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•NEUES THEMA07.02.2019, 12:24 Uhr
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MrLeft | |
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• Ausrottung der Indianer und Weltklima
Hat die Ausrottung der amerikanischen Ureinwohner eine "kleine Eiszeit" ausgelöst?
Allein in Zentralmexiko sank die Bevölkerung zwischen 1520 und 1600 von 1,5 Millionen auf weniger als 200.000 Menschen...
Zu den Folgen dieses entsetzlichen Massensterbens gehört eine Veränderung des Klimas. Diese These stellen Forscher des University College in London in der Fachzeitschrift „Quaternary Science Reviews“ auf. Danach wurden die verlassenen Anbauflächen umgehend von Bäumen und anderer üppiger Vegetation besiedelt, die der Atmosphäre in großem Stil Kohlenstoff entzogen. Das hätte einen substanziellen Einfluss auf den globalen Kohlendioxidhaushalt gehabt, was zu einer deutlichen Abkühlung führte. Die sogenannte Kleine Eiszeit, die das Klima seit dem Spätmittelalter prägte, habe dadurch einen weiteren Schub erhalten, schreibt das Team um Alexander Koch.
Als Christoph Kolumbus 1492 seinen Fuß auf amerikanischen Boden setzte, sollen zwischen 8,4 und 112,6 Millionen Menschen in der Neuen Welt gelebt haben. Zwischen diesen extremen Schätzungen nehmen Historiker inzwischen einen Mittelwert von 54 Millionen an. Die Londoner Forscher haben für ihre Studie 60,5 Millionen angesetzt, ungefähr ein Zehntel der damaligen Weltbevölkerung.
Die brutalen Eroberungskriege, der kulturelle Kollaps und die folgende Versklavung, vor allem aber die Krankheitserreger wie Pocken und Masern, die die Spanier und Portugiesen mitbrachten und gegen die Bewohner Amerikas keine Antikörper besaßen, reduzierten diese Zahl innerhalb weniger Generationen um rund 90 Prozent. In Haiti etwa lebten um 1492 noch bis zu 300.000 IndÃgenas, 30 Jahre später waren es nur noch 16.000...
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Allein in Zentralmexiko sank die Bevölkerung zwischen 1520 und 1600 von 1,5 Millionen auf weniger als 200.000 Menschen...
Zu den Folgen dieses entsetzlichen Massensterbens gehört eine Veränderung des Klimas. Diese These stellen Forscher des University College in London in der Fachzeitschrift „Quaternary Science Reviews“ auf. Danach wurden die verlassenen Anbauflächen umgehend von Bäumen und anderer üppiger Vegetation besiedelt, die der Atmosphäre in großem Stil Kohlenstoff entzogen. Das hätte einen substanziellen Einfluss auf den globalen Kohlendioxidhaushalt gehabt, was zu einer deutlichen Abkühlung führte. Die sogenannte Kleine Eiszeit, die das Klima seit dem Spätmittelalter prägte, habe dadurch einen weiteren Schub erhalten, schreibt das Team um Alexander Koch.
Als Christoph Kolumbus 1492 seinen Fuß auf amerikanischen Boden setzte, sollen zwischen 8,4 und 112,6 Millionen Menschen in der Neuen Welt gelebt haben. Zwischen diesen extremen Schätzungen nehmen Historiker inzwischen einen Mittelwert von 54 Millionen an. Die Londoner Forscher haben für ihre Studie 60,5 Millionen angesetzt, ungefähr ein Zehntel der damaligen Weltbevölkerung.
Die brutalen Eroberungskriege, der kulturelle Kollaps und die folgende Versklavung, vor allem aber die Krankheitserreger wie Pocken und Masern, die die Spanier und Portugiesen mitbrachten und gegen die Bewohner Amerikas keine Antikörper besaßen, reduzierten diese Zahl innerhalb weniger Generationen um rund 90 Prozent. In Haiti etwa lebten um 1492 noch bis zu 300.000 IndÃgenas, 30 Jahre später waren es nur noch 16.000...
