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•NEUES THEMA02.08.2016, 18:47 Uhr
EDIT: FPeregrin
04.02.2020, 00:46 Uhr
04.02.2020, 00:46 Uhr
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• Klassencharakter der VR China
U.d.T. Ausdruck der weltanschaulichen Krise der kommunistischen Weltbewegung diskutiert Thanasis Spanidis auf T&P (11. Juli) den Klassencharakter der VR China. Nach Negation folgender Argumente:
a) eine KP an der Macht
b) wichtige ökonomische Rolle des Staates
c) friedlich-kooperative Außenpolitik
d) Sozialismus nur über lange Zwischenperiode
kommte er zu folgenden Thesen:
"1. China ist kein sozialistisches Land, sondern ein kapitalistisches, das seinen Platz in der imperialistischen Pyramide einzunehmen bestrebt ist.
2. Die KPCh ist keine kommunistische Partei, sondern eine rechtsopportunistische bis liberale Partei mit an den Rand gedrängten marxistischen Kräften in ihrem Inneren.
3. Der „Umweg“ über den Kapitalismus in China stellte und stellt keinen „Sachzwang“ dar, sondern eine bewusste Entscheidung politischer Eliten, die sich auf diesem Weg auf obszöne Weise bereichert haben und dies weiterhin auf Kosten der Massen tun. Alternativen dazu gibt es genauso, wie es Alternativen zur reaktionären Krisenpolitik der EU gäbe – jeweils bei entsprechenden Kräfteverhältnissen zwischen den Klassen.
4. Eine sozialistische Kehrtwende der chinesischen Politik ist heute nicht mehr möglich. Die Politik der KPCh hat die Perspektiven für den Sozialismus auf absehbare Zeit, zumindest ohne eine Revolution von unten unter Führung einer wirklich revolutionären KP, zerstört und damit für die internationale kommunistische und Arbeiterbewegung unermesslichen Schaden angerichtet.
5. Die DKP und andere kommunistische Parteien täten gut daran, sich vom Wunschdenken und oberflächlichen Analysen bezüglich Chinas zu verabschieden und stattdessen die chinesische Erfahrung als einen weiteren Fall zu analysieren, wie weltanschaulicher Revisionismus und die Schaffung einer sozialen Basis für denselben zu gegenseitig verstärkenden Faktoren werden können, die ein sozialistisches Projekt zu Fall bringen können. Die Solidarität mit dem kapitalistischen Restaurationsprojekt in China ist nicht nur vom Standpunkt kommunistischer und antiimperialistischer Programmatik und des proletarischen Internationalismus nicht zu rechtfertigen. Sie ist auch dazu geeignet, die Glaubwürdigkeit der Partei als konsequent antikapitalistischer Kraft zu kompromittieren. Sie führt dazu, sich nicht mit dem erstarkenden Widerstand der Arbeiter und Bauern gegen die kapitalistische Restauration zu verbünden, sondern mit der verbürgerlichten KPCh-Führung, die Proteste und Arbeitskämpfe im Interesse der Bourgeoisie brutal unterdrückt. Die fatalen Illusionen, die Teile der kommunistischen Bewegung bezüglich Chinas weiterhin pflegen, sind somit ein weiteres Symptom der tiefen weltanschaulichen Krise der Bewegung, die sich seit dem Zweiten Weltkrieg bemerkbar gemacht und seit 1989/90 offen ausgebrochen ist."
Der ganze Text steht hier:
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Wie gehen wir damit um? Es kommt diesmal ja nicht von der Firma Trotzki & Co! Die Haken der Argumentation können ggfs. ja wohl nur in der Negation der 4 Argumente zu suchen sein, nicht in den daraus folgenden Thesen. Anderenfalls hätte er recht. ... was ich aber nicht mal so eben akzeptieren möchte.
#VrChina
Edit:
In Forum Internationales verschoben, da dort bereits zu Spanidis diskutiert wird.
Sec.
Edit: @ Sec.: Kiitos! - Ist mir durchgerutscht. Das kommt von dem wochenlangen Offline-tum. FP.
a) eine KP an der Macht
b) wichtige ökonomische Rolle des Staates
c) friedlich-kooperative Außenpolitik
d) Sozialismus nur über lange Zwischenperiode
kommte er zu folgenden Thesen:
"1. China ist kein sozialistisches Land, sondern ein kapitalistisches, das seinen Platz in der imperialistischen Pyramide einzunehmen bestrebt ist.
2. Die KPCh ist keine kommunistische Partei, sondern eine rechtsopportunistische bis liberale Partei mit an den Rand gedrängten marxistischen Kräften in ihrem Inneren.
3. Der „Umweg“ über den Kapitalismus in China stellte und stellt keinen „Sachzwang“ dar, sondern eine bewusste Entscheidung politischer Eliten, die sich auf diesem Weg auf obszöne Weise bereichert haben und dies weiterhin auf Kosten der Massen tun. Alternativen dazu gibt es genauso, wie es Alternativen zur reaktionären Krisenpolitik der EU gäbe – jeweils bei entsprechenden Kräfteverhältnissen zwischen den Klassen.
4. Eine sozialistische Kehrtwende der chinesischen Politik ist heute nicht mehr möglich. Die Politik der KPCh hat die Perspektiven für den Sozialismus auf absehbare Zeit, zumindest ohne eine Revolution von unten unter Führung einer wirklich revolutionären KP, zerstört und damit für die internationale kommunistische und Arbeiterbewegung unermesslichen Schaden angerichtet.
5. Die DKP und andere kommunistische Parteien täten gut daran, sich vom Wunschdenken und oberflächlichen Analysen bezüglich Chinas zu verabschieden und stattdessen die chinesische Erfahrung als einen weiteren Fall zu analysieren, wie weltanschaulicher Revisionismus und die Schaffung einer sozialen Basis für denselben zu gegenseitig verstärkenden Faktoren werden können, die ein sozialistisches Projekt zu Fall bringen können. Die Solidarität mit dem kapitalistischen Restaurationsprojekt in China ist nicht nur vom Standpunkt kommunistischer und antiimperialistischer Programmatik und des proletarischen Internationalismus nicht zu rechtfertigen. Sie ist auch dazu geeignet, die Glaubwürdigkeit der Partei als konsequent antikapitalistischer Kraft zu kompromittieren. Sie führt dazu, sich nicht mit dem erstarkenden Widerstand der Arbeiter und Bauern gegen die kapitalistische Restauration zu verbünden, sondern mit der verbürgerlichten KPCh-Führung, die Proteste und Arbeitskämpfe im Interesse der Bourgeoisie brutal unterdrückt. Die fatalen Illusionen, die Teile der kommunistischen Bewegung bezüglich Chinas weiterhin pflegen, sind somit ein weiteres Symptom der tiefen weltanschaulichen Krise der Bewegung, die sich seit dem Zweiten Weltkrieg bemerkbar gemacht und seit 1989/90 offen ausgebrochen ist."
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Wie gehen wir damit um? Es kommt diesmal ja nicht von der Firma Trotzki & Co! Die Haken der Argumentation können ggfs. ja wohl nur in der Negation der 4 Argumente zu suchen sein, nicht in den daraus folgenden Thesen. Anderenfalls hätte er recht. ... was ich aber nicht mal so eben akzeptieren möchte.
#VrChina
Edit:
In Forum Internationales verschoben, da dort bereits zu Spanidis diskutiert wird.
Sec.
Edit: @ Sec.: Kiitos! - Ist mir durchgerutscht. Das kommt von dem wochenlangen Offline-tum. FP.
•NEUER BEITRAG02.08.2016, 21:54 Uhr
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secarts | |
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Klassencharakter der VR China
Die benannten vier Kriterien:
a) eine KP an der Macht
b) wichtige ökonomiosche Rolle des Staates
c) friedlich-kooperative Außenpolitik
d) Sozialismus nur über lange Zwischenperiode
lassen sich vielleicht noch weiter eindampfen und verdichten:
a) die Arbeiterklasse an der Macht (Indiz ist sicher vor allem deren Repräsentanz in der herrschenden Partei, und - alle Macht kommt aus den Gewehrläufen! - in den bewaffneten Organen),
b) Aneignung des hauptsächlichen Teils des gesellschaftlichen Mehrwerts durch die Gesellschaft, nicht durch Privatpersonen.
Das wären, glaube ich, die hauptsächlichen Bedingungen zur Bestimmung, ob wir es mit einer sozialistischen Gesellschaft zu tun haben. Die außenpolitische Komponente unter urspr. c) erscheint mir "weich", also schwer definierbar. Sozialistische Staaten können kapitalistische, wenn auch keine imperialistische Außenpolitik betreiben. Auch diplomatische Tücken, Verträge mit dem Teufel und gar militärische Präventivschläge sind denkbar. Und Punkt d) ist nicht zuletzt eine Definitionssache, also ein klassischer Konfliktfall zwischen Agitation, Propaganda und Gesellschaftswissenschaft.
In China treffen beide von mir genannten Kriterien m. E. zu:
- Die Arbeiterklasse (und die Bauern) dominieren in erster Linie die Armee, die eine als solche definierte Klassenarmee ist ("Volksbefreiungsarmee der Arbeiter und Bauern" - wen anders nehmen die nicht. Selbst Studenten von zivilen Unis haben so gut wie keine Chance). Sie ist obendrein eine Partei-, keine Staatsarmee. In der Partei sind Arbeiter hoch repräsentiert, wenn auch die Intelligenz mittlerweile das Gros der Mitglieder stellen dürfte. Privatkapitalisten werden m. W. nur pro forma gehalten, ein paar Dutzend Angehörige der nationalen Bourgeoisie (die es übrigens in der VR China immer, als solche anerkannt, gab). Ansonsten muss man ein wenig auf den Erfolg der großen Antikorruptionskampagne hoffen. Die stete Neubildung bürgerlichen Bewusstseins ist eben eine Gesetzmäßigkeit, solange wir nicht die Weltherrschaft errungen haben.
- Der Großteil des Mehrwerts fließt in staatliche oder genossenschaftliche Kassen und wird in erstem Falle fast vollständig in die Entwicklung der materiell-technischen Basis reinvestiert. Insgesamt ein Drittel der chinesischen Wirtschaft sind privat, der Rest teilt sich in gesellschaftliches Eigentum, zur Hälfte staatlich, zur Hälfte genossenschaftlich. Qualitativ betrachtet ist es noch eindeutiger: alle Schlüsselindustrien, die Telekommunikation, der Grund und Boden, die Montanindustrie, die Verkehrswege und die Energieversorgung sind sämtlich in staatlicher Hand, das Bankwesen ebenso.
