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•NEUES THEMA16.07.2017, 12:30 Uhr
Nutzer / in | ||
Rolf Fürst, MarÂtin KrautÂhoÂbel | ||
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• „Industrie 4.0“: Revolution ohne Umsturz?
In der Kommunistischen Arbeiterzeitung (KAZ) Nr. 358 Link ...jetzt anmelden!' target='blank hat LudÂwig Jost forÂmuÂliert: "Mit Weißbuch 'ArÂbeiÂten 4.0' geÂgen ArÂbeitsÂrecht und ArÂbeitsÂzeit“1 und daÂmit die SeiÂte des AnÂgriffs auf unÂseÂre eleÂmenÂtaÂren RechÂte im Zuge der „4.0“-DisÂkusÂsiÂon darÂgeÂstellt. Mit dem hier vorÂlieÂgenÂden ArÂtiÂkel soll darÂan anknüpfend eine EinÂordÂnung von „InÂdusÂtrie 4.0“ in hisÂtoÂriÂsche und poÂlit-ökoÂnoÂmiÂsche ZuÂsamÂmenhänge erÂfolÂgen. Im nachÂfolÂgenÂden Heft (KAZ 360) wolÂlen wir uns dann inÂtenÂsiv mit der techÂniÂschen SeiÂte und ihÂrer BeÂdeuÂtung für die DisÂkusÂsiÂon beÂfasÂsen. SoÂmit erÂgibt sich eine kleiÂne, dreiÂteiÂliÂge ArÂtiÂkelÂseÂrie, mit welÂcher wir dem akÂtuÂelÂlen TromÂmelÂfeuÂer auf die ArÂbeiÂterÂklasÂse durch „InÂdusÂtrie 4.0“ beÂgegÂnen wolÂlen.
„Industrie 4.0“ – Revolution oder Propaganda?
BigÂDaÂta, DiÂgiÂtaÂliÂsieÂrung oder InÂterÂnet der DinÂge – BeÂgriffÂlichÂkeiÂten, die uns derÂzeit aus MeÂdiÂen, WerÂbung und PoÂliÂtik geÂraÂdeÂzu um die OhÂren geÂhauÂen werÂden. AlÂles „Neue“ oder auch nur neu erÂscheiÂnenÂde wird inÂzwiÂschen mit dem ZuÂsatz „4.0“ ausÂgeÂstatÂtet und neÂbenÂbei als „ReÂvoÂluÂtiÂon“ beÂtiÂtelt. Egal, ob KosÂmeÂtik, LeÂbensÂmitÂtel, KleiÂdung oder ElekÂtroÂnikÂproÂdukÂte, alle solÂlen sie ihre Märkte „reÂvoÂluÂtioÂnieÂren“. Selbst die IG MeÂtall entÂdeckt die ReÂvoÂluÂtiÂon neu und beÂzeichÂnet ihre letzÂte JuÂgendÂkamÂpaÂgne als „ReÂvoÂluÂtiÂon BilÂdung“. Die bürgerÂliÂchen OrÂgaÂne tromÂpeÂten aus alÂlen RohÂren und verkünden die „vierÂte inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon“. In der TheÂmaÂtik der „InÂdusÂtrie 4.0“ werÂfen schon die verÂwenÂdeÂten BeÂgriffÂlichÂkeiÂten mehr FraÂgen auf, als klaÂre AntÂworÂten zu erÂkenÂnen sind. Im neÂbulösen GeÂschwaÂfel der BourÂgeoiÂsie wird die BeÂgriffsÂdeÂfiÂniÂtiÂon der ReÂvoÂluÂtiÂon im InÂterÂesÂse der BourÂgeoiÂsie aufÂgelöst, dies ermöglicht die inÂflaÂtiÂonäre VerÂwenÂdung und macht den BeÂgriff in dem ZuÂsamÂmenÂhang wertÂlos.
Der BeÂgriff „InÂdusÂtrie 4.0“ beÂgegÂnet uns seit eiÂniÂgen JahÂren verstärkt, zunächst in MeÂdiÂen und ReÂgieÂrungsÂverÂanÂstalÂtunÂgen, mittÂlerÂweiÂle auch in BeÂtrieb und GeÂwerkÂschaft. Es beÂgann mit der „PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0“ als InÂitiaÂtiÂve eiÂniÂger KaÂpiÂtaÂlisÂtenÂverbände und dem BunÂdesÂwirtÂschafts- und dem ForÂschungsÂmiÂnisÂteÂriÂum auf der HanÂnoÂver MesÂse 2013. In puncÂto InÂforÂmaÂtiÂonsÂtechÂnoÂloÂgie (IT) soll so eine „WeltÂspraÂche der ProÂdukÂtiÂon“ geÂschafÂfen werÂden. Man will den BeÂgriff im DiaÂlog von und mit GeÂwerkÂschafÂten, WirtÂschaftsÂverbänden, UnÂterÂnehÂmen, WisÂsenÂschaft und PoÂliÂtik befördern und mit InÂhalt füllen. Dies ist durchÂschlaÂgend geÂlunÂgen. An alÂles wird „4.0“ gehängt: Man hält FachÂkonÂfeÂrenÂzen zu „BilÂdung 4.0“2, das HanÂdelsÂblatt proÂpheÂzeit „Das Auto 4.0 kommt“3, ein Grüner forÂdert „VerÂbrauÂcherÂschutz 4.0“4, der VerÂband DeutÂscher InÂgeÂnieuÂre (VDI) bieÂtet eiÂnen WettÂbeÂwerb zu „WohÂnen 4.0“5 und die IG MeÂtall verÂanÂstalÂtet SeÂmiÂnaÂre zum „SoÂziÂalÂstaat 4.0“. Aber auch BeÂgrifÂfe, die nun wirkÂlich nicht zur inÂdusÂtriÂelÂlen ProÂdukÂtiÂon gehören, beÂkomÂmen den ZuÂsatz anÂgehängt: Auf der MüncheÂner SiÂcherÂheitsÂkonÂfeÂrenz gibt es „DeÂfence 4.0“6 und anÂdersÂwo „MuÂsik 4.0“ oder „Schulz 4.0.“…
Angst – Ohnmacht und Konkurrenz – alles wird „4.0“
BeÂhaupÂtet wird daÂbei imÂmer eine neue QuaÂlität der EntÂwickÂlung aufÂgrund allÂgeÂgenwärtiÂger DiÂgiÂtaÂliÂsieÂrung und großer DaÂtenÂmenÂgen, die neue AnÂwenÂdunÂgen ermögliÂchen und beÂwirÂken. Doch zuÂnehÂmend schwingt BeÂdrohÂliÂches mit: Wenn die TechÂnik dieÂse anÂgebÂlich ganz neue StuÂfe erÂreicht, dann bleibt uns nur noch, sich dem beÂdinÂgungsÂlos zu fügen. Auch die diÂgiÂtaÂle KonÂkurÂrenz schläft nicht, wir müssen uns anÂpasÂsen. Sonst droht AufÂtragsÂmanÂgel, ExÂportÂverÂlusÂte und AusÂlaÂgeÂrung, MasÂsenÂarÂbeitsÂloÂsigÂkeit und VerÂelenÂdung wären die FolÂge. So wird aus der ProÂpaÂgieÂrung moÂderÂner, fleÂxiÂbler ProÂdukÂtiÂon mal wieÂder die DrohÂgebärde und wir solÂlen „Angst und OhnÂmacht 4.0“ beÂkomÂmen, was nicht ohne WirÂkung bleibt.
DieÂse MeÂthoÂde ist schon mal keiÂnesÂfalls neu, sonÂdern minÂdesÂtens so alt wie der KaÂpiÂtaÂlisÂmus. Bei jeÂder ForÂdeÂrung nach ArÂbeitsÂzeitÂverkürzung in der GeÂschichÂte schrie das KaÂpiÂtal, dies sei der UnÂterÂgang der WirtÂschaft, so AnÂfang der 1980er-JahÂre mit dem AusÂspruch: „Die 35-StunÂdenÂwoÂche schafft ArÂbeitsplätze … in FernÂost“7, verÂbunÂden mit der wirÂren BeÂhaupÂtung, JaÂpan sei im Jahr 2000 die weltÂweit stärksÂte WirtÂschaftsÂmacht. Die DurchÂsetÂzung der 35-StunÂdenÂwoÂche war daÂbei der in dieÂser DiÂmenÂsiÂon vorÂerst letzÂte, durch Streik erÂreichÂte, ofÂfenÂsiÂve ErÂfolg der InÂdusÂtrieÂgeÂwerkÂschafÂten. Es folgÂte die DämoÂniÂsieÂrung der ComÂpuÂterÂtechÂnoÂloÂgie als AbÂschafÂfung menschÂliÂcher InÂdusÂtrieÂarÂbeit, bald werÂde es nur noch vollÂauÂtoÂmaÂtiÂsche FaÂbriÂken geÂben. Dann wurÂde uns vorÂgeÂbeÂtet, wir müssÂten uns an eine „lean proÂducÂtion“, eine schlanÂke und viel efÂfiÂziÂenÂteÂre ProÂdukÂtiÂonsÂweiÂse anÂpasÂsen. In dieÂser sollÂten sich ArÂbeiÂterÂteams als GrupÂpen eiÂgenÂverÂantÂwortÂlich und ohne Chef geÂgenÂseiÂtig konÂtrolÂlieÂren, anÂtreiÂben und ständiÂge VerÂbesÂseÂrungsÂvorÂschläge entÂwiÂckeln. Dies ging einÂher mit der „JaÂpaÂniÂsieÂrung der ProÂdukÂtiÂon“, gebündelt in SchlagÂworÂten wie KAIÂZEN87 oder KVP (KonÂtiÂnuÂierÂliÂcher VerÂbesÂseÂrungsÂproÂzess). BeÂgleiÂtet wurÂde dieÂses TromÂmeln mit der anÂgebÂliÂchen NotÂwenÂdigÂkeit der VerÂteiÂdiÂgung des „StandÂort DeutschÂland“.
DarÂauf folgÂte die DrohÂgebärde des EuÂropäischen BinÂnenÂmarkÂtes, also der geÂmeinÂsaÂme, grenzüberÂschreiÂtenÂde Markt inÂnerÂhalb der EU. GeÂraÂde das DeutÂsche KaÂpiÂtal lenkÂte von seiÂnem Ziel der ProÂfitÂsteiÂgeÂrung durch ExÂportÂausÂweiÂtung ab, inÂdem den ArÂbeiÂtern vorÂgeführt wurÂde, dass durch die Markt- und GrenzöffÂnung HorÂden von bilÂliÂgen ArÂbeitsÂkräften aus anÂdeÂren Ländern erÂwarÂtet werÂden. In den weiÂteÂren 1990er-JahÂren wurÂden alle VerändeÂrunÂgen mit der „GloÂbaÂliÂsieÂrung“ begründet. Die EntÂwickÂlung in den asiaÂtiÂschen „TiÂgerÂstaaÂten“, verÂbunÂden mit den KonÂterÂreÂvoÂluÂtioÂnen in soÂziaÂlisÂtiÂschen Ländern, machÂten anÂgebÂlich eiÂnen BilÂligÂlohnÂwettÂbeÂwerb notÂwenÂdig. OhnmächÂtig und hilfÂlos sollÂten wir akÂzepÂtieÂren, dass dieÂser WettÂbeÂwerb nur durch viel LohnÂverÂzicht „geÂwonÂnen“ werÂden könne. Wir haÂben uns daÂmit in der KAZ-AusÂgaÂbe 298 inÂtenÂsiv ausÂeinÂanÂderÂgeÂsetzt und die BeÂhaupÂtunÂgen wiÂderÂlegt9. In unÂseÂrer siÂcherÂlich unÂvollständiÂgen Aufzählung erwähnen wir noch die „atÂmenÂde FaÂbrik“ des VW-VorÂstanÂdes PeÂter Hartz (auch NaÂmensÂgeÂber von „Hartz IV“), mit welÂcher dieÂser um die JahrÂtauÂsendÂwenÂde die volÂle ArÂbeitsÂzeitÂfleÂxiÂbiÂliÂsieÂrung verÂlangÂte. In der AbÂsatzÂkriÂse MitÂte der 1990er-JahÂre wurÂde die ArÂbeitsÂzeit in den inländiÂschen VW-FaÂbriÂken schon vorüberÂgeÂhend auf 28,8 StunÂden (bei weitÂgeÂhenÂdem LohnÂverÂzicht) herÂabÂgeÂsetzt, um sie bei anÂsteiÂgenÂder KonÂjunkÂtur auch über die taÂrifÂverÂtragÂliÂchen 35-StunÂden ausÂzuÂweiÂten. AtÂmen taÂten übriÂgens auch in dieÂser FaÂbrik letztÂlich nur die menschÂliÂchen ArÂbeiÂter, und zwar meist wieÂder einÂmal schnelÂler und geÂhetzÂter.
Nun also „InÂdusÂtrie 4.0“ oder AlÂles „4.0“, was wieÂder einÂmal OhnÂmacht und Angst vor der ausländiÂschen KonÂkurÂrenz schüren soll und daÂmit von den KaÂpiÂtalÂinÂterÂesÂsen abÂlenÂken. Die BunÂdesÂreÂgieÂrung, vorÂan die ArÂbeitsÂmiÂnisÂteÂrin NahÂles hilft daÂbei gern und schmeißt mit viel Getöse ein „Weißbuch ArÂbeiÂten 4.0“ auf den Markt, um ArÂbeitsÂrecht und insÂbeÂsonÂdeÂre ArÂbeitsÂzeit aufÂzuÂweiÂchen und zu schleiÂfen. Die „InÂitiaÂtiÂve Neue SoÂziaÂle MarktÂwirtÂschaft“ als UnÂterÂabÂteiÂlung des ArÂbeitÂgeÂberÂverÂbanÂdes GeÂsamtÂmeÂtall stellt in eiÂnem PoÂsiÂtiÂonsÂpaÂpier vier grundsätzÂliÂche ForÂdeÂrunÂgen auf, die die ZieÂle des KaÂpiÂtals in dieÂser anÂgebÂliÂchen ReÂvoÂluÂtiÂon deutÂlich aufÂzeiÂgen. Wenn es nach der „InÂitiaÂtiÂve“ geht, solÂlen WerkÂverträge, BeÂfrisÂtunÂgen und ZeitÂarÂbeit weiÂterÂhin nicht einÂgeÂschränkt werÂden. VielÂmehr solÂlen RahÂmenÂbeÂdinÂgunÂgen für inÂdiÂviÂduÂelÂle ArÂbeitsÂzeitÂgeÂstalÂtunÂgen geÂschafÂfen werÂden. Dies beÂdeuÂtet nicht weÂniÂger, als die AbÂschafÂfung geÂsetzÂliÂcher SchutzÂrechÂte und die Auflösung von TaÂrifÂverträgen. So heißt es in dem PaÂpier „PauÂschaÂle ReÂguÂlieÂrunÂgen zum verÂmeintÂliÂchen Schutz der ArÂbeitÂnehÂmer werÂden dieÂsem PoÂtenÂziÂal [der fleÂxiÂblen ArÂbeitsÂorÂgaÂniÂsaÂtiÂon] jeÂdoch nicht geÂrecht. VielÂmehr gilt es, auf inÂdiÂviÂduÂelÂle VerÂeinÂbaÂrunÂgen zwiÂschen ArÂbeitÂnehÂmern und ArÂbeitÂgeÂbern zu setÂzen. ... An dieÂse neuÂen MöglichÂkeiÂten muss konÂseÂquenÂterÂweiÂse auch das deutÂsche ArÂbeitsÂrecht anÂgeÂpasst werÂden. FesÂte, unÂunÂterÂbroÂcheÂne RuÂheÂzeiÂten und tägliÂche HöchstÂarÂbeitsÂzeiÂten pasÂsen nicht mehr in die heuÂtiÂge Zeit.“10 Zum „ArÂbeiÂten 4.0“ oder dann „AusÂbeuÂten 4.0“ wurÂde in der vorÂheÂriÂgen KAZ-AusÂgaÂbe 358 beÂreits viel erläutert und geÂsagt11. Wir seÂhen: Die glatt und moÂdern daÂherÂkomÂmenÂde „InÂdusÂtrie 4.0“ wird schon wieÂder zum Schlag geÂgen unÂseÂre InÂterÂesÂsen, wir solÂlen mehr und fleÂxiÂbler arÂbeiÂten, starÂre ReÂgeln pasÂsen nicht in das ZeitÂalÂter der DiÂgiÂtaÂliÂsieÂrung. So wie früher anÂgebÂlich starÂre ReÂgeln nicht zur „lean proÂducÂtion“, der „GloÂbaÂliÂsieÂrung“ oder der „atÂmenÂden FaÂbrik“ passÂten. Das erwähnte Weißbuch der ReÂgieÂrung wurÂde übriÂgens nicht mit der „InÂdusÂtrie 4.0“ proÂduÂziert. ZwiÂschen BeÂstelÂlung, eiÂner weiÂteÂren BeÂstelÂlung, erÂneuÂter NachÂfraÂge und LieÂfeÂrung an uns laÂgen mehÂreÂre MoÂnaÂte … SoÂviel zur efÂfiÂziÂenÂten DaÂtenÂverÂarÂbeiÂtung.
Ist „Industrie 4.0“ eine neue industrielle Revolution?