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•NEUER BEITRAG07.02.2019, 14:56 Uhr
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retmarut | |
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Interessanter Ansatz. Die Autoren haben jedenfalls eine Menge Material verarbeitet.
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Allerdings basiert das alles auf Schätzungen von Schätzungen. Damit wird die Fehlerspanne auch erheblich erhöht. Ich habe mir die Studie nicht vollständig angeschaut, da mir dafür momentan die Zeit fehlt, vielleicht haben die Autoren dazu auch etwas geschrieben. Jedenfalls sprechen sie in der Studie an verschiedenen Stellen von grundsätzlichen Unsicherheiten bzgl. der anzusetzenden Werte (z.B. bzgl. des Carbon-Wertes um 1500 oder der Bevölkerungsgröße in den Amerikas kurz nach Ankunft der Europäer). Man sollte sich daher nicht zu lange an den Zahlen festbeißen.
Ehrlicherweise verweisen die Autoren auch auf zwei alternative Erklärungsansätze: zum einen vulkanische Aktivität, zum anderen Änderungen in der Sonneneinstrahlung, der die Erde ausgesetzt ist. Das schmälert nicht den von den Autoren vorgenommenen Ansatz.
Was mich etwas an der Überschrift des Threads stört, ist die Wendung "Ausrottung der Indianer". Die vorliegende Studie fasst, basierend auf vielen Einzelstudien dazu, gut zusammen, dass je nach Region 30-90% der Bevölkerung innerhalb kürzester Zeit, und oftmals bevor der erste Europäer ihre Region erreichte, an eingeschleppten Krankheiten verstarb. Haupttodesursache für die indigene Bevölkerung waren nicht die spanischen oder portugiesischen Brandschatzungen und Gewalttaten, die es in der Tat gegeben hat, sondern in erster Linie Windpocken, Masern, Pocken und Mumps. Blühende Landschaften, wie z.B. in der Amazonasmündung, wo auf riesigen Anbauflächen Ackerbau betrieben wurde, gingen in Folge innerhalb weniger Jahre oder Jahrzehnte unter, so dass die Portugiesen dort wirklich nichts als wildwuchernde Waldfläche vorfanden. Erst luft- und satellitenbildgestützte archäologische Surveys haben in den vergangenen Jahren diese Vergangenheit wieder ans Licht gebracht.
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Allerdings basiert das alles auf Schätzungen von Schätzungen. Damit wird die Fehlerspanne auch erheblich erhöht. Ich habe mir die Studie nicht vollständig angeschaut, da mir dafür momentan die Zeit fehlt, vielleicht haben die Autoren dazu auch etwas geschrieben. Jedenfalls sprechen sie in der Studie an verschiedenen Stellen von grundsätzlichen Unsicherheiten bzgl. der anzusetzenden Werte (z.B. bzgl. des Carbon-Wertes um 1500 oder der Bevölkerungsgröße in den Amerikas kurz nach Ankunft der Europäer). Man sollte sich daher nicht zu lange an den Zahlen festbeißen.
Ehrlicherweise verweisen die Autoren auch auf zwei alternative Erklärungsansätze: zum einen vulkanische Aktivität, zum anderen Änderungen in der Sonneneinstrahlung, der die Erde ausgesetzt ist. Das schmälert nicht den von den Autoren vorgenommenen Ansatz.
Was mich etwas an der Überschrift des Threads stört, ist die Wendung "Ausrottung der Indianer". Die vorliegende Studie fasst, basierend auf vielen Einzelstudien dazu, gut zusammen, dass je nach Region 30-90% der Bevölkerung innerhalb kürzester Zeit, und oftmals bevor der erste Europäer ihre Region erreichte, an eingeschleppten Krankheiten verstarb. Haupttodesursache für die indigene Bevölkerung waren nicht die spanischen oder portugiesischen Brandschatzungen und Gewalttaten, die es in der Tat gegeben hat, sondern in erster Linie Windpocken, Masern, Pocken und Mumps. Blühende Landschaften, wie z.B. in der Amazonasmündung, wo auf riesigen Anbauflächen Ackerbau betrieben wurde, gingen in Folge innerhalb weniger Jahre oder Jahrzehnte unter, so dass die Portugiesen dort wirklich nichts als wildwuchernde Waldfläche vorfanden. Erst luft- und satellitenbildgestützte archäologische Surveys haben in den vergangenen Jahren diese Vergangenheit wieder ans Licht gebracht.
