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•NEUES THEMA07.05.2009, 14:14 Uhr
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• Vorstoß nach Osten
BERLIN/WARSCHAU/TBILISI (07.05.2009) - Mit dem Start einer neuen Einflussoffensive stärken Berlin und die EU ihren Zugriff auf mehrere Länder der einstigen Sowjetunion. Die "Östliche Partnerschaft", die am heutigen Donnerstag eröffnet wird, bindet sechs Staaten aus Osteuropa und dem Kaukasus enger als bisher an Brüssel. Besondere Aufmerksamkeit gilt den drei Ländern, über deren Territorium Energierohstoffe aus Zentralasien nach Europa gebracht werden sollen - Georgien, Armenien und Aserbaidschan. Sie müssten dem Einfluss Russlands weitestgehend entzogen werden, heißt es in Brüssel, das damit in Moskau auf Proteste stößt. Die "Östliche Partnerschaft" richtet die EU noch stärker nach Osten aus und nützt damit vor allem Berlin, in dessen traditionelle Hegemonialsphäre sie neue Mittel pumpt - zum Vorteil expandierender deutscher Konzerne. Nachteile wegen der neuen Spannungen mit Russland muss die Bundesrepublik nicht befürchten: Berlin zieht weiterhin Nutzen aus seiner langfristig angelegten Energiekooperation mit Moskau und bleibt bevorzugter Partner des russischen Establishments im Westen.
Weg vom Mittelmeer
Die "Östliche Partnerschaft", die die EU am heutigen Donnerstag eröffnen will, geht auf eine Initiative Polens und Schwedens vom vergangenen Frühjahr zurück. Damals hatte Frankreich gerade die Gründung der "Mittelmeer-Union"1 durchgesetzt, eines Projekts, das erhebliche Summen aus den Brüsseler Etats nach Süden umleiten sollte - für die nördlichen und die östlichen EU-Staaten eine Provokation. Stockholm und Warschau setzten sich daher für ein konträres Vorhaben ein und schlugen eine intensivere Zusammenarbeit mit den östlichen Grenznachbarn der EU vor. Auf polnischer Seite war dabei auch der Plan von Bedeutung, die Ukraine enger an Brüssel anzubinden und sie noch weiter aus der russischen Einflusssphäre zu lösen. Eine einigermaßen eigenständige, von Moskau unabhängige Ukraine gehört zu den elementarsten Interessen der polnischen Außenpolitik, da sie Polen von allzu starkem russischem Druck abschirmt und die Gefahr verringert, aus West (Deutschland) und Ost (Russland) in die Zange genommen zu werden. Prinzipiell lag der polnisch-schwedische Vorschlag jedoch auch im Interesse der Bundesrepublik, weil er die Politik und die Mittelvergabe der EU stärker nach Osten orientiert - in die traditionelle Hegemonialsphäre Berlins.
Transitkorridor
Nach dem erfolgreichen Kaukasus-Vorstoß Russlands im georgisch-russischen Krieg im August 2008 schlossen sich dem polnisch-schwedischen Vorhaben weitere EU-Staaten an - um weitere russische Einflussgewinne zu verhindern. Berlin verweigerte sich ebenfalls nicht: Besonders für die drei Staaten des Südkaukasus (Georgien, Armenien und Aserbaidschan) sieht die deutsche Geostrategie eine möglichst weitreichende Anbindung an den Westen vor, weil sie als Transitkorridor für Energieressourcen aus Zentralasien und Mittelost benötigt werden. An entsprechenden Explorations- und Pipelinevorhaben sind deutsche Energiekonzerne beteiligt, vor allem der Essener RWE-Konzern (german-foreign-policy.com berichtete2). Tatsächlich entwickelten sich die Planungen für die "Östliche Partnerschaft" nach dem russisch-georgischen Krieg mit großer Geschwindigkeit: Die EU-Kommission legte im Dezember 2008 ein Konzept vor, der Europäische Rat verabschiedete es im März 2009. Am heutigen Donnerstag wird nun die "Östliche Partnerschaft" offiziell eröffnet.
