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•NEUES THEMA18.05.2009, 08:06 Uhr
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• Partner ohne Uniform
BERLIN/ESCHBORN/KABUL (12.05.2009) - Die staatliche "Entwicklungs"-Organisation GTZ ("Gesellschaft für technische Zusammenarbeit") kooperiert eng mit der Bundeswehr-Einheit für psychologische Kriegführung ("Operative Information"). Dies geht aus einem als geheim eingestuften Forschungsbericht über Hilfsprojekte in Nordafghanistan hervor. Darüber hinaus setzt sich die GTZ für enge "zivil-militärische Zusammenarbeit" mit den deutschen Streitkräften ein und bezeichnet die von diesen angeblich hergestellte "Sicherheit" als "unabdingbare Voraussetzung" jeglicher Entwicklungspolitik. Dies korrespondiert mit den Forderungen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), das die GTZ anleitet und überwacht. Auch regierungsnahe außenpolitische Thinktanks plädieren für eine weitgehende Verschmelzung sogenannter Entwicklungshilfe mit militärischen Maßnahmen. Dies erhöht die Gefahr für Mitarbeiter von "Entwicklungs"-Organisationen, ins Visier von Aufständischen zu geraten - eine Entwicklung, die jüngste Todesstatistiken der Europäischen Union aus Afghanistan belegen.
Die Kooperation der GTZ mit der Bundeswehr-Einheit für psychologische Kriegführung wird in einer Anfang 2006 vom Bundesverteidigungsministerium (BMVg) bestellten Auftragsstudie beschrieben. Das Papier, das als militärische "Verschlusssache" eingestuft ist, befasst sich mit "rasch sichtbaren Maßnahmen des Wiederaufbaus" ("Quick Impact Projects"), die von der GTZ in Nordafghanistan durchgeführt werden. Diese sollen, heißt es, angesichts zunehmender Aufstandsaktivitäten ("asymmetrische Bedrohungslage") die "Akzeptanz" der deutschen Besatzungstruppen bei der afghanischen Bevölkerung erhöhen. Laut Aufgabenstellung war zu prüfen, inwieweit Bundeswehr-Einheiten für "Operative Information" ("OpInfo Kräfte") für entsprechende "Öffentlichkeitsarbeit" herangezogen werden können. Zu den "Dienststellen, die zu beteiligen sind bzw. Zuarbeit leisten sollen", zählten neben dem Einsatzführungskommando des deutschen Militärs in Potsdam-Geltow auch das BMZ und die GTZ.1
Militärisches Eigeninteresse
Realisiert wurde das Forschungsprojekt von zwei Mitarbeitern des "Sonderforschungsbereichs 700" (SFB 700) der Freien Universität Berlin, an dem bereits seit längerem Bedingungen und Modalitäten deutscher Militäroperationen untersucht werden (german-foreign-policy.com berichtete2). Nach Auffassung der beteiligten Wissenschaftler sollten die für die "zivil-militärische Zusammenarbeit" in Afghanistan zuständigen Bundeswehr-Einheiten ("CIMIC-Teams") die GTZ "noch stärker (...) hinsichtlich Informationsbeschaffung und Analyse unterstützen". Dies liege, schreiben die Autoren, "im militärischen Eigeninteresse", da die Kooperation mit der GTZ helfe, "das Lagebild zu verbessern" und die Verbindung zur afghanischen Bevölkerung "zu verstetigen".3
PR-Begleitung
"Verbesserungspotenzial" sehen die Forscher des SFB 700 auch hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen der GTZ und der Bundeswehr-Truppe für "Operative Information", die gemäß der NATO-Diktion als Einheit für "Psychological Operations/PSYOPS" bezeichnet wird. Gefordert wird eine "gezielte PR-Begleitung" der GTZ-Projektarbeit durch die "PSYOP-Teams" der Bundeswehr; hierfür stünden der Radiosender "Sada-e-Azadi Shamal", der von der "OpInfo"-Truppe aufgebaut wurde, und die von derselben Einheit publizierte Zeitung "Sada-e-Azadi" ("Stimme der Freiheit")4 zur Verfügung, heißt es.5
Ohne Umwege
