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NEUES THEMA19.04.2007, 13:18 Uhr
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Klaus Wagener
GAST
• Der Sicherheitsrambo Die "Genossen" winden sich in schweren Krämpfen. Die vom Koalitionskollegen Wolfgang Schäuble geplanten Sicherheitsgesetze sind alles andere als ein Sympathieknaller. Die mehr als dubiosen "Kofferbomber" waren für eine Massenhysterie einfach zu mager. In der Leserumfrage des nicht gerade für umstürzlerische Tendenzen bekannten Handelsblattes halten deutlich über 80 Prozent den Daumen nach unten. Selbst der kernige Vorsitzende der "Gewerkschaft" der Polizei Konrad Freiberg kritisierte den geplanten Aufbau einer bundesweiten Fingerabdruck-Datei als "groben Verstoß gegen das verfassungsmäßige Recht jedes Einzelnen auf die so genannte informationelle Selbstbestimmung." Angesichts der fallenden Popularitätskurve der Sozialdemokraten kann sich das Willy-Brandt-Haus ein einfaches Durchwinken nicht erlauben. Daher durfte Justizministerin Brigitte Zypries Schäubles Ansinnen erst einmal mit dem Prädikat "verfassungsrechtlich höchst bedenklich" versehen, bevor Realpolitiker wie der innenpolitische Sprecher der SPD Dieter Wiefelspütz langsam versuchen können, die Kurve zu einer, das Gewissen zermarternden, höchst verantwortlichen Akzeptanz hinzukriegen.

Tatsächlich dürfte das "verfassungsrechtlich höchst bedenklich" aber noch reichlich untertrieben sein. Kernpunkte des Schäuble-Katalogs sind die fast völlige Freigabe der Rasterfahndung, der staatliche Zugriff auf die Mautdaten, das präventive Abhören von Telephonen, die Verwanzung von Wohnungen auch durch das BKA, die Wiederbelebung der Kronzeugenregelung, die Verschärfung des Paragraphen 129a "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" (womit bekanntermaßen nicht die SS o. ä. gemeint sind), die Vorratsdatenspeicherung alle Kommunikationsdaten, die bundesweite Speicherung aller Fingerabdrücke sowie die Online-Durchsuchung. Verfassungsrechtliche Bedenken lassen sich bei verfassungsändernden Mehrheiten, so das offensichtliche Kalkül des Innenministers, sehr bequem durch Änderung der Verfassung ausräumen.

Als beispielsweise Anfang des Jahres bei einer Razzia nach Kinderpornographie-Kunden auf Veranlassung der Polizei etwa 20 Mio. Kreditkartenkunden überprüft werden konnten, wurde auch deutlich welche Dimensionen die Einbeziehung kommerzieller Dateien in die staatliche Überwachung haben kann. Ähnlich umfassende Dateien liefern etwa Lotteriebetreiber, Rabattkartensysteme und Energieversorgungsunternehmen. Dazu kommt die im Übergang zur automatisierten Erfassung und Verarbeitung befindliche ständig erweiterte Videoüberwachung. Die neue Qualität entsteht im Zugriff auf die Zusammenführung aller Dateien, wie bei der seit dem 1. März 2007 im Rahmen des "Gemeinsame-Dateien-Gesetzes" errichteten "Antiterrordatei", einer Datenbank, welche die Dateien von 38 Behörden vereinigt.

Neben der exorbitanten Ausweitung der Datenmengen, auf die von den zentralen Behörden der Bundesrepublik Zugriff genommen wird, ist die Voraussetzungslosigkeit neu, mit der dieser Zugriff erfolgt. Natürlich hat das für Staatsfeinde wie Kommunisten, die ja in dieser Gesellschaft unter Generalverdacht stehen, spätestens seit dem Kölner Kommunistenprozess von 1852 gegolten. Der Verfassungsschutz darf daher Linke selbstverständlich soweit wie möglich ausforschen. Doch nun ist die Illusion des liberalen Rechtsstaatsverständnisses, dass jeder staatstragende Bürger, der sich nichts zuschulden kommen lässt, von den Repressionsorganen des Staates unbehelligt bleibt, von Schäuble abgeräumt. Das schmerzt. Der neoliberale Staat demontiert sein eigenes Propagandabild. Seine Realität ist nicht die freie, selbstverwirklichende Entfaltung selbstbewusster Bürger, sondern die Totalüberwachung, die permanente Indoktrination, die staatliche Gängelung, die Zwangsarbeit, und die massive Repression. Das lässt selbst eingefleischte Propagandisten der neoliberalen Gegenreformation für einen Moment innehalten.

An vieles, was mit dem Versprechen von mehr Sicherheit installiert wurde, haben sich die Menschen in einer zunehmend unsicheren neoliberalen Umwelt gewöhnt. Doch der eigene Computer ist heilig. Trojaner sind extrem unbeliebt. Auch Bundestrojaner. Hier hat Schwarz-Rosa wie im Afghanistan-Krieg oder beim Mindestlohn längst keine Mehrheit. Demokratie heißt Herrschaft des Volkes. Wir sollten das klarmachen.
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