Wenn wir die „vierÂte inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon“ ernstÂhaft unÂterÂsuÂchen wolÂlen, müssen wir von den durch die ArÂbeiÂterÂbeÂweÂgung erÂarÂbeiÂteÂten wisÂsenÂschaftÂliÂchen BeÂgriffÂlichÂkeiÂten und DeÂfiÂniÂtioÂnen ausÂgeÂhen. Wir müssen dieÂse DisÂkusÂsiÂon frei von bürgerÂliÂcher ProÂpaÂganÂda halÂten und die weÂsentÂliÂchen, das ProÂleÂtaÂriÂat beÂtrefÂfenÂden, wisÂsenÂschaftÂlich reÂleÂvanÂten und auf den FortÂschritt geÂrichÂteÂten ArÂguÂmenÂte samÂmeln und ordÂnen. DieÂjeÂniÂgen, die den BeÂgriff „InÂdusÂtrie 4.0“ als zuÂtrefÂfend anÂseÂhen, verÂbinÂden daÂmit die AusÂsaÂge, dass wir uns mitÂten in eiÂner oder zuÂminÂdest unÂmitÂtelÂbar vor eiÂner tiefÂgreiÂfenÂden Umwälzung alÂler ProÂdukÂtiÂonsÂproÂzesÂse beÂfinÂden. UmwälzunÂgen beÂtrefÂfen aber nicht nur den ProÂdukÂtiÂonsÂproÂzess an sich, sonÂdern wirÂken auf die geÂsamÂte GeÂsellÂschaft, verändern BeÂzieÂhunÂgen und die maÂteÂriÂelÂle Lage, kurz: Sie beÂtrefÂfen alle weÂsentÂliÂchen EleÂmenÂte der ProÂdukÂtiÂonsÂverhältÂnisÂse. Die ProÂdukÂtiÂonsÂverhältÂnisÂse beÂschreiÂben umÂfasÂsend die jeÂweiÂliÂge StelÂlung des MenÂschen im ProÂdukÂtiÂonsÂproÂzess in alÂlen darÂaus folÂgenÂden WechÂselÂwirÂkunÂgen, also: den MenÂschen in seiÂner StelÂlung zu seiÂner UmÂwelt und den anÂdeÂren GeÂsellÂschaftsÂmitÂglieÂdern. Auf dieÂser GrundÂlaÂge gilt es die BeÂdeuÂtung von „InÂdusÂtrie 4.0“ zu prüfen.
Die „PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0“ deÂfiÂniert ihre Sicht: „In der InÂdusÂtrie 4.0 verÂzahnt sich die ProÂdukÂtiÂon mit moÂdernsÂter InÂforÂmaÂtiÂons- und KomÂmuÂniÂkaÂtiÂonsÂtechÂnik. TreiÂbenÂde Kraft dieÂser EntÂwickÂlung ist die raÂsant zuÂnehÂmenÂde DiÂgiÂtaÂliÂsieÂrung von WirtÂschaft und GeÂsellÂschaft. Sie verändert nachÂhalÂtig die Art und WeiÂse, wie zukünfÂtig in DeutschÂland proÂduÂziert und geÂarÂbeiÂtet wird: Nach DampfÂmaÂschiÂne, Fließband, ElekÂtroÂnik und IT beÂstimÂmen nun inÂtelÂliÂgenÂte FaÂbriÂken (soÂgeÂnannÂte „Smart FacÂtoÂries“) die vierÂte inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon.
TechÂniÂsche GrundÂlaÂge hierfür sind inÂtelÂliÂgenÂte, diÂgiÂtal verÂnetzÂte SysÂteÂme, mit deÂren HilÂfe eine weiÂtestÂgeÂhend selbstÂorÂgaÂniÂsierÂte ProÂdukÂtiÂon möglich wird: MenÂschen, MaÂschiÂnen, AnÂlaÂgen, LoÂgisÂtik und ProÂdukÂte komÂmuÂniÂzieÂren und koÂopeÂrieÂren in der InÂdusÂtrie 4.0 diÂrekt mitÂeinÂanÂder. ProÂdukÂtiÂons- und LoÂgisÂtikÂproÂzesÂse zwiÂschen UnÂterÂnehÂmen im selÂben ProÂdukÂtiÂonsÂproÂzess werÂden inÂtelÂliÂgent mitÂeinÂanÂder verÂzahnt, um die ProÂdukÂtiÂon noch efÂfiÂziÂenÂter und fleÂxiÂbler zu geÂstalÂten.“12
„InÂdusÂtrie 4.0“ ist demÂnach ein quaÂliÂtaÂtiÂver Sprung, eine grundÂleÂgenÂde VerändeÂrung und keiÂne schrittÂweiÂse WeiÂterÂentÂwickÂlung des BeÂsteÂhenÂden. SchrittÂweiÂse (quanÂtiÂtaÂtiÂve) ÄndeÂrung erÂfolgt seit dem DurchÂbruch des KaÂpiÂtaÂlisÂmus als GeÂsellÂschaftsÂforÂmaÂtiÂon ständig. ImÂmer wird geändert und entÂwiÂckelt, wenn auch mit HinÂderÂnisÂsen und RückÂschlägen. In der TenÂdenz erÂfolgt insÂbeÂsonÂdeÂre fortwährend der ErÂsatz menschÂliÂcher ArÂbeitsÂkraft durch MaÂschiÂnen.
Die inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon beÂwirkÂte ausÂgeÂhend von GroßbriÂtanÂniÂen hisÂtoÂrisch die DurchÂsetÂzung des KaÂpiÂtaÂlisÂmus als GeÂsellÂschaftsÂsysÂtem. TechÂnisch wird dieÂser Sprung verÂbunÂden mit der ErÂfinÂdung der DampfÂmaÂschiÂne und der DurchÂsetÂzung der MaÂschiÂne als ProÂdukÂtiÂonsÂmitÂtel, die der inÂdusÂtriÂelÂlen ProÂdukÂtiÂonsÂweiÂse den Weg ebÂnet. FriedÂrich EnÂgels schrieb dazu in „Die Lage der arÂbeiÂtenÂden KlasÂse in EngÂland“ 1845: „Die GeÂschichÂte der arÂbeiÂtenÂden KlasÂse in EngÂland beÂginnt mit der letzÂten Hälfte des voÂriÂgen JahrÂhunÂderts [ab 1750], mit der ErÂfinÂdung der DampfÂmaÂschiÂne und der MaÂschiÂnen zur VerÂarÂbeiÂtung der BaumÂwolÂle. DieÂse ErÂfinÂdunÂgen gaÂben beÂkanntÂlich den AnÂsÂtoß zu eiÂner inÂdusÂtriÂelÂlen ReÂvoÂluÂtiÂon, eiÂner ReÂvoÂluÂtiÂon, die zuÂgleich die ganÂze bürgerÂliÂche GeÂsellÂschaft umÂwanÂdelÂte und deÂren weltÂgeÂschichtÂliÂche BeÂdeuÂtung erst jetzt anfängt erÂkannt zu werÂden.“13 ZuÂrecht beÂtont wird die VerÂbinÂdung von techÂniÂscher und geÂsellÂschaftÂliÂcher Umwälzung, die EntÂsteÂhung der ArÂbeiÂter als reÂleÂvanÂte KlasÂse (welÂche daÂmals denÂnoch weiÂterÂhin eine MinÂderÂheit geÂgenüber den BauÂern darÂstellÂte). EnÂgels beÂzeichÂnet die FaÂbrikÂarÂbeiÂter in dem geÂnannÂten Werk folgÂlich auch als „ältesÂte KinÂder der inÂdusÂtriÂelÂlen ReÂvoÂluÂtiÂon“14. Fast spöttisch beÂschreibt er das LeÂben der ArÂbeiÂter vor der inÂdusÂtriÂelÂlen ReÂvoÂluÂtiÂon, als dieÂse noch keiÂne FaÂbrikÂarÂbeiÂter geÂweÂsen waÂren:
„Auf dieÂse WeiÂse veÂgeÂtierÂten die ArÂbeiÂter in eiÂner ganz beÂhagÂliÂchen ExisÂtenz und führÂten ein rechtÂschafÂfeÂnes und geÂruÂhiÂges LeÂben in alÂler GottÂseÂligÂkeit und EhrÂbarÂkeit, ihre maÂteÂriÂelÂle StelÂlung war bei weiÂtem besÂser als die ihÂrer NachÂfolÂger …Sie waÂren „reÂspekÂtaÂble“ LeuÂte und gute FaÂmiÂliÂenväter, lebÂten moÂraÂlisch, weil sie keiÂne VerÂanÂlasÂsung hatÂten, unÂmoÂraÂlisch zu sein, da keiÂne SchenÂken und lieÂderÂliÂchen Häuser in ihÂrer Nähe waÂren, und weil der Wirt, bei dem sie dann und wann ihÂren Durst löschten, auch ein reÂspekÂtaÂbler Mann und meist ein großer PächÂter war, der auf guÂtes Bier, gute OrdÂnung und frühen FeiÂerÂabend hielt. Sie hatÂten ihre KinÂder den Tag über im HauÂse bei sich und erÂzoÂgen sie in GeÂhorÂsam und der GotÂtesÂfurcht;…Sie konnÂten selÂten leÂsen und noch viel weÂniÂger schreiÂben, ginÂgen reÂgelmäßig in die KirÂche, poÂliÂtiÂsierÂten nicht, konÂspiÂrierÂten nicht, dachÂten nicht, ergötzÂten sich an körperÂliÂchen ÃœbunÂgen, hörten die BiÂbel mit anÂgeÂstammÂter AnÂdacht vorÂleÂsen und verÂtruÂgen sich bei ihÂrer anÂspruchsÂloÂsen DeÂmut mit den anÂgeÂseÂheÂneÂren KlasÂsen der GeÂsellÂschaft ganz vorÂtreffÂlich. Dafür aber waÂren sie auch geisÂtig tot, lebÂten nur für ihre kleinÂliÂchen PriÂvatÂinÂterÂesÂsen, für ihÂren WebÂstuhl und ihr GärtÂchen und wußten nichts von der geÂwalÂtiÂgen BeÂweÂgung, die draußen durch die MenschÂheit ging. Sie fühlÂten sich beÂhagÂlich in ihÂrem stilÂlen PflanÂzenÂleÂben und wären ohne die inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon nie herÂausÂgeÂtreÂten aus dieÂser alÂlerÂdings sehr roÂmanÂtisch-gemütliÂchen, aber doch eiÂnes MenÂschen unwürdiÂgen ExisÂtenz. Sie waÂren eben keiÂne MenÂschen, sonÂdern bloß arÂbeiÂtenÂde MaÂschiÂnen im Dienst der weÂniÂgen ArisÂtoÂkraÂten, die bis daÂhin die GeÂschichÂte geÂleiÂtet hatÂten; die inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon hat auch nur die KonÂseÂquenz hierÂvon durchÂgeÂsetzt, inÂdem sie die ArÂbeiÂter vollÂends zu bloßen MaÂschiÂnen machÂte und ihÂnen den letzÂten Rest selbständiÂger TätigÂkeit unÂter den Händen wegÂnahm, sie aber eben daÂdurch zum DenÂken und zur ForÂdeÂrung eiÂner menschÂliÂchen StelÂlung anÂtrieb.“15
[dossierartikel]
Der Streit um die DeÂfiÂniÂtiÂon etÂwaiÂger weiÂteÂrer inÂdusÂtriÂelÂler ReÂvoÂluÂtioÂnen ist dem geÂgenüber vorÂwieÂgend techÂnisch geprägt. Er beÂginnt um die BeÂhaupÂtung eiÂner zweiÂten inÂdusÂtriÂelÂlen ReÂvoÂluÂtiÂon AnÂfang des 20. JahrÂhunÂderts. HierÂbei verÂweist ein Teil auf die Einführung des FließbanÂdes als EntÂwickÂlungsÂsprung, der anÂdeÂre sieht als WeÂsentÂliÂches die flächenÂdeÂckenÂde ElekÂtriÂfiÂzieÂrung oder beiÂdes geÂmeinÂsam. BeiÂde NeueÂrunÂgen haÂben fragÂlos wichÂtiÂge BeÂdeuÂtung, jeÂdoch brachÂten sie keiÂne ÄndeÂrunÂgen oder gar Sprünge in der QuaÂlität geÂsellÂschaftÂliÂcher VerhältÂnisÂse. Während die inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon 100 JahÂre vorÂher mit der DurchÂsetÂzung des KaÂpiÂtaÂlisÂmus, der HerÂausÂbilÂdung von KaÂpiÂtal und ProÂleÂtaÂriÂat als weÂsentÂliÂche, unÂversöhnÂliÂche KlasÂsen verÂbunÂden war, fehlt eine verÂgleichÂbaÂre EntÂwickÂlung hier. Als dritÂte oder auch wisÂsenÂschaftÂlich-techÂniÂsche ReÂvoÂluÂtiÂon wird dann noch die DurchÂsetÂzung der ComÂpuÂterÂtechÂnoÂloÂgie ab den 1980er-JahÂren geÂseÂhen. Mit dieÂser veränderÂten sich fragÂlos alle SteueÂrungs- und AuÂtoÂmaÂtiÂsieÂrungsÂvorgänge in der ProÂdukÂtiÂon, ComÂpuÂterÂtechÂnik wurÂde MasÂsenÂproÂdukt und zog als PC oder verÂbaut in ElekÂtro- und KüchenÂgeräten, AuÂtos oder KinÂderÂspielÂzeuÂgen in prakÂtisch jeÂden HausÂhalt ein. Nun wird akÂtuÂell auf BaÂsis der weiÂterÂentÂwiÂckelÂten HardÂware (PC) aus der dritÂten inÂdusÂtriÂelÂlen ReÂvoÂluÂtiÂon mit verÂgleichsÂweiÂse kurÂzem ZeitÂabÂstand die vierÂte inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon, das ZeitÂalÂter der DiÂgiÂtaÂliÂsieÂrung oder eben InÂdusÂtrie 4.0 deÂfiÂniert. Selbst wenn man dem folgt, kann nicht beÂstritÂten werÂden, dass dieÂse anÂgebÂliÂche vierÂte inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon – im GeÂgenÂsatz zu den drei vorÂherÂgeÂhenÂden – nicht in der RückÂbeÂtrachÂtung deÂfiÂniert wird, sonÂdern im VorÂaus! Dies ist ein meÂthoÂdiÂscher UnÂterÂschied und eine deutÂliÂche DifÂfeÂrenz zu den bisÂheÂriÂgen DeÂfiÂniÂtioÂnen.
Ob es sich nunÂmehr bei der anÂsteÂhenÂden VerändeÂrung um eiÂnen quaÂliÂtaÂtiÂven Sprung im SinÂne eiÂner (weiÂteÂren) inÂdusÂtriÂelÂlen ReÂvoÂluÂtiÂon hanÂdelt oder um die FortÂsetÂzung der ständiÂgen ProÂdukÂtivÂkraftÂentÂwickÂlung, wird in etÂliÂchen linÂken PuÂbliÂkaÂtioÂnen nicht klar beÂantÂworÂtet. Die FraÂge wird aufÂgeÂworÂfen und etÂwas umÂschliÂchen, in der TenÂdenz beÂsteht oft die NeiÂgung, der TheÂse von der neuÂen ReÂvoÂluÂtiÂon zuÂzuÂstimÂmen oder die Ablösung des inÂdusÂtriÂelÂlen durch das diÂgiÂtaÂle ZeitÂalÂter zu seÂhen. Die ArÂbeiÂterÂklasÂse und vor alÂlem ihre ChanÂcen in der EntÂwickÂlung komÂmen reÂgelmäßig gar nicht oder kaum vor, es werÂden in gut geÂmeinÂter WeiÂse die BeÂdrohÂlichÂkeit, die GeÂfahÂren für die VerÂschlechÂteÂrung der Lage nachÂgeÂzeichÂnet. VerÂgleicht man dies mit EnÂgels BeÂschreiÂbung der inÂdusÂtriÂelÂlen ReÂvoÂluÂtiÂon, bleibt es unÂschlüssig. Dann wird die ArÂbeiÂterÂklasÂse in den BeÂschreiÂbunÂgen der „InÂdusÂtrie 4.0“ geÂdankÂlich abÂgeÂschafft, weil die MaÂschiÂnen ja demnächst alÂles selÂber maÂchen. WahrÂlich keiÂne neue EntÂwickÂlung, schon lanÂge wird der ErÂsatz menschÂliÂcher ArÂbeitsÂkraft durch MaÂschiÂnen als Auflösung der ArÂbeiÂterÂklasÂse beÂtrachÂtet. Während die, nach dieÂser Sicht ersÂte inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon die ArÂbeiÂter als KlasÂse formÂte, macht die anÂgebÂlich vierÂte also das GeÂgenÂteil. Oder die neÂgaÂtiÂven WirÂkunÂgen der „InÂdusÂtrie 4.0“ sind so verÂheeÂrend darÂgeÂstellt, dass daÂnach gar nichts mehr geht, die Lage der ArÂbeiÂter wird ausÂsichtsÂlos. DaÂbei zeiÂgen doch BeÂschreiÂbunÂgen wie die ziÂtierÂte von EnÂgels geÂraÂde, dass die UmwälzunÂgen für die ArÂbeiÂterÂklasÂse imÂmer auch ChanÂcen beÂdeuÂten. Die inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon verÂschlechÂterÂte die maÂteÂriÂelÂle Lage der ArÂbeiÂter zunächst, aber sie bilÂdeÂte gleichÂzeiÂtig letztÂlich die GrundÂlaÂge für ReÂvoÂluÂtioÂnen oder minÂdesÂtens vorüberÂgeÂhenÂde VerÂbesÂseÂrunÂgen. So schwer erÂkennÂbar es für manÂchen derÂzeit sein mag, die EntÂwickÂlung fördert auch imÂmer wieÂder den Kampf, die EntÂwickÂlung der ProÂdukÂtivÂkräfte geht nie ohne dieÂses EleÂment. DaÂher gab und gibt es unÂseÂres ErÂachÂtens bisÂher eine inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon und keiÂne weiÂteÂre ÄndeÂrung der QuaÂlität, insÂbeÂsonÂdeÂre keiÂne ÄndeÂrung, die einÂherÂging mit solÂchen geÂsellÂschaftÂliÂchen UmwälzunÂgen, wie wir sie ziÂtiert haÂben.