Besonderen Dank für Betreuung und Unterstützung sprechen die Autoren der BMVg-Studie den "CIMIC-Teams" der Bundeswehr aus6, die von der GTZ als "Partner in Uniform" bezeichnet werden. Wie einer Publikation der "Entwicklungs"-Organisation zu entnehmen ist, fungieren die CIMIC-Trupps in Afghanistan "quasi als Bote(n) für die GTZ" und übermitteln in deren Auftrag Anträge für Entwicklungsprojekte, um diese "ohne Umwege über afghanische Institutionen" implementieren zu können. Mittlerweile seien "sehr tragfähige Modelle der Zusammenarbeit" mit der Bundeswehr etabliert worden, meint Eberhard Halbach, Chef des GTZ-Teams in Afghanistan - offenbar nicht zuletzt deshalb, weil die CIMIC-Trupps "hören, wie die Einheimischen denken".7
Tagesgeschäft
Die Kooperation zwischen Militär und GTZ hat mittlerweile Tradition. Bereits 2003 bezeichnete sie der GTZ-Mitarbeiter Bernd Hoffmann als "Tagesgeschäft" und wünschte sich einen "stärkere(n) Einfluss (...) im operativen militärischen Bereich". Wie ein Vertreter des BMZ damals ausführte, würden ohnehin schon "humanitäre Aufgaben" durch "militärische Budgets" und "militärische Aufgaben" aus Entwicklungsetats finanziert.8 Für das Ministerium ist die faktische Verschmelzung ziviler und militärischer Bereiche - "die Wechselwirkung zwischen Sicherheit und Entwicklung" - nach eigenen Angaben von "zentraler Bedeutung"; man verfolge, heißt es, einen "ganzheitlichen Ansatz".9
Hand in Hand
Auch die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung betont die "Notwendigkeit zur Kooperation" zwischen der Bundeswehr und den "Akteure(n) der internationalen Entwicklungszusammenarbeit". So seien in den Operationsgebieten der deutschen Streitkräfte "neben den klassischen Ideen harter Sicherheit" auch "Reformen im Justiz-, Militär- und Polizeiwesen" durchzusetzen; dies könne jedoch nur gelingen, wenn man parallel zu militärischen Operationen den "Wiederaufbau der staatlichen Infrastruktur im zivilen Bereich" vorantreibe. "Das bedeutet, dass sicherheits- und entwicklungspolitische Maßnahmen Hand in Hand gehen müssen", urteilt die Adenauer-Stiftung.10
"Sicherheit" und "Entwicklung"
Die GTZ schließt sich dieser Auffassung an. Sie hat ihrerseits die Verschmelzung von "Entwicklung" mit der Herstellung angeblicher "Sicherheit" durch deutsche Truppen zu ihrem "Jahresthema 2009" erkoren.11 Diese zivil-militärische Verschmelzung gefährdet in zunehmendem Maße die Mitarbeiter von "Entwicklungs"- und Hilfsorganisationen, die wegen ihrer Kooperation mit dem Militär ins Visier von Aufständischen geraten. Im vergangenen Jahr sind in Afghanistan, wie die EU letzte Woche mitgeteilt hat, mindestens 28 Mitarbeiter von Hilfsorganisationen getötet worden12 - Opfer nicht nur der Aufständischen, sondern auch der deutschen zivil-militärischen Verschmelzungs-Konzeption.
Anmerkungen:
1 Jan Koehler/Christoph Zürcher: Quick Impact Projects in Nordost-Afghanistan. Eine Studie im Auftrag des BMVg. Berlin, Dezember 2007
2 s. dazu Interventionsforschung Link ...jetzt anmelden!' target='blank
3 Jan Koehler/Christoph Zürcher: Quick Impact Projects in Nordost-Afghanistan. Eine Studie im Auftrag des BMVg. Berlin, Dezember 2007
4 s. dazu Stimme der Freiheit Link ...jetzt anmelden!' target='blank
5, 6 Jan Koehler/Christoph Zürcher: Quick Impact Projects in Nordost-Afghanistan. Eine Studie im Auftrag des BMVg. Berlin, Dezember 2007
7 Edda Schlager: Partner in Uniform; Akzente 1/2008
8 Katja Roehder: Verhältnis von militärischen und entwicklungspolitischen Komponenten beim Wiederaufbau in Post-Konflikt-Situationen. Bericht zum Studientag am 22.09.2003 im Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE). Bonn 2003
9 Entwicklungspolitik als Sicherheitspolitik; Link ...jetzt anmelden!
10 Sicherheit und Entwicklung. Zur Kooperation zwischen Sicherheitspolitik und Entwicklungszusammenarbeit; Link ...jetzt anmelden!
