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unofficial world wide web avantgarde
NEUES THEMA23.12.2018, 15:54 Uhr
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arktika

• Neue Bullengesetze, Repression - Der Hauptfeind schlägt zu! Da der Freistaat im tiefen Süden des Landes nur der Vorreiter war - wie so oft und so gerne - und mittlerweile fast alle Bundesländer (oder sogar alle?) an dergleichen rumlaborieren und zudem die Repression gegen alles, was nicht "gut deutsch" rüberkommt, immer schärfer wird, halte ich es jetzt für sinnvoll, das, was im Prinzip nicht nur auf einzelne Bundesländer bezogen ist, sondern als allgemein geltend oder als Probeschuß o. ä. ansehbar ist, zu bündeln und dafür einen neuen Thread aufzumachen. Dieser soll sozusagen übergreifend sein und die bisherigen einzelnen, auf bestimmte Bundesländer oder Ereignisse bezogenen Threads ergänzen.
Und diesmal habe ich deswegen auch das Forum Imperialismus dafür gewählt, nicht mehr das Commune-Forum Klasse und Kampf, in dem sich die Einzelthreads befinden.
Anlaß hierfür war für mich der Artikel in der JW vom 17.12.2018 von Markus Bernhardt:

Bürgerrechte obsolet
Jahresrückblick 2018: Notstandsgesetze statt Grundrechte

Das zu Ende gehende Jahr war ein äußerst schwarzes Jahr für die Grund- und Freiheitsrechte in der Bundesrepublik. Anstatt demokratische und verfassungsmäßig verbriefte Rechte zu verteidigen oder auszubauen, arbeitete eine übergroße Koalition etablierter Parteien daran, die Rechte der Bevölkerung noch weiter einzuschränken. Einmal mehr musste der »islamistische Terror« als Begründung dafür herhalten, dass die Polizeigesetze der Länder – bisher noch mit Ausnahme von Thüringen – entweder schon verschärft wurden oder dies in naher Zukunft werden sollen.

Vorbild für die in den anderen Bundesländern beschlossenen oder geplanten Gesetzesverschärfungen ist dabei das Polizeiaufgabengesetz (PAG) aus Bayern, das im Mai vom dortigen Landtag beschlossen wurde und auf dem juristisch undefinierbaren Begriff der »drohenden Gefahr« aufbaut. Dies erlaubt Polizeibehörden, einzig auf Basis von Mutmaßungen und ohne alle Beweise gegen mutmaßliche Delinquenten vorzugehen.

Zwar wurde der Begriff der »drohenden Gefahr« beim in diesem Monat beschlossenen nordrhein-westfälischen Polizeigesetz gestrichen, die sich daraus ergebenden repressiven Eingriffsmöglichkeiten wurden jedoch beibehalten. »Videoüberwachung, Staatstrojaner und Aufenthaltskontrollen« seien »Gift für eine freie, demokratische Gesellschaft«, kritisierte folgerichtig auch Kerstin Demuth vom Datenschutzverein Digitalcourage e. V. Bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes aus dem Hause von Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) hatte Demuth kritisiert, dass die »Prognosejustiz der NRW-Regierung« Rechtsunsicherheit schaffe.

Im von SPD und Linkspartei regierten Brandenburg will die Landesregierung Anfang 2019 das Polizeigesetz novellieren. Als Begründung führt die »rot-rote« Koalition »die Terror- und Gefährdungslage in Deutschland und somit auch in Brandenburg« an, die es »zwingend« erfordere, »Sicherheitslücken zu schließen«. Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Polizeigesetzes enthalte daher einen eigenen Abschnitt zu besonderen Befugnissen zur Abwehr von Gefahren des Terrorismus, heißt es aus den Reihen der Koalition weiter. Bürgerrechtler und Datenschützer halten diese Argumentation hingegen für nicht glaubwürdig. »Im Gewand der Terrorabwehr soll die Polizei neue Befugnisse bekommen, die eine lange Liste von Grundrechtseinschränkungen beinhalten«, konstatieren sie. Das als Lehre aus dem Faschismus eingeführte verfassungsrechtliche Trennungsgebot für geheimdienstliche und polizeiliche Methoden werde somit immer weiter verwässert. So soll die Polizei künftig mit Spionagesoftware, auch »Staatstrojaner« genannt, verschlüsselte Kommunikation überwachen können, stellt das »Bündnis gegen das neue Brandenburger Polizeigesetz« auf seiner Internetseite klar. Mit der geplanten Neufassung des Gesetzes würde »nicht nur das Sicherheitsgefühl, sondern auch die Sicherheitslage derjenigen Menschen massiv gestört, die schon jetzt häufig im Fokus der Polizei« stünden – nämlich Menschen mit Migrationshintergrund, politische Aktivisten, Fußballfans, Gewerkschafter, Wohnungslose und Menschen mit psychischer Erkrankung, kritisiert der Zusammenschluss dort weiter.


In Berlin, so wird derzeit kolportiert, würde die Linkspartei im kommenden Jahr die dort geplanten Gesetzesverschärfungen mittragen, wenn sie dafür die von ihr geforderte Beschwerdestelle für Opfer von Polizeigewalt bekomme.

In Sachsen, wo im Frühjahr 2019 ein neues Polizeigesetz beschlossen werden wird, das nicht nur die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger beschneiden, sondern auch einer weiteren Militarisierung der Polizei den Weg ebnen soll, kritisierte die hier oppositionelle Linkspartei hingegen, dass künftig allein »aufgrund polizeilicher Prognosen unbescholtene Menschen mit Meldeauflagen, Aufenthaltsver- und -geboten sowie Kontaktverboten belegt werden können«. Enrico Stange, innenpolitischer Sprecher der Linken, kündigte bereits an, auch juristisch gegen das Gesetz vorgehen zu wollen.

Tatsächlich könnte dies die einzige Möglichkeit darstellen, die schon durchgeführten bzw. geplanten Gesetzesverschärfungen noch zu stoppen. Bereits im Oktober hatte etwa die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen die Ausweitung polizeilicher Befugnisse im Bayerischen Polizeiaufgabengesetz eingereicht. In NRW tragen sich aktuell unter anderem Burkhard Hirsch und Gerhart Baum, die Bürgerrechtsgranden der dort mitregierenden FDP, mit dem Gedanken, das Gesetz vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. Gleichlautende Pläne gibt es seitens der Linkspartei in Niedersachsen. »Der Polizei werden mit dem Gesetz Aufgaben aufgebürdet, die sie zu Kläger, Richter und Vollstrecker in einem machen. Das greift massiv in unsere Grundrechte ein, und es kann jeden treffen! Das macht nur eine Regierung, die scheinbar Angst vor ihren Bürgern hat«, kritisierte Daphne Weber, die die niedersächsische Linke im Bündnis gegen das Polizeigesetz vertritt, im Dezember im Gespräch mit dieser Zeitung. Obwohl in München, Düsseldorf, Hannover, Potsdam, Dresden und Magdeburg mehrfach Tausende gegen die Repressionsgesetze auf die Straße gingen, gibt sich die etablierte Politik ziemlich unbeeindruckt.

