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•NEUES THEMA06.11.2007, 07:25 Uhr
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Dogan Göçmen | ||
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• Die Oktoberrevolution und die unterdrückten Völker
Die Oktoberrevolution hat für die Befreiung der unterdrückten Völker eine welthistorische Bedeutung. Die bürgerlichen Ideologen mögen heute die große sozialistische Oktoberrevolution als einen Akt der „Verrückten“ behandeln und die Führer dieser größten Anstrengung in der Geschichte der Menschheit mit Hitler vergleichen. Sie mögen „Schwarzbücher“ über das „Verbrechen“ dieser Revolution, die „wahrhaftig das bedeutendste Datum der gesamten Menschheitsgeschichte ist“ (Palmiro Togliatti), schreiben. Die Europäische Linke (EL) mag in ihrem „Manifest“ in den revolutionären Versuchen des 20. Jahrhunderts trotz der „großen Errungenschaften“ nur noch „große Niederlagen und Tragödien“ erblicken, um sich dann sofort von dieser revolutionären Tradition abzusetzen. Doch die unterdrückten Völker und die Verelendeten dieser Erde empfingen aus der sozialistischen Oktoberrevolution einen Impuls für die endliche und die lang ersehnte Befreiung vom Kolonialismus und der imperialistischen Unterdrückung. Auf dieses revolutionäre Erbe darf auch heute - eben gerade auch aus Sicht der unterdrückten Völker - nicht verzichtet werden.
Die historische und geopolitische Bedeutung
[ussr0123.jpg]Wie Rosa Luxemburg in ihrer „Einführung in die National Ökonomie“ (GW 5) darstellt, ist die Geschichte des Kapitalismus zugleich die Geschichte der Kolonialisierung der außereuropäischen Völker. Bis 1914 war die Aufteilung und Wiederaufteilung der Welt unter imperialistischen Mächten abgeschlossen. Die Welt wurde in ein Regime des kolonialen und halbkolonialen Systems verwandelt.
Um eine Vorstellung von der unterdrückerischen Dimension dieses Regimes zu machen, genügt es, sich in Erinnerung zu rufen, dass es 1939 auf dem ganzen afrikanischen Kontinent nur ein einziges (toleriertes) unabhängiges Land (Äthiopien) gab. Selbst 1950 waren es gerade mal drei unabhängige Länder auf dem schwarzen Kontinent (Staatsbürgerkunde der DDR 10). Auf dem amerikanischen Kontinent gab es zwar bereits nach dem Ersten Weltkrieg viele unabhängige Republiken, dort herrschte aber die sogenannte Monroe Doktrin, worin die USA ihr alleiniges Okkupationsrecht auf dem amerikanischen Kontinent behauptete, wie sie es im Falle von Chile und vieler anderer Länder praktiziert haben. In den 1980er Jahren wuchs die Zahl der vom Kolonialismus befreiten Länder in Afrika auf etwa 90 und schon in den 1970er Jahren waren die Kontinente Asien und Lateinamerika frei vom Kolonialismus alten Stils. Dass das koloniale System so schnell zusammenbrechen konnte, verdanken die unterdrückten Völker der Sowjetunion. Seitdem es Kolonien gab, gab es auch immer Befreiungskämpfe. Ihre Kämpfe mündeten aber fast immer in Ausweglosigkeit. Die Befreiung von der einen Kolonialmacht trieb sie in die Hand der anderen.
Dass sich Mkwawa, der Führer des Befreiungskampfes in Tansania gegen die deutsche Kolonialmacht, angesichts der empfundenen Ohnmacht selbst erschoss, ist kein Zufall. Und dass die Krieger der Maji-Maji-Rebellion von 1907 glaubten, dass das Trinken des „heiligen Wassers“ sie gegen die Kugeln der Kolonialarmee immun mache, ist sicherlich nicht nur auf ihren Aberglaube oder ihre Naivität zurückzuführen. Angesichts der gefühlten Ohnmacht gegenüber der Kolonialmacht dürfte es sich eher um den ins Mystische gesteigerten Wunsch nach Unabhängigkeit und Freiheit gehandelt haben.
