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•NEUES THEMA02.01.2014, 04:14 Uhr
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joe123 | |
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• Lion Feuchtwangers "Briefe an Freunde 1933-58" frei von Antikommunismus
Habe den hübschen Doppelband (Aufbau 1984, Neuauflage 1991!) eben in der Mangel und will manchen Ertrag nicht vorenthalten. Er heißt etwas schlicht und sachlich "Briefwechsel mit Freunden" – solche "Freunde" findet man nicht alle Tage! Der Kerl verkehrt in der Emigration im Edelsten: Arnold Zweig, Brecht/Weigel, Bredel, Becher, F.Wolf, Eislers, F.C.Weiskopf, Oskar Maria Graf, alle Manns (Tommy, Heinrich, Klausi, Katia, Erika) u.a., also nicht beliebig fort, sondern ungefähr auf dieser Ebene (die Auswahl ist natürlich eine Auswahl!).
Natürlich die Korrespondenzen unter den Emigrantenbedingungen teils lückenhaft, nicht immer vielsagend, die – gediegenen – Kommentatoren bemerken ganz recht, dass LFs Briefe nicht Teil der Werkentwicklung, sondern überwiegend technische Korrespondenz sind. Aber EINDRÜCKE! Und SCHMANKERLN! gabs zu Hauf zu entdecken.
Von 1940 bis 1958 in den USA lebend, wird er als Staatenloser Emigrant mit Ostneigungen permanent überwacht und kann WEGEN Staatenlosigkeit nicht ausreisen: vor allem nicht nach Europa ("nach Paris, Berlin, Moskau"), was er nach 1945 erst noch SEHR will, ab 1950 kaum mehr, und bald ists nur noch Höflichkeit, wenn er den Drängenden und Bettelnden noch stets schreibt, er würde ja gern – er will sicher ab 1953 nicht mehr. Eine Begründung: "Selbst wenn ich Wiedereinreisegarantie bekäme, selbst wenn heiße Politik störte, dort noch mal etwas aufbauen wie mein Schloss in Pacific Palisades würde mir mindestens 1 Jahr nehmen, ich lass es, hier ist okay, Landespolitik scheiße, aber mein Schlösschen ... hauptsache, ich kann literarisch arbeiten."
Aber denke keiner, der wäre ein Eigenbrödler: Er leistet HORRENDE Soliarbeit! In Frankreich 1933-1940 Volksfrontausschuss (wo er mit Heinrich Mann antikommunistische Gegengründungen zu den Fortschrittsintellektuellen beir Volksfront auslotet usw.), Reden halten (obwohl ers gar nicht mag!), PEN hie, Solikundgebung da, Spende hie (einer reist mit Zelt zum PEN-Kongress an, Leute verhungern schier ...), CARE-Paket da (Becher schreibt, nach 1946!, 3x unverhohlen zurück: "hat mir alles sehr gemundet"!), Artikel- und Empfehlungsschreiben ohne Ende, Redaktion in Emigrantenzeitungen, schließlich ästhetische Evaluationen für Kollegen, knapp und präzise und von unglaublicher Freundlichkeit und Kollegialität – ALLES UNVORSTELLBARE KLEINARBEIT! Und alles neben der permanenten Roman-Produktion! Bei freilich viel Klage über die Kleinklein-Scheiße, und wenn man nur ewig Romane schreibseln könnte! Das geht so ähnlich fort 1940-58 in den USA.
Interessant nun einige Episoden zu brisanten Titelwahlen: "Waffen für Amerika" wird von Kantorowicz empfohlen, für den Osten umzutiteln, wegen Missverständnisgefahr. LF hats als Werkverfügung, dass er fortan "Füchse im Weinberg" heißen solle (erscheint ausschließlich lizenzbedingt weiter unter "Waffen für Amerika"). In BRD und USA verzögert sich das Erscheinen der "Jüdin von Toledo" – der Titel gehe nicht, es erscheint unter "spanische Ballade". LFs Werkverfügung: "Jüdin von Toledo". Usw.
Überhaupt Editionsgeschichtsepisoden! Bei Aufbau, Greifen, Reclam (alle Ost) lecken sie sich die Finger nach LF, er muss bremsen, weil erst Lizenzscheiße geklärt werden müsse, BRD-Verleger machten viel Scherereien! Oft nur daher erscheinen manche Sachen im Osten etwas später, aber sehr viele auch erstmals, manche überhaupt nur im Osten. Und "Erscheinen" heißt da z.B. im Falle des "falschen Nero" massive MASSENauflagen, während im Westen (3,5xBevölkerung + Österreich etc) kaum auch nur diese absoluten Zahlen aufkommen (worüber allerdings nicht viel Detail in den Briefen).
