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NEUES THEMA09.11.2019, 20:36 Uhr
EDIT: FPeregrin
12.11.2019, 21:43 Uhr
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FPeregrin

• Bolivien: Putsch! Polizeirevolte gegen Evo Morales

Kategorie: Bolivien
Veröffentlicht: 09. November 2019


Boliviens Präsident Evo Morales hat in der Nacht zum Sonnabend die internationale Öffentlichkeit gewarnt, dass in seinem Land der Versuch eines Staatsstreichs begonnen habe. In der Stadt Cochabamba hat sich eine Einheit der Polizei, die Unidad Táctica de Operaciones Policiales (UTOP), gegen die Regierung erhoben. Morales warnte daraufhin via Twitter: »Schwestern und Brüder, unsere Demokratie ist in Gefahr, weil gewalttätige Gruppen einen Staatsstreich in Gang gesetzt haben, der die verfassungsmäßige Ordnung angreift.« Er rief das Volk auf, gewaltfrei die Demokratie und die Verfassung des südamerikanischen Landes zu verteidigen.

»Die Einheit des Volkes wird die große Garantie für das Wohlergehen des Heimatlandes und den sozialen Frieden sein«, erklärte er weiter. Zudem kam der Staatschef noch in der Nacht im Großen Haus des Volkes, dem Regierungssitz, mit Mitgliedern seines Kabinetts zusammen. Nach Berichten des staatlichen Senders Bolivia TV herrschte außerhalb von Cochabamba Ruhe.

Auch Boliviens Verteidigungsminister Javier Zavaleta betonte, dass im gesamten Rest des Landes Normalität herrsche. Um 20.30 Uhr Ortszeit schloss er bei einer Pressekonferenz aus, dass die Streitkräfte gegen die revoltierenden Polizisten in Cochabamba eingesetzt werden. »Die Regierung hat Anweisung gegeben, dass es unter keinen Umständen eine Kasernierung oder Operationen des Militärs auf den Straßen geben wird«, unterstrich er.

Quelle: PL Bolivia / RedGlobe


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NEUE ANTWORT10.11.2019, 14:10 Uhr
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arktika

Bolivien: Putschversuch? "Nach Berichten des staatlichen Senders Bolivia TV herrschte außerhalb von Cochabamba Ruhe."

Ich fürchte, dies ist eine etwas zu optimistische Aussage, die da verbreitet worden ist. Nach einem etwas neueren? (Original vom 09.11., Übersetztung vom 10. Nov.) Text auf RedGlobe - einer Erklärung der bolivianischen Regierung - ist doch etwas mehr passiert und wird von der Regierung als "unübersehbare Belege für die Umsetzung des in Gang gesetzten Plans für einen Staatsstreich" gewertet.

Boliviens Regierung verurteilt Angriffe auf Medien und Journalisten

Am Sonnabend sind in Bolivien das staatliche Fernsehen Bolivia TV, der Rundfunksender Radio Patria Nueva und weitere Medien – darunter der Gewerkschaftssender Radio Comunidad – von militanten Regierungsgegnern angegriffen worden. Die Homepage von Bolivia TV wurde gekapert, dort sind nun Putschparolen zu lesen. Wir dokumentieren dazu nachstehend in eigener Übersetzung eine Erklärung der bolivianischen Regierung:

Das Ministerium für Auswärtige Beziehungen des Plurinationalen Staates Bolivien klagt vor der internationalen Gemeinschaft an, dass am 9. November radikale Gruppe unter der Anleitung von bürgerlichen Anführern mit Unterstützung von Führern der Oppositionsparteien Versammlungen in der Umgebung staatlicher und privater Medien durchgeführt haben, bei denen die Arbeiter und Journalisten angegriffen und gezwungen wurden, die Einrichtungen zu räumen, wodurch eine Einstellung der Sendungen erzwungen wurde.

Dies ist ein neuer Beweis für den Angriff auf die Menschenrechte der Medienbeschäftigten, eine Verletzung der Pressefreiheit und des Rechts auf freie Meinungsäußerung sowie der grundlegenden Prinzipien des Rechtsstaates. Es sind unübersehbare Belege für die Umsetzung des in Gang gesetzten Plans für einen Staatsstreich.

Die gewaltsamen Demonstrationen entfernen sich von dem öffentlichen Aufruf des Präsidenten Evo Morales, der die führenden Politiker zur Aufnahme eines Dialogs aufgerufen hat, um das Land zu befrieden, die Demokratie und den Rechtsstaat, aber vor allem die Einheit und das Leben der Bolivianer zu schützen.

La Paz, 9. November 2019


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NEUER BEITRAG10.11.2019, 14:18 Uhr
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arktika

Bolivien: Putschversuch? Eine gemeinsame Erklärung der kommunistischen Parteien Südamerikas, datierend vom 9. Nov., findet sich am 10.11. ebenfalls auf RedGlobe:

Kommunistische Parteien Südamerikas verurteilen Putschversuch in Bolivien

Wir dokumentieren nachstehend in eigener Übersetzung die »Erklärung der Kommunistischen Parteien Südamerikas zum laufenden Putsch im Plurinationalen Staat Bolivien, der von der Oligarchie und Teilen der Rechten mit Unterstützung des nordamerikanischen Imperialismus begangen wird«:

Wir verurteilen diesen neuen Angriff auf die Demokratie auf dem Kontinent und solidarisieren uns mit dem Präsidenten Evo Morales und dem bolivianischen Volk. Wir verurteilen die Polizeirebellion als Teil der Strategie der Putschisten.

Wir heben die Haltung des Präsidenten Evo Morales hervor, der alles getan hat, um ein Blutvergießen zu verhindern und einen Dialog auf hoher Ebene mit der Opposition vorgeschlagen hat.

Wir rufen die gesamte Volksbewegung unserer Region auf, die breitestmögliche Solidarität mit und Unterstützung für das Volk Boliviens, den Präsidenten Evo Morales und die Organisationen zu entwickeln, die den von der demokratisch-kulturellen Revolution betriebenen Veränderungsprozess unterstützen, und nicht zuzulassen, dass der Wille der Mehrheit des bolivianischen Volkes missachtet wird.

Wir fordern die Respektierung des Ergebnisses der am 20. Oktober durchgeführten Wahlen. Wir drücken unseren tiefen Wunsch aus, dass sich diese Situation durch Dialog bereinigen lässt, ohne dass unser Kontinent in die Epoche der faschistischen Diktaturen und der Massaker an den Volksschichten zurückgezwungen wird.

- Bolivien ist nicht alleine!

- Solidarität mit dem bolivianischen Volk!

- Es lebe die Einheit der Völker Lateinamerikas!

Kommunistische Partei Argentiniens, Kommunistische Partei Boliviens, Kommunistische Partei Brasiliens, Brasilianische Kommunistische Partei, Kommunistische Partei Chiles, Kolumbianische Kommunistische Partei, Paraguayische Kommunistische Partei, Kommunistische Partei Perus – Rotes Heimatland, Kommunistische Partei Uruguays, Kommunistische Partei Venezuelas


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NEUER BEITRAG10.11.2019, 14:28 Uhr
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arktika

Bolivien: Putschversuch? Derweil hat Evo Morales eine Neuauflage der Präsidentschaftswahlen in Bolivien angekündigt. Ob er tatsächlich hofft, so dem Druck der Yankees und der rechten lateinamerikanischen Staaten etwas die Luft nehmen zu können, kann ich nicht nachvollziehen. Aber jedenfalls ist es so.

Evo Morales kündigt Neuwahlen an

Boliviens Präsident Evo Morales hat am Sonntag angekündigt, Neuwahlen auszurufen und die Sprecher des Obersten Wahlgerichts (TSE) neu zu besetzen. Umgeben von Vertretern sozialer Organisationen erklärte der Staatschef bei einer Pressekonferenz in El Alto:

»Ich habe erstens entschieden, die Gesamtheit der Sprecher des Obersten Wahlgerichts zu erneuern. In den nächsten Stunden wird die Plurinationale Gesetzgebende Versammlung in Übereinstimmung mit allen politischen Kräften das Verfahren dafür festlegen. Zweitens, allgemeine Neuwahlen auszurufen, die es ermöglichen, demokratisch mit dem Stimmzettel die neuen Autoritäten zu wählen und neue politische Akteure einzubeziehen.«

Er rief die Bevölkerung zur Entspannung auf: »Wir alle haben die Pflicht, Bolivien zu befrieden. Ich rufe zum Respekt zwischen Familien, für das Privateigentum, gegenüber den Autoritäten auf. Alles, was wir in Bolivien haben, ist Eigentum des bolivianischen Volkes, und dürfen nicht zulassen, dass es eine Konfrontation zwischen Bolivianern gibt und wir uns schaden.«

Er appellierte an die Bevölkerung, das friedliche Zusammenleben aller Einwohner des Landes zu garantieren und keine Gewalt mehr zuzulassen.

Morales erläuterte, dass diese von ihm getroffenen Entscheidungen das Ergebnis einer Analyse sei, die er gemeinsam mit Vertretern verschiedener sozialer Organisationen vorgenommen habe, darunter der Gewerkschaftsbund COB, der Pakt für die Einheit und andere.

Kurz zuvor hatte die von den USA dominierte Organisation Amerikanischer Staaten vorfristig das Ergebnis der Überprüfung der Wahlen vom 20. Oktober veröffentlicht. Demnach könne man das Resultat des Urnengangs nicht bestätigen. Es sei zwar »wahrscheinlich«, dass Morales die Wahl gewonnen habe, allerdings sei es »technisch unmöglich«, dass er dies tatsächlich mit einem Vorsprung von mehr als zehn Prozentpunkten getan habe, wodurch ihm die Stichwahl erspart geblieben war. Die OAS hatte daraufhin im Gleichklang mit den Putschisten die Annullierung der Wahlen gefordert. Dem hat sich Morales nun gebeugt.


am 10.11. ebenfalls auf RedGlobe unter
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NEUE ANTWORT10.11.2019, 17:21 Uhr
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retmarut

Bolivien: Putschversuch? Interessante Entwicklung. In der jetzigen, sehr aufgeladenen Situation sicher keine schlechte Entscheidung ("bajar la tensión, todos y todas tenemos la obligación de pacificar a Bolivia").

Wie ich die originalsprachliche Erklärung entnehmen konnte, geht es darum, die gesamte Präsidentschaftswahl (nicht nur die Stichwahl) zu wiederholen. Ein Termin für den Wahlgang, den vermutlich die Wahlkommission festlegen muss, wurde ja noch nicht genannt. Ebenso hat sich Morales nicht geäußert, ob er erneut kandidieren will. Dabei war gerade sein verfassungswidriger Wahlantritt einer der Gründe, warum die Opposition dermaßen stark punkten konnte - auch unter ehemaligen Morales-Wählern. Ein Verzicht auf die eigene Kandidatur würde vermutlich die Lage in Bolivien deutlich entspannen, der politischen Rechten den Wind aus den Segeln nehmen und die eigene Partei/das eigene Parteienbündnis für den anstehenden Wahlgang stärken.

Zum Hintergrund der Verfassungswidrigkeit von Morales Kandidatur (Verstoß gegen Artikel 168 der Verfassung) hier eine schöne, kurze Zusammenfassung aus der deutschsprachigen Wikipedia:

"An der Spitze der Zentralregierung mit Sitz in La Paz steht der für fünf Jahre gewählte Präsident, seit 22. Januar 2006 ist dies Evo Morales. Aufgrund der sehr häufigen Umstürze konnten sich vor ihm nur wenige über die volle Legislaturperiode halten. Im Zuge der Annahme der neuen Verfassung im Jahr 2009 wurde die Republik in Plurinationaler Staat umbenannt, obwohl ein republikanisches Präsidialsystem beibehalten wurde. Gleichzeitig wurden Neuwahlen abgehalten, so dass Evo Morales als erster Präsident des neu verfassten Staats gilt. Da ein Präsident laut Verfassung nur einmal wiedergewählt werden darf, war seine erneute Kandidatur im Jahr 2014 umstritten und wurde von der Opposition hart kritisiert. Eine Entscheidung des Verfassungsgerichts erlaubte das Vorgehen allerdings, mit der Begründung, dass es die erste Wiederwahl unter der neuen Verfassung sei. Somit konnte Evo Morales der am längsten regierende Staatschef Boliviens werden. Eine Verfassungsänderung, die die unbegrenzte Wiederwahl des Präsidenten ermöglichen sollte, wurde in einer Volksabstimmung 2016 abgelehnt. Trotzdem hob das Verfassungsgericht (Tribunal Constitucional) am 28. November 2018 allgemein die Wirkung derjenigen Artikel der Verfassung auf, die der mehrfachen Wiederwahl eines Amtsträgers im Wege standen und begründete dies damit, dass sonst dadurch „politische Rechte beeinträchtigt würden“. Konkret geht es dabei darum, dass die Verfassung in Art. 13 Abs. IV die in internationalen Verträgen garantierten Menschenrechte besonders schützt. Darunter fällt auch die Amerikanische Menschenrechtskonvention, welche in Art. 23 ohne Einschränkung jedem Bürger politische Rechte zusagt, einschließlich der Bewerbung für politische Ämter."
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NEUER BEITRAG10.11.2019, 21:17 Uhr
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FPeregrin

Bolivien: Putschversuch? jW morgen:

Putsch gegen Evo


Bolivien: Polizei rebelliert gegen Regierung. Rundfunk- und Fernsehsender angegriffen. Präsident Morales ruft Neuwahlen aus

Von André Scheer

In Bolivien sollen die Präsidentschaftswahlen wiederholt werden. Das kündigte Staatschef Evo Morales am frühen Sonntag morgen (Ortszeit) auf einer Pressekonferenz in El Alto an, nachdem er sich zuvor mit Vertretern verbündeter Gewerkschaften und Bewegungen beraten hatte. Der Präsident zog damit die Konsequenz aus der zuletzt eskalierenden Gewalt in dem südamerikanischen Land. Er wolle durch seine Entscheidung, den Urnengang vom 20. Oktober zu annullieren, den Frieden sichern und zu einer Entspannung der Lage beitragen, erklärte er.

Einen sofortigen Rücktritt schloss er aus. Er sei bis zum 22. Januar 2020 gewählt und werde sein Amt bis dahin ausüben, unterstrich er im Gespräch mit dem Rundfunksender Panamericana. Denjenigen, die trotz der bevorstehenden Neuwahlen seine Demission verlangten, betrieben einen Staatsstreich. Er äußerte sich nicht dazu, ob er selbst noch einmal antreten wird. Oppositionsvertreter verlangten allerdings, Morales und seinen Vizepräsidenten Álvaro García Linera von einer erneuten Kandidatur auszuschließen.

Bolivien hatte am Wochenende am Rande eines Militärputsches gestanden, nachdem sich Angehörige der Nationalpolizei in mehreren Städten gegen die Regierung erhoben hatten. Auch in La Paz verweigerten die für den Schutz der Regierungsgebäude eingeteilten Beamten den Dienst. Militante Oppositionelle konnten ungehindert die Zentralen staatlicher Rundfunk- und Fernsehsender attackieren und deren Abschaltung erzwingen. Die Homepage des staatlichen Fernsehens Bolivia TV wurde vorübergehend gekapert und zeigte Parolen gegen die Regierung. Der Direktor einer gewerkschaftseigenen Radiostation wurde an einen Baum gefesselt und misshandelt. In Oruro wurde das Haus von Esther Morales, der Schwester des Staatschefs, in Brand gesetzt. Trotzdem kündigte die Armee an, nicht eingreifen zu wollen. Gerüchten zufolge wollten die Streitkräfte abwarten, wie viele Regierungsanhänger zur Unterstützung des Präsidenten auf die Straße gingen – und bei ausbleibender Mobilisierung selbst die Macht ergreifen.

Morales rief die Bevölkerung am Sonnabend auf, gewaltfrei die Demokratie und die verfassungsmäßige Ordnung zu verteidigen, und sprach von einem in Gang gesetzten Staatsstreich. Der antiimperialistische Staatenbund ALBA, dem Bolivien angehört, solidarisierte sich umgehend mit der Regierung und verurteilte den »Einsatz von Gewalt als politischer Waffe«. Venezuela und Kuba stellten sich demonstrativ hinter Morales, ebenso der gerade erst aus der Haft entlassene brasilianische Expräsident Luiz Inácio Lula da Silva.

Auslöser der Proteste war das offizielle Endergebnis der Wahlen vom 20. Oktober. Dem Obersten Wahlgericht (TSE) zufolge hatte Morales diese mit 47,08 Prozent der Stimmen gewonnen. Damit lag er mehr als zehn Punkte vor dem Zweitplazierten Carlos Mesa, womit er im ersten Durchgang gewählt war. Die Opposition hatte darauf gesetzt, Morales in eine Stichwahl zu zwingen, um ihn dann vereint zu schlagen.

Rückendeckung erhielten die Regierungsgegner von der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). Diese veröffentlichte am Sonntag einen Bericht über die Wahlen, der technische Mängel auflistet. Die Überprüfung war von der bolivianischen Regierung beantragt worden. Allerdings hatten beide Seiten vereinbart, dass der Report zunächst den Behörden vorgelegt werden sollte. OAS-Chef Luis Almagro begründete den Bruch dieser Absprache mit der in Bolivien eingetretenen Situation. Zugleich machte er sich zum Sprachrohr der Opposition und verlangte die Annullierung der Wahlen.


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NEUE ANTWORT10.11.2019, 21:21 Uhr
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FPeregrin

Bolivien: Putschversuch? ebd.:

OAS immer mit dabei

Putschversuch in Bolivien

Von André Scheer

Alarmierende Bilder erreichen uns aus Bolivien: Vermummte Polizisten, die der Regierung die Gefolgschaft aufkündigen und ihr den Schutz verweigern. Angriffe auf Radio- und Fernsehstationen, Brandanschläge auf Wohnhäuser, Parteibüros und Behörden. Der Direktor eines gewerkschaftseigenen Rundfunksenders wird an einen Baum gefesselt und misshandelt.

Vorgeblich geht es der Opposition des südamerikanischen Landes darum, angebliche Manipulationen bei der Präsidentschaftswahl vom 20. Oktober anzuprangern. Dem offiziellen Ergebnis zufolge hatte Staatschef Evo Morales diese mit mehr als zehn Prozentpunkten Vorsprung gewonnen, wodurch er eine Stichwahl vermeiden konnte.

Angesichts der laut gewordenen Zweifel lud Morales die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ein, die Ergebnisse zu kontrollieren. Vereinbart wurde, dass der Bericht einer Expertenkommission der Regierung zugestellt wird. Statt dessen veröffentlichte ihn die OAS am Sonntag vorzeitig – inmitten der eskalierenden Gewalt in Bolivien. Da in der Studie tatsächlich eine Reihe von technischen Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Wahl aufgelistet werden, wollte in Washington offenkundig jemand Öl in das Feuer gießen.

Dafür spricht, wie sich die OAS in den vergangenen Monaten bei den verschiedenen Konflikten in Lateinamerika verhalten hat – von einheitlichen Maßstäben kann keine Rede sein. So war die von Generalsekretär Luis Almagro angeführte Organisation Anfang des Jahres in Venezuela mit immer neuen Vorwürfen gegen Präsident Nicolás Maduro und der Anerkennung des Oppositionspolitikers Juan Guaidó als »Staatschef« die Speerspitze des bislang gescheiterten Regime-Change. Kaum ein Wort dagegen zur anhaltenden Serie von Morden an Menschenrechtsaktivisten und ehemaligen FARC-Guerilleros in Kolumbien. Schweigen zur brutalen Niederschlagung der Proteste in Haiti. Keine Stellungnahmen zur Krise in Chile, wo nach offiziellen Zahlen mindestens 23 Menschen getötet wurden. Däumchendrehen, wenn es um die rassistische Migrationspolitik der US-Administration von Donald Trump geht.

Mit seiner Ankündigung von Neuwahlen hat Evo Morales am Sonntag das Manöver der OAS und der Putschisten für den Moment durchkreuzt, die auf eine weitere Zuspitzung gesetzt haben, um einen Staatsstreich des Militärs zu rechtfertigen. Den Wahlprozess von Anfang an neu zu beginnen, kann dem Land Zeit zur Beruhigung verhelfen – und die Kräfte neu sortieren. So hat Morales in seiner Ansprache am Sonntag morgen von »neuen politischen Akteuren« gesprochen – und offengelassen, ob er selbst noch einmal antreten wird.

Es ist allerdings kaum anzunehmen, dass seine Widersacher bereit sind, zur Entspannung beizutragen. Der oft von rassistischen Vorbehalten gegen die »Indios« geleiteten Rechten ging es nie um »saubere Wahlen«. Ziel war und ist der Sturz des verhassten Präsidenten und die Wiederherstellung eines Regimes, in dem die Indígenas ausgegrenzt und mundtot gemacht sind. Das haben die Putschisten mit den Angriffen auf staatliche und gewerkschaftliche Medien schon vorweggenommen. Die OAS wird ihnen dabei nicht in die Quere kommen.


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NEUE ANTWORT17.11.2019, 22:29 Uhr
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arktika

OAS: etwas zu plump geliefert, aber wen schert's? Die OAS hat ihren willfährigen "Bericht" zwar rechtzeitig abgeliefert, um "Legitimations"material für den Putsch zu liefern, aber sich doch recht wenig bemüht, einen gewissen Seriositätsanspruch zumindest vorzugeben. Wen schert's auch? Die PutschistInnen und ihre Supportercrew wohl kaum.
Aus der granma hat RedGlobe am 15.11. einen Text übernommen, der diese "Expertise" zerlegt:

Zweiter Bericht widerlegt Behauptung der OAS über Wahlen in Bolivien

Ein weiterer Bericht zu dem fragwürdigen Urteil der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) über einen angeblichen Betrug bei den Wahlen in Bolivien wurde in dieser Woche von dem Professor für Politikwissenschaften und Statistik der Universität Michigan Walter Mebane vorgelegt, der als einer der wichtigsten Experten bei der Aufdeckung von Wahlbetrug weltweit gilt.

Das Dokument mit dem Titel „Beweis dagegen, dass es bei der Stimmauszählung bei den Wahlen in Bolivien 2019 zu einem wesentlichen Wahlbetrug gekommen ist“kommt zu dem Schluss, dass man nur vermutlich statistische Unregelmäßigkeiten bei 274 der 34.551 Wahlbüros feststellen konnte, was sich nicht sehr von dem unterscheide, was man in Honduras, der Türkei, Österreich oder Wisconsin beobachten konnte.

„Man kann sogar sagen, dass wenn man die in Frage kommenden falschen Auszählungen beiseite lässt, die MAS einen Vorteil von über zehn Prozentpunkten hat“, heißt es in dem Bericht des Wissenschaftlers, der der Politik in Lateinamerika in keiner Weise verbunden ist und auch nicht dem rechtmäßigen Präsidenten Evo Morales.

Über sein Twitter Konto lieferte der argentinische Wissenschaftler Rodrigo Quiroga eine Reihe von Schlussfolgerungen, aus denen klar hervorgeht, dass weder die OAS noch irgendjemand sonst beweisen kann, dass es bei den Wahlen vom 20. Oktober zu Wahlbetrug gekommen sei.

Außerdem führt er an, dass die von Luis Almagro geführte Organisation bereits vor den Wahlen empfohlen hatte, ein System zur schnellen Auszählung zu benutzen. Dem Wunsch sei man nachgekommen und dieses werde jetzt als Vorwand benutzt, den Staatsstreich zu unterstützen.

Auf der anderen Seite betonte er, dass die entdeckten statistischen Unregelmäßigkeiten – in den beobachteten Wahlbüros – so minimal gewesen seien, dass sie das Wahlergebnis nicht beeinträchtigt hätten und schon gar nicht dazu dienen könnten, der MAS den Sieg wegzunehmen und ihn Mesa zu geben.

Quiroga erinnerte auch daran, das das Anhalten der Datenverarbeitung für die endgültige Auszählung, auf das die Opposition anspielte, nur ganz kurz dauerte.

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NEUE ANTWORT17.11.2019, 22:51 Uhr
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arktika

OAS: etwas zu plump geliefert, aber wen schert's? Dies wird auch in einem Artikel von Vilma Guzmán und Jonatan Pfeifenberger vom 16. Nov. - ebenfalls auf amerika21 - bestätigt, die auch gleich noch eine zweite Gegenstudie anführen.
In ihrem Text Bolivien: Kuba zieht Personal ab, unabhängige Berichte sehen keinen Wahlbetrug heißt es u. a.:

Nun liegen zwei Studien von unabhängiger Seite vor. Beide kommen zu dem Schluss, dass die festgestellten Unregelmäßigkeiten marginal waren und das grundsätzliche Ergebnis, wonach Evo Morales mit Abstand die meisten Stimmen erhalten hat, nicht beeinflussen.

Die erste der beiden Untersuchungen wurde von Walter Mebane verfasst, einem Politikwissenschaftler der University of Michigan, der als einer der weltweit führenden Experten für Wahlbetrug und politisch als nicht zugunsten von Morales eingestellt gilt. Unter dem Titel "Beweise gegen einen entscheidenen Einfluss manipulierter Stimmen bei den Wahlen in Bolivien 2019" stellt die Untersuchung fest, dass es statistische Unregelmäßigkeiten gegeben hat, die auf Betrug in nur 274 der 34.551 Wahllokale hinweisen. Zudem würden sich diese nicht wesentlich von den Mustern unterscheiden, die bei anderen Wahlen wie in Honduras, der Türkei, Russland, Österreich und Wisconsin beobachtet wurden. "Selbst wenn man die manipulierten Stimmen herausrechnet, hat die MAS einen Vorsprung von mehr als zehn Prozent", schließt dieses Papier.

Der zweite Bericht stammt vom Center for Economic and Policy Research (CEPR), einer Denkfabrik für Wirtschafts- und Sozialpolitik mit Sitz in Washington. Er untersucht die Wahlbeobachtungsmission der OAS in Bolivien und weist darauf hin, dass "die Ergebnisse der vorläufigen Nachzählung mit dem Endergebnis übereinstimmen". Zudem "konnte weder die OAS noch jemand anderes nachweisen, dass es bei den Wahlen systematische oder weit verbreitete Unregelmäßigkeiten gab". Keine der beiden Nachzählungen weise seltsame Muster im Vergleich zur Verteilung der Stimmen bei früheren Wahlen auf. Die vorläufige Auszählung sei bei 80 Prozent gestoppt worden, weil dies vereinbart war, und wurde einen Tag später auf Antrag der OAS wieder aufgenommen. Die endgültige und rechtsgültige Nachzählung habe dagegen "keine wesentlichen Unterbrechungen“ gehabt, so der Bericht.


In diesem Text wird auch benannt, daß die aktuelle Putsch"präsidentin" Anez sich artig "bei den Regierungen Deutschlands und der USA dafür bedankt [hat], dass sie ihre Amtsübernahme begrüßt haben. In Mitteilungen über den Kurznachrichtendienst Twitter hatten die Außenminister Heiko Maas und Mike Pompeo sich entsprechend geäußert."

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NEUE ANTWORT17.11.2019, 23:16 Uhr
EDIT: arktika
17.11.2019, 23:18 Uhr
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arktika

Die offizielle Haltung der BRD "In diesem Text wird auch benannt, daß die aktuelle Putsch"präsidentin" Anez sich artig "bei den Regierungen Deutschlands und der USA dafür bedankt [hat], dass sie ihre Amtsübernahme begrüßt haben."

In diesem Zusammenhang sei auch noch an die Antworten von Regierungssprecher Steffen Seibert am 11. November auf einer Bundespressekonferenz hingewiesen. Das kurze Video ist durchaus sehens- und hörenswert. Findet sich im RT DEUTSCH-Artikel Wen interessieren schon Fakten: Regierungssprecher Seibert über Bolivien und den OAS-Wahlbericht vom 12. Nov. von Florian Warweg.

- Ich erinnere daran, dass die Wahlüberprüfungsmission der Organisation Amerikanischer Staaten, OAS, aufgrund der von ihr nachgewiesenen schweren Unregelmäßigkeiten die Ausrichtung von Neuwahlen ebenso empfohlen hat.

- Wir haben zur Kenntnis zu nehmen, dass die Organisation Amerikanischer Staaten von weit verbreiteten, schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten spricht, dass sie davon spricht, dass es in beinahe jedem untersuchten Wahlbezirk Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauszählung gegeben habe und dass sie deswegen empfehle, zu Neuwahlen zu kommen.

(beide Steffen Seibert)

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NEUE ANTWORT17.11.2019, 23:43 Uhr
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retmarut

OAS: etwas zu plump geliefert, aber wen schert's? Das Ganze ist natürlich mittlerweile nur noch akademisch, weil politisch hinfällig, seit sich die Lage durch den Putsch dramatisch geändert hat.

Wer den Bericht der OAS dazu im Vergleich lesen möchte:
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Das Hauptargument des von der OAS aufgestellten Teams lautete damals, dass die Gesamtanzahl der abgegebenen Stimmen in einigen Wahlbezirken höher gelegen habe als die Anzahl der in den Wahllisten aufgeführten Wahlberechtigten:
"The OAS experts compiled information from 894 original tally sheets, selected on the basis of a statistical sample. The experts verified the contents of the tally sheets and compared them with the final count and voter registry lists. From that analysis it emerged that 176 of the tally sheets in the sample had been counted in Argentina and 38.07% were inconsistent with the number of citizens casting a vote. That is to say, the tally sheets showed a higher number of votes than voters on the voter registrationlists."

Letztlich leiten sie alles andere von dieser Grundannahme, die Außenstehende gar nicht nachprüfen können und die auch nicht von der OAS öffentlich dokumentiert wird, ab.

Dass Morales die meisten Stimmen erhalten hat, stellt selbst die OAS nicht in Abrede: "Taking statistical projections into account, it is possible that candidate Morales came in first and candidateMesa second."
Allein auf ihre statistischen Berechungen gestützt, relativiert die OAS das umgehend: "However, it is statistically unlikely that Morales obtained the 10% difference needed to avoid a second round." - "statistically unlikely", was in den obigen Überprüfungen, die Arktika anführt, angezweifelt wird.

Wie gesagt, mittlerweile eine rein akademische Debatte, weil der Staatsstreich den bisherigen rechtlichen Rahmen ausgehebelt hat.


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NEUE ANTWORT18.11.2019, 14:04 Uhr
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arktika

OAS: etwas zu plump geliefert, aber wen schert's? "Das Ganze ist natürlich mittlerweile nur noch akademisch, weil politisch hinfällig, seit sich die Lage durch den Putsch dramatisch geändert hat."
+
"Wie gesagt, mittlerweile eine rein akademische Debatte, weil der Staatsstreich den bisherigen rechtlichen Rahmen ausgehebelt hat."

