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•NEUES THEMA29.02.2020, 13:54 Uhr
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• Zum Tod von Reiner Zilkenat
Zum Tod von Reiner Zilkenat veröffentlicht die jW heute folgenden Nachruf:
Immer an Bord
Antifaschist mit Leib und Seele: Zum Tod des kommunistischen Historikers Reiner Zilkenat
Von Günter Benser und Holger Czitrich-Stahl
Am 26. Februar 2020 verstarb plötzlich und unerwartet unser Freund und Kollege Reiner Zilkenat wenige Monate vor Vollendung seines 70. Lebensjahres. Mit ihm verliert der »Förderkreis Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung« seinen langjährigen Vorsitzenden. Von 2011 bis 2018 lenkte er die Geschicke unseres Vereins, und man muss uneingeschränkt sagen: zum Guten.
Seine wissenschaftliche Kompetenz erwarb er im Westen wie im Osten des geteilten Berlins, denn er hatte in der Sozialistischen Einheitspartei Westberlins seine politische Heimat gefunden. Von 1970 bis 1976 studierte er an der Freien Universität Berlin Geschichte und Politikwissenschaften. In seiner Magisterarbeit beschäftigte er sich mit dem Flottengesetz von 1898 und den Reaktionen der deutschen Sozialdemokratie darauf. Gemeinsam mit Peter Brandt gab er ein »Preußen-Lesebuch« heraus. 1989 wurde er an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED promoviert. Sein Dissertationsthema war der Berliner Metallarbeiterstreik 1930 und die Gründung des Einheitsverbandes der Metallarbeiter Berlins.
Die Geschichte der Arbeiterbewegung einschließlich des Agierens ihrer Gegner war und blieb das bevorzugte Forschungsfeld des Historikers Zilkenat. Der Umbruch von 1989/1990 ließ ihn seine Positionen selbstkritisch überprüfen, aber nicht seine politischen und wissenschaftlichen Überzeugungen über Bord werfen. Seine Arbeiten zur Geschichte der Weimarer Republik und den Ursachen ihres Untergangs, zur Rolle ihrer rechten, rassistischen Totengräber, zum Antisemitismus und seinen verheerenden Folgen sind von bleibendem Wert, sie entstanden häufig in polemischer Auseinandersetzung mit reaktionären Politikern und Historikern.
Sein auf gründliches Archivstudium gestütztes Forschungsinteresse verband er nicht nur mit steter schriftlicher und mündlicher Popularisierung eines antifaschistischen Geschichtsbildes, sondern auch mit unmittelbarem persönlichen politischen Engagement, zum Beispiel in der Bundesarbeitsgemeinschaft Antifaschismus der Partei Die Linke. Unermüdlich war Reiner als Referent unterwegs: Das Scheitern der jungen bürgerlichen Demokratie von Weimar durch den Aufstieg der Nazis zu verstehen war sein Hauptanliegen, sein Lebensthema. Gleichgesinnte Fachkolleginnen und Fachkollegen brachte er zu wissenschaftlichen Konferenzen und Kolloquien zusammen. Häufig schrieb er für die junge Welt und andere linkssozialistische und marxistische Zeitungen und Zeitschriften, hielt Vorträge vor Vereinen oder bei der Seniorenakademie. Zuletzt galt seine Aktivität dem Gedenken an den Generalstreik der Arbeiterklasse gegen die Kapp-Lüttwitz-Putschisten im März 1920.
Es verdient höchsten Respekt, was Reiner Zilkenat neben seiner beruflichen Tätigkeit als Lehrer in der Erwachsenenbildung nicht nur auf dem Felde der Geschichtsforschung, sondern auch in seinen ehrenamtlichen Funktionen geleistet hat. Mit seiner am 21. Mai 2011 erfolgten Wahl zu unserem Vereinsvorsitzenden hat sich der Aktionsradius unseres Förderkreises spürbar erweitert. Gut vernetzt, hat er weitere Kooperationspartner gewonnen, uns eine größere Öffentlichkeit erschlossen, als Herausgeber unserer Mitteilungen für deren Qualität Sorge getragen und ergänzende selbständige Veröffentlichungen angeregt und realisiert. Besonders das Zusammenwirken mit dem Berlin-Brandenburger Bildungswerk e.V. ermöglichte die Durchführung gutbesuchter wissenschaftlicher Tagungen, oft anlässlich von Jahrestagen – so zum 70. der Befreiung vom Faschismus, zum 90. der deutschen Novemberrevolution und zum 70. der doppelten deutschen Staatsgründung. Die Erträge dieser Veranstaltungen fanden ihren Niederschlag in der von Reiner Zilkenat und Marga Voigt herausgegebenen, in der Edition Bodoni unseres Vereinsfreundes Marc Johne erscheinenden Schriftenreihe »Zwischen Revolution und Kapitulation. Forum Perspektiven der Geschichte«.
Nach siebenjähriger erfolgreicher Tätigkeit als Vereinsvorsitzender sah sich Reiner Zilkenat im September 2018 gezwungen, sein Amt aus gesundheitlichen Gründen niederzulegen. Das hinderte ihn nicht, weiter der Demokratie und dem Antifaschismus zu dienen. Der Tod hat ihn mitten aus seiner Arbeit gerissen. Mit ihm verlieren wir einen prägenden Freund und Mitstreiter, dessen Klugheit und Kreativität wir vermissen werden.
