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Venezuela: Parlamentswahlen
  [2 pics] begonnen von FPeregrin am 06.12.2015  | 47 Antworten
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NEUES THEMA06.12.2015, 16:40 Uhr
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FPeregrin

• Venezuela: Parlamentswahlen amerika 21 hat einen Live-Ticker eingerichtet, hier:
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NEUER BEITRAG07.12.2015, 00:14 Uhr
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arktika

Venezuela: Parlamentswahlen N. b. wird von den Yankees zu den Wahlen wieder eine provokante Begleitmusik gespielt, wie RedGlobe am 5. 12. erwähnt: USA provozieren mit Flugzeugträger.
Unmittelbar vor den am morgigen Sonntag in Venezuela stattfindenden Parlamentswahlen haben die USA ihren Flugzeugträger "George Washington" an die Grenze der venezolanischen Hoheitsgewässer geschickt. "Wir glauben nicht, dass das ein Zufall ist", erklärte Verteidigungsminister Vladimir Padrino Lopez am Freitag im privaten Fernsehsender Globovision. Das komplett mit aller Kriegstechnik, darunter F-16-Bombern, ausgerüstete Kriegsschiff halte sich an den Gewässern von Französisch-Guayana auf. "Das wäre ein sehr großer Zufall, aber wir glauben nicht an Zufälle", so der Minister.
Hinbzu komme, so Padrino Lopez, dass Anfang des Monats erneut ein US-amerikanisches Flugzeug den venezolanischen Luftraum verletzt habe. Das ist in den vergangenen Wochen wiederholt vorgekommen, ohne dass die venezolanischen Behörden auf diese Provokationen hereingefallen wären. Im Zusammenhang mit dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei, der angeblich deren Luftraum verletzt hatte, hatten aber auch Sprecher in Caracas darauf hingewiesen, dass die US-Provokationen zu einem ähnlich dramatischen Zwischenfall führen könnten.
Padrino Lopez wies zudem auf "verdächtige" Aktivitäten von US-Spionageflugzeugen über der Insel Curacao hin, die nicht weit vor Venezuelas Küste liegt.
Teile der venezolanischen Opposition spekulieren auch diesmal darauf, nach den Wahlen vom Sonntag durch gewaltsame Proteste eine Situation provozieren zu können, die schließlich zu einem "Eingreifen" der USA führen könnte.

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NEUER BEITRAG07.12.2015, 11:30 Uhr
EDIT: FPeregrin
07.12.2015, 11:36 Uhr
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FPeregrin

Venezuela: Parlamentswahlen Da haben wir den Salat: amerika 21 heute: Opposition holt deutliche Mehrheit bei Parlamentswahlen in Venezuela, hier:
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Zum Hintergrund sei auch auf das Dossier Venezuela in der Krise verwiesen, ebenfalls auf amerika 21, hier:
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Selbst wenn man hier analog die nur verhalten pessimistische Einschätzung überträgt, die ich hier kürzlich zum rechten Wahlsieg in Argentinien geäußert habe ("Wenn er jedoch die sozialen und ökonomischen Grundlagen dieses Erfolges angreifen sollte, würde er nicht nur auf hartnäckigen Widerstand in den unteren Segmenten stoßen, sondern auch auf Unwillen der zuletzt rechts gewählt habenden "Mittelschichts"-Teile. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß eine Regierung Macri in Argentinien ein ähnliches Intermezzo bleibt wie die Regierung Piñera in Chile - mit einem Aufschwung von Basisbewegungen inklusive." (https://www.secarts.org/index.php?site=forum&&topic=public&-
cat=7&ts=0&thread=175 )), und wenn man zugute hält, daß es sich in Venezuela "nur" um Parlamentswahlen gehandelt hat, erscheint mir diese Niederlage als deutlich bedrohlicher. Sie betrifft das Projekt einer linken Regierung, das im Gegensatz zum kirchnerismo auch außerhalb der nationalen und sogar kontinentalen Grenzen für erhebliche Identifikation und politische Impulse gesorgt hat. Venezuela war der Motor des anti-neoliberalen Aufbruchs Lateinamerikas. Sollte er ausfallen, kann dieser Verlust durch die potentielle Umkehrbarkeit des anti-chávistischen Prozesses möglicherweise nicht mehr ausgeglichen werden. Es wäre ein "Stich ins Herz" gewesen. - Nun denn, Nicolás Maduro Moro ist gewählter Präsident für noch 3 1/2.
NEUER BEITRAG07.12.2015, 16:51 Uhr
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retmarut

Venezuela: Parlamentswahlen Dass der Sieg der rechten Opposition derart klar ausfallen würde, hat mich jetzt doch überrascht.

Letztlich hat die PSUV sich das Ganze aber selbst eingebrockt. Wer der Bourgeoisie (in Reihen der Opposition sowie in den eigenen Reihen) nicht das Fell abzieht und sich weigert, den Weg zum Sozialismus durch den Aufbau der Diktatur des Proletariats abzusichern, wird immer wieder solche Rückschläge erleben. Das ist jetzt auch nicht allein Maduros Schuld, da hat auch Chavez schon vor gescheut.

Im Grunde ist die PSUV in dieselbe Falle getappt wie damals die Sandinisten. Man kann sich halt nicht auf Dauer mit Wahlsiegen im bürgerlichen System obenauf halten. Irgendwann kommt halt der Wechsel, v.a. wenn genährte Hoffnungen nicht erfüllt werden.