•NEUER BEITRAG09.02.2019, 01:51 Uhr
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FPeregrin | |
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Der o.g. Welt-Artikel schreibt folgendes: "Sollte sich die These von den Konsequenzen des demografischen Kollapses in Amerika bestätigen, müsste allerdings eine ähnliche Katastrophe in Europa in den Blick genommen werden. Im Jahr 1347 schleppte ein genuesisches Schiff von der Krim aus die Schwarze Pest in Europa ein. Innerhalb der nächsten Jahrzehnte raffte die Seuche rund ein Drittel der Bewohner des Kontinents dahin, schätzungsweise rund 25 Millionen Menschen. Zahlreiche weitere Pest- und andere Seuchenwellen wie etwa der Englische Schweiß folgten. / Große Siedlungen und ihre Anbaugebiete wurden zu Wüstungen. Konflikte wie der Hundertjährige Krieg zwischen England und Frankreich sowie Hungerkatastrophen taten ein Übriges, Europas Bevölkerung zu dezimieren. Analog zu der Situation in Amerika wäre daher zu fragen, ob nicht die sogenannte Krise des Spätmittelalters zu den Motoren der Kleinen Eiszeit zu zählen ist."
Was hierzu natürlich paßt, wäre die Aufgabe der grönländischen Wikingerkolonien, über die Spektrum vorgestern schreibt: "Die Wikinger gaben Südgrönland nach einer Serie von Wetterextremen auf, die das Ende einer ungewöhnlich warmen Periode in der Region markierte. Zu diesem Ergebnis kommen G. Everett Lasher und Yarrow Axford von der Northwestern University in Evanston anhand einer Analyse der Sauerstoffisotope in Zuckmücken, die sie aus Seesedimenten der letzten 3000 Jahre bargen. Demnach waren die Jahre 900 bis 1400 auf Südgrönland ungewöhnlich warm, das Klima in den Siedlungen ähnelte ungefähr dem zu Beginn der 21. Jahrhunderts. Allerdings begann das Klima Ende des 14. Jahrhunderts sehr instabil zu werden; extrem kalte ebenso wie extrem warme Jahre traten immer häufiger auf. Schließlich setzte sich der globale, durch die Erdbahn vorgegebene Kältetrend durch, und die Siedler verließen die Insel."
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Die allbeherrschende Rolle der "Erdbahn" - was ist hier gemeint?: die Milankowitsch-Zyklen? - stünde mit diesem Konnex allerdings in Frage.
•NEUER BEITRAG09.02.2019, 01:58 Uhr
EDIT: FPeregrin
09.02.2019, 02:22 Uhr
09.02.2019, 02:22 Uhr
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FPeregrin | |
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... was es natürlich weiter kompliziert, ist die klimatische Auswirkung von Vulkanausbrüchen, die offenbar größer ist als angenommen - und vor allem nicht auf die Auswirkung tropischer Eruptionen beschränkt ist. Spektrum am 6. Februar:
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Klimatologie ist vermintes Gelände - und Klimageschichte noch viel mehr. Über Klima-Prognosen sage ich hier gar nichts mehr!
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Klimatologie ist vermintes Gelände - und Klimageschichte noch viel mehr. Über Klima-Prognosen sage ich hier gar nichts mehr!