Wenn man nun noch versucht, alle Projektionen auf den chinesischen Frühsozialismus auszublenden und die Leute dort beim Wort zu nehmen, nach dem sich das Land am Beginn des Aufbaus des Sozialismus befindet, dessen Basis frühestens 2050 gelegt sein wird, dann kommt man dem Phänomen China etwas näher...
Die verschiedentlichen theoretischen Großversuche aus dem Umfeld der KKE, die endgültige Einordnung der VR China im Alleingang vorzunehmen, sind vielleicht aus griechischer Perspektive verständlicher. Immerhin tritt chinesisches (staatliches) Kapital (bspw. COSCO) dort als Entrepreneur auf. Das ändert m. E. nichts an dem objektiven Charakter der chinesischen Gesellschaft, doch ist die Stellung zur KP China heute auch nicht der wichtigste Prüfstein für Kommunisten.
a) eine KP an der Macht
b) wichtige ökonomiosche Rolle des Staates
c) friedlich-kooperative Außenpolitik
d) Sozialismus nur über lange Zwischenperiode
lassen sich vielleicht noch weiter eindampfen und verdichten:
a) die Arbeiterklasse an der Macht (Indiz ist sicher vor allem deren Repräsentanz in der herrschenden Partei, und - alle Macht kommt aus den Gewehrläufen! - in den bewaffneten Organen),
b) Aneignung des hauptsächlichen Teils des gesellschaftlichen Mehrwerts durch die Gesellschaft, nicht durch Privatpersonen.
Das wären, glaube ich, die hauptsächlichen Bedingungen zur Bestimmung, ob wir es mit einer sozialistischen Gesellschaft zu tun haben. Die außenpolitische Komponente unter urspr. c) erscheint mir "weich", also schwer definierbar. Sozialistische Staaten können kapitalistische, wenn auch keine imperialistische Außenpolitik betreiben. Auch diplomatische Tücken, Verträge mit dem Teufel und gar militärische Präventivschläge sind denkbar. Und Punkt d) ist nicht zuletzt eine Definitionssache, also ein klassischer Konfliktfall zwischen Agitation, Propaganda und Gesellschaftswissenschaft.
In China treffen beide von mir genannten Kriterien m. E. zu:
- Die Arbeiterklasse (und die Bauern) dominieren in erster Linie die Armee, die eine als solche definierte Klassenarmee ist ("Volksbefreiungsarmee der Arbeiter und Bauern" - wen anders nehmen die nicht. Selbst Studenten von zivilen Unis haben so gut wie keine Chance). Sie ist obendrein eine Partei-, keine Staatsarmee. In der Partei sind Arbeiter hoch repräsentiert, wenn auch die Intelligenz mittlerweile das Gros der Mitglieder stellen dürfte. Privatkapitalisten werden m. W. nur pro forma gehalten, ein paar Dutzend Angehörige der nationalen Bourgeoisie (die es übrigens in der VR China immer, als solche anerkannt, gab). Ansonsten muss man ein wenig auf den Erfolg der großen Antikorruptionskampagne hoffen. Die stete Neubildung bürgerlichen Bewusstseins ist eben eine Gesetzmäßigkeit, solange wir nicht die Weltherrschaft errungen haben.
- Der Großteil des Mehrwerts fließt in staatliche oder genossenschaftliche Kassen und wird in erstem Falle fast vollständig in die Entwicklung der materiell-technischen Basis reinvestiert. Insgesamt ein Drittel der chinesischen Wirtschaft sind privat, der Rest teilt sich in gesellschaftliches Eigentum, zur Hälfte staatlich, zur Hälfte genossenschaftlich. Qualitativ betrachtet ist es noch eindeutiger: alle Schlüsselindustrien, die Telekommunikation, der Grund und Boden, die Montanindustrie, die Verkehrswege und die Energieversorgung sind sämtlich in staatlicher Hand, das Bankwesen ebenso.
Wenn man nun noch versucht, alle Projektionen auf den chinesischen Frühsozialismus auszublenden und die Leute dort beim Wort zu nehmen, nach dem sich das Land am Beginn des Aufbaus des Sozialismus befindet, dessen Basis frühestens 2050 gelegt sein wird, dann kommt man dem Phänomen China etwas näher...
Die verschiedentlichen theoretischen Großversuche aus dem Umfeld der KKE, die endgültige Einordnung der VR China im Alleingang vorzunehmen, sind vielleicht aus griechischer Perspektive verständlicher. Immerhin tritt chinesisches (staatliches) Kapital (bspw. COSCO) dort als Entrepreneur auf. Das ändert m. E. nichts an dem objektiven Charakter der chinesischen Gesellschaft, doch ist die Stellung zur KP China heute auch nicht der wichtigste Prüfstein für Kommunisten.
•NEUER BEITRAG03.08.2016, 13:43 Uhr
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retmarut | |
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Klassencharakter der VR China
"doch ist die Stellung zur KP China heute auch nicht der wichtigste Prüfstein für Kommunisten."
Nun habe ich es auch nicht so mit Superlativen, würde daher eher den Begriff "wichtiger Prüfstein" wählen.
Man muss nicht alles im Detail gut heißen, was die KP China (oder auf internationalem Parkett die VR China) macht, aber ich finde schon, dass die beliebige Kritikasterei an der Politik der VR China unter deutschen (bzw. europäischen und nordamerikanischen) Linken diverser Coleur ein gerüttet Maß an Unverständnis über den Aufbau des Sozialismus zeigt. Analogien zu den früheren Hasstiraden über die "verfehlte Politik der SU", die "Arbeiterbürokratie" und "Sozialimperialisten aus Moskau" klingen dabei an; leider auch bei einigen (siehe KKE), die vorher gegenüber der KPdSU und SU immer solidarische Geschlossenheit gezeigt haben.
Die Kritik an den chinesischen Entwicklungen geht einem ja auch leicht von der Feder, knurrt man doch schließlich mit dem herrschen Meinungswind.
Nun habe ich es auch nicht so mit Superlativen, würde daher eher den Begriff "wichtiger Prüfstein" wählen.
Man muss nicht alles im Detail gut heißen, was die KP China (oder auf internationalem Parkett die VR China) macht, aber ich finde schon, dass die beliebige Kritikasterei an der Politik der VR China unter deutschen (bzw. europäischen und nordamerikanischen) Linken diverser Coleur ein gerüttet Maß an Unverständnis über den Aufbau des Sozialismus zeigt. Analogien zu den früheren Hasstiraden über die "verfehlte Politik der SU", die "Arbeiterbürokratie" und "Sozialimperialisten aus Moskau" klingen dabei an; leider auch bei einigen (siehe KKE), die vorher gegenüber der KPdSU und SU immer solidarische Geschlossenheit gezeigt haben.
Die Kritik an den chinesischen Entwicklungen geht einem ja auch leicht von der Feder, knurrt man doch schließlich mit dem herrschen Meinungswind.
•NEUER BEITRAG19.04.2020, 15:25 Uhr
EDIT: FPeregrin
19.04.2020, 15:25 Uhr
19.04.2020, 15:25 Uhr
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FPeregrin | |
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Klassencharakter der VR China
Auf der Seite der Seite der KPD (Die Rote Fahne) (veröffentlicht 26. März) haben Frank Flegel & Jürgen Geppert im Namen des ZK der KPD u.d.T. Ökonomische Analyse Chinas richtig in die Kacke gehauen:
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Zwei Schnitzer fallen mir gleich auf:
- Die wachsende Rolle der "Intellektuellen": 'Intellektuelle' sind keine Klasse, sondern entstammen Klassen. Man kann also nicht die "Intellektuellen" kurzerhand von den 'Arbeitern & Bauern' abziehen, insbesondere dann nicht, wenn von einem rapide wachsenden Teil proletarischer und bäuerlicher Intellektueller ausgegangen werden muß.
- Die Armee als Faktor kommt gar nicht vor.
Man wird hier sicher noch mehr sagen können!
#VrChina
#KPCh
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Zwei Schnitzer fallen mir gleich auf:
- Die wachsende Rolle der "Intellektuellen": 'Intellektuelle' sind keine Klasse, sondern entstammen Klassen. Man kann also nicht die "Intellektuellen" kurzerhand von den 'Arbeitern & Bauern' abziehen, insbesondere dann nicht, wenn von einem rapide wachsenden Teil proletarischer und bäuerlicher Intellektueller ausgegangen werden muß.
- Die Armee als Faktor kommt gar nicht vor.
Man wird hier sicher noch mehr sagen können!
#VrChina
#KPCh
• PDF-Datei
oekonomische-analyse-chinas_zk-der-kpd...
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•NEUER BEITRAG05.04.2021, 13:54 Uhr
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... immerhin scheint die Debatte innerhalb der KPD nicht komplett beendet zu sein. Die Februar-Ausgabe von Die Rote Fahne bringt eine Zusammenfassung der Debatte durch die Ideologische Kommission:
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Hier die entsprechende Seite als pdf:
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Hier die entsprechende Seite als pdf:
• PDF-Datei
KPD_China_2021-Feb.pdf
• 5,2 MB | application/pdf
...zum Download anmelden.
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•NEUER BEITRAG28.11.2022, 21:09 Uhr
EDIT: FPeregrin
28.11.2022, 21:10 Uhr
28.11.2022, 21:10 Uhr
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Klassencharakter der VR China
Beat Schneider auf der Themen-Seite der jW morgen:
Den Drachen reiten
Vom Kapitalismus gefürchtet, für die westliche Linke ein Problem: China auf dem Weg zum Sozialismus
Von Beat Schneider
In diesen Tagen erscheint im Kölner Papyrossa-Verlag von Beat Schneider der Band »Chinas langer Marsch in die Moderne. 20 nicht-eurozentristische Thesen«. Wir veröffentlichen daraus redaktionell gekürzt und mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag das 15. Kapitel. (jW)
Reitet der rote Drache den kapitalistischen Tiger, oder wird er von diesem geritten? Eine viel geäußerte westliche Fragestellung mit der typischen Konstellation des Entweder-oder, deren Beantwortung fast zwangsläufig unbefriedigend ist.
