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•NEUES THEMA11.10.2021, 12:09 Uhr
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• Tschechien: Zum Ergebnis der Parlamentswahl '21
jW heute:
Trotz Niederlage alles offen
Parlamentswahl in Tschechien: Oppositionsbündnis stärkste Kraft. Premier Babis hält an Amt fest
Nach der knappen Niederlage von Ministerpräsident Andrej Babis bei der Parlamentswahl vom Sonnabend herrscht in Tschechien zunächst Ungewissheit über das weitere Vorgehen: Präsident Milos Zeman wurde nach einem kurzen Gespräch mit Babis am Sonntag ins Krankenhaus eingeliefert. Der Milliardär – zuletzt durch die Veröffentlichung der »Pandora Papers« unter Druck geraten – hofft auf einen Verbleib im Amt. Am Sonnabend hatte er erklärt: »Mein Platz ist in der Regierung.«
Der Präsident muss dem Parlament laut Verfassung einen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs vorschlagen. Zeman gilt als Verbündeter von Babis und könnte diesen trotz des Wahlsiegs des konservativen Oppositionsbündnisses Spolu (Gemeinsam) mit der Regierungsbildung beauftragen. Nach dem Treffen mit Babis wurde der Präsident in die Prager Militäruniversitätsklinik gebracht. Nach Angaben seines Arztes wurde Zeman auf einer Intensivstation behandelt, zur Diagnose äußerte der Mediziner sich nicht.
Laut vorläufigem Ergebnis landete Spolu (Gemeinsam) mit 27,78 Prozent der Stimmen knapp vor Babis’ ANO mit 27,14 Prozent. Spolu käme damit zusammen mit dem linksliberalen Oppositionsbündnis unter Führung der Piratenpartei auf eine Mehrheit von 108 der 200 Sitze im Parlament und könnte eine Koalitionsregierung bilden. Spolu-Chef Petr Fiala erklärte sich aufgrund seines »starken« Mandats zur Bildung der nächsten Regierung bereit. »Der Präsident wird dies berücksichtigen müssen«, betonte er. Zeman hatte jedoch Anfang des Jahres angekündigt, nur einen Parteichef dafür in Erwägung zu ziehen, keinen Anführer eines Parteienbündnisses.
Bisher regierte Babis in einer Minderheitsregierung von seiner ANO und den Sozialdemokraten mit Duldung durch die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens (KSCM). Die Kommunisten scheiterten jedoch klar an der Fünfprozenthürde und sind damit erstmals seit 1948 nicht mehr im Parlament vertreten. Auch die Sozialdemokraten verfehlten knapp die fünf Prozent. Dagegen zieht die extrem rechte SPD mit rund zehn Prozent der Stimmen und 20 Mandaten ins Abgeordnetenhaus ein.
Ich teile Kritik und Analyse des folgenden Leserbriefes (Ralf S. aus Gießen (11. Oktober 2021 um 03:32 Uhr)):
Ein bisschen arg knapper und oberflächlicher Bericht zur Wahl, aber vielleicht folgt da ja noch was mit etwas mehr Tiefgang. Beispielsweise sollte man meinen, dass der Umstand, dass mit Sozialdemokraten und Kommunisten praktisch alle linken Kräfte aus dem Parlament geflogen sind, in der jW nicht nur unter ferner liefen erwähnt wird. Im letzten Satz wird auch der Eindruck erweckt, die rechtsextreme SPD wäre erstmals ins Parlament eingezogen, aber das ist nicht der Fall. Erstens waren sie schon drin, zweitens haben sie im Vergleich zur letzten Wahl sogar leicht verloren. Und nicht zuletzt liegt Babis’ ANO zwar knapp hinter SPOLU, was den Stimmenanteil angeht, kommt aber auf ein Mandat mehr, wäre also im Parlament die stärkste Kraft, was auch nicht ganz unwichtig ist für die übliche Frage nach dem Regierungsauftrag. Jedenfalls gesellt sich Tschechien nun auch in die Reihe der osteuropäischen Sehnsuchtsorte für Rechtskonservative, wo der politische Diskurs nur noch von Konservativ bis Rechtsextrem stattfindet und die politische Linke praktisch eliminiert ist, selbst die sozialdemokratische.
