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NEUES THEMA19.02.2022, 02:53 Uhr
EDIT: FPeregrin
19.02.2022, 03:01 Uhr
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FPeregrin

• dt. Proto-Faschismus jW heute:

Faschistischer Vorläufer

Seine Hetze weckte Mordlust und Mordbereitschaft. Im Januar 1919 gründete sich der antisemitische Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund. Viele seiner Mitglieder fanden bald den Weg in die NSDAP

Von Manfred Weißbecker

Aus den Quellen

Aus den Alldeutschen Blättern vom 1.1.1894:

»Der alte Drang nach Osten soll wieder lebendig werden. Nach Osten und Südosten hin müssen wir Ellbogenraum gewinnen, um der germanischen Rasse diejenigen Lebensbedingungen zu sichern, deren sie zur vollen Entfaltung ihrer Kräfte bedarf, selbst wenn darüber solch minderwertige Völklein wie Tschechen, Slowenen und Slowaken, die das Nationalitätsprinzip anrufen, ihr für die Zivilisation nutzloses Dasein einbüßen sollten. (…) Deutsche Kolonisation, deutscher Gewerbefleiß und deutsche Bildung sollen bis nach Kleinasien als ein Bindemittel dienen, durch das sich große und zukunftsreiche Wirtschaftsgebiete uns angliedern.«

Aus einem die Gründung des neuen Bundes vorbereitenden Brief Konstantin von Gebsattels an Heinrich Claß vom 2.1.1919:

»Gelingt die Durchführung, so würde der nur wenigen bekannte Mann an der Spitze eine Macht haben, wie sie wenige Monarchen je gehabt haben. Er ist auf Lebenszeit gedacht und hat das Recht und die Pflicht, seinen Nachfolger sofort zu ernennen. Gelingt die volle Durchführung, so würde er an er Spitze von mehr als fünf Millionen Männern stehen.«

Aus der Rede eines Mitglieds des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes auf einer Veranstaltung der NSDAP vom 11.5.1922:

»Ich appelliere an euch alle: Zeigt Mut, schließt euch fester zusammen, die Zeit erfordert es! Wir fordern die Ausschaltung und Beseitigung der Juden. Nicht mit Worten können wir die Juden bekämpfen, wir müssen vielmehr zur Tat schreiten. Dazu seid ihr aber alle berufen, alle, die ihr hier seid. Seid einig, wenn es gilt, an den Juden Rache zu üben.«

Aus dem Brief, den Gertzlaff von Hertzberg-Lottin nach dem »­Deutschen Tag« in Coburg im Oktober 1922 an Heinrich Claß schrieb:

»Es waren 5.000 Menschen auf den Beinen. Der Sonnabend erhielt seine besondere Prägung durch die Teilnahme Hitlers und seiner Garden, der mit seinen Leuten in die Mitte des Begrüßungsabends gestellt wurde. (…) Die Roten werden es nicht mehr wagen, eine völkische Versammlung zu stören, die zerschlagenen Hirnschalen müssen erst wieder zusammenwachsen.«

Aus einem Brief von Alfred Roth an Alfred Lauterbach vom 3.11.1922:

»Es wäre (…) wirklich gut, wenn wir eine Art Faszistenbewegung aufbauen könnten. Wie heilsam das wirkt, hat Coburg gelehrt, und wir sollten auf diesem Wege fortschreiten.«

Die Auswahl ist entnommen einzelnen Artikeln aus dem »Lexikon zur Parteiengeschichte. Die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien und Verbände in Deutschland (1789–1945)«, herausgegeben in vier Bänden von Dieter Fricke (Leiter des Herausgeberkollektivs), Werner Fritsch, Herbert Gottwald, Siegfried Schmidt und Manfred Weißbecker, Leipzig 1983–1986; ferner aus dem Buch von Uwe Lohalm, »Völkischer Radikalismus. Die Geschichte des Deutschvölkischen Schutz- und Trutz-Bundes 1919–1923«, Hamburg 1970