11 Jahresthema 2009: Sicherheit entwickeln - Entwicklung sichern; Link ...jetzt anmelden!
12 Humanitäre Hilfe für Afghanistan: Kommission bewilligt weitere 35 Mio. EUR; ec.europa.eu 06.05.2009
Die Kooperation der GTZ mit der Bundeswehr-Einheit für psychologische Kriegführung wird in einer Anfang 2006 vom Bundesverteidigungsministerium (BMVg) bestellten Auftragsstudie beschrieben. Das Papier, das als militärische "Verschlusssache" eingestuft ist, befasst sich mit "rasch sichtbaren Maßnahmen des Wiederaufbaus" ("Quick Impact Projects"), die von der GTZ in Nordafghanistan durchgeführt werden. Diese sollen, heißt es, angesichts zunehmender Aufstandsaktivitäten ("asymmetrische Bedrohungslage") die "Akzeptanz" der deutschen Besatzungstruppen bei der afghanischen Bevölkerung erhöhen. Laut Aufgabenstellung war zu prüfen, inwieweit Bundeswehr-Einheiten für "Operative Information" ("OpInfo Kräfte") für entsprechende "Öffentlichkeitsarbeit" herangezogen werden können. Zu den "Dienststellen, die zu beteiligen sind bzw. Zuarbeit leisten sollen", zählten neben dem Einsatzführungskommando des deutschen Militärs in Potsdam-Geltow auch das BMZ und die GTZ.1
Militärisches Eigeninteresse
Realisiert wurde das Forschungsprojekt von zwei Mitarbeitern des "Sonderforschungsbereichs 700" (SFB 700) der Freien Universität Berlin, an dem bereits seit längerem Bedingungen und Modalitäten deutscher Militäroperationen untersucht werden (german-foreign-policy.com berichtete2). Nach Auffassung der beteiligten Wissenschaftler sollten die für die "zivil-militärische Zusammenarbeit" in Afghanistan zuständigen Bundeswehr-Einheiten ("CIMIC-Teams") die GTZ "noch stärker (...) hinsichtlich Informationsbeschaffung und Analyse unterstützen". Dies liege, schreiben die Autoren, "im militärischen Eigeninteresse", da die Kooperation mit der GTZ helfe, "das Lagebild zu verbessern" und die Verbindung zur afghanischen Bevölkerung "zu verstetigen".3
PR-Begleitung
"Verbesserungspotenzial" sehen die Forscher des SFB 700 auch hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen der GTZ und der Bundeswehr-Truppe für "Operative Information", die gemäß der NATO-Diktion als Einheit für "Psychological Operations/PSYOPS" bezeichnet wird. Gefordert wird eine "gezielte PR-Begleitung" der GTZ-Projektarbeit durch die "PSYOP-Teams" der Bundeswehr; hierfür stünden der Radiosender "Sada-e-Azadi Shamal", der von der "OpInfo"-Truppe aufgebaut wurde, und die von derselben Einheit publizierte Zeitung "Sada-e-Azadi" ("Stimme der Freiheit")4 zur Verfügung, heißt es.5
Ohne Umwege
Besonderen Dank für Betreuung und Unterstützung sprechen die Autoren der BMVg-Studie den "CIMIC-Teams" der Bundeswehr aus6, die von der GTZ als "Partner in Uniform" bezeichnet werden. Wie einer Publikation der "Entwicklungs"-Organisation zu entnehmen ist, fungieren die CIMIC-Trupps in Afghanistan "quasi als Bote(n) für die GTZ" und übermitteln in deren Auftrag Anträge für Entwicklungsprojekte, um diese "ohne Umwege über afghanische Institutionen" implementieren zu können. Mittlerweile seien "sehr tragfähige Modelle der Zusammenarbeit" mit der Bundeswehr etabliert worden, meint Eberhard Halbach, Chef des GTZ-Teams in Afghanistan - offenbar nicht zuletzt deshalb, weil die CIMIC-Trupps "hören, wie die Einheimischen denken".7
Tagesgeschäft