Spannend fände ich jetzt, wie unsere Genossen von der PCV abgeschnitten haben. Für die wird sich der Spielraum vermutlich deutlich verengen, falls es zu einem echten politischen Rollback kommen sollte. Es ist ja zudem noch nicht ausgemacht, wie sich jetzt nach dem Wahldebakel innerhalb der sehr heterogenen PSUV die Machtverhältnisse entwickeln werden.

Ich würde mich übrigens nicht drauf verlassen, dass Maduro die vollen 3 1/2 Jahre noch das Präsidentenamt bekleiden kann. Die venezolanische Verfassung beinhaltet die Regelung, dass der Präsident nach Hälfte seiner Amtszeit abgewählt werden kann. Und wenn da eine rechte Regierung am Ruder sitzt, die natürlich auch versuchen wird, neben den bürgerlich-privaten auch die staatlichen Medien zu kontrollieren, dann wird es ein Maduro-Wahlkampf gegen die Amtsenthebung ziemlich schwer haben.

PS: Auf der PCV-Seite findet sich noch keine Einschätzung zum Wahlausgang. Die CNE-Seite ist offenbar überlastet, kommt man gerade nicht so richtig drauf; wird vermutlich sehr gefragt sein.
NEUER BEITRAG07.12.2015, 16:51 Uhr
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GAST
Venezuela: Parlamentswahlen Das wars - mehr braucht man dazu nicht sagen...

Venezuela ist an die USA gefallen - und die Yankees werden mit Hilfe ihrer Marionetten das Land nach ihrem "gusto" gestalten.

Der Fall Maduros ist nur eine Frage der Zeit.
NEUER BEITRAG07.12.2015, 16:58 Uhr
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retmarut

Venezuela: Parlamentswahlen Noch kurz als Ergänzung zu meinem vorigen Post eine Mitteilung aus dem Amerika21-Ticker. Offenbar sieht die Verfassung neben dem o.g. Amtsenthebungsprozedere zur Halbzeit auch ein auf 2/3-Mehrheit beruhendes früheres Amtsenthebungsverfahren vor. Dafür bräuchte die kommende Regierungsmehrheit dann 111 Abgeordnete, was nach derzeitigen Auszählungsstand zwar eng, aber durchaus noch im Bereich des Möglichen wäre.

Wie gesagt: Sobald jemand etwas von der PCV hört, einfach hier mal in den Thread setzen, danke!


Genaue Mehrheitsverhältnisse in Venezuela weiterhin offen
Mo, 07.12. 09:30

Nach der Bekanntgabe der Ergebnisse der Parlamentswahl durch den venezolanischen Wahlrat bleiben die genauen Mehrheitsverhältnisse in der neuen Nationalversammlung weiter offen. Sicher ist, dass das Oppositionsbündnis MUD eine Mehrheit im Einkammerparlament stellen wird. Wahrscheinlich ist allerdings, dass es sogar auf eine Dreifünftelmehrheit (100 Abgeordnete) kommt. Rechnerisch möglich ist sogar eine Zweidrittelmehrheit (111 Abgeordnete), da in 19 Wahlkreisen noch die Ergebnisse ausstehen. Hinzu kommen drei Abgeordnete der indigenen Minderheiten.

Mit einer einfachen Mehrheit kann das venezolanische Parlament Gesetze verabschieden und verändern. Auch muss es dem Staatshaushalt zustimmen. Eine Dreifünftelmehrheit ermöglicht es der Nationalversammlung unter anderem, Minister abzusetzen. Mit einer Zweidrittelmehrheit können die Abgeordneten ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten in Gang setzen sowie die Richter des Obersten Gerichtshofs benennen. Ebenso können sie eine verfassungsgebende Versammlung einberufen oder Verfassungsänderungen auf den Weg bringen. Diese müssen aber per Referendum durch die Bevölkerung bestätigt werden.
NEUER BEITRAG07.12.2015, 16:58 Uhr
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GAST
Venezuela: Parlamentswahlen Das wars - mehr braucht man dazu nicht sagen...

Venezuela ist an die USA gefallen - und die Yankees werden mit Hilfe ihrer Marionetten das Land nach ihrem "gusto" gestalten.

Der Fall Maduros ist nur eine Frage der Zeit.
NEUER BEITRAG08.12.2015, 11:13 Uhr
EDIT: arktika
08.12.2015, 11:21 Uhr
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arktika