•NEUER BEITRAG10.02.2019, 16:34 Uhr
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arktika | |
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Die Wikinger gaben Südgrönland nach einer Serie von Wetterextremen auf, die das Ende einer ungewöhnlich warmen Periode in der Region markierte. [...] Demnach waren die Jahre 900 bis 1400 auf Südgrönland ungewöhnlich warm, das Klima in den Siedlungen ähnelte ungefähr dem zu Beginn der 21. Jahrhunderts.
Muß so gewesen sein. Denn es wurde in den Siedlungen - im Gegensatz zur Lebensweise der inuitischen Bevölkerung - Ackerbau und Viehzucht betrieben. Und letzteres nicht von Rentieren! Und ohne einigermaßen ansprechende Lebensbedingungen hätten sicherlich nicht so viele Familien sich dort angesiedelt. Man will sich ja schließlich verbessern.
Und als die klimatischen und damit die naturräumlichen Bedingungen insgesamt sich später deutlich verschlechterten, sprich landwirtschaftliche Nutzung immer mehr verunmöglicht wurde, war diese Bevölkerung dann nicht in der Lage, sich diesen Umständen anzupassen und ebenfalls auf Jagd, Fischerei, Muscheln sammeln "umzusteigen" oder sich mit der autochthonen Bevölkerung zu vermischen.
Muß so gewesen sein. Denn es wurde in den Siedlungen - im Gegensatz zur Lebensweise der inuitischen Bevölkerung - Ackerbau und Viehzucht betrieben. Und letzteres nicht von Rentieren! Und ohne einigermaßen ansprechende Lebensbedingungen hätten sicherlich nicht so viele Familien sich dort angesiedelt. Man will sich ja schließlich verbessern.
Und als die klimatischen und damit die naturräumlichen Bedingungen insgesamt sich später deutlich verschlechterten, sprich landwirtschaftliche Nutzung immer mehr verunmöglicht wurde, war diese Bevölkerung dann nicht in der Lage, sich diesen Umständen anzupassen und ebenfalls auf Jagd, Fischerei, Muscheln sammeln "umzusteigen" oder sich mit der autochthonen Bevölkerung zu vermischen.
•NEUER BEITRAG10.02.2019, 17:08 Uhr
EDIT: FPeregrin
10.02.2019, 17:11 Uhr
10.02.2019, 17:11 Uhr
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FPeregrin | |
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Unabhängig wie warm Grönland vor der Kleinen Eiszeit war, dürfte die Abkühlung am Ende der Wikingersiedlungsphase unbestritten sein. Selbst Tante Wiki schreibt. "Auch während der mittelalterlichen Warmzeit wurde die südwestliche Küste als ein vermeintlich „grünes Land“ vermarktet und von wikingischen Siedlern bewohnt. Diese Siedlungen gingen im 15. Jahrhundert zugrunde, als sie einem Zusammenspiel der Kleinen Eiszeit mit Überweidung und der Konkurrenz durch die Thule-Kultur der Inuit ausgesetzt waren. / Besiedelt waren ausschließlich wenige Küstenstreifen, die auch heute bewohnbar sind; die Temperaturen während der Mittelalterlichem Warmzeit waren nicht höher als heute."
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Ob das Siedeln in Grönland wirklich injeder Hinsicht eine Verbesserung war, weiß ich nicht. Der initiator der Besiedlung EirÃkr rauði Þorvaldsson war zumindest - ich sage es mal vorichtig - ein schwieriger Zeitgenosse, für den das Siedeln außerhalb Islands wohl eher aus sozialen als aus ökonomischen Gründen attraktiv war:
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Was ich aber - nach einigem Grübeln - nicht weiß, ob wir die europäische Spätmittelalter-Krise wirklich analog zu der Ausrottung der amerikanischen Urbevölkerung als Ursache für die Kleine Eiszeit einsetzen können. Ohne Frage ist der CO2-Umsatz einer natürlichen tropischen bis subtropischen Vegetation erheblich höher als der einer gemäßigten mit ihrer ausgeprägten Winterpause. Mithin dürfte der angenommene amerikanische Abkühlungseffekt weitaus stärker zu veranschlagen sein als ein europäischer.