Die seit über hundert Jahren bestehende Kommunistische Partei Chinas (KPCh), die ihr theoretisches Fundament im Marxismus und im sowjetischen Leninismus hat, war mit der Tatsache konfrontiert, dass sie nicht in einem kapitalistischen Land, sondern in einem großen Entwicklungsland agieren musste. Mao hatte mangels Kapitalismus und Arbeiterklasse in China die Bauern zum revolutionären Subjekt erklärt und so den Marxismus selbst schon ein gutes Stück weit sinisiert. Die undogmatische Weiterentwicklung des Marxismus wurde zu einem Merkmal der KPCh und mündete später im Konzept des sogenannten Sozialismus chinesischer Prägung.
Im Statut der KPCh ist zum ersten Mal 2007 von einer »Sinisierung des Marxismus« die Rede, was die Weiterentwicklung des Marxismus aufgrund der Erfahrungen der KPCh und die Anreicherung mit Elementen der chinesischen Kultur und Tradition meint. Deng ging noch einen Schritt weiter als Mao. Er übertrug die Entwicklung der Produktivkräfte, die Karl Marx als Aufgabe des Kapitalismus betrachtet hatte, in China dem Sozialismus und veranschlagte als Zeitraum dafür hundert Jahre bis 2049.
Im wesentlichen standen drei große Erfahrungen im Zentrum der Formulierung des sinisierten Sozialismus: 1. Der antikoloniale Befreiungskampf wurde in einem breiten Bündnis geführt, in dessen Kern die Klasse der Bäuerinnen und Bauern stand. China wurde nicht von einem revolutionären Proletariat von der Stadt aus, sondern vom Land her durch eine Bauernarmee unter kommunistischer Führung revolutioniert. 2. Die Entwicklung der Produktivkräfte als Basis für die Schaffung eines minimalen Wohlstands erfolgte nach einem schwierigen Lernprozess mit Hilfe der kapitalistischen Erzfeinde unter der Ägide des von der KPCh kontrollierten Staates. 3. Auf dem Weg zu einer sozialistischen Gesellschaft stand die Volksrepublik China (VRCh) auch nach den drei ersten Jahrzehnten gemäß Deng erst im »Anfangsstadium«. Aus der Sicht der KPCh würde der Übergang zum Sozialismus ein Werk von Generationen werden. Erst nach einer verhältnismäßig langen Übergangsphase würde die Schaffung eines wohlhabenden sozialistischen Landes möglich sein (zweites 100-Jahres-Ziel). Vor dem Erreichen der sozialistischen Gesellschaft liegt die Periode der Umwandlung der einen in die andere. Der Staat, der diese politische und ökonomische Übergangsperiode lenkt, hat nach Karl Marx den Charakter einer »revolutionären Diktatur des Proletariats«. In China heißt dieser Staat in der Verfassung »demokratische Diktatur des Volkes«.
Primat der Politik
Die negativen Erfahrungen in der Sowjetunion hingen wie ein Damoklesschwert über der KPCh. Sie bestärkten die KPCh in ihrem Beharren auf theoretischer und praktischer Eigenständigkeit. Den großen kulturellen und ideologischen Problemen, die mit der Öffnung für den kapitalistischen Westen in Kauf genommen wurden, begegnete die KPCh mit einer Mobilisierung des »chinesischen Schwungrades«. Die stark präsente konfuzianische Tradition wurde aktiviert und mit dem Marxismus verbunden. Nie zuvor wurde der Konfuzianismus laut Wang Shouchang, Direktor der Akademie für chinesische Kultur in Beijing, so positiv bewertet wie in der Ära Xi Jinping, und nie zuvor wurde seine Vereinbarkeit mit dem Marxismus und Sozialismus so betont.¹ Die »Mobilisierung aus Tradition«² wurde zu einer Produktivkraft und zu einer Stärke der VRCh, die ihrer Entwicklung eine große Vitalität verlieh.
Das Primat der Politik über die Ökonomie bedeutet, dass der chinesische Staat die letztendliche Verfügungsgewalt über die gesamte Wirtschaft, die staatlichen und privaten, die großen und kleinen Unternehmen hat. Es erlaubt der Regierung die Regulierung des Marktes und ermöglicht Eingriffe in die Marktwirtschaft entsprechend den politischen Zielen. Grundlage des Primats ist die führende Stellung der KPCh im Staat und in der Ökonomie. Das ist das konstituierende Element des »Sozialismus chinesischer Prägung«. Aus chinesischer Sicht liegt in der Führung durch die KPCh und in der institutionellen Möglichkeit der Bündelung aller Kräfte für große Vorhaben der Vorteil gegenüber den parlamentarischen westlichen Demokratien. Xi: »Diese haben Mühe, ökonomisch im Interesse der breiten Bevölkerung zu handeln.«³ In ihnen herrsche offen oder verschleiert das kapitalistische Primat über die politischen Gewalten.
Das Primat der Politik ist neben der stark präsenten Geschichte und der immensen Größe des Landes der Hauptgrund, weshalb es China gelungen ist, die Öffnung für den Weltmarkt zu seinem Vorteil zu nutzen und dem Schicksal der übrigen Entwicklungsländer zu entgehen. Die Öffnung hat den Entwicklungsländern normalerweise weder nationalen Reichtum noch wirkliche politische Selbstbestimmung gebracht, sondern sie zu Absatzmärkten, Rohstofflieferanten sowie zum Hinterhof der kapitalistischen Hauptmächte degradiert und in den nationalen Ruin getrieben.
In der VRCh spielt der Staat seit 1949 eine zentrale Rolle in der Lenkung der Wirtschaft, auch nach der Einführung des Marktes in der Periode »Reform und Öffnung«. Die Entscheidung für eine Marktwirtschaft wurde in China nie als Systementscheidung betrachtet. Die chinesischen Kommunisten haben zum Verhältnis von Staat und Markt eine nüchterne, relativ unideologische Einstellung, was sich im folgenden Zitat von Deng ausdrückt: »Planung und Markt sind beides Mittel zur Steuerung der Wirtschaft.«⁴ Die Kraft des Staates zur Makrosteuerung der Wirtschaft zeigt sich darin, dass kein großes Unternehmen gegen die Interessen des Staates, beziehungsweise der KPCh, handeln kann, während im Westen die Erfahrung eher in die umgekehrte Richtung weist. Keine Regierung kann längerfristig gegen die Interessen der geballten Macht der großen Konzerne handeln.
Sichtbare Hand
Die heute ungefähr hundert staatseigenen Konzerne bilden das wirtschaftliche Rückgrat der VRCh. Seit 2017 müssen sie wieder 30 Prozent ihrer Gewinne direkt an den Staat abführen. Sie sind die Haupteinnahmequelle des Staates und sorgen für seine Stabilität sowie die Grundversorgung der Gesellschaft in den Bereichen Infrastruktur, Telekommunikation, Energieversorgung, Finanz- und Versicherungswesen, Gesundheitswesen und Pharmazie. Die chinesische Kampagne in den Jahren 2020 und 2021 gegen die sehr mächtig gewordenen Konzerne, vor allem die großen Techunternehmen, bestätigt, dass in der VRCh im Fall der Fälle die kommunistische Regierung die Marktmacht in die Schranken weisen kann.
Xi: »Die Wirtschaft wird nicht durch eine unsichtbare Hand gelenkt, sondern durch eine recht deutlich sichtbare, von der KPCh gesteuerte staatliche Hand, und sie wird einer rigiden gesetzlichen Marktkontrolle unterzogen.«⁵ Mit anderen Worten: Die KPCh hat die Marktwirtschaft nicht der Kalkulation und Spekulation von Privateigentümern überlassen, die Partei war ja von Anfang an das bestimmende Subjekt bei der Öffnung der Wirtschaft.
Die VRCh konnte von ausländischen Direktinvestitionen und Produktionsverlagerungen vor allem deshalb profitieren, weil es keinen freien Kapitalverkehr, sondern restriktive Kapitalverkehrskontrollen und staatliche Auflagen gab, die das klare Ziel verfolgten, das ausländische Know-how ins Land zu holen. China hat trotz der marktwirtschaftlichen Reformen die eigene Währung nicht dem internationalen Finanzmarkt geöffnet und damit der Kontrolle des US-Dollars unterworfen. Es hat den nationalen Markt nicht dereguliert, sondern im Gegenteil mittels staatlicher Eingriffe im Interesse eines »gemeinsamen Wohlstands« kontrolliert. Liu Wie, Vizedirektor der Beijing-Universität: »Der Marxismus musste zeigen, dass eine Marktwirtschaft unter der Hand des Staates effizient arbeitet – in Konkurrenz zur Privathand im Kapitalismus.«⁶ Der marxistischen Steuerung der chinesischen Wirtschaft dienen heute hochentwickelte und hochkomplexe Informations- und Lenkungsinstrumente, die auf der laufenden Erhebung von Milliarden von Daten basieren. Wolfram Elsner kommt zum Schluss, dass China heute zeige, wie Marktwirtschaft in der Tat funktionieren kann: als flexibler Anpassungsmechanismus an das, was die Menschheit braucht. China habe die Marktwirtschaft besser verstanden als die westlichen Länder.⁷
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Den Drachen reiten
Vom Kapitalismus gefürchtet, für die westliche Linke ein Problem: China auf dem Weg zum Sozialismus
Von Beat Schneider
In diesen Tagen erscheint im Kölner Papyrossa-Verlag von Beat Schneider der Band »Chinas langer Marsch in die Moderne. 20 nicht-eurozentristische Thesen«. Wir veröffentlichen daraus redaktionell gekürzt und mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag das 15. Kapitel. (jW)
Reitet der rote Drache den kapitalistischen Tiger, oder wird er von diesem geritten? Eine viel geäußerte westliche Fragestellung mit der typischen Konstellation des Entweder-oder, deren Beantwortung fast zwangsläufig unbefriedigend ist.
Die seit über hundert Jahren bestehende Kommunistische Partei Chinas (KPCh), die ihr theoretisches Fundament im Marxismus und im sowjetischen Leninismus hat, war mit der Tatsache konfrontiert, dass sie nicht in einem kapitalistischen Land, sondern in einem großen Entwicklungsland agieren musste. Mao hatte mangels Kapitalismus und Arbeiterklasse in China die Bauern zum revolutionären Subjekt erklärt und so den Marxismus selbst schon ein gutes Stück weit sinisiert. Die undogmatische Weiterentwicklung des Marxismus wurde zu einem Merkmal der KPCh und mündete später im Konzept des sogenannten Sozialismus chinesischer Prägung.