Venezuela: Parlamentswahlen Nach den letzten Infos auf amerika21 steht die Opposition in Venezuela knapp vor Zwei-drittel-Mehrheit im Parlament. Die Wahlbehörde hat nach den Parlamentswahlen genauere Ergebnisse bekanntgegeben.
... Der Nationale Wahlrat Venezuelas (CNE) gab am Montagabend (Ortszeit) das zweite Zwischenergebnis benannt, nach dem das Oppositionsbündnis "Tisch der Demokratischen Einheit" (MUD) 107 von 167 Sitzen in der Nationalversammlung erhält. Auf die regierende sozialistische Partei (PSUV) entfallen 55 Mandate. Zuvor hatten Vertreter des Oppositionslagers eine Mehrheit von 112 Sitzen verkündet. Damit könnten die Regierungsgegner unter anderem die Verfassung ändern und wichtige Institutionen wie den Wahlrat und das Oberste Gericht neu besetzen.
Nach Auszählung weiterer Stimmen gab der CNE am späten Montagabend bekannt, dass die Opposition landesweit auf 64,07 Prozent der Stimmen kommt. Auf das Regierungslager entfallen 32,93 Prozent der Stimmen.
Zu den 107 Sitzen des MUD kommen nach jetzigem Stand drei Mandate, die für die indigenen Gruppen des südamerikanischen Landes reserviert sind. Die indigenen Kandidaten für das Oppositionsbündnis, Romel Guzamana, Gladys Guaipo und Virgilio Ferrer, haben sich demnach durchgesetzt.
...
Der ganze Artikel von Harald Neuber unter
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In dem Text findet sich auch ultimasNoticias verlinkt, wo einige Ergebnistabellen - auch für Nicht-Spanisch-VersteherInnen lesbar - zu finden sind.
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NEUER BEITRAG08.12.2015, 17:54 Uhr
EDIT: FPeregrin
08.12.2015, 17:55 Uhr
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FPeregrin

Venezuela: Parlamentswahlen Die Granma titelte gestern - Maduro zitierend -: In der Zukunft wird der Sieg wieder auf die Wege der Bolivarischen Revolution zurückkehren. Hoffen wir, daß das mehr ist als Singen im Keller.

Hier:
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NEUER BEITRAG09.12.2015, 03:55 Uhr
EDIT: FPeregrin
09.12.2015, 09:53 Uhr
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FPeregrin

Venezuela: Parlamentswahlen Der Kommentar von André Scheer m.d.T. Ende und Anfang in der jW von gestern ist nun allgemein freigeschaltet, hier:
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Ich stelle ihn hier mal ganz ein, da er sich analytisch an der von Dieter Boris (a.a.O.) angedeuteten Entwicklungsmöglichkeit der Umkehrung der rechten Gegenangriffe orientiert. Ich halte diese grundsätzlich für richtig konstatiert, weiß aber nicht, ob die internationale Bedeutung dieser Niederlage in ihrer Wirkung nicht stärker ist - und dann ebenfalls international.

"Der Wahlausgang in Venezuela markiert den Anfang vom Ende – oder das Ende vom Anfang. Der in seinem Ausmaß überraschende Erfolg der rechten Opposition stellt das bolivarische Lager vor eine riesige Herausforderung. Wahrscheinlich werden die Rechten über eine Mehrheit in der Nationalversammlung verfügen, mit der sie jede Initiative des Präsidenten Nicolás Maduro blockieren können. Zudem wird die Opposition im kommenden Jahr ein Amtsenthebungsreferendum gegen den Staatschef anstreben und hätte nach den Erfahrungen vom Sonntag gute Chancen, ein solches auch zu gewinnen. / Die Wähler in Venezuela haben jedoch nicht für die Opposition gestimmt, die über kein gemeinsames Programm und keine gemeinsamen Führungspersönlichkeiten verfügt. Die Wahl war eine Abstimmung des Protests gegen die Regierung von Nicolás Maduro und seine sozialistische Partei PSUV, die in den vergangenen Monaten nicht in der Lage waren, der Wirtschaftssabotage und Destabilisierungskampagne der Rechten eine nachvollziehbare und wirksame Strategie entgegenzusetzen. Die immer gleichen Parolen und Reden verlieren ihre Wirksamkeit, wenn ihnen keine sichtbaren Fortschritte folgen. / Die Niederlage vom Sonntag kann aber genau deshalb das Signal gewesen sein, das notwendig war. Die »Boliburgesía« – so werden in Venezuela diejenigen genannt, die sich ein rotes T-Shirt anziehen, um einträgliche Jobs zu ergattern – wird sich nun schnell auf die Seite der Rechten schlagen. Auch in der PSUV wird es vermutlich Spaltungstendenzen geben, weil die Karrieristen sich umorientieren. Die Kraft jedoch, die bestehen bleibt und die den jetzt jubelnden Rechten machtvoll Kontra geben kann, ist die venezolanische Basisbewegung. Die Linken im Viertel 23 de Enero, in das sich die Rechten noch nie hineingetraut haben, werden sich die Errungenschaften der vergangenen 17 Jahre nicht einfach nehmen lassen. Dasselbe gilt landesweit für unzählige Gruppen, Komitees, Zirkel, Gewerkschaften und Parteien, wie etwa Venezuelas Kommunisten oder die linksradikalen Tupamaros. / Wenn es gelingt, diese vorhandene Bewegung zu koordinieren und auf ein gemeinsames Ziel zu vereinen, kann der Schock vom Sonntag das Ende vom Anfang gewesen sein – und der Beginn des Übergangs vom bolivarischen Prozess zu einer Revolution, die nicht nur eine Losung ist."
NEUER BEITRAG09.12.2015, 03:58 Uhr
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FPeregrin

Venezuela: Parlamentswahlen P.S.: Ein schönes Bild gehört auch dazu. Remember: Die Bourgeoisie gewinnt Schlachten, das Proletariat den Krieg!
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NEUER BEITRAG09.12.2015, 10:26 Uhr
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arktika

Venezuela: Parlamentswahlen Wie nicht anders zu erwarten, alles sehr finster. Bleibt nur die Hoffnung, André Scheer möge recht behalten:

Heute auf amerika21, von Marta Andujo und Eva Haule:

Unternehmer in Venezuela präsentieren neuem Parlament ihre Erwartungen.
Preiskontrollen, Arbeitsgesetze und soziale Investitionen im Visier. Enteigneter Besitz soll zurückgegeben werden. Auch politische Forderungen.