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Trotz Niederlage alles offen
Parlamentswahl in Tschechien: Oppositionsbündnis stärkste Kraft. Premier Babis hält an Amt fest
Nach der knappen Niederlage von Ministerpräsident Andrej Babis bei der Parlamentswahl vom Sonnabend herrscht in Tschechien zunächst Ungewissheit über das weitere Vorgehen: Präsident Milos Zeman wurde nach einem kurzen Gespräch mit Babis am Sonntag ins Krankenhaus eingeliefert. Der Milliardär – zuletzt durch die Veröffentlichung der »Pandora Papers« unter Druck geraten – hofft auf einen Verbleib im Amt. Am Sonnabend hatte er erklärt: »Mein Platz ist in der Regierung.«
Der Präsident muss dem Parlament laut Verfassung einen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs vorschlagen. Zeman gilt als Verbündeter von Babis und könnte diesen trotz des Wahlsiegs des konservativen Oppositionsbündnisses Spolu (Gemeinsam) mit der Regierungsbildung beauftragen. Nach dem Treffen mit Babis wurde der Präsident in die Prager Militäruniversitätsklinik gebracht. Nach Angaben seines Arztes wurde Zeman auf einer Intensivstation behandelt, zur Diagnose äußerte der Mediziner sich nicht.
Laut vorläufigem Ergebnis landete Spolu (Gemeinsam) mit 27,78 Prozent der Stimmen knapp vor Babis’ ANO mit 27,14 Prozent. Spolu käme damit zusammen mit dem linksliberalen Oppositionsbündnis unter Führung der Piratenpartei auf eine Mehrheit von 108 der 200 Sitze im Parlament und könnte eine Koalitionsregierung bilden. Spolu-Chef Petr Fiala erklärte sich aufgrund seines »starken« Mandats zur Bildung der nächsten Regierung bereit. »Der Präsident wird dies berücksichtigen müssen«, betonte er. Zeman hatte jedoch Anfang des Jahres angekündigt, nur einen Parteichef dafür in Erwägung zu ziehen, keinen Anführer eines Parteienbündnisses.
Bisher regierte Babis in einer Minderheitsregierung von seiner ANO und den Sozialdemokraten mit Duldung durch die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens (KSCM). Die Kommunisten scheiterten jedoch klar an der Fünfprozenthürde und sind damit erstmals seit 1948 nicht mehr im Parlament vertreten. Auch die Sozialdemokraten verfehlten knapp die fünf Prozent. Dagegen zieht die extrem rechte SPD mit rund zehn Prozent der Stimmen und 20 Mandaten ins Abgeordnetenhaus ein.
Ich teile Kritik und Analyse des folgenden Leserbriefes (Ralf S. aus Gießen (11. Oktober 2021 um 03:32 Uhr)):
Ein bisschen arg knapper und oberflächlicher Bericht zur Wahl, aber vielleicht folgt da ja noch was mit etwas mehr Tiefgang. Beispielsweise sollte man meinen, dass der Umstand, dass mit Sozialdemokraten und Kommunisten praktisch alle linken Kräfte aus dem Parlament geflogen sind, in der jW nicht nur unter ferner liefen erwähnt wird. Im letzten Satz wird auch der Eindruck erweckt, die rechtsextreme SPD wäre erstmals ins Parlament eingezogen, aber das ist nicht der Fall. Erstens waren sie schon drin, zweitens haben sie im Vergleich zur letzten Wahl sogar leicht verloren. Und nicht zuletzt liegt Babis’ ANO zwar knapp hinter SPOLU, was den Stimmenanteil angeht, kommt aber auf ein Mandat mehr, wäre also im Parlament die stärkste Kraft, was auch nicht ganz unwichtig ist für die übliche Frage nach dem Regierungsauftrag. Jedenfalls gesellt sich Tschechien nun auch in die Reihe der osteuropäischen Sehnsuchtsorte für Rechtskonservative, wo der politische Diskurs nur noch von Konservativ bis Rechtsextrem stattfindet und die politische Linke praktisch eliminiert ist, selbst die sozialdemokratische.