Stimmt, da hast Du wirklich recht! Nachdem ein Putsch stattgefunden hat, sollte man sich nicht mehr mit dem propagandistischen und politischen "Vorher" und "Drumherum" beschäftigen, sondern nur noch mit dem "Päng päng".
Methodik, polit. Umfeld, Manipulationstechniken, Medienarbeit ... eines Putsches (oder auch eines Kriegsbeginns) sind irrelevant. Danke für diese Deutlichmachung vom analytischen Schreibtischplatz aus.
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NEUER BEITRAG10.11.2019, 23:56 Uhr
EDIT: FPeregrin
10.11.2019, 23:59 Uhr
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FPeregrin

Bolivien: Militärputsch! Scheint ziemlich frisch zu sein - ... & nicht gut! RedGlobe:

Militärputsch in Bolivien! Präsident Morales erklärt Rücktritt

Kategorie: Bolivien
Veröffentlicht: 10. November 2019


In Bolivien ist der Militärputsch vollzogen. Präsident Evo Morales und sein Stellvertreter Álvaro García Linera beugten sich am Sonntag dem Druck des Oberkommandos der Streitkräfte und erklärten ihren Rücktritt. Der Oberkommandeur der Streitkräfte, William Kaiman, hatte zuvor den Präsidenten um seinen Rücktritt »gebeten«, um mit diesem Schritt »die Befriedung und das Aufrechterhalten der Stabilität« möglich zu machen.

Das Militär, dass sich zuvor geweigert hatte, gegen rebellierende Polizisten vorzugehen, kündigte in einem offiziellen Kommuniqué Operationen gegen »bewaffnete Gruppen« im Land an. Beobachter gehen davon aus, dass damit indigene Gruppen gemeint sind, die ihre Regierung gegen die Putschisten verteidigen wollen.

Morales betonte, dass es sich um einen Staatsstreich handele und er sein Amt nicht freiwillig aufgebe. »Unser Vergehen ist, dass wir Indígenas, Linke und Antiimperialisten sind«, sagte er. Der Putsch ändere nichts daran, dass der Kapitalismus keine Lösung für die Menschheit anbieten könne.

García Linera appellierte an diejenigen, die die Wahlen gestohlen und nun die Macht übernommen haben, Bolivien nicht zu zerstören. Zugleich versicherte er den Unterstützern der Regierung, dass beide immer an ihrer Seite sein werden. Mit Túpa Katari erklärte er: »Wir kommen zurück, und zwar millionenfach!«

Unmittelbar zuvor hatten zahlreiche Kabinettsmitglieder und andere hohe Funktionäre des Staates und seiner Partei, der Bewegung zum Sozialismus (MAS), ihre Rücktritte erklärt. Viele wurden offenbar durch Drohungen und Angriffe auf ihre Familien zu diesem Schritt gezwungen. Zu ihnen gehörten Tourismus-Vizeminister Marcelo Arze, die Präsidentin des Obersten Wahlgerichts, María Eugenia Choque, Planungsministerin Mariana Prado und der Gouverneur von Potosí, René Joaquino. Auch Senatspräsidentin Adriana Salvatierra und der Präsident der Abgeordnetenkammer, Víctor Borda, reichten ihre Demission ein. Nach der bolivianischen Verfassung hätten sie die Staatsgeschäfte nach dem Rücktritt von Präsident und Vizepräsident übernehmen müssen.

Venezuelas Botschafterin in La Paz, Crisbeylee González, informierte am Abend, dass militante Gruppen die diplomatische Vertretung angegriffen und besetzt hätten. Das Personal habe sich in Sicherheit bringen können, doch die Angreifer hätten ein Massaker anrichten wollen.

Die erste Reaktion aus dem Ausland kam von Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel und Außenminister Bruno Rodríguez. Via Twitter riefen sie zur weltweiten Mobilisierung »für die Freiheit und das Leben« von Evo Morales auf und verurteilten den Putsch in Bolivien.Auch Venezuelas Präsident Nicolás Maduro meldete sich mit einer Solidaritätserklärung zu Wort. In Deutschland forderte der Linken-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko, dass die Bundesregierung den Staatsstreich scharf verurteilen müsse.


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NEUE ANTWORT11.11.2019, 10:16 Uhr
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juventud87

Bolivien: Militärputsch! Inzwischen soll Evo #Morales gar mit einem Haftbefehl gejagt werden. Es kommt wohl in seiner Heimatregion zu gewalttätigen Angriffen der Putschisten:

"Am späten Sonntagnachmittag trat Evo Morales vor die Kamera des Staatsfernsehens und verkündete seinen Rücktritt. Wenig später tat es ihm Vizepräsident Álvaro García Linera gleich. Beide erklärten, dass sie mit ihrem Schritt eine weitere Eskalation der Gewalt verhindern wollten. Beide sprachen von einer „bürgerlich-politisch-polizeilichen Verschwörung“, von einem Staatsstreich, angeführt vom Präsidenten des Bürgerkomitees Santa Cruz, dem unterlegenen Präsidentschaftskandidaten und früheren Präsidenten Carlos Mesa. Es folgten die Rücktritte der Senatspräsidentin und des Präsidenten des Abgeordnetenhauses sowie weiterer Volksvertreter und Regierungsmitglieder. Am Sonntagabend war Bolivien ohne Präsident und Regierung.

Unbestätigten Meldungen zufolge soll gegen Morales ein Haftbefehl vorliegen. Die Polizei suche in der Provinz Chapare nach ihm, wo er herstammt und sich derzeit aufhält. Das Regierungsflugzeug sei bereits durch die Armee beschlagnahmt worden, hieß es. Gerüchte, er wolle sich ins Ausland absetzen, hatte Morales am Sonntag dementiert..."


#Bolivien
#Militaerputsch

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NEUE ANTWORT12.11.2019, 11:49 Uhr
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arktika

Bolivien: Militärputsch! "Inzwischen soll Evo #Morales gar mit einem Haftbefehl gejagt werden."
Da gibt es widersprüchliche Aussagen innerhalb des Putschistenpacks:
Camacho bestätigt Haftbefehl gegen Evo Morales
Der Oppositionsführer Luis Fernando Camacho, einer der Politiker, die hinter den Protesten standen, die zum Rücktritt von Evo Morales führten, bestätigte, dass ein Haftbefehl gegen Morales besteht.

Dem gegenüber steht:
Bolivianische Polizei streitet Vorhandensein eines Haftbefehls gegen Evo Morales ab
Der Oberbefehlshaber der Polizei BoliviensYuri Calderón stritt am Sonntag Abend ab, dass es einen Haftbefehl gegen Evo Morales gebe.
Damit dementierte er den Oppositionsführer Fernando Camacho, der gesagt hatte, dass Polizei und Armee Evo suchten, um ihn festzunehmen.
„Es gibt keinerlei Haftbefehl gegen Evo Morales und auch nicht gegen irgendeinen Minister seiner Regierung“, sagte der Polizeichef vor Journalisten.
Calderón führte aus, dass er nur einen Antrag des Generalstaatsanwalts Boliviens Juan Lanchipa Ponce erhalten habe, „um Anweisungen und Befehle“ an Polizeibeamten zu erlassen, um die Beteiligten an dem angeblichen „Straftaten der Wahlordnung“ zu suchen und festzunehmen. (Telesur)


aus einem granma-Internet-Artikel von Enrique Moreno vom 11. November 09:11:18

Der ganze Artikel Zweiter Tag des Staatsstreichs in Bolivien, die Welt fordert Schutz für Evo unter
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NEUE ANTWORT12.11.2019, 12:19 Uhr
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12.11.2019, 12:24 Uhr
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arktika

Bolivien: Militärputsch! Evo Morales, hat - wie amerika21 heute berichtet - ein Asyl-Angebot der mexikanischen Regierung angenommen und befindet sich bereits außer Landes. "Sein Leben und seine Integrität sind sicher", erklärte Mexikos Außenminister Marcelo Ebrard. Ein Flugzeug der mexikanischen Luftwaffe sei am Montagabend mit Morales an Bord gestartet. Präsident Andres Manuel López Obrador (Amlo) hatte ihm bei seiner täglichen Pressekonferenz gestern "entsprechend der Tradition des Landes" Schutz angeboten.

Vilma Guzmán und Philipp Zimmermann schreiben weiter zur Situation im Land und zu internationalen Reaktionen

Evo Morales im Asyl in Mexiko, Proteste und Gewalt nach Putsch in Bolivien
Regierungen in Lateinamerika kritisieren den Staatsstreich und rufen zur Beendigung der Gewalt auf


La Paz. Der frühere Päsident von Bolivien, Evo Morales, hat das Asyl-Angebot der mexikanischen Regierung angenommen und befindet sich bereits außer Landes. "Sein Leben und seine Integrität sind sicher", erklärte Mexikos Außenminister Marcelo Ebrard. Ein Flugzeug der mexikanischen Luftwaffe sei am Montagabend mit Morales an Bord gestartet. Präsident Andres Manuel López Obrador (Amlo) hatte ihm bei seiner täglichen Pressekonferenz gestern "entsprechend der Tradition des Landes" Schutz angeboten.

"Schwestern und Brüder, ich breche nach Mexiko auf", schrieb Morales auf Twitter. Es schmerze ihn, das Land aus politischen Gründen zu verlassen. Bald werde er "mit mehr Kraft und Energie zurückkommen".

In Lateinamerika ist der Putsch gegen den gewählten Präsidenten von Bolivien auf teilweise heftige Kritik gestoßen. Neben zahlreichen Linkspolitikern und Vertretern sozialer Bewegungen äußerten sich auch mehrere Präsidenten und Regierungen. Unterdessen eskaliert die Gewalt in dem südamerikanischen Land nach dem Rücktritt von Morales weiter.

"Wir verurteilen entschieden den Staatsstreich gegen unseren Bruder, Präsident Evo Morales", schrieb Venezuelas Präsident Nicolás Maduro auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Zugleich warnte er, das Leben von Morales sei in Gefahr, und rief "die sozialen Bewegungen und Regierungen der Welt" dazu auf, "sich zur Verteidigung des indigenen Anführers und der bolivianischen Demokratie zu mobilisieren".

Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel erklärte, "die Rechte bedroht mit einem gewaltsamen und feigen Staatsstreich die Demokratie in Bolivien“. Brasiliens Ex-Präsident Lula da Silva, bezeichnete es als "Unglück, dass Lateinamerika eine wirtschaftliche Elite hat, die nicht mit der Demokratie und der sozialen Inklusion der Ärmsten leben kann“. Es sei eine "Niederträchtigkeit", den Wahlsieg von Morales nicht anzuerkennen. Argentiniens neu gewählter Präsident Alberto Ángel Fernández bezeichnete die Vorgänge in Bolivien als "inakzeptabel" und nahm klar Stellung gegen den "laufenden Staatsstreich".

In offiziellen Stellungnahmen verurteilten die Regierungen von Nicaragua, Kuba,Venezuela, Mexiko und Uruguay den Putsch. Es handle sich um eine "ausgeklügelte Operation, die von radikal-rassistischen Sektoren der politischen Opposition, privaten Medien, der US-Botschaft und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) durchgeführt wird“. Damit werde versucht, die bolivianische Gesellschaft "zurück in die Zeiten von Diktaturen und neoliberaler Politik zu versetzen, die natürlichen Ressourcen des bolivianischen Volkes zu privatisieren und sie den Plänen des Weißen Hauses und transnationaler Unternehmen zu unterwerfen", heißt es aus Caracas.

Mexikos Präsident Amlo würdigte in einer ersten Stellungnahme am Sonntag "das Handeln von Evo Morales", der es vorgezogen habe, zurückzutreten, um "sein Volk nicht der Gewalt auszusetzen". Bei Amlos morgendlicher Pressekonferenz am Montag erklärte sein Außenminister Marcelo Ebrard, die mexikanische Regierung fordere die Respektierung der Verfassung und der Demokratie und bewerte die Ereignisse in Bolivien als Staatssreich. Die Streitkräfte hätten den Rücktritt des gewählten Präsidenten gefordert, nachdem dieser aufgrund des OAS-Berichts über mögliche Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen vom 20. Oktober Neuwahlen einberufen hatte. Morales habe seinen Rücktritt angekündigt, um einen Bürgerkrieg zu verhindern. Dieses Verhalten des Militärs und ebenso der Polizei [die sich dem Aufruf angeschlossen hatte] stellten einen Verfassungsbruch dar. Mexiko habe eine Dringlichkeitssitzung der OAS beantragt, damit sie dazu Stellung beziehe und ihr Schweigen breche. Was in Bolivien geschehe, sei ein Rückschlag für die ganze Region, so Ebrard.

Auch die Regierung von Uruguay bezeichnete die Vorgänge als Putsch und zeigte sich "bestürzt über den Zusammenbruch der Rechtsstaatlichkeit, der in Bolivien herbeigeführt wurde, den Rücktritt des Präsidenten erzwang und das Land in Chaos und Gewalt treibt". Es gebe kein Argument, das diese Handlungen rechtfertigen könnte, zumal nachdem Morales Neuwahlen einberufen hatte, so das Außenamt in einem Kommuniqué.


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NEUE ANTWORT12.11.2019, 12:28 Uhr
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arktika

Bolivien: Militärputsch! >>>>>

Die russische Regierung appellierte an die politischen Kräfte Boliviens, eine "verfassungsmäßige Lösung zur Wiederherstellung von Frieden und Ruhe" zu suchen. Das Außenministerium warnte, die aktuelle Krise in dem südamerikanischen Land weise "Muster eines organisierten Staatsstreichs auf". Die Regierung der Volksrepublik China erklärte, sie nehme die "drastischen Veränderungen" in Bolivien mit Besorgnis zur Kenntnis und hoffe, dass alle relevanten Parteien im Land in der Lage sein werden, die Differenzen friedlich beizulegen und die soziale und politische Stabilität in Bolivien so bald wie möglich wiederherzustellen, erklärte der Sprecher des Außenministeriums, Geng Shuang, am Montag.

In Westeuropa erklärten Linkspolitiker wie Pablo Iglesias (Podemos, Spanien), Jeremy Corbyn (Labour Party) und Sahra Wagenknecht von der deutschen Partei Die Linke ihre Solidarität mit Evo Morales und verurteilten den Putsch. Wagenknecht sprach von einem "Anschlag auf Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Unabhängigkeit in Lateinamerika." Alle sozialen Errungenschaften und die kulturellen Rechte der indigenen Bevölkerung, die unter der Präsidentschaft von Morales geschaffen wurden, stünden jetzt auf dem Spiel.

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres hat indes "alle relevanten Akteure" in Bolivien aufgefordert, "von Gewalt abzusehen, Spannungen abzubauen und maximale Zurückhaltung zu üben". Alle Seiten sollten sich "für eine friedliche Lösung der aktuellen Krise einsetzen und transparente und glaubwürdige Wahlen zu gewährleisten", so Guterres.

Am Sonntag wurden in Bolivien die diplomatischen Vertretungen Venezuelas und Kubas zum Ziel von Angriffen oppositioneller Demonstranten. Venezuelas Botschafterin in Bolivien, Crisbeylee González, berichtete, dass vermummte Angreifer die Botschaft nach dem Rücktritt von Morales mit Dynamit und Waffen gestürmt hätten. Das Personal habe sich in Sicherheit bringen können. Vor der kubanischen Botschaft versammelten sich Oppositionsanhänger.

Der mexikanische Außenminister gab bekannt, dass seine Regierung "20 Persönlichkeiten der bolivianischen Exekutive und Legislative" in der Botschaft in La Paz aufgenommen habe. Zahlreiche weitere Anfragen nach Asyl lägen vor.

Laut Medienberichten gehen die gewaltsamen Angriffe oppositioneller Gruppen gegen staatliche Einrichtungen in mehreren Städten unvermindert weiter. Vertreter der regierenden Bewegung zum Sozialimus berichten zudem, dass sie und ihre Angehörigen zuhause attackiert, geschlagen, mit dem Tod bedroht und ihre Wohnungen und Häuser angezündet wurden. Zwischen Gegnern und Anhängern von Morales kam es in La Paz, El Alto und Yapacaní (Santa Cruz) zu schweren Zusammenstößen. In El Alto ging die Polizei mit massiver Gewalt gegen Demonstranten vor, die gegen den Putsch protesierten. Nach Angaben von Beteiligten erlitten mehrere Menschen Verletzungen durch Bleischrot.

Unterdessen ist unklar, wer nach dem Rücktritt von Morales bis zu den Neuwahlen sein Amt übernimmt und wer das Land regiert. Die von der Verfassung dafür legitimierten Funktionsträger (Vizepräsident, Vorsitzende des Senats und der Abgeordnetenkammer ) sind ebenso zurückgetreten wie zahlreiche Minister der bis zum Januar 2010 regierenden "Bewegung zum Sozialismus".

Die zweite Vizepräsidentin des Senats und Vertreterin der Opposition, Jeanine Añez, gab am Montag bekannt, ihr stünde nun dieses Recht zu. Sie werde zunächst das Amt der Senatspräsidentin und dann die Verantwortung als Übergangspräsidentin formell übernehmen, um Neuwahlen auszurufen, erklärte sie im Interview mit dem Privatsender Unitel.


Am 12. Nov. auf amerika21 unter Link ...jetzt anmelden!
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NEUER BEITRAG11.11.2019, 13:15 Uhr
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arktika

Bolivien: Militärputsch! Ebenfalls gestern erschien auf amerika21 ein längerer Artikel von Jonatan Pfeifenberger zum Putsch und dessen Entwicklung, recht informativ.

Evo Morales tritt in Bolivien nach Ankündigung von Neuwahlen zurück
OAS hatte zuvor nach vorläufigem Bericht Neuwahlen empfohlen. Gewalttätige Angriffe auf staatliche Medien und Angehörige der Regierung


La Paz. Acht Stunden nach der Ankündigung von Neuwahlen ist Evo Morales als Staatspräsident von Bolivien zurückgetreten. Der Präsident erklärte seinen Rücktritt, nachdem immer mehr Gouverneure, Bürgermeister, Abgeordnete und Senatoren seiner Partei im ganzen Land ihre Posten niedergelegt hatten. Kurz zuvor hatte das Militär Morales zum Rücktritt aufgefordert. Der Oppositionspolitiker Luis Camacho forderte außerdem, dass nun eine Regierungsjunta gebildet werden müsse.

Morales begründete seine Entscheidung, "damit [die Anführer der Opposition Carlos] Mesa und Camacho nicht weiter die Häuser unseres Volkes niederbrennen, damit sie nicht weiterhin den einfachen Menschen schaden. Ich trete zurück, damit unsere Brüder in politischen Posten nicht weiter verfolgt werden. Ich bedaure diesen Putsch sehr. Ich möchte euch sagen, Brüder und Schwester, der Kampf endet hier nicht. Wir werden diesen Kampf für Gleichberechtigung in Frieden fortsetzen".

Vorausgegangen war am Sonntag die Veröffentlichung eines vorläufigen Berichts der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), in dem von möglichen "Unregelmäßigkeiten" bei den Wahlen die Rede ist. Daraufhin hatte Morales den Weg frei gemacht für Neuwahlen. In den Tagen zuvor war es zu Handlungen von Opposition, Militär und Polizei gekommen, die einem Putschversuch gleichkamen.

Am Sonntag hatte die OAS früher als erwartet und wohl auf Druck ihres Generalsekretärs, Luis Almagro, einen vorläufigen Bericht herausgegeben, in dem die Annullierung der Präsidentschaftswahl vom 20. Oktober und die Abhaltung von Neuwahlen empfohlen wird. Der detaillierte Bericht mit konkreten Ergebnissen werde "natürlich in Bälde noch veröffentlicht". Jedoch gäbe es insbesondere nach Überprüfung der Übertragung der Wahlergebnisse durch das elektronische Übertragungssystem (TREP) "nicht die Garantie, dass die ermittelten offiziellen Ergebnisse richtig sind". Es sei zu Unregelmäßigkeiten gekommen, die die Integrität der Ergebnisse infrage stellten. Es sei festgestellt worden, dass man sich nicht an alle Sicherheitsbestimmungen bei der Auswertung und Ermittlung der Ergebnisse gehalten habe. Man könne "nicht garantieren", dass die Wahl nicht manipuliert worden sei. Jedoch räumte die OAS ein, dass die Analyse in sehr kurzer Zeit erarbeitet wurde und somit keine vollständige Überprüfung möglich war.

Auch wenn der Bericht demnach keine Beweise für einen Wahlbetrug vorlegt und es zwar "statistische Prognosen" gäbe, "deren Berücksichtigung es möglich machen", dass Morales die Wahl gegenüber seinem Herausforderer Carlos Mesa gewonnen hat, sei es jedoch "statistisch unwahrscheinlich, dass Morales eine zehnprozentige Differenz erreicht hat, um eine zweite Runde zu vermeiden". Aus diesem Grund "empfiehlt" die OAS Neuwahlen.

Kurz nach Veröffentlichung des Berichts erklärte Morales dann auf einer Pressekonferenz: "Ich habe beschlossen, neue landesweite Wahlen einzuberufen, damit dem bolivianischen Volk durch eine demokratische Abstimmung ermöglicht wird, seine neue Regierung zu wählen, unter Einbeziehung neuer politischer Akteure". Damit reagierte Morales auch auf die seit zwei Wochen andauernden, teils gewalttätigen Proteste der Opposition. Bolivien habe in den letzten Tagen Momente des Konflikts durchlebt "mit der Gefahr schwerer Konfrontationen zwischen Bolivianern". Seine Hauptaufgabe als Präsident bestehe darin, "Leben zu schützen sowie Frieden, soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Stabilität und die Einheit der Bolivianer zu bewahren".

Einer der Anführer der Opposition, der Vorsitzende des "Bügerkomitees" von Santa Cruz, Luis Fernando Camacho, forderte Morales auf, umgehend zurückzutreten und eine Übergangsregierung einzusetzen. Außerdem dankte Camacho Polizei und Militär, die Forderungen nach Neuwahlen unterstützt zu haben. Man habe die Schlacht gewonnen und gezeigt, dass der Kampf berechtigt gewesen sei.

Zuvor hatte es vermehrt Berichte gegeben, wonach sich staatliche Sicherheitskräfte gegen die Regierung gewandt hätten. Noch am Samstag war mit Spannung eine Stellungnahme des Militärs erwartet worden, worin dessen Chefkommandant, Willams Kaliman, erklärt hatte, dass sich das Militär niemals gegen das eigene Volk stellen werde. Im Vorlauf stand noch zu befürchten, dass es auch zu einem direkten Putsch unter Beteiligung des Militärs kommen könnte.

Am Freitag und Samstag war bereits aus mehreren Städten wie La Paz, Cochabamba, Oruro, Sucre und Santa Cruz gemeldet worden, dass sich Polizisten auf die Seite oppositioneller Proteste gestellt hätten. Außerdem attackierten und besetzten Protestierende unter dem Einsatz von Gewalt staatliche Medieneinrichtungen, wie mehrere internationale Medien unabhängig berichteten. Die noch amtierende Gesundheitsministerin, Gabriela Montaño, schrieb über den Kurznachrichtendienst Twitter, Oppositionsanhänger seien in Häuser von Mitgliedern des Regierungsbündnisses MAS eingedrungen, hätten Gewalt gegen Familienangehörige angewandt, Feuer gelegt und die Politiker zum Rücktritt aufgefordert.

Morales versuchte noch am Samstag, die anderen politischen Parteien zu einem Dialog zu bewegen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden. Dieses Angebot wurde jedoch unter anderem von den Oppositionspolitikern Mesa, Oscar Ortiz und Camacho zurückgewiesen.

Daraufhin warnten mehrere internationale Beobachter vor einem möglichen Staatsstreich. Der ehemalige Präsident von Kolumbien, Ernesto Samper, rief das bolivianische Volk dazu auf, sich nicht an einem Putsch zu beteiligen, um nicht in Zeiten der Militärdiktatur zurückzufallen. Der frühere Präsident von Honduras, Manuel Zelaya, verurteilte die gewalttätigen Ausschreitungen "einer Minderheit" und rief zur Akzeptierung der Wahlergebnisse auf.

Am Rande des Treffens der Puebla-Gruppe, das am Wochenende in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires stattfand, wurde eine Stellungnahme veröffentlicht, in der zu einer Respektierung der Verfassung, dem Bewahren von Frieden und der Unterstützung des Dialogangebots von Seiten der Regierung aufgerufen wird. Unterschrieben war die Erklärung unter anderem von den ehemaligen Präsidenten Fernando Lugo (Paraguay) und Rafael Correa (Ecuador).

Die Außenbeauftragte der EU, Federica Mogherini, äußerte in einer Stellungnahme noch vor dem Rücktritt von Morales, dass die Wahlergebnisse durch den Bericht der OAS "infrage" gestellt seien, und begrüßte zugleich die "positive" Reaktion der bolivianischen Regierung, rasch Neuwahlen auszurufen. "Alle politischen Parteien" müssten jetzt ihrer "demokratischen Verantwortung gerecht werden und weitere Gewalt vermeiden".

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NEUER BEITRAG12.11.2019, 12:03 Uhr
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arktika

Bolivien: Militärputsch! Ebenfalls in einem granma-Artikel eine Darstellung der "Bolivianischen Tragödie" in "Fünf Lektionen". Autor Atilio Boron am 11.Nov.

Der Putsch in Bolivien: Fünf Lektionen
Die bolivianische Tragödie lehrt uns überzeugend verschiedene Lektionen, die unsere Völker und die sozialen Kräfte und die Politik lernen und für immer in ihr Bewusstsein aufnehmen müssen.


Die bolivianische Tragödie lehrt uns überzeugend verschiedene Lektionen, die unsere Völker und die sozialen Kräfte und die Politik lernen und für immer in ihr Bewusstsein aufnehmen müssen.
Hier eine kurze Aufzählung, zu dem, was stattfindet, als Präludium einer ausführlicheren Betrachtung in der Zukunft.

Erstens:Primero: Wie beispielhaft die Handhabung der Wirtschaft, wie sie der Regierung Evos gelang, mit garantiertem Wachstum, Umverteilung, Fluss von Investitionen und der Verbesserung aller makro- und mikroökonomischen Indiaktoren auch gewesen sein mag, so werden die Rechte und der Imperialismus niemals eine Regierung akzeptieren, die nicht ihren Interessen dient.

Zweitens: Man muss die Handbücher studieren, die von diversen Stellen der USA und die von ihren als Akademiker oder Journalisten getarnten Sprecher stammen, um rechtzeitig die Anzeichen für eine Offensive zu erkennen.
Diese Schriften betonen ausnahmslos, wie wichtig es sei, den Ruf des beliebten Führers zu zerstören, etwas, das man in der Fachsprache als Mord am Charakter (character assassination) bezeichnet, indem man ihn als Dieb, korrupt, dumm oder als Diktator bezeichnet.
Mit dieser Aufgabe werden soziale Kommunikatoren betraut, die sich selbst zu “unabhängigen Journalisten” ernennen und dank der praktischen monopolischen Kontrolle der Medien solche Diffamierungen in die Köpfe der Bevölkerung meißeln, die in unserem Fall noch von Botschaften des Hasses gegen die indigene Bevölkerung und die Armen ganz allgemein begleitet werden.

Drittens: Wenn das zuvor Erwähnte erfüllt ist, ist es an der Reihe der politischen Führung und der wirtschaftlichen Elite “eine Veränderung” zu fordern, “der Diktatur” Evos ein Ende zu setzen, wie dies vor einigen Tagen der unsägliche Mario Vargas Llosa schrieb, der ihn “einen Demagogen, der sich in der Macht verewigen möchte” nannte.
Ich vermute, dass er in Madrid mit Champagner anstößt, wenn er die faschistischen Horden sieht, die plündern und brandschatzen, Journalisten an Pfosten ketten, eine Frau, die Bürgermeisterin war, die Haare abrasieren und mit roter Farbe bemalen und die Akten der letzten Wahlen zerstören, um dem Aufrag von Don Mario nachzukommen und Bolivien von einem bösartigen Demagogen zu befreien.
Ich erwähne seinen Fall, weil er der unmoralische Bannerträger dieser zivilen Attacke war und immer noch ist, dieses grenzenlosen Verbrechens, das die Führer des Volkes kreuzigt, eine Demokratie zerstört und eine Terrorherrschaft von angeheuerten Killerbanden installiert, um ein Volk von Würde dafür zu bestrafen, dass es die Kühnheit besessen hat, frei sein zu wollen

Viertens: Die “Sicherheitskräfte” betreten die Bühne. In diesem Fall sprechen wir von Institutionen, die von zahlreichen militärischen und zivilen Agenturen der Regierung der USA kontrolliert werden.
Sie werden von ihnen ausgebildet, bewaffnet, sie machen gemeinsame Übungen und sie erhalten von ihnen ihre politische Bildung. Ich hatte die Gelegenheit, mich davon persönlich zu überzeugen, als ich auf Einladung von Evo einen Antiimperialismus Kurs für höhere Offiziere der drei Waffengattungen gab.
Bei diesem Anlass war ich entsetzt darüber, in welchem Ausmaß sie von den Parolen der USA durchdrungen waren, die noch aus der Zeit des Kalten Krieges stammten und von ihrer offen geäußerten Befremdung, dass ein Indigener Präsident ihres Landes war.
Diejenigen, die veranlassten, dass die “Sicherheitskräfte” sich von der Bühne zurückzogen und damit den faschistischen Horden freie Bahn ließen – die wie jene in der Ukraine, in Libyen und in Syrien agieren, um die Führer zu stürzen, (oder wie im letzten Fall es zu versuchen), die dem Imperium lästig sind und auf diese Weise, die Bevökerung, die Aktivisten und die Personen in der Regierung selbst einschüchtern.
Es handelt sich hier um eine neues soziopolitisches Gebilde: Militärputsch durch Untätigkeit, indem man es zulässt, das reaktionäre Banden, die von der Rechten rekrutiert und finanziert werden, ihr Gesetz aufzwingen. Wenn einmal der Terror herrscht und angesichts der Wehrlosigkeit der Regierung ist dieser Ausgang unvermeidlich.

