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Von krn

Joe Kaeser schwimmt nach der Siemens-Hauptversammlung am 1. Februar wieder ganz oben. Der Gewinn war 2016 so gut wie nie im Vergleich zum ewigen Hauptkonkurrenten General Electric in den USA. Fast 9 Milliarden Euro haben die weltweit 351.000 Kolleginnen und Kollegen erarbeitet. Das freut die 200 Siemens-Erben und den Vorstandsvorsitzenden. Für Kaeser fallen laut Geschäftsbericht 2016 8.416.000 Euro an Fixgehalt und Boni ab1. Für die Belegschaften war der Weg dahin mit dem Verlust von Arbeitsplätzen gepflastert, alleine in Deutschland traf es über 10.000, davon in Bayern 1.700 in der Sparte Prozessindustrie2. Entlassungen bedrohen weiter die Kolleginnen und Kollegen, wie das aktuelle Beispiel Tübingen zeigt. (Siehe Kasten)

Fettauge auf der DAX-Suppe

Die Gewinne aus der Digitalwirtschaft sind die Grundlage für Kaesers Erfolgsmeldungen. Der Geschäftsbereich „Digitale Fabrik“, wo Siemens seine Monopolstellung in der elektronischen Maschinensteuerung ausbaut, war 2016 der profitabelste von allen. Die weltweite Marktführerschaft bei der Industriesoftware treibt Siemens mit enormen Zukäufen voran, zuletzt wurden über vier Milliarden Euro für den US-Softwareriesen „Mentor Graphics“ geboten.

Joe und Jim

Abbau in Tübingen

Die Motorenfertigung ist ausgerichtet auf Fördertechnik und Fabrikautomatisierung. Letztere gehört eigentlich zur profitablen Sparte „Digitale Fabrik“, während die Nachfrage in der Gas- und Kohletechnik zurückgeht. Das haben die Kollegen auszubaden, denn Siemens verlagert die Fördertechnik nach Tschechien. Die 580 Arbeitsplätze werden auf 250 reduziert. Die Kollegen müssen um einen Sozialplan kämpfen, während Siemens ganz oben schwimmt.
Mit einem weiteren Coup wollen die Erben zurück zur Führungsposition im deutschen Imperialismus. Nathalie von Siemens, die derzeitige Erbensprecherin, verzichtet überraschend bis auf weiteres auf den traditionell vom Familienchef eingenommenen Vorsitz im Aufsichtsrat. Der war krisenbedingt dem geschmeidigen Gerhard Cromme überlassen worden, der ihn 2018 für die Dame von Siemens räumen sollte. Als Nachfolger für Cromme wurde aber auf der Hauptversammlung Jim Hagemann Snabe aus der Führungsgruppe von SAP präsentiert.

[file-periodicals#196]Eine strategische Allianz

SAP geht den deutschen Konzernen voran, die die deutsche und die EU-Wirtschaft im Digitalbereich gegen die Konkurrenz aus den USA in Stellung bringen. SAP ist mit 100 Mrd. Euro Börsenwert der wertvollste deutsche Konzern und der viertgrößte Softwarekonzern weltweit.

Da sind außer Siemens und SAP vor allem noch die Telekom und Bosch. Die vier hatten mit dem staatlichen Fraunhofer-Institut die Leitung des Regierungsprojekts „Industrie 4.0“ übernommen, unter Vorsitz des früheren SAP-Vorstandssprechers Henning Kagermann. Nun ist das Duo Siemens-SAP verbandelt im Aufsichtsrat der Siemens AG und führt auch in puncto Börsenwert die deutsche Finanzoligarchie an3. Das Duo wird in der Digital-Vierergruppe die Leitung übernehmen wollen.


Anmerkungen:
1 junge Welt, 13. Februar 2017
2 Zahlen nach IG Metall-Siemens-Dialog, 24.November 2016
3 So kann man die Verschmelzung von Bank- und Industriekapital bezeichnen.


 
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