Eine Antwort auf die Ohnmacht
Die Oktoberrevolution war auch eine Antwort auf diese Ohnmacht. Sie hat nicht nur die „Existenz- und Entwicklungsbedingungen der gesamten Menschheit“ grundlegend verändert, sondern eröffnete auch den „Völkern aller Kontinente (…) neue Horizonte“. (H. Mies, Ausgewählte Reden und Aufsätze, S. 327) Die unterdrückten Völker nahmen die Verkündung der Volkskommissare wörtlich: „Auf unseren Bannern tragen wir die Befreiung für die unterdrückten Völker der Welt“ lautete es in ihrem von Lenin unterzeichneten Aufruf vom 22. November 1917. Selbst die USA musste dies zugeben, als sie u.a. wegen der deutschen Pläne, das Kolonialsystem etwa bis Mitte des 21. Jahrhunderts fortzusetzen, nach dem zweiten Weltkrieg erklärte, die Fortsetzung des Kolonialsystems werde die kolonialisierten Länder in die Arme der Sowjetunion treiben.
Nationale Befreiung und/oder Sozialismus
[file-periodicals#30]Zunächst zwei biographische Notizen. Nazim Hikmet, der kommunistische Dichter aus der Türkei, schwärmte einmal als etwa 17-Jähriger (1919/20) von den Idealen der großen französischen Revolution. Ein Freund soll ihm gesagt haben‚ er solle nicht zu den bürgerlichen Revolutionen für revolutionäre Inspirationen gucken, sondern er brauche nur in Anschein zu nehmen, was in Russland stattfinde: Eine neuartige, sozialistische Revolution. Frantz Fanon, einer der führenden Köpfe der algerischen Befreiung, war schwer an Leukämie erkrankt. Die medizinische Behandlung war in Afrika nicht vielversprechend. Europa kam für ihn schon aus Sicherheitsgründen und die USA wegen der dort herrschenden rassistischen Politik nicht in Frage. Obwohl er weder ein Marxist noch ein Sozialist war - er wollte zunächst nur sein Land aus der kolonialen Unterdrückung befreien -, hat er das Angebot der Sowjetunion gerne angenommen und wurde 1961 in Moskau behandelt. Diese biographischen Notizen von zwei Intellektuellen aus der Türkei und Algerien machen zwei Perspektiven deutlich, die die Sowjetunion den unterdrückten bzw. kolonialisierten Ländern ermöglichte: über den nichtkapitalistischen Weg zum Sozialismus oder sich zunächst auf die nationale Befreiung beschränken. Sie konnten aber immer mit der Solidarität der Sowjetunion rechnen.
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Es ist nur vor diesem Hintergrund verständlich, warum die ganze sogenannte „Dritte Welt“ trauerte als die Nachricht von Stalins Tod um die Welt ging. Selbst Eric Hobsbawm, dem wahrlich kein „Stalinismus“ vorgeworfen werden kann, muss trotz aller Geringschätzung anerkennen, dass in dem Befreiungskampf der unterdrückten Völker neben Lenins Imperialismus (The Age of Empire 1875 - 1914, S. 60) Stalins Marxismus und Nationalitätenfrage den größten Einfluss geübt hat (Nationen und Nationalismus, S. 12). Hikmets Land wurde zwar nicht sozialistisch, aber er und viele Länder gingen diesen Weg. Frantz Fanon wurde zwar nicht sozialistisch, aber sein Land erkämpfte nicht zuletzt dank der Unterstützung der Sowjetunion die Unabhängigkeit. Was die aristokratische Linke auch erzählen mag, die unterdrückten Völker haben jeden Grund, auf dieses Erbe der Oktoberrevolution stolz zu sein. Denn es ist zugleich die Geschichte ihrer Befreiung vom Kolonialismus.
Rückfall in die Barbarei oder wie weiter?
Julius Kambarga Nyerere, Tansanias erster Präsident, der in Afrika als der Weise genannt wurde, stellte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion fest: Die größten Verlierer dieser Niederlage seien die Länder der „Dritten Welt“, weil sie damit jene Freiheit verloren haben, die die Sowjetunion ihnen gegenüber der imperialistischen Länder ermöglichte. Nyerere wusste als Kenner der Leninschen Theorie des Imperialismus, was das für die vormaligen kolonialisierten Völker bedeutete. Eine der Schlussfolgerungen, die Lenin nach seiner Analyse des Imperialismus zog, ist, dass die Aufteilung und Wiederaufteilung der Welt unter den imperialistischen Ländern einer der Wesenzüge des Imperialismus sei. Und nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Systems machten die imperialistischen Länder sich wie Wölfe sofort über die ökonomisch und geostrategisch wichtigen Länder her. Der afrikanische Kontinent wird wieder der Willkür der imperialistischen Mächte unterworfen. Im Pentagon gibt es bereits Pläne, wie „postkoloniale Kolonialisierung“ aussehen könnte. Deshalb fühlen die Menschen in allen Ländern sich wieder an Luxemburgs Diktum „Sozialismus oder Barbarei“ erinnert. Die Völker der vormalig kolonialisierten Länder sind wieder in die Barbarei eines neuartigen Kolonialismus gestürzt worden. Nur der Sozialismus wird in der Lage sein, die Völker aus der Barbarei herausholen in eine humane und solidarische Völkergemeinschaft.
