiner Verteidigung von Áñez, denn er sollte selbst für die Förderung des Staatsstreichs und für Verbrechen gegen die Menschheit in Bolivien vor Gericht gestellt werden."
Indes schüren auch die USA und die Europäische Union Vorbehalte gegen die bolivianische Justiz und die strafrechtliche Ahndung des Putsches und der Folgetaten.
Die Haftbefehle gegen Beschuldigte seien "besorgniserregende Entwicklungen, die wir aufmerksam verfolgen", erklärte Nabila Massrali, die Sprecherin der Behörde des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Die EU erwarte, dass "politische Differenzen durch Dialog und Versöhnung beigelegt werden".
Aus den USA verlautbarte zu den Vorgängen in Bolivien: "Die Vereinigten Staaten verfolgen mit Besorgnis die Entwicklungen im Zusammenhang mit der jüngsten Verhaftung ehemaliger Funktionsträger durch die bolivianische Regierung", sagte Jalina Porter, stellvertretende Sprecherin des Außenministeriums.
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OAS-Generalsekretär Almagro stellt sich gegen Putsch-Ahndung in Bolivien
Almagro fordert Freiheit für Verantwortliche des Staatsstreichs. USA und Europäische Union zeigen sich "besorgt" über Strafverfolgung
Washington/La Paz. Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, hat Schritte der Justiz in Bolivien, den Putsch vom November 2019 aufzuarbeiten, als "Missbrauch von Justizmechanismen" bezeichnet. Er fordert "die Freilassung aller in diesem Zusammenhang Inhaftierten, bis unparteiische Prozesse und Mechanismen zur Feststellung der Verantwortlichkeiten" vorhanden seien.
Außerdem schlug er die Bildung einer internationalen Kommission vor, die Korruptionsfälle während der letzten Periode der Regierung von Evo Morales und "natürlich" von De-facto-Präsidentin Jeanine Áñez untersuchen solle. Darüber hinaus halte er es für notwendig, den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) hinzuzuziehen, um eine "unparteiische Strafverfolgung" zu ermöglichen.
Am Montagmorgen wurde die nach dem Sturz des verfassungsmäßigen Präsidenten Morales für ein Jahr als "Interimspräsidentin" amtierende Áñez auf Anordnung der Richterin Regina Santa Cruz in Haft genommen. Áñez soll sich in dem "Staatsstreich"-Prozess, den die ehemalige Abgeordnete der Bewegung zum Sozialismus (MAS) Lidia Patty gegen den damaligen Präsidenten des Komitees Pro Santa Cruz, Luis Fernando Camacho, angestrengt hatte, verantworten. Camacho gehörte zu den maßgeblichen Kräften, die unter Vorgabe "gefälschter Wahlen" den Putsch förderten.
Minister der ehemaligen Putsch-Regierung sowie hohe Ränge aus Militär und Polizei sitzen inzwischen ebenfalls in Haft.
Almagro persönlich spielte eine wichtige Rolle in der Krise nach den Wahlen 2019, indem er einen vorläufigen Bericht für die US-nahe OAS herausgab, der angebliche schwerwiegende Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen in diesem Jahr feststellte. Das Dokument hatte maßgeblichen Anteil an der Mobilisierung, die Áñez auf den Schild hob, und gilt in seiner Aussage inzwischen als manipuliert und widerlegt.
Die Rückkehr Boliviens zu einer gewählten Regierung im Oktober 2020 mit einem Wahlsieg der Bewegung zum Sozialismus (MAS) kann als Scheitern von Almagros Ambitionen angesehen werden.
Das Parlament des Mercosur (Parlasur) hatte im Dezember gar eine Untersuchung gegen den OAS-Generalsekretär in Aussicht gestellt. Die OAS habe in Bolivien im letzten Jahr "eine schamlose Rolle gespielt, ohne Sinn und Verstand". Mit diesen Worten forderte der Präsident des Parlasur, Oscar Laborde, die Organisation auf, "den schrecklichen Fehler" einzugestehen, "den sie zur Unterwerfung Lateinamerikas und des bolivianischen Volkes gemacht hat".
Unterdessen kündigte die MAS-Regierung an, rechtliche Schritte gegen Almagro zu prüfen. Dies sagte der Minister für Justiz und institutionelle Transparenz, Iván Lima, gegenüber Red Uno. Der Generalsekretär sei ein "politischer Akteur" und wenn die bolivianische Justiz ihn strafrechtlich verfolgen und ins Land bringen könne, um ihn für die "Schwere seiner Aussagen und die Verantwortungslosigkeit seines Berichts" über einen angeblichen Betrug bei den Wahlen 2019 zur Rechenschaft zu ziehen, werde man das tun.
Lima verwies darauf, dass die Madres de Plaza de Mayo und Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez aus Argentinien bereits Anzeige gegen Almagro bei den Vereinten Nationen "wegen Verbrechen gegen bürgerliche, politische und soziale Rechte" erstattet haben. Er habe die damalige Regierung "ohne Beweise und mit massiver politischer Voreingenommenheit eines angeblichen Betrugs bezichtigt" und mit dieser Einmischung gegen die UN-Charta und internationales Recht verstoßen. Sein Handeln habe zu einem Staatsstreich und der Einsetzung einer Übergangsregierung geführt, "die systematisch Verbrechen gegen die Bevölkerung begeht", hieß es darin.