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•NEUER BEITRAG11.10.2021, 12:19 Uhr
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Zum Abschneiden der KP - und der Sozis - muß ich sagen, es könnte die verdiente Quittung sein:
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Es ist bitter, das so sagen zu müssen!
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Es ist bitter, das so sagen zu müssen!
•NEUER BEITRAG12.10.2021, 22:08 Uhr
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Tschechien: Zum Ergebnis der Parlamentswahl '21
jW morgen:
Harte Zeiten für Linke
Tschechien nach Parlamentswahl: Kommunisten und Sozialdemokraten vor großen Umwälzungen. Rechte Parteien planen Koalition
Von Matthias István Köhler
Die Bürgerlichen basteln bereits die neue Koalition, bei den Linken rollen die Köpfe: Nach den Parlamentswahlen in Tschechien am Freitag und Sonnabend könnte nun alles ganz schnell gehen – wäre da nicht noch Staatspräsident Milos Zeman. Die Tageszeitung Lidove noviny berichtete unter Berufung auf namentlich nicht genannte Quellen, es gebe schon eine Einigung der rechten Parteien: Im neuen Kabinett würden neun Vertreter des konservativ-liberalen Wahlbündnisses Spolu und sechs des Bündnisses aus Piratenpartei und Bürgermeisterpartei (Pirstan) sitzen.
Der Spolu-Spitzenkandidat Petr Fiala, der Vorsitzende der rechtsliberalen ODS, wäre für die Regierungsbildung verantwortlich – vorausgesetzt, er bekäme dazu den Auftrag von Zeman. Der ist jedoch seit Sonntag im Krankenhaus, wird abgeschirmt. Seine Sympathien gehören allerdings dem alten Premier Andrej Babis.
Das oppositionelle Bündnis Spolu, bestehend aus ODS, christdemokratischer KDU-CSL und der neoliberalen TOP 09, hat nach der vollständigen Auszählung der Stimmen mit 27,8 Prozent die Wahlen gewonnen. Die rechte Partei ANO von Babis kam auf 27,1 Prozent, wird im Parlament allerdings 72 Sitze haben, also einen mehr als Spolu. »Piraten« und »Bürgermeister« kommen mit 15,6 Prozent der Stimmen auf 37 Sitze. Eine Koalition mit Spolu hätte also mit 108 der 200 Sitze eine satte Mehrheit im Parlament. Die rassistische Partei SPD von Tomio Okamura erhielt 9,6 Prozent und wird mit 20 Mandaten vertreten sein.
Für die linken Parteien war die Wahl ein Fiasko: Die Sozialdemokraten (CSSD), Koalitionspartner von Babis, und die Kommunisten (KSCM), die die Minderheitsregierung duldeten, scheiterten an der Fünfprozenthürde. Erstmals seit der kapitalistischen Restauration werden sie nicht im Parlament vertreten sein. Noch am Samstag abend gaben KP-Chef Vojtech Filip und die gesamte Führung ihren Rücktritt bekannt. Auch Jan Hamacek, Vorsitzender der Sozialdemokraten, zog diese Konsequenz.
In einem Interview mit der parteinahen Tageszeitung Halo noviny sprach Filip am Montag von »einer großen Enttäuschung für mich und einem Debakel für die KSCM«. Er brachte das Abschneiden zum einen mit dem »allgemeinen Niedergang der Linken in Europa« in Zusammenhang, verwies auch auf die Ergebnisse der Partei Die Linke in der BRD. Zum anderen habe die Partei die Bürger nicht »von der Notwendigkeit einer starken Linkspartei« überzeugen können, das »linke Potential« habe sich auf verschiedene kleine Parteien verteilt.
Wie im Falle der Sozialdemokraten wird von Kommentatoren auch bei den Kommunisten die Zusammenarbeit mit dem Milliardär Babis als ein Grund für das schlechte Ergebnis angeführt. Filip sagte dazu, man habe das »vielleicht nicht richtig erklärt«. Ob die Entscheidung korrekt gewesen sei, werde sich mit Blick auf die jetzige »Verengung des politischen Spektrums auf Konservative und Liberale« herausstellen: Das »Prinzip der Solidarität« könne von diesen politischen Strömungen nicht erwartet werden.