Den Nationalpreis 1. Klasse der DDR nimmt er 1953 dankend an, einen Kunstpreis der Stadt München 1957 auch – wird allerdings vorher und nachher als Zoni wüst attackiert. (Den Kunstpreis hatte Oskar Maria Graf in den 20ern per Lancierung mehrerer Zeitungsartikel faktisch gestiftet. Obwohl die Stadt die Existenz des Preises dementierte, versprach sie dann doch seine Einführung. Der erste Preis wurde dann erst 1936 verliehen, der zweite erst 1946. Als LF nach Erhalt des Preises Graf als Preisträger vorschlägt, wirds harsch abgelehnt!)
Besonders merkwürdig ist aber folgende Episode: Mit Th.Mann wechselt LF nach 1949 einiges Gegreine über die politische Lage, "überall Wolken" und so. An einer Stelle fährt Tommy aus der Haut über die doofen und auch noch verhetzten Westdeutschen, die ihn anekeln, und klagt dazu, wenn nur die im Osten besser und nicht so plump und tölpelig und vereinnahmerig wären! Na, dem Zauberer versieht mans fast, zumal im Osten, der ihn vor allem liest wie Sau! Von Feuchtwanger darauf Bestätigung der Westscheiße, aber kein guter noch mieser Ton übern Osten. Als aber Tommy stirbt, tritt Katia in den Vordergrund des Wechsels, viel über Nachlassverwaltung – LF schickt ihr Briefe von ThM mit der Bitte, sie solle aufpassen wegen der harschen Amerikakritik darin, ob die jetzt günstig zu publizieren sei, ist also rücksichtsvoll, bedacht und vorsichtig –, und dieses Viech Katia hat sichs Hirn zwischen Schweizer Alpen und Adriaküste gehörig eingeklemmt. Z.B. 1958 zum Ende hin keift sie in einem Brief bar jedes immanenten Anlasses über irgendeine Aktion der Rotchinesen gegen Weißchina los, was die "famose" NZZ nicht alles über rote Gräueltaten wüsste, aber zum Glück gebe es ja "die besonnene Politik unserer freiheitlichen Welt" – von LF no comment. Hiernach erhellt um so schärfer eine handfestere Episode von 1956: Die Verhaftung des Aufbau-Verlegers Janka im Zuge der Aushebung der Harich-Janka-Just-Gruppe. Katia: "Oh, SIE haben IHN, den guten Mann, wollen ihn vors Gericht schleifen. Schreib doch an Grotewohl." LF: "Ich hör hier seit Jahren nischt wirklich genaues aus Europa, kenne auch Janka nur flüchtig, aber klar doch ...[schreibt höflich, kriegt höfliche Antwort ...] Oh, Grotewohl schreibt zurück, er könne leiderleider nicht in ein schwebendes Verfahren eingreifen." Katia: "Okay, es wird immer schlimmer, steht ja in der NZZ, bitte telegraphier Deine Unterschrift unter ein ÖFFENTLICHES Papier der 4 wichtigsten Aufbauautoren ThM(Katia), G.Hauptmann(Buenvenuto), Hesse und LF." LF-Telegramm: "Rate dringend von Öffentlichem Druck ab, könnte Gegenteiliges bewirken." Katia-Brief: "Hmm, ja, hast recht, könnt Janka schaden" [das hatte LF offengelassen, war eher so zu lesen, es könne sowohl Janka als den Ossis schaden, was aber nicht in Katias Schädel passt.] Janka wird zu 5 Jahren verurteilt. Katia erfährts aus der NZZ – gut aufgemacht: "Sie werden ihn da umbringen, niemand darf ihn besuchen, sie verweigern Medizin, diese Bestien!" Peinlicherweise können die Kommentatoren jede einzelne dieser Schreihälsigkeiten, auf die LF auch nicht eingeht, widerlegen: ER hat Medizin verweigert, hatte wöchentlich Besuch und lebte bis in die 1990er. Katia die Flasche checkt nix, is völlig verhetzt. LF bleibt völlig cool.
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Dies Verhalten LFs ist äußerst bemerkenswert und verdient einige zusammenfassende Bemerkungen zu LF als Musterbeispiel des antifaschistischen Demokraten, an denen ich mich die nächsten Tage versuchen will.