Im Statut der KPCh ist zum ersten Mal 2007 von einer »Sinisierung des Marxismus« die Rede, was die Weiterentwicklung des Marxismus aufgrund der Erfahrungen der KPCh und die Anreicherung mit Elementen der chinesischen Kultur und Tradition meint. Deng ging noch einen Schritt weiter als Mao. Er übertrug die Entwicklung der Produktivkräfte, die Karl Marx als Aufgabe des Kapitalismus betrachtet hatte, in China dem Sozialismus und veranschlagte als Zeitraum dafür hundert Jahre bis 2049.
Im wesentlichen standen drei große Erfahrungen im Zentrum der Formulierung des sinisierten Sozialismus: 1. Der antikoloniale Befreiungskampf wurde in einem breiten Bündnis geführt, in dessen Kern die Klasse der Bäuerinnen und Bauern stand. China wurde nicht von einem revolutionären Proletariat von der Stadt aus, sondern vom Land her durch eine Bauernarmee unter kommunistischer Führung revolutioniert. 2. Die Entwicklung der Produktivkräfte als Basis für die Schaffung eines minimalen Wohlstands erfolgte nach einem schwierigen Lernprozess mit Hilfe der kapitalistischen Erzfeinde unter der Ägide des von der KPCh kontrollierten Staates. 3. Auf dem Weg zu einer sozialistischen Gesellschaft stand die Volksrepublik China (VRCh) auch nach den drei ersten Jahrzehnten gemäß Deng erst im »Anfangsstadium«. Aus der Sicht der KPCh würde der Übergang zum Sozialismus ein Werk von Generationen werden. Erst nach einer verhältnismäßig langen Übergangsphase würde die Schaffung eines wohlhabenden sozialistischen Landes möglich sein (zweites 100-Jahres-Ziel). Vor dem Erreichen der sozialistischen Gesellschaft liegt die Periode der Umwandlung der einen in die andere. Der Staat, der diese politische und ökonomische Übergangsperiode lenkt, hat nach Karl Marx den Charakter einer »revolutionären Diktatur des Proletariats«. In China heißt dieser Staat in der Verfassung »demokratische Diktatur des Volkes«.
Primat der Politik
Die negativen Erfahrungen in der Sowjetunion hingen wie ein Damoklesschwert über der KPCh. Sie bestärkten die KPCh in ihrem Beharren auf theoretischer und praktischer Eigenständigkeit. Den großen kulturellen und ideologischen Problemen, die mit der Öffnung für den kapitalistischen Westen in Kauf genommen wurden, begegnete die KPCh mit einer Mobilisierung des »chinesischen Schwungrades«. Die stark präsente konfuzianische Tradition wurde aktiviert und mit dem Marxismus verbunden. Nie zuvor wurde der Konfuzianismus laut Wang Shouchang, Direktor der Akademie für chinesische Kultur in Beijing, so positiv bewertet wie in der Ära Xi Jinping, und nie zuvor wurde seine Vereinbarkeit mit dem Marxismus und Sozialismus so betont.¹ Die »Mobilisierung aus Tradition«² wurde zu einer Produktivkraft und zu einer Stärke der VRCh, die ihrer Entwicklung eine große Vitalität verlieh.
Das Primat der Politik über die Ökonomie bedeutet, dass der chinesische Staat die letztendliche Verfügungsgewalt über die gesamte Wirtschaft, die staatlichen und privaten, die großen und kleinen Unternehmen hat. Es erlaubt der Regierung die Regulierung des Marktes und ermöglicht Eingriffe in die Marktwirtschaft entsprechend den politischen Zielen. Grundlage des Primats ist die führende Stellung der KPCh im Staat und in der Ökonomie. Das ist das konstituierende Element des »Sozialismus chinesischer Prägung«. Aus chinesischer Sicht liegt in der Führung durch die KPCh und in der institutionellen Möglichkeit der Bündelung aller Kräfte für große Vorhaben der Vorteil gegenüber den parlamentarischen westlichen Demokratien. Xi: »Diese haben Mühe, ökonomisch im Interesse der breiten Bevölkerung zu handeln.«³ In ihnen herrsche offen oder verschleiert das kapitalistische Primat über die politischen Gewalten.
Das Primat der Politik ist neben der stark präsenten Geschichte und der immensen Größe des Landes der Hauptgrund, weshalb es China gelungen ist, die Öffnung für den Weltmarkt zu seinem Vorteil zu nutzen und dem Schicksal der übrigen Entwicklungsländer zu entgehen. Die Öffnung hat den Entwicklungsländern normalerweise weder nationalen Reichtum noch wirkliche politische Selbstbestimmung gebracht, sondern sie zu Absatzmärkten, Rohstofflieferanten sowie zum Hinterhof der kapitalistischen Hauptmächte degradiert und in den nationalen Ruin getrieben.
In der VRCh spielt der Staat seit 1949 eine zentrale Rolle in der Lenkung der Wirtschaft, auch nach der Einführung des Marktes in der Periode »Reform und Öffnung«. Die Entscheidung für eine Marktwirtschaft wurde in China nie als Systementscheidung betrachtet. Die chinesischen Kommunisten haben zum Verhältnis von Staat und Markt eine nüchterne, relativ unideologische Einstellung, was sich im folgenden Zitat von Deng ausdrückt: »Planung und Markt sind beides Mittel zur Steuerung der Wirtschaft.«⁴ Die Kraft des Staates zur Makrosteuerung der Wirtschaft zeigt sich darin, dass kein großes Unternehmen gegen die Interessen des Staates, beziehungsweise der KPCh, handeln kann, während im Westen die Erfahrung eher in die umgekehrte Richtung weist. Keine Regierung kann längerfristig gegen die Interessen der geballten Macht der großen Konzerne handeln.
Sichtbare Hand
Die heute ungefähr hundert staatseigenen Konzerne bilden das wirtschaftliche Rückgrat der VRCh. Seit 2017 müssen sie wieder 30 Prozent ihrer Gewinne direkt an den Staat abführen. Sie sind die Haupteinnahmequelle des Staates und sorgen für seine Stabilität sowie die Grundversorgung der Gesellschaft in den Bereichen Infrastruktur, Telekommunikation, Energieversorgung, Finanz- und Versicherungswesen, Gesundheitswesen und Pharmazie. Die chinesische Kampagne in den Jahren 2020 und 2021 gegen die sehr mächtig gewordenen Konzerne, vor allem die großen Techunternehmen, bestätigt, dass in der VRCh im Fall der Fälle die kommunistische Regierung die Marktmacht in die Schranken weisen kann.
Xi: »Die Wirtschaft wird nicht durch eine unsichtbare Hand gelenkt, sondern durch eine recht deutlich sichtbare, von der KPCh gesteuerte staatliche Hand, und sie wird einer rigiden gesetzlichen Marktkontrolle unterzogen.«⁵ Mit anderen Worten: Die KPCh hat die Marktwirtschaft nicht der Kalkulation und Spekulation von Privateigentümern überlassen, die Partei war ja von Anfang an das bestimmende Subjekt bei der Öffnung der Wirtschaft.
Die VRCh konnte von ausländischen Direktinvestitionen und Produktionsverlagerungen vor allem deshalb profitieren, weil es keinen freien Kapitalverkehr, sondern restriktive Kapitalverkehrskontrollen und staatliche Auflagen gab, die das klare Ziel verfolgten, das ausländische Know-how ins Land zu holen. China hat trotz der marktwirtschaftlichen Reformen die eigene Währung nicht dem internationalen Finanzmarkt geöffnet und damit der Kontrolle des US-Dollars unterworfen. Es hat den nationalen Markt nicht dereguliert, sondern im Gegenteil mittels staatlicher Eingriffe im Interesse eines »gemeinsamen Wohlstands« kontrolliert. Liu Wie, Vizedirektor der Beijing-Universität: »Der Marxismus musste zeigen, dass eine Marktwirtschaft unter der Hand des Staates effizient arbeitet – in Konkurrenz zur Privathand im Kapitalismus.«⁶ Der marxistischen Steuerung der chinesischen Wirtschaft dienen heute hochentwickelte und hochkomplexe Informations- und Lenkungsinstrumente, die auf der laufenden Erhebung von Milliarden von Daten basieren. Wolfram Elsner kommt zum Schluss, dass China heute zeige, wie Marktwirtschaft in der Tat funktionieren kann: als flexibler Anpassungsmechanismus an das, was die Menschheit braucht. China habe die Marktwirtschaft besser verstanden als die westlichen Länder.⁷
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Wessen Partei ist die KPCh?
Widersprüche und Probleme werden in der KPCh und in der chinesischen Gesellschaft, entgegen der westlichen Wahrnehmung, reflektiert und offen diskutiert. Die KPCh folgt auch hier dem alten konfuzianischen Prinzip von Selbstkritik und Kritikbereitschaft. Sie steht heute offen zu ihren Fehlern und hat sich als äußert belastbar erwiesen. In der Selbsterneuerung und Selbstkorrektur unterscheidet sich die KPCh von den kommunistischen Parteien in den ehemaligen sozialistischen Ländern Osteuropas. So gab es zum Beispiel in den Jahren der »Reform und Öffnung« in der KPCh offene Orientierungskämpfe um die Entwicklungsstrategie und die kapitalistischen Elemente in der Wirtschaft, mit anderen Worten um Kapitalismus und Sozialismus und um die Folgen der gigantischen wirtschaftlichen und sozialen Umbrüche durch Öffnung und Liberalisierung.
Unter den mehr als 96 Millionen Mitgliedern der KPCh, die 6,6 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, sind 34,8 Prozent Arbeiter und Bauern. 26,7 Prozent sind Techniker oder Manager, 8,4 Prozent Staatsangestellte und 7,7 Prozent Studierende. Die Mitglieder mit Hochschulbildung machen 40,7 Prozent aus. Der Frauenanteil liegt bei 28 Prozent. Seit den 1990er Jahren können auch private Unternehmer Mitglied der Partei werden. Ändert sich dadurch der Charakter der Partei? Deng wurde diese Frage schon 1978 bei der Öffnung für das westliche Kapital gestellt. Seine Antwort: »Es kann sich eine Handvoll bürgerlicher Elemente entwickeln, aber sie bilden keine Klasse.«⁸ Und: »Wir werden die Entwicklung einer neuen Bourgeoisie nicht erlauben.«⁹ Dem stimmt heute der britische Sozialtheoretiker David Harvey vorsichtig formulierend zu: Der Unterschied gegenüber den Machtzentren des Weltkapitalismus und des Neoliberalismus sei, dass diejenigen, welche in China die Macht ausübten, eine Politik betrieben, die sich durch den Versuch auszeichne, die Bildung einer Klasse von Kapitalisten zu verhindern.¹⁰
Um den Klassencharakter der KPCh zu bestimmen, sind die privaten Unternehmer tatsächlich nicht das Hauptproblem. Auch wenn die Partei heute offiziell beteuert, dass »Arbeiter, Bauern, Soldaten und Intellektuelle das Fundament und das Rückgrat der KPCh bleiben«, so muss ergänzt werden, dass die KPCh längst eine breite Volkspartei ist. Sie ist heute eine Kombination von verschiedenen Klassen. In ihr nimmt die neue und »weltgrößte Mittelschicht« einen bedeutenden Platz ein. Hier wird bewusst der soziologische und nicht klassenpolitische Begriff übernommen. Er umfasst die vielen Facharbeiter, Staatsangestellten, Lehrer, Ingenieure, Akademiker, Kleinunternehmer usw. Die chinesische Mittelschicht ist das Produkt des Wirtschaftswunders. Sie profitiert vom »Sozialismus chinesischer Prägung« und reklamiert heute, zusammen mit den untersten Schichten, einen größeren Anteil am »gemeinsamen Wohlstand«.