Industrie 4.0 – Deutsche Steuerung für die Welt?
„InÂdusÂtrie 4.0“ ist ein BeÂgriff aus DeutschÂland, eine engÂliÂsche EntÂspreÂchung wie „InÂdusÂtry 4.0“ gibt es nicht. In den USA beÂsteht als KonÂkurÂrenz der ZuÂsamÂmenÂschluss „InÂdusÂtriÂal InÂterÂnet ConÂsorÂtiÂum“ (IIC), daÂneÂben gibt es entÂspreÂchenÂde ZuÂsamÂmenÂschlüsse in FrankÂreich und JaÂpan. Auf der von den BunÂdesÂmiÂnisÂteÂriÂen beÂtrieÂbeÂnen InÂterÂnetÂseiÂte „PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0“ heißt es dazu: „Die PlattÂform führt intensive Dialoge mit nationalen und internationalen Allianzen, um AusÂtausch und StanÂdarÂdiÂsieÂrung vorÂanÂzuÂtreiÂben soÂwie DeutschÂland als LeitÂmarkt für InÂdusÂtrie 4.0 zu poÂsiÂtioÂnieÂren. [..] InÂterÂnaÂtioÂnal koÂopeÂriert die PlattÂform mit dem InÂdusÂtriÂal InÂterÂnet ConÂsorÂtiÂum (USA), der AlÂliÂanÂce InÂdusÂtrie du FuÂtur (FrankÂreich) und der RoÂbot ReÂvoÂluÂtiÂon InÂitiaÂtiÂve (JaÂpan). ZuÂdem gibt es ein MeÂmoÂranÂdum of UnÂderÂstanÂding und eiÂnen geÂmeinÂsaÂmen AkÂtiÂonsÂplan mit ChiÂna, eiÂnen reÂgelmäßigen AusÂtausch mit der EuÂropäischen UniÂon soÂwie den G20-Ländern.“16 Es gibt also vier unÂterÂschiedÂliÂche VerÂeiÂniÂgunÂgen, die VolksÂreÂpuÂblik ChiÂna hält sich noch reÂlaÂtiv disÂtanÂziert. In der inÂterÂnaÂtioÂnaÂlen KonÂkurÂrenz geht es imÂmer darÂum, wer die StanÂdards und NorÂmen beÂstimmt, welÂche VorÂausÂsetÂzunÂgen für den AbÂsatz außerÂhalb des HeiÂmatÂmarkÂtes beÂsteÂhen. In der ComÂpuÂterÂtechÂnoÂloÂgie, bei diÂgiÂtaÂler VerÂnetÂzung und SteueÂrung gilt dies beÂsonÂders. Die MitÂgliedÂschafÂten bei den verÂschieÂdeÂnen VerÂanÂstalÂtunÂgen sind daÂbei teils durchÂaus wechÂselÂseiÂtig: So sind SieÂmens, SAP oder Bosch auch MitÂglied im US-ameÂriÂkaÂniÂschen IIC17 und GeÂneÂral Electric oder InÂtel DeutschÂland auch TeilÂnehÂmer der PlattÂform InÂdusÂtrie 4.018.
Marx zu Maschinerie und große Industrie
„Alle entÂwiÂckelÂte MaÂschiÂneÂrie beÂsteht aus drei weÂsentÂlich verÂschiedÂnen TeiÂlen, der BeÂweÂgungsÂmaÂschiÂne, dem TransÂmisÂsiÂonsÂmeÂchaÂnisÂmus, endÂlich der WerkÂzeugÂmaÂschiÂne oder ArÂbeitsÂmaÂschiÂne. Die BeÂweÂgungsÂmaÂschiÂne wirkt als TriebÂkraft des ganÂzen MeÂchaÂnisÂmus. Sie erÂzeugt ihre eigÂne BeÂweÂgungsÂkraft, wie die DampfÂmaÂschiÂne, kaÂloÂriÂsche MaÂschiÂne, elekÂtro-maÂgneÂtiÂsche MaÂschiÂne usw., oder sie empfängt den AnÂsÂtoß von eiÂner schon ferÂtiÂgen NaÂturÂkraft außer ihr, wie das WasÂserÂrad vom WasÂserÂgefäll, der Windflügel vom Wind usw. Der TransÂmisÂsiÂonsÂmeÂchaÂnisÂmus, zuÂsamÂmenÂgeÂsetzt aus Schwungrädern, TreibÂwelÂlen, Zahnrädern, KreiÂselrädern, Schäften, Schnüren, RieÂmen, ZwiÂschenÂgeÂschirr und VorÂgeÂleÂge der verÂschieÂdensÂten Art, reÂgelt die BeÂweÂgung, verÂwanÂdelt, wo es nötig, ihre Form, z.B. aus eiÂner perÂpenÂdiÂkulären in eine kreisförmiÂge, verÂteilt und überträgt sie auf die WerkÂzeugÂmaÂschiÂneÂrie. BeiÂde TeiÂle des MeÂchaÂnisÂmus sind nur vorÂhanÂden, um der WerkÂzeugÂmaÂschiÂne die BeÂweÂgung mitÂzuÂteiÂlen, woÂdurch sie den ArÂbeitsÂgeÂgenÂstand anÂpackt und zweckÂgemäß verändert. DieÂser Teil der MaÂschiÂneÂrie, die WerkÂzeugÂmaÂschiÂne, ist es, woÂvon die inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon im 18. JahrÂhunÂdert ausÂgeht. Sie bilÂdet noch jeÂden Tag von neuÂem den AusÂgangsÂpunkt, soÂoft HandÂwerksÂbeÂtrieb oder MaÂnuÂfakÂturÂbeÂtrieb in MaÂschiÂnenÂbeÂtrieb überÂgeht.“
Karl Marx, KaÂpiÂtal Band I (MEW 23), VierÂter AbÂschnitt, 13. KaÂpiÂtel, S. 391-440Aber es bleibt unüberÂsehÂbar: Es sind KonÂkurÂrenzÂverÂanÂstalÂtunÂgen, die von den jeÂweiÂliÂgen MoÂnoÂpoÂlen beÂstimmt werÂden: SieÂmens vorÂneÂweg (mit Bosch und SAP) bei der PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0; GeÂneÂral Electric, InÂtel, AT&T und IBM auf SeiÂten des ameÂriÂkaÂniÂschen IIC. Darüber hinÂwegtäuschen können auch mit diÂploÂmaÂtiÂschen WorÂten geführte KonÂfeÂrenÂzen zwiÂschen der PlattÂform und dem IIC nicht, wie beiÂspielsÂweiÂse im Frühjahr 2016 in Zürich auf „neuÂtraÂlem schweiÂzer BoÂden“19. SolÂche KoÂopeÂraÂtioÂnen halÂten imÂmer nur vorrüberÂgeÂhend20. SoÂbald eine SeiÂte in den NachÂteil gerät, bricht das BündÂnis auf. Die Sicht der KonÂkurÂrenz bestätigt beiÂspielsÂweiÂse der VorÂsitÂzenÂde der Geschäftsführung des ZenÂtralÂverÂbands ElekÂtroÂtechÂnik- und ElekÂtroÂnikÂinÂdusÂtrie (ZVEI) MitÂtelÂbach: „Zunächst benötiÂgen wir die PoÂliÂtik, um in EuÂroÂpa eiÂnen diÂgiÂtaÂlen BinÂnenÂmarkt zu erÂrichÂten. GeÂgenüber den USA haÂben wir da eiÂnen geÂwisÂsen WettÂbeÂwerbsÂnachÂteil: UnÂser BinÂnenÂmarkt ist erst dann tatsächlich groß, wenn er euÂropäisch ist, ausÂgeÂstatÂtet mit den entÂspreÂchenÂden RahÂmenÂbeÂdinÂgunÂgen. Dann können wir den WettÂbeÂwerb mit der Welt aufÂzuÂnehÂmen – und den brauÂchen wir drinÂgend auch im diÂgiÂtaÂlen BeÂreich. .. Natürlich ist das IIC auch WettÂbeÂwerÂber der PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0. Wir sind das TheÂma alÂlerÂdings schon vor vieÂlen JahÂren anÂgeÂganÂgen. Nicht umÂsonst ist der BeÂgriff „InÂdusÂtrie 4.0“ hierÂzuÂlanÂde entÂstanÂden, und wir achÂten darÂauf, dass wir ihn nicht ins EngÂliÂsche überÂsetÂzen und von „InÂdusÂtry 4.0“ spreÂchen. Im Kern ist das IIC die AntÂwort der AmeÂriÂkaÂner auf das, was wir in DeutschÂland [..]längst inÂitiÂiert haÂben.“21 Die KanzÂleÂrin wurÂde auf dem WeltÂwirtÂschaftsÂfoÂrum in DaÂvos (Schweiz) 2015 noch etÂwas deutÂliÂcher: „Wir müssen – das sage ich als deutÂsche BunÂdesÂkanzÂleÂrin anÂgeÂsichts eiÂner starÂken deutÂschen WirtÂschaft – die VerÂschmelÂzung der Welt des InÂterÂnets mit der Welt der inÂdusÂtriÂelÂlen ProÂdukÂtiÂon – wir nenÂnen das in DeutschÂland „InÂdusÂtrie 4.0“ – schnell bewältiÂgen, weil uns sonst dieÂjeÂniÂgen, die im diÂgiÂtaÂlen BeÂreich führend sind, die inÂdusÂtriÂelÂle ProÂdukÂtiÂon wegÂnehÂmen werÂden.“22
Ein schädliÂches MissÂverständÂnis der KonÂkurÂrenz beÂgegÂnet uns auch in linÂken PuÂbliÂkaÂtioÂnen geÂleÂgentÂlich. Die fragÂlos in ihÂrem Geschäft großen AkÂteuÂre AmaÂzon, FaceÂbook und GoogÂle werÂden dämoÂniÂsiert als DaÂtenÂkraÂken, die ihre umÂfangÂreiÂchen InÂforÂmaÂtioÂnen nicht nur zum ProÂfit maÂchen einÂsetÂzen wollÂten, sonÂdern unÂdeÂmoÂkraÂtiÂsche StrukÂtuÂren fördern, geÂleÂgentÂlich bis hin zur BeÂhaupÂtung eiÂnes droÂhenÂden „DiÂgiÂtalÂfaÂschisÂmus“. HierÂzu ist festÂzuÂstelÂlen, dass MoÂnoÂpoÂle23 nie deÂmoÂkraÂtisch sind, weÂder US-ameÂriÂkaÂniÂsche, noch deutÂsche, noch anÂdeÂre. Es bleibt unÂklar, warÂum die drei imÂmer so stark in dem ZuÂsamÂmenÂhang von „4.0“ herÂausÂgeÂhoÂben werÂden, in den VerÂanÂstalÂtunÂgen von PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0 oder IIC sind sie jeÂdenÂfalls nicht verÂtreÂten. Wer den abÂsoÂlut beÂrechÂtigÂten Blick auf unÂkonÂtrolÂlierÂte DaÂtenÂsammÂlunÂgen richÂtet, sollÂte sich in DeutschÂland beiÂspielsÂweiÂse den BunÂdesÂnachÂrichÂtenÂdienst geÂnauÂer anÂseÂhen. DieÂse staatÂliÂche und von jeÂher unÂdeÂmoÂkraÂtiÂsche, maßgebÂlich von alÂten NaÂzis aufÂgeÂbauÂte EinÂrichÂtung zeigt nunÂmehr mitÂten in BerÂlin deutÂlich ihre FunkÂtiÂon: 4.000 BeÂamÂte hoÂcken in eiÂnem KomÂplex mit eiÂner AusÂdehÂnung von etwa 35 FußballÂfelÂdern, es war zeitÂweiÂlig die größte BauÂstelÂle EuÂroÂpas. Hier ist siÂcher, dass alÂlerÂlei DaÂten nicht zu unÂseÂrem NutÂzen über uns geÂsamÂmelt werÂden, hier sollÂte man konÂkret geÂgen diÂgiÂtaÂle EntÂwickÂlunÂgen proÂtesÂtieÂren, die fragÂlos unÂdeÂmoÂkraÂtisch sind.24
Kapital bleibt Kapital
Bei alÂlen bunt geÂmalÂten BilÂdern über auÂtoÂmaÂtiÂsche und diÂgiÂtal verÂnetzÂte ProÂdukÂtiÂon dürfen wir nie verÂgesÂsen auf welÂchen ökoÂnoÂmiÂschen GeÂsetzmäßigÂkeiÂten der KaÂpiÂtaÂlisÂmus beÂruht. DieÂse können und werÂden nicht außer Kraft geÂsetzt, durch techÂniÂsche EntÂwickÂlunÂgen. LetzÂteÂre maÂchen nur den GrundÂwiÂderÂspruch kaÂpiÂtaÂlisÂtiÂscher VerhältÂnisÂse zwiÂschen dem PriÂvatÂbeÂsitz der ProÂdukÂtiÂonsÂmitÂtel durch eine winÂziÂge Schicht und der geÂsellÂschaftÂliÂchen ProÂdukÂtiÂon imÂmer schreiÂenÂder. Auch die „InÂdusÂtrie 4.0“ soll die AusÂbeuÂtung steiÂgern und verschärfen und erÂfolgt auf BaÂsis der kaÂpiÂtaÂlisÂtiÂschen KonÂkurÂrenz. Schon die beiÂden wichÂtigsÂten, seÂpaÂraÂten OrÂgaÂniÂsaÂtioÂnen PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0 und IIC zeiÂgen dies. Doch auch wenn es weltÂweit nur eine geÂmeinÂsaÂme GrupÂpieÂrung gäbe: KonÂkurÂrenz beÂdeuÂtet in dieÂsem ZuÂsamÂmenÂhang rein techÂnisch insÂbeÂsonÂdeÂre die TatÂsaÂche, dass die diÂgiÂtaÂle VerÂnetÂzung zwiÂschen den einÂzelÂnen ProÂduÂzenÂten eine ÖffÂnung beÂdeuÂtet, teils auch ÖffÂnung geÂgenüber der KonÂkurÂrenz. Wer hat daÂbei die HerrÂschaft über die DeÂfiÂniÂtioÂnen der StanÂdards, SchnittÂstelÂlen und NorÂmen? JeÂder dieÂser KaÂpiÂtaÂlisÂten will, dass sich die jeÂweils anÂdeÂren öffÂnen und ZuÂgang zu ihÂren SysÂteÂmen gewähren, will sich gleichÂzeiÂtig geÂgenüber den anÂdeÂren aber möglichst weÂnig öffÂnen. ZuÂminÂdest wird jeÂder eine OpÂtiÂon haÂben wolÂlen „den SteÂcker zieÂhen zu können“. SoÂmit bleibt die kaÂpiÂtaÂlisÂtiÂsche KonÂkurÂrenz letztÂlich ein unüberÂwindÂbaÂres HinÂderÂnis auf dem Weg zur proÂpaÂgierÂten ReÂvoÂluÂtiÂon im KaÂpiÂtaÂlisÂmus. ErÂkennÂbar ist daÂbei nur, dass die kleiÂneÂren AkÂteuÂre, die ZuÂlieÂfeÂrer und HandÂlanÂger der großen MoÂnoÂpoÂle ein weiÂteÂres Stück abhängiÂger von dieÂsen werÂden.
KeiÂne ÄndeÂrung der ProÂdukÂtiÂonsÂweiÂse im KaÂpiÂtaÂlisÂmus beÂseiÂtigt die insÂgeÂsamt chaoÂtiÂschen MarktÂverhältÂnisÂse, die anÂarÂchisÂtiÂschen ProÂdukÂtiÂonsÂverhältÂnisÂse. Wo an der eiÂnen StelÂle komÂpleÂxe ProÂzesÂse mit hoÂhem AufÂwand scheinÂbar perÂfekt durchÂorÂgaÂniÂsiert werÂden, scheiÂtert es kurz daÂvor oder daÂnach wieÂder an eiÂnem verÂgleichsÂweiÂse kleiÂnen DeÂtail. Bei VW als geÂwichÂtiÂgem AkÂteur von „AuÂtoÂinÂdusÂtrie 4.0“ fehlÂten im FeÂbruÂar 2017 plötzÂlich HandÂschuhÂfachÂklapÂpen für das PasÂsat MoÂdell. Täglich 1.100 FahrÂzeuÂge mit eiÂnem ProÂduktÂwert von vieÂlen MilÂlioÂnen konnÂten aufÂgrund eiÂnes verÂgleichsÂweiÂse geÂringÂwerÂtiÂgen KunstÂstoffÂteiÂles nicht ausÂgeÂlieÂfert werÂden. Ein pasÂsenÂder 3D-DruÂcker, der auf die SchnelÂle HandÂschuhÂfachÂklapÂpen in LosÂgröße25 von täglich 1.100 Stück lieÂfert, war ofÂfenÂsichtÂlich nicht verfügbar und so mussÂten für etÂliÂche MilÂlioÂnen Euro Parkplätze und leeÂre HalÂlen anÂgeÂmieÂtet werÂden. Hier wurÂden die ferÂtig proÂduÂzierÂten FahrÂzeuÂge zwiÂschenÂgeÂlaÂgert, um auf ihre abÂschÂließende VerÂedeÂlung durch die HandÂschuhÂfachÂklapÂpe zu warÂten. JeÂder KolÂleÂge kennt aus seiÂnem beÂtriebÂliÂchen AllÂtag verÂgleichÂbaÂre BeiÂspieÂle, der die vieÂlen bunÂten FilmÂchen der reiÂbungsÂloÂsen und sich selbstÂsteuÂernÂden ProÂdukÂtiÂon wiÂderÂlegt. Auch kann man dieÂse WiÂdersprüche durchÂaus im AllÂtag als KonÂsuÂment erÂleÂben, wir erwähnen nur die reiÂbungsÂloÂse, vollÂauÂtoÂmaÂtiÂsche FlaÂschenrückÂgaÂbe am PfanÂdÂauÂtoÂmaÂten ... Oder was bringt es, wenn man sich die exÂakÂte VerÂspätung der DeutÂschen Bahn in EchtÂzeit per App auf alle Geräte senÂden lasÂsen kann? Die VerÂspätunÂgen werÂden daÂdurch nicht weÂniÂger, es werÂden MitÂtel zur geÂnauÂen ErÂfasÂsung der VerÂspätunÂgen statt zu deÂren BeÂseiÂtiÂgung ausÂgeÂgeÂben. Das ist dann wohl „VerÂspätung 4.0“ und daÂmit mehr FäulÂnis als FortÂschritt.