Caracas. Nur wenige Stunden nach Bekanntgabe der neuen Mehrheitsverhältnisse im Parlament von Venzuela hat der Präsident des Unternehmerverbandes (Fedecámaras), Francisco Martínez, detaillierte Forderungen für die kommende Arbeit des legislativen Organes aufgestellt. Auch weitere Vertreter aus dem Bereich von privater Industrie, Handwerk, Handel und Agrarwirtschaft äußerten sich.
Martínez zeigte sich als Chef des mächtigen Fedecámaras zufrieden über das Ergebnis der Parlamentswahlen vom Sonntag. Die sozialistische Regierung des Landes wird zukünftig mit einer starken oppositionellen Mehrheit von Abgeordneten mit weitreichenden gesetzgeberischen Möglichkeiten konfrontiert sein. In der venezolanischen Verfassung nimmt das Parlament eine starke Stellung ein.
Die Unternehmerschaft wünsche, so Martínez, zuvorderst eine Rücknahme der Gesetze zur Kontrolle der Preise für Güter des Grundbedarfs, die die einkommensschwachen Teile der Bevölkerung schützen. Die Regierung von Präsident Nicolás Maduro hatte zuletzt im November das "Gesetz für gerechte Preise" verschärft. Damit können Preise für staatlich subventionierte Produkte festgesetzt und für weitere Waren und Dienstleistungen Höchtspreise für den Verkauf bestimmt werden. Außerdem wurde eine strikte Kennzeichnungspflicht eingeführt, um die Differenz zwischen Import- und Verkaufspreis prüfen zu können. Zuwiderhandlungen können mit temporären Geschäftsschließungen und Geldstrafen geahndet werden.
Weiter fordert der Fedecámaras-Chef die Rücknahme des neuen Arbeitsgesetzes, das die sozialistische Regierung erst 2012 eingeführt hat und das eine Reihe von Rechten der Arbeiter und Arbeiterinnen verankert hat. Unter anderem wurde die Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden reduziert und der Kündigungsschutz gestärkt. Zudem unterbindet es das "Outsourcing" von Arbeit durch Werksverträge und Leiharbeit.
Ein weiteres Hindernis seien die Regeln für den Erwerb und die Zuteilung von Devisen für Firmen, die im Importgeschäft tätig sind.
Die Regierung müsse aus dem Wahlergebnis Schlussfolgerungen ziehen und die "Rhetorik vom Wirtschaftskrieg beenden", den diese für die Mängel in der Versorgung mit Konsum- und Grundbedarfsgütern verantwortlich mache. Bereits in den Tagen vor der Parlamentswahl hatte der Unternehmerchef geäußert, dass "nicht wir Unternehmer es sind, die die Verknappung von Gütern, Dienstleistungen und die Inflation erzeugen". Ein "sozialer Dialog" von Unternehmern, Regierung und Arbeitern sei nötig. Eine nationale Debatte über das politische, ökonomische und soziale Modell, "das wir Venezolaner wollen", solle geführt werden. Die Irrtümer in der Wirtschaftspolitik müssten beseitigt werden und der Privatsektor sei bereit, Sozialprogramme zu entwerfen, die den "sehr harten Anpassungsplan begleiten" sagte Martínez abschließend.
Der Präsident des Verbandes der landwirtschaftlichen Produzenten und Viehzüchter, Carlos Albornoz, sprach sich für eine Reform des Landgesetzes aus, das 2001 eingeführt und 2010 refomiert wurde. Der Großgrundbesitz wurde eingeschränkt, Landeigner sind zur produktiven Nutzung des Bodens verpflichtet. Die Regierung kann nicht produktiv genutztes Land enteignen und an Kleinbauern und Genossenschaften zur Bewirtschaftung übergeben. Albornoz, selbst Viehzüchter, gab an, dass die Regierung seit 2005 1.200 Landgüter mit einer Fläche von 5.7 Millionen Hektar enteignet habe. Zur Verbesserung der Produktionsbedingungen müssten auch die Arbeitsschutzgesetze aus dem Jahr 2005 an die besonderen Bedingungen auf dem Land angepasst werden. Weitere "Hemmnisse" wie das Anfang dieses Jahres eimgeführte System zur Kontrolle des Landwirtschafts- und Nahrungsmittelsektors (Sica) müssten beseitigt werden.
Die Wortmeldung des Präsidenten des Industriellenverbandes von Venezuela, Juan Pablo Olalquiaga, greift in besonderem Maße in den Gestaltungsrahmen des Staates und seiner Verfassungsorgane ein. Neben seiner Forderung an das neue Parlament, "die Rechte am Privatbesitz" zu verteidigen, erwartet er Änderungen in der Gewaltenteilung, die Gründung einer Börse, die Unabhängigkeit der Zentralbank Venezuelas sowie die Anpassung von Handelsbestimmungen, "um die Produktion anzukurbeln". Gemeinsam stellen die Repräsentanten des Privatunternehmertums den ihrer Ansicht nach zu hohen Anteil an "sozialen Investitionen" im bereits verabschiedeten Staatshaushalt für 2016 infrage.