Fünftens:Die Sicherheit und die öffentliche Ordnung hätten in Bolvien niemals Institutionen wie der Polizei und der Armee anvertraut werden dürfen, die vom Imperialismus und dessen Lakaien der einheimischen Rechten kolonisiert sind.
Als die Offensive gegen Evo gestartet wurde, optierte Evo für eine Politik der Befriedung und nicht auf eine der Reaktion gegen die faschistischen Provokationen.
Das ermutigte die anderen ihren Einsatz zu erhöhen: zuerst Stimmenauszählung zu fordern, danach Betrug zu rufen und Neuwahken zu fordern, dann Wahlen, aber ohne Evo (so wie in Brasilien ohne Lula).
Schließlich forderten sie den Rücktritt Evos. Als dieser nicht auf die Epressung eingehen wollte, säten sie in Komplizenschaft mit Polizei und Militär den Terror und erzwangen den Rücktritt Evos. Alles aus dem Handbuch, alles. Werden wir aus diesen Lektionen lernen?
(aus dem Blog des Autors entnommen)

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NEUE ANTWORT12.11.2019, 21:21 Uhr
EDIT: retmarut
12.11.2019, 21:25 Uhr
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retmarut

Bolivien: Militärputsch! "Ebenfalls in einem granma-Artikel eine Darstellung der "Bolivianischen Tragödie" in "Fünf Lektionen". Autor Atilio Boron am 11.Nov."

und 6.: Man sollte die Verfassung, die man selbst mit breiter Unterstützung der Bevölkerung eingeführt hat, achten und verteidigen - und eben nicht aktiv gegen diese Verfassung verstoßen, insbesondere in so heiklen Punkten wie dem Wahlrecht. Das gilt um so mehr, wenn die Bevölkerung in einem Referendum, das man selbst einberufen hat, mit großer Mehrheit gegen eine neuerliche Änderung der Verfassung in wichtigen Artikeln (Festlegung der möglichen Amtsperioden des Präsidenten) stimmt. Solche Entscheidungen des Volkes bewusst zu negieren, schafft erst den Zunder, den die rechten Staatsstreichler erfolgreich entzünden können.
Wenn man dies nicht beachtet, macht man es dem inneren und äußeren Feind sehr einfach - und sägt am eigenen Stuhl.
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NEUE ANTWORT12.11.2019, 22:08 Uhr
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FPeregrin

Bolivien: Militärputsch! "Man sollte die Verfassung, die man selbst mit breiter Unterstützung der Bevölkerung eingeführt hat, achten und verteidigen - und eben nicht aktiv gegen diese Verfassung verstoßen, insbesondere in so heiklen Punkten wie dem Wahlrecht. "

Das ist sicher ein sehr wichtiger Angriffspunkt für den Klassenfeind gewesen. M.E. entstehen Schwächen dieser Arte allerdings sehr einfach aus dem formal "halben" Charakter dieser auch inhaltlich "halben" Revolutionen. Man riskiert immer auf halben Wege den Machtverlust und gerät in ein Dilemma: entweder - sagen wir mal - großzügiger Umgang mit "halb-revolutionären" Verfassung, oder Gefahr der bestenfalls "halb-demokratischen" Abwahl, wie z.B. in Nicaragua 1990, der ja auch eine ganzer konterrevolutionärer Prozeß folgte. Damals habe als junger Naseweis gesagt: "Das kommt von der ganzen Wählerei!" Ich kann Evos Spielchen also ganz gut verstehen; es eröffnet die Chance, die Machtfrage zu verschieben. ... kann natürlich in die Hose gehen! ... Wahlen zur Unzeit auch!

Die Folgerung, man riskiere erst gar keine Revolutionen, die "halb" bleiben könnten, verbietet sich m.E. von selbst.

Zu dieser Frage ist mal ein Thread angefangen worden:
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NEUE ANTWORT13.11.2019, 12:47 Uhr
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retmarut

Bolivien: Militärputsch! Das Grundproblem ist doch eigentlich, dass viele revolutionäre, linke Bewegungen/Parteien im Personenkult hängenbleiben, auch wenn sie das eigentlich anfangs gar nicht intendiert hatten. Es fehlt oftmals der geregelte Übergang an einen linken Nachfolger, zum einen weil der bisherige Amtsinhaber nicht loslassen mag und zum anderen wegen eines schlechten Personalentwicklungsplans, denke ich. Aktuelle Beispiele sind Evo Morales, aber auch Lula da Silva. (Dass man es auch anders machen kann, hat das sozialistische Cuba gezeigt, wo der Übergang von den Castros zu Díaz Canel reibungslos geklappt hat. Cuba hat aber auch bereits eine sozialistische Gesellschafts- und Staatsstruktur.)

All das hat insb. in Lateinamerika auch viel mit den gesellschaftlichen Erwartungen zu tun: Es wird gerade auch von den armen, am Rand lebenden Teilen der Bevölkerung ein linker Heilsbringer ("einer von uns", der mit Power) herbeigesehnt, der sich um Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsprojekte und Transfergeldzahlungen kümmert.
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NEUE ANTWORT13.11.2019, 19:44 Uhr
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mischa

Bolivien: Militärputsch! Drohung mit Generalstreik: Link ...jetzt anmelden!
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NEUER BEITRAG12.11.2019, 12:13 Uhr
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arktika

Bolivien: Militärputsch! Uli Brockmeyer von der Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek schreibt

Wieder ein Putsch

Die Ereignisse, die am Sonntag zum Rücktritt des Präsidenten Boliviens führten, erfüllen so gut wie alle Kriterien eines klassischen Militärputsches. Evo Morales hatte angesichts des massiven Terrors auf den Straßen, der Befehlsverweigerung von Einheiten der Polizei und der Armee sowie des wachsenden Drucks aus dem Ausland – in erster Linie aus Washington – keine andere Wahl, als den Posten zur Verfügung zu stellen, den er im Ergebnis mehrerer Wahlen eingenommen hatte.

Der erste Präsident indigener Herkunft, mit einer Vergangenheit als prominenter Gewerkschaftsführer, noch dazu als Repräsentant einer Partei namens »Bewegung zum Sozialismus«, war den Oligarchen Boliviens und vor allem den Mächtigen der »freien« westlichen Welt schon lange ein Dorn im Auge. Doch sämtliche Versuche, ihn loszuwerden, waren bisher an der Unterstützung des weitaus größeren Teils der Bevölkerung gescheitert, der Leute, die von Morales nicht als »Señor Presidente«, sprechen, sondern ihn schlicht Evo nennen. Der Leute also, die ihn als einen der ihren betrachten, eben weil er als Gewerkschafter vor allem für die Rechte der Landarbeiter eingetreten ist, und weil er sich und seiner Regierung die Verbesserung der Lebensverhältnisse der arbeitenden Menschen auf die Fahne geschrieben hatte.

Ein Staatspräsident, der die Einnahmen aus dem Reichtum des Landes an Bodenschätzen in erster Linie für den Ausbau der Infrastruktur einsetzt, für Sozialprogramme zur Beseitigung der Armut, muß denjenigen ein Stachel im Fleisch sein, die ohne Rücksicht auf Verluste stets nur die Erzielung von Maximalprofiten im Sinn haben, von Gewinnen, die ausschließlich in die Taschen der wenigen Besitzenden fließen. Es muß für sie mit jedem Tag unerträglicher gewesen sein, zusehen zu müssen, daß der Präsident Boliviens für sie überhaupt nichts übrig hat, und bei jeder Gelegenheit erklärt, daß der Kapitalismus das Übel ist, das unsere Mutter Erde zerstört.

Wieviele Länder in der Welt können darauf verweisen, daß ihre Wirtschaft in den vergangenen Jahren im Durchschnitt jährlich um fast 5 Prozent gewachsen ist? Welches Land kann für sich in Anspruch nehmen, daß – nach Einschätzung der Weltbank, die nicht als Sozialismus-verdächtig gilt – seit Übernahme der Präsidentschaft durch Evo Morales im Jahr 2006 die Armut von 63 auf 36 Prozent zurückgedrängt werden konnte?

Nein, es gab und gibt keinen Sozialismus in Bolivien. Aber die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Staatsführung unter Evo Morales hat eine ganze Reihe von Grundprinzipien des Kapitalismus vorsätzlich mißachtet, um die Erträge aus dem Rohstoffreichtum eben nicht in private Taschen fließen zu lassen, sondern immer mehr Menschen zukommen zu lassen, die von ihrer Hände Arbeit leben.
Mit dem Ergebnis der Wahl vom 20. Oktober, bei der Morales offensichtlich mehr als zehn Prozentpunkte vor seinem rechtsgerichteten Herausforderer abschnitt – so mancher »Wahlsieger« im Westen kann davon nur träumen –, wollte die Reaktion nicht leben. So wurden Unruhen, Überfälle, Mißhandlungen organisiert, der Terror auf die Straßen getragen und schließlich Polizisten und Militärs dazu gebracht, ihren Eid zu verletzen. Evo Morales reagierte als wahrer Staatsmann. Im Gegensatz zu Chiles Präsidenten Piñera, der ein Blutbad riskiert, um seinen Rücktritt und Neuwahlen zu verhindern, kündigte Boliviens Präsident Neuwahlen an und erklärte seinen Rücktritt – um ein Blutbad zu verhindern.

Es wird sich zeigen, ob der Putsch von langer Dauer sein kann. Das letzte Wort hat immer das Volk.


auf RedGlobe am 11. Nov unter Link ...jetzt anmelden!
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NEUER BEITRAG12.11.2019, 21:47 Uhr
EDIT: FPeregrin
12.11.2019, 21:52 Uhr
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FPeregrin

Bolivien: Putsch! jW morgen:

»In Bolivien ereignet sich ein Staatsstreich«

Nach Putsch gegen Präsident Evo Morales drängen rechte Kräfte an die Macht. Sozialisten zeigen sich kämpferisch. Gespräch mit Ariana Campero Nava

Interview: Marcel Kunzmann

Ariana Campero Nava ist Botschafterin des Plurinationalen Staates Bolivien in der Republik Kuba

Am Sonntag hat es einen Staatsstreich gegen Boliviens Präsidenten Evo Morales gegeben. Wer steckt dahinter?

Hinter dem Putsch stehen faschistische und rassistische Gruppen der bolivianischen Oligarchie. Sie haben ihren Plan zum Umsturz schon seit sehr langer Zeit verfolgt. Es handelt sich nicht um einen spontanen Staatsstreich, wie er nach den Wahlen vom 20. Oktober hätte entstehen können. Das zeigt das fast reibungslose Zusammenspiel der verschiedenen Kräfte in diesen Tagen. Es gab zunächst Demonstrationen, dann eine Diskursveränderung und schließlich den Aufstand der Polizeieinheiten.

Mit dem Verweis auf den Rücktritt von Morales sagen manche, dass es kein Putsch gewesen sei.

Wir haben es nicht mit einem einfachen Rücktritt zu tun, in Bolivien ereignet sich ein Staatsstreich. Erst wurde Druck durch die Polizei, dann durch die Armee ausgeübt, die den Präsidenten praktisch zum Rücktritt gezwungen hat – ganz abgesehen von dem durch die Mobilisierungen der Opposition in diesen Tagen verursachten Blutvergießen.

Hinzu kommen zwei weitere Dinge, die belegen, dass wir es mit einem Staatsstreich zu tun haben. Zum einen haben wir die Besetzung staatlicher Medien wie Bolivia TV und Radio Patria Nueva erlebt, die zum Abbruch ihrer Sendungen gezwungen wurden. Zum anderen sehen wir, wie jetzt, nach Vollzug des Staatsstreichs, Blut vergossen wird. Die Polizei, die einer der Hauptakteure des Putsches war, schießt gezielt auf die Menschen in der Stadt El Alto, weil sie wissen, dass diese Widerstand gegen den Putsch leisten. Was braucht es noch, um zu verstehen, dass das, was vorgefallen ist, ein von den Putschisten Carlos Mesa und Luis Fernando Camacho betriebener Staatsstreich ist?

Welche Perspektiven haben die Putschisten?

Es zeigt sich bereits eine Zersplitterung. Der Putschist Camacho will eine Junta als Übergangsregierung einsetzen und verlangt den Rücktritt aller Mitglieder von Exekutive und Legislative. Er verweigert der gesamten Verfassungsordnung des Landes die Anerkennung. Andere vertreten entgegengesetzte Positionen. Mein Eindruck ist, dass momentan weder Mesa noch Camacho direkt die Macht ergreifen wollen, weil sie damit Konflikte schüren würden.

Ich möchte keine zeitlichen Prognosen wagen, aber ich bin mir sicher, dass sich das bolivianische Volk in den nächsten Wochen erheben wird, um seine Stimme zu verteidigen.

Welche Widerstandsformen sind in Bolivien derzeit möglich?

Wir müssen uns organisieren, das ist das Wichtigste. An zweiter Stelle steht die permanente Mobilisierung. Der Präsident hat immer zu gewaltfreien Protesten aufgerufen. Wir wollen kein Blutvergießen, denn Lateinamerika ist eine Zone des Friedens. Sobald wir uns organisiert haben und die Menschen die Angst verlieren, werden wir wieder bei den Wahlen kandidieren. Wir sind die stärkste politische Kraft Boliviens, was wir bei den Wahlen am 20. Oktober bewiesen haben.

Was würde geschehen, wenn sich die Rechte für einen längeren Zeitraum an der Macht halten könnte?

Das würde bedeuten, dass die oberen Klassen an die Macht zurückkehren und Rassisten wieder die öffentlichen Räume dominieren würden. Mit dieser Hegemonie würden sie damit beginnen, unserem Land den Neoliberalismus aufzuzwingen. Das ist ohnehin schon ihr Diskurs, sie kritisieren fortwährend das staatliche Handeln. Schließlich würden sie die sozialen Errungenschaften beseitigen und eine Verfolgung all derjenigen entfesseln, die wie wir Teil dieses Veränderungsprozesses gewesen sind. Den Mitgliedern der »Bewegung zum Sozialismus« droht Verfolgung, wie es sie in Argentinien und Brasilien gegeben hat.

In welcher Lage befinden sich derzeit die Botschafterinnen und Botschafter Boliviens in der Welt?

Wir sind nicht von unseren Posten zurückgetreten. Wir sind vom verfassungsmäßigen und legitimen Präsidenten ernannt worden, und das ist Evo Morales. Diese Ernennung ist vom Parlament bestätigt und vom Präsidenten unterzeichnet worden. Als Patrioten werden wir unser Land im Ausland verteidigen. Wir werden die Stimme des bolivianischen Volkes sein und den blutigen Staatsstreich anprangern.

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NEUER BEITRAG12.11.2019, 21:51 Uhr
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FPeregrin

Bolivien: Putsch! ebd.:

Ganze Konterrevolution

Putsch in Bolivien

Von André Scheer

Nach dem Entsetzen und der Empörung folgt die Analyse: Wie konnte es dazu kommen, dass es reaktionären Kräften in Bolivien möglich war, scheinbar widerstandslos die gewählte Regierung zu stürzen, den Präsidenten zum Rücktritt zu zwingen und ihn ins Exil zu treiben?

Zunächst einmal: Widerstandslos lief der Staatsstreich nicht ab. Tausende Menschen gingen in der vergangenen Woche für ihren Präsidenten auf die Straße, und nach der Machtübernahme der Putschisten entwickelte sich schnell eine auch militante Selbstverteidigung. Doch Fakt ist, dass die Regierung und die Bewegung zum Sozialismus (MAS) dem Terror der rechten Straßenkampftruppen und der Revolte der Polizei zu wenig entgegenzusetzen hatten – auch aufgrund der demonstrativen Untätigkeit des Militärs. Tagelang blieben Behörden, staatliche Medien und führende Repräsentanten mitsamt ihren Familien nahezu ungeschützt den Übergriffen der Putschisten ausgesetzt.

Auch eine halbe Revolution provoziert eine ganze Konterrevolution – selbst wenn in Bolivien von einer »sozialistischen Revolution« keine Rede sein kann. Evo Morales hat es auch nichts genutzt, dass er in den vergangenen Monaten zumindest nach außen auf antiimperialistische Rhetorik verzichtet hat. Im Januar war er sogar zur Amtseinführung des Faschisten Jair Bolsonaro nach Brasilien gereist und hatte auf Kritik an dessen Angriffen auf Kuba und Venezuela verzichtet. Vor den Wahlen im Oktober umgarnte er die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und deren Generalsekretär Luis Almagro – die derweil ungestört von Kritik aus La Paz ihre Angriffe auf Venezuela, Nicaragua und Kuba fortsetzen konnten.

Der Imperialismus hat für solches Entgegenkommen keine Dankbarkeit übrig. Evo Morales stand zwar an der Spitze der wirtschaftlich erfolgreichsten Regierung in der Geschichte Boliviens, doch er lieferte die Bodenschätze des Landes nicht vorbehaltlos den ausländischen Großkonzernen aus. Lithium ist unverzichtbar für die Herstellung von Laptops, Mobiltelefonen und E-Autos – und Bolivien verfügt über die weltweit größten Vorkommen dieses Alkalimetalls. Aber alle Bodenschätze sind 2006 nationalisiert worden. Auch wenn Boliviens Regierung ausländischen Investoren immer wieder weit und auch zu weit entgegenkam, war das doch ein Hindernis, dessen man sich zu entledigen suchte.

So stoppte Boliviens Regierung am 3. November ein mit der deutschen »ACI Systems GmbH« vereinbartes Joint Venture zur Lithiumförderung. Am 7. November kündigte Unternehmenschef Wolfgang Schmutz gegenüber dem Spiegel an: »Wir geben dieses Projekt nicht einfach auf«. Man brauche aber »auch die Unterstützung der Politik«. Drei Tage später wurde Evo Morales gestürzt, und die Bundesregierung begrüßte nach Aussagen ihres Sprechers Steffen Seibert den »Rücktritt« des bolivianischen Präsidenten. Deutschen Unternehmen den freien Zugang zu Rohstoffen sicherzustellen ist halt oberstes Ziel deutscher Regierungspolitik.


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NEUER BEITRAG13.11.2019, 19:57 Uhr
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retmarut

Bolivien: Putsch! Mal ein Blick hinter die Kulissen der Flucht Evo Morales: Link ...jetzt anmelden!

Erstaunlich positive Berichterstattung über Mexicos Asylangebot.
Und dass Bolsonaro Überflugsrechte eingeräumt hat, ist doch schon überraschend.
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NEUER BEITRAG13.11.2019, 22:54 Uhr
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FPeregrin

Bolivien: Putsch! Immer toller! ... könnte natürlich auch zu Friktionen im Putsch-Lager führen, was wiederum für die die popularen Kräft ausnutzbar wäre. Es bleibt spannend; so sicher ist für mich nicht, daß sich die Putsch-Bande hält!

jW morgen:

Putsch mit Bibel

Christliche Fundamentalisten ergreifen Macht in Bolivien. Jeanine Añez ernennt sich selbst zur Staatschefin. Widerstand wird größer

Von André Scheer

Die USA und Brasilien haben am Mittwoch Jeanine Añez als »Übergangspräsidentin« von Bolivien anerkannt. Auch der Oberkommandierende der bolivianischen Armee, Williams Kaliman, stellte sich öffentlich hinter sie.

Die zweite Vizepräsidentin des Senats hatte sich am Dienstag (Ortszeit) selbst zur Staatschefin erklärt, obwohl dafür eine Zustimmung des Parlaments notwendig gewesen wäre. Zwei von ihr einberufene Sitzungen von Senat und Abgeordnetenhaus waren jedoch aufgrund fehlender Beschlussfähigkeit abgebrochen worden. Die Abgeordneten der Bewegung zum Sozialismus (MAS) hatten nicht an den Plenartagungen teilnehmen können, weil ihre Sicherheit nicht garantiert wurde. Die hinter Evo Morales stehende Partei stellt jedoch eine Zweidrittelmehrheit der Mandate im Parlament. Damit will sie die selbsternannte Staatschefin wieder zu Fall bringen. Man habe dazu für Mittwoch (Ortszeit) eine Parlamentssitzung einberufen, teilte der Abgeordnete Rubén Chambi am Dienstag am Rande einer Demonstration mit. Mit der eigenen Mehrheit werde man nicht nur alle Aktionen von Frau Añez annullieren, sondern auch den Rücktritt von Evo Morales ablehnen.

Der bolivianische Staatschef hatte am Sonntag seinen Rücktritt erklärt, nachdem ihm Polizei und Armee die Gefolgschaft aufgekündigt hatten. Am Dienstag traf er zusammen mit seinem Stellvertreter Álvaro García Linera in Mexiko ein, das ihnen politisches Asyl gewährt hat. Auf Twitter schrieb er anschließend, die Rücktritte auch von demokratisch gewählten Bürgermeistern, Gouverneuren, Ministern und Abgeordneten sei durch »Drohungen und Einschüchterungen« erzwungen worden: »Sie traten nicht aus Feigheit zurück, sondern aufgrund der Repressalien und Angriffe gegen ihre Familien.« Dieser Putsch und die Attacken auf sein eigenes Leben »werden meine Ideologie nicht ändern«, so Morales weiter. »Wir werden immer Antiimperialisten sein. Dies ist eine weitere Lektion, aus der wir lernen, um die Kämpfe für Souveränität, Würde und Freiheit der Völker Boliviens und der Welt zu stärken.« Man werde den Rassisten und Putschisten nicht weichen: »Heute sehen wir, wer die wirklichen Feinde unseres Volkes sind. Solange ich lebe, geht der Kampf weiter.«

Jeanine Añez gehört der Rechtspartei »Demokratische Soziale Bewegung« (MDS) an, die international mit der CDU/CSU und der ÖVP verbündet ist. Bei ihrer Selbsternennung machte sie keinen Hehl aus ihrer religiös-fundamentalistischen Haltung. »Gott hat erlaubt, dass die Bibel in den Präsidentenpalast zurückkehrt«, verkündete sie. In den sozialen Netzwerken kursierte am Mittwoch ein Tweet von ihr aus dem Jahr 2013, in dem sie verkündet hatte, sie träume von einem »Bolivien frei von indigenen satanischen Riten, die Stadt ist nicht für die Indios, sie sollen ins Hochland oder nach Chaco gehen!«

Der Widerstand gegen den Staatsstreich hat derweil weiter an Kraft gewonnen. So verbreitete die Gewerkschaft der Landarbeiter CSUTCB ein Statement des »Paktes der Einheit«, in dem sich zahlreiche Arbeiterorganisationen zusammengeschlossen haben. Man erkenne den Rücktritt von Evo Morales nicht an und behalte sich das Recht vor, »alle demokratischen Widerstandsmethoden« anzuwenden, um die erkämpften Errungenschaften zu verteidigen. Der Gewerkschaftsbund COB stellte am Dienstag ein Ultimatum von 24 Stunden, »die verfassungsmäßige Ordnung, den sozialen Frieden und die Einheit des bolivianischen Volkes wiederherzustellen«. Ansonsten werde man einen unbefristeten Generalstreik ausrufen und die Mitglieder nach La Paz mobilisieren.


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NEUE ANTWORT15.11.2019, 21:21 Uhr
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mischa

Bolivien: Putsch! Abgeordnetenkammer neu gewählt

Anhänger von Morales sind unterdessen am Donnerstag zu neuen Vorsitzenden der beiden Abgeordnetenkammer gewählt worden. Der Fraktionschef von Morales' "Bewegung zum Sozialismus" (MAS), Sergio Choque, setzte sich am Donnerstag mit der MAS-Mehrheit im Parlament durch. Er bezeichnete die Entfernung von Morales aus dem Amt als einen Staatsstreich. Zugleich erklärte er sich aber bereit zur Zusammenarbeit, um die Neuwahlen zu organisieren. Choques Vorgänger war am Sonntag inmitten der Proteste gegen Morales zurückgetreten.

Auch in der zweiten Parlamentskammer, dem Senat, wurde in der Nacht auf Freitag eine Anhängerin von Morales zur Präsidentin gewählt. Die Senatorin Monica Eva Copa Murga gehört auch der MAS-Partei an und kündigte bei ihrer Angelobung an, den Frieden wieder herstellen zu wollen.

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NEUER BEITRAG17.11.2019, 22:36 Uhr
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arktika

Bolivien: Putsch! Überraschung, Überraschung: Machthaber in Bolivien sichern Militärs Straffreiheit zu, Zahl der Todesopfer gestiegen.
Dazu ein Artikel von Marta Andujo heute auf amerika21 unter
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NEUER BEITRAG18.11.2019, 14:28 Uhr
EDIT: arktika
18.11.2019, 14:34 Uhr
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arktika

Bolivien: Putsch! Am 16. Nov. haben Alp Kayserilioglu und Jan Schwab bei re:volt einem längeren Artikel veröffentlicht, der neben Darstellung und Analyse dieses Putsches noch allgemeiner auf die Situation in Lateinamerika eingeht und auch die hiesige Linke - also auch uns! - nicht in ihrer bequemen BeobachterInnenposition beläßt, sondern einfordert, HIER gegen unseren Hauptfeind zu kämpfen. "[...] dann wird es natürlich ungemütlich werden, da wir dann gegen starke Kapitalinteressen hier kämpfen werden müssen; studierstubenartig abwägend und in Äquidistanz zu den involvierten Kräften in den jeweiligen Ländern Lateinamerikas die Linke dort zu kritisieren ist da natürlich viel gemütlicher. Nur werden wir, falls wir das weiter so betreiben, damit schlicht die weitere Selbstprovinzialisierung der deutschen Linken im Angesicht der Entwicklungen weltweit und insbesondere der Linken weltweit erreichen. Sonst nichts."
Der Text:

Ein deutsches Trauerspiel

Vor unser aller Augen entfaltet sich derzeit ein reaktionärer Militärputsch in Bolivien. Es ist offensichtlich, dass mit diesem Schritt innere wie auch äußere Feinde eines vergleichsweise milden linken Entwicklungsparadigmas in die Offensive gehen und dass sie dies schon im Voraus geplant haben. Dies geht aus geleakten Audioaufnahmen hervor. Den Akteuren geht es darum, sich eines Hindernisses für ihre Interessen zu entledigen: Direkt nach Regierungsantritt im Jahre 2006 hatte die Regierung Morales alle extraktiven Schlüsselindustrien verstaatlicht, die vormals hauptsächlich transnationalen Unternehmen gehörten. Es handelt sich dabei keineswegs um Peanuts: Bolivien besitzt laut Eigenaussagen 70 Prozent des weltweiten Lithium-Bestandes. Dieser Schritt der Verstaatlichung hatte – trotz einer Reihe an international erwirkten Strafzahlungen seitens Bolivien an transnationale Unternehmen – die Verdreifachung des bolivianischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) zur Folge. Lithium-Abbaurechte wurden dabei in letzter Zeit nur noch mehr an Unternehmen vergeben, die mit bolivianischen Staatsunternehmen als gleichberechtigten Partnern zusammen arbeiten. Kurz vor dem derzeit sich voll im Gange befindenden Putsch waren dies hauptsächlich Unternehmen aus China. Dieses relativ unabhängige nationale Entwicklungsmodell reduzierte die Armut im statistisch gesehen ärmsten Land Lateinamerikas massiv. Auch hier reden wir von keinen Kleinigkeiten. Laut Zahlen des Internationalen Währungsfonds (IWF) reduzierte sich die Anzahl der Menschen unter der Armutsgrenze zwischen 2005 und 2018 von 59,6 Prozent auf 34,6 Prozent – eine Reduzierung, die sogar der nicht als Freund der Armen und Notleidenden bekannte IWF als „eindrucksvoll“ bezeichnet. Im gleichen Zeitraum fiel die Zahl der unter extremer Armut leidenden Menschen von 37,7 Prozent auf 17,1 Prozent. Das sind nicht nur Zahlen. Konkret heißt das, dass hunderttausende Menschen in Bolivien heute erstmals ihre Tage nicht im reinen Überlebenskampf zubringen müssen, sondern gesellschaftliche – und das heißt auch politische – Teilhabe erleben können. Die Wirtschaftspolitik der Umverteilung und partiellen Nationalisierung wurde konsequenterweise auch von einer Politik der Demokratisierung und der Stärkung der Rechte der armen Bevölkerungsteile, insbesondere aber der Indigen@s begleitet: Sprachen und Kosmogonien [Erklärungsmodelle zum Ursprung der Welt, Mythen und Erzählungen; Anm. Red.] der indigenen Völker wurden auf Verfassungsebene anerkannt und der spanischen Sprachen beziehungsweise der katholischen Religion rechtlich gleichgestellt. Die 36 indigenen Völker Boliviens machen insgesamt mehr als die Hälfte der Bevölkerung des südamerikanischen Landes aus.

Beide ineinander verschränkte Entwicklungen, eine auf soziale Umverteilung orientierte Wirtschaftspolitik und die Stärkung der Rechte der ärmsten und zuvor politisch ausgeschlossenen Teile der Bevölkerung, waren der alten (neo-)kolonialen und mehrheitlich kreolischen (weißen) Oligarchie schon lange ein Dorn im Auge. Deren vor der Amtszeit von Evo Morales durchexerziertes neoliberales Herrschaftssystem basierte fundamental auf der Unterdrückung der Indigen@s und der Nicht-Anerkennung ihrer Rechte, sowie der brutalen Ausbeutung der Ärmsten. Historisch und aktuell steht diese Oligarchie in enger Kollaboration mit dem US-Imperialismus. Sie nutzte nun die Gunst der Stunde – eine, durch mehrere ökonomische und politische Faktoren bedingten, Schwäche der Morales-Regierung –, um zuzuschlagen.

„Lupenreine“ Demokrat*innen

Die Brutalität und die Absichten der oligarchischen Putschisten-Koalition sind dabei kaum zu übersehen: Militärs und Polizeikräfte überfallen gemeinsam mit putschistischen Straßenbanden Hochburgen der Morales-Anhänger*innen und verwüsten Häuser von Regierungsoffiziellen, auch jenes von Morales selbst. Es finden, gut dokumentiert, Folter und Misshandlungen an Morales-Anhänger*innen seitens des Mobs, der Polizei und des Militärs statt. Regierungsmitglieder werden trotz ihres Rücktrittes festgenommen. Dabei agieren die Verantwortlichen so, als handele es sich um „Terroroperationen“. Die whipala, die seit der Morales-Ära die mannigfaltigen indigenen Gemeinschaften Boliviens auch auf offiziellen Fahnen und Wappen des Staates repräsentiert, wird von rechten Mobs verbrannt oder von putschistischen Polizeikräften unter „Jetzt sind wir eine Republik – nie wieder!“ demonstrativ von ihren Uniformen abgeschnitten. Dass das keine singulären Ausfälle sind, zeigen die zentralen Personalien des Putsches:

Da wäre zum einen der stramm evangelikale Faschist, Millionär und Paramilitär Luis Fernando Camacho. Er war früher Präsident der klerikalfaschistischen Unión Juvenil Cruceñista (UJC) und ist heute Führer des rechten Oppositionsbündnisses Comité Cívico in Santa Cruz. Der von westlichen Mainstream-Medien im regime change-Modus zum demokratischen Oppositionsführer gegen eine vermeintliche Diktatur stilisierte Faschist lief in den vergangenen Tagen ohne jede Legitimation in den Regierungspalast, legte eine Bibel (!) auf die bolivianische Fahne und rief: „Die Pachamama [eine von den andischen Indigen@s verehrte Gottheit; Anm. d. Autoren] wird nie wieder in den Palast einkehren, Bolivien gehört Christus“. Derselbe Camacho verlangt eine „Notstandsregierung aus Militär und Polizei“, ergo eine faschistische Diktatur.