Auch wird keiÂne „weiÂtestÂgeÂhend selbstÂorÂgaÂniÂsierÂte“ ProÂdukÂtiÂon beÂwirÂken, dass etÂliÂche der ProÂdukÂte anÂschÂließend nicht auf zahÂlungsÂkräftiÂge NachÂfraÂge trefÂfen, die ÃœberÂproÂdukÂtiÂon wird mit „InÂdusÂtrie 4.0“ beÂsteÂhen bleiÂben, bzw. mögliÂcherÂweiÂse noch verstärkt. DieÂser AsÂpekt wird in der DisÂkusÂsiÂon selbstÂverständÂlich ausÂgeÂspart, es geht um EfÂfekÂtiÂvieÂrung und ProÂfitÂsiÂcheÂrung inÂnerÂhalb des heuÂtiÂgen SysÂtems. DesÂhalb stößt jede VerändeÂrung früher oder später an die GrenÂze des AbÂsatÂzes, der weiÂter durch die zahÂlungsÂkräftiÂge NachÂfraÂge beÂstimmt wird. Es bleibt auch daÂbei, dass MehrÂwert (bzw. ProÂfit als verÂwanÂdelÂte Form des MehrÂwerts) nur durch die konÂkreÂte AnÂwenÂdung menschÂliÂcher ArÂbeitsÂkraft, durch die AusÂbeuÂtung entÂsteht. Je mehr verÂganÂgeÂne menschÂliÂche ArÂbeitsÂkraft wieÂderÂum in MaÂschiÂnen, AnÂlaÂgen oder SteueÂrunÂgen (konÂstanÂtes KaÂpiÂtal) anÂgehäuft wird, desÂto geÂrinÂger ist tenÂdenÂziÂell die ProÂfiÂtraÂte. So sehr das KaÂpiÂtal daÂnach strebt, mit möglichst weÂnig MenÂschen zu proÂduÂzieÂren, desÂto schnelÂler fällt ihÂnen dieÂses StreÂben auf die Füße und beÂwirkt das GeÂgenÂteil desÂsen, was geÂwollt war: weÂniÂger ProÂfit als mehr. InÂsoÂfern gilt auch hier: „InÂdusÂtrie 4.0“ minÂdert tenÂdenÂziÂell die ProÂfiÂtraÂte.
Weil dies alÂles so ist, ist „InÂdusÂtrie 4.0“ ein wichÂtiÂges TheÂma für die WerktätiÂgen und die GeÂwerkÂschafÂten, weil es ihre BeÂdinÂgunÂgen berührt. DaÂbei fraÂgen wir uns, was der IG MeÂtall-VorÂsitÂzenÂde HofÂmann im LeiÂtungsÂgreÂmiÂum der PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0 denn so geÂnau macht. Der AnÂgriff, der im Zuge von „4.0“ derÂzeit rollt, erÂforÂdert die OrÂgaÂniÂsieÂrung von GeÂgenÂwehr, keiÂne „MitÂgeÂstalÂtung“ in trauÂten DisÂkusÂsiÂonsÂrunÂden. Denn spätesÂtens wenn das KaÂpiÂtal festÂstellt, dass die ganÂzen schönen LuftÂschlösser von 4.0 eiÂnen HauÂfen Geld geÂkosÂtet haÂben, wird man die ArÂbeiÂter wieÂder einÂmal zum ZahÂlen ruÂfen. Das im Blick zu haÂben, ist richÂtig, „Angst und OhnÂmacht 4.0“ hilft uns daÂbei nicht und ErÂstarÂren vor der scheinÂbar völlig neuÂen ProÂdukÂtiÂonsÂwelt auch nicht.
Die Frage bleibt: Die oder wir!
StattÂdesÂsen gilt es doch festÂzuÂstelÂlen: Der jetzt unÂter dem DeckÂmanÂtel von „4.0“ geführte AnÂgriff auf die geÂsetzÂlich festÂgeÂlegÂte ArÂbeitsÂzeit, das BeÂstreÂben des KaÂpiÂtals nach zeitÂlich unÂbeÂgrenzÂter Verfügung über unÂseÂre ArÂbeitsÂkraft, beÂtrifft unÂmitÂtelÂbar die geÂsamÂte ArÂbeiÂterÂklasÂse, über alle heuÂte schon beÂsteÂhenÂden DifÂfeÂrenÂzieÂrunÂgen und SpalÂtunÂgen hinÂweg:
Er beÂtrifft die dopÂpelt unÂterÂdrückÂten KolÂleÂgen im OsÂten, wie die im WesÂten; die BeÂlegÂschafÂten in den GroßbeÂtrieÂben, wie die in den vielfältiÂgen kleiÂneÂren oder KleinstÂbeÂtrieÂben; die LeihÂarÂbeiÂter und beÂfrisÂtet AnÂgeÂstellÂten, wie die sog. StammÂbeÂlegÂschafÂten; die LohnÂabhängiÂgen in denÂjeÂniÂgen BeÂreiÂchen, in deÂnen aus unÂterÂschiedÂliÂchen Gründen derÂzeit ein FachÂkräfteÂmanÂgel herrscht und die desÂhalb etÂwas besÂseÂre BeÂdinÂgunÂgen beim VerÂkauf ihÂrer ArÂbeitsÂkraft haÂben, wie dieÂjeÂniÂgen, die aufÂgrund geÂrinÂger AusÂbilÂdung oder weil ihre AusÂbilÂdung als EinÂwanÂdeÂrer nicht anÂerÂkannt wird.
DaÂbei sind wie imÂmer die Gründe für den ManÂgel beÂstimmÂter ArÂbeitsÂkräfte („FachÂkräfteÂmanÂgel“) wie imÂmer durch den deutÂschen ImÂpeÂriaÂlisÂmus selbst geÂmacht. So werÂden in dem unsäglich rückständiÂgem BilÂdungsÂsysÂtem zwar mehr AbÂituÂriÂenÂten als je zuÂvor proÂduÂziert. DieÂse haÂben trotz Schwächen in GrundÂferÂtigÂkeiÂten wie KopfÂrechÂnen oder RechtÂschreiÂbung soÂgar imÂmer besÂseÂre NoÂten. DenÂnoch werÂden in paar JahÂre später etÂliÂche von ihÂnen StuÂdiÂenÂabÂbreÂcher. Oder aber es werÂden verÂmehrt LeihÂarÂbeiÂter einÂgeÂstellt, statt FachÂkräfte aus- und weiÂterÂzuÂbilÂden, LeihÂarÂbeitsÂfirÂmen bilÂden nicht aus. So beÂsteht in DeutschÂland auf FachÂarÂbeiÂterÂebeÂne und insÂbeÂsonÂdeÂre in techÂniÂschen BeÂruÂfen ein beÂginÂnenÂder ArÂbeitsÂkräfteÂmanÂgel. NeÂben DeÂfiÂziÂten im BilÂdungsÂsysÂtem wirkt hier auch der beÂsonÂdeÂre AsÂpekt der FäulÂnis, dass etÂliÂche gut ausÂgeÂbilÂdeÂte InÂgeÂnieuÂre als techÂniÂsche Verkäufer oder GutÂachÂter in irÂgendÂwelÂchen StreiÂtigÂkeiÂten ihr teils durchÂaus gutÂbeÂzahlÂtes AusÂkomÂmen haÂben. Es geht daÂbei aber nicht um forÂschen, entÂwiÂckeln und bauÂen, sonÂdern leÂdigÂlich um ProÂfitÂverÂteiÂlung zwiÂschen verÂschieÂdeÂnen KaÂpiÂtaÂlisÂten.26
In dieÂsem ganÂzen ChaÂos und Elend steht im KaÂpiÂtaÂlisÂmus imÂmer die FraÂge: Mehr Zeit für uns, für unÂseÂre InÂterÂesÂsen, mehr Zeit zum LeÂben und zum KämpÂfen, haÂben wir noch nie geÂschenkt beÂkomÂmen. Und es wäre dumm von uns zu glauÂben, es gäbe im KaÂpiÂtaÂlisÂmus auch nur den geÂringsÂten FortÂschritt, ohne unÂseÂren Kampf geÂgen die KlasÂse der KaÂpiÂtaÂlisÂten oder das ließe sich über „richÂtig“ wählen reÂgeln. AnÂpasÂsung an die „neuÂen BeÂdinÂgunÂgen“, an die „ArÂbeit 4.0“, an den techÂniÂschen FortÂschritt kann und muss für uns heißen: KeiÂne ArÂbeitsÂzeitÂverlängeÂrung – wie vom KaÂpiÂtal verÂlangt –, sonÂdern ArÂbeitsÂzeitÂverkürzung und planmäßige ProÂdukÂtiÂon für unÂseÂre BedürfÂnisÂse statt ProÂdukÂtiÂon für den ProÂfit des KaÂpiÂtals, bei der die GeÂfahr von FaÂschisÂmus und Krieg sysÂtemÂimÂmaÂnent ist.
Es gilt also die Kräfte für den Kampf geÂgen dieÂsen AnÂgriff zu konÂzenÂtrieÂren und ausÂgeÂhend von den obÂjekÂtiv schlagÂkräftiÂgen BeÂlegÂschafÂten in den GroßbeÂtrieÂben im ganÂzen Land in den BeÂtrieÂben und GeÂwerkÂschafÂten die AusÂeinÂanÂderÂsetÂzung um die OrÂgaÂniÂsieÂrung des poÂliÂtiÂschen Streiks zu führen. Hände weg vom geÂsetzÂliÂchen Acht-StunÂden-Tag, stattÂdesÂsen Verkürzung des ArÂbeitsÂtaÂges, das muss die AntÂwort sein auf die DisÂkusÂsiÂon um „4.0“. DaÂmit die KlasÂse als KlasÂse für jeÂden LohnÂabhängiÂgen wieÂder sichtÂbar wird. Um an die Lösung der FraÂge herÂanÂzuÂkomÂmen, die FriedÂrich EnÂgels beÂreits im VorÂwort zu Marx „LohnÂarÂbeit und KaÂpiÂtal“ als möglich und notÂwenÂdig zu lösen forÂmuÂlierÂte und deÂren Lösung heuÂte imÂmer drängenÂder wird: „Aber dieÂse stets raÂscher einÂanÂder verÂdrängenÂden ErÂfinÂdunÂgen und EntÂdeÂckunÂgen, dieÂse sich in bisÂher unÂerhörtem Maße Tag auf Tag steiÂgernÂde ErÂgieÂbigÂkeit der menschÂliÂchen ArÂbeit schafft zuÂletzt eiÂnen KonÂflikt, worÂin die heuÂtiÂge kaÂpiÂtaÂlisÂtiÂsche WirtÂschaft zuÂgrunÂde gehn muss. Auf der eiÂnen SeiÂte unÂerÂmessÂliÂche Reichtümer und eiÂnen ÃœberÂfluss von ProÂdukÂten, den die AbÂnehÂmer nicht bewältiÂgen können. Auf der anÂdern die große MasÂse der GeÂsellÂschaft proÂleÂtaÂriÂsiert, in LohnÂarÂbeiÂter verÂwanÂdelt und eben daÂdurch unfähig geÂmacht, jeÂnen ÃœberÂfluss von ProÂdukÂten sich anÂzuÂeigÂnen. Die SpalÂtung der GeÂsellÂschaft in eine kleiÂne, übermäßig reiÂche und eine große, beÂsitzÂloÂse LohnÂarÂbeiÂterÂklasÂse beÂwirkt, dass dieÂse GeÂsellÂschaft in ihÂrem eigÂnen ÃœberÂfluss erÂstickt, während die große MehrÂzahl ihÂrer GlieÂder kaum oder nicht einÂmal vor dem äußersÂten ManÂgel geschützt ist. DieÂser ZuÂstand wird mit jeÂdem Tag wiÂderÂsinÂniÂger und – unnötiÂger. Er muss beÂseiÂtigt werÂden, er kann beÂseiÂtigt werÂden. Eine neue GeÂsellÂschaftsÂordÂnung ist möglich, worÂin die heuÂtiÂgen KlasÂsenÂunÂterÂschieÂde verÂschwunÂden sind und wo – vielÂleicht nach eiÂner kurÂzen, etÂwas knapÂpen, aber jeÂdenÂfalls moÂraÂlisch sehr nützÂliÂchen ÃœberÂgÂangsÂzeit – durch planmäßige AusÂnutÂzung und WeiÂterÂbilÂdung der schon vorÂhandÂnen unÂgeÂheuÂren ProÂdukÂtivÂkräfte alÂler GeÂsellÂschaftsÂglieÂder, bei gleiÂcher ArÂbeitsÂpflicht, auch die MitÂtel zum LeÂben, zum LeÂbensÂgeÂnuss, zur AusÂbilÂdung und BetätiÂgung alÂler körperÂliÂchen und geisÂtiÂgen FähigÂkeiÂten, gleichmäßig und in stets wachÂsenÂder Fülle zur Verfügung stehn.“27
Anmerkungen:
1 kaz-online.de/artikel/mit-weissbuch-arbeiten-4-0-gegen-arbei-
tsrecht-und-arbeitszeit
2 Süddeutsche Zeitung 30.06.2016 Link ...jetzt anmelden!
3 Handelsblatt 23.09.2014 nach Link ...jetzt anmelden!
4 Berliner Zeitung 21.12.2016 Link ...jetzt anmelden!
5 Link ...jetzt anmelden!
6 Gemeint sind „Cyber-Krieg“ und „Cyber-Abwehr“. Die Formulierungen tauchen im Bericht zur Münchner Sicherheitskonferenz 2017 auf.
7 Die ver.di-Branchenzeitung: DRUCK + PAPIER 04.2014 S. 8 Link ...jetzt anmelden!
8 Bedeutet soviel wie positive Veränderung
9 archiv.kaz-online.de/magazine.php?curl=cur&i=287
10 INSM-Position: Arbeit 4.0, Digitalisierung als Chance S. 2
11 kaz-online.de/artikel/mit-weissbuch-arbeiten-4-0-gegen-arbei-
tsrecht-und-arbeitszeit
12 Link ...jetzt anmelden!
13 Engels in Karl Marx Friedrich Engels Werke (MEW), Band 2, S. 237, Dietz Verlag Berlin, Ausgabe 1962
14 ebenda, S. 253
15 ebenda, S. 238 ff.; Hervorhebung durch uns
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20 Wobei hier unklar ist, ob es sich überhaupt um eine ernsthaft angestrebte Kooperation handelt
21 Link ...jetzt anmelden!
22 Link ...jetzt anmelden!
23 Also die großen, herrschenden Kapitalkonzentrationen, in denen das Bank- und Industriekapital verschmilzt
24 Link ...jetzt anmelden!
25 Produktionsmenge
26 So erkennt man bei Großaufträgen oder großen Bauprojekten mittlerweile drei Gruppen von Ingenieuren. Die erste Gruppe bei den Bau- oder Maschinenbaufirmen, die Lücken in den Verträgen oder vereinbarten Aufträgen suchen, um zusätzliche Rechnungen durchzusetzen. Die zweite Gruppe des Auftraggebers, die diese zusätzlichen Ansprüche versucht abzuwehren und die dritte Gruppe, die in der ganzen chaotischen Anarchie versucht, das eigentliche Werk (Maschine, Gebäude oder Straße) tatsächlich von den Arbeitern erstellen zu lassen.
27 Karl Marx/Friedrich Engels – Werke (MEW), Band 22, Dietz Verlag, S. 209; Hervorhebungen (fett) im Original kursiv
#andreanahles #deutscherimperialismus #industrie4.0 #kapitalismus #technischerevolution
„Industrie 4.0“ – Revolution oder Propaganda?
BigÂDaÂta, DiÂgiÂtaÂliÂsieÂrung oder InÂterÂnet der DinÂge – BeÂgriffÂlichÂkeiÂten, die uns derÂzeit aus MeÂdiÂen, WerÂbung und PoÂliÂtik geÂraÂdeÂzu um die OhÂren geÂhauÂen werÂden. AlÂles „Neue“ oder auch nur neu erÂscheiÂnenÂde wird inÂzwiÂschen mit dem ZuÂsatz „4.0“ ausÂgeÂstatÂtet und neÂbenÂbei als „ReÂvoÂluÂtiÂon“ beÂtiÂtelt. Egal, ob KosÂmeÂtik, LeÂbensÂmitÂtel, KleiÂdung oder ElekÂtroÂnikÂproÂdukÂte, alle solÂlen sie ihre Märkte „reÂvoÂluÂtioÂnieÂren“. Selbst die IG MeÂtall entÂdeckt die ReÂvoÂluÂtiÂon neu und beÂzeichÂnet ihre letzÂte JuÂgendÂkamÂpaÂgne als „ReÂvoÂluÂtiÂon BilÂdung“. Die bürgerÂliÂchen OrÂgaÂne tromÂpeÂten aus alÂlen RohÂren und verkünden die „vierÂte inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon“. In der TheÂmaÂtik der „InÂdusÂtrie 4.0“ werÂfen schon die verÂwenÂdeÂten BeÂgriffÂlichÂkeiÂten mehr FraÂgen auf, als klaÂre AntÂworÂten zu erÂkenÂnen sind. Im neÂbulösen GeÂschwaÂfel der BourÂgeoiÂsie wird die BeÂgriffsÂdeÂfiÂniÂtiÂon der ReÂvoÂluÂtiÂon im InÂterÂesÂse der BourÂgeoiÂsie aufÂgelöst, dies ermöglicht die inÂflaÂtiÂonäre VerÂwenÂdung und macht den BeÂgriff in dem ZuÂsamÂmenÂhang wertÂlos.