Direkte Eingriffe
Tatsächlich bindet die "Östliche Partnerschaft" die drei osteuropäischen Staaten Ukraine, Belarus und Moldawien sowie die südkaukasischen Länder Georgien, Armenien und Aserbaidschan deutlich enger als zuvor an die EU an. Zwar ist ihre künftige Aufnahme in die EU nicht vorgesehen; Berlin lehnt sie seit je ab, weil etwa die bevölkerungsstarke Ukraine beträchtlichen Stimmeinfluss in den EU-Gremien erhielte und darüber hinaus erhebliche Fördermittel aus Brüssel beanspruchen könnte. Allerdings sichert sich Brüssel mit der neuen "Partnerschaft" politische Ansprüche gegenüber den "Partner"-Staaten und Möglichkeiten zu direkten Eingriffen. Die sechs Staaten Osteuropas und des Südkaukasus sagen zu, ihre Wirtschaft für die EU weitestgehend zu öffnen und "im Hinblick auf langfristige Energieversorgung und Energietransit" mit Brüssel zu kooperieren; langfristig läuft dies auf ihren ökonomischen Anschluss an die übermächtige EU und auf ihre Unterordnung unter die deutsch-europäischen Pipelinepläne hinaus. Die Ukraine hatte schon im März die Erneuerung ihres Röhrensystems nicht Moskau, sondern Brüssel anvertraut. Letztlich sichert die neue "Partnerschaft" der EU zu, im Hinblick auf "verantwortungsvolle Staatsführung und Stabilität" bei den "Partner"-Staaten zu intervenieren.3 Brüssel werde beim "Aufbau von Institutionen" sowie von "Verwaltungskapazität" "helfen", heißt es über künftige Eingriffe in die östlichen Bürokratien.
Einkreisung
Moskau reagiert auf die neue Brüsseler Initiative mit Protest. Die "Östliche Partnerschaft", die sechs frühere Sowjetrepubliken eng an Berlin und die EU bindet, reduziert die russische Einflusszone im Westen auf einen neuen Tiefstand. Von den neun Staaten westlich des Kaspischen Meeres, die sich 1991 von Moskau lösten, sind drei Mitglied in NATO und EU (Estland, Lettland, Litauen); sechs weitere haben sich mit der neuen "Partnerschaft" noch stärker als bisher in Abhängigkeit von Berlin und Brüssel begeben. Die Furcht vor einer Einkreisung durch den Westen hält in Moskau an.4
EU-Battlegroups
Nachteile wegen des offenen Affronts gegenüber Russland muss Berlin jedoch nicht befürchten. Deutschland ist nach wie vor bevorzugter Partner des russischen Establishments im Westen, erhält Zugang zu Russlands umfangreichen Erdgasvorräten und wird von Moskau auch weiterhin umworben - nicht nur für wirtschaftliche Zusammenarbeit, sondern auch für militärische Kooperation.5 Aus russischer Sicht findet sich im Westen keine echte Alternative zur Kooperation mit der europäischen Hegemonialmacht. Dies verschafft Berlin den Spielraum, ohne Einschränkung von der antirussischen "Östlichen Partnerschaft" zu profitieren. Die heute offiziell gestartete Initiative vergrößert allgemein den deutsch-europäischen Einfluss in Osteuropa und im Kaukasus. Konkret leitet sie neue EU-Mittel (600 Millionen Euro bis zum Jahr 2013) in ein traditionelles Expansionsgebiet der deutschen Industrie. Weiterreichende Nutzungsmöglichkeiten wurden schon letztes Jahr diskutiert. Die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) hält sogar militärischen Extraprofit für möglich: Denkbar sei die "Einbeziehung ukrainischer Truppenteile in EU-Battlegroups mit deutscher oder polnischer Beteiligung".6
Anmerkungen:
1 s. dazu Schrumpfende Spielräume Link ...jetzt anmelden!' target='blank und Kein Gegenpol Link ...jetzt anmelden!' target='blank