»Es liegt jetzt an uns allen, der Politik klarzumachen, dass eine weitere Militarisierung der Innenpolitik von den Menschen ebensowenig gewünscht ist wie der Abbau von Grundrechten«, konstatierte Sascha H. Wagner, Landesgeschäftsführer der NRW-Linken, am Sonntag auf jW-Anfrage. Sicherheit ohne Freiheit werde es nirgendwo auf der Welt geben, stellte er klar und sprach sich dafür aus, mit Protesten gegen die Gesetzesverschärfungen »nicht nachzulassen«. Auch auf juristischem Wege müsse versucht werden, die Gesetze zu stoppen. Zugleich erwarte er, dass Landesverbände seiner Partei, die sich an Landesregierungen beteiligen, gemäß der Beschlusslage handelten. »Die Linke steht für einen Ausbau demokratischer Grundrechte und nicht für den uferlosen Ausbau polizeilicher Befugnisse und eine Aufrüstung der Beamten mit militärischen Fahrzeugen und Waffen«, so Wagner weiter. Daran gebe es »nichts zu rütteln«.

Der Kampf für die Verteidigung der verhältnismäßig wenigen noch bestehenden Grundrechte dürfte im kommenden Jahr in die nächste Runde gehen


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NEUER BEITRAG23.12.2018, 16:01 Uhr
EDIT: arktika
23.12.2018, 16:28 Uhr
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arktika

In Berlin, so wird derzeit kolportiert, würde die Linkspartei im kommenden Jahr die dort geplanten Gesetzesverschärfungen mittragen, wenn sie dafür die von ihr geforderte Beschwerdestelle für Opfer von Polizeigewalt bekomme.

Alle im Bundestag vertretenen Parteien glücklich vereint. Es wäre gefährlich, wenn die PDL sich - sei es auch nur regional - mit so einer Alibistelle abspeisen ließe. Aber einheitlich scheint ihre Haltung ja nicht zu sein, denn auch Tante Sahra gibt ja gerne den Rechten Zucker, indem sie mehr Bullen für die "Sicherheit" der Bevölkerung fordert.
NEUER BEITRAG23.12.2018, 16:14 Uhr
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arktika

Neue Bullengesetze, Repression - Der Hauptfeind schlägt zu! Zur Erinnerung: In diesen Threads sind bisher die mehr oder minder lokalen Verschärfungen der Bullengesetze behandelt worden . ( Ich hoffe, ich habe keinen übersehen, sonst bitte nachtragen.)

Großdemo in München gegen Polizeigesetz (5)
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Neue Bullengesetze - Erste Anwendungen
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Starke Proteste gegen neue Bullengesetze in NRW
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Neues Bullengesetz auch in Nds!
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Erweitert werden die Angriffe auch noch neben der üblichen militärischen Ausrüstung der Bullerei und dem Draufhauen auf Demos, zunehmenden "Todesschüssen" ... auch durch weitere gesetzgeberische Akte, wie strafbewehrte Verbote, Bullen auch nur böse anzugucken ("Bedrohung") oder auch Überlegungen, mittels eines neuen "Radikalenerlasses" mißliebige Personen von Jobs zu entfernen bzw. erst gar nicht drauf zu lassen - div. Schnüffelei und Rechtfertigungszwänge inklusive. Hierzu gab' unter dem Titel "Radikalenerlaß" 2.0 auch schon mal was auf secarts.org, nämlich einen Text der Roten Hilfe 'Innenministerien beraten über neuen Radikalenerlass - Rote Hilfe kündigt Widerstand an'. Unter Link ...jetzt anmelden!

Und und und ...

NEUER BEITRAG23.12.2018, 16:25 Uhr
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arktika

Neue Bullengesetze, Repression - Der Hauptfeind schlägt zu! Derzeit dienen neben "islamistischen Gewalttätern" zunehmend Fußballfans als Versuchskaninchen und Blockadebrecher. Was immerhin den erfreulichen Nebeneffekt hat, daß diese sich stärker organisieren und sich sehr aktiv ebenfalls an den Protesten gg die Neuen Bullereigesetze beteiligen. - Ob das der Bourgeoisie immer so lieb ist??
Hierzu ausführliche Artikel inkl. Interview In der jW vom 13. Dez.:

Staatsfeind Fan
Stadionkurven sind längst Testfeld für ausufernde Sicherheitspolitik geworden. Fußballfans organisieren sich dagegen

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»Law and Order bringen uns nicht weiter«
Regelmäßig Forderungen nach Strafverschärfungen. Ein Gespräch mit Monika Lazar

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und Datei »Gewalttäter Sport«
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Alle drei von Oliver Rast.
NEUER BEITRAG25.12.2018, 14:54 Uhr
EDIT: FPeregrin
25.12.2018, 14:57 Uhr
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FPeregrin

Zum Versuchskaninchen-Charakter von Fußball-Repression sind zwei Dinge nachzutragen:

a) Erinnert sei daran, daß in den Hamburger G20-Prozessen von Seiten der Anklage mehrfach versucht wurde/wird, die Strafbarkeit einer einfachen Demonstrationsteilnahme unter Rückgriff auf eine BGH-Interpretation bezüglich Hooligan-Aufzüge zu konstatieren. Ich zitiere mal einen Arikel aus der jW vom 20. Dezember: "Offenbar versuchten Staatsanwaltschaft und OLG zu vollenden, was ihnen im Prozess gegen den Italiener Fabio V. im Herbst 2017 nicht gelang, mutmaßte Heinecke, die auch V. vertreten hatte. Dem Italiener waren, wie jetzt den fünf Angeklagten, keine konkreten Taten vorgeworfen worden. Er sollte nur für das Mitgehen in einer Demonstration im Industriegebiet Rondenbarg am 7. Juli 2017 verurteilt werden. Der Elbchaussee-Prozess dürfte der zweite Anlauf sein, eine solche Verurteilung nach dem Motto »Mitgegangen, mitgefangen« durchzusetzen. / Im Zentrum steht dabei erneut die Interpretation eines Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH), das im Mai 2017 ein »ostentatives Mitmarschieren« in einer gewaltbereiten Gruppe für strafbar erklärte. Für den OLG-Senat steht fest, dass dieses Urteil auch auf G-20-Gegner anwendbar ist. Aus Heineckes Sicht wird dabei unterschlagen, dass es vor dem BGH um Fußball-Hooligans ging, die sich per Whats-App zu einer Prügelei verabredet hatten. Und dass das Urteil politische Demonstrationen ausnahm, bei denen es zu Gewalt kommt, die aber nicht von allen Teilnehmern unterstützt wird. / Schon am ersten Tag versuchte die Staatsanwaltschaft, den Aufzug an der Elbchaussee als kriminelles Unternehmen darzustellen. Das Ganze habe mit Versammlungsfreiheit so viel zu tun gehabt »wie der HSV mit der Champions League«, witzelte der Staatsanwalt laut Spiegel online vom Dienstag. Heinecke erklärte dagegen vor Gericht, der Aufzug habe »alle Attribute einer Demonstration« gehabt. So sei ein Transparent mit einer politischen Aussage vorangetragen worden. Die Staatsanwaltschaft bediene sich einer »Konstruktion, gegen die der Wortlaut des Anklagesatzes selbst spricht«. Darin sei von rund 220 Beteiligten am Aufzug die Rede, aber nur von »mehreren gewaltbereiten Beteiligten«."
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b) Zur generellen Gefährlichkeit dieses Repressions-Musters, das NB auch in nicht-imperialistischen Ländern eingeübt wird - die PdA-Genossen mögen mir diese Charakterisierung Österreichs hier nachsehen -, bemerkte ein kommunistischer Rapid-Wien-Fan unlängst in einem Interview folgendes: "Man merkt wie gesagt, dass die Polizei wesentlich ungezügelter auftritt als zuvor. Und dass mit aller Härte gegen jede Gruppe vorgegangen wird, die im Widerspruch zur herrschenden Politik stehen. Fußball-Fans genießen generell einen schlechten Ruf in der Gesellschaft, was auch mit allerhand Stereotypen zusammenhängt, die über sie verbreitet werden. Deshalb dienen sie traditionell als Versuchskaninchen für diverse Repressionsmaßnahmen. Selbst das sonst so schnell empörte links-liberale Bürgertum begrüßt oftmals ungerechtfertigtes Vorgehen gegen Fußball-Fans, vor allem wenn es die aktive Fanszene betrifft. Beispielsweise wurde der Landfriedensbruchparagraph, der lange als totes Recht galt, erstmals wieder auf Rapid-Fans angewandt, um kurze Zeit später auch gegen politische Demonstrationen wieder zum Einsatz zu kommen. [...] Das Problem vieler Linken im Umgang mit Polizeirepression in der Vergangenheit war, dass sie sich dieser erst immer ernsthaft entgegenstellten, wenn es sie selbst betraf. Das liegt daran, dass vielen der Zugang zum Thema Fußball fehlt und man Fußball-Fans deshalb oft nur mit Ignoranz begegnet oder ihnen das Gefühl vermittelt, man möchte sie instrumentalisieren. Fakt ist, dass die aktive Fankultur in sehr vielen Ländern die größte (Jugend-)Bewegung darstellt. Außerdem ist sie gleichzeitig ihrem Naturell nach Gegenkultur zum Kapitalismus, weil sie im Endeffekt dafür eintritt, dass Fußball Volkssport bleibt bzw. wird und somit gegen den zunehmenden Ökonomisiserungsprozess des Sports auftritt. Das zu verstehen ist die Prämisse, um wahre Solidarität zeigen zu können und sich nicht in leeren Worthülsen zu verlieren."
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Auch auf RedGlobe:
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Läßt sich durchaus hilfreich auf die BRD übertragen, meine ich.
NEUER BEITRAG25.12.2018, 15:10 Uhr
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FPeregrin

"und mittlerweile fast alle Bundesländer (oder sogar alle?) an dergleichen rumlaborieren"

M.W. ist hier lediglich das PdL-geführte Thüringen eine Ausnahme. Dies ist nicht uninteressant: Offenbar braucht die PdL zum Einknicken - z.Z. noch! - eine andere Partei im Regierungsvorsitz (vgl. Berlin). Das ist natürlich nicht in Stein gemeißelt und kann sich schnell ändern; über Ramelows Charakter sollte man sich keine Illusionen machen. Es zeigt aber in etwa die Abmessungen des Kampffelds, das sich hier innerhalb der PdL auftut und das taktisch genutzt werden will. Es ist nicht einfach begrenzt durch die Frage Regierung vs. Opposition, sondern auch durch die Frage der Vermittelbarkeit von Schweinereien. Dabei ist die Basis der PdL etwas sehr anderes als die der Grünen (vgl. BaWü). Muß man als Kommunist unbedingt im Auge behalten ...
NEUER BEITRAG15.01.2019, 20:14 Uhr
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arktika

Und anderswo?? - Beispiel Italien Nicht nur in der BRD sieht's derzeit finster aus. In Italien werden derzeit Gesetze aus der Mussolini-Zeit hervorgekramt, um Linke zu terrorisieren.Auch dort wird gegen linke "Gefährder" engagiert vorgegangen. Die Turiner Staatsanwaltschaft zeigt sich besonders motiviert, wie Peter Schaber in der jW vom 14.01. schreibt:

Faschistische Gesetze
Italien: Polizei will Linke als »Gefährder« unter Aufsicht stellen. Sie sollen in Syrien gegen den »Islamischen Staat« gekämpft haben


Die politische Polizei Turins geht gegen Linke vor: Bereits am 3. Januar hatte sie erklärt, fünf Aktivisten unter »Sorveglianza speciale« (»spezielle Beobachtung«) stellen zu wollen. Die von der Turiner Staatsanwaltschaft beantragte Maßnahme steht im Zusammenhang mit Aufenthalten bei den mehrheitlich kurdischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) im Norden Syriens; die Betroffenen sollen dort an der Waffe ausgebildet worden sein.

Der Versuch, die Linken zu kriminalisieren, stützt sich auf eine rechtliche Möglichkeit, die noch aus der faschistischen Gesetzgebung Italiens stammt. »Für die ›spezielle Beobachtung‹ muss keinerlei Verbrechen vorliegen, also braucht es auch keinen ordentlichen Gerichtsprozess«, erklärte Jacopo Bindi, einer der Aktivisten, gegenüber junge Welt. »Es wird nicht verhandelt, ob wir etwas Illegales getan haben. Statt dessen soll in einer Anhörung am 23. Januar entschieden werden, ob wir ›gefährliche‹ Personen sind. Das sind komplett willkürliche Entscheidungen der italienischen Polizei und Behörden«, so der 32jährige Physiklehrer.