Am 23. Oktober soll nun auf einem außerordentlichen Parteikongress eine neue Führung gewählt werden. In Stellung gebracht für den Vorsitz hat sich unter anderem auch die EU-Abgeordnete Katerina Konecna. In einem Gespräch mit dem Sender CNN Prima News kündigte sie an, dass die Partei »zu ihren Wurzeln einer radikalen Politik zurückkehren« müsse. Ihr Ziel ist eine Verjüngung der KP. Helfen soll dabei unter anderem die Zusammenarbeit mit linken Gruppierungen bei Kommunal- und Senatswahlen.
Aber das ist noch Zukunftsmusik. Erst einmal wird es für die linken Kräfte darum gehen, sich den gegenwärtigen Problemen zu stellen. Denn die Kosten der Pandemie wollen bewältigt werden. Die letzte ODS-geführte Regierung unter Petr Necas (2010–2013) reagierte auf die Weltwirtschaftskrise mit klassischem Sozialkahlschlag – nichts anderes ist jetzt zu erwarten. Außenpolitisch würde sich das Bündnis Spolu laut Programm verstärkt EU und NATO andienen und die Konfrontation mit Russland und China suchen. Wie auch außerhalb des Parlaments Widerstand dagegen geleistet werden kann, das wird für Linke in Tschechien nun auszuloten sein.
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Harte Zeiten für Linke
Tschechien nach Parlamentswahl: Kommunisten und Sozialdemokraten vor großen Umwälzungen. Rechte Parteien planen Koalition
Von Matthias István Köhler
Die Bürgerlichen basteln bereits die neue Koalition, bei den Linken rollen die Köpfe: Nach den Parlamentswahlen in Tschechien am Freitag und Sonnabend könnte nun alles ganz schnell gehen – wäre da nicht noch Staatspräsident Milos Zeman. Die Tageszeitung Lidove noviny berichtete unter Berufung auf namentlich nicht genannte Quellen, es gebe schon eine Einigung der rechten Parteien: Im neuen Kabinett würden neun Vertreter des konservativ-liberalen Wahlbündnisses Spolu und sechs des Bündnisses aus Piratenpartei und Bürgermeisterpartei (Pirstan) sitzen.
Der Spolu-Spitzenkandidat Petr Fiala, der Vorsitzende der rechtsliberalen ODS, wäre für die Regierungsbildung verantwortlich – vorausgesetzt, er bekäme dazu den Auftrag von Zeman. Der ist jedoch seit Sonntag im Krankenhaus, wird abgeschirmt. Seine Sympathien gehören allerdings dem alten Premier Andrej Babis.
Das oppositionelle Bündnis Spolu, bestehend aus ODS, christdemokratischer KDU-CSL und der neoliberalen TOP 09, hat nach der vollständigen Auszählung der Stimmen mit 27,8 Prozent die Wahlen gewonnen. Die rechte Partei ANO von Babis kam auf 27,1 Prozent, wird im Parlament allerdings 72 Sitze haben, also einen mehr als Spolu. »Piraten« und »Bürgermeister« kommen mit 15,6 Prozent der Stimmen auf 37 Sitze. Eine Koalition mit Spolu hätte also mit 108 der 200 Sitze eine satte Mehrheit im Parlament. Die rassistische Partei SPD von Tomio Okamura erhielt 9,6 Prozent und wird mit 20 Mandaten vertreten sein.
Für die linken Parteien war die Wahl ein Fiasko: Die Sozialdemokraten (CSSD), Koalitionspartner von Babis, und die Kommunisten (KSCM), die die Minderheitsregierung duldeten, scheiterten an der Fünfprozenthürde. Erstmals seit der kapitalistischen Restauration werden sie nicht im Parlament vertreten sein. Noch am Samstag abend gaben KP-Chef Vojtech Filip und die gesamte Führung ihren Rücktritt bekannt. Auch Jan Hamacek, Vorsitzender der Sozialdemokraten, zog diese Konsequenz.