Naja, ich glaube, wir sind hier alle nicht vom Fach.
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Ob das Siedeln in Grönland wirklich injeder Hinsicht eine Verbesserung war, weiß ich nicht. Der initiator der Besiedlung EirÃkr rauði Þorvaldsson war zumindest - ich sage es mal vorichtig - ein schwieriger Zeitgenosse, für den das Siedeln außerhalb Islands wohl eher aus sozialen als aus ökonomischen Gründen attraktiv war:
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Was ich aber - nach einigem Grübeln - nicht weiß, ob wir die europäische Spätmittelalter-Krise wirklich analog zu der Ausrottung der amerikanischen Urbevölkerung als Ursache für die Kleine Eiszeit einsetzen können. Ohne Frage ist der CO2-Umsatz einer natürlichen tropischen bis subtropischen Vegetation erheblich höher als der einer gemäßigten mit ihrer ausgeprägten Winterpause. Mithin dürfte der angenommene amerikanische Abkühlungseffekt weitaus stärker zu veranschlagen sein als ein europäischer.
Naja, ich glaube, wir sind hier alle nicht vom Fach.
•NEUER BEITRAG13.02.2019, 00:38 Uhr
EDIT: FPeregrin
13.02.2019, 00:43 Uhr
13.02.2019, 00:43 Uhr
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FPeregrin | |
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Ich muß gestehen, daß ich mich über den Titel gewundert bis geärgert habe:
Das Anthropozän beginnt mit der Eroberung Amerikas.
Wieso hier die Pseudobegriffs-Sau 'Anthropozän' wieder durchs Dorf getrieben werden muß, ist mir sachlich unverständlich. Der selbe Florian Rötzer hat einmal (10. Juni 2016) - ebenfalls auf TP - bereits auf die Veränderung der natürlichen Umwelt als Conditio sine qua non des Menschen hingewiesen: "Menschliche Aktivität habe auch "stark veränderte und hoch kosmopolitische Artenzusammenzusammensetzungen auf allen Landmassen" geschaffen. Die Autoren kommen zu dem Schluss: "'Ursprüngliche' Landschaften gibt es einfach nicht, und es hat sie in den meisten Fällen seit Jahrtausenden nicht gegeben. Die meisten Landschaften sind Palimpseste, die durch wiederholte Episoden menschlicher Aktivität über geformt wurden." / Man könne auch künftige Entwicklungen der Mensch-Natur-Beziehungen besser verstehen und negative Folgen vielleicht eher vermeiden, wenn man die langfristige Geschichte kennt, was eben auch heißt, gepflegte Vorurteile aufzugeben. So würde etwa eine archäologische Perspektive für den Umweltschutz zu grundlegenden Veränderungen von diesem führen: "Wenn der Wandel die einzige Konstante in den Mensch-Ökologie-Beziehungen ist, dann wird es unklar, welche 'natürlichen' Ziele die ökologische Wiederherstellung anstreben soll."
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Auch schon mal auf secarts.org:
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Ist es schon eine kommunikative Zumutung, ständig Bezeichnungen mit immer neu zu füllendem Inhalt auf den Weg zu schicken - neben Anthropozän gehören dazu solche Klassiker wie Populismus oder Stalinismus -, ist die Verwendung von 'Anthropozän' im Zusammenhang mit der Ausrottung der amerikanischen Urbevölkerung geradezu widersinnig, war diese ja gerade eine Wiederherstellung vorzivilisatorischer Ökosysteme - zynisch gesagt, für die misanthropen Zivilisationspessimisten-Ökos mithin gewissermaßen eine Umweltschutzmaßnahme. Sowas kommt dabei raus, wenn man sich auf die billige Verwendung von Mode-"Begriffen" in komplexen und dialektischen historischen Zusammenhängen einläßt! Florian Rötzer ist eigentlich zu klug für die unkommentierte Übernahme von dergleichen Mumpitz!