Der BeÂgriff „InÂdusÂtrie 4.0“ beÂgegÂnet uns seit eiÂniÂgen JahÂren verstärkt, zunächst in MeÂdiÂen und ReÂgieÂrungsÂverÂanÂstalÂtunÂgen, mittÂlerÂweiÂle auch in BeÂtrieb und GeÂwerkÂschaft. Es beÂgann mit der „PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0“ als InÂitiaÂtiÂve eiÂniÂger KaÂpiÂtaÂlisÂtenÂverbände und dem BunÂdesÂwirtÂschafts- und dem ForÂschungsÂmiÂnisÂteÂriÂum auf der HanÂnoÂver MesÂse 2013. In puncÂto InÂforÂmaÂtiÂonsÂtechÂnoÂloÂgie (IT) soll so eine „WeltÂspraÂche der ProÂdukÂtiÂon“ geÂschafÂfen werÂden. Man will den BeÂgriff im DiaÂlog von und mit GeÂwerkÂschafÂten, WirtÂschaftsÂverbänden, UnÂterÂnehÂmen, WisÂsenÂschaft und PoÂliÂtik befördern und mit InÂhalt füllen. Dies ist durchÂschlaÂgend geÂlunÂgen. An alÂles wird „4.0“ gehängt: Man hält FachÂkonÂfeÂrenÂzen zu „BilÂdung 4.0“2, das HanÂdelsÂblatt proÂpheÂzeit „Das Auto 4.0 kommt“3, ein Grüner forÂdert „VerÂbrauÂcherÂschutz 4.0“4, der VerÂband DeutÂscher InÂgeÂnieuÂre (VDI) bieÂtet eiÂnen WettÂbeÂwerb zu „WohÂnen 4.0“5 und die IG MeÂtall verÂanÂstalÂtet SeÂmiÂnaÂre zum „SoÂziÂalÂstaat 4.0“. Aber auch BeÂgrifÂfe, die nun wirkÂlich nicht zur inÂdusÂtriÂelÂlen ProÂdukÂtiÂon gehören, beÂkomÂmen den ZuÂsatz anÂgehängt: Auf der MüncheÂner SiÂcherÂheitsÂkonÂfeÂrenz gibt es „DeÂfence 4.0“6 und anÂdersÂwo „MuÂsik 4.0“ oder „Schulz 4.0.“…
Angst – Ohnmacht und Konkurrenz – alles wird „4.0“
BeÂhaupÂtet wird daÂbei imÂmer eine neue QuaÂlität der EntÂwickÂlung aufÂgrund allÂgeÂgenwärtiÂger DiÂgiÂtaÂliÂsieÂrung und großer DaÂtenÂmenÂgen, die neue AnÂwenÂdunÂgen ermögliÂchen und beÂwirÂken. Doch zuÂnehÂmend schwingt BeÂdrohÂliÂches mit: Wenn die TechÂnik dieÂse anÂgebÂlich ganz neue StuÂfe erÂreicht, dann bleibt uns nur noch, sich dem beÂdinÂgungsÂlos zu fügen. Auch die diÂgiÂtaÂle KonÂkurÂrenz schläft nicht, wir müssen uns anÂpasÂsen. Sonst droht AufÂtragsÂmanÂgel, ExÂportÂverÂlusÂte und AusÂlaÂgeÂrung, MasÂsenÂarÂbeitsÂloÂsigÂkeit und VerÂelenÂdung wären die FolÂge. So wird aus der ProÂpaÂgieÂrung moÂderÂner, fleÂxiÂbler ProÂdukÂtiÂon mal wieÂder die DrohÂgebärde und wir solÂlen „Angst und OhnÂmacht 4.0“ beÂkomÂmen, was nicht ohne WirÂkung bleibt.
DieÂse MeÂthoÂde ist schon mal keiÂnesÂfalls neu, sonÂdern minÂdesÂtens so alt wie der KaÂpiÂtaÂlisÂmus. Bei jeÂder ForÂdeÂrung nach ArÂbeitsÂzeitÂverkürzung in der GeÂschichÂte schrie das KaÂpiÂtal, dies sei der UnÂterÂgang der WirtÂschaft, so AnÂfang der 1980er-JahÂre mit dem AusÂspruch: „Die 35-StunÂdenÂwoÂche schafft ArÂbeitsplätze … in FernÂost“7, verÂbunÂden mit der wirÂren BeÂhaupÂtung, JaÂpan sei im Jahr 2000 die weltÂweit stärksÂte WirtÂschaftsÂmacht. Die DurchÂsetÂzung der 35-StunÂdenÂwoÂche war daÂbei der in dieÂser DiÂmenÂsiÂon vorÂerst letzÂte, durch Streik erÂreichÂte, ofÂfenÂsiÂve ErÂfolg der InÂdusÂtrieÂgeÂwerkÂschafÂten. Es folgÂte die DämoÂniÂsieÂrung der ComÂpuÂterÂtechÂnoÂloÂgie als AbÂschafÂfung menschÂliÂcher InÂdusÂtrieÂarÂbeit, bald werÂde es nur noch vollÂauÂtoÂmaÂtiÂsche FaÂbriÂken geÂben. Dann wurÂde uns vorÂgeÂbeÂtet, wir müssÂten uns an eine „lean proÂducÂtion“, eine schlanÂke und viel efÂfiÂziÂenÂteÂre ProÂdukÂtiÂonsÂweiÂse anÂpasÂsen. In dieÂser sollÂten sich ArÂbeiÂterÂteams als GrupÂpen eiÂgenÂverÂantÂwortÂlich und ohne Chef geÂgenÂseiÂtig konÂtrolÂlieÂren, anÂtreiÂben und ständiÂge VerÂbesÂseÂrungsÂvorÂschläge entÂwiÂckeln. Dies ging einÂher mit der „JaÂpaÂniÂsieÂrung der ProÂdukÂtiÂon“, gebündelt in SchlagÂworÂten wie KAIÂZEN87 oder KVP (KonÂtiÂnuÂierÂliÂcher VerÂbesÂseÂrungsÂproÂzess). BeÂgleiÂtet wurÂde dieÂses TromÂmeln mit der anÂgebÂliÂchen NotÂwenÂdigÂkeit der VerÂteiÂdiÂgung des „StandÂort DeutschÂland“.
DarÂauf folgÂte die DrohÂgebärde des EuÂropäischen BinÂnenÂmarkÂtes, also der geÂmeinÂsaÂme, grenzüberÂschreiÂtenÂde Markt inÂnerÂhalb der EU. GeÂraÂde das DeutÂsche KaÂpiÂtal lenkÂte von seiÂnem Ziel der ProÂfitÂsteiÂgeÂrung durch ExÂportÂausÂweiÂtung ab, inÂdem den ArÂbeiÂtern vorÂgeführt wurÂde, dass durch die Markt- und GrenzöffÂnung HorÂden von bilÂliÂgen ArÂbeitsÂkräften aus anÂdeÂren Ländern erÂwarÂtet werÂden. In den weiÂteÂren 1990er-JahÂren wurÂden alle VerändeÂrunÂgen mit der „GloÂbaÂliÂsieÂrung“ begründet. Die EntÂwickÂlung in den asiaÂtiÂschen „TiÂgerÂstaaÂten“, verÂbunÂden mit den KonÂterÂreÂvoÂluÂtioÂnen in soÂziaÂlisÂtiÂschen Ländern, machÂten anÂgebÂlich eiÂnen BilÂligÂlohnÂwettÂbeÂwerb notÂwenÂdig. OhnmächÂtig und hilfÂlos sollÂten wir akÂzepÂtieÂren, dass dieÂser WettÂbeÂwerb nur durch viel LohnÂverÂzicht „geÂwonÂnen“ werÂden könne. Wir haÂben uns daÂmit in der KAZ-AusÂgaÂbe 298 inÂtenÂsiv ausÂeinÂanÂderÂgeÂsetzt und die BeÂhaupÂtunÂgen wiÂderÂlegt9. In unÂseÂrer siÂcherÂlich unÂvollständiÂgen Aufzählung erwähnen wir noch die „atÂmenÂde FaÂbrik“ des VW-VorÂstanÂdes PeÂter Hartz (auch NaÂmensÂgeÂber von „Hartz IV“), mit welÂcher dieÂser um die JahrÂtauÂsendÂwenÂde die volÂle ArÂbeitsÂzeitÂfleÂxiÂbiÂliÂsieÂrung verÂlangÂte. In der AbÂsatzÂkriÂse MitÂte der 1990er-JahÂre wurÂde die ArÂbeitsÂzeit in den inländiÂschen VW-FaÂbriÂken schon vorüberÂgeÂhend auf 28,8 StunÂden (bei weitÂgeÂhenÂdem LohnÂverÂzicht) herÂabÂgeÂsetzt, um sie bei anÂsteiÂgenÂder KonÂjunkÂtur auch über die taÂrifÂverÂtragÂliÂchen 35-StunÂden ausÂzuÂweiÂten. AtÂmen taÂten übriÂgens auch in dieÂser FaÂbrik letztÂlich nur die menschÂliÂchen ArÂbeiÂter, und zwar meist wieÂder einÂmal schnelÂler und geÂhetzÂter.
Nun also „InÂdusÂtrie 4.0“ oder AlÂles „4.0“, was wieÂder einÂmal OhnÂmacht und Angst vor der ausländiÂschen KonÂkurÂrenz schüren soll und daÂmit von den KaÂpiÂtalÂinÂterÂesÂsen abÂlenÂken. Die BunÂdesÂreÂgieÂrung, vorÂan die ArÂbeitsÂmiÂnisÂteÂrin NahÂles hilft daÂbei gern und schmeißt mit viel Getöse ein „Weißbuch ArÂbeiÂten 4.0“ auf den Markt, um ArÂbeitsÂrecht und insÂbeÂsonÂdeÂre ArÂbeitsÂzeit aufÂzuÂweiÂchen und zu schleiÂfen. Die „InÂitiaÂtiÂve Neue SoÂziaÂle MarktÂwirtÂschaft“ als UnÂterÂabÂteiÂlung des ArÂbeitÂgeÂberÂverÂbanÂdes GeÂsamtÂmeÂtall stellt in eiÂnem PoÂsiÂtiÂonsÂpaÂpier vier grundsätzÂliÂche ForÂdeÂrunÂgen auf, die die ZieÂle des KaÂpiÂtals in dieÂser anÂgebÂliÂchen ReÂvoÂluÂtiÂon deutÂlich aufÂzeiÂgen. Wenn es nach der „InÂitiaÂtiÂve“ geht, solÂlen WerkÂverträge, BeÂfrisÂtunÂgen und ZeitÂarÂbeit weiÂterÂhin nicht einÂgeÂschränkt werÂden. VielÂmehr solÂlen RahÂmenÂbeÂdinÂgunÂgen für inÂdiÂviÂduÂelÂle ArÂbeitsÂzeitÂgeÂstalÂtunÂgen geÂschafÂfen werÂden. Dies beÂdeuÂtet nicht weÂniÂger, als die AbÂschafÂfung geÂsetzÂliÂcher SchutzÂrechÂte und die Auflösung von TaÂrifÂverträgen. So heißt es in dem PaÂpier „PauÂschaÂle ReÂguÂlieÂrunÂgen zum verÂmeintÂliÂchen Schutz der ArÂbeitÂnehÂmer werÂden dieÂsem PoÂtenÂziÂal [der fleÂxiÂblen ArÂbeitsÂorÂgaÂniÂsaÂtiÂon] jeÂdoch nicht geÂrecht. VielÂmehr gilt es, auf inÂdiÂviÂduÂelÂle VerÂeinÂbaÂrunÂgen zwiÂschen ArÂbeitÂnehÂmern und ArÂbeitÂgeÂbern zu setÂzen. ... An dieÂse neuÂen MöglichÂkeiÂten muss konÂseÂquenÂterÂweiÂse auch das deutÂsche ArÂbeitsÂrecht anÂgeÂpasst werÂden. FesÂte, unÂunÂterÂbroÂcheÂne RuÂheÂzeiÂten und tägliÂche HöchstÂarÂbeitsÂzeiÂten pasÂsen nicht mehr in die heuÂtiÂge Zeit.“10 Zum „ArÂbeiÂten 4.0“ oder dann „AusÂbeuÂten 4.0“ wurÂde in der vorÂheÂriÂgen KAZ-AusÂgaÂbe 358 beÂreits viel erläutert und geÂsagt11. Wir seÂhen: Die glatt und moÂdern daÂherÂkomÂmenÂde „InÂdusÂtrie 4.0“ wird schon wieÂder zum Schlag geÂgen unÂseÂre InÂterÂesÂsen, wir solÂlen mehr und fleÂxiÂbler arÂbeiÂten, starÂre ReÂgeln pasÂsen nicht in das ZeitÂalÂter der DiÂgiÂtaÂliÂsieÂrung. So wie früher anÂgebÂlich starÂre ReÂgeln nicht zur „lean proÂducÂtion“, der „GloÂbaÂliÂsieÂrung“ oder der „atÂmenÂden FaÂbrik“ passÂten. Das erwähnte Weißbuch der ReÂgieÂrung wurÂde übriÂgens nicht mit der „InÂdusÂtrie 4.0“ proÂduÂziert. ZwiÂschen BeÂstelÂlung, eiÂner weiÂteÂren BeÂstelÂlung, erÂneuÂter NachÂfraÂge und LieÂfeÂrung an uns laÂgen mehÂreÂre MoÂnaÂte … SoÂviel zur efÂfiÂziÂenÂten DaÂtenÂverÂarÂbeiÂtung.
Ist „Industrie 4.0“ eine neue industrielle Revolution?
Wenn wir die „vierÂte inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon“ ernstÂhaft unÂterÂsuÂchen wolÂlen, müssen wir von den durch die ArÂbeiÂterÂbeÂweÂgung erÂarÂbeiÂteÂten wisÂsenÂschaftÂliÂchen BeÂgriffÂlichÂkeiÂten und DeÂfiÂniÂtioÂnen ausÂgeÂhen. Wir müssen dieÂse DisÂkusÂsiÂon frei von bürgerÂliÂcher ProÂpaÂganÂda halÂten und die weÂsentÂliÂchen, das ProÂleÂtaÂriÂat beÂtrefÂfenÂden, wisÂsenÂschaftÂlich reÂleÂvanÂten und auf den FortÂschritt geÂrichÂteÂten ArÂguÂmenÂte samÂmeln und ordÂnen. DieÂjeÂniÂgen, die den BeÂgriff „InÂdusÂtrie 4.0“ als zuÂtrefÂfend anÂseÂhen, verÂbinÂden daÂmit die AusÂsaÂge, dass wir uns mitÂten in eiÂner oder zuÂminÂdest unÂmitÂtelÂbar vor eiÂner tiefÂgreiÂfenÂden Umwälzung alÂler ProÂdukÂtiÂonsÂproÂzesÂse beÂfinÂden. UmwälzunÂgen beÂtrefÂfen aber nicht nur den ProÂdukÂtiÂonsÂproÂzess an sich, sonÂdern wirÂken auf die geÂsamÂte GeÂsellÂschaft, verändern BeÂzieÂhunÂgen und die maÂteÂriÂelÂle Lage, kurz: Sie beÂtrefÂfen alle weÂsentÂliÂchen EleÂmenÂte der ProÂdukÂtiÂonsÂverhältÂnisÂse. Die ProÂdukÂtiÂonsÂverhältÂnisÂse beÂschreiÂben umÂfasÂsend die jeÂweiÂliÂge StelÂlung des MenÂschen im ProÂdukÂtiÂonsÂproÂzess in alÂlen darÂaus folÂgenÂden WechÂselÂwirÂkunÂgen, also: den MenÂschen in seiÂner StelÂlung zu seiÂner UmÂwelt und den anÂdeÂren GeÂsellÂschaftsÂmitÂglieÂdern. Auf dieÂser GrundÂlaÂge gilt es die BeÂdeuÂtung von „InÂdusÂtrie 4.0“ zu prüfen.
Die „PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0“ deÂfiÂniert ihre Sicht: „In der InÂdusÂtrie 4.0 verÂzahnt sich die ProÂdukÂtiÂon mit moÂdernsÂter InÂforÂmaÂtiÂons- und KomÂmuÂniÂkaÂtiÂonsÂtechÂnik. TreiÂbenÂde Kraft dieÂser EntÂwickÂlung ist die raÂsant zuÂnehÂmenÂde DiÂgiÂtaÂliÂsieÂrung von WirtÂschaft und GeÂsellÂschaft. Sie verändert nachÂhalÂtig die Art und WeiÂse, wie zukünfÂtig in DeutschÂland proÂduÂziert und geÂarÂbeiÂtet wird: Nach DampfÂmaÂschiÂne, Fließband, ElekÂtroÂnik und IT beÂstimÂmen nun inÂtelÂliÂgenÂte FaÂbriÂken (soÂgeÂnannÂte „Smart FacÂtoÂries“) die vierÂte inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon.