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NEUER BEITRAG10.12.2015, 00:30 Uhr
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FPeregrin

Venezuela: Parlamentswahlen Kampf um Chávez’ Erbe. Venezuelas Rechte erreicht Zweidrittelmehrheit. Regierung will mit Dekreten Durchmarsch stoppen. André Scheer in der jW von heute, hier:
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P.S.: Auch hier keine PCV-Ergebnisse, außer daß Óscar Figuera und Yul Jabour ihre Mandate behalten haben.
NEUER BEITRAG10.12.2015, 12:09 Uhr
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FPeregrin

Venezuela: Parlamentswahlen Maduro will Konsequenzen aus Wahlniederlage in Venezuela ziehen von Jonas Holldack heute auf amerika 21, hier:
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NEUER BEITRAG11.12.2015, 23:17 Uhr
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retmarut

Venezuela: Parlamentswahlen jW 12.12.2015

Sieg im Wirtschaftskrieg
Venezuelas bürgerliche Opposition konnte die Parlamentswahlen gewinnen, weil die linke Regierung keine Mittel gegen die Sabotage des Kapitals hatte. Präsident Maduro kündigt Neuanfang und erbitterten Widerstand an
Von André Scheer
(André Scheer hielt sich Anfang Dezember auf Einladung des Nationalen Wahlrats (CNE) als internationaler Wahlbegleiter in Caracas auf.)

Die bolivarische Revolution in Venezuela ist – zumindest in ihrer bisherigen Form – zu Ende. Nach der schweren Wahlniederlage der Vereinten Sozialistischen Partei (PSUV) und ihrer Verbündeten am 6. Dezember kann sich der »Große Patriotische Pol« (GPP) zum ersten Mal seit dem Beginn des Prozesses 1999 nicht mehr auf alle öffentlichen Gewalten stützen. Hatten die Sozialisten in der Nationalversammlung bislang eine absolute Mehrheit gehalten, stürzten sie diesmal in der Wählergunst ab und erhielten nur noch 55 der 167 Sitze. Das rechte Oppositionsbündnis »Tisch der Demokratischen Einheit« (MUD) kam dagegen auf 109 Sitze. Zusammen mit den drei Vertretern der indigenen Gemeinschaften, bei denen sich diesmal ebenfalls die Opposition durchsetzen konnte, erreichte die Rechte somit eine Zweidrittelmehrheit.

Diese »qualifizierte Mehrheit« verschafft dem rechten Lager, das aus rund 20 einzelnen Parteien besteht, weitgehende Eingriffsmöglichkeiten, die der Regierung von Präsident Nicolás Maduro das Leben schwermachen dürften. Die Abgeordneten können nicht nur Gesetze verabschieden und bestehende verändern, sondern auch – jeweils mit bestimmten Einschränkungen – die Mitglieder des Obersten Gerichtshofs (TSJ), des Nationalen Wahlrats (CNE) und sogar die Minister des Regierungskabinetts ablösen. Auch der Vizepräsident kann von der Opposition gestürzt werden. Allerdings kann der Staatschef nach der dritten Absetzung das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen.

Zu den Befugnissen der Opposition gehört künftig auch die Bestätigung oder Ablehnung von Botschaftern, die Ratifizierung internationaler Verträge sowie die Entscheidung darüber, ob sich Maduro länger als fünf Tage im Ausland aufhalten darf. Damit kann das rechte Lager direkten Einfluss auf die Außenpolitik der Regierung nehmen. Auf dem Spiel steht so die Gesamtheit der bisherigen internationalen Strategie des bolivarischen Lagers, neue Allianzen gegen die Vorherrschaft der imperialistischen Zentren USA und EU zu schmieden. In Gefahr sind vor allem die solidarischen Wirtschaftsabkommen wie Petrocaribe, das den Staaten der Karibik und Mittelamerika die Lieferung von Erdöl zu Vorzugsbedingungen gewährt, oder die Bolivarische Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA).

Entscheidend für das verheerende Ergebnis war die für eine Parlamentswahl in Venezuela seit Jahrzehnten höchste Beteiligung, die fast ausschließlich dem Oppositionslager zugute kam. In absoluten Zahlen konnten die Parteien des »Großen Patriotischen Pols« (GPP), dem neben dem PSUV die Kommunistische Partei (PCV), die linksradikalen Tupamaros und andere Kräfte angehören, gegenüber der Wahl 2010 zwar rund 180.000 Stimmen hinzugewinnen, doch die MUD legte um 2,4 Millionen zu. Damit kam die Opposition auf 56,2 Prozent der Stimmen, gegenüber 40,8 Prozent für das linke Lager. Da sich die Mehrheit für die Rechte nahezu flächendeckend manifestierte und nicht wie früher auf die großen Städte beschränkte, profitierte die Opposition diesmal sogar von dem zuvor von ihr heftig attackierten Wahlrecht, das den bevölkerungsschwachen Regionen eine relativ höhere Vertretung in der Nationalversammlung gewährt.

Mängel der Ökonomie

Offenbar hat sich diesmal die »schweigende Mehrheit« zu Wort gemeldet, die sich um die politischen Auseinandersetzungen kaum gekümmert hat, solange es für sie wirtschaftlich und sozial aufwärts ging. Inzwischen sind aber augenscheinlich viele dieser Menschen der ökonomischen Schwierigkeiten überdrüssig geworden. Vor den Supermärkten der großen Städte bilden sich seit Monaten immer wieder lange Schlangen, wenn etwa eine neue Lieferung Maismehl oder Toilettenpapier eingetroffen ist. Die Regierung macht dafür einen seit 2013 systematisch geführten »Wirtschaftskrieg« der Opposition und privater Unternehmer verantwortlich.