Natürlich die Korrespondenzen unter den Emigrantenbedingungen teils lückenhaft, nicht immer vielsagend, die – gediegenen – Kommentatoren bemerken ganz recht, dass LFs Briefe nicht Teil der Werkentwicklung, sondern überwiegend technische Korrespondenz sind. Aber EINDRÜCKE! Und SCHMANKERLN! gabs zu Hauf zu entdecken.
Von 1940 bis 1958 in den USA lebend, wird er als Staatenloser Emigrant mit Ostneigungen permanent überwacht und kann WEGEN Staatenlosigkeit nicht ausreisen: vor allem nicht nach Europa ("nach Paris, Berlin, Moskau"), was er nach 1945 erst noch SEHR will, ab 1950 kaum mehr, und bald ists nur noch Höflichkeit, wenn er den Drängenden und Bettelnden noch stets schreibt, er würde ja gern – er will sicher ab 1953 nicht mehr. Eine Begründung: "Selbst wenn ich Wiedereinreisegarantie bekäme, selbst wenn heiße Politik störte, dort noch mal etwas aufbauen wie mein Schloss in Pacific Palisades würde mir mindestens 1 Jahr nehmen, ich lass es, hier ist okay, Landespolitik scheiße, aber mein Schlösschen ... hauptsache, ich kann literarisch arbeiten."
Aber denke keiner, der wäre ein Eigenbrödler: Er leistet HORRENDE Soliarbeit! In Frankreich 1933-1940 Volksfrontausschuss (wo er mit Heinrich Mann antikommunistische Gegengründungen zu den Fortschrittsintellektuellen beir Volksfront auslotet usw.), Reden halten (obwohl ers gar nicht mag!), PEN hie, Solikundgebung da, Spende hie (einer reist mit Zelt zum PEN-Kongress an, Leute verhungern schier ...), CARE-Paket da (Becher schreibt, nach 1946!, 3x unverhohlen zurück: "hat mir alles sehr gemundet"!), Artikel- und Empfehlungsschreiben ohne Ende, Redaktion in Emigrantenzeitungen, schließlich ästhetische Evaluationen für Kollegen, knapp und präzise und von unglaublicher Freundlichkeit und Kollegialität – ALLES UNVORSTELLBARE KLEINARBEIT! Und alles neben der permanenten Roman-Produktion! Bei freilich viel Klage über die Kleinklein-Scheiße, und wenn man nur ewig Romane schreibseln könnte! Das geht so ähnlich fort 1940-58 in den USA.
Interessant nun einige Episoden zu brisanten Titelwahlen: "Waffen für Amerika" wird von Kantorowicz empfohlen, für den Osten umzutiteln, wegen Missverständnisgefahr. LF hats als Werkverfügung, dass er fortan "Füchse im Weinberg" heißen solle (erscheint ausschließlich lizenzbedingt weiter unter "Waffen für Amerika"). In BRD und USA verzögert sich das Erscheinen der "Jüdin von Toledo" – der Titel gehe nicht, es erscheint unter "spanische Ballade". LFs Werkverfügung: "Jüdin von Toledo". Usw.
Überhaupt Editionsgeschichtsepisoden! Bei Aufbau, Greifen, Reclam (alle Ost) lecken sie sich die Finger nach LF, er muss bremsen, weil erst Lizenzscheiße geklärt werden müsse, BRD-Verleger machten viel Scherereien! Oft nur daher erscheinen manche Sachen im Osten etwas später, aber sehr viele auch erstmals, manche überhaupt nur im Osten. Und "Erscheinen" heißt da z.B. im Falle des "falschen Nero" massive MASSENauflagen, während im Westen (3,5xBevölkerung + Österreich etc) kaum auch nur diese absoluten Zahlen aufkommen (worüber allerdings nicht viel Detail in den Briefen).
Den Nationalpreis 1. Klasse der DDR nimmt er 1953 dankend an, einen Kunstpreis der Stadt München 1957 auch – wird allerdings vorher und nachher als Zoni wüst attackiert. (Den Kunstpreis hatte Oskar Maria Graf in den 20ern per Lancierung mehrerer Zeitungsartikel faktisch gestiftet. Obwohl die Stadt die Existenz des Preises dementierte, versprach sie dann doch seine Einführung. Der erste Preis wurde dann erst 1936 verliehen, der zweite erst 1946. Als LF nach Erhalt des Preises Graf als Preisträger vorschlägt, wirds harsch abgelehnt!)