Mitte Februar des Jahres 1919, als in Weimar die Nationalversammlung tagte und mit der Erarbeitung einer Verfassung für die neue Deutsche Republik begann, trafen sich im fränkischen Bamberg führende Vertreter des extrem radikalen, aber sehr einflussreichen Alldeutschen Verbandes (ADV). Dieser hatte seit 1891 stets auf der rechtesten Seite der deutschen Gesellschaft gestanden und war ebenso lautstark wie energisch mit der Forderung hervorgetreten, Deutschland müsse »heraus aus der bloßen Großmachtstellung in eine Weltmachtstellung«. Im Reich strebte er eine Diktatur völkisch-rassistischer Prägung an. Nach außen verfolgte er umfassende großdeutsche, kolonialpolitische und auf Gewinnung von »Lebensraum« vor allem in Osteuropa gerichtete Pläne. Die weitreichenden programmatischen Ziele des ADV schienen am deutlichsten auf in dem 1912 veröffentlichten Buch »Wenn ich der Kaiser wär’«, verfasst von seinem Vorsitzenden Heinrich Claß unter dem Pseudonym Daniel Frymann. Binnen weniger Jahre erreichte dieser Bestseller fünf Auflagen und trug wesentlich zur Verbreitung antisemitischer Leitsätze und Forderungen bei; mitunter wird das »Kaiser«-Buch als Vorbild und Lehrbuch für Hitlers »Mein Kampf« angesehen.


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NEUER BEITRAG19.02.2022, 02:56 Uhr
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FPeregrin

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Alldeutscher Wahn

Die Alldeutschen arbeiteten mit allen Mitteln hin auf einen Krieg, den Claß als »einziges Heilmittel« für die Deutschen pries und dessen Beginn er 1914 als »das größte Glück, das uns widerfahren konnte«, bejubelte. Doch dieser Krieg brachte nicht die von deutschen Annexionisten und Militaristen gewünschten Erfolge. Als sich in Deutschland mehr und mehr Unmut breitmachte, sich revolutionäre Veränderungen anbahnten und einige bürgerliche Kräfte, statt auf den »Siegfrieden« zu hoffen, einen »Verständigungsfrieden« anstreben wollten, suchte der ADV sowohl nach einer Bündelung aller völkisch-nationalistischen Gruppen als auch nach einem Modell ablenkender Erklärungen für die Ursachen der bevorstehenden militärischen Niederlage. In den Vordergrund stellten die Alldeutschen die Frage: »Was bieten wir nach unten hin?« Sie wollten klären, wie sie besser und erfolgversprechender als bislang Einfluss auf die Massen gewinnen könnten. Im Herbst 1918 gab Claß darauf die Antwort: »Als unsere wichtigste Aufgabe denke ich mir die große, tapfere und schneidige Nationalpartei und rücksichtslosen Kampf gegen das Judentum, auf das der nur allzu berechtigte Unwille unseres guten und irregeleiteten Volkes abgelenkt werden muss.« Konstantin von Gebsattel (ein 1910 pensionierter General der Bayerischen Kavallerie und neben Claß der zweite Mann im ADV) meinte, es gelte, »die Lage als Fanfare gegen das Judentum und die Juden als Blitzableiter für alles Unrecht zu benutzen«. Der Vorsitzende der 1914 aus zwei antisemitischen Splittergruppen hervorgegangenen Deutschvölkischen Partei, Ferdinand Werner, orakelte sogar, der Antisemitismus sei »jetzt die einzige Waffe«, die noch zu verwenden sei. Deutlicher, drastischer und zweckorientierter konnten Machterhaltungsziele des Kapitals nicht formuliert werden.

Die führenden Alldeutschen zeigten sich überzeugt, mit Hilfe eines hemmungslosen und radikalen Antisemitismus »die Massen einfangen« zu können. Dies vor allem, wenn es gelinge, »mit Hilfe einer großzügigen Organisation und einer ausreichenden Zahl von Agitatoren und Versammlungen den Antisemitismus auf die Straße und in die Arbeiterschaft zu tragen«. Die zu schaffende Organisation, ein deutschvölkischer Verband, müsse als eine Volksbewegung über den politischen Parteien stehen. Man rechnete sogar mit fünf Millionen männlichen Mitgliedern, was zu dieser Zeit zweifellos einer maßlosen Selbstüberschätzung entsprang, doch wenige Jahre später – auch dank solcher rassistischen Orientierung und Tätigkeit – zum Massenanhang des deutschen Faschismus nazistischer Prägung führte.