Hat die Staatsanwaltschaft mit ihrer Einstufung als »Gefährder« Erfolg, bedeutet das für die fünf Linken, dass ihre Bewegungsfreiheit drastisch eingeschränkt wird. Für den Zeitraum von zwei Jahren werden sie gezwungen, ihre Stadt Turin zu verlassen, in einer anderen Stadt haben sie dann wiederum Residenzpflicht. Ihr Pass wird eingezogen, sie dürfen an keinen Veranstaltungen, Demonstrationen, Protesten teilnehmen und sich niemals mit mehr als drei Personen gleichzeitig treffen. An öffentlichen Plätzen, in Restaurants oder Bars dürfen sie sich nicht aufhalten, ihre Fahrerlaubnis wird widerrufen, sie dürfen mit niemandem sprechen, der vorbestraft ist. Politisch äußern können sie sich nicht: »Sie wollen unsere Arbeit, Informationen über Syrien und die Revolution dort genauso stoppen wie unsere Teilnahme am öffentlichen politischen Leben«, beklagte Bindi.


[...]

Allerdings sieht es aktuell nicht so aus, als sei der Versuch, die Aktivisten durch die Androhung der »speziellen Beobachtung« zum Schweigen zu bringen, sonderlich erfolgreich. Unmittelbar nach Veröffentlichung kam es zu einer Welle von Solidaritätsbekundungen, das Thema wurde bis weit in die Mainstreampresse diskutiert. Am Sonntag verlieh der italienische Partisanenverband ANPI den fünf die Ehrenmitgliedschaft.


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NEUER BEITRAG06.02.2020, 19:06 Uhr
EDIT: arktika
20.02.2020, 14:19 Uhr
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arktika

Neue Bullengesetze, Repression - Der Hauptfeind schlägt zu! Und wie die Vorgehen gegen attac, VVN-BdA, change ... zeigen, marschiert der Staat auch auf der finanziellen Schiene - statt direkter und (noch) oft scheiternder Verbote jetzt mittels versuchter finanzieller Austrocknung - weiter voran.
Die bis jetzt neueste Entwicklung ist eine schicke "Gebührenordnung" bei der "Bundespolizei": Und die ist, da kein Gesetz, auch mal eben machbar und muß nicht noch irgendwelche Parlamente passieren. Die DPG ( die rechtere der beiden Bullengewerkschaften) soll nach einem TAZ-Bericht auch schon über die Besondere Gebührenverordnung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen ... gejubelt haben.

Von Erik Peter am 4. Feb. in der TAZ:

Gebühren für Maßnahmen der Polizei
Bezahlte Repression
Die Bundespolizei hat eine besondere Gebührenordnung eingeführt. In Konflikt mit der Staatsmacht zu kommen, kann nun extra teuer werden.


Sie sind auf einer Auswärtstour ihres Lieblingsvereins und fahren mit dem Zug in der Stadt des Erzfeindes ein. Vor lauter Begeisterung zünden Sie einen Bengalo. Wenn es schlecht läuft, erwischt sie die an Bahnhöfen zuständige Bundespolizei. Sie werden festgehalten, ihre Personalien aufgenommen, im schlimmsten Fall werden sie sogar noch auf die Wache mitgenommen und bis nach Spielende festgehalten. Sie müssen sich auf eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz einstellen. Strafe genug. Sollte man denken.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) denkt aber anders. Unbemerkt von der Öffentlichkeit hat das Bundesinnenministerium (BMI) diesem Szenario noch etwas hinzugefügt: eine Strafe vor der Strafe. In einer im Oktober in Kraft getretenen Verordnung wurde festgelegt, dass sie für die nicht bestellte Polizeidienstleistung auch noch zahlen müssen. Die Identitätsfeststellung: 53,75 Euro. Die Anordnung zur Gewahrsamnahme: 74,15 Euro. Eine Viertelstunde Fahrt auf die Wache: 15,69 Euro. Erkennungsdienstliche Behandlung mit Fotos und Fingerabdrücken: 59,50 Euro. Jede Viertelstunde in Gewahrsam: 6,51 Euro.

Für einen stinknormalen Polizeieinsatz soll man also eine hohe dreistellige Summe auf den Tisch legen, noch bevor der Rechtsstaat über ihre Schuld befindet und die eigentliche Strafe verhängt. Fast verwunderlich, dass man nicht noch 10 Cent für jede angefallene Seite Papier berappen muss.

„Besondere Gebührenverordnung des BMI“ nennt sich diese Schikane. Zur Kasse gebeten werde soll, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine „Gefahrenlage“ schafft. Blöd nur, dass der Großteil von Strafrechtsverstößen unter diese Kategorien fällt. Auch wenn sich das Bengalo von alleine entzündet, wird die Polizei von Fahrlässigkeit sprechen. Für die Staatskasse ist das gut. 2,78 Millionen Euro soll die Bundespolizei durch die Gebühren im Jahr eintreiben. Und wer weiß schon, ob die Polizei nun nicht auch mal die eine oder andere unnötige Maßnahme extra durchführt.

Die Polizeigewerkschaft frohlockt

Ganz unbekannt ist das Prinzip nicht. Wer etwa als Betrunkener aufgegriffen wird, muss für den Polizeieinsatz und die Unterbringung in der Ausnüchterungszelle schon jetzt zahlen. In Berlin kostet das Gewahrsam für „hilflose, nicht vorläufig festgenommene Personen“, also Betrunkene oder Berauschte, 208,89 Euro zuzüglich der Fahrt auf die Wache. Nachts wird es teurer. Damit hat es sich dann aber auch, denn betrunken zu sein, ist ja – noch – nicht verboten. Weil der Polizeieinsatz hier mehr eine Hilfe darstellt als eine Drangsalierung, kann man sogar ein gewisses Verständnis dafür aufbringen.

Dass die Bundespolizei nun aber ihre ureigensten Tätigkeiten, die die BürgerInnen mit ihren Steuer schon längst finanziert haben, mit einem zusätzlichen Preisschild versieht, ist als Ausuferung eines repressiven Polizeistaats zu verstehen. Kein Wunder also, dass etwa die Deutsche Polizeigewerkschaft bereits vor der Verabschiedung frohlockte: „Das kann teuer werden!“ Und das kann es wirklich. In NRW sind inzwischen die ersten Rechnungen verschickt worden. Wie die Westdeutsche Zeitung berichtet, soll eine Frau nun 550 Euro blechen, weil sie am Düsseldorfer Hauptbahnhof ihren Koffer vergessen hatte. Als sie nach einer halben Stunde ausfindig gemacht wurde, war der Fundort bereits abgesperrt und ein Sprengstoffhund unterwegs.