Besonders merkwürdig ist aber folgende Episode: Mit Th.Mann wechselt LF nach 1949 einiges Gegreine über die politische Lage, "überall Wolken" und so. An einer Stelle fährt Tommy aus der Haut über die doofen und auch noch verhetzten Westdeutschen, die ihn anekeln, und klagt dazu, wenn nur die im Osten besser und nicht so plump und tölpelig und vereinnahmerig wären! Na, dem Zauberer versieht mans fast, zumal im Osten, der ihn vor allem liest wie Sau! Von Feuchtwanger darauf Bestätigung der Westscheiße, aber kein guter noch mieser Ton übern Osten. Als aber Tommy stirbt, tritt Katia in den Vordergrund des Wechsels, viel über Nachlassverwaltung – LF schickt ihr Briefe von ThM mit der Bitte, sie solle aufpassen wegen der harschen Amerikakritik darin, ob die jetzt günstig zu publizieren sei, ist also rücksichtsvoll, bedacht und vorsichtig –, und dieses Viech Katia hat sichs Hirn zwischen Schweizer Alpen und Adriaküste gehörig eingeklemmt. Z.B. 1958 zum Ende hin keift sie in einem Brief bar jedes immanenten Anlasses über irgendeine Aktion der Rotchinesen gegen Weißchina los, was die "famose" NZZ nicht alles über rote Gräueltaten wüsste, aber zum Glück gebe es ja "die besonnene Politik unserer freiheitlichen Welt" – von LF no comment. Hiernach erhellt um so schärfer eine handfestere Episode von 1956: Die Verhaftung des Aufbau-Verlegers Janka im Zuge der Aushebung der Harich-Janka-Just-Gruppe. Katia: "Oh, SIE haben IHN, den guten Mann, wollen ihn vors Gericht schleifen. Schreib doch an Grotewohl." LF: "Ich hör hier seit Jahren nischt wirklich genaues aus Europa, kenne auch Janka nur flüchtig, aber klar doch ...[schreibt höflich, kriegt höfliche Antwort ...] Oh, Grotewohl schreibt zurück, er könne leiderleider nicht in ein schwebendes Verfahren eingreifen." Katia: "Okay, es wird immer schlimmer, steht ja in der NZZ, bitte telegraphier Deine Unterschrift unter ein ÖFFENTLICHES Papier der 4 wichtigsten Aufbauautoren ThM(Katia), G.Hauptmann(Buenvenuto), Hesse und LF." LF-Telegramm: "Rate dringend von Öffentlichem Druck ab, könnte Gegenteiliges bewirken." Katia-Brief: "Hmm, ja, hast recht, könnt Janka schaden" [das hatte LF offengelassen, war eher so zu lesen, es könne sowohl Janka als den Ossis schaden, was aber nicht in Katias Schädel passt.] Janka wird zu 5 Jahren verurteilt. Katia erfährts aus der NZZ – gut aufgemacht: "Sie werden ihn da umbringen, niemand darf ihn besuchen, sie verweigern Medizin, diese Bestien!" Peinlicherweise können die Kommentatoren jede einzelne dieser Schreihälsigkeiten, auf die LF auch nicht eingeht, widerlegen: ER hat Medizin verweigert, hatte wöchentlich Besuch und lebte bis in die 1990er. Katia die Flasche checkt nix, is völlig verhetzt. LF bleibt völlig cool.
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Dies Verhalten LFs ist äußerst bemerkenswert und verdient einige zusammenfassende Bemerkungen zu LF als Musterbeispiel des antifaschistischen Demokraten, an denen ich mich die nächsten Tage versuchen will.
•NEUER BEITRAG02.01.2014, 19:21 Uhr
EDIT: MARFA
02.01.2014, 19:22 Uhr
02.01.2014, 19:22 Uhr
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MARFA | |
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MARFA
•NEUER BEITRAG09.01.2014, 06:34 Uhr
EDIT: joe123
09.01.2014, 06:36 Uhr
09.01.2014, 06:36 Uhr
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joe123 | |
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Lion Feuchtwanger an Alfred Kantorowicz, 12.7.1941:
"Ähnlich steht es mit der Veröffentlichung Ihres Spanienbuches ['Spanisches Tagebuch', Erstveröffentlichung bei Aufbau, Berlin 1948]. Es wird in absehbarer Zeit zwei Gelegenheiten geben, bei denen Sie es werden unterbringen können: einmal, wenn der Film von Hemingway ['Wem die Stunde schlägt', USA 1943] erscheint, und das zweite Mal, wenn das amerikanische Publikum die Überlegenheit der Russen begriffen haben wird."