Systemrivale
Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass die Auseinandersetzung zwischen dem Westen und der VRCh nichts anderes sei als ein Konflikt zwischen großen wirtschaftlichen Rivalen, ein Kampf um Märkte und Lieferketten, um Einflusssphären und technologische Innovation. Beim genaueren Hinschauen stellt man fest, dass China vom internationalen Kapital nicht nur als Konkurrent angesehen wird, sondern auch explizit als politischer und ökonomischer »Systemrivale«, so vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und von der EU-Kommission. Es ist eine Rivalität zwischen zwei verschiedenen Wirtschaftssystemen. Die US-Eliten der Republikanischen und der Demokratischen Partei suchen offen den »Systemkonflikt« und wollen diesen mit allen Mitteln gewinnen. Auch bedeutende Teile der europäischen kapitalistischen Eliten meinen, im Erfolg Chinas eine der größten Gefahren für die langfristige Legitimität ihres eigenen Systems erkennen zu müssen.
Auch den verbliebenen weltoffenen westlichen Liberalen sowie den chinafreundlichen westlichen Unternehmern wäre eine VRCh lieber, welche die marktwirtschaftlichen Errungenschaften nicht in eine sozialistische Entwicklung einbettet, ihre modernen wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften nicht nach politischen Prioritäten fördert und den westlichen Werteuniversalismus nicht in Frage stellt. Eine gute Nase für die Richtung, in welche der chinesische Schnellzug fährt, haben westliche Medien und Finanz- und Investitionsberater, wenn sie sich gegen den in China wiederauflebenden Sozialismusdiskurs und gegen den »neuen Marxismus« richten oder wenn sie empfehlen, dass westliche Großinvestoren China meiden sollten, weil dort »Grundlegendes im Gange« sei und »aggressive Reformen« darauf abzielten, die »Ungleichheit zu senken – notfalls zu Lasten der Unternehmen.«¹¹ Der Präsident der EU-Handelskammer in Beijing, Jörg Wuttke, beklagte zwei Dinge: erstens den neuen Wirtschaftskurs der chinesischen Regierung, der die Abhängigkeit vom Rest der Welt verringern wolle, und zweitens die andauernde Reglementierung des Privatsektors des Landes. Die Regierung habe ein Umverteilungsprogramm verabschiedet, durch das ein »gemeinsamer Wohlstand« erreicht werden soll.¹² Die Wirtschaftswoche stellte panisch fest, dass riesige Technikkonzerne in die Schranke gewiesen werden und dass gleichzeitig von der Forderung nach »gemeinsamem Wohlstand« geredet werde.¹³
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Wessen Partei ist die KPCh?
Widersprüche und Probleme werden in der KPCh und in der chinesischen Gesellschaft, entgegen der westlichen Wahrnehmung, reflektiert und offen diskutiert. Die KPCh folgt auch hier dem alten konfuzianischen Prinzip von Selbstkritik und Kritikbereitschaft. Sie steht heute offen zu ihren Fehlern und hat sich als äußert belastbar erwiesen. In der Selbsterneuerung und Selbstkorrektur unterscheidet sich die KPCh von den kommunistischen Parteien in den ehemaligen sozialistischen Ländern Osteuropas. So gab es zum Beispiel in den Jahren der »Reform und Öffnung« in der KPCh offene Orientierungskämpfe um die Entwicklungsstrategie und die kapitalistischen Elemente in der Wirtschaft, mit anderen Worten um Kapitalismus und Sozialismus und um die Folgen der gigantischen wirtschaftlichen und sozialen Umbrüche durch Öffnung und Liberalisierung.
Unter den mehr als 96 Millionen Mitgliedern der KPCh, die 6,6 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, sind 34,8 Prozent Arbeiter und Bauern. 26,7 Prozent sind Techniker oder Manager, 8,4 Prozent Staatsangestellte und 7,7 Prozent Studierende. Die Mitglieder mit Hochschulbildung machen 40,7 Prozent aus. Der Frauenanteil liegt bei 28 Prozent. Seit den 1990er Jahren können auch private Unternehmer Mitglied der Partei werden. Ändert sich dadurch der Charakter der Partei? Deng wurde diese Frage schon 1978 bei der Öffnung für das westliche Kapital gestellt. Seine Antwort: »Es kann sich eine Handvoll bürgerlicher Elemente entwickeln, aber sie bilden keine Klasse.«⁸ Und: »Wir werden die Entwicklung einer neuen Bourgeoisie nicht erlauben.«⁹ Dem stimmt heute der britische Sozialtheoretiker David Harvey vorsichtig formulierend zu: Der Unterschied gegenüber den Machtzentren des Weltkapitalismus und des Neoliberalismus sei, dass diejenigen, welche in China die Macht ausübten, eine Politik betrieben, die sich durch den Versuch auszeichne, die Bildung einer Klasse von Kapitalisten zu verhindern.¹⁰
Um den Klassencharakter der KPCh zu bestimmen, sind die privaten Unternehmer tatsächlich nicht das Hauptproblem. Auch wenn die Partei heute offiziell beteuert, dass »Arbeiter, Bauern, Soldaten und Intellektuelle das Fundament und das Rückgrat der KPCh bleiben«, so muss ergänzt werden, dass die KPCh längst eine breite Volkspartei ist. Sie ist heute eine Kombination von verschiedenen Klassen. In ihr nimmt die neue und »weltgrößte Mittelschicht« einen bedeutenden Platz ein. Hier wird bewusst der soziologische und nicht klassenpolitische Begriff übernommen. Er umfasst die vielen Facharbeiter, Staatsangestellten, Lehrer, Ingenieure, Akademiker, Kleinunternehmer usw. Die chinesische Mittelschicht ist das Produkt des Wirtschaftswunders. Sie profitiert vom »Sozialismus chinesischer Prägung« und reklamiert heute, zusammen mit den untersten Schichten, einen größeren Anteil am »gemeinsamen Wohlstand«.
Systemrivale
Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass die Auseinandersetzung zwischen dem Westen und der VRCh nichts anderes sei als ein Konflikt zwischen großen wirtschaftlichen Rivalen, ein Kampf um Märkte und Lieferketten, um Einflusssphären und technologische Innovation. Beim genaueren Hinschauen stellt man fest, dass China vom internationalen Kapital nicht nur als Konkurrent angesehen wird, sondern auch explizit als politischer und ökonomischer »Systemrivale«, so vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und von der EU-Kommission. Es ist eine Rivalität zwischen zwei verschiedenen Wirtschaftssystemen. Die US-Eliten der Republikanischen und der Demokratischen Partei suchen offen den »Systemkonflikt« und wollen diesen mit allen Mitteln gewinnen. Auch bedeutende Teile der europäischen kapitalistischen Eliten meinen, im Erfolg Chinas eine der größten Gefahren für die langfristige Legitimität ihres eigenen Systems erkennen zu müssen.
Auch den verbliebenen weltoffenen westlichen Liberalen sowie den chinafreundlichen westlichen Unternehmern wäre eine VRCh lieber, welche die marktwirtschaftlichen Errungenschaften nicht in eine sozialistische Entwicklung einbettet, ihre modernen wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften nicht nach politischen Prioritäten fördert und den westlichen Werteuniversalismus nicht in Frage stellt. Eine gute Nase für die Richtung, in welche der chinesische Schnellzug fährt, haben westliche Medien und Finanz- und Investitionsberater, wenn sie sich gegen den in China wiederauflebenden Sozialismusdiskurs und gegen den »neuen Marxismus« richten oder wenn sie empfehlen, dass westliche Großinvestoren China meiden sollten, weil dort »Grundlegendes im Gange« sei und »aggressive Reformen« darauf abzielten, die »Ungleichheit zu senken – notfalls zu Lasten der Unternehmen.«¹¹ Der Präsident der EU-Handelskammer in Beijing, Jörg Wuttke, beklagte zwei Dinge: erstens den neuen Wirtschaftskurs der chinesischen Regierung, der die Abhängigkeit vom Rest der Welt verringern wolle, und zweitens die andauernde Reglementierung des Privatsektors des Landes. Die Regierung habe ein Umverteilungsprogramm verabschiedet, durch das ein »gemeinsamer Wohlstand« erreicht werden soll.¹² Die Wirtschaftswoche stellte panisch fest, dass riesige Technikkonzerne in die Schranke gewiesen werden und dass gleichzeitig von der Forderung nach »gemeinsamem Wohlstand« geredet werde.¹³
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Probleme der westlichen Linken
Viele westliche Linke, auch verbliebene westliche marxistische Linke, sind – wie es scheint – der gegenwärtigen Sinophobie erlegen. Sie verkennen, was gegenwärtig in China vor sich geht, stellen sich offen auf die Seite der westlichen Mächte und teilen deren Ängste vor China. Jan Turowski, Leiter des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Beijing, meint, dass viele westliche Linke von einem konfrontativen bürgerlichen und antikommunistischen China-Diskurs getrieben seien und kaum über Kenntnisse der Geschichte und Entwicklung der VRCh verfügen.¹⁴ Sie scheinen nach einigen Jahrzehnten neoliberalem Mainstream nicht mehr zu einer sachlichen China-Analyse, geschweige denn zu einem qualifizierten China-Diskurs fähig. Die Inhalte der gegenwärtig stattfindenden historischen Wende und die sich weltweit vollziehende epochale Änderung der globalen Kräfteverhältnisse werden nicht wahrgenommen.
