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NEUES THEMA08.10.2013, 12:13 Uhr
Nutzer / in
secarts

• FAZ-Wirtschaftsblog will Marx widerlegen Interessanter länglicher Artikel im "Fazit", dem FAZ-Wirtschaftsblog - es handelt sich um einen Buchauszug zweier bürgerlicher Akademiker:


Karl Marx und die gegenwärtige Finanzkrise

07.10.2013, 18:03 Uhr · Die Finanzkrise untermauert die Schwächen der Marx'schen Kapitalismusanalyse. Unter anderem unterschätzte Marx die Rolle der Politik. Ein Gastbeitrag von Malte Faber und Thomas Petersen.


[...] In der öffentlichen Wahrnehmung wurde die Krise durch die hemmungslose Gewinnsucht von Banken und anderen Finanzinstituten wie Hedgefonds und Versicherungen, deren Mitarbeiter sowie von Kapitalanlegern verursacht. Diese Akteure gingen profitable, jedoch hoch riskante Geschäfte ein und belohnten ihre Mitarbeiter mit exorbitanten Bonuszahlungen.1 Dass diese Finanzakteure, als sie in ernste Schwierigkeiten gerieten, durch staatliche Gelder „gerettet“ wurden, wurde weithin als eine „Umverteilung von unten nach oben“ interpretiert. Die Staaten erschienen als Handlanger des Großkapitals.

Die Marx-Renaissance, die bereits seit dem Ende des sozialistischen Regimes in Osteuropa zu beobachten war, bekam durch die Finanzkrise neuen Auftrieb, denn diese Krise schien die marxschen Diagnosen der kapitalistischen Wirtschaft eindrucksvoll zu betätigen. Wenn man nämlich nicht den schlechten Charakter und die hemmungslose „Gier“ von Bankern für die Krise verantwortlich machen wollte, so ließ sie sich doch offenbar gut auf den von Marx diagnostizierten Selbstvermehrungstrieb des Kapitals zurückführen. Dieser Selbstvermehrungstrieb, so hatte Marx dargelegt, ist in einem Produktionsverhältnis begründet und institutioneller oder struktureller Natur. Die Gier der Finanzakteure ließ sich dann gut als eine „Charaktermaske“ dieses anonymen Triebes verstehen. Marx hatte im dritten Band des Kapital festgestellt, dass in der Finanzwirtschaft „das Kapitalverhältnis seine äußerlichste und fetischartigste Form“ (MEW 25: 404) erreicht habe. „Der sich selbst verwertende Wert“ wird „Geld heckendes Geld“: „Das gesellschaftliche Verhältnis ist vollendet als Verhältnis eines Dings, des Geldes, zu sich selbst.“ (405) Im „zinstragenden Kapital“, so hieße das, ist der „sich selbst verwertende Wert“ ganz bei sich selbst, da dieses sich anscheinend direkt vermehrt, ohne den Umweg über die materielle Produktion zu nehmen. Und der Vermehrungstrieb des Wertes oder des Geldes hatte doch offenbar die globale Krise herbeigeführt. Vor dem Hintergrund des marxschen Wert- und Kapitalbegriffs konnte man die 2007 beginnende Finanzkrise als den Auftakt einer finalen Krise des Kapitalismus interpretieren.2 Zugleich schien sich die marxsche Einschätzung des Staates zu bestätigen: In der „Bankenrettung“ hatte sich der Staat offenbar als „ideeller Gesamtkapitalist“ (MEW 20, 260) erwiesen. [...]

Dieser Beitrag ist ein Kapitel aus dem Buch Thomas Petersen/Malte Faber: “Karl Marx und die Philosophie der Wirtschaft”, das im Verlag Karl Alber erscheinen wird.



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Mal abgesehen davon, dass die Autoren Marx' dritten Band wohl maßgeblich durch die Brille Hilferdings gelesen haben - und etliche seiner Fehler nun Marx unterjubeln - und auch nicht Marx, sondern Engels der Erfinder/Entdecker des "ideelen Gesamtkapitalisten" ist: Immerhin scheinen Buchautoren wie FAZ-Redaktion eine Notwendigkeit zu sehen, sich erneut mit Marx und seinen Ansätzen auf akademischem Niveau befassen zu müssen.