("wenn das amerikanische Publikum die Überlegenheit der Russen begriffen haben wird", nebenbei, ist ein sehr zitables Beispiel für einen quicklebendigen Futur Perfekt, nicht wahr?)
Lion Feuchtwanger an Alfred Kantorowicz, 21.1.1943 [aus Antworten auf einen nicht erhaltenen Fragebogen für ein CBS-Hörspiel über antifaschistische Schriftsteller]:
"10) Die deutsche Revolution und den Hitler-Putsch in München miterlebt, immer heftig attackiert mit häufigen Haussuchungen und angedrohten oder wirklichen Verhaftungen. Die Nazis von Anfang an sehr heftig bekämpft. 1920-22: den Roman 'Jud Süß' geschrieben, der aber drei Jahre lang keinen Verleger findet. 1925: nach Berlin übersiedelt, den Anti-Hitler-Roman 'Erfolg' vollendet, den Roman: 'Der jüdische Krieg' geschrieben, Bühnenerfolge mit 'Kalkutta, 4. Mai', 'Die Petroleuminseln' und 'Vasantasena'.
Am 1. Januar 1930 auf eine Rundfrage: 'Was haben die deutschen Intellektuellen vom Dritten Reich zu erwarten?' geantwortet und drucken lassen: 'Ausrottung. Wenn ich heute durch die Straßen Berlins gehe, ist mir, als ginge ich durch eine Stadt von lauter künftigen Emigranten.' Daraufhin unlogischerweise in Berlin ein Haus gebaut und es so eingerichtet, dass ich es bis zu meinem Lebensende bewohnen konnte und wollte. Es sechs Monate lang bewohnt. Dann wurde es von Hitler konfisziert."
(Zur Abwechslung auch mal andersrum:)
Friedrich Wolf [aus Berlin] an Lion Feuchtwanger, 27.4.1947:
"Im Übrigen wird es hier immer unlustvoller; unsre 'tetes carrées' [Quadratköpfe] sind unverbesserlich ... so voll innerer Verlogenheit und mangelndem Gerechtigkeitssinn; ich gerate immer wieder in Wut, wenn ich sehe, wie diese Volksgenossen sich auch heute noch um jeden Preis aus ihrer Schuld herausschwindeln wollen und wie es bereits heute als unpatriotisch gilt, von den Schweinereien der SS und auch der guten 'kleinen PGs' zu sprechen, weil ja 'die andern im Grunde nicht besser waren'. Das, was Gollancz ['Sir Victor Gollancz trat nach 1945 als einer der ersten Engländer jüdischen Glaubens für eine Verständigung mit Deutschland ein', versichern uns die Herausgeber in einem ihrer wenigen schwachen Momente] in seinem Pseudohumanismus (oder in seiner Wichtigtuerei) treibt, ist für das deutsche Volk jedenfalls das reinste Gift! Er unterstützt – wollend oder nicht – die neue Dolchstoßlegende! Gollancz ist in Deutschland herumgereist und hat gepredigt, nicht bloß Hitlerdeutschland sei an dem Krieg und dem heutigen Elend schuld, sondern mehr oder weniger alle Regierungen Europas ..., eine halbe Wahrheit, die alle Nazis und halben Nazis wie Honig einsaugen. 'Die andern' haben Hitler ja hochgepäppelt, indem sie Verträge mit ihm schlossen; 'die andern' sind im Grunde genau so schuldig wie wir! Das ist hier das Echo auf die Christentümelei von Mr. Gollancz. Wir haben es jetzt furchtbar schwer; wenn man dem deutschen Volk bereits heute seine Schweinereien erlässt, dann wird man ihm nie seine Verpflichtungen klarmachen können."
Und etwas etwas Genaueres zu LFs Reiseplänen nach 1945: In einigen Briefen wird deutlich, dass er aus irgendeinem legalen Grunde erst 1948 eine Staatsbürgerschaft der USA beantragen konnte und innig hoffte, sie dann schnell und problemlos zu erhalten, um dann nach Europa ("Paris, Berlin, Moskau", an anderer Stelle "Moskau und Berlin" usw.) reisen zu können. Daher ab 1946 gehäufte Zusagen in alle Richtungen, auf jeden Fall 1948 zu kommen, 1948-49 dann Hinhaltendes a la "Ja, ich komme, sobald es möglich wird", und dann so ab 1950 schon Schrofferes a la "Sie machen sich keine Vorstellungen, wie schwer es ist, aber ich will schauen ...".
• Hier gibt's was extra: mehr Debatten aus den www.secarts.org-Foren
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