Eine verbreitete Meinung in der marxistischen Literatur besagt, dass in China ein »Staatskapitalismus« herrsche.¹⁵ Wahlweise wird noch das Adjektiv »autoritär«¹⁶ oder »grauenhaft«¹⁷ hinzugefügt. Theodor Bergmann nennt den »Sozialismus chinesischer Prägung« einen »leninistischen Kapitalismus«.¹⁸ Slavoj Zizek, der Vorzeigeintellektuelle der »radikalen Linken«, spricht sogar von einem »autoritären Kapitalismus«.¹⁹ Diejenigen, die unsicher sind, nennen ihn eine »hybride Gesellschaftsform«, die sowohl kapitalistische als auch sozialistische Elemente beinhalte.²⁰ Die linke Restaurationstheorie besagt, dass es keinen Unterschied gebe zwischen China und einem beliebigen anderen kapitalistischen Land und dass die VRCh ein »imperialistisches Land« sei.²¹ Lieblingsobjekt linker marxistischer Kritik im Westen ist der Weg der »Reform und Öffnung«, beziehungsweise die Übergangsphase zum Sozialismus, welche als »Verrat an der Revolution« angesehen wird.²² Das Unverständnis gegenüber der Öffnungspolitik teilte übrigens auch die kubanische Linke. Fidel Castro hatte schon in den 1960er Jahren Mao als »senilen Idioten« bezeichnet, nachdem dieser das immer enger werdende Bündnis Kubas mit der Sowjetunion kritisiert hatte.²³ Castro bezeichnete Deng wegen der Öffnungspolitik als eine »Art Hitler-Karikatur«.²⁴ Auch ein Fidel Castro konnte sich offensichtlich verrennen.
Im westlichen Marxismus gibt es eine lange Tradition des Entweder-oder, die jetzt auch gegenüber der VRCh zum Tragen kommt: entweder Sozialismus oder gar nichts! Der italienische Philosoph Domenico Losurdo kritisierte diese Tradition treffend: »Sobald eine konkrete linke staatstragende Politik nicht mehr den dogmatischen Idealvorstellungen der westlichen Linken entspricht, wendet sich diese ernüchtert ab.«²⁵ Die Schwierigkeiten beim Aufbau einer postkapitalistischen Gesellschaft sind nicht mehr so attraktiv und faszinierend wie der Befreiungskampf. Kuba, Vietnam und jetzt auch China wurden nur »geliebt«, solange sie als »arm oder gleich« und als Opfer von imperialistischer Unterdrückung wahrgenommen wurden. Wenn reale Schritte zur Überwindung dieses Zustandes unternommen werden, auch wenn diese neuen Widersprüche mit sich bringen, ist der Anspruch an die Utopie in den Augen vieler westlicher Marxisten verwirkt. Ernüchterung und zunehmende Distanz stellen sich ein, die manchmal sogar in Hass übergehen. Wenn die vollendete Utopie zum Gradmesser der Sympathien wird, ist das gemäß Losurdo ein »eklatanter Eurozentrismus«, der den Bezugsverlust der westlichen Linken zu den realen antikolonialistischen Emanzipationsbewegungen im globalen Süden zeige.
Kommen wir nun zur Beantwortung der Systemfrage. Ist die VRCh ein sozialistisches Land? Ist es eine »kapitalistische Marktwirtschaft« oder eine »sozialistische Marktwirtschaft« oder ein »marktwirtschaftlicher Sozialismus« oder ein »Sozialismus mit Märkten«. Vielleicht sollte man sich zuerst fragen, was ein Land denn als kapitalistisches kennzeichnet? Es ist ein verbreiteter Fehler, wenn man den Kapitalismus nur auf ein ökonomisches Phänomen reduziert. Er ist vielmehr ein »komplexes System«, ein »Ganzes«, das aus einer dialektischen Totalität aus Basis und Überbau, aus Wirtschaft und Staat, Kultur und Ideologie besteht. Systemisch betrachtet macht eine Marktwirtschaft allein also noch keinen Kapitalismus aus. Dazu gehören die Ausbeutung der werktätigen Bevölkerung durch die Klasse der Kapitalisten, die endlose, der Profitrate folgende Akkumulation des Kapitals und – ganz wichtig – die Unterordnung des Staates und des ganzen Überbaus unter die wirtschaftlichen Interessen des Kapitals. Kurz gesagt: Im kapitalistischen System ist alles einem einzigen Ziel untergeordnet.
Wenn aber in einem sozialistischen Staat wie der VRCh in den1970er Jahren Marktelemente eingeführt werden und neben dem staatlichen und gemeinwirtschaftlichen Sektor auch private Unternehmen zugelassen werden, bei denen die Mehrwertabschöpfung privatisiert und der Mehrwert teilweise ins Ausland abgeführt wird, so wird das »Ganze« keineswegs ein kapitalistisches System, solange das politische Primat über die Ökonomie bestehen bleibt und dieses von der kommunistischen Partei für die Realisierung einer sozialistischen Transformation eingesetzt wird. Das ist im heutigen China offensichtlich der Fall. Aus systemischer Logik ist die VRCh deshalb kein kapitalistisches Land, auch kein staatskapitalistisches, denn letzteres wäre nach wie vor ein kapitalistisches »Ganzes«. Der Begriff des Staatskapitalismus ist eine Contradictio in adiecto, ein Widerspruch in sich. Aus derselben systemischen Logik gibt es auch kein »hybrides System«, welches gleichzeitig kapitalistisch und sozialistisch ist.
Die VRCh ist ein Staat, der sowohl von sozialistischen Prinzipien geleitet wird, als auch marktwirtschaftliche Elemente einsetzt, um diese Prinzipien zu erreichen. Ein Staat, der im Begriff ist, die Grundlagen für eine entwickelte sozialistische Gesellschaft aufzubauen. Die KPCh verfolgt ein langfristiges Programm der bewussten Gestaltung der Gesellschaft mit dem Ziel, über den Sozialismus hinaus den Kommunismus zu verwirklichen. Der »Sozialismus chinesischer Prägung« ist ein »System sui generis«, ein System eigener Art, für das es bisher kein Analysemodell gab, meint Yukon Hunang, ehemaliger Chef der Weltbank.²⁶ Er ist einerseits eine nicht-eurozentristische Antwort auf die Frage der sozialistischen Transformation eines Drittweltlandes und andererseits die Antwort auf die zentrale Frage, wie vier Fünftel der Menschen aus einer seit dreihundert Jahren andauernden kolonialen Abhängigkeit befreit werden können. Er ist für andere Transformationsversuche und sozialistische Aufbauversuche in Afrika, Vietnam, Laos und seit kurzem auch in Kuba eine fruchtbare Inspirationsquelle.
Anmerkungen
1 Vgl. Stefan Baron, Guangyan Yin-Baron: Die Chinesen. Psychogramm einer Weltmacht. Berlin 2021, S. 338
2 Vgl. Wolfram Elsner: Das chinesische Jahrhundert. Die neue Nummer eins ist anders. Frankfurt am Main 2020, S. 316
3 Xi Jingping: China regieren. Bd. II. Beijing 2018, S. 104
4 Zit. n. Baron et al., a. a. O., S. 264
5 Xi, a. a. O., S. 30
6 Zit. n. Baron, a. a. O., S. 264
7 Vgl. Wolfram Elsner, a. a. O., S. 199
8 Zit. n. Domenico Losurdo: Wenn die Linke fehlt. Gesellschaft des Spektakels, Krise, Krieg. Köln 2017, S. 307
9 Deng Xiaoping: Ausgewählte Schriften (1975–1982). Beijing 1985, Bd. II: Die vier Grundprinzipien hochhalten
10 Vgl. Harvey, David: Kleine Geschichte des Neoliberalismus. Zürich 2007
11 Zit. n. cash.ch, 10.10.2021
12 Zit. n. »Brüssel in Sorge um Profite«. In: junge Welt, 24.9.2021
13 Zit. n. Jörg Kronauer: »Bewegte Zeiten in China«. In: junge Welt, 18.9.2021
14 Zit. n. Uwe Behrens: Feindbild China. Was wir alles über die Volksrepublik wissen. Berlin 2021, S. 220
15 Zum Beispiel: Stephen Resnik und Richard D. Wolff, Richard D.: Class Theory and History: Capitalism and Communism in the USSR. New York 2002; oder Ted Grant: Against the Theory of State Capitalism, in: Link ...jetzt anmelden!
16 Vgl. Link ...jetzt anmelden!
17 Vgl. Thanasis Spanidis: Die Diskussion um den Klassencharakter der VRCh. In:
Theorie & Praxis 41 (2016)
18 Theodor Bergmann: Der chinesische Weg. Hamburg 2017, S. 27 ff.
19 Zitiert nach: Losurdo: Wenn die Linke fehlt, a. a. O., S. 287; Slavoj Zizek: Mao Zedong, the marxist Lord of misrule. Introduction to Mao. On Practice and Contradiction. London 2007
20 Vgl. Kurt Seifert, Franco Cavalli: Das China-Bashing muss ein Ende haben. In: Das
Denknetz (Zürich) Nr. 10, Nov. 2021, S. 17 f.
21 Marcel Kunzmann: Theorie, System und Praxis des Sozialismus in China. Berlin
2018, S. 42
22 Zit. n. ebd., S. 54
23 Vgl. Marcel Kunzmann: »Herz und Magen«. In: junge Welt, 6.10.2021
24 Vgl. ebd.
25 Vgl. Losurdo: Wenn die Linke fehlt, a. a. O., S. 12
26 Zit. n. Baron et al., a. a. O., S. 265
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Probleme der westlichen Linken
Viele westliche Linke, auch verbliebene westliche marxistische Linke, sind – wie es scheint – der gegenwärtigen Sinophobie erlegen. Sie verkennen, was gegenwärtig in China vor sich geht, stellen sich offen auf die Seite der westlichen Mächte und teilen deren Ängste vor China. Jan Turowski, Leiter des Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Beijing, meint, dass viele westliche Linke von einem konfrontativen bürgerlichen und antikommunistischen China-Diskurs getrieben seien und kaum über Kenntnisse der Geschichte und Entwicklung der VRCh verfügen.¹⁴ Sie scheinen nach einigen Jahrzehnten neoliberalem Mainstream nicht mehr zu einer sachlichen China-Analyse, geschweige denn zu einem qualifizierten China-Diskurs fähig. Die Inhalte der gegenwärtig stattfindenden historischen Wende und die sich weltweit vollziehende epochale Änderung der globalen Kräfteverhältnisse werden nicht wahrgenommen.