Rasch ging man ans Werk: Bereits im September 1918 rief der ADV einen »alldeutschen Ausschuss für die Judenfrage« ins Leben. Konkrete Pläne wurden allerdings erst in der Revolutionszeit und dann faktisch parallel zu der in Weimar tagenden Nationalversammlung geschmiedet. Es entstanden Pläne gegen die Republik, gegen die sich durchsetzende parlamentarische Art und Weise des Regierens, gegen die organisierte deutsche Arbeiterbewegung. Um sie verwirklichen zu können, verabschiedeten die Alldeutschen am 16. Februar 1919 eine »Bamberger Erklärung«, von der den großen Zeitungen 300.000 Exemplare übermittelt wurden. Sie enthielt zahlreiche Schuldzuweisungen aller Art, gerichtet an die Adresse von Sozialdemokratie und bürgerlichen Parteien. Man klagte diese als abscheuliche, unfähige und hart zu bestrafende Verursacher des militärischen Scheiterns an, im Grund die Dolchstoßlegende vorwegnehmend. Die in Bamberg angefertigte »Erklärung« darf als radikale Kampfansage gegen alles Neue verstanden werden. Eine entschiedene Umkehr wurde gefordert, zudem der Aufbau eines an völkisch-rassistischen Grundsätzen orientierten Staates, in dem der »rassenmäßige Bestand« gewährleistet sein müsse und das deutsche Volk »vor artfremden Zuzug« zu bewahren sei.

Sammelverein der Antisemiten

Beschlossen wurde in Bamberg ebenso die Gründung des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes (DSTB), der sogleich am 18. Februar 1919 die politische Bühne betrat. Der ADV – obgleich er in der Revolutionszeit nicht untergegangen war und nicht einmal, wie so manche der bürgerlichen Parteien und Verbände, sich mit dem Deckmantel eines neuen Namens tarnen wollte – blieb dabei offiziell im Hintergrund. Statt dessen sollte es eine neue und vor allem größere Organisation sein, eine, der spezielle Aufgaben zugeteilt wurden: Sie habe möglichst viele der in großer Zahl existierenden antisemitischen Vereine zu einem antisemitischen Großverband zusammenzuführen sowie in der Lage zu sein, anders und erfolgreicher als bisher Einfluss auf das Denken und Handeln der Massen zu nehmen. Im Originalton: Es gelte, »Aufklärung über die Gefahr des Judentums mit allen Mitteln zu betreiben, besonders in den breiten Massen der Arbeiterschaft«. Ein gleichzeitig gegründeter geheimer Nebenverband, genannt Bund, sollte unter Leitung des Hamburger Rechtsanwalts Alfred Jacobsen dem ADV mit diktatorischen Vollmachten die gewünschte Kontrolle über den Trutz- und Schutzbund ermöglichen.

In Gestalt einer Arbeitsgemeinschaft schlossen sich zunächst neun Verbände dem neuen Bunde an. Im einzelnen handelte es sich um den Reichshammerbund, der von Hamburg aus den organisatorischen Aufbau des DSTB vorantrieb, ferner um den Deutschbund, die Deutsche Erneuerungsgemeinde, den Deutschvölkischen Bund, den Deutschvölkischen Schriftstellerverband, den Bund deutschvölkischer Juristen, den Orden für arisches Wesen, den Ausschuss für Volksaufklärung und den Bund zur Pflege nordischer Kunst und Wissenschaft. Das Amt eines Hauptgeschäftsführers übernahm Alfred Roth, der früher im Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband sowie im Reichshammerbund und auch führend im ADV gewirkt hatte. Mit von der Partie waren auch der bekannte Münchener Verleger Julius Friedrich Lehmann, der in Weimar lebende Literaturprofessor Adolf Bartels, Paul Lucius vom Germanenorden, Alfred Brunner als Chef der Deutschsozialistischen Partei, Artur Dinter, Verfasser des 1917 veröffentlichten widerlichen Buches »Die Sünde wider das Blut«, Julius Streicher, Fritz Sauckel, Walter Buch, Reinhard Heydrich, Werner Best und andere mehr. Aus dem Reichshammerbund kam auch Theodor Fritsch, Verfasser des vielgelesenen »Handbuchs der Judenfrage« und Herausgeber der Zeitschrift Der Hammer. Sie alle betätigten sich im DTSB als aktive Wegbereiter der NSDAP, standen mit dieser von Beginn an auf die eine oder andere Weise in Kontakt. Einige übernahmen später in der NSDAP auch tragende Funktionen. Nebenbei: Obwohl nach 1933 die Leistungen des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes offiziell kaum gewürdigt wurden, erhielt Roth zunächst eine Ehrengabe Hitlers in Höhe von 1.000 Reichsmark, dann noch einen Ehrensold zugesprochen. Als er seinen 60. Geburtstag beging, würdigte ihn Reichsinnenminister Wilhelm Frick, ein »Schrittmacher für das Dritte Reich gewesen zu sein«.