Die historische und geopolitische Bedeutung
[ussr0123.jpg]Wie Rosa Luxemburg in ihrer „Einführung in die National Ökonomie“ (GW 5) darstellt, ist die Geschichte des Kapitalismus zugleich die Geschichte der Kolonialisierung der außereuropäischen Völker. Bis 1914 war die Aufteilung und Wiederaufteilung der Welt unter imperialistischen Mächten abgeschlossen. Die Welt wurde in ein Regime des kolonialen und halbkolonialen Systems verwandelt.
Um eine Vorstellung von der unterdrückerischen Dimension dieses Regimes zu machen, genügt es, sich in Erinnerung zu rufen, dass es 1939 auf dem ganzen afrikanischen Kontinent nur ein einziges (toleriertes) unabhängiges Land (Äthiopien) gab. Selbst 1950 waren es gerade mal drei unabhängige Länder auf dem schwarzen Kontinent (Staatsbürgerkunde der DDR 10). Auf dem amerikanischen Kontinent gab es zwar bereits nach dem Ersten Weltkrieg viele unabhängige Republiken, dort herrschte aber die sogenannte Monroe Doktrin, worin die USA ihr alleiniges Okkupationsrecht auf dem amerikanischen Kontinent behauptete, wie sie es im Falle von Chile und vieler anderer Länder praktiziert haben. In den 1980er Jahren wuchs die Zahl der vom Kolonialismus befreiten Länder in Afrika auf etwa 90 und schon in den 1970er Jahren waren die Kontinente Asien und Lateinamerika frei vom Kolonialismus alten Stils. Dass das koloniale System so schnell zusammenbrechen konnte, verdanken die unterdrückten Völker der Sowjetunion. Seitdem es Kolonien gab, gab es auch immer Befreiungskämpfe. Ihre Kämpfe mündeten aber fast immer in Ausweglosigkeit. Die Befreiung von der einen Kolonialmacht trieb sie in die Hand der anderen.
Dass sich Mkwawa, der Führer des Befreiungskampfes in Tansania gegen die deutsche Kolonialmacht, angesichts der empfundenen Ohnmacht selbst erschoss, ist kein Zufall. Und dass die Krieger der Maji-Maji-Rebellion von 1907 glaubten, dass das Trinken des „heiligen Wassers“ sie gegen die Kugeln der Kolonialarmee immun mache, ist sicherlich nicht nur auf ihren Aberglaube oder ihre Naivität zurückzuführen. Angesichts der gefühlten Ohnmacht gegenüber der Kolonialmacht dürfte es sich eher um den ins Mystische gesteigerten Wunsch nach Unabhängigkeit und Freiheit gehandelt haben.
Eine Antwort auf die Ohnmacht
Die Oktoberrevolution war auch eine Antwort auf diese Ohnmacht. Sie hat nicht nur die „Existenz- und Entwicklungsbedingungen der gesamten Menschheit“ grundlegend verändert, sondern eröffnete auch den „Völkern aller Kontinente (…) neue Horizonte“. (H. Mies, Ausgewählte Reden und Aufsätze, S. 327) Die unterdrückten Völker nahmen die Verkündung der Volkskommissare wörtlich: „Auf unseren Bannern tragen wir die Befreiung für die unterdrückten Völker der Welt“ lautete es in ihrem von Lenin unterzeichneten Aufruf vom 22. November 1917. Selbst die USA musste dies zugeben, als sie u.a. wegen der deutschen Pläne, das Kolonialsystem etwa bis Mitte des 21. Jahrhunderts fortzusetzen, nach dem zweiten Weltkrieg erklärte, die Fortsetzung des Kolonialsystems werde die kolonialisierten Länder in die Arme der Sowjetunion treiben.