#Anthropozaen
•NEUER BEITRAG13.02.2019, 09:40 Uhr
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retmarut | |
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Problematisch ist, dass hier ein geologischer Terminus, über dessen Sinnhaftigkeit man in der Geologie und Klimatologie durchaus streitet, auf menschheitsgeschichtliche Prozesse drübergelegt wird. Die Zeitmaßstäbe der Geologie und der Historie sind bekanntlich deutlich verschiedene. Bei den einen wird in mya (million years ago) gerechnet, in der (menschlichen) Geschichte in der Regel in Jahrhunderten, Jahrtausenden oder Jahrzehntausenden.
Wenn man also einen Begriff für eine geologische Etappe einführt, die geologisch gesehen vor einem Wimpernschlag erst begonnen hat und über deren Dauerhaftigkeit und Auswirkungen man im laufenden Prozess gar nicht viel sagen kann, entstehen schon etliche definitorische Probleme.
Sich aber am Namen des Terminus aufzuhängen und zu kritikastern, finde ich wohlfeil. Termini sind wie alle Begriffe arbiträr. Erst durch die Konvention, also die Übereinkunft der Nutzung innerhalb der Gemeinschaft (Sprechergemeinschaft, fachwissenschaftliche Gemeinschaft) wird aus einem Vorschlag ein gebräuchlicher Terminus. Ob und wie lange der dann Bestand hat, hängt v.a. von der Anwendbarkeit des damit einhergehenden Theoriegebildes zusammen.
Dass die menschliche Spezies einen prägenden Einfluss auf ihre Umwelt hatte und hat, wird sicher niemand bestreiten. Bei der europäischen Expansion des 15. Jahrhunderts einen Einschnitt (zumal einen geologisch-klimatologischen) festzumachen, halte ich jedenfalls für ziemlich willkürlich. Zu den hinterliegenden Zeitspannen sagte ich ja schon etwas. Auch aus dieser Sicht relativ willkürlicher Einschnitt.
Wenn man also einen Begriff für eine geologische Etappe einführt, die geologisch gesehen vor einem Wimpernschlag erst begonnen hat und über deren Dauerhaftigkeit und Auswirkungen man im laufenden Prozess gar nicht viel sagen kann, entstehen schon etliche definitorische Probleme.
Sich aber am Namen des Terminus aufzuhängen und zu kritikastern, finde ich wohlfeil. Termini sind wie alle Begriffe arbiträr. Erst durch die Konvention, also die Übereinkunft der Nutzung innerhalb der Gemeinschaft (Sprechergemeinschaft, fachwissenschaftliche Gemeinschaft) wird aus einem Vorschlag ein gebräuchlicher Terminus. Ob und wie lange der dann Bestand hat, hängt v.a. von der Anwendbarkeit des damit einhergehenden Theoriegebildes zusammen.
Dass die menschliche Spezies einen prägenden Einfluss auf ihre Umwelt hatte und hat, wird sicher niemand bestreiten. Bei der europäischen Expansion des 15. Jahrhunderts einen Einschnitt (zumal einen geologisch-klimatologischen) festzumachen, halte ich jedenfalls für ziemlich willkürlich. Zu den hinterliegenden Zeitspannen sagte ich ja schon etwas. Auch aus dieser Sicht relativ willkürlicher Einschnitt.
•NEUER BEITRAG13.02.2019, 14:12 Uhr
EDIT: FPeregrin
13.02.2019, 14:36 Uhr
13.02.2019, 14:36 Uhr
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FPeregrin | |
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In der Sache scheinen wir uns hier einig zu sein: Der alte und dauerhafte Einfluß des Menschen auf seine Umwelt macht das Ansetzen eines harten Cuts zur begrifflichen Konsolidierung eines nach dem Menschen benannten geochronologischen Epoche wenig praktikabel. Entweder wäre sie mit 'Holozän' identisch oder die Debatte zerfleddert sich über den "richtigen" Cut. So habe Rötzer 2016 auch verstanden.