In der Zwischenzeit hat sich die rechtskonservative, evangelikale Senatorin Jeanine Áñez, die einst via Twitter „satanische indigene Bräuche“ unter Morales konstatierte und andere klerikal-fundamentalistische Geschmacklosigkeiten absonderte, trotz Beschlussunfähigkeit des Parlaments und des Rücktritts aller im Falle von Vakanz des Präsidenten in Frage kommender Kandidaten Juan Guaidó-Style selbst zur Übergangspräsidentin gekürt – auch sie argumentiert in klerikal-kolonialer Manier. „Wir bringen die Bibel zurück in den Palast“, so die Usurpatorin bei der Machtergreifung. Prompt kappte sie die außenpolitischen Beziehungen zu Venezuela und Kuba, wies alle venezolanischen Diplomat*innen aus dem Land aus, erkannte den demokratisch nicht legitimierten Putschisten Juan Guaidó als Präsidenten Venezuelas an und sorgte dafür, dass Bolivien aus den regionalen Bündnissen Unasur und Alba zurücktrat. Sogar liberal-bürgerliche Medien konstatieren angesichts ihrer geifernden Hasskommentare einen mäßig diplomatischen Stil. Ihre Partei, das Movimiento Demócrata Social (MDS, deutsch: Bewegung soziale Demokratie), steht über die Internationale Demokratische Union international in Verbindung mit der CDU/CSU und den Republikanern in den USA. Die Vereinigten Staaten, aber auch die BRD sind dann natürlich auch ganz vorne mit dabei in puncto Unterstützung des Militärputsches: Der Regierungssprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, sprach vom Militärputsch als einem „wichtige[n] Schritt hin zu einer friedlichen Lösung“, der außenpolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, gar von einer richtigen Entscheidung des Militärs. Die internationalen Großmedien – CNN, New York Times, BBC, Telegraph – leisten ideologische Schützenhilfe für die organisierte Barbarei.

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NEUE ANTWORT18.11.2019, 14:40 Uhr
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arktika

Bolivien: Putsch! >>>>>

Es ist offensichtlich: Der Putsch bezweckt die gewalttätige Wiederherstellung einer weiß-oligarchischen, neo-kolonialen, klerikalen und neoliberalen Hegemonie – teils mithilfe faschistischer Kräfte und auf dem Rücken der Indigen@s und des Großteils der Werktätigen in Bolivien. Der Großteil der Linken auf der Welt weiß um diese Zusammenhänge und verurteilt deshalb den Militärputsch in Solidarität mit der Regierung Morales und der Bevölkerung Boliviens. Die jeweilige Bewertung der Regierung Morales fällt dabei durchaus unterschiedlich aus. Das Spektrum reicht hier von Jeremy Corbyn, über AOC, Ilhan Omar, Tsipras, bis hin zum neuen, sozialdemokratischen Präsidenten Argentiniens Alberto Fernández oder dem linksnationalistischen Präsidenten Mexikos, Andrés Manuel López Obrador. Jetzt könnte man ja meinen, dass insbesondere die Involvierung des deutschen Imperialismus, zusammenfassend skizziert in einem Artikel des Nachrichtenportals German Foreign Policy, Anlass für eine deutsche Linke in ihrer Breite sein könnte, sich zumindest gegen den Putsch verbal zu äußern. Aber im selbstreferentiellen, politischen Provinzdorf Germania regt sich mal wieder kaum etwas. Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen – zum Beispiel verschiedene post-autonome Gruppen und Zusammenhänge, der Aufstehen-Flügel innerhalb der Partei DIE LINKE, die junge Welt, die DKP oder labournet – wird sich zum derzeit laufenden Militärputsch einfach nicht geäußert. Den Vogel schießen jedoch jene Teile der Linken ab, die in einer sagenhaften Verkehrung von Ursache und Wirkung den Putsch legitimieren, indem sie ihm absprechen, einer zu sein. Diese aktive Schützenhilfe für den Putsch wird dabei kurioserweise unter dem Deckmantel der „Demokratie“ geleistet. Hier betreiben öffentlichkeitswirksame Teile der deutschen Linken – nach Nicaragua und Venezuela nun erneut – eine perfide Form der Selbstprovinzialisierung in puncto Internationalismus. Zugleich fällt man wiederholt grob unsolidarisch und in metropolenchauvinistischer Manier den Genoss*innen in Lateinamerika ausgerechnet in der Stunde der Not und Verfolgung (!) in den Rücken. Es ist wahrlich ein deutsches Trauerspiel.

Ein Diskurs imperialer Dekadenz

Tenor der Anklage der hiesigen Wertelinken: Es handelt sich um den überfälligen „Rücktritt“ eines längst vom Paulus zum Saulus gewordenen, autoritären Präsidenten, der sich mit Wahlfälschung an der Macht halten wolle. Dessen zentrale Verfehlungen seien gewesen: Das Festhalten an einem extraktivistischen Modell, die dadurch entstehende Entfremdung von lokalen sozialen Kämpfen, das Nicht-Erfüllen von Umwelt- und Klimazielen, sowie die Umgehung eines Plebiszits und Beugung der Verfassung. Anklage Ende. Diese Anklage des westlichen Wertehorizonts reicht offensichtlich aus, um den Richterspruch im Eilschritt vorzunehmen und in der Stunde der Not das Urteil zu verkünden: Die Solidarität wird versagt. Der Angeklagte hat das Dilemma selbst zu verantworten.

So kann es dann passieren, dass das neue deutschland allen Ernstes eine „Pro und Kontra“-Kommentarreihe zur anscheinend uneindeutigen Frage bringt, ob ein vom Militär und klar rechten bis rechtsradikalen Kräften lancierter Putsch demokratische Potentiale birgt. Katharina Schwirkus führt in ihrem Kommentar „Loslassen lernen“ in vollkommener Ignoranz gegenüber dem Charakter der verschiedenen Akteur*innen, den Kräfteverhältnissen im Land und den sozialen Errungenschaften formaldemokratisch aus: „Es ist nicht schön, wie sich Evo Morales aus dem Präsidentenamt verabschieden musste. Für Boliviens Demokratie ist es aber wichtig und richtig, dass endlich jemand anderes auf Morales folgt“. Schließlich habe der Mann mit 13 Jahren lang genug regiert. Dabei ist bis zum heutigen Tag nicht klar, ob wirklich und wenn ja in welchem Umfang Wahlfälschung bei den Präsidentschaftswahlen am 20. Oktober stattgefunden hat: Ein detaillierter Bericht des CEPR zeigt auf, dass zunächst einmal nichts Verdächtiges darin zu sehen ist, dass Morales im Laufe des Abends plötzlich einen immensen Vorsprung erhielt, da die ruralen Gebiete, in denen Morales traditionell stark ist, erst später ausgezählt wurden und sich die Trendentwicklung der Auszählung konsistent entwickelte. Eine auf Einladung von Morales (!) vorgenommene unabhängige Prüfung der Wahlen seitens der OAS fand später zwar heraus, dass es schwere Sicherheitslücken im Vorgehen der mit der Prüfung der – rechtlich unverbindlichen! – vorläufigen Wahlergebnisse beauftragten Firma gab, konnte aber keine Wahlfälschung im rechtlich verbindlichen Endergebnis nachweisen. Vielmehr verwies der Bericht auf augenfällige und daher näher zu untersuchende Irregularitäten. Aber auch der OAS-Bericht stellt nicht in Frage, dass Morales eindeutig vorne lag, im gegenteil. Die ganze Frage dreht sich also darum, ob Morales mit zehn oder sieben Prozent Vorsprung vorne lag – niemand bestreitet, dass Morales seinen Hauptkontrahenten haushoch überlegen war. Aber egal, Hauptsache Morales muss weg. Dafür auch einen rechts-reaktionären Militärputsch in Kauf zu nehmen, ist, auf deutsche Verhältnisse übertragen, in etwa dasselbe wie von einem AfD-nahen Militärputsch gegen Merkel als „nicht schön, aber gut für die bundesdeutsche Demokratie“ zu reden, weil Merkel halt nun einmal viel zu lange – nämlich 16 Jahre – im Amt sei und ihre vereinbarten politischen Ziele nicht allesamt erreicht hätte.

Weiter geht es mit dem Kontra-Kommentar im nd, „Niederlage für die Linke“ von Christian Klemm. Der Artikel hat zwar den Vorzug, den Inhalt des Putsches als nicht sonderlich wünschenswert erkannt zu haben, disqualifiziert sich jedoch gleich zu Beginn mit der Feststellung: „Ob Putsch oder nicht – wie man das Ende der Präsidentschaft von Evo Morales in Bolivien nennt, ist Nebensache“. Als würde es hier nicht um einen Unterschied ums Ganze gehen! Insbesondere wenn in den neoliberalen Mainstream-Medien einmütig von „Rücktritt“ gesprochen und damit die Gewaltförmigkeit des Vorgangs und die Rolle des Militärs und fanatischer Rechter sowie ihrer politischer Perspektiven verharmlost wird. Dem Anspruch eines linken Blattes, das Gegenöffentlichkeit betreiben will, wird das jedenfalls nicht gerecht. [1]

Aber es kommt noch dicker. Die insbesondere in außenpolitischen Angelegenheiten inzwischen gänzlich neoliberale, auf Linie der Bundesregierung und NATO stehende taz startet den Frontalangriff gegen jene wenigen Medien und Kommentare, die den Putsch als das darstellen, was er ist. In „Die Legende vom Putsch“ gibt sich der zuständige Auslandsredakteur der taz, Bernd Pickert, überhaupt nicht mal die Mühe, die sozialen und politischen Widersprüche im Land aufzudecken. Bei ihm geht alles um Morales persönliche Verantwortung – Tenor: „Morales hat sich mit seinem Machtanspruch verzockt“. Und: Der „Rücktritt“ sei als Konsequenz einer erfolgreichen sozialen Bewegung zu sehen, da sich die Polizist*innen und das Militär den Protestierenden gegen Wahlbetrug angeschlossen hätten. Noch am 16. November veröffentlicht die taz eine Reportage unter dem Telenovela-artigen Titel „Wir waren alle verliebt in ihn“ von Katharina Wojczenko, in dem Morales im Teaser allen Ernstes vorgeworfen wird, er würde das Land von Mexiko aus spalten (!), weil er sich gegen den Putsch stellt. Und das, obwohl in der genannten Reportage eine indigene Stimme den weißen Terror, der derzeit im Land wütet, luzide beschreibt und ein Pickert mittlerweile selber schon erkennt, was da mittlerweile im Präsidentschaftspalast los ist.

Zu diesem deckungsgleich zur bürgerlichen Presse auftretenden „linken Journalismus“ gesellt sich die Lateinamerika-Abteilung von medico international, die sich schon zu den Geschehnissen in Nicaragua an der Seite der rechten Opposition in den Ländern wähnte und beim Putschversuch in Venezuela Äquidistanz (ergo: Entsolidarisierung) propagierte. Das Narrativ ist hier stets identisch mit jenem neoliberaler Blätter, eine dialektische Analyse der Linksregierungen unter Einbezug der sozialen Frage und Errungenschaften wird nicht einmal versucht. Moritz Krawinkel, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit in Bezug zu Lateinamerika, äußerte denn auch zu den aktuellen Geschehnissen via Twitter: „Trotzdem kann kaum von einem Putsch gesprochen werden, wie es jetzt große Teile der lateinamerikanischen Linken tun. Morales’ Rücktritt ist zu begrüßen, angesichts des Klammerns an der Macht von Ortega in Nicaragua und Nicolás Maduro in Venezuela ein wichtiges Zeichen“. Krawinkel begrüßt damit offen den Putsch durch rechte Kräfte. Auch hier der zynische Kommentar zum Ende, dass Morales den Putsch selbst zu verschulden habe.


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NEUE ANTWORT18.11.2019, 14:52 Uhr
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arktika

Bolivien: Putsch! Nach vorne, nicht in den Sumpf

In diesen innerhalb der Linken bedauerlicherweise wirkmächtigen Positionen wird die demokratische Frage tendenziell gegen, oder zumindest ohne die soziale und nationale Frage und ohne auf die konkreten Kräfteverhältnisse zu rekurrieren beantwortet. Vorherrschend ist eine Entkontextualisierung der Situation dieser Länder im imperialistischen Weltsystem und eine formaldemokratische Scholastik, die vollkommen abseits von Klassenauseinandersetzungen zu ihren Schlüssen kommt. Aber eben genau diese, die Grenzen einer Entwicklung eines nationallinken Programms unter einem unterdrückerischen imperialistischen System und die Fortsetzung dieser Verhältnisse durch die kollaborierende bolivianische Oligarchie, setzt dem progressiven Projekt in Bolivien, und nicht nur dort, reale Entwicklungsgrenzen. Den Genoss*innen in Bolivien etwa die Verfehlung der Klimaziele und mangelnden Umweltschutz aufgrund von Infrastruktur- und Lithiumabbauprojekten vorzuwerfen heißt, im Kontext des imperialistischen Weltsystems und der wirtschaftlichen Unterentwicklung Boliviens, den Bolivianer*innen zynisch zu gebieten, sie mögen bitte keinen Entwicklungsstand und Lebensstandard nach westlicher Fasson anstreben.

Der Militärputsch wird, wenn er Erfolg hat, nicht bloß die unter Morales erreichte „Umverteilung“ der Einkommen im Sinne der Ärmsten umkehren. Er wird auch nicht bloß die Grundlage dieser Umverteilung, die verstaatlichte nationale Wirtschaftspolitik, abschaffen. Er wird darauf abzielen, durch Repression und Terror jedwede soziale und politische Grundlage linker Perspektiven auf Jahre hinweg zu zerstören. Die hier bezweckte Demokratie ist die Demokratie der Friedhofsruhe. Das war schon immer die Funktion konterrevolutionärer Militärputsche im modernen Lateinamerika. Die Menschen und Genoss*innen in diesen Ländern wissen deshalb zumeist ganz genau, was sie erwartet, wenn die Konterrevolution siegt. Gerade deshalb erklärt sich vielleicht auch, warum trotz allen Mängeln, Fehlern und offensichtlich strukturellen Blockaden der Linksregierungen in Lateinamerika viele noch verbissen an ihnen festhalten, ja sich sogar eventuell mit ihnen über-identifizieren, oder zumindest nicht die „Opposition“ in ihren „Demokratiebestrebungen“ unterstützen. Das ist auch etwas, was Teile der deutschen Linken in ihrem Metropolenchauvinismus schlicht und ergreifend nicht begreifen wollen. Nur eine wahrlich imperiale Dekadenz kann es sich leisten, „Demokratie“ im Sinne des Abtritts eines zunehmend autoritärer und selbstfixiert vorgehenden linken Präsidenten um jeden Preis, und sei es in Form eines rechten Militärputsches mit anschließender Verfolgung von Genoss*innen, als letztlich wünschenswert zu erachten.

Was in Lateinamerika mit den Linksregierungen versucht wurde, war eine Neuauflage der Volksfront-Regierung Salvador Allendes in Chile. Solche Regierungen charakterisieren sich durch einen nationalen Konsens, das heißt linke Transformationen durch klassenübergreifende (nationale) Bündnisse und Kräfteausgleich mit den nationalen Großbourgeoisien. Das Projekt der MAS [Movimiento al Socialismo, die Partei, der Morales angehört, Anm. Red.] in Bolivien gehört zu einer eher sozialistischeren Form dieses Regierungstypus, wie auch dasjenige in Venezuela. Andere Linksregierungen nahmen gar keine Verstaatlichungen vor, etwa in Nicaragua, Argentinien, Chile und Ecuador. Regierungen des nationalen Konsens können in peripheren Ländern partielle Fortschritte erkämpfen, geraten jedoch regelmäßig früher oder später in die politische Bredouille, da die Interessen der Kapitalist*innen und ihrer Verbündeten auf Dauer naturgemäß eben nicht identisch mit umfassender sozialer Umverteilungspolitik oder gar einer Transformation in Richtung Sozialismus sind. Das heißt, dass solche Regierungen optimalerweise von einer starken sozialen und demokratischen Bewegung von links zu weitergehenden Maßnahmen, wie zum Beispiel der Nationalisierung der Privatwirtschaft, getrieben werden müssen. Diese Kraft von links blieb bislang aus verschiedenen Gründen in den verschiedenen Ländern aus – und darin haben die jeweiligen Linksregierungen selber sicher einen großen Anteil. Der nationale Konsens muss dann gerade bei abfallender popularer Unterstützung, wie in Bolivien, und/oder wenn die wirtschaftlichen Grenzen des nationalen Entwicklungsmodell erreicht sind, auseinanderbrechen. Was folgt ist zumeist Bürgerkrieg, anhaltende Unruhe, Putsch und Rollback – oder Revolution, je nach Kräfteverhältnissen.

Die lateinamerikanischen Linksregierungen, und da ist Bolivien keine Ausnahme, haben den Fehler begangen, den linksnationalen Klassenkompromiss als dauerhaft haltbare politische Konstellation statt als vorübergehenden Kompromiss zu begreifen, der ab einem bestimmten Punkt einer sozialen und revolutionären Offensive weichen muss. So kam es zu Rollback (Ecuador), Putsch (Brasilien, Argentinien, Honduras, Bolivien) und Destabilisierung und tiefe Krise (Nicaragua, Venezuela) statt zu Revolution und Vertiefung des sozialistischen Prozesseses. Die Linksregierungen sind in ihren konzeptionell gesetzten Grenzen stecken geblieben. Sie waren auf der einen Seite zu bürgerlich-autoritär, indem sie sich auf das innerhalb der gegebenen Ordnung Erreichte festklammerten statt real populare Gegenmacht und damit echte sozialistische Demokratie aufzubauen und zu institutionalisieren, um dann den Revolutionierungsprozess nach vorne zu bringen. Andererseits – und das erwähnen jene Kritiker*innen“ aus dem Provinzdorf Germania eigentlich nie – waren sie nicht autoritär genug: Sie haben die Kapitalist*innen, wenn überhaupt, nach einem ersten Schwung nicht mehr weiter enteignet und die politischen Organisationen der teils faschistoid-klerikalen Konterrevolution niemals wirklich zerschlagen; sie haben die repressiven Staatsapparate – bis auf die Ausnahme Venezuelas – nicht grundlegend umgestaltet. Auf regionaler Ebene haben sie es nicht geschafft – dafür reichte vielleicht auch einfach ihre Kraft nicht aus – einen alternativen Wirtschaftsblock gegenseitiger Unterstützung und Entwicklung aufzubauen, der die Abhängigkeit von Extraktivismus und Bauwirtschaft (wie zum Beispiel in Brasilien) hätte überwinden können in Richtung eines produktiveren und zugleich nachhaltigeren Wirtschaftsmodells.

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NEUE ANTWORT18.11.2019, 14:54 Uhr
EDIT: arktika
18.11.2019, 14:56 Uhr
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arktika

Bolivien: Putsch! >>>>>

Das ist aber alles kein Grund sie jetzt der konterrevolutionären Reaktion preiszugeben. Sie stellen angesichts des kontinentalen Rechtsrucks Bollwerke mit sozialen Errungenschaften gegen die tobende Konterrevolution dar. Die Konterrevolution hingegen stellt in keinem der Länder, in denen sie ihr Haupt erhebt, ein reales Demokratisierungspotenzial oder gar einen sozialen Fortschritt dar. Etwas Gegenteiliges zu behaupten ist schlicht und ergreifend imperialistische und oligarchische Ideologie oder Projektion der Metropolenlinken. Es ist gleichzeitig offensichtlich, dass die Linksregierungen in Lateinamerika an einem Scheideweg stehen. Die Massen der Werktätigen in den Ländern sind zurecht nicht mehr zufrieden mit der Situation, deshalb gehen auch sie in vielen dieser Länder auf die Straßen oder entziehen den Regierungen teils ihre Unterstützung. Die Konterrevolution hingegen versucht überall diese Situation auszunutzen, um sich aus der vormals degradierten Position erneut emporzuheben. Dort muss die Linke und insbesondere die revolutionäre Linke die Konterrevolution ohne Wenn und Aber bekämpfen. Sie muss aber gleichzeitig dafür streiten, sich nicht den nationalen Linksregierungen bloß unterzuordnen. Die revolutionäre Linke muss ihre Autonomie bewahren und zusätzlich zum Kampf gegen die Konterrevolution die Entwicklung eines Modells zur Überwindung der Strukturblockade der lateinamerikanischen Revolutionen anvisieren – und zwar nach vorne, Richtung Sozialismus. Darin müssen sie unsere Solidarität haben.

Aber eigentlich sind unsere Aufgaben ganz andere. Unsere Aufgabe in den imperialistischen Zentren ist es, uns wieder unseren Hauptaufgaben in puncto Internationalismus zuzuwenden, namentlich Politik vor Ort gegen den Hauptfeind zu machen, um den Genoss*innen dort mehr Handlungsspielräume zu eröffnen. Da geht es nicht nur darum, die Unterstützung des deutschen oder us-amerikanischen Imperialismus für die bolivianische und sonstige lateinamerikanische Oligarchie zu entlarven und zu brandmarken (und optimaler Weise zu sabotieren). Es geht auch um viel „handfestere“ und perspektivisch zentralere Dinge: Statt in erster Linie die ökologisch unbestreitbar megadestruktive Wirtschaftspolitik der jeweiligen Linksregierungen zu kritisieren, sollten wir uns darum kümmern, Konzepte und eine Politik zu entwickeln, die dafür sorgen, dass eine Umkehr ehemals kolonialer und heute imperialistischer Renten in den „Globalen Süden“ stattfindet, damit deren Industrieentwicklung in im sozialen und ökologischen Sinne nachhaltige Bahnen gelenkt werden kann. Das Mindeste könnte sein, für ein umfassendes finanzielles und technologisches Transfersystem von den imperialistischen Zentren zur Peripherie zu streiten, das nicht an neoliberale Bedingungen (Zwang zur Privatisierung, Öffnung der Länder für Kapitalinvestitionen zu Sonderkonditionen und so weiter) geknüpft ist, wie das die „Entwicklungsprogramme“ der G20 für Afrika und ähnliche vorsehen. Wenn wir anfangen, solcherlei Art oder ähnliche Dinge hier zu fordern und dafür zu streiten, dann wird es natürlich ungemütlich werden, da wir dann gegen starke Kapitalinteressen hier kämpfen werden müssen; studierstubenartig abwägend und in Äquidistanz zu den involvierten Kräften in den jeweiligen Ländern Lateinamerikas die Linke dort zu kritisieren ist da natürlich viel gemütlicher. Nur werden wir, falls wir das weiter so betreiben, damit schlicht die weitere Selbstprovinzialisierung der deutschen Linken im Angesicht der Entwicklungen weltweit und insbesondere der Linken weltweit erreichen. Sonst nichts. Es macht Mut, dass die Jüngeren unter uns da offensichtlich weiter blicken und zum Beispiel der Meinung sind, dass Klimagerechtigkeit eine politische Frage ist, die global und zwar im Kampf gegen die Ungleichheiten eines ungleich gestalteten Weltsystems zu erringen ist und nicht mit abstrakten Parolen und Herangehensweisen, die jene Ungleichheiten reproduzieren. Mögen ihr frischer Wind uns allen hoffentlich dabei helfen, die deutsche Linke zu – revolutionieren!

Anmerkungen
[1] Der Fairness halber sei hier hinzugefügt, dass die allgemeine Berichterstattung des nd zu den Ereignissen in Bolivien sehr gut ist.


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NEUER BEITRAG18.11.2019, 16:13 Uhr
EDIT: FPeregrin
18.11.2019, 16:44 Uhr
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FPeregrin

Bolivien: Putsch! Zum Verhalten des deutschen Imperialismus in der Frage des bolivianischen Putsches hat gfp bislang folgendes:

Berlin und der Putsch
12.11.2019

LA PAZ/BERLIN (Eigener Bericht) - Die Bundesregierung und ein führender Politiker der Opposition billigen den Putsch in Bolivien. Der von der Armeeführung erzwungene Rücktritt des gewählten Präsidenten Evo Morales sei ein "wichtiger Schritt hin zu einer friedlichen Lösung", behauptet ein Berliner Regierungssprecher. Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag urteilt, die Militärs hätten "die richtige Entscheidung getroffen". Morales hatte, um Blutvergießen zu vermeiden, nach einer Meuterei der Polizei und einer ultimativen Drohung des Armeechefs sein Amt aufgegeben. Treibende Kräfte des Umsturzes sind vor allem weiße, wohlhabende Kreise aus dem bolivianischen Tiefland, deren Politiker zum Teil mit parteinahen deutschen Stiftungen kooperieren; einer von ihnen ist als Übergangspräsident im Gespräch. Vom Umsturz betroffen ist hingegen vor allem die indigene Bevölkerung, von der ein erheblicher Teil erst durch Morales' Maßnahmen aus bitterster Armut befreit wurde. Entwicklungen, die jüngst die Stellung des Präsidenten schwächten, wurden auch durch ein deutsches Unternehmen verstärkt.

Staatsstreich in Bolivien

Dem Rücktritt des bolivianischen Präsidenten Evo Morales am Sonntag war zunächst eine Gewaltwelle vorausgegangen, in deren Verlauf staatliche Rundfunk- und Fernsehsender von Regierungsgegnern besetzt, Amtsträger - so etwa eine Bürgermeisterin einer Kleinstadt - angegriffen und in aller Öffentlichkeit misshandelt sowie Regierungsmitglieder und deren Familienangehörige bedroht und tätlich angegriffen worden waren. Die Sicherheitsbehörden schritten nicht ein. Vielmehr meuterte die Polizei in Städten wie etwa Santa Cruz, Sucre und Cochabamba. Die Armeeführung forderte daraufhin Morales - formal nur als "Vorschlag" formuliert, der Sache nach aber ultimativ - zum Abdanken auf.[1] Morales gab dem Druck schließlich nach und reichte, um Blutvergießen zu vermeiden, seinen Rücktritt ein.

"Das Militär hatte recht"

International trifft das Ereignis in vielen Ländern auf scharfen Protest. Scharfe Kritik übte unter anderem der designierte argentinische Präsident Alberto Fernández, der den Umsturz ausdrücklich als Putsch einstufte.[2] Die spanische Regierung verurteilte die Intervention der bolivianischen Militärs.[3] Die Bundesregierung hingegen billigt den Staatsstreich. Der erzwungene Rücktritt des Präsidenten sei ein "wichtiger Schritt hin zu einer friedlichen Lösung", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert, der sich hartnäckig weigerte, sich von den Handlungen der bolivianischen Militärs zu distanzieren.[4] Ausdrücklich befürwortet wird der Putsch in der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Deren außenpolitischer Sprecher Omid Nouripour äußerte gestern, "das Militär" habe "die richtige Entscheidung getroffen, sich auf die Seite der Demonstrierenden zu stellen".[5]

Treibende Kräfte

Treibende Kräfte des Umsturzes sind vor allem weitgehend weiße, wohlhabende Kreise aus dem bolivianischen Tiefland - nicht zuletzt Großgrundbesitzer -, denen die Umverteilung zugunsten der verarmten indigenen Bevölkerung insbesondere im Hochland wie auch die Verstaatlichung wichtiger Bodenschätze seit je ein Dorn im Auge war; beides hatte Morales seit dem Beginn seiner ersten Amtszeit im Januar 2006 systematisch und mit Erfolg vorangetrieben. Dies hatte ihm zwar den - teilweise rassistisch verschärften - Hass der Eliten insbesondere aus der Tieflandmetropole Santa Cruz eingebracht, ihm aber lange Zeit bei Wahlen sichere absolute Mehrheiten dank der indigenen Bevölkerung garantiert. Dass sich beim jüngsten Urnengang gewisse Einbrüche zeigten, liegt auch daran, dass die steigende Ausbeutung der Rohstoffe zwecks Förderung der Wirtschaft zu Widerständen in wachsenden Teilen der indigenen Bewegungen führte, denen die Regierung von Präsident Morales ihre Macht verdankte.[6] Dazu hat zuletzt auch ein deutsches Unternehmen beigetragen, das am Abbau der riesigen bolivianischen Lithiumvorräte beteiligt wurde, dann aber die Gemeinden in der Förderregion nicht - wie geplant - an den Erlösen beteiligte (german-foreign-policy.com berichtete [7]). Daraufhin regte sich Protest, der sich auch gegen den Präsidenten richtete. Die Regierung hat erst vor wenigen Tagen nachgegeben und der deutschen Firma die Fördererlaubnis entzogen [8] - zu spät, um den Unmut zu mildern.


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Bolivien: Putsch! >>>

Aus Deutschland unterstützt

Wenngleich Bolivien nicht zu den Schwerpunktländern der deutschen Lateinamerika-Aktivitäten gehört, unterhält Berlin dennoch gute Beziehungen zu den weißen, relativ wohlhabenden Eliten in Santa Cruz. Eine zentrale Position nimmt dabei gegenwärtig Óscar Ortiz Antelo ein, ein früherer Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer in Santa Cruz, der vor Jahren in führender Position bei Andina gearbeitet hatte, der bolivianischen Tochterfirma des spanischen Ölkonzerns Repsol YPF. Ortiz hat seine Heimatstadt zunächst von 2006 bis 2010, dann erneut ab 2015 im bolivianischen Senat vertreten, wo er von 2008 bis 2010 das Amt des Senatspräsidenten innehatte. Zugleich ist er als Generalsekretär der Partei Movimiento Demócrata Social ("Demócratas") tätig und amtiert als Präsident des Dachverbandes Unión de Partidos Latinoamericanos (UPLA), dem führende Rechtsparteien des Kontinents angehören, darunter auch die Renovación Nacional des chilenischen Präsidenten Sebastián Piñera und der Centro Democrático des kolumbianischen Präsidenten Iván Duque. Die UPLA wird bereits seit dem Jahr 1992 von der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung unterstützt. Das Geld dafür kommt aus dem Auswärtigen Amt.

Berliner Netzwerke

Ortiz ist, um Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, zuweilen nach Berlin gereist. Bereits im Jahr 2008 hatte er sich - damals als Präsident des bolivianischen Senats - auf Einladung einer "Stiftung für Grundwerte und Völkerverständigung" in der deutschen Hauptstadt aufgehalten; der Stiftung gehörten mehrere ehemalige Bundesminister sowie ein Legationsrat aus dem Auswärtigen Amt an.[9] Im November 2016 besuchte er gemeinsam mit einer UPLA-Delegation Brüssel sowie Berlin, wo er nicht nur bei der Hanns-Seidel-Stiftung Gespräche führte, sondern auch mit dem Leiter der Abteilung für strategische Planung im Entwicklungsministerium, Michael Krake, und mit dem Leiter des Andenstaaten-Referats im Auswärtigen Amt, Daniel Kriener, zusammentraf. Kriener ist heute Botschafter in Venezuela und wurde im März dieses Jahres wegen offener Einmischung in den dortigen Putschversuch zur persona non grata erklärt.[10] Ortiz hält darüber hinaus Kontakt zu der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, deren Netzwerk RELIAL (Red Liberal de América Latina) seine Fundación Nueva Democracia angehört. Zuletzt hielt sich Ortiz ausweislich eines Berichts auf seiner Facebook-Seite im April in Berlin auf, um dort Bundestagsabgeordnete und Regierungsmitarbeiter zu treffen. Konkreter Hintergrund war seine Präsidentschaftskandidatur im Namen der Alianza Bolivia Dice No ("Bolivien sagt nein").