Nationale Befreiung und/oder Sozialismus
[file-periodicals#30]Zunächst zwei biographische Notizen. Nazim Hikmet, der kommunistische Dichter aus der Türkei, schwärmte einmal als etwa 17-Jähriger (1919/20) von den Idealen der großen französischen Revolution. Ein Freund soll ihm gesagt haben‚ er solle nicht zu den bürgerlichen Revolutionen für revolutionäre Inspirationen gucken, sondern er brauche nur in Anschein zu nehmen, was in Russland stattfinde: Eine neuartige, sozialistische Revolution. Frantz Fanon, einer der führenden Köpfe der algerischen Befreiung, war schwer an Leukämie erkrankt. Die medizinische Behandlung war in Afrika nicht vielversprechend. Europa kam für ihn schon aus Sicherheitsgründen und die USA wegen der dort herrschenden rassistischen Politik nicht in Frage. Obwohl er weder ein Marxist noch ein Sozialist war - er wollte zunächst nur sein Land aus der kolonialen Unterdrückung befreien -, hat er das Angebot der Sowjetunion gerne angenommen und wurde 1961 in Moskau behandelt. Diese biographischen Notizen von zwei Intellektuellen aus der Türkei und Algerien machen zwei Perspektiven deutlich, die die Sowjetunion den unterdrückten bzw. kolonialisierten Ländern ermöglichte: über den nichtkapitalistischen Weg zum Sozialismus oder sich zunächst auf die nationale Befreiung beschränken. Sie konnten aber immer mit der Solidarität der Sowjetunion rechnen.
[tabbox]
Es ist nur vor diesem Hintergrund verständlich, warum die ganze sogenannte „Dritte Welt“ trauerte als die Nachricht von Stalins Tod um die Welt ging. Selbst Eric Hobsbawm, dem wahrlich kein „Stalinismus“ vorgeworfen werden kann, muss trotz aller Geringschätzung anerkennen, dass in dem Befreiungskampf der unterdrückten Völker neben Lenins Imperialismus (The Age of Empire 1875 - 1914, S. 60) Stalins Marxismus und Nationalitätenfrage den größten Einfluss geübt hat (Nationen und Nationalismus, S. 12). Hikmets Land wurde zwar nicht sozialistisch, aber er und viele Länder gingen diesen Weg. Frantz Fanon wurde zwar nicht sozialistisch, aber sein Land erkämpfte nicht zuletzt dank der Unterstützung der Sowjetunion die Unabhängigkeit. Was die aristokratische Linke auch erzählen mag, die unterdrückten Völker haben jeden Grund, auf dieses Erbe der Oktoberrevolution stolz zu sein. Denn es ist zugleich die Geschichte ihrer Befreiung vom Kolonialismus.
Rückfall in die Barbarei oder wie weiter?
Julius Kambarga Nyerere, Tansanias erster Präsident, der in Afrika als der Weise genannt wurde, stellte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion fest: Die größten Verlierer dieser Niederlage seien die Länder der „Dritten Welt“, weil sie damit jene Freiheit verloren haben, die die Sowjetunion ihnen gegenüber der imperialistischen Länder ermöglichte. Nyerere wusste als Kenner der Leninschen Theorie des Imperialismus, was das für die vormaligen kolonialisierten Völker bedeutete. Eine der Schlussfolgerungen, die Lenin nach seiner Analyse des Imperialismus zog, ist, dass die Aufteilung und Wiederaufteilung der Welt unter den imperialistischen Ländern einer der Wesenzüge des Imperialismus sei. Und nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Systems machten die imperialistischen Länder sich wie Wölfe sofort über die ökonomisch und geostrategisch wichtigen Länder her. Der afrikanische Kontinent wird wieder der Willkür der imperialistischen Mächte unterworfen. Im Pentagon gibt es bereits Pläne, wie „postkoloniale Kolonialisierung“ aussehen könnte. Deshalb fühlen die Menschen in allen Ländern sich wieder an Luxemburgs Diktum „Sozialismus oder Barbarei“ erinnert. Die Völker der vormalig kolonialisierten Länder sind wieder in die Barbarei eines neuartigen Kolonialismus gestürzt worden. Nur der Sozialismus wird in der Lage sein, die Völker aus der Barbarei herausholen in eine humane und solidarische Völkergemeinschaft.
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