Auch der seinerzeit gestürzte Evo Morales kritisiert die Äußerungen des OAS-Generalsekretärs vehement: "Almagro hat sich nie zu den 36 Ermordeten, mehr als 800 Verwundeten, 1.500 illegal Inhaftierten und den Hunderten Verfolgten geäußert. Wir sind nicht überrascht von seiner Verteidigung von Áñez, denn er sollte selbst für die Förderung des Staatsstreichs und für Verbrechen gegen die Menschheit in Bolivien vor Gericht gestellt werden."
Indes schüren auch die USA und die Europäische Union Vorbehalte gegen die bolivianische Justiz und die strafrechtliche Ahndung des Putsches und der Folgetaten.
Die Haftbefehle gegen Beschuldigte seien "besorgniserregende Entwicklungen, die wir aufmerksam verfolgen", erklärte Nabila Massrali, die Sprecherin der Behörde des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Die EU erwarte, dass "politische Differenzen durch Dialog und Versöhnung beigelegt werden".
Aus den USA verlautbarte zu den Vorgängen in Bolivien: "Die Vereinigten Staaten verfolgen mit Besorgnis die Entwicklungen im Zusammenhang mit der jüngsten Verhaftung ehemaliger Funktionsträger durch die bolivianische Regierung", sagte Jalina Porter, stellvertretende Sprecherin des Außenministeriums.
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•NEUER BEITRAG18.03.2021, 13:03 Uhr
EDIT: arktika
18.03.2021, 13:04 Uhr
18.03.2021, 13:04 Uhr
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Bolivien - der Putsch + das Lithium
Auch das Thema Lithium als ein Movens des Putsches kommt wieder auf den Tisch. - Zur Erinnerung: ca. 70 % der bisher bekannten weltweiten Lithiumvorräte befinden sich in Bolivien, nach den Verstaatlichungen der Schlüsselindustrien 2006 wurden Abbaurechte nur dann an ausländische Firmen vergeben, wenn diese mit einheimischen gleichberechtigt zusammen arbeiteten, vorrangig waren dies chinesische Firmen. In der Folge der Verstaatlichungen hatte sich das BIP verdreifacht, die Zahl der Menschen unter der Armutsgrenze sank in den Jahren 2005 bis 2018 von ca. 60 % auf ca. 35 %. s. hierzu auch den Beitrag in diesem Thread vom 18.11.2019 um 14.28 Uhr.
Weiteres auch am 29.11.2019 um 00.03 Uhr und am 12.11.2020 um 17.50 Uhr.
Diesmal geht es in einem aufschlußreichen Artikel auf amerika21 um die Rolle Großbritanniens in bezug auf Lithiumvorräte und Putsch.
Von Marta Andujo am 12. März:
Das Lithium und der Putsch: Bolivien fordert von Großbritannien Erklärung
La Paz. Der Außenminister von Bolivien, Rogelio Mayta, hat den britischen Botschafter zu einem Gespräch einbestellt und eine Erklärung zur Rolle Großbritanniens bei dem Putsch im November 2019 eingefordert. Er erwarte nun einen Bericht der Botschaft des Vereinigten Königreichs.
Das südafrikanische Internetportal Daily Maverick hat jüngst die Ergebnisse von Recherchen veröffentlicht, wonach London direkt nach dem Sturz des frisch wiedergewählten Präsidenten Evo Morales direkte Kontakte mit der rechtsklerikalen De-facto-Regierung unter Jeanine Áñez etabliert habe, um sich bei der Lithiumgewinnung in dem Andenland in eine stärkere Position zu bringen.
Weitere britische Aktivitäten sollen jedoch bereits in den Monaten vor dem Putsch stattgefunden haben, die dem gleichen Ziel gedient hätten und als teilnehmende Vorbereitung des Umsturzes angesehen werden können.
Die Untersuchung stammt von dem britischen Journalisten Matt Kennard, der deklassifizierte Dokumente aus dem Außenministerium Großbritanniens ausgewertet hat.
Bei dem Treffen bekräftigte Mayta gegenüber dem britischen Botschafter Jeff Glekin, dass Bolivien als souveränes Land unter keinen Umständen eine Einmischung von außen zulassen werde und die im Raum stehenden Vorwürfe "mit entsprechenden Erklärungen überwunden werden müssen, wenn wir eine freundschaftliche Beziehung zwischen dem bolivianischen Staat und dem Vereinigten Königreich aufrechterhalten wollen".
Laut den Recherchen mobilisierte Großbritannien seine Diplomaten und seine Unternehmen, um sich über die Putschregierung Zugang zum Lithium zu verschaffen, einem grundlegenden Rohstoff für die Automobil- und Elektronikindustrie, und stellte darüber hinaus Geldmittel zur Verfügung, um Journalisten für destabilisierende Zwecke zu finanzieren. Großbritannien habe mit entscheidenden Daten zum Bericht der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) über die Wahlen 2019 beigetragen, ein Dokument, das den Staatsstreich rechtfertigte.