Eine verbreitete Meinung in der marxistischen Literatur besagt, dass in China ein »Staatskapitalismus« herrsche.¹⁵ Wahlweise wird noch das Adjektiv »autoritär«¹⁶ oder »grauenhaft«¹⁷ hinzugefügt. Theodor Bergmann nennt den »Sozialismus chinesischer Prägung« einen »leninistischen Kapitalismus«.¹⁸ Slavoj Zizek, der Vorzeigeintellektuelle der »radikalen Linken«, spricht sogar von einem »autoritären Kapitalismus«.¹⁹ Diejenigen, die unsicher sind, nennen ihn eine »hybride Gesellschaftsform«, die sowohl kapitalistische als auch sozialistische Elemente beinhalte.²⁰ Die linke Restaurationstheorie besagt, dass es keinen Unterschied gebe zwischen China und einem beliebigen anderen kapitalistischen Land und dass die VRCh ein »imperialistisches Land« sei.²¹ Lieblingsobjekt linker marxistischer Kritik im Westen ist der Weg der »Reform und Öffnung«, beziehungsweise die Übergangsphase zum Sozialismus, welche als »Verrat an der Revolution« angesehen wird.²² Das Unverständnis gegenüber der Öffnungspolitik teilte übrigens auch die kubanische Linke. Fidel Castro hatte schon in den 1960er Jahren Mao als »senilen Idioten« bezeichnet, nachdem dieser das immer enger werdende Bündnis Kubas mit der Sowjetunion kritisiert hatte.²³ Castro bezeichnete Deng wegen der Öffnungspolitik als eine »Art Hitler-Karikatur«.²⁴ Auch ein Fidel Castro konnte sich offensichtlich verrennen.
Im westlichen Marxismus gibt es eine lange Tradition des Entweder-oder, die jetzt auch gegenüber der VRCh zum Tragen kommt: entweder Sozialismus oder gar nichts! Der italienische Philosoph Domenico Losurdo kritisierte diese Tradition treffend: »Sobald eine konkrete linke staatstragende Politik nicht mehr den dogmatischen Idealvorstellungen der westlichen Linken entspricht, wendet sich diese ernüchtert ab.«²⁵ Die Schwierigkeiten beim Aufbau einer postkapitalistischen Gesellschaft sind nicht mehr so attraktiv und faszinierend wie der Befreiungskampf. Kuba, Vietnam und jetzt auch China wurden nur »geliebt«, solange sie als »arm oder gleich« und als Opfer von imperialistischer Unterdrückung wahrgenommen wurden. Wenn reale Schritte zur Überwindung dieses Zustandes unternommen werden, auch wenn diese neuen Widersprüche mit sich bringen, ist der Anspruch an die Utopie in den Augen vieler westlicher Marxisten verwirkt. Ernüchterung und zunehmende Distanz stellen sich ein, die manchmal sogar in Hass übergehen. Wenn die vollendete Utopie zum Gradmesser der Sympathien wird, ist das gemäß Losurdo ein »eklatanter Eurozentrismus«, der den Bezugsverlust der westlichen Linken zu den realen antikolonialistischen Emanzipationsbewegungen im globalen Süden zeige.
Kommen wir nun zur Beantwortung der Systemfrage. Ist die VRCh ein sozialistisches Land? Ist es eine »kapitalistische Marktwirtschaft« oder eine »sozialistische Marktwirtschaft« oder ein »marktwirtschaftlicher Sozialismus« oder ein »Sozialismus mit Märkten«. Vielleicht sollte man sich zuerst fragen, was ein Land denn als kapitalistisches kennzeichnet? Es ist ein verbreiteter Fehler, wenn man den Kapitalismus nur auf ein ökonomisches Phänomen reduziert. Er ist vielmehr ein »komplexes System«, ein »Ganzes«, das aus einer dialektischen Totalität aus Basis und Überbau, aus Wirtschaft und Staat, Kultur und Ideologie besteht. Systemisch betrachtet macht eine Marktwirtschaft allein also noch keinen Kapitalismus aus. Dazu gehören die Ausbeutung der werktätigen Bevölkerung durch die Klasse der Kapitalisten, die endlose, der Profitrate folgende Akkumulation des Kapitals und – ganz wichtig – die Unterordnung des Staates und des ganzen Überbaus unter die wirtschaftlichen Interessen des Kapitals. Kurz gesagt: Im kapitalistischen System ist alles einem einzigen Ziel untergeordnet.
Wenn aber in einem sozialistischen Staat wie der VRCh in den1970er Jahren Marktelemente eingeführt werden und neben dem staatlichen und gemeinwirtschaftlichen Sektor auch private Unternehmen zugelassen werden, bei denen die Mehrwertabschöpfung privatisiert und der Mehrwert teilweise ins Ausland abgeführt wird, so wird das »Ganze« keineswegs ein kapitalistisches System, solange das politische Primat über die Ökonomie bestehen bleibt und dieses von der kommunistischen Partei für die Realisierung einer sozialistischen Transformation eingesetzt wird. Das ist im heutigen China offensichtlich der Fall. Aus systemischer Logik ist die VRCh deshalb kein kapitalistisches Land, auch kein staatskapitalistisches, denn letzteres wäre nach wie vor ein kapitalistisches »Ganzes«. Der Begriff des Staatskapitalismus ist eine Contradictio in adiecto, ein Widerspruch in sich. Aus derselben systemischen Logik gibt es auch kein »hybrides System«, welches gleichzeitig kapitalistisch und sozialistisch ist.
Die VRCh ist ein Staat, der sowohl von sozialistischen Prinzipien geleitet wird, als auch marktwirtschaftliche Elemente einsetzt, um diese Prinzipien zu erreichen. Ein Staat, der im Begriff ist, die Grundlagen für eine entwickelte sozialistische Gesellschaft aufzubauen. Die KPCh verfolgt ein langfristiges Programm der bewussten Gestaltung der Gesellschaft mit dem Ziel, über den Sozialismus hinaus den Kommunismus zu verwirklichen. Der »Sozialismus chinesischer Prägung« ist ein »System sui generis«, ein System eigener Art, für das es bisher kein Analysemodell gab, meint Yukon Hunang, ehemaliger Chef der Weltbank.²⁶ Er ist einerseits eine nicht-eurozentristische Antwort auf die Frage der sozialistischen Transformation eines Drittweltlandes und andererseits die Antwort auf die zentrale Frage, wie vier Fünftel der Menschen aus einer seit dreihundert Jahren andauernden kolonialen Abhängigkeit befreit werden können. Er ist für andere Transformationsversuche und sozialistische Aufbauversuche in Afrika, Vietnam, Laos und seit kurzem auch in Kuba eine fruchtbare Inspirationsquelle.
Anmerkungen
1 Vgl. Stefan Baron, Guangyan Yin-Baron: Die Chinesen. Psychogramm einer Weltmacht. Berlin 2021, S. 338
2 Vgl. Wolfram Elsner: Das chinesische Jahrhundert. Die neue Nummer eins ist anders. Frankfurt am Main 2020, S. 316
3 Xi Jingping: China regieren. Bd. II. Beijing 2018, S. 104
4 Zit. n. Baron et al., a. a. O., S. 264
5 Xi, a. a. O., S. 30
6 Zit. n. Baron, a. a. O., S. 264
7 Vgl. Wolfram Elsner, a. a. O., S. 199
8 Zit. n. Domenico Losurdo: Wenn die Linke fehlt. Gesellschaft des Spektakels, Krise, Krieg. Köln 2017, S. 307
9 Deng Xiaoping: Ausgewählte Schriften (1975–1982). Beijing 1985, Bd. II: Die vier Grundprinzipien hochhalten
10 Vgl. Harvey, David: Kleine Geschichte des Neoliberalismus. Zürich 2007
11 Zit. n. cash.ch, 10.10.2021
12 Zit. n. »Brüssel in Sorge um Profite«. In: junge Welt, 24.9.2021
13 Zit. n. Jörg Kronauer: »Bewegte Zeiten in China«. In: junge Welt, 18.9.2021
14 Zit. n. Uwe Behrens: Feindbild China. Was wir alles über die Volksrepublik wissen. Berlin 2021, S. 220
15 Zum Beispiel: Stephen Resnik und Richard D. Wolff, Richard D.: Class Theory and History: Capitalism and Communism in the USSR. New York 2002; oder Ted Grant: Against the Theory of State Capitalism, in: Link ...jetzt anmelden!
16 Vgl. Link ...jetzt anmelden!
17 Vgl. Thanasis Spanidis: Die Diskussion um den Klassencharakter der VRCh. In:
Theorie & Praxis 41 (2016)
18 Theodor Bergmann: Der chinesische Weg. Hamburg 2017, S. 27 ff.
19 Zitiert nach: Losurdo: Wenn die Linke fehlt, a. a. O., S. 287; Slavoj Zizek: Mao Zedong, the marxist Lord of misrule. Introduction to Mao. On Practice and Contradiction. London 2007
20 Vgl. Kurt Seifert, Franco Cavalli: Das China-Bashing muss ein Ende haben. In: Das
Denknetz (Zürich) Nr. 10, Nov. 2021, S. 17 f.
21 Marcel Kunzmann: Theorie, System und Praxis des Sozialismus in China. Berlin
2018, S. 42
22 Zit. n. ebd., S. 54
23 Vgl. Marcel Kunzmann: »Herz und Magen«. In: junge Welt, 6.10.2021
24 Vgl. ebd.
25 Vgl. Losurdo: Wenn die Linke fehlt, a. a. O., S. 12
26 Zit. n. Baron et al., a. a. O., S. 265
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Klassencharakter der VR China
Zur Diskussion dokumentiere ich hier - unkommentiert! - zwei neuere Beiträge:
a) Thanasis Spanidis: Die Herrschaft des Kapitals in China. (offen-siv 2/2024):
a) Thanasis Spanidis: Die Herrschaft des Kapitals in China. (offen-siv 2/2024):
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•NEUER BEITRAG21.09.2024, 19:54 Uhr
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b) Inge und Harald Humburg: Was ist Sozialismus? (aus: offen-siv 8/2024).
Ansonsten: Es wäre wünschenswert, wenn auf secarts.org mal wieder diskitiert würde. Unmöglich ist das nicht!
Ansonsten: Es wäre wünschenswert, wenn auf secarts.org mal wieder diskitiert würde. Unmöglich ist das nicht!
• PDF-Datei
Humburg-Sozialismus-offensiv-8-2024-Se...