TechÂniÂsche GrundÂlaÂge hierfür sind inÂtelÂliÂgenÂte, diÂgiÂtal verÂnetzÂte SysÂteÂme, mit deÂren HilÂfe eine weiÂtestÂgeÂhend selbstÂorÂgaÂniÂsierÂte ProÂdukÂtiÂon möglich wird: MenÂschen, MaÂschiÂnen, AnÂlaÂgen, LoÂgisÂtik und ProÂdukÂte komÂmuÂniÂzieÂren und koÂopeÂrieÂren in der InÂdusÂtrie 4.0 diÂrekt mitÂeinÂanÂder. ProÂdukÂtiÂons- und LoÂgisÂtikÂproÂzesÂse zwiÂschen UnÂterÂnehÂmen im selÂben ProÂdukÂtiÂonsÂproÂzess werÂden inÂtelÂliÂgent mitÂeinÂanÂder verÂzahnt, um die ProÂdukÂtiÂon noch efÂfiÂziÂenÂter und fleÂxiÂbler zu geÂstalÂten.“12
„InÂdusÂtrie 4.0“ ist demÂnach ein quaÂliÂtaÂtiÂver Sprung, eine grundÂleÂgenÂde VerändeÂrung und keiÂne schrittÂweiÂse WeiÂterÂentÂwickÂlung des BeÂsteÂhenÂden. SchrittÂweiÂse (quanÂtiÂtaÂtiÂve) ÄndeÂrung erÂfolgt seit dem DurchÂbruch des KaÂpiÂtaÂlisÂmus als GeÂsellÂschaftsÂforÂmaÂtiÂon ständig. ImÂmer wird geändert und entÂwiÂckelt, wenn auch mit HinÂderÂnisÂsen und RückÂschlägen. In der TenÂdenz erÂfolgt insÂbeÂsonÂdeÂre fortwährend der ErÂsatz menschÂliÂcher ArÂbeitsÂkraft durch MaÂschiÂnen.
Die inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon beÂwirkÂte ausÂgeÂhend von GroßbriÂtanÂniÂen hisÂtoÂrisch die DurchÂsetÂzung des KaÂpiÂtaÂlisÂmus als GeÂsellÂschaftsÂsysÂtem. TechÂnisch wird dieÂser Sprung verÂbunÂden mit der ErÂfinÂdung der DampfÂmaÂschiÂne und der DurchÂsetÂzung der MaÂschiÂne als ProÂdukÂtiÂonsÂmitÂtel, die der inÂdusÂtriÂelÂlen ProÂdukÂtiÂonsÂweiÂse den Weg ebÂnet. FriedÂrich EnÂgels schrieb dazu in „Die Lage der arÂbeiÂtenÂden KlasÂse in EngÂland“ 1845: „Die GeÂschichÂte der arÂbeiÂtenÂden KlasÂse in EngÂland beÂginnt mit der letzÂten Hälfte des voÂriÂgen JahrÂhunÂderts [ab 1750], mit der ErÂfinÂdung der DampfÂmaÂschiÂne und der MaÂschiÂnen zur VerÂarÂbeiÂtung der BaumÂwolÂle. DieÂse ErÂfinÂdunÂgen gaÂben beÂkanntÂlich den AnÂsÂtoß zu eiÂner inÂdusÂtriÂelÂlen ReÂvoÂluÂtiÂon, eiÂner ReÂvoÂluÂtiÂon, die zuÂgleich die ganÂze bürgerÂliÂche GeÂsellÂschaft umÂwanÂdelÂte und deÂren weltÂgeÂschichtÂliÂche BeÂdeuÂtung erst jetzt anfängt erÂkannt zu werÂden.“13 ZuÂrecht beÂtont wird die VerÂbinÂdung von techÂniÂscher und geÂsellÂschaftÂliÂcher Umwälzung, die EntÂsteÂhung der ArÂbeiÂter als reÂleÂvanÂte KlasÂse (welÂche daÂmals denÂnoch weiÂterÂhin eine MinÂderÂheit geÂgenüber den BauÂern darÂstellÂte). EnÂgels beÂzeichÂnet die FaÂbrikÂarÂbeiÂter in dem geÂnannÂten Werk folgÂlich auch als „ältesÂte KinÂder der inÂdusÂtriÂelÂlen ReÂvoÂluÂtiÂon“14. Fast spöttisch beÂschreibt er das LeÂben der ArÂbeiÂter vor der inÂdusÂtriÂelÂlen ReÂvoÂluÂtiÂon, als dieÂse noch keiÂne FaÂbrikÂarÂbeiÂter geÂweÂsen waÂren:
„Auf dieÂse WeiÂse veÂgeÂtierÂten die ArÂbeiÂter in eiÂner ganz beÂhagÂliÂchen ExisÂtenz und führÂten ein rechtÂschafÂfeÂnes und geÂruÂhiÂges LeÂben in alÂler GottÂseÂligÂkeit und EhrÂbarÂkeit, ihre maÂteÂriÂelÂle StelÂlung war bei weiÂtem besÂser als die ihÂrer NachÂfolÂger …Sie waÂren „reÂspekÂtaÂble“ LeuÂte und gute FaÂmiÂliÂenväter, lebÂten moÂraÂlisch, weil sie keiÂne VerÂanÂlasÂsung hatÂten, unÂmoÂraÂlisch zu sein, da keiÂne SchenÂken und lieÂderÂliÂchen Häuser in ihÂrer Nähe waÂren, und weil der Wirt, bei dem sie dann und wann ihÂren Durst löschten, auch ein reÂspekÂtaÂbler Mann und meist ein großer PächÂter war, der auf guÂtes Bier, gute OrdÂnung und frühen FeiÂerÂabend hielt. Sie hatÂten ihre KinÂder den Tag über im HauÂse bei sich und erÂzoÂgen sie in GeÂhorÂsam und der GotÂtesÂfurcht;…Sie konnÂten selÂten leÂsen und noch viel weÂniÂger schreiÂben, ginÂgen reÂgelmäßig in die KirÂche, poÂliÂtiÂsierÂten nicht, konÂspiÂrierÂten nicht, dachÂten nicht, ergötzÂten sich an körperÂliÂchen ÃœbunÂgen, hörten die BiÂbel mit anÂgeÂstammÂter AnÂdacht vorÂleÂsen und verÂtruÂgen sich bei ihÂrer anÂspruchsÂloÂsen DeÂmut mit den anÂgeÂseÂheÂneÂren KlasÂsen der GeÂsellÂschaft ganz vorÂtreffÂlich. Dafür aber waÂren sie auch geisÂtig tot, lebÂten nur für ihre kleinÂliÂchen PriÂvatÂinÂterÂesÂsen, für ihÂren WebÂstuhl und ihr GärtÂchen und wußten nichts von der geÂwalÂtiÂgen BeÂweÂgung, die draußen durch die MenschÂheit ging. Sie fühlÂten sich beÂhagÂlich in ihÂrem stilÂlen PflanÂzenÂleÂben und wären ohne die inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon nie herÂausÂgeÂtreÂten aus dieÂser alÂlerÂdings sehr roÂmanÂtisch-gemütliÂchen, aber doch eiÂnes MenÂschen unwürdiÂgen ExisÂtenz. Sie waÂren eben keiÂne MenÂschen, sonÂdern bloß arÂbeiÂtenÂde MaÂschiÂnen im Dienst der weÂniÂgen ArisÂtoÂkraÂten, die bis daÂhin die GeÂschichÂte geÂleiÂtet hatÂten; die inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon hat auch nur die KonÂseÂquenz hierÂvon durchÂgeÂsetzt, inÂdem sie die ArÂbeiÂter vollÂends zu bloßen MaÂschiÂnen machÂte und ihÂnen den letzÂten Rest selbständiÂger TätigÂkeit unÂter den Händen wegÂnahm, sie aber eben daÂdurch zum DenÂken und zur ForÂdeÂrung eiÂner menschÂliÂchen StelÂlung anÂtrieb.“15
[dossierartikel]
Der Streit um die DeÂfiÂniÂtiÂon etÂwaiÂger weiÂteÂrer inÂdusÂtriÂelÂler ReÂvoÂluÂtioÂnen ist dem geÂgenüber vorÂwieÂgend techÂnisch geprägt. Er beÂginnt um die BeÂhaupÂtung eiÂner zweiÂten inÂdusÂtriÂelÂlen ReÂvoÂluÂtiÂon AnÂfang des 20. JahrÂhunÂderts. HierÂbei verÂweist ein Teil auf die Einführung des FließbanÂdes als EntÂwickÂlungsÂsprung, der anÂdeÂre sieht als WeÂsentÂliÂches die flächenÂdeÂckenÂde ElekÂtriÂfiÂzieÂrung oder beiÂdes geÂmeinÂsam. BeiÂde NeueÂrunÂgen haÂben fragÂlos wichÂtiÂge BeÂdeuÂtung, jeÂdoch brachÂten sie keiÂne ÄndeÂrunÂgen oder gar Sprünge in der QuaÂlität geÂsellÂschaftÂliÂcher VerhältÂnisÂse. Während die inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon 100 JahÂre vorÂher mit der DurchÂsetÂzung des KaÂpiÂtaÂlisÂmus, der HerÂausÂbilÂdung von KaÂpiÂtal und ProÂleÂtaÂriÂat als weÂsentÂliÂche, unÂversöhnÂliÂche KlasÂsen verÂbunÂden war, fehlt eine verÂgleichÂbaÂre EntÂwickÂlung hier. Als dritÂte oder auch wisÂsenÂschaftÂlich-techÂniÂsche ReÂvoÂluÂtiÂon wird dann noch die DurchÂsetÂzung der ComÂpuÂterÂtechÂnoÂloÂgie ab den 1980er-JahÂren geÂseÂhen. Mit dieÂser veränderÂten sich fragÂlos alle SteueÂrungs- und AuÂtoÂmaÂtiÂsieÂrungsÂvorgänge in der ProÂdukÂtiÂon, ComÂpuÂterÂtechÂnik wurÂde MasÂsenÂproÂdukt und zog als PC oder verÂbaut in ElekÂtro- und KüchenÂgeräten, AuÂtos oder KinÂderÂspielÂzeuÂgen in prakÂtisch jeÂden HausÂhalt ein. Nun wird akÂtuÂell auf BaÂsis der weiÂterÂentÂwiÂckelÂten HardÂware (PC) aus der dritÂten inÂdusÂtriÂelÂlen ReÂvoÂluÂtiÂon mit verÂgleichsÂweiÂse kurÂzem ZeitÂabÂstand die vierÂte inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon, das ZeitÂalÂter der DiÂgiÂtaÂliÂsieÂrung oder eben InÂdusÂtrie 4.0 deÂfiÂniert. Selbst wenn man dem folgt, kann nicht beÂstritÂten werÂden, dass dieÂse anÂgebÂliÂche vierÂte inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon – im GeÂgenÂsatz zu den drei vorÂherÂgeÂhenÂden – nicht in der RückÂbeÂtrachÂtung deÂfiÂniert wird, sonÂdern im VorÂaus! Dies ist ein meÂthoÂdiÂscher UnÂterÂschied und eine deutÂliÂche DifÂfeÂrenz zu den bisÂheÂriÂgen DeÂfiÂniÂtioÂnen.
Ob es sich nunÂmehr bei der anÂsteÂhenÂden VerändeÂrung um eiÂnen quaÂliÂtaÂtiÂven Sprung im SinÂne eiÂner (weiÂteÂren) inÂdusÂtriÂelÂlen ReÂvoÂluÂtiÂon hanÂdelt oder um die FortÂsetÂzung der ständiÂgen ProÂdukÂtivÂkraftÂentÂwickÂlung, wird in etÂliÂchen linÂken PuÂbliÂkaÂtioÂnen nicht klar beÂantÂworÂtet. Die FraÂge wird aufÂgeÂworÂfen und etÂwas umÂschliÂchen, in der TenÂdenz beÂsteht oft die NeiÂgung, der TheÂse von der neuÂen ReÂvoÂluÂtiÂon zuÂzuÂstimÂmen oder die Ablösung des inÂdusÂtriÂelÂlen durch das diÂgiÂtaÂle ZeitÂalÂter zu seÂhen. Die ArÂbeiÂterÂklasÂse und vor alÂlem ihre ChanÂcen in der EntÂwickÂlung komÂmen reÂgelmäßig gar nicht oder kaum vor, es werÂden in gut geÂmeinÂter WeiÂse die BeÂdrohÂlichÂkeit, die GeÂfahÂren für die VerÂschlechÂteÂrung der Lage nachÂgeÂzeichÂnet. VerÂgleicht man dies mit EnÂgels BeÂschreiÂbung der inÂdusÂtriÂelÂlen ReÂvoÂluÂtiÂon, bleibt es unÂschlüssig. Dann wird die ArÂbeiÂterÂklasÂse in den BeÂschreiÂbunÂgen der „InÂdusÂtrie 4.0“ geÂdankÂlich abÂgeÂschafft, weil die MaÂschiÂnen ja demnächst alÂles selÂber maÂchen. WahrÂlich keiÂne neue EntÂwickÂlung, schon lanÂge wird der ErÂsatz menschÂliÂcher ArÂbeitsÂkraft durch MaÂschiÂnen als Auflösung der ArÂbeiÂterÂklasÂse beÂtrachÂtet. Während die, nach dieÂser Sicht ersÂte inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon die ArÂbeiÂter als KlasÂse formÂte, macht die anÂgebÂlich vierÂte also das GeÂgenÂteil. Oder die neÂgaÂtiÂven WirÂkunÂgen der „InÂdusÂtrie 4.0“ sind so verÂheeÂrend darÂgeÂstellt, dass daÂnach gar nichts mehr geht, die Lage der ArÂbeiÂter wird ausÂsichtsÂlos. DaÂbei zeiÂgen doch BeÂschreiÂbunÂgen wie die ziÂtierÂte von EnÂgels geÂraÂde, dass die UmwälzunÂgen für die ArÂbeiÂterÂklasÂse imÂmer auch ChanÂcen beÂdeuÂten. Die inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon verÂschlechÂterÂte die maÂteÂriÂelÂle Lage der ArÂbeiÂter zunächst, aber sie bilÂdeÂte gleichÂzeiÂtig letztÂlich die GrundÂlaÂge für ReÂvoÂluÂtioÂnen oder minÂdesÂtens vorüberÂgeÂhenÂde VerÂbesÂseÂrunÂgen. So schwer erÂkennÂbar es für manÂchen derÂzeit sein mag, die EntÂwickÂlung fördert auch imÂmer wieÂder den Kampf, die EntÂwickÂlung der ProÂdukÂtivÂkräfte geht nie ohne dieÂses EleÂment. DaÂher gab und gibt es unÂseÂres ErÂachÂtens bisÂher eine inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon und keiÂne weiÂteÂre ÄndeÂrung der QuaÂlität, insÂbeÂsonÂdeÂre keiÂne ÄndeÂrung, die einÂherÂging mit solÂchen geÂsellÂschaftÂliÂchen UmwälzunÂgen, wie wir sie ziÂtiert haÂben.
Industrie 4.0 – Deutsche Steuerung für die Welt?
„InÂdusÂtrie 4.0“ ist ein BeÂgriff aus DeutschÂland, eine engÂliÂsche EntÂspreÂchung wie „InÂdusÂtry 4.0“ gibt es nicht. In den USA beÂsteht als KonÂkurÂrenz der ZuÂsamÂmenÂschluss „InÂdusÂtriÂal InÂterÂnet ConÂsorÂtiÂum“ (IIC), daÂneÂben gibt es entÂspreÂchenÂde ZuÂsamÂmenÂschlüsse in FrankÂreich und JaÂpan. Auf der von den BunÂdesÂmiÂnisÂteÂriÂen beÂtrieÂbeÂnen InÂterÂnetÂseiÂte „PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0“ heißt es dazu: „Die PlattÂform führt intensive Dialoge mit nationalen und internationalen Allianzen, um AusÂtausch und StanÂdarÂdiÂsieÂrung vorÂanÂzuÂtreiÂben soÂwie DeutschÂland als LeitÂmarkt für InÂdusÂtrie 4.0 zu poÂsiÂtioÂnieÂren. [..] InÂterÂnaÂtioÂnal koÂopeÂriert die PlattÂform mit dem InÂdusÂtriÂal InÂterÂnet ConÂsorÂtiÂum (USA), der AlÂliÂanÂce InÂdusÂtrie du FuÂtur (FrankÂreich) und der RoÂbot ReÂvoÂluÂtiÂon InÂitiaÂtiÂve (JaÂpan). ZuÂdem gibt es ein MeÂmoÂranÂdum of UnÂderÂstanÂding und eiÂnen geÂmeinÂsaÂmen AkÂtiÂonsÂplan mit ChiÂna, eiÂnen reÂgelmäßigen AusÂtausch mit der EuÂropäischen UniÂon soÂwie den G20-Ländern.“16 Es gibt also vier unÂterÂschiedÂliÂche VerÂeiÂniÂgunÂgen, die VolksÂreÂpuÂblik ChiÂna hält sich noch reÂlaÂtiv disÂtanÂziert. In der inÂterÂnaÂtioÂnaÂlen KonÂkurÂrenz geht es imÂmer darÂum, wer die StanÂdards und NorÂmen beÂstimmt, welÂche VorÂausÂsetÂzunÂgen für den AbÂsatz außerÂhalb des HeiÂmatÂmarkÂtes beÂsteÂhen. In der ComÂpuÂterÂtechÂnoÂloÂgie, bei diÂgiÂtaÂler VerÂnetÂzung und SteueÂrung gilt dies beÂsonÂders. Die MitÂgliedÂschafÂten bei den verÂschieÂdeÂnen VerÂanÂstalÂtunÂgen sind daÂbei teils durchÂaus wechÂselÂseiÂtig: So sind SieÂmens, SAP oder Bosch auch MitÂglied im US-ameÂriÂkaÂniÂschen IIC17 und GeÂneÂral Electric oder InÂtel DeutschÂland auch TeilÂnehÂmer der PlattÂform InÂdusÂtrie 4.018.