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Immer an Bord
Antifaschist mit Leib und Seele: Zum Tod des kommunistischen Historikers Reiner Zilkenat
Von Günter Benser und Holger Czitrich-Stahl
Am 26. Februar 2020 verstarb plötzlich und unerwartet unser Freund und Kollege Reiner Zilkenat wenige Monate vor Vollendung seines 70. Lebensjahres. Mit ihm verliert der »Förderkreis Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung« seinen langjährigen Vorsitzenden. Von 2011 bis 2018 lenkte er die Geschicke unseres Vereins, und man muss uneingeschränkt sagen: zum Guten.
Seine wissenschaftliche Kompetenz erwarb er im Westen wie im Osten des geteilten Berlins, denn er hatte in der Sozialistischen Einheitspartei Westberlins seine politische Heimat gefunden. Von 1970 bis 1976 studierte er an der Freien Universität Berlin Geschichte und Politikwissenschaften. In seiner Magisterarbeit beschäftigte er sich mit dem Flottengesetz von 1898 und den Reaktionen der deutschen Sozialdemokratie darauf. Gemeinsam mit Peter Brandt gab er ein »Preußen-Lesebuch« heraus. 1989 wurde er an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED promoviert. Sein Dissertationsthema war der Berliner Metallarbeiterstreik 1930 und die Gründung des Einheitsverbandes der Metallarbeiter Berlins.
Die Geschichte der Arbeiterbewegung einschließlich des Agierens ihrer Gegner war und blieb das bevorzugte Forschungsfeld des Historikers Zilkenat. Der Umbruch von 1989/1990 ließ ihn seine Positionen selbstkritisch überprüfen, aber nicht seine politischen und wissenschaftlichen Überzeugungen über Bord werfen. Seine Arbeiten zur Geschichte der Weimarer Republik und den Ursachen ihres Untergangs, zur Rolle ihrer rechten, rassistischen Totengräber, zum Antisemitismus und seinen verheerenden Folgen sind von bleibendem Wert, sie entstanden häufig in polemischer Auseinandersetzung mit reaktionären Politikern und Historikern.
Sein auf gründliches Archivstudium gestütztes Forschungsinteresse verband er nicht nur mit steter schriftlicher und mündlicher Popularisierung eines antifaschistischen Geschichtsbildes, sondern auch mit unmittelbarem persönlichen politischen Engagement, zum Beispiel in der Bundesarbeitsgemeinschaft Antifaschismus der Partei Die Linke. Unermüdlich war Reiner als Referent unterwegs: Das Scheitern der jungen bürgerlichen Demokratie von Weimar durch den Aufstieg der Nazis zu verstehen war sein Hauptanliegen, sein Lebensthema. Gleichgesinnte Fachkolleginnen und Fachkollegen brachte er zu wissenschaftlichen Konferenzen und Kolloquien zusammen. Häufig schrieb er für die junge Welt und andere linkssozialistische und marxistische Zeitungen und Zeitschriften, hielt Vorträge vor Vereinen oder bei der Seniorenakademie. Zuletzt galt seine Aktivität dem Gedenken an den Generalstreik der Arbeiterklasse gegen die Kapp-Lüttwitz-Putschisten im März 1920.
Es verdient höchsten Respekt, was Reiner Zilkenat neben seiner beruflichen Tätigkeit als Lehrer in der Erwachsenenbildung nicht nur auf dem Felde der Geschichtsforschung, sondern auch in seinen ehrenamtlichen Funktionen geleistet hat. Mit seiner am 21. Mai 2011 erfolgten Wahl zu unserem Vereinsvorsitzenden hat sich der Aktionsradius unseres Förderkreises spürbar erweitert. Gut vernetzt, hat er weitere Kooperationspartner gewonnen, uns eine größere Öffentlichkeit erschlossen, als Herausgeber unserer Mitteilungen für deren Qualität Sorge getragen und ergänzende selbständige Veröffentlichungen angeregt und realisiert. Besonders das Zusammenwirken mit dem Berlin-Brandenburger Bildungswerk e.V. ermöglichte die Durchführung gutbesuchter wissenschaftlicher Tagungen, oft anlässlich von Jahrestagen – so zum 70. der Befreiung vom Faschismus, zum 90. der deutschen Novemberrevolution und zum 70. der doppelten deutschen Staatsgründung. Die Erträge dieser Veranstaltungen fanden ihren Niederschlag in der von Reiner Zilkenat und Marga Voigt herausgegebenen, in der Edition Bodoni unseres Vereinsfreundes Marc Johne erscheinenden Schriftenreihe »Zwischen Revolution und Kapitulation. Forum Perspektiven der Geschichte«.
Nach siebenjähriger erfolgreicher Tätigkeit als Vereinsvorsitzender sah sich Reiner Zilkenat im September 2018 gezwungen, sein Amt aus gesundheitlichen Gründen niederzulegen. Das hinderte ihn nicht, weiter der Demokratie und dem Antifaschismus zu dienen. Der Tod hat ihn mitten aus seiner Arbeit gerissen. Mit ihm verlieren wir einen prägenden Freund und Mitstreiter, dessen Klugheit und Kreativität wir vermissen werden.
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