Die Fans der Maßnahme freut auch, dass Abschiebekosten für „illegal“ Eingereiste leichter umgelegt oder Fußballvereine für Einsätze bei Spielen zur Kasse gebeten werden können. Ein Rechtsstaat, den man sich leisten können muss.


Als Testobjekte wie immer Fußballfans und naja, dann noch 'n paar Deppen, die mal 'nen Koffer oder 'ne Tüte irgendwo vergessen (bringt a) auch Kohle rein, b) zeigt, daß es eben nicht gegen bestimmte Zielgruppen gerichtet ist) . Oder vor 'ner Demo weggesogt werden oder bei 'ner Blockade ...

Der Artikel unter Link ...jetzt anmelden!
Die "Besondere Gebührenverordnung" unter Link ...jetzt anmelden!

#bullengesetze
#neuebullengesetze
#repression
#gebuehrenordnung
#verwaltungsakt
#finanziellerepression
#bundespolizei
NEUER BEITRAG06.02.2020, 22:22 Uhr
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retmarut

Die "Gewerkschaft" hat die Kurzbezeichnung DPolG, ist real aber eine Standesorganisation.

Die Übersicht "Besondere Gebührenverordnung des Bundesministeriums des Innern" findet man unter Link ...jetzt anmelden!

Die meisten dort vermerkten Gebühren-Bereichen sind gerechtfertigt und sicher auch nicht strittig. Problematisch scheinen mir hier v.a. einzelne Punkte mit Bezug zum Bundespolizeigesetz (BPolG) (hier Punkt 7 ff. und 8 ff., also Platzverweis resp. Gewahrsamnahme).

Einiges davon ist zudem einfach realitätsfern: Für Platzverweise (Punkt 7 ff.) wird man i.d.R. rein organisatorisch und aufgrund der Gesamtlage gar nicht in der Möglichkeit sein, Gebührenbescheide auszustellen. Das ist wohl eher im Bereich einzelner renitenter Unfallgaffer und Gaffer/Selbstdarsteller etc., die konkrete Tatortarbeit behindern, durchsetzbar.

Dass man insbesondere, wie im taz-Artikel koportiert, für eine Identitätsfeststellung (also das Nichtmitführen eines Reisepasses oder Personalausweises) zahlen soll, ist (insb. in linken und gewerkschaftlichen Kontexten) doch eher kein Problem, denn in der Regel führt man ja seinen Personalausweis bei sich, erst recht wenn man an einer politischen Kundgebung teilnimmt. Andernfalls handelte man auch ziemlich fahrlässig. (Ausnahmen sind natürlich Aktionen des zivilen Ungehorsams, wo man die kollektive Verweigerung der Identitätsabgabe als kalkulierte Protestaktion einsetzt. Da wird das aber als Aktionsform bewusst eingeplant, und die Kosten werden dann kollektiv getragen.)

Wirklich problematisch scheint mir eine Identitätsfeststellungsgebühr allerdings hinsichtlich obdachloser Menschen, die oftmals solche Papiere verloren haben und solche eben nicht mehr besitzen. Hier besteht tatsächlich die Gefahr, dass die Ärmsten der Ärmsten mittels solcher Maßnahmen zusätzlich ausgegrenzt werden. Insbesondere wenn man im Hinterkopf hat, dass die BP in Bahnhöfen eingesetzt wird, wo sie auch jeden Tag mit Obdachosen zu tun hat.
NEUER BEITRAG10.02.2020, 22:31 Uhr
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FPeregrin

jW morgen:

»Für Betroffene nicht kalkulierbar«

Gebührenverordnung kontra Versammlungsfreiheit: Wenn Festgenommene für Polizeimaßnahmen zahlen. Gespräch mit Michael Plöse

Interview: Claudia Wangerin

Rechtsanwalt Michael Plöse vertrat u. a. die Initiative »Ende Gelände« bei Klagen gegen Demonstrationsverbote in Braunkohlerevieren

Im Herbst 2019 hat das Bundesinnenministerium die »Besondere Gebührenverordnung« für »individuell zurechenbare« Polizeimaßnahmen erlassen. So können für weggetragene Demonstranten ohne Gerichtsurteil mittlere dreistellige Beträge zusammenkommen. In welchem Umfang wird davon Gebrauch gemacht?

Bisher sind mir keine Fälle bekannt, in denen das über das übliche Maß hinaus geschehen ist. Neu ist, dass demnach erstmals auch die Bundespolizei nach dem Bundesgebührengesetz abrechnet und nicht wie bisher nach dem Vollstreckungsgesetz, wenn sie zum Beispiel eine Straße räumt und einen Verwaltungsakt mit unmittelbarem Zwang vollstreckt. Das war zwar schon immer kostenpflichtig. Bisher wurden aber Personalkosten als »Sowieso«- oder Fixkosten zum Beispiel nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Schleswig-Holstein 2015 nicht abgerechnet, sondern höchstens Extrakosten, wie die der Abnutzung von Werkzeugen wie Bolzenschneidern, wenn sich Demonstranten angekettet hatten. Durch die Gesetzesänderung können auch Personalkosten fällig werden; sie werden aber nicht zwangsläufig für das Wegtragen erhoben.

Wovon hängt das ab?

In den originären Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei gehören zum Beispiel Maßnahmen auf Bahngelände, wenn Demonstranten oder Fußballfans zu Großereignissen anreisen, und auf Flughäfen. Sonst ist die Bundespolizei nur in Amtshilfe für die Länderpolizeien tätig – dann gelten die Kostenübernahmeregelungen der jeweiligen Landesgesetze. Auch da gibt es schon immer Möglichkeiten, Polizeimaßnahmen in Rechnung zu stellen. Es wird auch teilweise davon Gebrauch gemacht. Aber das ist länderspezifisch sehr verschieden. In Sachsen wird zum Beispiel das Wegtragen explizit vom Gebührentatbestand ausgenommen.

2016 trug die Polizei Abschiebungsgegner am Flughafen Rostock-Laage weg, die gegen die Gebühren klagten – ein Gericht fand 48,50 Euro pro Person angemessen. Was ist das »übliche Maß«?

Das ist je nach Land unterschiedlich festgesetzt – nach Zeit- beziehungsweise Personalaufwand pro angefangene Stunde oder Viertelstunde. Pauschalwerte gibt es nicht überall. Das Bundesverfassungsgericht hat bisher nur klargestellt: Im Rahmen eines legitimen Versammlungsgeschehens dürfen für solche Maßnahmen keine Kosten anfallen. Für die polizeiliche Durchsetzung eines Versammlungsverbots können aber grundsätzlich Kosten erhoben werden – der Staat muss sich nach dem Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung das Geld zurückholen. Es gibt aber ein Vollzugsdefizit; für die anspruchsvolle Berechnung fehlt offenbar Personal.