Marx zu Maschinerie und große Industrie
„Alle entÂwiÂckelÂte MaÂschiÂneÂrie beÂsteht aus drei weÂsentÂlich verÂschiedÂnen TeiÂlen, der BeÂweÂgungsÂmaÂschiÂne, dem TransÂmisÂsiÂonsÂmeÂchaÂnisÂmus, endÂlich der WerkÂzeugÂmaÂschiÂne oder ArÂbeitsÂmaÂschiÂne. Die BeÂweÂgungsÂmaÂschiÂne wirkt als TriebÂkraft des ganÂzen MeÂchaÂnisÂmus. Sie erÂzeugt ihre eigÂne BeÂweÂgungsÂkraft, wie die DampfÂmaÂschiÂne, kaÂloÂriÂsche MaÂschiÂne, elekÂtro-maÂgneÂtiÂsche MaÂschiÂne usw., oder sie empfängt den AnÂsÂtoß von eiÂner schon ferÂtiÂgen NaÂturÂkraft außer ihr, wie das WasÂserÂrad vom WasÂserÂgefäll, der Windflügel vom Wind usw. Der TransÂmisÂsiÂonsÂmeÂchaÂnisÂmus, zuÂsamÂmenÂgeÂsetzt aus Schwungrädern, TreibÂwelÂlen, Zahnrädern, KreiÂselrädern, Schäften, Schnüren, RieÂmen, ZwiÂschenÂgeÂschirr und VorÂgeÂleÂge der verÂschieÂdensÂten Art, reÂgelt die BeÂweÂgung, verÂwanÂdelt, wo es nötig, ihre Form, z.B. aus eiÂner perÂpenÂdiÂkulären in eine kreisförmiÂge, verÂteilt und überträgt sie auf die WerkÂzeugÂmaÂschiÂneÂrie. BeiÂde TeiÂle des MeÂchaÂnisÂmus sind nur vorÂhanÂden, um der WerkÂzeugÂmaÂschiÂne die BeÂweÂgung mitÂzuÂteiÂlen, woÂdurch sie den ArÂbeitsÂgeÂgenÂstand anÂpackt und zweckÂgemäß verändert. DieÂser Teil der MaÂschiÂneÂrie, die WerkÂzeugÂmaÂschiÂne, ist es, woÂvon die inÂdusÂtriÂelÂle ReÂvoÂluÂtiÂon im 18. JahrÂhunÂdert ausÂgeht. Sie bilÂdet noch jeÂden Tag von neuÂem den AusÂgangsÂpunkt, soÂoft HandÂwerksÂbeÂtrieb oder MaÂnuÂfakÂturÂbeÂtrieb in MaÂschiÂnenÂbeÂtrieb überÂgeht.“
Karl Marx, KaÂpiÂtal Band I (MEW 23), VierÂter AbÂschnitt, 13. KaÂpiÂtel, S. 391-440Aber es bleibt unüberÂsehÂbar: Es sind KonÂkurÂrenzÂverÂanÂstalÂtunÂgen, die von den jeÂweiÂliÂgen MoÂnoÂpoÂlen beÂstimmt werÂden: SieÂmens vorÂneÂweg (mit Bosch und SAP) bei der PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0; GeÂneÂral Electric, InÂtel, AT&T und IBM auf SeiÂten des ameÂriÂkaÂniÂschen IIC. Darüber hinÂwegtäuschen können auch mit diÂploÂmaÂtiÂschen WorÂten geführte KonÂfeÂrenÂzen zwiÂschen der PlattÂform und dem IIC nicht, wie beiÂspielsÂweiÂse im Frühjahr 2016 in Zürich auf „neuÂtraÂlem schweiÂzer BoÂden“19. SolÂche KoÂopeÂraÂtioÂnen halÂten imÂmer nur vorrüberÂgeÂhend20. SoÂbald eine SeiÂte in den NachÂteil gerät, bricht das BündÂnis auf. Die Sicht der KonÂkurÂrenz bestätigt beiÂspielsÂweiÂse der VorÂsitÂzenÂde der Geschäftsführung des ZenÂtralÂverÂbands ElekÂtroÂtechÂnik- und ElekÂtroÂnikÂinÂdusÂtrie (ZVEI) MitÂtelÂbach: „Zunächst benötiÂgen wir die PoÂliÂtik, um in EuÂroÂpa eiÂnen diÂgiÂtaÂlen BinÂnenÂmarkt zu erÂrichÂten. GeÂgenüber den USA haÂben wir da eiÂnen geÂwisÂsen WettÂbeÂwerbsÂnachÂteil: UnÂser BinÂnenÂmarkt ist erst dann tatsächlich groß, wenn er euÂropäisch ist, ausÂgeÂstatÂtet mit den entÂspreÂchenÂden RahÂmenÂbeÂdinÂgunÂgen. Dann können wir den WettÂbeÂwerb mit der Welt aufÂzuÂnehÂmen – und den brauÂchen wir drinÂgend auch im diÂgiÂtaÂlen BeÂreich. .. Natürlich ist das IIC auch WettÂbeÂwerÂber der PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0. Wir sind das TheÂma alÂlerÂdings schon vor vieÂlen JahÂren anÂgeÂganÂgen. Nicht umÂsonst ist der BeÂgriff „InÂdusÂtrie 4.0“ hierÂzuÂlanÂde entÂstanÂden, und wir achÂten darÂauf, dass wir ihn nicht ins EngÂliÂsche überÂsetÂzen und von „InÂdusÂtry 4.0“ spreÂchen. Im Kern ist das IIC die AntÂwort der AmeÂriÂkaÂner auf das, was wir in DeutschÂland [..]längst inÂitiÂiert haÂben.“21 Die KanzÂleÂrin wurÂde auf dem WeltÂwirtÂschaftsÂfoÂrum in DaÂvos (Schweiz) 2015 noch etÂwas deutÂliÂcher: „Wir müssen – das sage ich als deutÂsche BunÂdesÂkanzÂleÂrin anÂgeÂsichts eiÂner starÂken deutÂschen WirtÂschaft – die VerÂschmelÂzung der Welt des InÂterÂnets mit der Welt der inÂdusÂtriÂelÂlen ProÂdukÂtiÂon – wir nenÂnen das in DeutschÂland „InÂdusÂtrie 4.0“ – schnell bewältiÂgen, weil uns sonst dieÂjeÂniÂgen, die im diÂgiÂtaÂlen BeÂreich führend sind, die inÂdusÂtriÂelÂle ProÂdukÂtiÂon wegÂnehÂmen werÂden.“22
Ein schädliÂches MissÂverständÂnis der KonÂkurÂrenz beÂgegÂnet uns auch in linÂken PuÂbliÂkaÂtioÂnen geÂleÂgentÂlich. Die fragÂlos in ihÂrem Geschäft großen AkÂteuÂre AmaÂzon, FaceÂbook und GoogÂle werÂden dämoÂniÂsiert als DaÂtenÂkraÂken, die ihre umÂfangÂreiÂchen InÂforÂmaÂtioÂnen nicht nur zum ProÂfit maÂchen einÂsetÂzen wollÂten, sonÂdern unÂdeÂmoÂkraÂtiÂsche StrukÂtuÂren fördern, geÂleÂgentÂlich bis hin zur BeÂhaupÂtung eiÂnes droÂhenÂden „DiÂgiÂtalÂfaÂschisÂmus“. HierÂzu ist festÂzuÂstelÂlen, dass MoÂnoÂpoÂle23 nie deÂmoÂkraÂtisch sind, weÂder US-ameÂriÂkaÂniÂsche, noch deutÂsche, noch anÂdeÂre. Es bleibt unÂklar, warÂum die drei imÂmer so stark in dem ZuÂsamÂmenÂhang von „4.0“ herÂausÂgeÂhoÂben werÂden, in den VerÂanÂstalÂtunÂgen von PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0 oder IIC sind sie jeÂdenÂfalls nicht verÂtreÂten. Wer den abÂsoÂlut beÂrechÂtigÂten Blick auf unÂkonÂtrolÂlierÂte DaÂtenÂsammÂlunÂgen richÂtet, sollÂte sich in DeutschÂland beiÂspielsÂweiÂse den BunÂdesÂnachÂrichÂtenÂdienst geÂnauÂer anÂseÂhen. DieÂse staatÂliÂche und von jeÂher unÂdeÂmoÂkraÂtiÂsche, maßgebÂlich von alÂten NaÂzis aufÂgeÂbauÂte EinÂrichÂtung zeigt nunÂmehr mitÂten in BerÂlin deutÂlich ihre FunkÂtiÂon: 4.000 BeÂamÂte hoÂcken in eiÂnem KomÂplex mit eiÂner AusÂdehÂnung von etwa 35 FußballÂfelÂdern, es war zeitÂweiÂlig die größte BauÂstelÂle EuÂroÂpas. Hier ist siÂcher, dass alÂlerÂlei DaÂten nicht zu unÂseÂrem NutÂzen über uns geÂsamÂmelt werÂden, hier sollÂte man konÂkret geÂgen diÂgiÂtaÂle EntÂwickÂlunÂgen proÂtesÂtieÂren, die fragÂlos unÂdeÂmoÂkraÂtisch sind.24
Kapital bleibt Kapital
Bei alÂlen bunt geÂmalÂten BilÂdern über auÂtoÂmaÂtiÂsche und diÂgiÂtal verÂnetzÂte ProÂdukÂtiÂon dürfen wir nie verÂgesÂsen auf welÂchen ökoÂnoÂmiÂschen GeÂsetzmäßigÂkeiÂten der KaÂpiÂtaÂlisÂmus beÂruht. DieÂse können und werÂden nicht außer Kraft geÂsetzt, durch techÂniÂsche EntÂwickÂlunÂgen. LetzÂteÂre maÂchen nur den GrundÂwiÂderÂspruch kaÂpiÂtaÂlisÂtiÂscher VerhältÂnisÂse zwiÂschen dem PriÂvatÂbeÂsitz der ProÂdukÂtiÂonsÂmitÂtel durch eine winÂziÂge Schicht und der geÂsellÂschaftÂliÂchen ProÂdukÂtiÂon imÂmer schreiÂenÂder. Auch die „InÂdusÂtrie 4.0“ soll die AusÂbeuÂtung steiÂgern und verschärfen und erÂfolgt auf BaÂsis der kaÂpiÂtaÂlisÂtiÂschen KonÂkurÂrenz. Schon die beiÂden wichÂtigsÂten, seÂpaÂraÂten OrÂgaÂniÂsaÂtioÂnen PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0 und IIC zeiÂgen dies. Doch auch wenn es weltÂweit nur eine geÂmeinÂsaÂme GrupÂpieÂrung gäbe: KonÂkurÂrenz beÂdeuÂtet in dieÂsem ZuÂsamÂmenÂhang rein techÂnisch insÂbeÂsonÂdeÂre die TatÂsaÂche, dass die diÂgiÂtaÂle VerÂnetÂzung zwiÂschen den einÂzelÂnen ProÂduÂzenÂten eine ÖffÂnung beÂdeuÂtet, teils auch ÖffÂnung geÂgenüber der KonÂkurÂrenz. Wer hat daÂbei die HerrÂschaft über die DeÂfiÂniÂtioÂnen der StanÂdards, SchnittÂstelÂlen und NorÂmen? JeÂder dieÂser KaÂpiÂtaÂlisÂten will, dass sich die jeÂweils anÂdeÂren öffÂnen und ZuÂgang zu ihÂren SysÂteÂmen gewähren, will sich gleichÂzeiÂtig geÂgenüber den anÂdeÂren aber möglichst weÂnig öffÂnen. ZuÂminÂdest wird jeÂder eine OpÂtiÂon haÂben wolÂlen „den SteÂcker zieÂhen zu können“. SoÂmit bleibt die kaÂpiÂtaÂlisÂtiÂsche KonÂkurÂrenz letztÂlich ein unüberÂwindÂbaÂres HinÂderÂnis auf dem Weg zur proÂpaÂgierÂten ReÂvoÂluÂtiÂon im KaÂpiÂtaÂlisÂmus. ErÂkennÂbar ist daÂbei nur, dass die kleiÂneÂren AkÂteuÂre, die ZuÂlieÂfeÂrer und HandÂlanÂger der großen MoÂnoÂpoÂle ein weiÂteÂres Stück abhängiÂger von dieÂsen werÂden.
KeiÂne ÄndeÂrung der ProÂdukÂtiÂonsÂweiÂse im KaÂpiÂtaÂlisÂmus beÂseiÂtigt die insÂgeÂsamt chaoÂtiÂschen MarktÂverhältÂnisÂse, die anÂarÂchisÂtiÂschen ProÂdukÂtiÂonsÂverhältÂnisÂse. Wo an der eiÂnen StelÂle komÂpleÂxe ProÂzesÂse mit hoÂhem AufÂwand scheinÂbar perÂfekt durchÂorÂgaÂniÂsiert werÂden, scheiÂtert es kurz daÂvor oder daÂnach wieÂder an eiÂnem verÂgleichsÂweiÂse kleiÂnen DeÂtail. Bei VW als geÂwichÂtiÂgem AkÂteur von „AuÂtoÂinÂdusÂtrie 4.0“ fehlÂten im FeÂbruÂar 2017 plötzÂlich HandÂschuhÂfachÂklapÂpen für das PasÂsat MoÂdell. Täglich 1.100 FahrÂzeuÂge mit eiÂnem ProÂduktÂwert von vieÂlen MilÂlioÂnen konnÂten aufÂgrund eiÂnes verÂgleichsÂweiÂse geÂringÂwerÂtiÂgen KunstÂstoffÂteiÂles nicht ausÂgeÂlieÂfert werÂden. Ein pasÂsenÂder 3D-DruÂcker, der auf die SchnelÂle HandÂschuhÂfachÂklapÂpen in LosÂgröße25 von täglich 1.100 Stück lieÂfert, war ofÂfenÂsichtÂlich nicht verfügbar und so mussÂten für etÂliÂche MilÂlioÂnen Euro Parkplätze und leeÂre HalÂlen anÂgeÂmieÂtet werÂden. Hier wurÂden die ferÂtig proÂduÂzierÂten FahrÂzeuÂge zwiÂschenÂgeÂlaÂgert, um auf ihre abÂschÂließende VerÂedeÂlung durch die HandÂschuhÂfachÂklapÂpe zu warÂten. JeÂder KolÂleÂge kennt aus seiÂnem beÂtriebÂliÂchen AllÂtag verÂgleichÂbaÂre BeiÂspieÂle, der die vieÂlen bunÂten FilmÂchen der reiÂbungsÂloÂsen und sich selbstÂsteuÂernÂden ProÂdukÂtiÂon wiÂderÂlegt. Auch kann man dieÂse WiÂdersprüche durchÂaus im AllÂtag als KonÂsuÂment erÂleÂben, wir erwähnen nur die reiÂbungsÂloÂse, vollÂauÂtoÂmaÂtiÂsche FlaÂschenrückÂgaÂbe am PfanÂdÂauÂtoÂmaÂten ... Oder was bringt es, wenn man sich die exÂakÂte VerÂspätung der DeutÂschen Bahn in EchtÂzeit per App auf alle Geräte senÂden lasÂsen kann? Die VerÂspätunÂgen werÂden daÂdurch nicht weÂniÂger, es werÂden MitÂtel zur geÂnauÂen ErÂfasÂsung der VerÂspätunÂgen statt zu deÂren BeÂseiÂtiÂgung ausÂgeÂgeÂben. Das ist dann wohl „VerÂspätung 4.0“ und daÂmit mehr FäulÂnis als FortÂschritt.
Auch wird keiÂne „weiÂtestÂgeÂhend selbstÂorÂgaÂniÂsierÂte“ ProÂdukÂtiÂon beÂwirÂken, dass etÂliÂche der ProÂdukÂte anÂschÂließend nicht auf zahÂlungsÂkräftiÂge NachÂfraÂge trefÂfen, die ÃœberÂproÂdukÂtiÂon wird mit „InÂdusÂtrie 4.0“ beÂsteÂhen bleiÂben, bzw. mögliÂcherÂweiÂse noch verstärkt. DieÂser AsÂpekt wird in der DisÂkusÂsiÂon selbstÂverständÂlich ausÂgeÂspart, es geht um EfÂfekÂtiÂvieÂrung und ProÂfitÂsiÂcheÂrung inÂnerÂhalb des heuÂtiÂgen SysÂtems. DesÂhalb stößt jede VerändeÂrung früher oder später an die GrenÂze des AbÂsatÂzes, der weiÂter durch die zahÂlungsÂkräftiÂge NachÂfraÂge beÂstimmt wird. Es bleibt auch daÂbei, dass MehrÂwert (bzw. ProÂfit als verÂwanÂdelÂte Form des MehrÂwerts) nur durch die konÂkreÂte AnÂwenÂdung menschÂliÂcher ArÂbeitsÂkraft, durch die AusÂbeuÂtung entÂsteht. Je mehr verÂganÂgeÂne menschÂliÂche ArÂbeitsÂkraft wieÂderÂum in MaÂschiÂnen, AnÂlaÂgen oder SteueÂrunÂgen (konÂstanÂtes KaÂpiÂtal) anÂgehäuft wird, desÂto geÂrinÂger ist tenÂdenÂziÂell die ProÂfiÂtraÂte. So sehr das KaÂpiÂtal daÂnach strebt, mit möglichst weÂnig MenÂschen zu proÂduÂzieÂren, desÂto schnelÂler fällt ihÂnen dieÂses StreÂben auf die Füße und beÂwirkt das GeÂgenÂteil desÂsen, was geÂwollt war: weÂniÂger ProÂfit als mehr. InÂsoÂfern gilt auch hier: „InÂdusÂtrie 4.0“ minÂdert tenÂdenÂziÂell die ProÂfiÂtraÂte.