2 s. dazu Südlicher Korridor Link ...jetzt anmelden!' target='blank
3 Erklärung des Europäischen Rates zur Östlichen Partnerschaft vom 19./20.03.2009; Link ...jetzt anmelden!
4 s. dazu Das östliche Grenzgebiet Link ...jetzt anmelden!' target='blank und Am Abgrund Link ...jetzt anmelden!' target='blank
5 s. dazu Eurasien Link ...jetzt anmelden!' target='blank, Atomallianz Link ...jetzt anmelden!' target='blank und Strategische Konzepte (II) Link ...jetzt anmelden!' target='blank
6 Kai-Olaf Lang: Eine Partnerschaft für den Osten; SWP-Aktuell 66, Juli 2008
Weg vom Mittelmeer
Die "Östliche Partnerschaft", die die EU am heutigen Donnerstag eröffnen will, geht auf eine Initiative Polens und Schwedens vom vergangenen Frühjahr zurück. Damals hatte Frankreich gerade die Gründung der "Mittelmeer-Union"1 durchgesetzt, eines Projekts, das erhebliche Summen aus den Brüsseler Etats nach Süden umleiten sollte - für die nördlichen und die östlichen EU-Staaten eine Provokation. Stockholm und Warschau setzten sich daher für ein konträres Vorhaben ein und schlugen eine intensivere Zusammenarbeit mit den östlichen Grenznachbarn der EU vor. Auf polnischer Seite war dabei auch der Plan von Bedeutung, die Ukraine enger an Brüssel anzubinden und sie noch weiter aus der russischen Einflusssphäre zu lösen. Eine einigermaßen eigenständige, von Moskau unabhängige Ukraine gehört zu den elementarsten Interessen der polnischen Außenpolitik, da sie Polen von allzu starkem russischem Druck abschirmt und die Gefahr verringert, aus West (Deutschland) und Ost (Russland) in die Zange genommen zu werden. Prinzipiell lag der polnisch-schwedische Vorschlag jedoch auch im Interesse der Bundesrepublik, weil er die Politik und die Mittelvergabe der EU stärker nach Osten orientiert - in die traditionelle Hegemonialsphäre Berlins.
Transitkorridor
Nach dem erfolgreichen Kaukasus-Vorstoß Russlands im georgisch-russischen Krieg im August 2008 schlossen sich dem polnisch-schwedischen Vorhaben weitere EU-Staaten an - um weitere russische Einflussgewinne zu verhindern. Berlin verweigerte sich ebenfalls nicht: Besonders für die drei Staaten des Südkaukasus (Georgien, Armenien und Aserbaidschan) sieht die deutsche Geostrategie eine möglichst weitreichende Anbindung an den Westen vor, weil sie als Transitkorridor für Energieressourcen aus Zentralasien und Mittelost benötigt werden. An entsprechenden Explorations- und Pipelinevorhaben sind deutsche Energiekonzerne beteiligt, vor allem der Essener RWE-Konzern (german-foreign-policy.com berichtete2). Tatsächlich entwickelten sich die Planungen für die "Östliche Partnerschaft" nach dem russisch-georgischen Krieg mit großer Geschwindigkeit: Die EU-Kommission legte im Dezember 2008 ein Konzept vor, der Europäische Rat verabschiedete es im März 2009. Am heutigen Donnerstag wird nun die "Östliche Partnerschaft" offiziell eröffnet.