In einem Interview mit der parteinahen Tageszeitung Halo noviny sprach Filip am Montag von »einer großen Enttäuschung für mich und einem Debakel für die KSCM«. Er brachte das Abschneiden zum einen mit dem »allgemeinen Niedergang der Linken in Europa« in Zusammenhang, verwies auch auf die Ergebnisse der Partei Die Linke in der BRD. Zum anderen habe die Partei die Bürger nicht »von der Notwendigkeit einer starken Linkspartei« überzeugen können, das »linke Potential« habe sich auf verschiedene kleine Parteien verteilt.
Wie im Falle der Sozialdemokraten wird von Kommentatoren auch bei den Kommunisten die Zusammenarbeit mit dem Milliardär Babis als ein Grund für das schlechte Ergebnis angeführt. Filip sagte dazu, man habe das »vielleicht nicht richtig erklärt«. Ob die Entscheidung korrekt gewesen sei, werde sich mit Blick auf die jetzige »Verengung des politischen Spektrums auf Konservative und Liberale« herausstellen: Das »Prinzip der Solidarität« könne von diesen politischen Strömungen nicht erwartet werden.
Am 23. Oktober soll nun auf einem außerordentlichen Parteikongress eine neue Führung gewählt werden. In Stellung gebracht für den Vorsitz hat sich unter anderem auch die EU-Abgeordnete Katerina Konecna. In einem Gespräch mit dem Sender CNN Prima News kündigte sie an, dass die Partei »zu ihren Wurzeln einer radikalen Politik zurückkehren« müsse. Ihr Ziel ist eine Verjüngung der KP. Helfen soll dabei unter anderem die Zusammenarbeit mit linken Gruppierungen bei Kommunal- und Senatswahlen.
Aber das ist noch Zukunftsmusik. Erst einmal wird es für die linken Kräfte darum gehen, sich den gegenwärtigen Problemen zu stellen. Denn die Kosten der Pandemie wollen bewältigt werden. Die letzte ODS-geführte Regierung unter Petr Necas (2010–2013) reagierte auf die Weltwirtschaftskrise mit klassischem Sozialkahlschlag – nichts anderes ist jetzt zu erwarten. Außenpolitisch würde sich das Bündnis Spolu laut Programm verstärkt EU und NATO andienen und die Konfrontation mit Russland und China suchen. Wie auch außerhalb des Parlaments Widerstand dagegen geleistet werden kann, das wird für Linke in Tschechien nun auszuloten sein.
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•NEUER BEITRAG21.10.2021, 13:37 Uhr
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Tschechien: Zum Ergebnis der Parlamentswahl '21
jW heute:
»Wir wollen in vier Jahren wieder im Parlament sein«
Über die Niederlage der tschechischen KP bei den Wahlen und Drohungen in den sozialen Medien. Ein Gespräch mit Petra Proksanova
Interview: Matthias István Köhler
Petra Proksanova war bei den Wahlen Direktkandidatin der KSCM in Prag
Die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens, KSCM, hat bei den vergangenen Wahlen in Tschechien das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt und wird nicht im kommenden Parlament vertreten sein. Sie waren am Wochenende auf einer Konferenz des Jugendverbandes der KP. War die Stimmung sehr düster?
Das Treffen der jungen Kommunisten war bewusst für die Zeit zwischen Wahl und KP-Parteitag am kommenden Wochenende angesetzt. Die Atmosphäre war, wie immer, freundlich und offen. Im jungen Kollektiv wird ganz anders diskutiert als unter den älteren, erfahrenen Genossen. Wir hatten eine Menge Spaß, mit einem Ausflug zur Burg Trosky, einem Nachtfeuer. Einige Wagemutige nahmen sogar ein Bad in einem Teich.
Welche Antworten hat die KP-Jugend auf die Frage nach den Gründen für das schlechte Abschneiden gefunden?