Weil dies alÂles so ist, ist „InÂdusÂtrie 4.0“ ein wichÂtiÂges TheÂma für die WerktätiÂgen und die GeÂwerkÂschafÂten, weil es ihre BeÂdinÂgunÂgen berührt. DaÂbei fraÂgen wir uns, was der IG MeÂtall-VorÂsitÂzenÂde HofÂmann im LeiÂtungsÂgreÂmiÂum der PlattÂform InÂdusÂtrie 4.0 denn so geÂnau macht. Der AnÂgriff, der im Zuge von „4.0“ derÂzeit rollt, erÂforÂdert die OrÂgaÂniÂsieÂrung von GeÂgenÂwehr, keiÂne „MitÂgeÂstalÂtung“ in trauÂten DisÂkusÂsiÂonsÂrunÂden. Denn spätesÂtens wenn das KaÂpiÂtal festÂstellt, dass die ganÂzen schönen LuftÂschlösser von 4.0 eiÂnen HauÂfen Geld geÂkosÂtet haÂben, wird man die ArÂbeiÂter wieÂder einÂmal zum ZahÂlen ruÂfen. Das im Blick zu haÂben, ist richÂtig, „Angst und OhnÂmacht 4.0“ hilft uns daÂbei nicht und ErÂstarÂren vor der scheinÂbar völlig neuÂen ProÂdukÂtiÂonsÂwelt auch nicht.
Die Frage bleibt: Die oder wir!
StattÂdesÂsen gilt es doch festÂzuÂstelÂlen: Der jetzt unÂter dem DeckÂmanÂtel von „4.0“ geführte AnÂgriff auf die geÂsetzÂlich festÂgeÂlegÂte ArÂbeitsÂzeit, das BeÂstreÂben des KaÂpiÂtals nach zeitÂlich unÂbeÂgrenzÂter Verfügung über unÂseÂre ArÂbeitsÂkraft, beÂtrifft unÂmitÂtelÂbar die geÂsamÂte ArÂbeiÂterÂklasÂse, über alle heuÂte schon beÂsteÂhenÂden DifÂfeÂrenÂzieÂrunÂgen und SpalÂtunÂgen hinÂweg:
Er beÂtrifft die dopÂpelt unÂterÂdrückÂten KolÂleÂgen im OsÂten, wie die im WesÂten; die BeÂlegÂschafÂten in den GroßbeÂtrieÂben, wie die in den vielfältiÂgen kleiÂneÂren oder KleinstÂbeÂtrieÂben; die LeihÂarÂbeiÂter und beÂfrisÂtet AnÂgeÂstellÂten, wie die sog. StammÂbeÂlegÂschafÂten; die LohnÂabhängiÂgen in denÂjeÂniÂgen BeÂreiÂchen, in deÂnen aus unÂterÂschiedÂliÂchen Gründen derÂzeit ein FachÂkräfteÂmanÂgel herrscht und die desÂhalb etÂwas besÂseÂre BeÂdinÂgunÂgen beim VerÂkauf ihÂrer ArÂbeitsÂkraft haÂben, wie dieÂjeÂniÂgen, die aufÂgrund geÂrinÂger AusÂbilÂdung oder weil ihre AusÂbilÂdung als EinÂwanÂdeÂrer nicht anÂerÂkannt wird.
DaÂbei sind wie imÂmer die Gründe für den ManÂgel beÂstimmÂter ArÂbeitsÂkräfte („FachÂkräfteÂmanÂgel“) wie imÂmer durch den deutÂschen ImÂpeÂriaÂlisÂmus selbst geÂmacht. So werÂden in dem unsäglich rückständiÂgem BilÂdungsÂsysÂtem zwar mehr AbÂituÂriÂenÂten als je zuÂvor proÂduÂziert. DieÂse haÂben trotz Schwächen in GrundÂferÂtigÂkeiÂten wie KopfÂrechÂnen oder RechtÂschreiÂbung soÂgar imÂmer besÂseÂre NoÂten. DenÂnoch werÂden in paar JahÂre später etÂliÂche von ihÂnen StuÂdiÂenÂabÂbreÂcher. Oder aber es werÂden verÂmehrt LeihÂarÂbeiÂter einÂgeÂstellt, statt FachÂkräfte aus- und weiÂterÂzuÂbilÂden, LeihÂarÂbeitsÂfirÂmen bilÂden nicht aus. So beÂsteht in DeutschÂland auf FachÂarÂbeiÂterÂebeÂne und insÂbeÂsonÂdeÂre in techÂniÂschen BeÂruÂfen ein beÂginÂnenÂder ArÂbeitsÂkräfteÂmanÂgel. NeÂben DeÂfiÂziÂten im BilÂdungsÂsysÂtem wirkt hier auch der beÂsonÂdeÂre AsÂpekt der FäulÂnis, dass etÂliÂche gut ausÂgeÂbilÂdeÂte InÂgeÂnieuÂre als techÂniÂsche Verkäufer oder GutÂachÂter in irÂgendÂwelÂchen StreiÂtigÂkeiÂten ihr teils durchÂaus gutÂbeÂzahlÂtes AusÂkomÂmen haÂben. Es geht daÂbei aber nicht um forÂschen, entÂwiÂckeln und bauÂen, sonÂdern leÂdigÂlich um ProÂfitÂverÂteiÂlung zwiÂschen verÂschieÂdeÂnen KaÂpiÂtaÂlisÂten.26
In dieÂsem ganÂzen ChaÂos und Elend steht im KaÂpiÂtaÂlisÂmus imÂmer die FraÂge: Mehr Zeit für uns, für unÂseÂre InÂterÂesÂsen, mehr Zeit zum LeÂben und zum KämpÂfen, haÂben wir noch nie geÂschenkt beÂkomÂmen. Und es wäre dumm von uns zu glauÂben, es gäbe im KaÂpiÂtaÂlisÂmus auch nur den geÂringsÂten FortÂschritt, ohne unÂseÂren Kampf geÂgen die KlasÂse der KaÂpiÂtaÂlisÂten oder das ließe sich über „richÂtig“ wählen reÂgeln. AnÂpasÂsung an die „neuÂen BeÂdinÂgunÂgen“, an die „ArÂbeit 4.0“, an den techÂniÂschen FortÂschritt kann und muss für uns heißen: KeiÂne ArÂbeitsÂzeitÂverlängeÂrung – wie vom KaÂpiÂtal verÂlangt –, sonÂdern ArÂbeitsÂzeitÂverkürzung und planmäßige ProÂdukÂtiÂon für unÂseÂre BedürfÂnisÂse statt ProÂdukÂtiÂon für den ProÂfit des KaÂpiÂtals, bei der die GeÂfahr von FaÂschisÂmus und Krieg sysÂtemÂimÂmaÂnent ist.
Es gilt also die Kräfte für den Kampf geÂgen dieÂsen AnÂgriff zu konÂzenÂtrieÂren und ausÂgeÂhend von den obÂjekÂtiv schlagÂkräftiÂgen BeÂlegÂschafÂten in den GroßbeÂtrieÂben im ganÂzen Land in den BeÂtrieÂben und GeÂwerkÂschafÂten die AusÂeinÂanÂderÂsetÂzung um die OrÂgaÂniÂsieÂrung des poÂliÂtiÂschen Streiks zu führen. Hände weg vom geÂsetzÂliÂchen Acht-StunÂden-Tag, stattÂdesÂsen Verkürzung des ArÂbeitsÂtaÂges, das muss die AntÂwort sein auf die DisÂkusÂsiÂon um „4.0“. DaÂmit die KlasÂse als KlasÂse für jeÂden LohnÂabhängiÂgen wieÂder sichtÂbar wird. Um an die Lösung der FraÂge herÂanÂzuÂkomÂmen, die FriedÂrich EnÂgels beÂreits im VorÂwort zu Marx „LohnÂarÂbeit und KaÂpiÂtal“ als möglich und notÂwenÂdig zu lösen forÂmuÂlierÂte und deÂren Lösung heuÂte imÂmer drängenÂder wird: „Aber dieÂse stets raÂscher einÂanÂder verÂdrängenÂden ErÂfinÂdunÂgen und EntÂdeÂckunÂgen, dieÂse sich in bisÂher unÂerhörtem Maße Tag auf Tag steiÂgernÂde ErÂgieÂbigÂkeit der menschÂliÂchen ArÂbeit schafft zuÂletzt eiÂnen KonÂflikt, worÂin die heuÂtiÂge kaÂpiÂtaÂlisÂtiÂsche WirtÂschaft zuÂgrunÂde gehn muss. Auf der eiÂnen SeiÂte unÂerÂmessÂliÂche Reichtümer und eiÂnen ÃœberÂfluss von ProÂdukÂten, den die AbÂnehÂmer nicht bewältiÂgen können. Auf der anÂdern die große MasÂse der GeÂsellÂschaft proÂleÂtaÂriÂsiert, in LohnÂarÂbeiÂter verÂwanÂdelt und eben daÂdurch unfähig geÂmacht, jeÂnen ÃœberÂfluss von ProÂdukÂten sich anÂzuÂeigÂnen. Die SpalÂtung der GeÂsellÂschaft in eine kleiÂne, übermäßig reiÂche und eine große, beÂsitzÂloÂse LohnÂarÂbeiÂterÂklasÂse beÂwirkt, dass dieÂse GeÂsellÂschaft in ihÂrem eigÂnen ÃœberÂfluss erÂstickt, während die große MehrÂzahl ihÂrer GlieÂder kaum oder nicht einÂmal vor dem äußersÂten ManÂgel geschützt ist. DieÂser ZuÂstand wird mit jeÂdem Tag wiÂderÂsinÂniÂger und – unnötiÂger. Er muss beÂseiÂtigt werÂden, er kann beÂseiÂtigt werÂden. Eine neue GeÂsellÂschaftsÂordÂnung ist möglich, worÂin die heuÂtiÂgen KlasÂsenÂunÂterÂschieÂde verÂschwunÂden sind und wo – vielÂleicht nach eiÂner kurÂzen, etÂwas knapÂpen, aber jeÂdenÂfalls moÂraÂlisch sehr nützÂliÂchen ÃœberÂgÂangsÂzeit – durch planmäßige AusÂnutÂzung und WeiÂterÂbilÂdung der schon vorÂhandÂnen unÂgeÂheuÂren ProÂdukÂtivÂkräfte alÂler GeÂsellÂschaftsÂglieÂder, bei gleiÂcher ArÂbeitsÂpflicht, auch die MitÂtel zum LeÂben, zum LeÂbensÂgeÂnuss, zur AusÂbilÂdung und BetätiÂgung alÂler körperÂliÂchen und geisÂtiÂgen FähigÂkeiÂten, gleichmäßig und in stets wachÂsenÂder Fülle zur Verfügung stehn.“27
Anmerkungen:
1 kaz-online.de/artikel/mit-weissbuch-arbeiten-4-0-gegen-arbei-
tsrecht-und-arbeitszeit
2 Süddeutsche Zeitung 30.06.2016 Link ...jetzt anmelden!
3 Handelsblatt 23.09.2014 nach Link ...jetzt anmelden!
4 Berliner Zeitung 21.12.2016 Link ...jetzt anmelden!
5 Link ...jetzt anmelden!
6 Gemeint sind „Cyber-Krieg“ und „Cyber-Abwehr“. Die Formulierungen tauchen im Bericht zur Münchner Sicherheitskonferenz 2017 auf.
7 Die ver.di-Branchenzeitung: DRUCK + PAPIER 04.2014 S. 8 Link ...jetzt anmelden!
8 Bedeutet soviel wie positive Veränderung
9 archiv.kaz-online.de/magazine.php?curl=cur&i=287
10 INSM-Position: Arbeit 4.0, Digitalisierung als Chance S. 2
11 kaz-online.de/artikel/mit-weissbuch-arbeiten-4-0-gegen-arbei-
tsrecht-und-arbeitszeit
12 Link ...jetzt anmelden!
13 Engels in Karl Marx Friedrich Engels Werke (MEW), Band 2, S. 237, Dietz Verlag Berlin, Ausgabe 1962
14 ebenda, S. 253
15 ebenda, S. 238 ff.; Hervorhebung durch uns
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17 Link ...jetzt anmelden!
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19 Link ...jetzt anmelden!
20 Wobei hier unklar ist, ob es sich überhaupt um eine ernsthaft angestrebte Kooperation handelt
21 Link ...jetzt anmelden!
22 Link ...jetzt anmelden!
23 Also die großen, herrschenden Kapitalkonzentrationen, in denen das Bank- und Industriekapital verschmilzt
24 Link ...jetzt anmelden!
25 Produktionsmenge
26 So erkennt man bei Großaufträgen oder großen Bauprojekten mittlerweile drei Gruppen von Ingenieuren. Die erste Gruppe bei den Bau- oder Maschinenbaufirmen, die Lücken in den Verträgen oder vereinbarten Aufträgen suchen, um zusätzliche Rechnungen durchzusetzen. Die zweite Gruppe des Auftraggebers, die diese zusätzlichen Ansprüche versucht abzuwehren und die dritte Gruppe, die in der ganzen chaotischen Anarchie versucht, das eigentliche Werk (Maschine, Gebäude oder Straße) tatsächlich von den Arbeitern erstellen zu lassen.
27 Karl Marx/Friedrich Engels – Werke (MEW), Band 22, Dietz Verlag, S. 209; Hervorhebungen (fett) im Original kursiv
#andreanahles #deutscherimperialismus #industrie4.0 #kapitalismus #technischerevolution
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•NEUER BEITRAG16.07.2017, 15:27 Uhr
EDIT: FPeregrin
16.07.2017, 20:06 Uhr
16.07.2017, 20:06 Uhr
Nutzer / in | |
FPeregrin | |
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„Industrie 4.0“ – Revolution ohne Umsturz?
Zunächst vielen Dank für die Veröffentlichung dieses sehr wichtigen Artikels an dieser Stelle!
„Angst und OhnÂmacht 4.0“ - dies ist m.E. die entscheidende Wendung, die die Intention der Bourgeoisie gegenüber dem Proletariat hinlänglich charakterisiert. Und hier setzt auch meine sehr sachte Kritik - die eigentlich eine Weiterung ist - an: "Der BeÂgriff „InÂdusÂtrie 4.0“" - Es ist aber gar kein Begriff (= Bedeutung, = Inhalt), sondern eine Leer-Bezeichnung, deren Inhalt sich der proletarische Rezipient irgendwie zu suchen hat. Er kennt den Inhalt natürlich nicht, er findet ihn auch nicht, da er nie definiert worden ist oder er gar irgendwo seine praktische Leistungsfähigkeit gezeigt hätte. In der Annahme, es müsse aber einen Inhalt geben, fühlt der proletarische Rezipient sich dumm und ausgeliefert, solange er diese Verblödungs-Masche der Drecks-Bourgeoisie und ihrer "gelehrten" Papageien nicht kennt. So arbeiten sie aber immer; und es ist ihre halbe Miete im ideologischen Klassenkampf.
Dies hätte ich gern noch drin gesehen, denn ist die Masche einmal erkannt, ist diese Erkenntnis geeignet, die Gefühlslage 'Angst & Ohnmacht' umschlagen zu lassen in 'Wut & Selbstbewußtsein' - ohne dieses Umschlagen werden wir nicht in der Lage sein, die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen!
Dem Rest des Artikels tut diese Anmerkung keinen Abbruch: Wie gesagt - vielen Dank!
„Angst und OhnÂmacht 4.0“ - dies ist m.E. die entscheidende Wendung, die die Intention der Bourgeoisie gegenüber dem Proletariat hinlänglich charakterisiert. Und hier setzt auch meine sehr sachte Kritik - die eigentlich eine Weiterung ist - an: "Der BeÂgriff „InÂdusÂtrie 4.0“" - Es ist aber gar kein Begriff (= Bedeutung, = Inhalt), sondern eine Leer-Bezeichnung, deren Inhalt sich der proletarische Rezipient irgendwie zu suchen hat. Er kennt den Inhalt natürlich nicht, er findet ihn auch nicht, da er nie definiert worden ist oder er gar irgendwo seine praktische Leistungsfähigkeit gezeigt hätte. In der Annahme, es müsse aber einen Inhalt geben, fühlt der proletarische Rezipient sich dumm und ausgeliefert, solange er diese Verblödungs-Masche der Drecks-Bourgeoisie und ihrer "gelehrten" Papageien nicht kennt. So arbeiten sie aber immer; und es ist ihre halbe Miete im ideologischen Klassenkampf.
Dies hätte ich gern noch drin gesehen, denn ist die Masche einmal erkannt, ist diese Erkenntnis geeignet, die Gefühlslage 'Angst & Ohnmacht' umschlagen zu lassen in 'Wut & Selbstbewußtsein' - ohne dieses Umschlagen werden wir nicht in der Lage sein, die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen!
Dem Rest des Artikels tut diese Anmerkung keinen Abbruch: Wie gesagt - vielen Dank!
•NEUER BEITRAG16.07.2017, 17:08 Uhr
Nutzer / in | |
Osoaviakim | |
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„Industrie 4.0“ – Revolution ohne Umsturz?
fand den Artikel auch sehr gut u. teile gern bei fb!
•NEUER BEITRAG22.07.2017, 15:51 Uhr
Nutzer / in | |
FPeregrin | |
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„Industrie 4.0“ – Revolution ohne Umsturz?
Das ist richtig: Er gehört unter die Leute!
•NEUER BEITRAG30.10.2017, 00:59 Uhr
Nutzer / in | |
Cailash | |
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„Industrie 4.0“: Revolution ohne Umsturz?
Sehr guter Artikel vielen Dank.!
• es gibt 3 Verknüpfungen mit diesem Thema in den www.secarts.org-Foren
"Industrie 4.0": Die technische Seite...
retmarut • 15.10.2017
Gast • 15.10.2017
4
In der KAZ 359 wurden die historischen und polit-ökonomischen Fragen der Diskussion „Industrie 4.0“ aufgezeigt2, wird neben der technischen Betrachtung auch auf den Stand und die Lage der Arbeiterklasse hierzul...mehr
Lars
• 15.10.2017
retmarut • 15.10.2017
Gast • 15.10.2017
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• 03.06.2009