Als Nummer drei an die Spitze

Letztlich musste sich Ortiz in der Wahl mit 4,24 Prozent der Stimmen geschlagen geben. Dennoch ist er als künftiger Machthaber in La Paz im Gespräch. So heißt es, er sei "die einzige Person", die genügend Fähigkeiten und Kenntnisse dafür aufweise.[11] Nach dem Rücktritt des Präsidenten, des Vizepräsidenten und der Senatspräsidentin in den vergangenen Tagen könne Senator Ortiz zum neuen Senatspräsidenten gewählt werden. Dadurch rückte er - als Nummer drei der Staatshierarchie - in der aktuellen Lage automatisch zum Staatsoberhaupt auf.

Anschlagspläne

Vorfeldorganisationen der deutschen Außenpolitik hatten zeitweise auch Berührungspunkte zum Comité pro Santa Cruz, einem rechtslastigen Zusammenschluss aus Boliviens Tieflandmetropole, dessen aktueller Präsident Fernando Camacho vergangene Woche am energischsten auf den Umsturz drang und sich an dessen Spitze zu setzen suchte. Von 2007 bis 2009 wurde das Comité pro Santa Cruz von Branko Marinković geführt, einem Großgrundbesitzer und Multimillionär [12], der zugleich als Sprecher einer Organisation namens Fundación Libertad y Democracia (Fulide) auftrat; diese wiederum gehörte bis zu ihrer Auflösung im Jahr 2009 dem RELIAL-Netzwerk der deutschen Naumann-Stiftung an. Marinković, Schnittstelle zwischen den Netzwerken der Berliner Außenpolitik und dem Comité pro Santa Cruz, wurde im Jahr 2009 auf der Grundlage mehrerer Zeugenaussagen von der bolivianischen Justiz beschuldigt, einem ehemaligen Kroatiensöldner und mehreren weiteren Europäern Geld für einen Mordanschlag auf Morales angeboten zu haben.[13] Marinković setzte sich daraufhin ins Ausland ab. Zuletzt befeuerte er von Brasilien aus Morales' Sturz, den sein Nachfolger an der Spitze des Comité pro Santa Cruz, Fernando Camacho, vor Ort vorantrieb. Er hat angekündigt, bei einem Regierungswechsel nach Bolivien zurückkehren zu wollen.[14]

[1] Golpe de Estado en Bolivia: Evo Morales renuncia a la Presidencia. lapoliticaonline.es 10.11.2019.

[2] "En Bolivia se ha consumado un golpe de Estado". bolpress.com 10.11.2019.

[3] Esteban Villarejo: España condena la intervención de los militares en Bolivia. abc.es 11.11.2019.

[4] André Scheer: Solidarität mit Bolivien! junge Welt 12.11.2019.

[5] Historischer Moment in Bolivien. gruene-bundestag.de 11.11.2019.

[6] Thomas Guthmann: Nach der Wahl in Bolivien. npla.de 10.11.2019.

[7] S. dazu Protest gegen deutsche Rohstoffsicherung in Bolivien.

[8] Claus Hecking: Deutsches Lithium-Unternehmen ruft Altmaier zu Hilfe. spiegel.de 06.11.2019.

[9] S. dazu Spalte und herrsche.

[10] S. dazu Aufforderung zum Putsch (II).

[11] Bolivia tiene dos salidas a la crisis después de renuncia. opinion.com.bo 11.11.2019.

[12] Simon Romero: In Bolivia, a Croat and a Critic Is Cast in a Harsh Light. nytimes.com 26.09.2008.

[13] Prosecutor says Bolivian opposition backed plot. uk.reuters.com 05.05.2009.

[14] Cuatro exiliados anuncian su retorno luego de la caída de Evo. lavozdetarija.com 11.11.2019.


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NEUE ANTWORT18.11.2019, 16:20 Uhr
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Bolivien: Putsch! und:

Berlin und der Putsch (II)
18.11.2019

LA PAZ/BERLIN (Eigener Bericht) - Die selbsternannte Putschpräsidentin Boliviens, Jeanine Áñez, bedankt sich bei der Bundesregierung für ihre Anerkennung und stellt den Streitkräften des Landes eine Lizenz zum Töten bei der Niederschlagung von Protesten aus. Bei Operationen "zur Wiederherstellung der inneren Ordnung" seien die bolivianischen Militärs "von strafrechtlicher Verantwortung befreit", heißt es in einem Dekret, das Áñez am Freitag unterzeichnete. Am selben Tag wurden bei Protesten in Cochabamba gegen den Putsch mindestens neun Demonstranten erschossen. Zuvor hatte das Auswärtige Amt in Berlin Áñez offiziell als "Interimspräsidentin von Bolivien" bezeichnet. Während Beobachter vor einer Eskalation der Gewalt bis hinein in einen Bürgerkrieg warnen, haben die neuen Machthaber in La Paz - weit davon entfernt, sich auf Neuwahlen zu konzentrieren - umgehend angefangen, Bolivien außenpolitisch vollständig neu zu positionieren. Mit faktischer Billigung Berlins treiben sie Kuba und Venezuela noch mehr in die Isolation. Der Sturz der Regierungen beider Länder ist erklärtes Ziel Washingtons.

Anerkennung via Twitter

Die selbsternannte bolivianische Putschpräsidentin Jeanine Áñez bedankt sich bei der deutschen Regierung für ihre Anerkennung. Das Auswärtige Amt hatte bereits am Donnerstag via Twitter erklärt, man "begrüße", dass Áñez "als Interimspräsidentin von Bolivien" angekündigt habe, innerhalb von drei Monaten Wahlen anzusetzen. Áñez antwortete noch am selben Tag ebenfalls via Twitter, sie sei der Bundesregierung für die Mitteilung dankbar und verstehe sie als "Unterstützung für unsere Interimspräsidentschaft". Gleichzeitig bedankte sie sich bei US-Außenminister Mike Pompeo. Dieser hatte sie dafür gelobt, dass sie "die Rolle" der Interimspräsidentin "angenommen" habe. Tatsächlich hält Áñez den Posten illegal: Präsident Evo Morales wurde durch Drohungen der bolivianischen Armeeführung aus dem Land gejagt, ist also Opfer eines Putsches; zudem wurde sein von den Militärs erzwungenes Rücktrittsschreiben nicht, wie es Boliviens Verfassung ausdrücklich fordert, vom Senat akzeptiert. Morales ist rechtlich noch im Amt.

Wie in Österreich oder Wisconsin

Die faktische Anerkennung von Áñez als "Interimspräsidentin" Boliviens durch Berlin ist umso bemerkenswerter, als für die Legitimation des Umsturzes - angeblich eklatante Wahlfälschungen - nicht nur weiterhin Beweise fehlen; tatsächlich gehen namhafte Experten mittlerweile sogar davon aus, dass allenfalls marginale Unregelmäßigkeiten vorliegen, wie sie auch bei Wahlen in Europa und den USA zu verzeichnen sind. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte Morales' Sturz am 10. November mit einem vorzeitig präsentierten, vorläufigen Bericht beschleunigt; darin wollte sie "Hinweise auf Unregelmäßigkeiten" bei der Übermittlung von 78 Ergebnisprotokollen erkannt haben - "0,22 Prozent aller Protokolle", wie das auf Lateinamerika spezialisierte Portal amerika21 berechnet hat.[1] Wie amerika21 weiter berichtet, kommt das Washingtoner Center for Economic and Policy Research (CEPR) in einer eigens angefertigten Analyse zu dem Schluss, bei den Auszählungsergebnissen seien keine Ungereimtheiten zu entdecken. Zudem urteilt Walter Mebane, ein Spezialist für Wahlfälschungen an der University of Michigan in Ann Arbor, es habe statistische Unregelmäßigkeiten lediglich in 274 der insgesamt 34.551 Wahllokale gegeben; die dabei festzustellenden Muster kenne man in ähnlicher Form von Wahlen aus Honduras, Österreich oder dem US-Bundesstaat Wisconsin. Einen Zweifel daran, dass Morales' Vorsprung über zehn Prozent betragen habe, ließen die Daten nicht zu.[2]

Lizenz zum Töten

Hinzu kommt, dass die vom Auswärtigen Amt als "Interimspräsidentin" titulierte Áñez bereits am Freitag ein Dekret unterzeichnet hat, das den Streitkräften freie Hand bei der Niederschlagung von Protesten gibt. Seit dem Putsch durch Boliviens weiße Elite kommt es zu Demonstrationen, Streiks und Straßenblockaden; sie werden vorwiegend von der indigenen Bevölkerung des Landes abgehalten, die Morales weithin unterstützt und Áñez' Abtritt fordert - binnen 48 Stunden, hieß es gestern. Die Blockaden führen inzwischen dazu, dass in La Paz Treibstoff und einige Lebensmittel knapp werden. Áñez verlangt die umgehende Beendigung der Proteste. Die Zahl der Todesopfer bei ihrer Niederschlagung ist gestern auf 23 gestiegen. Allein am Freitag kamen in Cochabamba beim Einsatz der Repressionskräfte gegen Demonstranten mindestens neun indigene Bolivianer zu Tode; alle wiesen Schussverletzungen auf.[3] Bereits zuvor waren Demonstranten in El Alto einem Einsatz von Polizei und Militär zum Opfer gefallen. Unklar ist, ob das mörderische Vorgehen der Repressionskräfte mit dem am Freitag von Áñez unterzeichneten Dekret in Verbindung zu bringen ist. In dem Dokument, das online einsehbar ist, heißt es nicht nur, "alle öffentlichen und privaten Organisationen und Institutionen des Staats" müssten sich bei Bedarf "den Kräften von Militär und Polizei zur Verfügung stellen".[4] Es heißt darüber hinaus, alle Angehörigen der Streitkräfte, die an Operationen "zur Wiederherstellung der inneren Ordnung" teilnähmen, seien "von strafrechtlicher Verantwortung befreit". Dies wird als Freibrief für die Militärs bei ihrem Vorgehen gegen die Demonstranten eingestuft. Kritiker sprechen von einer "Lizenz zum Töten" und warnen ausdrücklich vor einem Bürgerkrieg.

Außenpolitisch umgepolt

Unterdessen haben die selbsternannte "Interimspräsidentin" und ihre eigenmächtig eingesetzte "Regierung" weitreichende Maßnahmen eingeleitet. Geht es ihnen offiziell darum, ein angeblich gefälschtes Wahlergebnis zu korrigieren, so bestanden ihre ersten Aktivitäten jenseits der blutigen Niederschlagung der Proteste darin, Bolivien außenpolitisch vollständig neu zu positionieren und dabei vor allem Maßnahmen gegen Kuba und Venezuela einzuleiten. So müssen die mehr als 700 kubanischen Ärzte, die bislang dazu beitrugen, die bolivianische Gesundheitsversorgung zu verbessern, umgehend das Land verlassen. Es handelt sich offenkundig um Schritte, die unter rechten Regierungen auf dem Subkontinent abgesprochen sind; bereits zuvor hatten Brasilien und vergangene Woche auch Ecuador ähnliche Schritte eingeleitet. Der Einsatz kubanischer Ärzte kommt nicht nur verarmten Bevölkerungsschichten zugute; er trägt auch dazu bei, die Staatskasse Kubas zu finanzieren, das von der US-Totalblockade schwer geschädigt wird und sich nun auch noch völkerrechtswidriger extraterritorialer US-Sanktionen zu erwehren hat (german-foreign-policy.com berichtete [5]).

Putschisten unter sich

Darüber hinaus haben die neuen Machthaber in La Paz nicht nur begonnen, den diplomatischen Dienst des Landes vollständig umzukrempeln; so sind rund 80 Prozent der Botschafter Boliviens entlassen worden.[6] Zudem ist Boliviens Mitgliedschaft in dem von Venezuela gegründeten Bündnis ALBA ("Alternativa Bolivariana para los pueblos de Nuestra América") beendet worden. Die Putschregierung hat die diplomatischen Beziehungen zu Venezuela abgebrochen sowie die Mitarbeiter der venezolanischen Vertretungen aus dem Land ausgewiesen.[7] Dafür hat Áñez den venezolanischen Putschisten Juan Guaidó bereits am Donnerstag als "Präsidenten" seines Landes anerkannt; Guaidó hatte dies am Tag zuvor mit Áñez getan.

Tabula rasa

Guaidó, den auch die Bundesregierung als "Präsidenten" Venezuelas anerkennt, hat an diesem Wochenende zum wiederholten Mal zum Putsch in Caracas aufgerufen. Die Streitkräfte seien "der Faktor, der uns heute fehlt", erklärte Guaidó bei einer Kundgebung vor einigen Tausend seiner Anhänger, die - ähnlich wie in Bolivien - vorwiegend den alten weißen Eliten des Landes entstammen und den Sturz einer Regierung fordern, die sich stark auf indigene Bevölkerungsteile und auf die Unterschichten stützt. Die Militärs sollten endlich "eine Entscheidung fällen", forderte Guaidó.[8] Die Putschwelle zielt darauf ab, die letzten Regierungen Lateinamerikas, die nicht von den alten weißen Eliten getragen werden und nicht neoliberal orientiert sind, zu stürzen; dabei handelt es sich um ein offen erklärtes Ziel der Trump-Administration. Die Bundesregierung trägt dies mit der Anerkennung des Putschisten Guaidó sowie mit der De-facto-Anerkennung der Putschistin Áñez mit.

Mehr zum Thema: Berlin und der Putsch und Der Pakt der weißen Eliten.

[1], [2] Vilma Guzman, Jonatan Pfeifenberger: Bolivien: Kuba zieht Personal ab, unabhängige Berichte sehen keinen Wahlbetrug. amerika21.de 16.11.2019.

[3] Bajo pedidos de dimisión, Añez intenta cesar manifestaciones en Bolivia. elcomercio.com 17.11.2019.

[4] Carta blanca para la represión y la impunidad en Bolivia. pagina12.com.ar 16.11.2019.

[5] S. dazu Die Ära der Sanktionskriege (II).

[6] Gobierno retira a Bolivia de la ALBA y cesa a un 80% de los embajadores de Evo. opinion.com.bo 15.11.2019.

[7] Delegación diplomática de Venezuela en Bolivia vuelve a su país. opinion.com.bo 17.11.2019.

[8] Guaidó insistió con que los militares se rebelen. lmneuquen.com 17.11.2019.


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19.11.2019, 20:07 Uhr
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Bolivien: Putsch! jW morgen:

Proteste und Repression

Bolivien: Demonstranten fordern Rücktritt von »Übergangspräsidentin«

Von Frederic Schnatterer

Der Widerstand gegen den Putsch in Bolivien hält mit unverminderter Stärke an. Auch am Montag (Ortszeit) fanden im ganzen Land Demonstrationen von Indigenen, Bauern und Gewerkschaftern statt. Insbesondere in La Paz, El Alto und Cochabamba forderten Tausende den Rücktritt der selbsternannten »Übergangspräsidentin« Jeanine Áñez. Bereits am Sonnabend war Áñez von mehreren Gewerkschaften eine Frist von 48 Stunden für ihren Rücktritt gesetzt worden. Zudem sind weiterhin viele der wichtigsten Fernstraßen des Landes von Bauern blockiert, weshalb mittlerweile mehrere bolivianische Großstädte über Versorgungsengpässe klagen. Schon am Wochenende mussten unter anderem La Paz, Cochabamba, El Alto und Sucre aus der Luft mit Lebensmitteln versorgt werden.

Bei den Protesten am Montag kam es erneut zu brutaler Repression von seiten der Polizei- und Militärkräfte. Dabei wurden nach Angaben der Protestierenden mindestens drei Personen durch Polizeikugeln verletzt, 25 Demonstranten wurden festgenommen. Erst am Wochenende waren in der Nähe von Cochabamba mindestens neun Menschen von Einsatzkräften getötet worden. Nach Angaben der bolivianischen Ombudsstelle starben im Laufe der Proteste gegen den Staatsstreich bisher 25 Personen, 125 wurden schwer verletzt. Ein am Freitag erlassenes Dekret stellt Soldaten, die Demonstranten töten, Straffreiheit in Aussicht.

Indes erhöhte die Putschistenregierung am Montag das den Streitkräften zur Verfügung stehende Budget. Per Dekret ordnete Áñez ein Mehr von über fünf Millionen US-Dollar für die Armee an, das für die Ausstattung der Soldaten eingesetzt werden solle. Und auch der Druck auf die Politiker der »Bewegung zum Sozialismus« (MAS) von Evo Morales wird erhöht. So kündigte Arturo Murillo, de facto der Innenminister der Putschregierung, am Montag die Schaffung einer Untergruppe der Staatsanwaltschaft an, die sich um die Strafverfolgung von MAS-Abgeordneten kümmern solle, die den »Umsturz« und den »Aufstand« beförderten.

Unterdessen gehen die Bemühungen um einen Dialog zur Beilegung der »Krise« weiter. Laut der Nachrichtenagentur Europa Press installierten die Bischofskonferenz, der UN-Sondergesandte für Bolivien, Jean Arnault, sowie ein EU-Delegierter am Montag einen »nationalen Dialog«. Ziel sei es, mit Vertretern der »Regierung«, politischer Parteien und der »Zivilgesellschaft« über Wege zur »Befriedung der Situation« zu diskutieren, wobei die Frage nach Neuwahlen zentral sei.

Trotz Lippenbekenntnissen hat Áñez solche bislang noch nicht angekündigt. Am Montag erklärte Morales aus dem mexikanischen Exil im Interview mit dpa: »Wenn sie zurücktreten würde, täte sie der Demokratie einen großen Gefallen.« Die Senatsabgeordnete Áñez hatte sich vor einer Woche ohne Votum zur »Übergangspräsidentin« erklärt, nachdem Morales von Militär und Polizei zum Rücktritt gezwungen worden war.


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Ich zitiere mich mal wieder selbst: "Es bleibt spannend; so sicher ist für mich nicht, daß sich die Putsch-Bande hält!" (13. 11.)
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arktika

Bolivien: Putsch! Das Putschregime in Bolivien setzt auch massiv Faka-Accounts bei Twitter ein, um massenhafte Unterstützung des Putsches zu suggerieren. Dazu - und zu den Protesten im Land - ein Artikel von Harald Neuber und Vilma Guzmán heute auf amerika21:

Studie: Tausende Fake-Accounts stützen Putsch in Bolivien

La Paz/El Alto/Madrid. Das De-facto-Regime unter Senatorin Jeanine Áñez greift offenbar nicht nur auf Gewalt gegen Kritiker zurück, sondern auch auf massive Propaganda im Netz. So sollen im Kurznachrichtendienst Twitter im Laufe der vergangene Woche mehr als 68.000 Fake-Konten erstellt worden sein, um den Staatsstreich in Bolivien zu legitimieren. Das geht aus einer Untersuchung von Julián Macías Tovar, dem Social-Media-Verantwortlichen der spanischen Linkspartei Podemos, hervor. Unterstützt wird die These von dem IT-Experten Luciano Galup von der argentinischen Tageszeitung Página/12.

Obwohl der Einsatz von sogenannten Robots zur Verbreitung bestimmter Nachrichten gegen die Twitter-Richtlinien verstößt, haben die Abwehrmechanismen des Dienstes in diesem Fall bislang nicht gegriffen, schreibt Macías Tovar.

Die beiden Autoren wurden unabhängig voneinander auf eine große Menge neugegründeter Twitter-Accounts mit ähnlichen Herkunftspunkten aufmerksam, die, wie sie schreiben, kein normales Nutzerverhalten aufweisen. Sogenannte organische Konten auf Twitter werden von echten Usern betrieben, die sich nachvollziehbar im Netz bewegen, während falschen Konten automatisch generiert und von Robots betrieben werden.

Laut Macías Tovar ist das Konto des Putschanführers Luis Fernando Camacho von den sogenannten Bürgerkomitees in Santa Cruz in den letzten 15 Tagen von 3.000 auf 130.000 Anhänger angewachsen. Darunter befänden sich mehr als 50.000 Profile, die erst im November 2019 erstellt wurden, so die Studie von Macías Tovar.

Die Follower der selbsternannten De-facto-Präsidentin Áñez nahmen in den letzten zwei Wochen von 8.000 auf fast 150.000 zu. Mehr als 40.000 davon seien neu geschaffene Fake-Konten. Diese Konten haben meist nur einen Anhänger und verbreiten mit internationaler Unterstützung gefälschte Nachrichten.

Die meisten dieser Konten wurden vor dem 10. November erstellt, dem Tag, an dem das Militär den Rücktritt von Präsident Evo Morales forderte.

"Die Zahl der nachgewiesenen Fake-Konten würde sicherlich noch zunehmen, wenn wir weiterhin Konten analysieren, die systematisch Morales-kritische Hashtags im Netz verbreiten", sagte Macías Tovar, der noch auf einen anderen Umstand hinwies: Ein Twitter-Account aus den USA, der sich als Profil des Schauspielers Robert de Niro ausgibt, scheint einer der Ursprünge der Kampagne zu sein. "Meiner Meinung nach können 68.000 Twitter-Accounts nicht über Nacht ohne Zutun von US-Akteuren und stillschweigende Mitwirkung dieser Social-Networking-Plattform erstellt werden“, so Macías Tovar.

Unterdessen nimmt der Widerstand gegen den Putsch weiter zu. Am Montag erreichten mehrere Demonstrationszüge von indigenen Kleinbauern und Arbeitern aus verschiedenen Orten La Paz, um den Rücktritt von Áñez zu fordern. Die Protestierenden stellten ihr ein Ultimatum von 48 Stunden, andernfalls würden die Straßensperren und Streiks im ganzen Land verstärkt. Der Protest richtete sich auch gegen den Anführer des Bürgerkomitees von Santa Cruz, Fernando Camacho, und den Präsidentschaftskandidaten der rechten Opposition, Carlos Mesa, die maßgeblich am Putsch beteiligt waren. Camacho, ein Mitglied der christlichen Ultrarechten, war nach Morales‘ erzwungenem Rücktritt in den Präsidentenpalast gestürmt und hatte vor laufenden Kameras verkündet: "Die Bibel kehrt in den Regierungspalast zurück, Pachamama wird nie wieder zurückkommen."

Die Teilnehmer kamen auf dem zentralen Plaza Murillo von La Paz zusammen, wo sich auch der Regierungsitz und das Parlament befinden. Dort brachten sie erneut ihre Empörung über die Verbrennung der Whipala aus. Diese vielfarbige Fahne, die die indigenen Gemeinschaften des Landes repräsentiert, ist seit 2009 neben der traditonellen rot-gelb-grünen die offizielle Nationalflagge Sie wurde von Putschisten an öffentlichen Plätzen heruntergerissen und verbrannt, übergelaufene Polizisten trennten sie von ihren Uniformen ab. Dies hatte zu großer Empörung und Wut bei der indigenen Bevölkerung geführt. Die Protestierenden forderten zudem ein Ende der Repression seitens der Sicherheitskräfte, die an verschiedenen Orten des Land bereits mehr als 20 Tote und Hunderte Verletzte gefordert hat. Der lokalen Presse warfen sie vor, dass sie nicht über die Widerstandsbewegung und die brutale Unterdrückung berichtet.

Protestaktionen gegen den Putsch gab es nicht nur in La Paz, sondern auch in anderen Städten wie El Alto, Cochabamba, Sabada und Sucre und in ländlichen Gebieten.

n El Alto marschierten Kleinbauern und forderten ein Ende der Gewalt und den Rücktritt von Áñez. Drei Demonstrationszüge kamen in Cochabamba zusammen. Die Teilnehmer forderten auch Gerechtigkeit für die am vergangenen Freitag bei einem Einsatz der Sicherheitskräfte getöteten Kokabauern (amerika21 berichtete). Die sechs Gewerkschaften der "Cocaleros" der Provinz Chapare hatten Añez bereits am Samstagabend ein Ultimatum zum Rücktritt binnen 48 Stunden gestellt und die Einberufung von Wahlen innerhalb von 90 Tagen gefordert.

Die Autobahnen in Cochabamba, La Paz und Santa Cruz, welche die drei Departamentos verbinden, sind nach offiziellen Angaben an 68 Stellen blockiert.

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NEUER BEITRAG19.11.2019, 21:05 Uhr
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arktika

Bolivien: Putsch! Und noch ein Text auf amerika21, von Marco Teruggi ebenfalls heute veröffentlicht, ist sehr informativ:

Die Hölle und der Putschplan in Bolivien
Die Putschisten haben sich getäuscht und eine Reaktion ausgelöst, die sie in diesem Ausmaß nicht einkalkuliert hatten


"Du gehst und ich bleibe hier in dieser Hölle", sagte der Taxifahrer zu mir, als er mich am Flughafen von El Alto absetzte. Es ist keine Metapher: Der erste Tag des Putsches, der Montag, war apokalyptisch.

Es gab Dutzende von Straßenblockaden aus Stacheldraht, Gruppen mit Stöcken in jeder Ecke, Demonstrationszüge aus verschiedenen Stadtteilen, Menschenmassen mit Stöcken, Steinen, Schleudern und Hüten, Polizeiwachen brannten, Wut, so viel Wut, wie ich sie in meinem Leben selten erlebt habe. Und Blut, viel Blut auf dem Boden, in den Videos, in den Worten.

Seit diesem Montag gibt es in allen Straßen von El Alto Whipala-Fahnen. Jeden Tag gehen die Menschen auf die Straße. Jede Nacht gibt es Mahnwachen, Feuer, eine unumstößliche Entscheidung. Sie aktivierten das historische Aymara-Gedächtnis, alt und auch neu, wie vom Aufstand von 2003, bei dem sechzig Menschen getötet wurden. "Mesa, Dreckskerl, der Oktober wird nicht vergessen."

Die Putschisten haben einen so schwerwiegenden Fehler begangen, dass es keine versöhnliche Inszenierung mehr gibt, um die Eskalation zu stoppen, die aus verschiedenen Teilen des Landes in Richtung La Paz, das Zentrum der politischen Macht vordringt. Verschiedene Forderungen sind zusammengekommen und richten sich gegen einen gemeinsamen Feind, der aus vier Komponenten besteht: Fernando Camacho, Carlos Mesa, Jeanine Añez und die Nationale Polizei.

Die Hauptforderung ist der Rücktritt der selbsternannten Añez. Und die Radikalität hat ihren Ursprung im ausschließenden, anti-indigenen Staatsstreich, der sich in dem Mangel an Respekt vor Whipalas und in den Aggressionen gegen Frauen, die lange Röcke tragen, das heißt Indigene sind, ausgedrückt hat.

Es sind diese Slogans, die bei jeder Mobilisierung, die von El Alto nach La Paz kommt, von den Bewohnern dieser Stadt, von den Hochländern, den Bewohnern des tropischen Flachlands, von den Minen und Yungas wiederholt werden. Sie kommen durch die El Prado-Straße bis zum Plaza Murillo, dem Ort, an dem der Staatsstreich in Fakten und Symbolen stattfand.

Die Putschisten haben sich getäuscht und eine Reaktion ausgelöst, die sie in diesem Ausmaß nicht einkalkuliert hatten. Die erste Antwort angesichts der Eskalation war die der Streitkräfte, die in einem faktischen Ausnahmezustand raus auf die Straßen gegangen sind. Militärflugzeuge kreisen, Hubschrauber, Panzer (jetzt mit der Whipala) werden in La Paz, El Alto, auf den Autobahnen des Landes eingesetzt.

Was ist der Plan derer, die den Putsch durchgeführt haben? Das ist die zentrale Frage. Es werden wohl drei Schritte sein. Der erste, der erreicht wurde, war der Sturz der Regierung unter der Führung von Evo Morales und Álvaro García Linera. Der zweite, der in Teilen umgesetzt wurde, ist die Schaffung einer institutionellen Fiktion, die sich in der Selbsternennung von Añez, der Einsetzung von Ministern und der Führungsriegen der Streitkräfte und der Polizei materialisierte.

Dieser zweite Schritt hat noch einen Haken: das Parlament, das aus zwei Kammern besteht und in der Hand der Bewegung zum Sozialismus (Movimiento Al Socialismo, MAS) ist, die über eine Zweidrittelmehrheit verfügt und neue Vorsitzende gewählt hat. Die putschistische Struktur muss das Problem lösen, wie sie angesichts dieses Szenarios vorgeht: die gesetzgebende Gewalt in einem Akt des Putsches auflösen, oder eine Vereinbarung mit der MAS suchen.

Letzteres hat mit dem dritten Schritt zu tun: der Einberufung von Wahlen. Die Strategie der Putschisten scheint diesen Ausweg von Beginn an erwogen zu haben: Es ist kein Staatsstreich, der auf unbestimmte Zeit einen General oder eine Junta einsetzt, sondern sich als verfassungsmäßig und mit dem Versprechen für Wahlen in kurzer Zeit präsentiert.

Das bedeutet also, die Möglichkeit von Wahlen zu eröffnen und die notwendigen Bedingungen für diesen Tag geschaffen zu haben. Diese Bedingungen zu schaffen, damit wurde bereits vor dem Sturz von Morales begonnen: Verfolgungen, Morde, Massaker, zu denen nun auch Verhaftungen kommen, wobei die Rechtsstaatlichkeit gebrochen und unter absoluter Straflosigkeit gehandelt wird. Der eingesetzte Regierungsminister hat es gesagt, "die Jagd" hat begonnen.

Viele Punkte sind noch ungelöst und die Entwicklung wird unter anderem vom Druck der Straße abhängen, ebenso von der politischen und parlamemtarischen Strategie der MAS. Ein Punkt ist, ob der heterogene und innerhalb der Putschisten umstrittene Plan darauf abzielt, die MAS zu verbieten oder aber ihr zu erlauben, in einer Situation der Verfolgung ihrer Kader und Anführer bei den Wahlen anzutreten.

Die andere zentrale Frage ist: Was ist die Strategie des Widerstands gegen den Putsch? Manche Antworten sind schon darin enthalten, wie dem laufenden Putsch entgegengetreten wurde: Ohne klare Vorgaben, die ein organisiertes Vorgehen erreicht hätten, besonders in den letzten Tagen. Die Massenmobilisierungen in der Phase der Eskalation haben den Vollzug des Putsches verzögert, ohne ihn stoppen zu können, während im Innern Säulen der Unterstützung wegbrachen, bis hinein in die Streitkräfte.

Aufrufen von Evo Morales zur Mobilisierung wurde gefolgt, aber unkoordiniert und ohne unmittelbare Wirkung, und beim Schlussangriff war die Straße verloren. Eine Antwort darauf zu finden, warum das so war, beinhaltet, sich zu fragen, wie es aktuell um die Bewegungen und darüber hinaus um den Veränderungsprozess zur Stunde des Putsches bestellt war.


