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•NEUES THEMA28.10.2009, 14:30 Uhr
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• Integrierter Ansatz
BERLIN/ESCHBORN (28.10.2009) - Mit neuen Maßnahmen forciert Berlin die Verschmelzung der deutschen Entwicklungs- mit der Militärpolitik. Jüngster Schritt ist eine "Kooperationsveranstaltung" der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) und der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ), die am heutigen Mittwoch zu Ende geht. Dabei beschäftigen sich der militärpolitische Think-Tank des Bundes und die für "Entwicklungshilfe" zuständige Staatsagentur mit der Aufstandsbekämpfung in den Ländern des Südens. Die GTZ, die seit Jahren eng mit der Bundeswehr zusammenarbeitet, hat die Frage der "Sicherheit" außerdem zum "Jahresthema" erkoren. Dabei steht neben dem Aufbau einer afghanischen Polizeitruppe insbesondere die Implementierung einer "Schnellen Eingreiftruppe" der Afrikanischen Union im Mittelpunkt. Dass ihre "zivil-militärischen" Aktivitäten zunehmend die eigenen Mitarbeiter gefährden und sie zum Angriffsziel von Aufständischen werden lassen, wird von der GTZ bewusst in Kauf genommen.
Im Zentrum der heute in Berlin zu Ende gehenden "Kooperationsveranstaltung" der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) und der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) steht der "Umgang mit nichtstaatlichen Gewaltakteuren". Als solche bezeichnen die Organisatoren "Rebellen" und "Befreiungsbewegungen" in Entwicklungsländern, die, wie es heißt, das Gewaltmonopol des Staates in Frage stellten, "Territorialkontrolle" ausübten und "politische Machtansprüche" formulierten. Für westliche Staaten, die in den Ländern der sogenannten Dritten Welt militärisch intervenieren, sei eine "angemessene Berücksichtigung" der dort anzutreffenden Aufstandsbewegungen "unverzichtbar, um ihre jeweiligen Ziele zu erreichen", erklären die Veranstalter weiter. Die zweitägige Konferenz richtet sich an Vertreter des Bundes und der staatlichen Entwicklungsagenturen sowie explizit auch an Mitarbeiter von Nicht-Regierungsorganisationen und politischen Stiftungen, "die in Krisen- und Konfliktgebieten arbeiten".1
Partner in Uniform
Die GTZ kooperiert bereits seit etlichen Jahren außerordentlich eng mit der Bundeswehr, die sie als "Partner in Uniform" bezeichnet. So sollen etwa die von der GTZ in Nordafghanistan initiierten "Wiederaufbauprojekte" einerseits dazu dienen, die "Akzeptanz" der deutschen Besatzungstruppen bei der Bevölkerung zu erhöhen, und andererseits dazu beitragen, Informanten unter den Einheimischen zu rekrutieren (german-foreign-policy.com berichtete2). "Entscheidend" sei, dass "zivile und militärische Maßnahmen möglichst optimal ineinander greifen" und "in einem integrierten Ansatz gebündelt werden", erklärte unlängst der GTZ-Mitarbeiter Roman Poeschke nahezu wortgleich mit Bundeswehrveröffentlichungen über die "zivil-militärische Zusammenarbeit".3 Der Arbeit der Entwicklungsagentur liegt nach eigenen Angaben der von deutschen Militärs formulierte "erweiterte Sicherheitsbegriff" zugrunde.4 Dieser hebt einerseits die Trennung von Gewaltoperationen im Ausland und Repressionsmaßnahmen im Inland auf und unterstellt andererseits entwicklungspolitische Projekte den Erfordernissen aktueller und künftiger Interventionskriege.