Diese Aussage ist richtig. Immer wieder werden in Verstecken gehortete Lebensmittel entdeckt und beschlagnahmt. Dabei geht es den Handelsketten darum, die Finanzpolitik des Staates zu attackieren. Seit 2003 gilt in Venezuela eine Währungskontrolle, die den freien Erwerb von Dollar und Euro einschränkt. Der Grund für die Einführung dieser Maßnahmen war, dass nach dem Scheitern des Putsches gegen den damaligen Präsidenten Hugo Chávez im April 2002 sowie des »Generalstreiks« in der Erdölindustrie zwischen Dezember 2002 und Februar 2003 von der Opposition versucht worden war, die Regierung durch massive Kapitalflucht handlungsunfähig zu machen. Das konnte damals gestoppt werden. Unternehmen, die für ihren Außenhandel Devisen brauchen, müssen sich Fremdwährungen seither von staatlichen Stellen zu offiziellen Kursen zuteilen lassen. Dabei stellten sich die Behörden Cadivi (Kommission zur Devisenverwaltung) bzw. seit 2013 Cencoex (Nationales Zentrum für den Außenhandel) als ineffiziente und bürokratische Strukturen heraus, die mit ihren Aufgaben überfordert waren. Gerade kleinere Unternehmen gerieten durch Verzögerungen in der Bearbeitung ihrer Anträge oft in Liquiditätsschwierigkeiten. So breitete sich in den Strukturen auch die Korruption aus. Versuche, die Probleme durch Änderungen bei den Verfahren sowie durch die Einführung verschiedener Wechselkurse zu lindern, sorgten eher für noch größere Verwirrung. Je nach Hintergrund und mit jeweils anderen Einschränkungen kann der Euro derzeit legal zwischen 6,69 und 212,02 Bolívares (Bs.) wert sein, auf dem Schwarzmarkt gibt es sogar Kurse von bis zu 977 Bs. für einen Euro.

Das öffnete der Spekulation und Preissteigerungen Tür und Tor. Um der einfachen Bevölkerung zu garantieren, alle Waren des Grundbedarfs zu angemessenen Preisen erwerben zu können, wurden Preiskontrollen eingeführt. In der zuletzt im Oktober als Gesetz beschlossenen Regulierung wurde etwa festgelegt, dass die Gewinnmarge für in Venezuela produzierte Waren nur bei 30 Prozent liegen darf, bei importierten Gütern nur bei 20 Prozent. Alle Waren sollen demnach mit einem Höchstverkaufspreis gekennzeichnet werden. Dagegen aber richtet sich der Wirtschaftskrieg der Unternehmer. Diese beklagen, die bürokratischen Hürden, der beschränkte Zugriff auf Devisen und die zu niedrig angesetzten Preise würden ihnen keinen Handlungsspielraum lassen. Von seiten der Regierung wird ihnen dagegen vorgeworfen, sich auf Kosten der Bevölkerung bereichern zu wollen.

Folgen der Warenverknappung

Doch die sich seit Jahren wiederholenden Erklärungen der Regierung kamen bei vielen Menschen nicht mehr an. Vor allem aber war nicht zu erkennen, wie der Staat die Lage in den Griff bekommen wollte. In den staatlichen Medien gefeierte Importe großer Mengen der knappen Güter waren ebenso Tropfen auf den heißen Stein wie die im Sommer als Lösung präsentierte Teilschließung der Grenze zu Kolumbien. Dort hatte sich eine Schmuggelwirtschaft in riesigem Ausmaß entwickelt. In Venezuela zu kontrollierten Preisen vertriebene Waren wurden in das Nachbarland verschoben und dort deutlich teurer verkauft. Das konnte durch die Schließung der Übergänge etwas eingedämmt werden, zu einer spürbaren Entspannung in den Geschäften des weit entfernten Caracas führte das jedoch nicht. Auch solche Aktionen wie die Einführung von Fingerabdruckkontrollen an den Supermarktkassen blieben wirkungslos.

Der Journalist und Blogger Víctor Hugo Majano kritisierte am vergangenen Montag im staatlichen Radio Nacional de Venezuela, dass führende Funktionäre die Folgen der Warenverknappung für die einfachen Menschen ignoriert hätten. »Täglich zur Befriedigung grundlegender Bedürfnisse notwendige Aktivitäten wie das Nutzen eines öffentlichen Transportmittels, das Besteigen der Metro, der Kauf eines Produkts werden von diesen normalerweise nicht durchgeführt. Dadurch hören sie mit der Zeit auf, die Folgen von Problemen zu verstehen, die deshalb von ihrer Agenda verschwinden. Alles deutet darauf hin, dass dies mit den Effekten des Wirtschaftskriegs geschehen ist, und oft musste man feststellen, dass Beamte oder Medien des Staaten seine konkreten Folgen versteckten und kleinredeten, was auch ihr Verständnis und die Suche nach Lösungen einschränkte.« Als weitere Punkte nannte Majano die Ineffizienz und den Bürokratismus der öffentlichen Verwaltung, bei der sich »sozialistische« und bürgerliche Beamte nicht unterschieden, sowie die ewige Korruption, die von seiten der Regierung nicht entschieden genug bekämpft werde. Deshalb habe ein Teil der Wähler diesmal gesagt: Die einen schaffen es nicht, dann sollen es die anderen probieren.