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NEUE ANTWORT19.11.2019, 21:08 Uhr
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arktika

Bolivien: Putsch! >>>>>

Ein Beispiel für diese Situation kann man in El Alto sehen, wo die größte Organisation, der Verband der Nachbarschaftsräte (Federación de Juntas Vecinales, Fejuve), sich in zwei Fraktionen gespalten hat: eine regierungsnahe, die andere oppositionell, und das Bürgermeisteramt in der Hand der Opposition. Am Mittwoch fand eine Volksversammlung statt, bei der versucht werden sollte, eine neue, einheitliche Leitung zu bilden – da die bisherige sehr umstritten war –, aber das Ziel wurde noch nicht erreicht.

Drei zentrale Aspekte lassen sich feststellen: An erster Stelle, dass die Person Evo Morales, ihre Verteidigung und Rückkehr, keine vereinheitlichende Forderung ist, zumindest vorerst. Zweitens, dass die Anführer der Bewegungen in vielen Fällen Erscheinungen von Abnutzung und Spaltungen zeigen. In El Alto gibt es eine große Kraft und Radikalität, aber (noch) ohne Linie oder fähige Leitung. Drittens, eine Stragie zu entwickeln, welche die Bewegungen – wie jene die zur Coordinadora Nacional para el Cambio5gehören – mit der Gewerkschaftszentrale COB und dem parlamentarischen Bereich im Rahmen eines gemeinsamen Plans verbindet und organisiert, ist eine ebenso unabdingbare wie komplexe Aufgabe.

Viele Fragen können im Moment nur aufgeworfen werden.

In Bolivien selbst gibt es sehr wenig Informationen, jede befragte Person dankt der internationalen Presse, dass sie da ist. Die bolivianischen Journalisten, die nicht mit der Darstellung der Putschisten einig sind, werden an ihren Wohnorten, Arbeitsplätzen und telefonisch bedroht. Die De-facto-Kommunikationsministerin hat bekräftigt, dass sie "Journalisten und Pseudojournalisten" wegen "Aufwiegelung" strafrechtlich verfolgen wird. Jede Diktatur braucht Medien, die ihre Darstellung reproduzieren und ansonsten schweigen.

***

Freitag Nachmittag: Es kommen Bilder vom Massaker in Cochabamba, bisher gibt es vier Tote.

***

Wir sind in der Phase der Offensive des Putsches, in der sich die Repression, die Verfolgung und die Morde beschleunigen und ausbreiten. Es gibt viele Genossinnen und Genossen, die bedroht werden, die in Botschaften sind, in einem Ausnahmezustand, in dem kein Gesetz mehr gilt außer dem, das für den Staatsstreich in diesem entscheidenden Moment benötigt wird.

Sein Ziel ist es, die Kräfte des Veränderungsprozesses zu enthaupten, zu dezimieren und zu spalten und zu verhindern, dass sich der Widerstand gemeinsam organisiert und dass es bei der nächsten Wahl eine Alternative gibt.

"Du gehst und ich bleibe in dieser Hölle", wiederhole ich für mich, während ich in den Kalender schaue und mich frage, was am Samstag in Venezuela passieren wird, von wo aus ich diese Zeilen schreibe. Die Rechte hat Mobilisierungen angekündigt und man weiß, es geht nicht um Juan Guaidó, sondern um diejenigen, die Strategien anweisen und finanzieren, in Venezuela genauso wie in Bolivien und auf kontinentaler Ebene, und die in der Phase der Offensive sind.

Was in dem Land geschieht, das Evo Morales verlassen musste, um Asyl zu bekommen, ist kein isoliertes Ereignis, es ist ein Plan, der für mehrere Länder entwickelt worden ist. Die Hölle ist eine Karte, die sie für uns reserviert haben.

15. November 2019

Der Autor Marco Teruggi aus Argentinien lebt seit 2013 in Venezuela und arbeitet als Journalist


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NEUER BEITRAG24.11.2019, 18:18 Uhr
EDIT: retmarut
24.11.2019, 18:27 Uhr
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retmarut

Bolivien: Putsch! Interview mit Morales, der sich weiterhin im mexikanischen Exil befindet, in SPON. Mittlerweile wird auch in SPON von Putsch gesprochen.
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Die OAS hat übrigens immer noch keine Belege für eine Wahlmanipulation geliefert: Link ...jetzt anmelden!

Derweil haben die beiden Parlamentskammern den Weg für Neuwahlen (Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, zudem Neubesetzung der Wahlkommission) freigemacht. Die Vereinbarung, die zwischen MAS und Opposition ausgehandelt wurde, sieht zudem vor, dass weder Evo Morales noch sein Stellvertreter Lineras erneut an den Wahlen teilnehmen dürfen.
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NEUE ANTWORT24.11.2019, 21:56 Uhr
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FPeregrin

Bolivien: Putsch! Ich füge mal an - aus der jW von morgen -:

Wahlen ohne Morales

Boliviens Parlament beschließt Gesetz zu erneuter Abstimmung. Präsident wird ausgeschlossen

Von Volker Hermsdorf

Während die Proteste nach dem Staatsstreich gegen Boliviens linken Präsidenten Evo Morales andauerten, haben am Sonnabend (Ortszeit) sowohl Senat als auch Abgeordnetenhaus ein 24 Artikel umfassendes Gesetz zur Durchführung von Neuwahlen verabschiedet. Damit wurden die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl vom 20. Oktober für ungültig erklärt und dem vor den Putschisten ins mexikanische Exil geflohenen Morales eine erneute Kandidatur verwehrt. Dessen Anhänger wurden auch am Wochenende von Militär und Polizei verfolgt. Bis zum Sonnabend hatten die Auseinandersetzungen bereits mehr als 30 Todesopfer gefordert, etwa 1.000 Personen sollen bisher verletzt worden sein. Während die Senatorin Adriana Salvatierra von Morales’ Partei »Bewegung zum Sozialismus« (MAS) den vom Senat verabschiedeten Gesetzesentwurf begrüßte und die Behörden aufforderte, die Repression einzustellen, kritisierten soziale Aktivisten im Onlineportal Resumen Latinoamericano, dass mit Vertretern der »faschistischen Diktatur inmitten eines Blutbades« Gespräche geführt wurden.

Nach dem Gesetz sollen außer Morales auch alle anderen Politiker, die in den vergangenen zwei Legislaturperioden durchgehend ein Amt innehatten, nicht erneut für die gleiche Position kandidieren dürfen. Das trifft unter anderem auf Vizepräsident Álvaro García Linera zu, der sich ebenfalls im mexikanischen Exil befindet. Von dort aus hatte er der spanischen Agentur EFE am Donnerstag bestätigt, dass weder er noch Morales an den nächsten Wahlen teilnehmen wollen. Sie forderten aber, im Land sein zu dürfen. »Wir werden keine Kandidaten sein, aber wir haben laut Verfassung das Recht zu sprechen, eine Meinung zu äußern, zu denken, jemanden vorzuschlagen und zu unterstützen«, erklärte García Linera. Genau das wollen die Putschisten jedoch mit allen Mitteln verhindern. Vorsorglich stellte der Innenminister des De-facto-Regimes, Arturo Murillo, am Freitag Strafantrag gegen den gestürzten Präsidenten. Dieser organisiere aus dem Exil heraus die Proteste gegen die neue Regierung, begründete Murillo den gegen Morales erhobenen Vorwurf der Rebellion und des Terrorismus.
Ladengalerie

Wie der lateinamerikanische Sender Telesur am Sonntag meldete, werden die Parlamentswahlen voraussichtlich im Februar nächsten Jahres stattfinden. Nun muss das Parlament innerhalb von 20 Tagen das Oberste Wahlgericht (TSE) bestellen. Nach dessen Konstituierung werden die Wahlen dann innerhalb von weiteren zwei Monaten durchgeführt. Einem Bericht der bolivianischen Nachrichtenagentur ABI zufolge hatten an der Sitzung auch Vertreter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) »in ihrer Eigenschaft als Mediatoren« teilgenommen. Das birgt neuen Sprengstoff, denn die OAS hatte mit dem bis heute nicht belegten Vorwurf eines Wahlbetrugs zugunsten von Morales und MAS den Vorwand für gewalttätige Proteste der rechten Opposition geliefert, die das Land wochenlang erschütterten. Am 10. November war daraufhin der gewählte Präsident durch einen Militärputsch gestürzt worden. Nur zwei Tage später ernannte sich die Senatorin Jeanine Áñez, deren erzkonservative Partei »Movimiento Demócrata Social« seit der Wahl vom 20. Oktober lediglich vier von 130 Abgeordneten des Unterhauses und nur einen von 36 Senatoren stellt, selbst zur »Interimspräsidentin«. Seit dem Putsch gehen die neuen Machthaber mit äußerster Brutalität gegen ihre Kritiker vor. Ein von Áñez kürzlich erlassenes Dekret sieht zudem vor, dass Soldaten nach der Tötung von Protestierenden dafür nicht mehr gerichtlich belangt werden können.

Mittlerweile verdichten sich die Hinweise auf eine direkte Beteiligung der USA am Militärputsch. »Ja, die Vereinigten Staaten sind darin verwickelt«, erklärte der Leiter des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR, Sergej Naryschkin, am Sonnabend gegenüber der Nachrichtenagentur Sputnik. Er geht davon aus, dass sich die Krise in Bolivien fortsetzt. »Washington braucht die Krise, um den politischen Kurs des Landes zu ändern. Was dort passiert, steht im Einklang mit den Vorgängen in Venezuela. Das sind zwei Glieder derselben Kette«, erklärte Naryschki. Seine Einschätzung wird durch einen am 13. November in der Onlinezeitung The Grayzone veröffentlichten Beitrag des US-Journalisten und Buchautors Jeb Sprague untermauert, demzufolge mindestens sechs der wichtigsten Putschisten, darunter der Armeechef, General Williams Kaliman, und der nationale Polizeichef, General Vladimir Yuri Calderón, Absolventen der berüchtigten »School of the Americas« sind. US-Militärs haben dort sowohl Verhör- und Folterspezialisten als auch zahlreiche hohe Militärs der Region ausgebildet. Die im Dezember 2000 formell geschlossene Einrichtung firmiert heute unter der Bezeichnung »Western Hemisphere Institute for Security Cooperation« als Ausbildungsstätte für lateinamerikanische Militärs weiter. Morales ist mittlerweile davon überzeugt, dass ein Absturz seines Hubschraubers am 4. November kein Zufall, sondern ein Attentatsversuch war, der von dem bolivianischen Luftwaffengeneral Jorge Gonzalo Terceros Lara ausgeführt wurde.


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NEUER BEITRAG25.11.2019, 19:40 Uhr
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FPeregrin

PdL zum bolivianischen Putsch Schwere Geburt! jW morgen:

Solidarität mit Morales

Parteivorstand der Linkspartei wendet sich gegen rechten Putsch in Bolivien. Kritik an ursprünglicher Beschlussvorlage

Von Kristian Stemmler

Rund zwei Wochen nach dem rechten Putsch in Bolivien hat sich der Bundesvorstand der Partei Die Linke zu den Vorgängen in dem südamerikanischen Land geäußert. »Die Linke verurteilt den Putsch gegen den Präsidenten Evo Morales in Bolivien«, heißt es in einem einstimmig gefassten Beschluss des Gremiums vom Sonntag. Morales sei »von der meuternden Polizei und der Militärführung« zum Rücktritt gezwungen worden, obwohl er bereits den geforderten Neuwahlen zugestimmt hatte. Auch die Gewalt von Militär und Polizei, die bereits viele Verletzte und Tote gefordert hat, verurteilte der Parteivorstand und solidarisierte sich mit dem Widerstand gegen den Putsch.

Mit dem Beschluss folgte der Parteivorstand nach kurzer Debatte einem Antrag der stellvertretenden Bundesvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Christine Buchholz. Es sei in der Diskussion auch um »mögliche Versäumnisse« der Regierung Morales gegangen, sagte diese am Montag gegenüber jW. Aber es habe Einigkeit darüber geherrscht, dass die Solidarität mit Morales und den Protesten gegen den Putsch im Zentrum der Erklärung stehen müsse. »Der rechte Putsch zielt darauf, die Errungenschaften der sozialen und indigenen Bewegungen zu beseitigen«, unterstrich Buchholz. Die Bewegungen hätten sich in mehreren Aufständen seit dem Jahr 2000 gegen die neoliberale Politik der bolivianischen Oberschicht, zum Beispiel gegen die Privatisierung des Wassers und des Erdgases, aufgelehnt und die Wahlsiege von Morales und seiner Partei, der MAS, getragen.

Der Linke-Vorstand stellt auch klar, dass aus seiner Sicht die Selbsternennung der rechten Oppositionspolitikerin Jeanine Áñez zur Präsidentin einen Bruch der Verfassung darstelle. »Ihr Dekret zur Straflosigkeit von Polizei und Militär bedroht die Demokratie«, heißt es im Beschluss. Die Bundesregierung dürfe »die Putschisten nicht legitimieren«. Man sei »angesichts der anhaltenden Repression und rechten Hetze der alten Eliten Boliviens« besorgt über das am Sonntag von Áñez unterzeichnete Gesetz, auf dessen Grundlage Neuwahlen durchgeführt werden sollen. Die Wahlen müssten, so die Parteispitze, durch internationale Wahlbeobachter begleitet werden. Weiter heißt es in dem Text, Die Linke sei besorgt »über die Welle von Gewalt und Rassismus gegenüber der indigenen Bevölkerung, linken Strukturen und den Abgeordneten der MAS-Partei«.

Der Parteivorstand bekräftigte explizit den Beschluss des Bundesausschusses vom 17. November, der nach einem Dringlichkeitsantrag von Vertretern der Landesverbände Niedersachsen und Hamburg bei einigen Gegenstimmen und Enthaltungen verabschiedet worden war. Der Bundesausschuss hatte den Putsch in Bolivien verurteilt und sich mit »der rechtmäßigen Regierung und dem geflohenen Präsidenten Evo Morales« solidarisiert.

Auch zu den Motiven für den Umsturz in dem lateinamerikanischen Land hatte der Bundesausschuss sich deutlich geäußert. Ein »handfester Grund« für den Putsch sei »die Kontrolle über Boliviens Rohstoffe, in erster Linie das Lithium, die der Staat unter der MAS in die Hände der Nation legte, um aus den Gewinnen soziale Umverteilung zugunsten der Armen zu finanzieren«. Ein »zweiter und entscheidender Grund« sei der »rassistische Hass der alten Elite«. Für diese sei es auch nach mehr als einem Jahrzehnt des Wandels »weiterhin inakzeptabel, dass Evo Morales der indigenen Mehrheit nicht nur kulturelle Würde gab, sondern ihr die politische Entscheidungsmacht in den staatlichen Institutionen in die Hände legte«.

Nach jW-Informationen war der Dringlichkeitsantrag gegenüber dem Bundesausschuss damit begründet worden, dass der dem geschäftsführenden Parteivorstand zu diesem Zeitpunkt vorliegende Entwurf von Christine Buchholz Passagen beinhaltet habe, die auf eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Boliviens hinausliefen, weil darin »indirekt Ratschläge« erteilt worden seien. Eine solche Erklärung in der Öffentlichkeit widerspreche der internationalistischen Haltung der Partei Die Linke und könne als indirekte Rechtfertigung des Putsches interpretiert werden. Bemängelt worden sei auch, dass der Entwurf von Buchholz zwar eine Kritik an dem Putsch, aber keine Solidarisierung mit der gestürzten Morales-Regierung beinhaltet habe.

Vor den Parteigremien hatte sich bereits am 11. November Sahra Wagenknecht, zu dem Zeitpunkt noch Kovorsitzende der Bundestagsfraktion, zu dem Putsch geäußert. Alle sozialen Errungenschaften und die kulturellen Rechte der indigenen Bevölkerung, die unter der Präsidentschaft von Evo Morales geschaffen worden seien, stünden auf dem Spiel, so Wagenknecht. Am 13. November hatte die stellvertretende Fraktionschefin Heike Hänsel die Selbsternennung von Áñez zur Interimspräsidentin kritisiert.


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NEUER BEITRAG29.11.2019, 00:03 Uhr
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FPeregrin

Bolivien: Putsch! jW heute:

Konterrevolution marschiert

Mit Gewalt und Lügen ist es der Rechten Boliviens gelungen, Evo Morales abzusetzen. Eine vorläufige Bilanz

Von André Scheer

Knapp drei Wochen nach dem Staatsstreich in Bolivien sitzt das Putschistenregime offenbar fester im Sattel, als in den ersten Tagen nach dem Sturz von Präsident Evo Morales am 10. November zu erwarten gewesen ist. Während vor allem im Hochland die Proteste weitergehen, haben sich führende Vertreter der bisherigen Regierungspartei »Bewegung zum Sozialismus« (MAS), die in beiden Kammern des Parlaments über die absolute Mehrheit verfügt, sowie von bislang mit der gestürzten Regierung verbündeten Gewerkschaften und sozialen Bewegungen zu Abkommen mit dem Regime von ­Jeanine Áñez bereitgefunden.

Trotzdem warnt der Journalist Marco Teruggi davor, der MAS Verrat vorzuwerfen. Vielmehr sei die sich abzeichnende Entwicklung die wahrscheinlichste gewesen, schrieb er am Montag auf Facebook: »Die nationale und internationale Putscharchitektur hatte von Anfang an eine Lösung durch Wahlen vorgesehen, sobald die Bedingungen geschaffen sein würden, um sich zu legitimieren. Niemals ging es darum, auf unbestimmte Zeit eine De-facto-Regierung zu installieren. Es schien auch klar zu sein, dass die MAS im Parlament darauf setzen würde, Wahlen unter den am wenigsten ungünstigen Umständen zu erreichen, also als Partei antreten zu können und Garantien für Evo durchzusetzen.«¹ Letzteres scheint gescheitert zu sein. Morales hat am 24. November gegenüber der argentinischen Tageszeitung Página 12 erklärt, auf eine erneute Kandidatur zu verzichten, also nicht gegen seinen Ausschluss vorzugehen.

Lithium: Stoff für Akkus

Zu den Hintergründen seines Sturzes sagte er dem Blatt: »Mein großes Vergehen ist es, Indio zu sein, und vor allem, die Bodenschätze wie Erdöl und Erdgas nationalisiert zu haben.« Seine Gegner hätten die Wirtschaftspolitik und die Sozialprogramme der Regierung nicht hinnehmen wollen, insbesondere weil das Land nach der 2006 erfolgten Verstaatlichung der Naturressourcen damit begonnen habe, diese unter eigener Regie zu verarbeiten. »Unser großes Projekt war, die Lithiumproduktion zu industrialisieren. Doch die transnationalen Konzerne und einige Gruppen aus Chile wollten nicht, dass wir das fortsetzen.«² Stimmt das, oder handelt es sich dabei nur um eine »Verschwörungstheorie«, wie es etwa der Fernsehsender Euronews auf seiner englischsprachigen Homepage formulierte?³

Lithium wird vor allem für Akkus benötigt, die in Smartphones und Laptops, aber auch in Elektroautos eingesetzt werden. Deshalb äußerte Uruguays früherer Präsident José »Pepe« Mujica bereits am Tag des Putsches in Bolivien den Verdacht, dass der Staatsstreich durch die großen Lithiumvorkommen motiviert sei: »Bolivien ist sehr reich. Man sagt, dass es über 70 Prozent des für die Herstellung neuer Batterien unverzichtbaren Materials verfügt. (…) Ich klage niemanden an, weil ich keine Beweise habe, aber aufgrund der Geschichte hege ich Misstrauen.« Der Neoliberalismus zögere nicht, zu »faschistoiden Methoden« zu greifen, wird der ehemalige Staatschef vom uruguayischen Internetportal La Red 21 zitiert.⁴

Oft übersehen wird allerdings, dass Lithium auch eine strategische Bedeutung für das Militär hat. So veröffentlichte die vom Südkommando der US-Streitkräfte (Southcom) herausgegebene Zeitschrift Diálogo im November 2014 einen Artikel unter der Überschrift »Optimale Batterien können auf dem Schlachtfeld den entscheidenden Unterschied ausmachen«.⁵ Mit Lithiumakkus gesteuerte Waffen seien deutlich zuverlässiger als solche, die sich auf Alkalineenergiequellen stützen, heißt es in dem Beitrag.

Einer Veröffentlichung des U.S. Geological Survey (USGS), einer Wissenschaftseinrichtung des US-Innenministeriums, zufolge werden die Lithiumreserven weltweit auf 62 Millionen Tonnen geschätzt. Die größten Vorkommen gibt es demnach in Argentinien mit 14,8 Millionen Tonnen, gefolgt von Bolivien mit mehr als neun Millionen. In Chile wurden dem Bericht zufolge Lagerstätten im Umfang von 8,5 Millionen Tonnen lokalisiert. Zum Vergleich: In den USA sollen 6,8 Millionen Tonnen liegen, in China 4,5 Millionen. Das USGS stellte deshalb im vergangenen Februar fest: »Die zuverlässige Versorgung mit Lithium ist zu einer Toppriorität für Technologieunternehmen in den Vereinigten Staaten und Asien geworden.«⁶

Die bolivianische Regierung schätzte die Vorkommen im eigenen Land sogar auf mehr als 20 Millionen Tonnen, womit es über die größten Reserven der Welt verfügen würde. In mehreren Publikationen ist auch die Rede davon, dass 85 Prozent der weltweiten Lithiumvorkommen auf das »Dreieck« Argentinien, Bolivien, Chile entfallen sollen.⁷ Um diese Rohstoffe konkurrieren die großen Wirtschaftsmächte, insbesondere China und die USA.

Vor diesem Hintergrund ist ein Beitrag beachtenswert, der am 7. November – vier Tage vor dem Sturz von Evo Morales – in der bereits erwähnten Zeitschrift des US-Militärs, Diálogo, in der Rubrik »Transnationale Bedrohungen« erschien. Unter der Überschrift »Chinesische Unternehmen beuten bolivianisches Lithium aus«⁸ weist die Autorin Julieta Pelcastre darin nicht nur darauf hin, dass die Bevölkerung des südamerikanischen Landes keine Vorteile von diesem Geschäft habe, sondern zitiert auch ausführlich Kritiken der »Beobachtungsstelle für Bergbaukonflikte in Lateinamerika« (OCMAL), das vor ökologischen Folgen des Lithiumabbaus warnt.

In einer Analyse, die ohne Datumsangabe – aber nach dem Staatsstreich – auf der Homepage des Lateinamerikanischen Rates der Sozialwissenschaften (Clacso) veröffentlicht wurde, erinnert Agustina Sánchez an die chinesische »Belt and Road Initiative« (»Neue Seidenstraße«). Die in diesem Rahmen betriebenen Projekte zum Ausbau von Handels- und Infrastrukturnetzen bedrohten weltweit die Hegemonie der USA. Als Reaktion darauf habe die Trump-Administration die Monroe-Doktrin »Amerika den Amerikanern« als Instrument ihrer Außenpolitik gegenüber Lateinamerika und der Karibik reaktiviert. »Daraus lässt sich schnell folgern, dass alle in unseren Ländern durchgeführten Aktionen, die dazu geeignet sein können, die Hegemonie der Vereinigten Staaten in der Region in Frage zu stellen, in den Fokus der Außenpolitik des Landes im Norden geraten.«⁹

Doch nicht nur China konkurriert in Südamerika mit den USA, auch deutsche Unternehmen bemühen sich um Zugriff auf die wertvollen Rohstoffe. So hatte im vergangenen Dezember die Firma ACI System aus Baden-Württemberg ein Gemeinschaftsunternehmen mit der staatlichen bolivianischen Gesellschaft YLB gegründet, um in Uyuni Lithium zu fördern. Dagegen gab es insbesondere im Vorfeld der Präsidentschaftswahl vom 20. Oktober Proteste. Die Gegner des Projekts bemängelten, dass die örtliche Bevölkerung nicht ausreichend davon profitieren würde. Offenbar war diese konkrete Kritik jedoch vor allem ein Vehikel, um allgemeinpolitische Forderungen nach »mehr Demokratie« und nach einem Sturz von Präsident Morales und seinem Stellvertreter Álvaro García Linera zu transportieren.

Offenbar als Reaktion auf die Proteste meldete die staatliche Nachrichtenagentur ABI am 3. November für die deutschen Partner überraschend, dass das dem Gemeinschaftsunternehmen zugrundeliegende Dekret außer Kraft gesetzt worden sei.¹⁰ In einem Interview mit der Deutschen Presseagentur erläuterte Morales am 19. November, »kleine Gruppen« unter dem »schlechten Einfluss chilenischer Berater« hätten sich gegen das Projekt gestellt. Es habe aber bereits weit fortgeschrittene Pläne gegeben, bis Ende des Jahres in Uyuni eine autonome Region zu schaffen und das Problem damit zu lösen. »Das war unser Plan. Der ist nun aber durchkreuzt.«¹¹


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NEUE ANTWORT29.11.2019, 00:05 Uhr
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29.11.2019, 00:06 Uhr
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FPeregrin

Bolivien: Putsch! >>>

Rückkehr Gottes

Die Proteste gegen das Projekt können im nachhinein als ein Auftakt zum Staatsstreich angesehen werden. Die treibende Kraft hinter der Bewegung gegen das bolivianisch-deutsche Projekt war das rechtsgerichtete »Bürgerkomitee von Potosí« (Comcipo). Dessen Anführer Marco Pumari liebäugelt inzwischen damit, sich an der Seite von Luis Fernando Camacho vom »Bürgerkomitee pro Santa Cruz« bei den für Februar vorgesehenen Neuwahlen zum Vizepräsidenten Boliviens wählen zu lassen.¹² Beide waren am Tag des Staatsstreichs in den Palacio Quemado, den alten Regierungssitz an der Plaza Murillo in La Paz, eingedrungen und hatten eine rot-gelb-grüne Nationalflagge, eine Bibel und eine an Morales gerichtete Rücktrittsforderung niedergelegt.

Die klerikalfaschistische Rechte, zu der Pumari und Camacho gehören, hat der von Morales geführten Bewegung nie verziehen, dass die katholische Kirche seit Inkrafttreten der 2009 in einer Volksabstimmung verabschiedeten neuen Verfassung keine Staatskirche mehr ist, sondern der laizistische Charakter des Staates betont wird. Morales habe »Gott« aus dem Präsidentenpalast vertrieben und durch die von den Indígenas verehrte Pachamama (Mutter Erde) ersetzt, barmen sie. Nun aber sei »die Bibel in den Palast zurückgekehrt«, verkündete ein Begleiter Camachos und Pumaris am 10. November. »Die Pachamama wird niemals zurückkehren.« Und Camacho machte hinter dem Sturz des Präsidenten sogar das Wirken Gottes aus: Kaum eine Viertelstunde nachdem die Bibel »in den Präsidentenpalast zurückgekehrt« sei, habe die Welle von Rücktritten der »Verbrecher« begonnen, behauptete er auf Twitter.

Tatsächlich waren es vielmehr Gewalt und Erpressung, die zahlreiche Funktionsträger der bolivianischen Administration zur Demission gezwungen haben. So gab Bergbauminister César Navarro sein Amt auf, nachdem militante Regierungsgegner sein Haus in Potosí in Brand gesteckt und einen Angehörigen angegriffen hatten: »Ich muss die Familie beschützen.« Auch Sportminister Tito Rolando Montaño begründete seinen Schritt gegenüber dem Rundfunksender Red Uno mit »Schikanen, psychologischem Druck und Drohungen gegen meine Familie«. Der Präsident der Abgeordnetenkammer, Víctor Borda, erklärte öffentlich, er wolle durch seinen Rücktritt das Leben seines Bruders retten, der »als Geisel genommen« worden sei. Auch Staatschef Morales und sein Stellvertreter Álvaro García Linera begründeten ihre Demissionserklärungen damit, auf diese Weise ihre Genossen vor weiteren Nachstellungen schützen zu wollen.

Von den Rücktritten profitierte am folgenden Tag Jeanine Áñez, die Zweite Vizepräsidentin des Senats. Boliviens Verfassung sieht vor, dass bei einem Rücktritt von Präsident und Vizepräsident der Präsident des Senats oder – wenn auch dieser nicht verfügbar ist – der Präsident des Abgeordnetenhauses die Regierungsgeschäfte übernehmen sollen. Alle vier hatten jedoch ihr Amt niedergelegt. Áñez ließ sich deshalb zur Senatspräsidentin wählen – allerdings in einer Sitzung, die nicht beschlussfähig war, weil die Abgeordneten der MAS aufgrund fehlender Sicherheitsgarantien der Tagung ferngeblieben waren. Nur Minuten nach ihrer irregulären Wahl verkündete sie dann, die Präsidentschaft des Landes zu übernehmen.¹³ Die Präsidentenschärpe wurde ihr von einem Offizier in Tarnfleckuniform umgehängt, und den Amtseid legte sie nicht auf die Verfassung des Landes, sondern auf eine Bibel ab. Schon in der Vergangenheit hatte Áñez keinen Hehl aus ihrer rassistischen Verachtung für die »Indios« gemacht, denen sie auf Twitter »satanische Riten« vorwarf.¹⁴ Folgerichtig gehören ihrem Kabinett keine Indígenas an. Solchen Gesten ließen die Putschisten vielerorts Taten folgen und verbrannten die Whipala, die Fahne der Indígenas, die in der bolivianischen Verfassung ebenso wie die rot-gelb-grüne Trikolore als Symbol des Staates anerkannt ist. Es kam auch zu Angriffen auf die Botschaften Venezuelas und Kubas in La Paz sowie zur Festnahme kubanischer Ärztinnen und Ärzte.

Allerdings hätte Áñez spätestens mit der am 14. November erfolgten Neuwahl der Spitzen von Senat und Abgeordnetenkammer ihr Amt als »Übergangspräsidentin« wieder aufgeben müssen, denn seither steht die MAS-Senatorin Mónica Eva Copa an der Spitze des Oberhauses. Tatsächlich haben die sozialistischen Abgeordneten jedoch seither keinen Versuch unternommen, die Machtfrage zu stellen. Das könnte der realpolitischen Einschätzung geschuldet sein, dass sich Polizei und Armee hinter Áñez gestellt haben und offensichtlich nicht bereit sind, sie fallen zu lassen. Auch führende Vertreter des Gewerkschaftsbundes COB und des ursprünglich zur Unterstützung der Regierung von Evo Morales gebildeten Bündnisses »Pakt der Einheit« haben am vergangenen Montag ein Abkommen mit Áñez unterzeichnet, das der »Befriedung« des Landes dienen soll. Die Vertreter sozialer Bewegungen und Gewerkschaften hatten unter anderem einen Rückzug des Militärs in die Kasernen verlangt, nachdem die Soldaten seit dem Staatsstreich zur Unterdrückung der Proteste eingesetzt worden waren. Die Zahl der dabei Getöteten wird inzwischen auf mehr als 30 geschätzt. In dem Abkommen, das der Fernsehsender RTP über Twitter verbreitete, ist allerdings nur die Rede von einer »Koordination mit den zuständigen Stellen«, um den Rückzug der Armee zu erreichen. Die gleiche Formulierung wurde hinsichtlich einer Aufhebung des von Áñez am 15. November erlassenen Dekrets gewählt, mit dem Soldaten und Polizisten ein Freibrief für den Einsatz von Schusswaffen gegen die Massenproteste erteilt wurde.