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•NEUER BEITRAG25.09.2024, 08:34 Uhr
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Klassencharakter der VR China
Folgendes Interview in der heutigen jW ist deshalb so interessant, da der Interviewpartner aus dem autonomen Spektrum stand, das man mit China-Solidarität eher weniger in Verbindung bringt. In Nürnberg scheint einiges anders zu laufen als sonstwo, zumal auch die "Prolos" über ein Kontinuität seit den Häuserkämpfen 1980 haben - das ist beachtlich! - Zum Interview:
»Genau dies wollen wir aufbrechen«
Bayern: Autonome Gruppe will mit Veranstaltungen zu 75 Jahre VR China gängige Vorstellungen kontern. Ein Gespräch mit Gudrun Lillert
Interview: Hendrik Pachinger, Nürnberg
Gudrun Lillert ist Sprecherin der Nürnberger linksautonomen Gruppe »Prolos«
In Nürnberg startet am Freitag eine Veranstaltungsreihe anlässlich des 75jährigen Jubiläums der Gründung der Volksrepublik China am 1. Oktober 1949. Danach wird es Termine in weiteren Städten geben. Was möchten Sie damit erreichen?
China ist heute wieder eins der bedeutendsten Länder der Erde. Verlässliche Informationen in den sogenannten Qualitätsmedien sind rar gesät. Es überwiegt antichinesische Propaganda mit einem immer mitschwingenden rassistischen, antikommunistischen Unterton. Nicht zuletzt deshalb sind in der Bevölkerung, aber auch in dem, was man die »Linke« nennt, mitunter ziemlich verquere Vorstellungen von China vorherrschend. Die derzeitige weltpolitische Lage macht es notwendig, zu einem differenzierteren Bild zu kommen.
Dazu sollen offenbar auch die geplanten Debatten dienen. Sind die Fronten beim Thema China nicht sehr oft zu verhärtet?
Genau dies wollen wir aufbrechen. Der Grund dieser »Verhärtung« ist meist auf eklatante Fehlinformationen zurückzuführen. Selbstverständlich gibt es Leute, von rechts wie von links, die grundsätzliche, ideologische Probleme mit China haben. Die wollen wir zumindest zum Nachdenken bringen, denn auch deren Ressentiments beruhen zum großen Teil auf Unkenntnis.
Weshalb ist dieser Jahrestag überhaupt ein Anlass für autonome Gruppen wie den »Prolos«?
Der Jahrestag sollte für antiimperialistisch gesinnte Linke zumindest ein Anlass sein, die Erfolge der chinesischen Revolution zu würdigen. Das chinesische Volk hat unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas, KPCh, viel erreicht. Es hat das koloniale und imperialistische Joch abgeschüttelt, die japanische Aggression in die Schranken gewiesen, den Sieg im Volkskrieg gegen die reaktionär, faschistische Guomindang davongetragen und schließlich die sozialistische Revolution begonnen. Nach Ausrufung der Volksrepublik China 1949 durch Mao Zedong wurde unter anderem das Analphabetentum abgeschafft, die Emanzipation der Frau wesentlich durchgesetzt, die absolute Armut besiegt und eine Gesellschaft des bescheidenen Wohlstandes aufgebaut. Heute ist China wirtschaftlich wie technisch eins der führenden Länder der Erde. Die Menschen in China haben davon in der Masse ungemein profitiert.
Das klingt, als ob alles in Butter sei.
Nein. China hat, auch nach Aussagen der KPCh, noch einen weiten Weg zur Verwirklichung des Sozialismus vor sich. China befindet sich derzeit in der Phase der »sozialistischen Marktwirtschaft«. Daraus ergeben sich nach wie vor unzählige gesellschaftliche Widersprüche, die von der KPCh durchaus benannt werden. Ob sie damit Erfolg hat, wird die Zeit zeigen.
Welche Gefahren sehen Sie für weiteren Fortschritt?
Der rasante Aufstieg aus eigener Kraft ist beispielgebend für alle arbeitenden Menschen auf der ganzen Welt. Deshalb verfolgen die Imperialisten China und versuchen, seine Fortschritte mit allen wirtschaftlichen und militärischen Mitteln zu behindern – durch antichinesische Propaganda, wirtschaftliche Blockaden oder militärische Provokationen.
Was, wenn diese Imperialisten damit Erfolg haben sollten?
Die Folgen wären katastrophal. Schon nach Ende der Sowjetunion und des Warschauer Pakts konnte man die hemmungslose Aggression der Imperialisten gegen die eigene Arbeiterklasse und gegen die Länder des Trikonts miterleben. Mittlerweile existiert durch China wieder eine gangbare Alternative für Wirtschaftsbeziehungen der Entwicklungsländer, ganz im Gegenteil zu den ausbeuterischen Praktiken der ehemaligen Kolonialisten. China wird mehr und mehr zum Regulat, an dem sich die Imperialisten messen lassen müssen.
Worin sehen Sie vor diesem Hintergrund die Aufgabe der hiesigen Linken?
Egal, wie man zu China im einzelnen steht, die Imperialisten dürfen mit ihrer Politik nicht durchkommen. Weder mit ihrer wirtschaftlichen Blockadepolitik noch mit ihren militärischen Machtspielen. Für viele Länder des globalen Südens stellt China den Schlüssel für die eigene Entwicklung dar. Chinesische Technik – gerade im Bereich Ökologie, von E-Autos bis zu Solarpaneelen – bietet günstige Lösungen auf höchstem Niveau. Als Linke dürfen wir uns nicht kirre machen lassen. Wir müssen uns allen Propagandalügen sowie militärischen Drohgebärden entschlossen entgegenstellen.
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»Genau dies wollen wir aufbrechen«
Bayern: Autonome Gruppe will mit Veranstaltungen zu 75 Jahre VR China gängige Vorstellungen kontern. Ein Gespräch mit Gudrun Lillert
Interview: Hendrik Pachinger, Nürnberg
Gudrun Lillert ist Sprecherin der Nürnberger linksautonomen Gruppe »Prolos«
In Nürnberg startet am Freitag eine Veranstaltungsreihe anlässlich des 75jährigen Jubiläums der Gründung der Volksrepublik China am 1. Oktober 1949. Danach wird es Termine in weiteren Städten geben. Was möchten Sie damit erreichen?
China ist heute wieder eins der bedeutendsten Länder der Erde. Verlässliche Informationen in den sogenannten Qualitätsmedien sind rar gesät. Es überwiegt antichinesische Propaganda mit einem immer mitschwingenden rassistischen, antikommunistischen Unterton. Nicht zuletzt deshalb sind in der Bevölkerung, aber auch in dem, was man die »Linke« nennt, mitunter ziemlich verquere Vorstellungen von China vorherrschend. Die derzeitige weltpolitische Lage macht es notwendig, zu einem differenzierteren Bild zu kommen.
Dazu sollen offenbar auch die geplanten Debatten dienen. Sind die Fronten beim Thema China nicht sehr oft zu verhärtet?
Genau dies wollen wir aufbrechen. Der Grund dieser »Verhärtung« ist meist auf eklatante Fehlinformationen zurückzuführen. Selbstverständlich gibt es Leute, von rechts wie von links, die grundsätzliche, ideologische Probleme mit China haben. Die wollen wir zumindest zum Nachdenken bringen, denn auch deren Ressentiments beruhen zum großen Teil auf Unkenntnis.
Weshalb ist dieser Jahrestag überhaupt ein Anlass für autonome Gruppen wie den »Prolos«?
Der Jahrestag sollte für antiimperialistisch gesinnte Linke zumindest ein Anlass sein, die Erfolge der chinesischen Revolution zu würdigen. Das chinesische Volk hat unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas, KPCh, viel erreicht. Es hat das koloniale und imperialistische Joch abgeschüttelt, die japanische Aggression in die Schranken gewiesen, den Sieg im Volkskrieg gegen die reaktionär, faschistische Guomindang davongetragen und schließlich die sozialistische Revolution begonnen. Nach Ausrufung der Volksrepublik China 1949 durch Mao Zedong wurde unter anderem das Analphabetentum abgeschafft, die Emanzipation der Frau wesentlich durchgesetzt, die absolute Armut besiegt und eine Gesellschaft des bescheidenen Wohlstandes aufgebaut. Heute ist China wirtschaftlich wie technisch eins der führenden Länder der Erde. Die Menschen in China haben davon in der Masse ungemein profitiert.
Das klingt, als ob alles in Butter sei.
Nein. China hat, auch nach Aussagen der KPCh, noch einen weiten Weg zur Verwirklichung des Sozialismus vor sich. China befindet sich derzeit in der Phase der »sozialistischen Marktwirtschaft«. Daraus ergeben sich nach wie vor unzählige gesellschaftliche Widersprüche, die von der KPCh durchaus benannt werden. Ob sie damit Erfolg hat, wird die Zeit zeigen.
Welche Gefahren sehen Sie für weiteren Fortschritt?
Der rasante Aufstieg aus eigener Kraft ist beispielgebend für alle arbeitenden Menschen auf der ganzen Welt. Deshalb verfolgen die Imperialisten China und versuchen, seine Fortschritte mit allen wirtschaftlichen und militärischen Mitteln zu behindern – durch antichinesische Propaganda, wirtschaftliche Blockaden oder militärische Provokationen.
Was, wenn diese Imperialisten damit Erfolg haben sollten?
Die Folgen wären katastrophal. Schon nach Ende der Sowjetunion und des Warschauer Pakts konnte man die hemmungslose Aggression der Imperialisten gegen die eigene Arbeiterklasse und gegen die Länder des Trikonts miterleben. Mittlerweile existiert durch China wieder eine gangbare Alternative für Wirtschaftsbeziehungen der Entwicklungsländer, ganz im Gegenteil zu den ausbeuterischen Praktiken der ehemaligen Kolonialisten. China wird mehr und mehr zum Regulat, an dem sich die Imperialisten messen lassen müssen.
Worin sehen Sie vor diesem Hintergrund die Aufgabe der hiesigen Linken?
Egal, wie man zu China im einzelnen steht, die Imperialisten dürfen mit ihrer Politik nicht durchkommen. Weder mit ihrer wirtschaftlichen Blockadepolitik noch mit ihren militärischen Machtspielen. Für viele Länder des globalen Südens stellt China den Schlüssel für die eigene Entwicklung dar. Chinesische Technik – gerade im Bereich Ökologie, von E-Autos bis zu Solarpaneelen – bietet günstige Lösungen auf höchstem Niveau. Als Linke dürfen wir uns nicht kirre machen lassen. Wir müssen uns allen Propagandalügen sowie militärischen Drohgebärden entschlossen entgegenstellen.
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