Was ist, wenn gegen ein Versammlungsverbot geklagt wird und es sich im Nachhinein als unrechtmäßig erweist?

Wenn die Auflösung einer Versammlung rechtswidrig war, müssen die Teilnehmer keine Kosten tragen. Wenn ein Verwaltungsgericht das noch prüft, hat dies aufschiebende Wirkung – aber natürlich ist es erst mal abschreckend. Das Bundesverfassungsgericht hält es sinngemäß für unproblematisch, dass Kosten für Maßnahmen gegen unfriedliche Demonstranten berechnet werden, weil Unfriedlichkeit nicht durch die Versammlungsfreiheit geschützt ist. Gewaltfreie Blockaden sind aber, wenn sie nicht komplett zur Verhinderung einer anderen Versammlung führen, nicht als unfriedlich zu bewerten.

Für tatsächlich rechtswidrig halte ich in der neuen Verordnung zum Beispiel die Gebührenerhebung von 59,50 Euro für die erkennungsdienstliche Behandlung zu präventiven Zwecken. Da würde man auch noch für das Informationsinteresse der Polizei bezahlen.

Pro Viertelstunde in Gewahrsam sollen 6,51 Euro berechnet werden. Wie bewerten Sie das?

Das ist ebenfalls hochproblematisch, denn aus anwaltlicher Erfahrung kann ich sagen, dass die Dauer des Gewahrsams für Betroffene nicht kalkulierbar ist – sie ergibt sich eher aus dem polizeilichen Organisationsablauf.

Nach der neuen Gebührenverordnung muss übrigens beim Wegtragen nach Dienstgruppen unterschieden werden – der mittlere Dienst ist billiger als der gehobene. Daraus ergibt sich bei ordnungsgemäßer Anwendung und Überprüfung eine individuelle Kennzeichnungspflicht: Es muss nachvollziehbar sein, welche Beamten beteiligt waren.

kurzlink.de/BMIGebuehren


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NEUER BEITRAG08.05.2020, 11:45 Uhr
EDIT: arktika
08.05.2020, 11:47 Uhr
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arktika

Neue Bullengesetze, Repression - Der Hauptfeind schlägt zu! Corona als Vorwand, die Überwachung der Bevölkerung weiter zu legalisieren und zu verbessern - Nutze das Smartphone!
Dazu gab es in der jW vom 29. April eine Themenseite, bes. denen empfohlen, die sich eine Existenz ohne so ein Ding nicht vorstellen können und denen es nicht reicht, schon so einfach ortbar zu sein.

Neben den beiden Artikeln Streit um Kontaktapp und Krisenprofiteur "Palantir" ist der Text Profite trotz Pandemie (alle drei von Marc Bebenroth) zu lesen:

Profite trotz Pandemie

In der Debatte um die Einführung einer »Corona-Tracing-App« in der Bundesrepublik stehen nur scheinbar Datenschützer, Regierung und Unternehmen Seite an Seite. Tatsächlich kann vor allem größeren Unternehmen des Einzelhandels, der Gastronomie und des Hotelgewerbes die »Rückkehr zur Normalität«, also zu ungestört laufenden Geschäften, nicht schnell genug gehen. Dabei sollen beispielsweise Anwendungen für mobile Endgeräte wie Apps helfen. Diese so zu gestalten, dass Kritiker, die die Verletzung des Rechts auf Datenschutz bekämpfen, besänftigt werden und es eine möglichst große Akzeptanz in der Bevölkerung gibt, ist deshalb nicht nur im Interesse von Regierung und Medizinern.

Einige Vertreter der Kapitalseite denken dabei bereits über weitere Anwendungen für Digitaltechnologien nach. So schwebt dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) vor, beispielsweise den Zugang zu Geschäften, Hotels oder Fußgängerzonen über digitale »Ticket-Systeme« zu rationieren. Dies gehe aus einem Konzeptpapier des DIHK hervor, wie die Zeitungen der Madsack-Mediengruppe am Dienstag berichteten. Über eine App wolle man demnach »Kundenströme entzerren« und zugleich für »eine kontinuierliche Auslastung der Geschäfte« sorgen. Als Zugangsbeschränkung sei zudem ein »Coronapass« denkbar, mit dem Menschen nachweisen, »dass sie auf das Virus getestet wurden und weiterhin an Tests teilnehmen«.

Die Umsetzung jener Wunschvorstellungen würde Unternehmen weitreichende Möglichkeiten zur Diskriminierung jener Menschen geben, die nicht über ein Smartphone verfügen oder schlicht nicht solchen Apps vertrauen wollen. Außerdem wäre ein »Coronapass« ein attraktives Ziel für private wie staatliche Datenschnüffler. (mb)


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(steht da unter dem oben erstgenannten Artikel)
NEUER BEITRAG16.05.2020, 13:07 Uhr
EDIT: arktika
16.05.2020, 13:09 Uhr
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arktika

Neue Bullengesetze, Repression - Der Hauptfeind schlägt zu! Bald reichlich mehr Tote durch Taser in BRD? Wenn es nach dem Willen der Regierungen der Bundesländer und der Bullereien geht, dann ja. NRW will jetzt einen größeren "Test" starten.

Dazu die jW am 13. Mai:

Testlauf für Taser
NRW startet in einzelnen Dienststellen Pilotprojekt mit Elektroschockpistolen. Kritik von Die Linke und Menschenrechtsorganisation

Von Markus Bernhardt

Ungeachtet der Zahl weltweit infolge von Tasereinsätzen durch Einsatzkräfte gestorbener Menschen hält eine Reihe von Bundesländern an der Ausstattung von Streifenpolizisten mit Elektroschockpistolen fest. Die nordrhein-westfälische Landesregierung von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) will bis zum Jahreswechsel drei bis sechs Polizeibehörden im Rahmen eines Pilotprojektes damit ausrüsten. Das berichtete die Deutsche Presseagentur am Dienstag.

Das ist auch deshalb bemerkenswert, da der zuständige Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) selbst es war, der im vergangenen Jahr als erster Regierungspolitiker in der Bundesrepublik eingeräumt hatte, dass bei der Anwendung von Pfefferspray und Tasern »an Personen mit (Vor-) Erkrankungen, insbesondere des Herz-Kreislauf-Atmungssystems oder unter Medikamenten-, Alkohol-und Drogeneinfluss stehend«, ein Risiko gesundheitlicher Folgeschäden gegeben ist – »mitbedingt durch die aus der Situation entstehenden Stressreaktionen«.