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NEUE ANTWORT29.11.2019, 00:07 Uhr
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FPeregrin

Bolivien: Putsch! >>>

Keine Wahlfälschung

Unterdessen gerät auch die zentrale Begründung für den Staatsstreich – angebliche Manipulationen bei der Wahl vom 20. Oktober – ins Wanken. Dem offiziellen Ergebnis zufolge hatte Amtsinhaber Evo Morales mit 47,08 Prozent der Stimmen gewonnen. Da der Zweitplazierte Carlos Mesa mit 36,51 Prozent mehr als zehn Punkte hinter dem Sieger lag, war Morales damit in der ersten Runde im Amt bestätigt. Bei einem geringeren Abstand hätte es eine Stichwahl geben müssen. Darauf hatten die Rechtsparteien gesetzt, weil sie dann gute Chancen gehabt hätten, mit vereinten Kräften eine Mehrheit gegen Morales zusammenzubekommen.

Die Opposition zweifelte das Ergebnis an und verwies darauf, dass Morales’ Vorsprung in ersten, am Wahlabend veröffentlichten Teilergebnissen geringer ausgefallen war. Die Präsidentin des ­Obersten Wahlgerichts (TSE), María Eugenia Choque, hatte allerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in diesen noch nicht die Resultate ländlicher Wahlbezirke eingeflossen seien, in denen die MAS ihre Hochburgen hatte. Gewaltsame Angriffe auf die Auszählung führten dann zu deren Unterbrechung, so dass das vorläufige Endergebnis erst am 24. Oktober veröffentlicht wurde. Daraufhin kritisierten Wahlbeobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) die Auszählung. Entgegen getroffener Absprachen veröffentlichte der von Washington dominierte Staatenbund am 10. November vorzeitig seinen vorläufigen Bericht, in dem technische Mängel aufgelistet werden. OAS-Generalsekretär Luis Almagro nahm das zum Anlass, die Annullierung der Wahlen zu fordern. Dagegen stellte der US-amerikanische Thinktank »Center for Economic and Policy Research« (CEPR) in einer wenige Tage später veröffentlichten Studie fest, dass weder die OAS noch andere Stellen hätten nachweisen können, »dass es bei den Wahlen systematische oder weit verbreitete Unregelmäßigkeiten gab«. Es existiere »keinerlei statistische oder offensichtliche Grundlage dafür, die Stimmergebnisse in Zweifel zu ziehen, nach denen Evo Morales in der ersten Runde gewonnen hat«, so der Mitverfasser der Analyse, Guillaume Long.¹⁵ Auch der an der Universität Michigan lehrende Politikwissenschaftler Walter R. Mebane unterzog die Resultate einer eingehenden Analyse und kam zu dem Schluss, dass eventuell manipulierte Stimmen für das Ergebnis der Wahlen in Bolivien nicht ausschlaggebend gewesen sein können.¹⁶

Schon im vergangenen April hatte Álvaro García Linera im Gespräch mit junge Welt einen philosophischen Vergleich herangezogen: »Wenn Sie ein Glas haben und einen Stein darauf werfen und dieses kaputt geht – warum geht es kaputt? Ist es die Schuld des Steins, oder liegt es daran, dass das Glas nicht stabil genug war, dem Stein standzuhalten? (…) Es wird immer Angriffe äußerer Kräfte geben, denen die Souveränität, die Autonomie und das Recht auf freie Selbstbestimmung der Völker nicht gefällt, die ein unterworfenes Lateinamerika wollen, das um Almosen bettelt.« Quasi als vorweggenommene Schlussfolgerung der jüngsten Ereignisse erklärte er damals: »Das können wir aus den zurückliegenden Erfahrungen lernen: Der Standard ist, dass sie uns angreifen werden. Das müssen wir im voraus wissen, damit wir diese Schläge aushalten und ihnen widerstehen können. Das ist die Aufgabe, vor der jede fortschrittliche Regierung in der ganzen Welt steht. Die konservativen Kräfte geben niemals kampflos auf. Der Baum, den du pflanzt, muss feste und tiefe Wurzeln schlagen, damit er Früchte tragen kann.«¹⁷

Das ist eine wichtige Lehre für den nächsten Anlauf, nicht nur in Bolivien.

Anmerkungen:

1 Link ...jetzt anmelden!

2 Evo Morales: »Renuncio a mi candidatura«, Página 12, 24.11.2019

3 Link ...jetzt anmelden!

4 Link ...jetzt anmelden!

5 Link ...jetzt anmelden!

6 U.S. Geological Survey, Mineral Commodity Summaries, February 2019; S. 98 f.; Link ...jetzt anmelden!

7 Link ...jetzt anmelden!

8 Link ...jetzt anmelden!

9 Detrás del Golpe: la industrialización del litio en Bolivia; Link ...jetzt anmelden!

10 Link ...jetzt anmelden!

11 Link ...jetzt anmelden!

12 Link ...jetzt anmelden!

13 Vgl. Link ...jetzt anmelden!

14 Vgl. Link ...jetzt anmelden!

15 Link ...jetzt anmelden!

16 Link ...jetzt anmelden!

17 junge Welt, 13. April 2019; Link ...jetzt anmelden!


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NEUER BEITRAG03.12.2019, 10:04 Uhr
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Dima

Bolivien: Putsch! Interview mit Evo Morales 29.11.2019

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NEUER BEITRAG25.10.2020, 22:10 Uhr
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arktika

Bolivien: "Neuwahlen" - Die Rechten schaffen's wieder nicht! Ein Jahr nach dem Putsch in Bolivien: Die Rechten haben's wieder nicht geschafft, die "MAS gewinnt mit 55,1 Prozent. Zweithöchste Wahlbeteiligung der Geschichte. Im Parlament behält MAS absolute Mehrheit". Und diesmal, oh Wunder, scheint sogar die OAS (Organisation amerikanischer Staaten) das Ergebnis anzuerkennen. Bleibt ihnen aktuell wohl nichts anderes über ... und den Rechten dann erstmal höchstens eine erneute Putschalternative, was aber auch eine gewisse Peinlichkeit beinhalten würde. Andererseits sind einige doch da recht schmerzfrei, wie Guaido in Venezuela immer wieder zeigt.

Auf amerika21 am 24. Oktober ein Artikel von Andreas Hetzer

Offizielles Wahlergebnis in Bolivien: MAS siegt mit überragender Mehrheit
MAS gewinnt mit 55,1 Prozent. Zweithöchste Wahlbeteiligung der Geschichte. Im Parlament behält MAS absolute Mehrheit


La Paz. Mit einer weiteren Verspätung um zwei Tage hat Salvador Romero, Präsident des Obersten Wahlgerichts (TSE), am Freitagabend die offiziellen Wahlergebnisse verkündet. Die Bewegung zum Sozialismus (Movimiento al Socialismo, MAS) steht somit als Wahlsieger in der ersten Runde mit deutlichem Vorsprung fest. Der demokratische Ablauf der Wahlen wird von internationalen Organisationen rundum bestätigt.

Die MAS ist mit 55,1 Prozent der klare Wahlsieger, gefolgt von der enttäuschten Allianz Bürgergemeinschaft (Comunidad Ciudadana, CC) mit 28,83 Prozent. Der Präsidentschaftskandidat der CC, Carlos Mesa, hatte schon vor Tagen seine Niederlage eingestanden und die Führung der Opposition für sich reklamiert. Das bedeutet, dass die MAS über 26 Prozentpunkte vor dem unmittelbaren Konkurrenten liegt.

In Wählerstimmen ausgedrückt haben über 1.600.000 Personen mehr die MAS als die CC gewählt. Arce hat demnach das Wahlergebnis von Ex-Präsident Evo Morales aus dem Vorjahr weit übertroffen. Damals hatte Morales etwas über 47 Prozent erreicht, jedoch wurden die Wahlen aufgrund eines angeblichen Wahlbetrugs annulliert.

Der regionalistische und ultrarechte Luis Fernando Camacho von Wir Glauben (Creemos) aus Santa Cruz kommt mit seiner Partei gerade mal auf 14 Prozent. Die restlichen beiden Parteien blieben sogar unter der Drei-Prozent-Hürde und verlieren somit laut Wahlgesetz ihre Parteiregistrierung.

Die Abstimmung in 29 Ländern fiel sogar noch deutlicher aus. Dort gewann die MAS deutlich mit knapp 69 Prozent vor CC mit unter 17 Prozent. Die drittstärkste Kraft war auch hier Creemos mit etwa 12 Prozent.

Aus den Ergebnissen folgt, dass die MAS auch dann die Wahlen in der ersten Runde für sich entschieden hätte, wenn sich die beiden stärksten Oppositionsparteien zusammengeschlossen hätten. Dies wurde im Vorfeld der Wahlen immer wieder von der Anti-MAS-Fraktion gefordert, nachdem De-facto-Präsidentin Jeanine Áñez ihre Kandidatur zurückgezogen hatte. Laut Wahlgesetz gewinnt ein Kandidat dann in der ersten Runde, wenn er 40 Prozent der abgegebenen Stimmen bei einem Vorsprung von mindestens zehn Prozentpunkten erreicht.

Insgesamt gaben 6.483.893 Menschen ihre Stimme ab. Das bedeutet eine Wahlbeteiligung von 88,4 Prozent. Auch wenn im Land Wahlpflicht herrscht, so handelt es sich laut Romero um die zweithöchste Partizipation in der Geschichte Boliviens.

Damit ist das Ergebnis noch deutlicher ausgefallen als nach den ersten Hochrechnungen (amerika21 berichtete). Aus diesem Grund hatten international namhafte Politiker bereits frühzeitig der MAS zum Wahlsieg gratuliert. Luis Almagro, Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), erkannte schon am Montag die neu gewählte Präsidentschaft an, als die offizielle Auszählung gerade erst begonnen hatte.

Selbst der der MAS nicht gerade wohlgesonnene US-Außenminister, Mike Pompeo, schloss sich zwei Tage später den Glückwünschen an. Er brachte seine Hoffnung "auf eine Zusammenarbeit in Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse mit der demokratisch neu gewählten Regierung" zum Ausdruck.

Die verschiedenen internationalen Wahlbeobachtermissionen waren sich in ihren vorläufigen Berichten einig, dass ein Wahlbetrug auszuschließen und die Stimmabgabe friedlich und ohne größere Zwischenfälle abgelaufen sei.

Neben der Direktwahl des Präsidenten stimmten die Wähler auch über die Zusammensetzung der Plurinationalen Legislativen Versammlung Boliviens ab. Im Abgeordnetenhaus erreichte die MAS 73 von 130 Sitzen und verfügt über die absolute Mehrheit. CC kam auf 41 und Creemos auf 16. Im 36 Sitze starken Senat verfügt die MAS über eine satte Mehrheit von 21, die CC hat hier 11 und Creemos 4 Sitze. Bemerkenswert ist die Geschlechterverteilung im Senat: Von 36 Vertretern sind 20 Frauen.

Die MAS hat damit ihre Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern im Gegensatz zur vorherigen Legislaturperiode verloren. Das bedeutet, dass sie bei Verfassungsänderungen zu Verhandlungen mit der Opposition gezwungen ist.

Der deutliche Vorsprung und die absolute Mehrheit verleiht der neuen Regierung eine hohe Legitimität. Nichtsdestotrotz regt sich immer noch Widerstand gegen den Wahlausgang, der vor allem aus dem Tieflanddepartament Santa Cruz kommt. Dort versammeln sich seit den letzten vier Tagen regelmäßig Tausende Menschen und protestieren wegen angeblichen Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauszählung. Juan Martín Delgado, Führer der Jungen Cruzeñischen Union (Unión Juvenil Cruceñista, UJC), rief gestern zum Bürgerstreik ab Samstag 24 Uhr auf. Der Präsident des nahestehenden Comité Pro Santa Cruz, Rómulo Calvo, schloss sich dem Aufruf jedoch nicht an, weil "es nicht der richtige Moment sei". Er sei der Meinung, dass zuerst alle juristischen Mittel zum Einsatz kommen müssten. Zudem sei eine Versammlung der Bürger von Santa Cruz abzuhalten, bevor derartige Maßnahmen getroffen werden könnten. Delgado warf seiner Schwesterorganisation daraufhin vor, dass sie sich einer "Komplizenschaft des Schweigens" schuldig mache und die Jugendorganisation "bereits zuvor verraten" habe.

Die Senatspräsidentin, Eva Copa, hat unmittelbar nach der Pressekonferenz des TSE die offizielle Amtseinführung von Luis Arce und seinem Vize, David Choquehuanca, für den 8. November in La Paz festgelegt. Das TSE wird am kommenden Dienstag die Ernennungsurkunden für die Parlamentarier und am Mittwoch für die Präsidentschaft ausstellen. Danach muss innerhalb von zwei Wochen die Amtsübergabe vonstattengehen. Das bedeutet, dass die De-facto-Regierung noch maximal bis zum 11. November im Amt bleiben kann. Wiederum maximal 120 Tage danach müssen die Regionalwahlen durchgeführt werden, bei denen die Gouverneure, Bürgermeister und Regionalparlamente bestimmt werden. Der Wahlkampf geht also direkt in die nächste Runde.


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NEUE ANTWORT25.10.2020, 22:21 Uhr
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arktika

Bolivien: "Neuwahlen" - Die Rechten schaffen's wieder nicht! ... und die Auswertung der Wahlbezirke widerlegt noch einmal aufs schönste das letztjährige "Wahlbetrug"-Geschrei von bolivianischer Rechte, Yanks und OAS. "Das CEPR verglich die Ergebnisse von 81 der 86 Wahlbezirke, in denen die OAS im letzten Jahr Betrug festgestellt haben wollte. Und siehe da, die diesjährigen Ergebnisse sind praktisch überall, mit Ausnahme von neun Bezirken, noch weit eindeutiger in Richtung der Bewegung zum Sozialismus (MAS) als vergangenes Jahr. Hatte die MAS 2019 in vielen dieser Wahlbezirke 85-90 Prozent der Stimmen errungen, sind es in diesem Jahr teils sogar 95-100 Prozent." [...] "muss die Rolle der OAS im vergangenen Jahr nun nochmals kritischer gesehen werden als bereits nach den vorgelegten Analysen der letzten Monate von CEPR, dem Massachusetts Institute of Technology (MIT), den Universitäten von Pennsylvania, Tulane und Michigan sowie der New York Times (amerika21 berichtete mehrfach)."

Der Artikel Analyse und Erkenntnis: Kein Wahlbetrug in Bolivien 2019, kein Wahlbetrug 2020 von Jonatan Pfeifenberger am 22.10. ebenfalls auf amerika21 unter Link ...jetzt anmelden!
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NEUER BEITRAG26.10.2020, 15:50 Uhr
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arktika

Bolivien: Wiederaufnahme dipl. Bez. zu Kuba, Venez., Iran Nach dem Wahlsieg der Linken will Bolivien die vom Putschistenregime abgebrochenen diplomatischen Beziehungen zu Kuba, Venezuela und Iran wieder aufnehmen.

Regierung von Arce hat vor, Beziehungen zu Kuba, Venezuela und dem Iran wieder aufzunehmen
Die Beziehungen zwischen diesen Ländern verschlechterten sich nach dem Staatsstreich im November 2019 und der Machtergreifung der de facto Regierung von Áñez


Der gewählte Präsident Boliviens Luis Arce plant im Rahmen der Außenpolitik seiner zukünftigen Regierung, die diplomatischen Beziehungen zu Kuba, Venezuela und dem Iran wieder aufzunehmen, meldete Telesur.

Arce gwann als von der Bewegung zum Sozialismus (MAS) aufgestellter Kandidat am Sonntag die Präsidentschaftswahlen des südamerikanischen Landes mit etwa 54 % der Stimmen, wie der Oberste Wahlgerichtshof (TSE) basierend auf einer Teilauszählung bekanntgab.

In einem Interview mit der spanischen Nachrichtenagentur EFE sagte der 57jährige Politiker, dass, wenn er einmal das Präsidentenamt übernommen habe, was voraussichtlich in der ersten Novemberhälfte der Fall sein werde, er damit beginne, die diplomatischen Beziehungen zu Kuba, Venezuela und dem Iran wiederaufzunehmen,

Die Beziehungen zu diesen Ländern verschlechterten sich nach dem Staatsstreich gegen den ehemaligen Präsidenten Evo Morales im November 2019 und der Machtübernahme durch die von der rechten Jeanine Áñez angeführten de facto Regierung.

Die bolivianische de facto Regierung brach die diplomatischen Beziehungen mit Venezula am 15. Novemer 2019 an und tat das gleiche mit Kuba am 24 Januar wegen angeblicher „Feindseligkeiten und Aggressionen“.

Das von Áñez angeführte Regime hat außerdem ein gespanntes Verhältnis zu den Regierungen Mexikos und Argentiniens, weil sie den ehemaligen Präsidenten Evo Morales nach dem Staatsstreich aufgenommen hatten.

Außerdem ist die Rückkehr Boliviens in die Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC) vorgesehen, ein Integrationsmechanismus, der sich aus 33 Ländern Lateinamerikas und der Karibik zusammensetzt.


veröffentlicht auf granma am 21.10. unter
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NEUER BEITRAG27.10.2020, 10:20 Uhr
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FPeregrin

Bolivien: Haftbefehl gegen Evo Morales aufgehoben Haftbefehl gegen Evo Morales aufgehoben

Bolivien 26. Oktober 2020

n Bolivien ist der nach dem Putsch Ende 2019 erlassene Haftbefehl gegen den damals gestürzten Präsidenten Evo Morales aufgehoben worden. Darüber informierte am Montag der Präsident des Regionalgerichts von La Paz, Jorge Quino. Er begründete die Entscheidung damit, dass die Rechte des Beschuldigten im Verfahren verletzt worden seien. Insbesondere sei Morales die Möglichkeit vorenthalten worden, sich gegen die erhobenen Anschuldigungen zu verteidigen.

Der zuständige Staatsanwalt Marco Cossío bestätigte gegenüber Journalisten außerdem, dass auch die Vorladung von Evo Morales, zu den vom Putschistenregime gegen ihn erhobenen Terrorismus-Vorwürfen auszusagen, aufgehoben worden sei. Allerdings seien die Vorwürfe nicht fallengelassen worden, man wolle nun eine Aussage des gestürzten Präsidenten durch »internationale Kooperation« erreichen.

Morales hatte im November 2019 seinen Rücktritt vom Präsidentenamt erklärt, nachdem Militär und Polizei gegen ihn rebelliert hatten. Er konnte nach Mexiko entkommen. Heute lebt er in Argentinien, das ihm politisches Asyl gewährt hat.

Quelle: Xinhua / RedGlobe


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NEUER BEITRAG10.11.2020, 18:54 Uhr
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arktika

Bolivien: Umkehr des "Regime Change" Seit dem 31.10. steht auf amerika21 ein längerer Text von Mark Weisbrot, der sich mit den Wahlen (nicht nur der letzten), der OAS, dem Putsch, der polit. + wirtschaftl. Situation im Land ... beschäftigt. Lohnt sich zu lesen.

Bolivien: Bevölkerung gewinnt Demokratie zurück
MAS-Wahlsieg ist eine Zurückweisung des rassistischen Putschregimes und eine Abfuhr an Trump-Regierung und OAS


Am Sonntag, dem 18. Oktober, gewann Luis Arce die Präsidentschaft von Bolivien in klarer Ablehnung des Militärputsches vom letzten Jahr, durch den die gegenwärtige Regierung an die Macht gekommen war. Arce ist der frühere Wirtschaftsminister von Evo Morales, des ersten indigenen Präsidenten des Landes mit dem größten indigenen Bevölkerungsanteil in den Amerikas. Morales' demokratisch gewählte Regierung war im November des vergangenen Jahres gestürzt worden.

Der November-Putsch wurde von der US-Regierung unterstützt und die Führung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) spielte eine zentrale Rolle dabei, die Grundlagen zu schaffen. Die Wahl vom Sonntag hat enorme Auswirkungen nicht nur für Bolivien, wo sie ein notwendiger Schritt zur Wiederherstellung der Demokratie ist, sondern auf die ganze Region, was Demokratie, nationale Unabhängigkeit, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt und den Kampf gegen Rassismus betrifft.

Was zunächst die Wahl betrifft, so zeigen inoffizielle Stimmauszählungen Arce mit mehr als 50 Prozent der Stimmen und mindestens 20 Prozentpunkten Vorsprung vor seinem nächsten Konkurrenten, dem ehemaligen Präsidenten Carlos Mesa, in Führung. Eine Mehrheit ist entscheidend, aber selbst wenn die endgültige, offizielle Auszählung Arce unter 50 Prozent brächten, so ist sein Vorsprung auf Mesa so gut wie sicher ausreichend, um die Wahl im ersten Wahlgang zu gewinnen (dazu muss ein Kandidat mehr als 50 Prozent der Stimmen haben oder mindestens 40 Prozent mit einem Vorsprung von zehn Prozentpunkten auf den Zweitplatzierten). Bereits am Sonntagabend hatte Mesa hat die Niederlage eingestanden und De-facto-Präsidentin Jeanine Áñez gratulierte Arce zu seinem Sieg.

Tatsächlich hätte Arce die Wahl wohl sogar dann gewonnen, wenn er nicht gegen eine repressive, rassistische Regierung angetreten wäre, die durch einen Putsch an die Macht kam. Als Wirtschaftsminister seit Morales' Amtsantritt im Januar 2006 kann Arce viel Anerkennung für eine Politik beanspruchen, die jeder Ökonom als bemerkenswert erfolgreiche wirtschaftliche Wende für Bolivien bezeichnen würde. Als Morales zum ersten Mal gewählt wurde, war das Einkommen pro Person geringer als in den 26 Jahre davor. In den 14 Jahren der Regierung der "Bewegung zum Sozialismus" (Movimiento al Socialismo, MAS) stieg das Einkommen dagegen um 52 Prozent. Dies ist eine beträchtliche Verbesserung des Lebensstandards (sechstes von 34 Ländern in der Region) nach lang andauerndem wirtschaftlichen Niedergang.

Arme Bolivianer, in ihrer Mehrheit Indigene, profitierten sogar mehr als andere von den wirtschaftlichen Erfolgen der MAS-Regierung. Die Armut wurde um 42 Prozent und die extreme Armut um 60 Prozent reduziert. Ärmere Bolivianer profitierten auch überproportional von den stark zunehmenden öffentlichen Investitionen etwa in Schulen, Straßen und Krankenhäuser.

Im Gegensatz dazu waren die elf Monate der Putschregierung seit November letzten Jahres eine Katastrophe. Der Internationale Währungsfonds schätzt, dass die bolivianische Wirtschaft im Jahr 2020 um 7,9 Prozent schrumpft. Natürlich hat der größte Teil der Welt durch Covid-19 wirtschaftlichen Schaden erlitten, aber Bolivien hat aufgrund der Misswirtschaft der Putschregierung eine extrem hohe Zahl an Todesopfern im Verhältnis zu seiner Bevölkerung. Bolivien steht an dritter Stelle von 150 Ländern, gemessen an der Zahl der Menschen pro Million, die durch Covid-19 zu Tode kamen. Dies ist kriminelle Fahrlässigkeit.

Die Bolivianer litten unter weiteren vorsätzlichen Verbrechen der aktuellen Regierung. Dazu gehören zwei Massaker der Sicherheitskräfte, bei denen mindestens 22 Menschen getötet wurden ‒ allesamt Indigene. Der offene Rassismus nicht nur der Sicherheitskräfte, sondern auch der Führung des Putsches und der De-facto-Regierung sowie die Unterdrückung und politische Verfolgung durch diese Regierung wurden im Bericht der "International Human Rights Clinic" der Harvard Law School und des Universitätsnetzwerks für Menschenrechte im Juli dokumentiert. Dieser Bericht kam zu dem Ergebnis, der Putsch-Monat sei "der zweittödlichste Monat in Bezug auf die Zahl der zivilen Toten gewesen, die staatliche Sicherheitskräfte zu verantworten hatten, seit Bolivien vor fast 40 Jahren eine Demokratie wurde".

Human Rights Watch stellte fest, dass die De-facto-Regierung "Staatsanwälte und Richter öffentlich unter Druck setzte, im Sinne ihrer Interessen tätig zu werden, was strafrechtliche Ermittlungen wegen Aufruhr und/oder Terrorismus gegen mehr als 100 Personen, die mit der Morales-Regierung und Morales-Unterstützern in Verbindung stehen, zur Folge hatte". Zu den wegen Terrorismus Beschuldigten gehört Evo Morales selbst. Human Rights Watch kam zu dem Schluss, dass dies "eher ein politischer Angriff auf Morales und seine Unterstützer zu sein scheint, als die Durchsetzung des Gesetzes".

All das wäre nicht geschehen, wenn die rechtsgerichteten Kräfte ‒ die 14 Jahre lang keine Wahlen gewinnen konnten ‒ nicht in der Lage gewesen wären, einen Staatsstreich durchzuführen. Und dafür bekamen sie tatkräftige Hilfe:

Am 21. Oktober 2019, dem Tag nach der Wahl, veröffentlichte die OAS eine Erklärung und behauptete, dass es "nach Abschluss der Wahlen eine drastische und schwer erklärbare Trendwende bei den Ergebnissen gab". Beweise wurden nicht vorgebracht und die Behauptungen wurden alsbald widerlegt. Aber die OAS wiederholte den Vorwurf über Wochen und dann über Monate, und er war die politische Grundlage für den Putsch vom 10. November und zur Rechtfertigung für die dann folgenden Übergriffe.

Wie aus öffentlich zugänglichen Wahlunterlagen von Anfang an klar hervorging, war das, was tatsächlich geschah, recht einfach: Gegenden, die ihre Ergebnisse später übermittelten, hatten mehr für die MAS gestimmt als die, die früher berichteten. Das geschieht bei vielen Wahlen und war, wenig überraschend, auch in diesem Jahr so, wie es in der offiziellen Auszählung in den Tagen nach der Wahl vom Sonntag dokumentiert ist.


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NEUE ANTWORT10.11.2020, 18:57 Uhr
EDIT: arktika
10.11.2020, 19:00 Uhr
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arktika

Bolivien: Umkehr des "Regime Change" >>>>>

Am Montagnachmittag meldete Associated Press: "Bei der offiziellen Auszählung der 24 Prozent der bis Montag ausgezählten Stimmen hatte Mesa einen 41 zu 39 Prozent Vorsprung vor Arce, aber diese Stimmen kamen größtenteils aus städtischen Gegenden und nicht aus den ländlichen Kerngebieten, welche die Basis für Morales' Unterstützung sind". Und in der Tat zog Arce bald vorbei und war auf dem Weg zu seinem mehr als 20-Punkte-Vorsprung, wie es die Schnellauszählung vom Sonntagabend auch gemeldet hatte.

Doch als sich im vergangenen Jahr der gleiche, leicht erklärbare Trend zeigte, der den Vorsprung von Evo Morales von 7,9 auf über zehn Prozentpunkte vergrößerte ‒ genug, um in der ersten Wahlrunde zu gewinnen ‒ erfand die OAS die falsche Geschichte vom Betrug. Die meisten großen Medien akzeptierten diese Geschichte.

Die OAS veröffentlichte in den Monaten nach ihrer ersten Pressemitteilung noch drei weitere Berichte, ging aber auf die naheliegende Möglichkeit gar nie ein, die ihre Wahlresultate später abliefernden Bezirke könnten sich politisch von denen unterscheiden, die ihre Ergebnisse früher geliefert hatten. Es handelte sich um eine offizielle Beobachtermission der OAS, besetzt mit professionellen Wahlbeobachtern, die mindestens genauso so viel darüber hätten wissen müssen wie jemand, der Wahlen am Fernsehbildschirm verfolgt. Es ist ganz einfach unglaubwürdig, dass dieses weit verbreitete und weithin verstandene Wahlphänomen der Organisation nie auch nur in den Sinn gekommen ist.

Am 25. November fragten vier Mitglieder des US-Kongress bei der OAS, ob die Organisation an diese Möglichkeit gedacht habe, aber nach fast einem Jahr haben sie auf diese und zehn weitere grundlegende Fragen noch immer keine Antwort. Zwei von ihnen, Jan Schakowsky und Jesús "Chuy" García (beide Demokraten aus Chicago), fordern vom Kongress, das Tun der OAS zu untersuchen (der US-Kongress bewilligt rund 60 Prozent der OAS-Finanzen).

Auf die meisten Fragen von Journalisten verweigert die OAS die Antwort, zumindest offiziell; und sie beantwortete nie den Brief der 133 Ökonomen und Statistiker, in dem die gleichen Probleme und Fragen betreffend die Falschaussagen der OAS aufgeworfen wurden wie von den Kongressmitgliedern.

Aber der Generalsekretär der OAS, Luis Almagro, antwortete sehr wohl auf einen Artikel in der New York Times vom 7. Juni, in dem statistische Belege dafür geliefert wurden, dass die Behauptungen der OAS über eine gestohlene Wahl falsch waren.

Almagro überschüttete die Times mit einer Flut von Beschimpfungen und der Behauptung, sie "beabsichtige, dem bolivianischen Volk die Möglichkeit zu nehmen, bei einer neuen Wahl einen anderen Präsidenten zu wählen als Evo Morales". Er attackierte die mehr als 90 Jahre Berichterstattung der Times und erklärte deren angebliche Voreingenommenheit gegenüber Morales mit der "gut dokumentierten widersprüchlichen Geschichte der Zeitung, was die Wahrheit in Bezug auf Totalitarismus und Diktatur angeht", einschließlich der von Stalin, Castro und sogar Hitler. Dies von einer Organisation, die Länder mit einer Gesamtbevölkerung von mehr als einer Milliarde Menschen vertreten soll.

All dies zeigt, wie wichtig es ist, zu verhindern, dass die OAS von der US-Regierung weiter als Instrument für "Regime change" benutzt wird.

Die OAS hat dies bereits früher getan: Bei den Wahlen in Haiti im Jahr 2000, als die OAS ihre Analyse änderte, um den Vorwand für die Einstellung fast der gesamten internationalen Hilfe zu liefern, was zu dem US-gestützten Putsch 2004 führte; ferner 2011, als die OAS tat, was vielleicht keine andere Wahlbeobachtermission je getan hat, nämlich einfach die Ergebnisse des ersten Wahlgangs der Präsidentschaftswahlen in Haiti zu kippen.

Wir müssen selbstverständlich auch stoppen, dass "Regime change" Washingtons Standardpolitik im Umgang mit linken Regierungen in Lateinamerika ist.