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NEUER BEITRAG19.02.2022, 02:58 Uhr
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Im Zeichen des Hakenkreuzes

Die Zahl der in Ortsgruppen und Gauverbänden erfassten Mitglieder betrug zunächst 25.000 und steigerte sich auf rund 200.000. Damit galt dieser Bund als mitgliederstärkste Organisation unter den rund 200 völkischen Organisationen, die damals in Deutschland existierten. Ihm gehörten vor allem ehemalige Offiziere, besonders zahlreich aus der Marine, Beamte, Lehrer, Rechtsanwälte, Kaufleute, Gutsbesitzer und Studenten an. Mehr als 80 Prozent der Mitglieder waren jünger als 45 Jahre, vermutlich alle aus der sogenannten Frontgeneration. Regelmäßig erschienen die Deutschvölkischen Blätter sowie eine Halbmonatsschrift mit dem Titel Deutschvölkische Warte. Der DSTB gab viele antisemitische Bücher und Broschüren heraus oder verbreitete entsprechendes Schrifttum, alles im Dienste von »Gesinnungspflege« und »Deutschformung«, alles gemäß der unheilbringenden rassistisch-mörderischen Parole »Um der Menschheit willen muss die Judenheit untergehen, um der Menschen willen muss der Jude sterben«. Zudem verteilte der Bund allein im Jahr 1920 7,5 Millionen Flugblätter, 4,8 Millionen Handzettel und 7,9 Millionen Klebemarken.

Das von völkischen Kräften bereits seit 1917 verwendete Hakenkreuz geriet zum stets gebrauchten Symbol des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes. Für Auftritte in Versammlungen aller Art wurden Rednerschulen eingerichtet, zudem ein eigener »Saalschutz«. In den Blick der Öffentlichkeit gerieten vor allem die »Deutschen Tage«, die (jeweils im Oktober) 1920 in Weimar, 1921 in Detmold und 1922 in Coburg stattfanden. Für die Finanzierung trug zunächst Claß mit einer Spende von 125.000 Mark bei, dann einige aus der Hamburger Kaufmannschaft und der Großindustrielle Emil Kirdorf. Unterstützung leisteten auch kleinere Unternehmen aus Handel und Industrie. Ehemals regierende Fürstenhäuser boten ebenfalls finanzielle Hilfe, darunter Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha und Fürst Heinrich von Reuß. Geschäftsführer Roth durfte in den ersten beiden Jahren seiner Tätigkeit über ein Jahresgehalt von 15.000 Mark verfügen. Intern wurde von einem aufgeblähten Verwaltungsapparat gesprochen, wobei dennoch ständig über »Geldnot« geklagt wurde.

Gleich, ob es sich um wirtschaftliche Probleme, um das kulturelle Geschehen oder um die Politik regierender Parteien handelte – in der Propaganda des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes wurde alles als jüdisch und damit als undeutsch, wertlos und bösartig angezeigt. Die »jüdische Misswirtschaft« bzw. die »jüdische Wirtschaftsdiktatur«, die es in der Weimarer »Judenrepublik« gebe, müssten beseitigt und der Weg freigemacht werden für ein angeblich besseres, diktatorisch regiertes und völkischen Prinzipien folgendes Staatswesen. »Deutschland gehört den Deutschen!« – so wurde landauf und landab getönt. Zudem paarten sich alle Aspekte seiner antisemitischen Entäußerungen mit antikommunistischen Forderungen. Es sei energisch der »jüdische Bolschewismus« zu bekämpfen. Maßlos wurde auch gegen die sogenannten Ostjuden gehetzt: »Hunderttausende galizischer und anderer landfremder Juden überschwemmen unsere Großstädte, wuchern und schachern ungehindert und leben herrlich, während der Deutsche schuftet und sich schindet.« Nimmt man aus diesem damals formulierten Satz die Namen der angeblichen Nutzer heraus – man könnte sich unmittelbar in aktuelle Schriften bundesrepublikanischer Neonazis und anderer Rechtsextremer versetzt fühlen.