Mittels der gemeinhin als Taser bezeichneten Distanzwaffen werden Metalldrähte mit Widerhaken abgefeuert, die einen 50.000 Volt starken Stromstoß in den Körper des Getroffenen absondern, der die Muskulatur erlahmen und das Opfer bewegungsunfähig zu Boden fallen lässt. Vor allem für Menschen mit Herz- oder Kreislauferkrankungen ist ein solcher Stromstoß lebensgefährlich. Hinzu kommt, dass die plötzliche Bewegungsunfähigkeit die Gefahr schwerer Kopfverletzungen mit sich bringt. Laut Amnesty International kamen in den USA infolge von Tasereinsätzen durch die Polizei allein zwischen 2001 und 2017 über 700 Menschen ums Leben.

Vor diesem Hintergrund sei der Einsatz von Tasern grundsätzlich abzulehnen, erklärte Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Bundestag, am Dienstag auf jW-Anfrage. Weil »die nicht besonders zielgenauen Taser« vor allem in Situationen abgefeuert würden, »in denen bislang nicht Schusswaffen, sondern körperlicher Einsatz der Beamten gefragt war«, ergebe sich für Betroffene eine neuartige Gefährdung, so Jelpke.

Ungeachtet der bereits bekannten Auswirkungen hält eine Reihe von Bundesländern trotzdem an der Ausstattung von Streifenpolizisten mit Tasern fest. Zuletzt war zudem bekanntgeworden, dass auch der Bundespolizei der Einsatz von Elektroschockpistolen gestatten werden soll. Das ging aus einem Entwurf des Bundesinnenministeriums für ein neues Bundespolizeigesetz hervor, über den dpa am 8. Februar berichtet hatte.

In NRW will das Innenministerium anhand des Pilotprojektes, welches dem Ministerium zufolge zwischen 57 und 61 Millionen Euro für einen Zeitraum von fünf Jahren kosten soll, entscheiden, ob die gefährlichen Waffen zukünftig landesweit eingesetzt werden sollen. Dem Bericht der dpa zufolge würden sie bisher ausschließlich von Spezialeinheiten der Landespolizei genutzt. Das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste war demnach nach einer internen Prüfung der Taser zu dem Schluss gekommen, dass sich deren Einsatz nur für »statische Einsatzsituationen« eigne.

Bei Angriffen von potentiellen Delinquenten mit Schuss- oder anderen Waffen gilt der Taser als nicht geeignet, da der Beschuss mit den Pfeilen auf sich bewegende Ziele als ausgesprochen schwierig gilt. Aufgrund jener Einschränkungen und hoher Kosten, so will dpa erfahren haben, seien die Elektroschockwaffen zunächst in »repräsentativen Polizeibehörden« getestet worden. Dabei habe es sich um ein »großes« und ein »mittelgroßes« Präsidium gehandelt.

Innenminister Reul hatte in der am 28. Juni 2019 veröffentlichten Antwort auf eine parlamentarische Anfrage bestätigt, dass es 2018 bei 14 Personen zu nicht näher benannten Verletzungen infolge des Einsatzes von Elektroschockpistolen durch Sondereinsatzkommandos (SEK) gekommen war (jW berichtete). Nachdem es in diversen Bundesländern zu mehreren Todesfällen im Zusammenhang mit polizeilichen Tasereinsätzen gekommen war, hatte Reul laut Rheinischer Post vom 1. Juli 2019 noch erklärt, dass »das Thema Taser momentan auf unserer Prioritätenliste nicht an oberster Stelle« stehe.


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NEUER BEITRAG16.05.2020, 14:36 Uhr
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arktika

Neue Bullengesetze, Repression - Der Hauptfeind schlägt zu! Und auch in Schleswig-Holstein geht's munter weiter. Dort sollen die Änderungen für das neue Landesverwaltungsgesetz demnächst im Landesparlament beraten werden.

Zu den geplanten dortigen Änderungen findet sich am 13. Mai ein Text vom Bündnis gegen das Polizeigesetz Schleswig-Holstein auf scharf-links:

Kriminalitätsrate historisch niedrig - trotzdem Polizeirechtsverschärfung in Schleswig-Holstein

Die Änderungen für das neue Landesverwaltungsgesetz in Schleswig Holstein haben den Weg ins Landesparlament gefunden und sollen demnächst in Parlament und Ausschuss beraten werden.

Zu dem vorherigen Entwurf des Ministeriums gibt es nur minimale Änderungen, es bleibt eine drastische Verschärfung. Einsatzbefugnisse werden erweitert, die Schwelle für polizeiliche Eingriffe herabgesetzt und das Waffenarsenal vergrößert.

Unter anderem werden die Möglichkeiten um Menschen vorzuschreiben wo sie sich aufhalten sollen erweitert (Meldeauflagen, Aufenthaltsge- und verbote), der Einsatz von Sprengmitteln gegen Menschen sowie das Schießen auf Kinder erlaubt und eine Fülle an neuen Möglichkeiten eingeführt, mit denen die Polizei Daten erheben, speichern und gegenbenfalls in Datenbanken hin und her transferieren kann.

Auch das Waffenarsenal der Polizei vergrößert sich. Neben Schlagstöcken und Schusswaffen sollen nun auch Distanz-Elektroimpulsgeräte zum Einsatz kommen. Diese sogenannten "Taser" werden zwar als harmlose Waffe beworben, sind jedoch potentiell tödlich, wie die Fallzahlen aus den USA zeigen. Dort sind in den letzten 15 Jahren über 700 Menschen nach dem Einsatz von Tasern gestorben. Beschränkungen wie für den Schusswaffengebrauch gibt es nicht.

Polizist*innen sollen außerdem mit sogenannten Bodycams ausgestattet werden. Zwar filmen die Kameras erstmal alles, was gespeichert wird, entscheidet allerdings der*die Beamt*in.

Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Eingriffschwelle wird drastisch heruntergesetzt, so sind Kontrollen, wie Personalienfeststellungen, an sämtlichen Stellen des internationalen Verkehrs möglich und Fußfesseln können angeordnet werden, wenn die Polizei das "individuelle Verhalten" einer Person für Terror-verdächtig hält.

Gerade in Zeiten von Corona, in denen Grundrechte in hohem Maße eingeschränkt werden, sehen wir an Demonstrationen und im persönlichen Gespräch, dass Menschen sich mehr Freiheit anstatt mehr Kontrolle wünschen. Dazu kommt, dass die Kriminalitätsrate derzeit auf dem niedrigsten Stand seit 40 Jahren ist. So scheint es doppelt unlogisch, diese Gesetzesänderungen gerade jetzt auf den Weg zu bringen.