Jahresthema
Im Rahmen ihres "Jahresthemas Sicherheit" befasst sich die GTZ nicht nur intensiv mit dem Polizeiaufbau in Afghanistan, sondern auch mit dem afrikanischen Kontinent. Wie die Organisation vermeldet, bereitet sie unter anderem "afrikanisches Militär" auf "Friedenseinsätze" vor.5 Während das Bundesverteidigungsministerium den Aufbau einer "Standby Force" der Afrikanischen Union (AU) durch die Entsendung von "Militärberatern" unterstütze, sei die GTZ für die "Gestaltung des zivilen Teils" der Eingreiftruppe - etwa deren "Polizeikomponente" - verantwortlich, heißt es. Rund 300 Teilnehmer hätten inzwischen von ihren "Kursen zu zivil-militärischer Zusammenarbeit" profitiert, schreibt die Entwicklungsagentur.6
Border Project
Gegenüber der Afrikanischen Union hat sich die GTZ außerdem eine weitere strategische Position gesichert: Man sei der "einzige bilaterale Partner der AU" bei der Implementierung eines so genannten Grenzprogramms, erklärt die Organisation. Das "German African Border Project" sieht zunächst die Vermessung und Kennzeichnung von Grenzverläufen vor, die zwischen verschiedenen afrikanischen Staaten umstritten sind; abschließend soll dann eine "vertragliche Festlegung" verbindlicher Staatsgrenzen erfolgen. Bereits 60 Polizisten hätten eine entsprechende "thematische Weiterbildung" erhalten, berichtet die GTZ.7
Krisenfälle
Aufgrund ihrer "zivil-militärischen" Projekte gerät die Entwicklungsagentur zunehmend ins Visier von Aufstandsbewegungen, die oftmals in Grenzgebieten operieren und sich dabei mit westlichen Interventionstruppen oder einheimischen Repressionskräften konfrontiert sehen. Das "Gefährdungspotenzial" für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GTZ sei deutlich gestiegen, berichtet Cornelia Schomaker, Teamleiterin in der "Krisenleitstelle" der Organisation: "Allein 2008 gab es 70 Krisenfälle, von denen GTZ-Personal direkt oder indirekt betroffen war." Die nahe liegende Schlussfolgerung, die Kooperation mit Besatzungstruppen und Repressionsorganen einzustellen, um die eigenen Mitarbeiter zu schützen, wird jedoch nicht gezogen. Statt dessen setzt die GTZ nach eigenen Angaben auf ein "professionelle(s) Sicherheits- und Krisenmanagement", das die Erstellung "kritische(r) Szenarien" beinhaltet und "geeignete Denk- und Handlungsmodelle" vorgibt. In "Hochrisikoländern" wie Afghanistan reiche dies jedoch nicht aus, heißt es: Hier helfe nur die "Einstellung von hauptamtlichen Sicherheitsberatern und die Einrichtung von ständig besetzten Sicherheitsbüros".8
Anmerkungen:
1 Rebellen, Warlords, Freiheitskämpfer: Herausforderungen, Risiken und Grenzen im Umgang mit nichtstaatlichen Gewaltakteuren; Link ...jetzt anmelden!
2 s. dazu Partner ohne Uniform Link ...jetzt anmelden!' target='blank
3 Zwei Seiten einer Medaille; Akzente 2/2009
4 Der Sicherheitsbegriff im Wandel; Akzente 2/2009
5 Zwei Seiten einer Medaille; Akzente 2/2009
6 Afrikanische Friedens- und Sicherheitsarchitektur; Akzente 2/2009
7 Unterstützung der Afrikanischen Union im Bereich Frieden und Sicherheit; Link ...jetzt anmelden!
8 Nicht auf die Krise warten! Akzente 2/2009
Im Zentrum der heute in Berlin zu Ende gehenden "Kooperationsveranstaltung" der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) und der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) steht der "Umgang mit nichtstaatlichen Gewaltakteuren". Als solche bezeichnen die Organisatoren "Rebellen" und "Befreiungsbewegungen" in Entwicklungsländern, die, wie es heißt, das Gewaltmonopol des Staates in Frage stellten, "Territorialkontrolle" ausübten und "politische Machtansprüche" formulierten. Für westliche Staaten, die in den Ländern der sogenannten Dritten Welt militärisch intervenieren, sei eine "angemessene Berücksichtigung" der dort anzutreffenden Aufstandsbewegungen "unverzichtbar, um ihre jeweiligen Ziele zu erreichen", erklären die Veranstalter weiter. Die zweitägige Konferenz richtet sich an Vertreter des Bundes und der staatlichen Entwicklungsagenturen sowie explizit auch an Mitarbeiter von Nicht-Regierungsorganisationen und politischen Stiftungen, "die in Krisen- und Konfliktgebieten arbeiten".1
Partner in Uniform
Die GTZ kooperiert bereits seit etlichen Jahren außerordentlich eng mit der Bundeswehr, die sie als "Partner in Uniform" bezeichnet. So sollen etwa die von der GTZ in Nordafghanistan initiierten "Wiederaufbauprojekte" einerseits dazu dienen, die "Akzeptanz" der deutschen Besatzungstruppen bei der Bevölkerung zu erhöhen, und andererseits dazu beitragen, Informanten unter den Einheimischen zu rekrutieren (german-foreign-policy.com berichtete2). "Entscheidend" sei, dass "zivile und militärische Maßnahmen möglichst optimal ineinander greifen" und "in einem integrierten Ansatz gebündelt werden", erklärte unlängst der GTZ-Mitarbeiter Roman Poeschke nahezu wortgleich mit Bundeswehrveröffentlichungen über die "zivil-militärische Zusammenarbeit".3 Der Arbeit der Entwicklungsagentur liegt nach eigenen Angaben der von deutschen Militärs formulierte "erweiterte Sicherheitsbegriff" zugrunde.4 Dieser hebt einerseits die Trennung von Gewaltoperationen im Ausland und Repressionsmaßnahmen im Inland auf und unterstellt andererseits entwicklungspolitische Projekte den Erfordernissen aktueller und künftiger Interventionskriege.