Wenn hier aber jetzt im Titel eines TP-Artikels plötzlich wieder mit 'Anthropozän' und einem konkreten Cut-Vorschlag rumgemacht wird - ganz unabhängig davon, ob die Autoren der Studie das ebenfalls getan haben -, ist das ein Rückfall hinter eine alte Erkenntnis. Wenn Du Kritik hieran unter "Kritikastern" subsumierst, bist Du just dabei, einen Freifahrtschein für unverbindliches Gelaber im Wissenschaftsjournalismus auszustellen. Das sollten wir nicht tun, da wir dem Begriff, gerade weil und obwohl er historisch und veränderlich ist, als Marxisten den Charakter sowohl eines Abbilds der Wirklichkeit wie den eines Werkzeugs ihrer Veränderung zuerkennen müssen. Das erfordert schon eine gewisse Sauberkeit des Arbeitens.
Und damit kommen wir - leider - unter Linguisten zu folgendem: "Termini sind wie alle Begriffe arbiträr." Entschuldige, aber sieh mal bei Saussure nach, von dem das strukturalistische Arbitraritäts-Postulat kommt: Nicht der Begriff (= Bedeutung, Inhalt) ist arbiträr - dann könnte jeder labern wie er wollte, da er sowieso keine Chance hätte, verstanden zu werden -, sondern das Verhältnis von Bedeutung und Zeichen (d.h. der konkreten Lautgestalt einer konkreten Sprache (Langue)) ist arbiträr (= beliebig), begründet u.a. in der Tatsache, das verschieden Sprachen dieselbe Sache unterschiedlich bezeichnen (z.B. arbor, arbre Baum, etc.). Unabhängig davon, ob dieses Postulat richtig ist - ich habe humboldtianische wie historisch-materialistische Zweifel -, ist das etwas anderes, und hat nicht zu tun mit der historischen Wandlungsfähigkeit (aber eben nicht Beliebigkeit!) des Begriffs als Inhalt einer Bezeichnung. Auch soviel Sauberkeit muß sein.
Wenn hier aber jetzt im Titel eines TP-Artikels plötzlich wieder mit 'Anthropozän' und einem konkreten Cut-Vorschlag rumgemacht wird - ganz unabhängig davon, ob die Autoren der Studie das ebenfalls getan haben -, ist das ein Rückfall hinter eine alte Erkenntnis. Wenn Du Kritik hieran unter "Kritikastern" subsumierst, bist Du just dabei, einen Freifahrtschein für unverbindliches Gelaber im Wissenschaftsjournalismus auszustellen. Das sollten wir nicht tun, da wir dem Begriff, gerade weil und obwohl er historisch und veränderlich ist, als Marxisten den Charakter sowohl eines Abbilds der Wirklichkeit wie den eines Werkzeugs ihrer Veränderung zuerkennen müssen. Das erfordert schon eine gewisse Sauberkeit des Arbeitens.
Und damit kommen wir - leider - unter Linguisten zu folgendem: "Termini sind wie alle Begriffe arbiträr." Entschuldige, aber sieh mal bei Saussure nach, von dem das strukturalistische Arbitraritäts-Postulat kommt: Nicht der Begriff (= Bedeutung, Inhalt) ist arbiträr - dann könnte jeder labern wie er wollte, da er sowieso keine Chance hätte, verstanden zu werden -, sondern das Verhältnis von Bedeutung und Zeichen (d.h. der konkreten Lautgestalt einer konkreten Sprache (Langue)) ist arbiträr (= beliebig), begründet u.a. in der Tatsache, das verschieden Sprachen dieselbe Sache unterschiedlich bezeichnen (z.B. arbor, arbre Baum, etc.). Unabhängig davon, ob dieses Postulat richtig ist - ich habe humboldtianische wie historisch-materialistische Zweifel -, ist das etwas anderes, und hat nicht zu tun mit der historischen Wandlungsfähigkeit (aber eben nicht Beliebigkeit!) des Begriffs als Inhalt einer Bezeichnung. Auch soviel Sauberkeit muß sein.
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