Davon profitierte nur die von den privaten Medien sowie ausländischen Institutionen geförderte und finanzierte Oppositionsallianz MUD. Völlig bedeutungslos blieben dagegen die »unabhängigen« Kandidaturen. Weder die sozialdemokratische »Bewegung zum Sozialismus« (MAS) noch trotzkistische oder maoistische Kleinparteien oder die religiös geprägte Nuvipa (Neue Vision für mein Land) konnten nennenswerte Ergebnisse verzeichnen und blieben meist unter einem Prozent der Stimmen. Im neuen Parlament sind sie nicht vertreten.

Die MUD dagegen konnte am 6. Dezember flächendeckend Erfolge feiern, selbst in Hochburgen des linken Lagers. Sogar im »23 de Enero«, dem für seine kämpferischen Traditionen bekannten Viertel der Hauptstadt, lagen am Ende die Rechten knapp vorn. Mit 48,64 Prozent gewannen sie vor den Parteien des Großen Patriotischen Pols, die zusammen auf 48,16 Prozent kamen. Vor fünf Jahren hatten die Sozialisten hier noch unangefochten mit 61,1 Prozent gesiegt.

Nach außen war dieses politische Erdbeben am Sonntag im »23 de Enero« zunächst nicht spürbar gewesen. Nichts hatte darauf hingedeutet, dass in diesem Viertel die Mehrheit für die bolivarische Bewegung gefährdet sein könnte. Fröhlich feierten die Menschen auf den Plätzen vor den Wahllokalen und ignorierten das für das Wochenende geltende Alkoholverbot. Abgestimmt wurde auch hier in Schulen, Kindergärten und akademischen Einrichtungen. Wer etwa in der »Bolivarischen Vorschule Oly Clemente« zu wählen hatte, kam auf dem Weg dahin nicht nur an einer Büste für Manuel Marulanda, den 2008 verstorbenen Comandante der kolumbianischen FARC-Guerilla, vorbei, sondern auch an einem großen Wandbild, das den jahrzehntelangen Kampf der Aufständischen im Nachbarland symbolisiert. Auf der anderen Seite hingen zwei große Fahnen: die Trikolore Venezuelas sowie die auf den Bauerngeneral Ezequiel Zamora zurückgehende Fahne mit rotem Stern und der Aufschrift »Freie Heimat und Menschen«. Bekannte begrüßten einander als Genossen, und auch die Gruppe ausländischer Wahlbeobachter – die in Venezuela Wahlbegleiter genannt werden – wurde herzlich willkommen geheißen. Kämpferische Musik schallte aus den Lautsprechern, und Aktivisten riefen Nachbarn an, sie sollten unbedingt noch zur Wahl gehen. Immerhin in diesem Abstimmungslokal gewann die Linke. Knapp 51 Prozent erreichte die Liste der PSUV und der anderen Linkskräfte hier. Doch sogar in dieser Hochburg der revolutionären Bewegung kam die Opposition auf 46,1 Prozent der Stimmen.

Neuanfang bei der Linken

Das Regierungslager hat fast in ganz Venezuela verloren. Nur in sieben der 24 Bundesstaaten (den Hauptstadtdistrikt eingerechnet) konnte der »Große Patriotische Pol« die Wahlen gewinnen. »Es ist uns nicht gelungen, unserem Volk zu zeigen, welche Bedrohung der Kapitalismus darstellt«, räumte Yul Jabour ein, der dem Politbüro der Kommunistischen Partei Venezuelas angehört und wieder in die Nationalversammlung gewählt wurde. Der bisherige Parlamentspräsident und PSUV-Vizechef Diosdado Cabello übernahm im staatlichen Fernsehen VTV die Verantwortung für die Niederlage. Nicht das Volk sei schuld am Erfolg der Rechten, sondern die Führungspersönlichkeiten in Staat und Partei. »Präsident Nicolás Maduro hat alle Minister gebeten, dass sie ihre Ämter zur Verfügung stellen. Wir werden dasselbe in der Partei machen, alle Vizepräsidenten der Partei müssen ihre Ämter zur Verfügung stellen.« Dadurch solle die PSUV »wieder aufgebaut« werden.

Dafür müsste sich die Partei jedoch von ihrem verstorbenen Gründer Hugo Chávez emanzipieren. Die Parlamentswahl vom 6. Dezember war die erste Abstimmung in Venezuela, die keinen direkten Bezug auf den von 1999 bis zu seinem Tod im Jahr 2013 regierenden Präsidenten mehr hatte. Seine letzte Wahl hatte Chávez am 7. Oktober 2012 noch deutlich gewinnen können, doch schon bei der Neuwahl im April 2013 konnte sich der von Chávez persönlich nominierte Nicolás Maduro nur noch knapp gegen seinen Widersacher Henrique Capriles Radonski durchsetzen. Seither ist es ihm nicht gelungen, ein eigenes Profil zu entwickeln. Das »Programm des Heimatlandes«, das Chávez 2012 und Maduro 2013 als Regierungsprogramm vorgelegt hatten, ist bisher nicht ansatzweise umgesetzt worden und spielt sogar rhetorisch keine Rolle mehr. Statt dessen gibt es ständige Bezüge auf den »Ewigen Obersten Comandante«, dessen Augen sogar in das Parteisymbol der PSUV aufgenommen wurden. Eine der zentralen Losungen der PSUV im Wahlkampf lautete »Am 6. Dezember siegt Chávez«. Doch die Forderung an die Bevölkerung, sich für die vielen Wohltaten der vergangenen anderthalb Jahrzehnte dankbar zu zeigen und deshalb den Chavistas die Treue zu halten, zieht nicht mehr.