Die Untersuchung von Kennard listet eine beeindruckend lange Reihe intensiver britischer Vorfeldaktivitäten auf diplomatischer, journalistischer, wirtschaftlicher und geheimdienstlicher Ebene auf, einschließlich einer Projektplanung und -finanzierung mit der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB), die alle um das Lithium auf bolivianischem Territorium kreisten.
"Diese Elemente kombinierten sich, um das ideale Szenario für den Putsch zu schaffen, das dem Vereinigten Königreich eine führende Rolle bei der internationalen Intervention für das bolivianische Lithium gab", sagt die Untersuchung.
Tatsächlich soll bis März 2020 die Áñez-Regierung bereits zwölf britische Unternehmen ins Land eingeladen haben.
Ein Jahr nach dem Sturz von Evo Morales kehrte seine Partei, die Bewegung zum Sozialismus (MAS), mit einem überwältigenden Wahlsieg zur Präsidentschaft zurück. Die Vorwürfe eines Wahlbetrugs ein Jahr zuvor gelten längst als widerlegt und als von der US-nahen OAS als Instrument der Destabilisierung konstruiert.
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#Lithium
#Grossbritannien
Weiteres auch am 29.11.2019 um 00.03 Uhr und am 12.11.2020 um 17.50 Uhr.
Diesmal geht es in einem aufschlußreichen Artikel auf amerika21 um die Rolle Großbritanniens in bezug auf Lithiumvorräte und Putsch.
Von Marta Andujo am 12. März:
Das Lithium und der Putsch: Bolivien fordert von Großbritannien Erklärung
La Paz. Der Außenminister von Bolivien, Rogelio Mayta, hat den britischen Botschafter zu einem Gespräch einbestellt und eine Erklärung zur Rolle Großbritanniens bei dem Putsch im November 2019 eingefordert. Er erwarte nun einen Bericht der Botschaft des Vereinigten Königreichs.
Das südafrikanische Internetportal Daily Maverick hat jüngst die Ergebnisse von Recherchen veröffentlicht, wonach London direkt nach dem Sturz des frisch wiedergewählten Präsidenten Evo Morales direkte Kontakte mit der rechtsklerikalen De-facto-Regierung unter Jeanine Áñez etabliert habe, um sich bei der Lithiumgewinnung in dem Andenland in eine stärkere Position zu bringen.
Weitere britische Aktivitäten sollen jedoch bereits in den Monaten vor dem Putsch stattgefunden haben, die dem gleichen Ziel gedient hätten und als teilnehmende Vorbereitung des Umsturzes angesehen werden können.
Die Untersuchung stammt von dem britischen Journalisten Matt Kennard, der deklassifizierte Dokumente aus dem Außenministerium Großbritanniens ausgewertet hat.
Bei dem Treffen bekräftigte Mayta gegenüber dem britischen Botschafter Jeff Glekin, dass Bolivien als souveränes Land unter keinen Umständen eine Einmischung von außen zulassen werde und die im Raum stehenden Vorwürfe "mit entsprechenden Erklärungen überwunden werden müssen, wenn wir eine freundschaftliche Beziehung zwischen dem bolivianischen Staat und dem Vereinigten Königreich aufrechterhalten wollen".
Laut den Recherchen mobilisierte Großbritannien seine Diplomaten und seine Unternehmen, um sich über die Putschregierung Zugang zum Lithium zu verschaffen, einem grundlegenden Rohstoff für die Automobil- und Elektronikindustrie, und stellte darüber hinaus Geldmittel zur Verfügung, um Journalisten für destabilisierende Zwecke zu finanzieren. Großbritannien habe mit entscheidenden Daten zum Bericht der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) über die Wahlen 2019 beigetragen, ein Dokument, das den Staatsstreich rechtfertigte.
Die Untersuchung von Kennard listet eine beeindruckend lange Reihe intensiver britischer Vorfeldaktivitäten auf diplomatischer, journalistischer, wirtschaftlicher und geheimdienstlicher Ebene auf, einschließlich einer Projektplanung und -finanzierung mit der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB), die alle um das Lithium auf bolivianischem Territorium kreisten.
"Diese Elemente kombinierten sich, um das ideale Szenario für den Putsch zu schaffen, das dem Vereinigten Königreich eine führende Rolle bei der internationalen Intervention für das bolivianische Lithium gab", sagt die Untersuchung.
Tatsächlich soll bis März 2020 die Áñez-Regierung bereits zwölf britische Unternehmen ins Land eingeladen haben.
Ein Jahr nach dem Sturz von Evo Morales kehrte seine Partei, die Bewegung zum Sozialismus (MAS), mit einem überwältigenden Wahlsieg zur Präsidentschaft zurück. Die Vorwürfe eines Wahlbetrugs ein Jahr zuvor gelten längst als widerlegt und als von der US-nahen OAS als Instrument der Destabilisierung konstruiert.
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