Absolute Sicherheit ist nicht erstrebenswert, denn sie wird immer mit den Freiheiten derer bezahlt, die gerechtfertigt oder ungerechtfertigt ins diskriminierende und vorurteilsbehaftete Raster der Polizei fallen - und das können wir alle sein.


Mehr Informationen:

polizeigesetz-sh.de

Für eine Detailkritik empfehlen wir die Stellungnahme von freiheitsfoo: Link ...jetzt anmelden!

Hier findet sich eine Synopse der Polizeigesetze: Link ...jetzt anmelden!


unter Link ...jetzt anmelden!
NEUER BEITRAG02.03.2021, 13:02 Uhr
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arktika

Neue Bullengesetze, Repression - Der Hauptfeind schlägt zu! In Sachen Polizeigesetz hat sich jetzt wohl etwas in HH getan bzw. tut sich. Dazu gibt es einen Artikel in der UZ, der - ebenfalls in diesem Forum - in einem neuen Thread steht: Polizeireform in Schleswig-Holstein – kein Grund zum Jubeln
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NEUER BEITRAG10.08.2021, 10:28 Uhr
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FPeregrin

Neue Bullengesetze, Repression - Der Hauptfeind schlägt zu! ... und Bayern legt nach - jW von heute:

»Missbrauch droht gleich an mehreren Stellen«

Bayern: Neuer Artikel im Polizeiaufgabengesetz erweitert Zugriff der Behörde auf Veranstaltungen. Ein Gespräch mit Mathes Breuer

Interview: Henning von Stoltzenberg

Mathes Breuer ist Mitglied im Republikanischen ­Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.

Bereits die Novelle des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes, PAG, vor drei Jahren brachte eine erhebliche Ausweitung polizeilicher Befugnisse. Nun warnt der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein erneut von einer Verschärfung. Worin besteht diese?

Der neu eingefügte Paragraph 60a PAG ermöglicht eine Zuverlässigkeitsprüfung für Veranstaltungen, die über das hinausgeht, was bisher im Gesetz geregelt ist. Die Vorschrift bietet der Polizei fast ohne Beschränkungen die Möglichkeit, Personen etwa vor dem Zutritt zu überprüfen. Die Vorschrift spricht von Veranstaltungen, die »besonders gefährdet« sind, oder von »erheblichen Sicherheitsrisiken«. Wann das der Fall sein soll, definiert der Gesetzgeber aber nicht. Eingeschränkt wird dies allein dadurch, dass die Überprüfung nur insoweit stattfinden soll, wie es »angemessen« ist. Das ist aber keine Einschränkung, sondern eine Selbstverständlichkeit in einem Rechtsstaat.

Zwar spricht die Vorschrift davon, dass man der Überprüfung zustimmen müsse. Man kann sich aber sicher sein: Wer nicht zustimmt, wird an der entsprechenden Veranstaltung nicht teilnehmen können. Diese praktisch erpresste Zustimmung ist aus meiner Sicht nichts wert. Letztlich ist das Gesetz derart schwammig formuliert, dass die Polizei alle möglichen Überprüfungen darauf stützen kann und dazu auch die Personalien der Betroffenen aufnehmen wird. Wenn es der Gesetzgeber der Behörde ohne klare Kriterien überlässt, zu entscheiden, wen sie überprüft und wen nicht, kann das nicht gutgehen.

Befürchten Sie, dass auch der Inlandsgeheimdienst mehr Möglichkeiten erhält?

Der Verfassungsschutz erhält zwar nicht direkt mehr Kompetenzen, jedoch soll die Polizei bei der Überprüfung andere Behörden, somit natürlich auch den Verfassungsschutz, beteiligen. Dieser bekommt somit durch die Hintertür die Kompetenz, Personen den Zutritt zu verweigern, die bisher gar nicht überprüft worden wären.

Wie könnte missbräuchliches Polizeihandeln aussehen, und wie können sich Betroffene dagegen wehren?

Der Missbrauch droht hier gleich an mehreren Stellen. So können Veranstaltungen als solche durch Sicherheitsprüfungen unter Generalverdacht gestellt werden, Einzelpersonen in unangemessener Weise überprüft oder Personen ohne stichhaltige Gründe für »unzuverlässig« erklärt werden. Das alles wird wieder hauptsächlich diejenigen betreffen, die ohnehin schon im Visier der Behörden sind: Linke, Migrantinnen und Migranten, Fußballfans und so weiter. Dagegen hilft individuell nur der Gang vor die Verwaltungsgerichte. Darüber hinaus brauchen wir eine öffentliche Kontrolle der Polizeiarbeit. Ein Beispiel: Einige Medien übernehmen viel zu oft Behauptungen der Pressestellen der Polizei, ohne diese zu hinterfragen. Hier muss noch viel passieren.

Sie gehen davon aus, dass auch Anwaltskanzleien stärkerer Kontrolle ausgesetzt sein könnten. Was lässt Sie darauf schließen?

Der Artikel 60a PAG enthält keinerlei Einschränkungen, wer von der Regelung betroffen ist. Journalisten und Anwälte können unter den gleichen Voraussetzungen durchleuchtet werden wie alle anderen Bürger auch. Wenn der Gesetzgeber eine solche Einschränkung nicht vorsieht, dann wird die Polizei sich in der Praxis sicher auch bei besonders geschützten Berufsgruppen nicht zurückhalten.

Die ersten Demonstrationen gegen die Erweiterung haben stattgefunden. Entsteht eine ähnlich starke Protestbewegung gegen das Gesetz wie 2018?

Das lässt sich jetzt kaum sagen. Den permanenten Ausbau des Überwachungsstaates hat sich nicht nur die CSU auf die Fahnen geschrieben, sondern alle Bundesregierungen der letzten Jahrzehnte. Das alles ist ein Ausdruck von Klassenherrschaft. Sonst hätte die Polizei im vergangenen Jahr in Großraumbüros und Fleisch­fabriken die Coronaschutzmaßnahmen geprüft, statt linke Demonstranten zu verprügeln und Jugendliche durch Parks zu jagen. Gegen manche dieser Verschärfungen wird aufbegehrt, gegen andere eben nicht. Was wir aber bräuchten, wäre nicht der nächste defensive Kampf, sondern ein aktiver Abbau der vielen Verschärfungen der letzten Jahrzehnte. Es reicht nicht aus, nur den miserablen Status quo zu verteidigen.


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