Das hat zumindest, soviel ist klar, nichts mit unserer "Stärke" zu tun. Fraglich, wie viele bürgerliche Experten es überhaupt noch gibt, die mit Verweisen auf MEW und MEGA II klarkommen, doch vielleicht ist im angelsächsischen universitären Diskurs ja eine (Wieder-)befassung mit Marx gerade en vogue...


Das Buch könnte ganz interessant sein. Vielleicht hat ja jemand hier Möge, es sich nach Erscheinen zu besorgen?
NEUER BEITRAG08.10.2013, 15:52 Uhr
Nutzer / in
retmarut

FAZ-Wirtschaftsblog will Marx widerlegen Das FAZit-Artikel ist ja ganz putzig. Lohnt sich, mal reinzulesen.

Zu den beiden Autoren: Malte Michael Faber und Thomas Petersen

Der Petersen scheint vom Hegel her auf Marx gekommen zu sein (bei uns ist es im allgemeinen anders herum). Faber hingegen scheint laut FES wie folgt auf Marx gestoßen zu sein: "In Zusammenarbeit mit Peter Bernholz untersuchte Malte Faber zur Zeit der Studentenbewegung und in Auseinandersetzung mit dem Marxismus die Marxsche Arbeitswertlehre."

Gelandet ist er dann offenbar auf Positionen der Österreichischen Schule, also Eugen von Böhm-Bawerk et al., wie die FES dargelegt: "Die Politische Ökonomie entwickelte sich später zu einem seiner Forschungsschwerpunkte. Über zehn Jahre arbeitete er zusammen mit seinem Mentor und späteren Freund Bernholz über die Weiterentwicklung der Österreichischen Kapitaltheorie, mit dem Ziel, mit Hilfe dieses theoretischen Instrumentariums langfristige Entwicklungen der Wirtschaft zu untersuchen."

Mir scheint, dass der 3. Band nicht mal durch Hilferdings Brille gelesen wird, sondern eher durch die von Böhm-Bawerk. Ich kenne mich nicht wirklich mit der bürgerlichen Wirtschaftsgeschichte aus, daher hier nur ein kurzer Abschnitt zu Böhm-Bawerks Auseinandersetzung mit dem Marxismus, entnommen Wikipedia:

"Die Österreichische Schule begann bereits früh, sich mit dem Marxismus auseinanderzusetzen; ihre Vertreter lehnen dabei jede Art von Sozialismus und Zentralverwaltungswirtschaft ab. Dies geht vor allem auf Böhm-Bawerk zurück, der in seinem Werk Kapital und Kapitalzins (1884–1902) Mengers Werk erweiterte und dabei die Arbeitswerttheorie von Karl Marx – die für den Marxismus als grundlegend gilt – systematisch zu widerlegen versuchte, während viele andere Ökonomen sich erst nach der Oktoberrevolution 1918 mit dem Marxismus zu beschäftigen begannen. Böhm-Bawerk behauptete als erster die Inkonsistenz der Arbeitswerttheorie im ersten und dritten Band von Marx' Das Kapital.Der Streit fand bei von Mises und von Hayek seine Fortführung im Streit um die Wirtschaftsrechnung im Sozialismus."

"Böhm-Bawerk wandte sich vor allem gegen Marx’ Theorie von der „Ausbeutung“ der Arbeiter. Tatsächlich würden die Eigentümer der Produktionsmittel den Arbeitern helfen, da sie diesen den Lohn bereits im Voraus zahlen würden. Marx ignoriere den Faktor Zeit und die Zeitpräferenz. Er überschätze zudem den Faktor Arbeit. Die Arbeitswerttheorie Marx' sei zirkulär. Der technische Fortschritt ersetze nicht die menschliche Arbeit, er mache sie nur produktiver und sorge somit für die Erhöhung des Kapitalstocks und des Wohlstandes. Er wandte sich gegen Marx' Krisentheorie des Kapitalismus: Warum solle der Kapitalist weiterproduzieren trotz sinkender Profitrate?"

Über den Grad der Wissenschaftlichkeit solcher Thesen möge jeder selbst entscheiden.
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