Die Kooperation zwischen Militär und GTZ hat mittlerweile Tradition. Bereits 2003 bezeichnete sie der GTZ-Mitarbeiter Bernd Hoffmann als "Tagesgeschäft" und wünschte sich einen "stärkere(n) Einfluss (...) im operativen militärischen Bereich". Wie ein Vertreter des BMZ damals ausführte, würden ohnehin schon "humanitäre Aufgaben" durch "militärische Budgets" und "militärische Aufgaben" aus Entwicklungsetats finanziert.8 Für das Ministerium ist die faktische Verschmelzung ziviler und militärischer Bereiche - "die Wechselwirkung zwischen Sicherheit und Entwicklung" - nach eigenen Angaben von "zentraler Bedeutung"; man verfolge, heißt es, einen "ganzheitlichen Ansatz".9
Hand in Hand
Auch die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung betont die "Notwendigkeit zur Kooperation" zwischen der Bundeswehr und den "Akteure(n) der internationalen Entwicklungszusammenarbeit". So seien in den Operationsgebieten der deutschen Streitkräfte "neben den klassischen Ideen harter Sicherheit" auch "Reformen im Justiz-, Militär- und Polizeiwesen" durchzusetzen; dies könne jedoch nur gelingen, wenn man parallel zu militärischen Operationen den "Wiederaufbau der staatlichen Infrastruktur im zivilen Bereich" vorantreibe. "Das bedeutet, dass sicherheits- und entwicklungspolitische Maßnahmen Hand in Hand gehen müssen", urteilt die Adenauer-Stiftung.10
"Sicherheit" und "Entwicklung"
Die GTZ schließt sich dieser Auffassung an. Sie hat ihrerseits die Verschmelzung von "Entwicklung" mit der Herstellung angeblicher "Sicherheit" durch deutsche Truppen zu ihrem "Jahresthema 2009" erkoren.11 Diese zivil-militärische Verschmelzung gefährdet in zunehmendem Maße die Mitarbeiter von "Entwicklungs"- und Hilfsorganisationen, die wegen ihrer Kooperation mit dem Militär ins Visier von Aufständischen geraten. Im vergangenen Jahr sind in Afghanistan, wie die EU letzte Woche mitgeteilt hat, mindestens 28 Mitarbeiter von Hilfsorganisationen getötet worden12 - Opfer nicht nur der Aufständischen, sondern auch der deutschen zivil-militärischen Verschmelzungs-Konzeption.
Anmerkungen:
1 Jan Koehler/Christoph Zürcher: Quick Impact Projects in Nordost-Afghanistan. Eine Studie im Auftrag des BMVg. Berlin, Dezember 2007
2 s. dazu Interventionsforschung Link ...jetzt anmelden!' target='blank
3 Jan Koehler/Christoph Zürcher: Quick Impact Projects in Nordost-Afghanistan. Eine Studie im Auftrag des BMVg. Berlin, Dezember 2007
4 s. dazu Stimme der Freiheit Link ...jetzt anmelden!' target='blank
5, 6 Jan Koehler/Christoph Zürcher: Quick Impact Projects in Nordost-Afghanistan. Eine Studie im Auftrag des BMVg. Berlin, Dezember 2007
7 Edda Schlager: Partner in Uniform; Akzente 1/2008
8 Katja Roehder: Verhältnis von militärischen und entwicklungspolitischen Komponenten beim Wiederaufbau in Post-Konflikt-Situationen. Bericht zum Studientag am 22.09.2003 im Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE). Bonn 2003
9 Entwicklungspolitik als Sicherheitspolitik; Link ...jetzt anmelden!
10 Sicherheit und Entwicklung. Zur Kooperation zwischen Sicherheitspolitik und Entwicklungszusammenarbeit; Link ...jetzt anmelden!
11 Jahresthema 2009: Sicherheit entwickeln - Entwicklung sichern; Link ...jetzt anmelden!
12 Humanitäre Hilfe für Afghanistan: Kommission bewilligt weitere 35 Mio. EUR; ec.europa.eu 06.05.2009
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