Angefertigt wurden sogar schwarze Listen, auf deren Grundlage sich jüdische Persönlichkeiten oder unter deren Einfluss stehende Politiker als »Schädlinge« gebrandmarkt sehen mussten. Aufgerufen wurde zur Schaffung eines »Deutschen Volksgerichtshofes«. Natürlich beteiligten sich auch Mitglieder des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes – nicht zuletzt von oftmaligen »Aufrufen zur Tat« angestachelt – an Vorbereitung und Durchführung politischer Morde, die unter anderen 1921 den Finanzminister Matthias Erzberger und 1922 Außenminister Walther Rathenau trafen. Beide Mörder Rathenaus, Erwin Kern und Hermann Fischer, kamen aus den Reihen dieses Bundes. Die Tatwaffe hatte ein anderes Mitglied, der Seekadett Christian Ilsemann, beschafft. Ebenso gehörte der Freiberger Fabrikant Johannes Küchenmeister, der den Attentätern sein Auto zur Verfügung gestellt hatte, dem Bund an. Den Worten waren Taten gefolgt. Die rassistische Hetze hatte Mordlust und Mordbereitschaft geweckt – damals noch gegen einzelne Personen, später genozidal gegen alle Juden in Europa, gleich ob Frauen oder Männer, ob Junge oder Alte, ob Kinder oder Greise.


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NEUER BEITRAG19.02.2022, 03:00 Uhr
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Auflösung

Es gab durchaus Versuche, Untaten von Mitgliedern des Bundes juristisch zu belangen. Die meisten Verfahren gingen aus wie das Hornberger Schießen. Allein Alfred Roth stand 1919/20 in 18 Fällen als Angeklagter vor Gericht, doch nur ein einziges Mal wurde er tatsächlich verurteilt, und dies zu einer lächerlichen Geldstrafe in Höhe von 50 Mark. Erst im Mai 1923 – da war der Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund auf der Grundlage des 1922 beschlossenen Republikschutzgesetzes in den meisten Ländern Deutschlands schon verboten sowie wegen diverser Streitigkeiten in innerer Auflösung begriffen – wurde er wegen übler Nachrede mit einer Geldstrafe von 500.000 (Inflations-)Mark bedacht. Der Bund schien in seine früheren Teile zu zerfallen. Nur wenige kleinere Gruppen versuchten zu überleben und schufen Tarnvereine, sahen sich aber in heftig tobende innere Reibereien mit anderen völkischen Organisationen – vorwiegend in Bayern – verwickelt. Viele fanden rasch den Weg hin zu jener Partei, die unter dem irreführenden Namen Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei firmierte. Einige stießen erst auf einem Umweg über die Deutschvölkische Freiheitspartei zur Organisation der Nazis. Unabhängig von organisationsmäßigen Zugehörigkeiten dienten sie alle geschichtswirksamer Wegbereitung für den Marsch in die faschistische Diktatur nationalsozialistischer Prägung und einen neuen Weltkrieg.

Letzter Höhepunkt in der Geschichte des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes war der dritte »Deutsche Tag«, der am 14. und 15. Oktober 1922 in Coburg stattfand. Mehr als 4.000 Teilnehmer demonstrierten in der Stadt, hörten sich pathetische Reden an, lauschten einer deutsch-christlichen Predigt oder nahmen an Fahnenweihen teil. Einige Hundertschaften der SA »schützten« die Veranstaltungen; sie waren offiziell eingeladen worden mit der Begründung, sie könnten den eigenen Anhängern demonstrieren, »wie man Stoßtrupps aufzieht und durch eigene Kraft den Mob im Zaum hält«. Hatten da nicht Faschisten zueinander gefunden? Allerdings ließ die Teilnahme Hitlers und anderer Größen der NSDAP am Coburger Treffen bereits erkennen, wer unter den völkisch-rassistischen Scharen in Deutschland künftig hauptsächlich das Sagen haben würde. Ein Versuch Alfred Roths, in Hameln einen vierten »Deutschen Tag« zu organisieren, scheiterte schon im Ansatz. Nach seinem fast vierjährigen folgenreichen und verhängnisvollen Wirken war das Ende des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes gekommen, nicht aber das seiner unmenschlichen Ideologie und seiner ruchlosen politischen Orientierung.


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