Jahresthema
Im Rahmen ihres "Jahresthemas Sicherheit" befasst sich die GTZ nicht nur intensiv mit dem Polizeiaufbau in Afghanistan, sondern auch mit dem afrikanischen Kontinent. Wie die Organisation vermeldet, bereitet sie unter anderem "afrikanisches Militär" auf "Friedenseinsätze" vor.5 Während das Bundesverteidigungsministerium den Aufbau einer "Standby Force" der Afrikanischen Union (AU) durch die Entsendung von "Militärberatern" unterstütze, sei die GTZ für die "Gestaltung des zivilen Teils" der Eingreiftruppe - etwa deren "Polizeikomponente" - verantwortlich, heißt es. Rund 300 Teilnehmer hätten inzwischen von ihren "Kursen zu zivil-militärischer Zusammenarbeit" profitiert, schreibt die Entwicklungsagentur.6
Border Project
Gegenüber der Afrikanischen Union hat sich die GTZ außerdem eine weitere strategische Position gesichert: Man sei der "einzige bilaterale Partner der AU" bei der Implementierung eines so genannten Grenzprogramms, erklärt die Organisation. Das "German African Border Project" sieht zunächst die Vermessung und Kennzeichnung von Grenzverläufen vor, die zwischen verschiedenen afrikanischen Staaten umstritten sind; abschließend soll dann eine "vertragliche Festlegung" verbindlicher Staatsgrenzen erfolgen. Bereits 60 Polizisten hätten eine entsprechende "thematische Weiterbildung" erhalten, berichtet die GTZ.7
Krisenfälle
Aufgrund ihrer "zivil-militärischen" Projekte gerät die Entwicklungsagentur zunehmend ins Visier von Aufstandsbewegungen, die oftmals in Grenzgebieten operieren und sich dabei mit westlichen Interventionstruppen oder einheimischen Repressionskräften konfrontiert sehen. Das "Gefährdungspotenzial" für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GTZ sei deutlich gestiegen, berichtet Cornelia Schomaker, Teamleiterin in der "Krisenleitstelle" der Organisation: "Allein 2008 gab es 70 Krisenfälle, von denen GTZ-Personal direkt oder indirekt betroffen war." Die nahe liegende Schlussfolgerung, die Kooperation mit Besatzungstruppen und Repressionsorganen einzustellen, um die eigenen Mitarbeiter zu schützen, wird jedoch nicht gezogen. Statt dessen setzt die GTZ nach eigenen Angaben auf ein "professionelle(s) Sicherheits- und Krisenmanagement", das die Erstellung "kritische(r) Szenarien" beinhaltet und "geeignete Denk- und Handlungsmodelle" vorgibt. In "Hochrisikoländern" wie Afghanistan reiche dies jedoch nicht aus, heißt es: Hier helfe nur die "Einstellung von hauptamtlichen Sicherheitsberatern und die Einrichtung von ständig besetzten Sicherheitsbüros".8
Anmerkungen:
1 Rebellen, Warlords, Freiheitskämpfer: Herausforderungen, Risiken und Grenzen im Umgang mit nichtstaatlichen Gewaltakteuren; Link ...jetzt anmelden!
2 s. dazu Partner ohne Uniform Link ...jetzt anmelden!' target='blank
3 Zwei Seiten einer Medaille; Akzente 2/2009
4 Der Sicherheitsbegriff im Wandel; Akzente 2/2009
5 Zwei Seiten einer Medaille; Akzente 2/2009
6 Afrikanische Friedens- und Sicherheitsarchitektur; Akzente 2/2009
7 Unterstützung der Afrikanischen Union im Bereich Frieden und Sicherheit; Link ...jetzt anmelden!
8 Nicht auf die Krise warten! Akzente 2/2009
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