Im 21. Jahrhundert hat die Mehrheit der Menschen in Lateinamerika und der Karibik linke Regierungen gewählt, die unabhängiger waren als ihre Vorgänger. Washington intervenierte stets, um fast alle zu untergraben, wie etwa in Argentinien, Brasilien, Bolivien, Haiti, Honduras, Nicaragua, Venezuela und Paraguay ‒ mit ziemlicher Sicherheit noch weitere, wofür es Indizien gibt ‒ und trug in mehreren Fällen zu einem tatsächlichen Regierungswechsel bei.

Diese Interventionen können verheerende und lang anhaltende Auswirkungen haben, wie man bei einigen der oben genannten Länder sehen kann, die allein in diesem Jahrhundert den Regime change-Operationen der USA zum Opfer fielen.

Deshalb ist die Umkehr des "Regime change" in Bolivien so wichtig — und nicht nur für Bolivien, sondern für die gesamte Region.


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#Bolivien
#regimechange
#OAS
#USA
#LuisArce
#EvoMorales
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NEUER BEITRAG12.11.2020, 17:50 Uhr
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arktika

Bolivien: Evo Morales zurück aus Exil Wie Marta Andujo am 11. November auf amerika21 berichtet hat, ist der weggeputschte Ex-Präsident Evo Morales nach dem Wahlsieg der MAS nach Bolivien zurückgekehrt:

Evo Morales ist nach einem Jahr nach Bolivien zurückgekehrt

Villazón. Um 10:09 Uhr an diesem Montag hat Evo Morales die Grenze zwischen Bolivien und Argentinien überquert und kehrte nach einem Jahr Exil in seine Heimat zurück.

Nach den Wahlen im November 2019 war der erste indigene Präsident Boliviens durch politische Rechtskräfte und unter Mithilfe von Polizei, Militär und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) aus dem Amt gedrängt und, genau heute vor einem Jahr, zum Verlassen des Landes genötigt worden.

Seinen Grenzübertritt, der in Begleitung des argentinischen Präsidenten Alberto Fernández und einer großen Menschenmenge stattfand, kommentierte Morales: "Ich hatte keinen Zweifel daran, dass ich zurückkehre, aber ich war mir nicht sicher, dass es so bald sein würde ‒ etwas Historisches, etwas noch nie Dagewesenes, dank des Willens des Volkes und der Begleitung durch viele Verantwortungsträger in der Welt".

In der bolivianischen Grenzstadt Villazón hatten sich Tausende Menschen versammelt, um auf Morales zu warten. Die Basis der Bewegung zum Sozialismus (MAS), deren Parteichef Morales auch während seines Exils geblieben ist, zeigt in diesen Tagen ihren Mobilisierungsgrad. Wie bei der Rückkehr von Morales, sorgten die Massen der MAS-Anhänger auch in der Hauptstadt La Paz bei der Amtseinführung des neuen Präsidenten von Bolivien, Luis Arce, für einen geschützten Ablauf.

Der Ex-Präsident traf in Begleitung seines ehemaligen Vizepräsidenten Álvaro García Línera und des ehemaligen bolivianischen Botschafters bei den Vereinten Nationen, Sacha Llorenti, ein und verbrachte die Nacht in Uyuni, Potosí, um sodann in seine Heimatstadt Orinoca im Departement Oruro aufzubrechen.

In Uyuni hielt Morales eine Pressekonferenz ab, bei der er auf die Lithium- und Solequellen dieser Region verwies. Er betonte, dass sein Land mit dem Bau einer Lithium-Batterieanlage fortfahren werde. Präsident Arce werde die Pläne aus der gemeinsamen Regierungszeit wieder aufnehmen, um den Veredelungsprozess des Rohstoffes im Land zu halten. Viele internationale Treffen im vergangenen Jahr hätten ihm klar gemacht, "dass die Industrieländer im Westen nur wollen, dass wir Lateinamerikaner die Rohstoffe garantieren", erklärte der ehemalige Präsident.

Morales besuchte anschließend den Ort seiner Geburt, das Dorf Orinoca, um dann weiter in die Provinz Cochabamba zu reisen. Seine Route gestaltet sich als indigene Karawane mit vielen Zwischenstopps und Kundgebungen.

Mit dem Putsch vor einem Jahr kehrten zeitweise die Kräfte an die Macht zurück, die die indigene Mehrheit der bolivianischen Bevölkerung als "Wilde" bezeichnen und ihr einen Platz am Rande der Gesellschaft zuweisen wollen. Der Wahlsieg der MAS und die Rückkehr von Morales werden entsprechend gefeiert.


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NEUE ANTWORT25.11.2020, 15:14 Uhr
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arktika

Bolivien: Evo Morales zurück aus Exil Von Jonatan Pfeifenberger am 21. Nov. auf amerika21:

Bolivien: Morales übernimmt Führung der MAS, Putsch-Minister Murillo setzt sich ab
Politisches Comeback früher als erwartet. Kein Amt in Regierung. CIDH untersucht ab kommender Woche vor Ort Massaker von Sacaba und Senkata


Morales hat knapp eine Woche nach seiner Rückkehr nach Bolivien aus seinem einjährigen Exil in Argentinien die Führung der Regierungspartei Bewegung zum Sozialismus (MAS) übernommen. Morales wird auch wieder Präsident des Gewerkschaftsbundes der Kokabauern aus Chimare.

Er soll die MAS in die Kommunal- und Regionalwahlen im kommenden März führen. Morales war vor seinem Exil, während der Zeit als Präsident von Bolivien, bereits 14 Jahre lang Vizepräsident der MAS gewesen. Außerdem war er offiziell von seinem Exil in Buenos Aires aus Leiter des Wahlkampfes der MAS bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Oktober, aus denen Luis Arce als Sieger hervorging. Ein Amt in der neuen Regierung Arce hatten alle Seiten ausgeschlossen.

Morales wurde bei einer Sitzung in Cochabamba einstimmig an die Spitze der MAS gewählt. Er war am Tag nach der Amtseinführung von Arce über die südliche Grenze zu Argentinien nach einem einjährigen Exil nach Bolivien zurückgekehrt. Dabei wurde er von zahlreichen Anhängern enthusiastisch empfangen. Tausende Menschen waren in Chimare im subtropischen Teil von Cochabamba zugegen, wie in diesem Video zu sehen. Dort war Morales von einer Karawane von Anhängern begleitet zwei Tage später angekommen.

Derweil beschäftigt den Andenstaat auch bei einem anderen Thema die Vergangenheit: Kommende Woche wird eine Mission der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) nach Bolivien reisen, um eine Untersuchung durchzuführen, inwiefern die Putschregierung um Jeanine Áñez für die Massaker von Sacaba und Senkata verantwortlich ist. Die beiden Massaker jährten sich in dieser Woche zum ersten Mal.

Die CIDH hatte bereits in einem vorläufigen Bericht die Geschehnisse, bei denen mindestens 26 Menschen getötet und rund 100 verletzt wurden, als "Massaker" bezeichnet. Nun sei das Ziel der insgesamt sechs Experten, darunter auch der Präsident der CIDH, Joel Hernández García aus Mexiko, Einblick in alle relevanten Akten der Polizei, des Militärs und der Staatsanwaltschaft zu bekommen.

Auch die Vereinten Nationen hatten solche Ermittlungen gefordert (amerika21 berichtete).

Justizminister Iván Lima sagte der CIDH-Mission alle mögliche Unterstützung zu, machte aber zugleich deutlich, dass die bolivianische Justiz "das letzte Wort" bei der Bewertung der Geschehnisse vom November 2019 haben werde. Dies sei zur Wahrung der staatlichen Souveränität unerlässlich.

Der als hauptverantwortlich für die Massaker geltende ehemalige Innenminister unter Áñez, Arturo Murillo, scheint sich seit Längerem bewusst gewesen zu sein, was bei einer entsprechenden Aufarbeitung des Putsch-Jahres und der beiden Massaker auf ihn zukommen könnte. Darauf deuteten Aussagen kurz nach der Wahl von Arce zum Präsidenten hin.

Nun hat er sich, wie der Generalkommandant der bolivianischen Polizei, Jhonny Aguilera, in dieser Woche erklärte, aus Bolivien abgesetzt. Genauso wie De-facto-Verteidigungsminister Fernando López soll Murillo bereits am 9. November über den Landweg die Grenze in Richtung Brasilien überquert haben. Während López in Brasilien geblieben sei, habe Murillo ein Flugzeug nach Panama genommen, erklärte Aguilera. Gegen beide liegen mittlerweile Haftbefehle vor. Sie sollen Tränengas zu weit über dem Marktpreis üblichen Kosten gekauft haben. Auch von den Untersuchungen im Fall der Massaker von Sacaba und Senkata ist zu erwarten, dass weitere belastende Erkenntnisse gegen sie ermittelt werden.


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NEUE ANTWORT14.03.2021, 22:37 Uhr
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Bolivien: Evo Morales zurück aus Exil Endlich!!! In Bolivien wird jetzt 'klar Schiff' gemacht - ich hoffe, daß es nicht bei halben Sachen stehen bleiben wird. Die Staatsanwaltschaft hat 10 Haftbefehle gg die "Übergangspräsidentin", fünf Minister des Putschistenregimes und vier Mitglieder des Oberkommandos der Streitkräfte erlassen.

Von Volker Hermsdorf in der morgigen jW:

Knast für Putschisten
Boliviens linke Regierung verhaftet für Staatsstreich verantwortliche frühere »Übergangspräsidentin« und Minister. Rechte gibt sich empört


Die Opfer des Putsches gegen den gewählten Präsidenten Evo Morales vom November 2019 in Bolivien dürfen auf Gerechtigkeit hoffen. Am Sonnabend haben Sicherheitskräfte die damalige Vizepräsidentin des Senats, Jeanine Áñez, verhaftet. Sie hatte sich nach dem Staatsstreich selbst zur »Übergangspräsidentin« ernannt. Die Staatsanwaltschaft erließ Haftbefehle gegen insgesamt zehn Personen, darunter fünf Minister des Putschistenregimes und vier Mitglieder des Oberkommandos der Streitkräfte. Am Freitag waren bereits die ehemaligen Minister Álvaro Coímbra (Justiz) und Rodrigo Guzmán (Energie) festgenommen worden, nach vier Militär- und Polizeikommandeuren wird gefahndet. Der ultrarechte Exinnenminister Arturo Murillo hatte sich schon im November in die USA abgesetzt.

Der ehemaligen Machthaberin Áñez wird unter anderem Anstiftung zum Terrorismus, Verschwörung und Volksverhetzung vorgeworfen. Nachdem sie sich der Festnahme zunächst entzogen hatte, konnte sie in der Provinz Beni gefasst werden. Nach ihrer Verhaftung warf Áñez Staatsanwaltschaft und Regierung des südamerikanischen Landes vor, »zum Stil der Diktatur« zurückzukehren. »Sie beschuldigen mich, an einem Staatsstreich teilgenommen zu haben, der nie stattgefunden hat«, erklärte sie. Carlos Mesa, dessen Oppositionspartei Comunidad Ciudadana bei den mehrfach von den Putschisten verschobenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 18. Oktober 2020 mit 28,8 Prozent auf dem zweiten Platz landete, während der linken »Bewegung zum Sozialismus« (MAS) mit 55,1 Prozent ein Erdrutschsieg gelungen war, bezeichnete die Festnahmen und Haftbefehle als »juristische Verfolgung aus Rache«. Der rechte Gouverneur des Departamentos Santa Cruz, Luis Fernando Camacho, ein Drahtzieher des Putsches gegen Morales, drohte Präsident Luis Arce und der MAS offen damit, dass er der »Einschüchterung und Verfolgung« von ehemaligen Politikern und Militärs »nicht tatenlos zusehen« werde.

»Diese demokratisch gewählte Regierung hat nicht die Absicht, irgendjemanden politisch zu verfolgen, aber sie wird dafür sorgen, dass es in unserem Land Gerechtigkeit gibt«, wies Minister Eduardo del Castillo die Unterstellungen der politischen Rechten zurück. Die Staatsanwälte waren tätig geworden, nachdem die ehemalige Kongressabgeordnete Lidia Patty von der MAS mehrere Akteure des Putsches angezeigt hatte. Auch Eva Copa vom linken indigenen Parteienbündnis »Jallalla«, die vor einer Woche mit über 60 Prozent zur Bürgermeisterin der Stadt El Alto gewählt worden war, forderte die Einleitung von Strafverfahren gegen die »für Menschenrechtsverletzungen und Massaker verantwortlichen« Politiker des bis Herbst 2020 herrschenden Putschistenregimes. Expräsident Evo Morales begrüßte die Ermittlungen ebenfalls, »damit den 36 Opfern, mehr als 800 Verletzten und über 1.500 illegal Inhaftierten endlich Gerechtigkeit widerfährt«.

Es dürfe »weder Vergeben noch Vergessen« geben, fordert auch Paulo Abrão, der ehemalige Exekutivsekretär der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (IACHR), die dem Putschistenregime Massaker an der Zivilbevölkerung vorgeworfen hatte. »Angriffe auf die Demokratie erfordern die stärksten und energischsten Antworten der Justiz«, schrieb Abrão am Wochenende per Twitter. Die bolivianische Gesellschaft müsse jetzt »ein Exempel gegen die neuen Formen des Autoritarismus statuieren«.


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NEUE ANTWORT18.03.2021, 12:23 Uhr
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Bolivien: Evo Morales zurück aus Exil Tja, da hat man nun so schön geputscht gehabt, hatte kurz die Macht ... und dann solch schreckliche Folgen: Strafverfolgung. Wieso denn das?? Das geht ja nun gar nicht! Jedenfalls nach dem Generalsekretär der OAS (deren Rolle damals man ja nicht mal mehr als zweifelhaft beschreiben kann), den USA und der EU, die alle laut das Maul aufreißen, wie Marta Andujo am 17.03. auf amerika21 darstellt:

OAS-Generalsekretär Almagro stellt sich gegen Putsch-Ahndung in Bolivien
Almagro fordert Freiheit für Verantwortliche des Staatsstreichs. USA und Europäische Union zeigen sich "besorgt" über Strafverfolgung


Washington/La Paz. Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, hat Schritte der Justiz in Bolivien, den Putsch vom November 2019 aufzuarbeiten, als "Missbrauch von Justizmechanismen" bezeichnet. Er fordert "die Freilassung aller in diesem Zusammenhang Inhaftierten, bis unparteiische Prozesse und Mechanismen zur Feststellung der Verantwortlichkeiten" vorhanden seien.

Außerdem schlug er die Bildung einer internationalen Kommission vor, die Korruptionsfälle während der letzten Periode der Regierung von Evo Morales und "natürlich" von De-facto-Präsidentin Jeanine Áñez untersuchen solle. Darüber hinaus halte er es für notwendig, den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) hinzuzuziehen, um eine "unparteiische Strafverfolgung" zu ermöglichen.

Am Montagmorgen wurde die nach dem Sturz des verfassungsmäßigen Präsidenten Morales für ein Jahr als "Interimspräsidentin" amtierende Áñez auf Anordnung der Richterin Regina Santa Cruz in Haft genommen. Áñez soll sich in dem "Staatsstreich"-Prozess, den die ehemalige Abgeordnete der Bewegung zum Sozialismus (MAS) Lidia Patty gegen den damaligen Präsidenten des Komitees Pro Santa Cruz, Luis Fernando Camacho, angestrengt hatte, verantworten. Camacho gehörte zu den maßgeblichen Kräften, die unter Vorgabe "gefälschter Wahlen" den Putsch förderten.

Minister der ehemaligen Putsch-Regierung sowie hohe Ränge aus Militär und Polizei sitzen inzwischen ebenfalls in Haft.

Almagro persönlich spielte eine wichtige Rolle in der Krise nach den Wahlen 2019, indem er einen vorläufigen Bericht für die US-nahe OAS herausgab, der angebliche schwerwiegende Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen in diesem Jahr feststellte. Das Dokument hatte maßgeblichen Anteil an der Mobilisierung, die Áñez auf den Schild hob, und gilt in seiner Aussage inzwischen als manipuliert und widerlegt.

Die Rückkehr Boliviens zu einer gewählten Regierung im Oktober 2020 mit einem Wahlsieg der Bewegung zum Sozialismus (MAS) kann als Scheitern von Almagros Ambitionen angesehen werden.

Das Parlament des Mercosur (Parlasur) hatte im Dezember gar eine Untersuchung gegen den OAS-Generalsekretär in Aussicht gestellt. Die OAS habe in Bolivien im letzten Jahr "eine schamlose Rolle gespielt, ohne Sinn und Verstand". Mit diesen Worten forderte der Präsident des Parlasur, Oscar Laborde, die Organisation auf, "den schrecklichen Fehler" einzugestehen, "den sie zur Unterwerfung Lateinamerikas und des bolivianischen Volkes gemacht hat".

Unterdessen kündigte die MAS-Regierung an, rechtliche Schritte gegen Almagro zu prüfen. Dies sagte der Minister für Justiz und institutionelle Transparenz, Iván Lima, gegenüber Red Uno. Der Generalsekretär sei ein "politischer Akteur" und wenn die bolivianische Justiz ihn strafrechtlich verfolgen und ins Land bringen könne, um ihn für die "Schwere seiner Aussagen und die Verantwortungslosigkeit seines Berichts" über einen angeblichen Betrug bei den Wahlen 2019 zur Rechenschaft zu ziehen, werde man das tun.

Lima verwies darauf, dass die Madres de Plaza de Mayo und Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez aus Argentinien bereits Anzeige gegen Almagro bei den Vereinten Nationen "wegen Verbrechen gegen bürgerliche, politische und soziale Rechte" erstattet haben. Er habe die damalige Regierung "ohne Beweise und mit massiver politischer Voreingenommenheit eines angeblichen Betrugs bezichtigt" und mit dieser Einmischung gegen die UN-Charta und internationales Recht verstoßen. Sein Handeln habe zu einem Staatsstreich und der Einsetzung einer Übergangsregierung geführt, "die systematisch Verbrechen gegen die Bevölkerung begeht", hieß es darin.

Auch der seinerzeit gestürzte Evo Morales kritisiert die Äußerungen des OAS-Generalsekretärs vehement: "Almagro hat sich nie zu den 36 Ermordeten, mehr als 800 Verwundeten, 1.500 illegal Inhaftierten und den Hunderten Verfolgten geäußert. Wir sind nicht überrascht von seiner Verteidigung von Áñez, denn er sollte selbst für die Förderung des Staatsstreichs und für Verbrechen gegen die Menschheit in Bolivien vor Gericht gestellt werden."

Indes schüren auch die USA und die Europäische Union Vorbehalte gegen die bolivianische Justiz und die strafrechtliche Ahndung des Putsches und der Folgetaten.

Die Haftbefehle gegen Beschuldigte seien "besorgniserregende Entwicklungen, die wir aufmerksam verfolgen", erklärte Nabila Massrali, die Sprecherin der Behörde des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Die EU erwarte, dass "politische Differenzen durch Dialog und Versöhnung beigelegt werden".

Aus den USA verlautbarte zu den Vorgängen in Bolivien: "Die Vereinigten Staaten verfolgen mit Besorgnis die Entwicklungen im Zusammenhang mit der jüngsten Verhaftung ehemaliger Funktionsträger durch die bolivianische Regierung", sagte Jalina Porter, stellvertretende Sprecherin des Außenministeriums.


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NEUE ANTWORT18.03.2021, 13:13 Uhr
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arktika

Bolivien: Evo Morales zurück aus Exil Für die Putschpräsidentin Áñez sollen 30 Jahre wegen 'mutmaßlicher Aufwiegelung, Verschwörung und Terrorismus' im Topf sein, wie die kubanische Tageszeitung Granma am 16.03. berichtet:

Bolivianische Justiz fordert 30 Jahre Gefängnis für Jeanine Áñez

Der Minister für Justiz und Transparenz Boliviens, Iván Lima, beantragte eine 30-jährige Haftstrafe für die ehemalige Präsidentin Jeanine Áñez, die derzeit wegen mutmaßlicher Aufwiegelung, Verschwörung und Terrorismus in Präventivhaft (vier Monate) sitzt.

Der Minister sagte, dass die Verurteilung auf die „blutigen Massaker und die Mütter, die ihre Kinder in Senkata, Sacaba, Montero und dem südlichen Teil von La Paz verloren haben“ zurückzuführen sei, wie Russia Today berichtet.

Lima wies darauf hin, dass die Regierung plane, „vier Gerichtsprozesse der Verantwortlichkeit gegen Áñez“ aufzunehmen „und sicherlich werden wir in den kommenden Wochen auch strafrechtliche Maßnahmen für die blutigen Massaker präsentieren, basierend auf den Fortschritten der Staatsanwaltschaft in den ordentlichen Verfahren gegen die Akteure, die kein verfassungsmäßiges Privileg haben“, sagte er.


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NEUER BEITRAG14.03.2021, 22:49 Uhr
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arktika

Bolivien: Putsch! Bei den Regional- und Kommunalwahlen am So vor einer Woche blieb die Regierungspartei MAS zwar die stärkste Kraft, aber es ist ihr leider nicht gelungen, die Macht in den wichtigsten Städten und Regionen des Landes zu erobern. Gerade die großen Städte bleiben umkämpftes Terrain.

Dazu Volker Hermsdorf in der jW vom 11.03.:

Erster Stimmungstest für MAS
Bolivien: Linke Regierungspartei konsolidiert sich bei Regional- und Kommunalwahlen als stärkste Kraft


In Bolivien ist es der linken Regierungspartei Bewegung zum Sozialismus (MAS) bei den Kommunal- und Regionalwahlen am Sonntag nicht gelungen, die Macht in den wichtigsten Städten und Regionen des Landes zu erobern. Zwar bleibt die MAS, die sich am 18. Oktober 2020 bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen noch mit landesweit 55,1 Prozent der Wählerstimmen durchgesetzt hatte, weiterhin die stärkste politische Kraft in Bolivien. Jedoch verlor die Partei zahlreiche Ämter in städtischen Ballungsgebieten an Vertreter verschiedener, meist rechts stehender Oppositionsparteien. Das Oberste Wahlgericht (TSE) kündigte die Veröffentlichung der offiziellen Endergebnisse für die nächsten Tage an.

Mehr als sieben der rund 11,5 Millionen Einwohner waren zur Wahl der Gouverneure und Abgeordneten der Regionalparlamente in den neun autonomen Departamentos sowie zu der der Bürgermeister und Stadträte in rund 340 Gemeinden aufgerufen. Nach den bis Mittwoch vorliegenden Ergebnissen gewann die MAS die Gouverneursposten in den Departamentos Cochabamba, Oruro und Potosí mit klarem Vorsprung, während sich in den Provinzen Santa Cruz und Beni die Opposition durchsetzen konnte.

Wie bei den nationalen Wahlen sind für den Sieg im ersten Wahlgang mindestens die Hälfte der Stimmen oder 40 Prozent und ein Vorsprung von mehr als zehn Punkten vor dem Zweitplazierten erforderlich. In vier Departamentos findet deshalb am 11. April eine Stichwahl statt. Dabei liegen in der Provinz La Paz der MAS-Kandidat und in Chuquisaca ein Oppositionspolitiker vorn. Dagegen ist der Ausgang in den Departamentos Pando und Tarija nach jüngsten Umfragen noch offen. Das Regierungslager kann also künftig bestenfalls sechs Gouverneure stellen. Die in der ersten Runde gewählten neuen Amtsinhaber sollen Ende März vereidigt werden. Mit den Ergebnissen des zweiten Wahldurchgangs wird bis zum 18. April gerechnet.

Während die städtischen Ballungszentren politisch weiterhin gespalten sind, konnte die MAS ihre Position in ländlichen Regionen offenbar behaupten. Kurz nach der Wahl veröffentlichte Umfrageergebnisse deuteten darauf hin, dass die Regierungspartei die Mehrheit der 340 Bürgermeisterämter besetzen kann. MAS-Wahlkampfleiter, Expräsident Evo Morales, erklärte am Sonntag, diese Politiker »repräsentieren unsere soziale Politik und sind die Hoffnung Boliviens«.

Derzeit konzentriert sich die Regierung auf einen Ausbau der Gesundheitsversorgung und den Wiederaufbau der Wirtschaft, die vom neoliberalen Putschistenregime zugrunde gerichtet wurde. Präsident Luis Arce wird allerdings mit heftigem Gegenwind rechnen müssen. So kündigte der mit 55,6 Prozent zum Gouverneur des wirtschaftlich bedeutenden Departamentos Santa Cruz gewählte ultrarechte Anführer des Staatsstreichs von 2019, Luis Camacho, eine »starke kämpferische Opposition« zur Linksregierung an. Gemeinsam mit dem neu gewählten Bürgermeister von Cochabamba, der Hauptstadt des gleichnamigen Departamentos, Manfred Reyes Villa – wie Camacho ein Rassist und Befürworter militanter Aktionen –, plant der Provinzchef aggressive Kampagnen und bereitet das Terrain für eine künftige neue Präsidentschaftskandidatur vor.

Anders verhält es sich in El Alto, der überwiegend von Aymara bewohnten zweitgrößten Stadt des Landes. Hier verlor die MAS den Bürgermeisterposten gegen ihr früheres Mitglied, die ehemalige Senatspräsidentin Eva Copa, die für das linke indigene Parteienbündnis Jallalla angetreten war und weit über 60 Prozent der Stimmen erhielt. Umgehend nach ihrer Wahl forderte Copa das Parlament am Montag zur Einleitung von Strafverfahren gegen die »für Menschenrechtsverletzungen und Massaker verantwortlichen« Politiker des bis Herbst 2020 herrschenden Putschistenregimes auf.


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NEUER BEITRAG18.03.2021, 13:03 Uhr
EDIT: arktika
18.03.2021, 13:04 Uhr
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arktika

Bolivien - der Putsch + das Lithium Auch das Thema Lithium als ein Movens des Putsches kommt wieder auf den Tisch. - Zur Erinnerung: ca. 70 % der bisher bekannten weltweiten Lithiumvorräte befinden sich in Bolivien, nach den Verstaatlichungen der Schlüsselindustrien 2006 wurden Abbaurechte nur dann an ausländische Firmen vergeben, wenn diese mit einheimischen gleichberechtigt zusammen arbeiteten, vorrangig waren dies chinesische Firmen. In der Folge der Verstaatlichungen hatte sich das BIP verdreifacht, die Zahl der Menschen unter der Armutsgrenze sank in den Jahren 2005 bis 2018 von ca. 60 % auf ca. 35 %. s. hierzu auch den Beitrag in diesem Thread vom 18.11.2019 um 14.28 Uhr.
Weiteres auch am 29.11.2019 um 00.03 Uhr und am 12.11.2020 um 17.50 Uhr.
Diesmal geht es in einem aufschlußreichen Artikel auf amerika21 um die Rolle Großbritanniens in bezug auf Lithiumvorräte und Putsch.

Von Marta Andujo am 12. März:

Das Lithium und der Putsch: Bolivien fordert von Großbritannien Erklärung

La Paz. Der Außenminister von Bolivien, Rogelio Mayta, hat den britischen Botschafter zu einem Gespräch einbestellt und eine Erklärung zur Rolle Großbritanniens bei dem Putsch im November 2019 eingefordert. Er erwarte nun einen Bericht der Botschaft des Vereinigten Königreichs.

Das südafrikanische Internetportal Daily Maverick hat jüngst die Ergebnisse von Recherchen veröffentlicht, wonach London direkt nach dem Sturz des frisch wiedergewählten Präsidenten Evo Morales direkte Kontakte mit der rechtsklerikalen De-facto-Regierung unter Jeanine Áñez etabliert habe, um sich bei der Lithiumgewinnung in dem Andenland in eine stärkere Position zu bringen.

Weitere britische Aktivitäten sollen jedoch bereits in den Monaten vor dem Putsch stattgefunden haben, die dem gleichen Ziel gedient hätten und als teilnehmende Vorbereitung des Umsturzes angesehen werden können.

Die Untersuchung stammt von dem britischen Journalisten Matt Kennard, der deklassifizierte Dokumente aus dem Außenministerium Großbritanniens ausgewertet hat.

Bei dem Treffen bekräftigte Mayta gegenüber dem britischen Botschafter Jeff Glekin, dass Bolivien als souveränes Land unter keinen Umständen eine Einmischung von außen zulassen werde und die im Raum stehenden Vorwürfe "mit entsprechenden Erklärungen überwunden werden müssen, wenn wir eine freundschaftliche Beziehung zwischen dem bolivianischen Staat und dem Vereinigten Königreich aufrechterhalten wollen".

Laut den Recherchen mobilisierte Großbritannien seine Diplomaten und seine Unternehmen, um sich über die Putschregierung Zugang zum Lithium zu verschaffen, einem grundlegenden Rohstoff für die Automobil- und Elektronikindustrie, und stellte darüber hinaus Geldmittel zur Verfügung, um Journalisten für destabilisierende Zwecke zu finanzieren. Großbritannien habe mit entscheidenden Daten zum Bericht der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) über die Wahlen 2019 beigetragen, ein Dokument, das den Staatsstreich rechtfertigte.

Die Untersuchung von Kennard listet eine beeindruckend lange Reihe intensiver britischer Vorfeldaktivitäten auf diplomatischer, journalistischer, wirtschaftlicher und geheimdienstlicher Ebene auf, einschließlich einer Projektplanung und -finanzierung mit der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB), die alle um das Lithium auf bolivianischem Territorium kreisten.

"Diese Elemente kombinierten sich, um das ideale Szenario für den Putsch zu schaffen, das dem Vereinigten Königreich eine führende Rolle bei der internationalen Intervention für das bolivianische Lithium gab", sagt die Untersuchung.

Tatsächlich soll bis März 2020 die Áñez-Regierung bereits zwölf britische Unternehmen ins Land eingeladen haben.

Ein Jahr nach dem Sturz von Evo Morales kehrte seine Partei, die Bewegung zum Sozialismus (MAS), mit einem überwältigenden Wahlsieg zur Präsidentschaft zurück. Die Vorwürfe eines Wahlbetrugs ein Jahr zuvor gelten längst als widerlegt und als von der US-nahen OAS als Instrument der Destabilisierung konstruiert.


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#Lithium
#Grossbritannien
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NEUE ANTWORT05.04.2021, 17:30 Uhr
EDIT: arktika
05.04.2021, 18:54 Uhr
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arktika

Bolivien - der Putsch + das Lithium Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, daß die Frage nach dem "Woher kriegen" von Lithium auch in der BRD aktuell wieder stärker diskutiert wird, konkret an der Frage der Gewinnung der Vorräte im Oberrheingrabengebiet. Ganz aktuell dazu der Beitrag von FPeregrin unter der Unterrubrik Rohstoff'sicherung' + Autarkie als Kriegsvorbereitung? am 30.03.2021, 13:26 Uhr im Thread '...künftig öfter und entschiedener führen müssen.' , aber auch schon vorher dort Beiträge am 03.07.2020, 14:54 Uhr und (ein allgemeinerer) am 25.01.2020, 23:23 Uhr.

#Lithium
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