Direkte Eingriffe
Tatsächlich bindet die "Östliche Partnerschaft" die drei osteuropäischen Staaten Ukraine, Belarus und Moldawien sowie die südkaukasischen Länder Georgien, Armenien und Aserbaidschan deutlich enger als zuvor an die EU an. Zwar ist ihre künftige Aufnahme in die EU nicht vorgesehen; Berlin lehnt sie seit je ab, weil etwa die bevölkerungsstarke Ukraine beträchtlichen Stimmeinfluss in den EU-Gremien erhielte und darüber hinaus erhebliche Fördermittel aus Brüssel beanspruchen könnte. Allerdings sichert sich Brüssel mit der neuen "Partnerschaft" politische Ansprüche gegenüber den "Partner"-Staaten und Möglichkeiten zu direkten Eingriffen. Die sechs Staaten Osteuropas und des Südkaukasus sagen zu, ihre Wirtschaft für die EU weitestgehend zu öffnen und "im Hinblick auf langfristige Energieversorgung und Energietransit" mit Brüssel zu kooperieren; langfristig läuft dies auf ihren ökonomischen Anschluss an die übermächtige EU und auf ihre Unterordnung unter die deutsch-europäischen Pipelinepläne hinaus. Die Ukraine hatte schon im März die Erneuerung ihres Röhrensystems nicht Moskau, sondern Brüssel anvertraut. Letztlich sichert die neue "Partnerschaft" der EU zu, im Hinblick auf "verantwortungsvolle Staatsführung und Stabilität" bei den "Partner"-Staaten zu intervenieren.3 Brüssel werde beim "Aufbau von Institutionen" sowie von "Verwaltungskapazität" "helfen", heißt es über künftige Eingriffe in die östlichen Bürokratien.
Einkreisung
Moskau reagiert auf die neue Brüsseler Initiative mit Protest. Die "Östliche Partnerschaft", die sechs frühere Sowjetrepubliken eng an Berlin und die EU bindet, reduziert die russische Einflusszone im Westen auf einen neuen Tiefstand. Von den neun Staaten westlich des Kaspischen Meeres, die sich 1991 von Moskau lösten, sind drei Mitglied in NATO und EU (Estland, Lettland, Litauen); sechs weitere haben sich mit der neuen "Partnerschaft" noch stärker als bisher in Abhängigkeit von Berlin und Brüssel begeben. Die Furcht vor einer Einkreisung durch den Westen hält in Moskau an.4
EU-Battlegroups
Nachteile wegen des offenen Affronts gegenüber Russland muss Berlin jedoch nicht befürchten. Deutschland ist nach wie vor bevorzugter Partner des russischen Establishments im Westen, erhält Zugang zu Russlands umfangreichen Erdgasvorräten und wird von Moskau auch weiterhin umworben - nicht nur für wirtschaftliche Zusammenarbeit, sondern auch für militärische Kooperation.5 Aus russischer Sicht findet sich im Westen keine echte Alternative zur Kooperation mit der europäischen Hegemonialmacht. Dies verschafft Berlin den Spielraum, ohne Einschränkung von der antirussischen "Östlichen Partnerschaft" zu profitieren. Die heute offiziell gestartete Initiative vergrößert allgemein den deutsch-europäischen Einfluss in Osteuropa und im Kaukasus. Konkret leitet sie neue EU-Mittel (600 Millionen Euro bis zum Jahr 2013) in ein traditionelles Expansionsgebiet der deutschen Industrie. Weiterreichende Nutzungsmöglichkeiten wurden schon letztes Jahr diskutiert. Die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) hält sogar militärischen Extraprofit für möglich: Denkbar sei die "Einbeziehung ukrainischer Truppenteile in EU-Battlegroups mit deutscher oder polnischer Beteiligung".6
Anmerkungen:
1 s. dazu Schrumpfende Spielräume Link ...jetzt anmelden!' target='blank und Kein Gegenpol Link ...jetzt anmelden!' target='blank
2 s. dazu Südlicher Korridor Link ...jetzt anmelden!' target='blank
3 Erklärung des Europäischen Rates zur Östlichen Partnerschaft vom 19./20.03.2009; Link ...jetzt anmelden!
4 s. dazu Das östliche Grenzgebiet Link ...jetzt anmelden!' target='blank und Am Abgrund Link ...jetzt anmelden!' target='blank
5 s. dazu Eurasien Link ...jetzt anmelden!' target='blank, Atomallianz Link ...jetzt anmelden!' target='blank und Strategische Konzepte (II) Link ...jetzt anmelden!' target='blank
6 Kai-Olaf Lang: Eine Partnerschaft für den Osten; SWP-Aktuell 66, Juli 2008
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