Die bolivarische Bewegung will sich jedoch nicht kampflos geschlagen geben. Am Mittwochabend (Ortszeit) versammelten sich mehrere tausend Menschen vor dem Präsidentenpalast Miraflores zur ersten »Volksversammlung auf der Straße«, um darüber zu beraten, wie der bevorstehenden Offensive der Rechten begegnet werden kann. Zu der Aktion hatten linke Basisgruppen aufgerufen, nicht der PSUV oder andere Parteien. Trotzdem gesellte sich Präsident Maduro zu den Versammelten und stellte sich von der Ladefläche eines Lastwagens aus den Fragen und der Kritik. »In Venezuela wird die Revolution weder übergeben noch beendet«, versicherte er. Er verwies auf die mehr als 40 Prozent der Stimmen für das revolutionäre Lager: »Die Bourgeoisie sollte wegen unseres vorübergehenden Rückschlags nicht Siegesgesänge anstimmen.« Hätte es den »imperialistischen Wirtschaftskrieg gegen unser Volk« nicht gegeben, wäre die Wahl anders ausgegangen, so Maduro. Er kündigte an, per Dekret ein für drei Jahre gültiges Gesetz zum Schutz der Arbeiter vor den drohenden Übergriffen durch die neue Mehrheit zu erlassen.

Kampf um Arbeiterrechte

Die regierungsnahen Gewerkschaften riefen zum Kampf gegen den Vorstoß des Unternehmerverbandes Fedecámaras auf, der schon Stunden nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses die Aufhebung des geltenden Arbeitsgesetzes (LOTTT) verlangt hatte, in dem weitreichende Mitbestimmungsrechte für die Beschäftigten festgeschrieben sind. »Präsident Nicolás Maduro, zählen Sie auf die Arbeiterklasse«, versicherte der Chef der Bolivarischen Sozialistischen Arbeiterzentrale (CBST), Wills Rangel. »Wir werden niemals zulassen, dass sie auch nur einen Buchstaben oder ein Komma des LOTTT streichen. Dieses Gesetz wurde in einer mehr als sechs Monate dauernden Debatte mit dem Volk erarbeitet, in ihm sind die Rechte der Gesellschaft, die Beteiligung der Frau und der Jugendlichen festgelegt.« Man werde die Bestimmungen des Gesetzes deshalb auf der Straße verteidigen, kündigte der Gewerkschafter an. Zudem forderte Rangel die Verstaatlichung des gesamten Bankensektors, um die nationale Produktion zu stärken.

Die weiteren Perspektiven werden davon abhängen, ob es dem linken Lager, dem »Großen Patriotischen Pol«, gelingt, seine Geschlossenheit zu wahren. Das hängt sehr davon ab, ob der PSUV jetzt zerfällt oder nicht. Zu rechnen ist jedenfalls damit, dass sich Opportunisten, die sich nur wegen lukrativer Posten der Regierungspartei angeschlossen haben, schnell die Seiten wechseln werden. Dabei bleibt abzuwarten, ob die 55 Abgeordnete starke Linksfraktion in der Nationalversammlung zusammenhält, die aus 51 Vertretern des PSUV, zwei Mitgliedern des PCV, einem Aktivisten der Partei PPT (»Heimatland für alle«) sowie einem Abgesandten der kleinen »Vanguardia Bicentenaria Republicana« (VBR) besteht.

im bürgerlichen Bündnis

Auch die Perspektive der MUD ist offen. Die Allianz wird bislang nur von der gemeinsamen Gegnerschaft gegen Maduro und den PSUV zusammengehalten. Doch schon jetzt beginnen Flügelkämpfe zwischen der sozialdemokratischen »Acción Democrática« (AD) und der eher christdemokratischen »Primero Justicia« (PJ) um die Vorherrschaft in der Fraktion. Zwei Nachrücker sitzen sogar noch wegen ihrer Beteiligung an den gewaltsamen Protesten im vergangenen Jahr im Gefängnis und könnten ihr Parlamentsmandat nicht antreten, wenn der entsprechende Abgeordnete ausfallen sollte.

Wahrscheinlich ist jedoch, dass die Opposition gemeinsam versuchen wird, auch Präsident Maduro zu stürzen. Dazu könnte sie ab April, wenn die Hälfte seiner Amtszeit abgelaufen ist, ein Amtsenthebungsreferendum anstrengen. Sollten die Rechten dieses gewinnen, gäbe es vorgezogene Präsidentschaftswahlen. Zeit, ihre Wunden zu lecken, hat Venezuelas Linke also nicht. Es geht jetzt darum, die Errungenschaften von 17 Jahren revolutionären Prozesses zu verteidigen oder in die finsteren Zeiten der »Vierten Republik«, also der 40 Jahre dauernden, US-treuen Regierung, zurückzukehren.
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