Die Auswertung war leidenschaftlich, aber in einigen Punkten waren wir uns einig. Die KSCM hat es nicht geschafft, die Ergebnisse ihrer Arbeit, nennen wir es mal: zu verkaufen. Es war problematisch, dass wir die Regierung von Premier Andrej Babis weiter unterstützt haben, obwohl sie ganz offensichtlich unsere Bedingungen dafür nicht eingehalten hat. Was dann auf der anderen Seite dank unseres Drucks Positives zustande kam, haben Babis’ Partei ANO oder der Koalitionspartner, die sozialdemokratische CSSD, als ihren Erfolg ausgegeben. Wir waren nicht in der Lage, in den sozialen Netzwerken flexibel und energisch genug zu kommunizieren. Wir haben uns nicht ausreichend als Alternative zum derzeitigen System profiliert.
Sie selbst haben in Prag kandidiert. Vor den Wahlen sprachen sie in einem Interview davon, dass viele junge Menschen sich nicht trauen, öffentlich zu ihren kommunistischen Überzeugungen zu stehen. Wovor haben sie Angst?
30 Jahre nach der Konterrevolution nehmen antikommunistische Tendenzen in unserer Gesellschaft zu. Die Gesellschaft radikalisiert sich immer mehr, und die Kommunisten, die jetzt durch die Wahlniederlagen geschwächt sind, sind ein leichtes Ziel. Aus meinem Umfeld weiß ich von Menschen, die wegen ihrer kommunistischen Überzeugungen entlassen wurden. Viele von uns haben Freunde verloren. Auch Probleme in den Familien sind keine Ausnahme. Während des Wahlkampfes habe ich relativ starkes Cybermobbing auf Facebook erlebt. Auch wenn man meint, darauf vorbereitet zu sein, erschüttert es einen doch. Mir wurde mit Körperverletzung und Tod gedroht, meine Familie und ich wurden beleidigt, selbst meine kleinen Kinder wurden nicht verschont. Zum Glück habe ich genügend Menschen um mich herum, auf die ich mich verlassen kann. Aber das ist nicht bei allen so, und wenn man allein mit solchem Mobbing konfrontiert wird, kann man leicht daran zerbrechen. Wenn sich die Menschen doch trauen, zu ihren kommunistischen Überzeugungen zu stehen, ist das eine große Motivation und ein gutes Beispiel für andere.
Zurück zum Parteitag am kommenden Wochenende: Was muss sich ändern, damit die KP in Zukunft wieder stärker wird?
Ja, der Sonderkongress am Sonnabend ist sehr wichtig. Wir müssen eine ganz neue Partei vorstellen: frisch, modern, verständlich, aber gleichzeitig kompromisslos bei unseren ideologischen Überzeugungen. Das programmatische Ziel der KSCM ist der Sozialismus. Wir müssen lernen, dies den Menschen besser zu erklären. Auf moderne Art, in den sozialen Netzwerken. Wir müssen auch zurück auf die Straße, unter den arbeitenden Menschen, den Studenten sein. Wir müssen die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften verstärken. Wir haben auch das Potential, mit jungen Familien zu arbeiten. Wegen der Verschärfung der Wirtschaftskrise werden es sich Eltern nicht mehr leisten können, ihren Kindern Freizeitaktivitäten zu bieten. Die sind ohnehin schon sehr teuer. Wir würden ihnen gerne dabei helfen. Was die Arbeit innerhalb der KSCM betrifft, so ist es notwendig, ein effektives System für die Schulung unserer Mitglieder zu schaffen. Wir wollen in vier Jahren wieder im Parlament sein. Bis dahin müssen wir alles tun, um personell und ideologisch vorbereitet zu sein. Heiße Kandidatin für den Parteivorsitz ist Katerina Konecna, unsere derzeitige EU-Abgeordnete.
& ein Leserbrief (Ronald B. aus Kassel):
Ich möchte Euer Interview mit folgendem Link auf eine (englischsprachige) Erklärung des tschechischen kommunistischen Jugendverbandes vom 12.10.2021 zu den Palarmentswahlen in Tschechien sinnvoll ergänzen - siehe: Link ...jetzt anmelden!
»Wir wollen in vier Jahren wieder im Parlament sein«
Über die Niederlage der tschechischen KP bei den Wahlen und Drohungen in den sozialen Medien. Ein Gespräch mit Petra Proksanova
Interview: Matthias István Köhler
Petra Proksanova war bei den Wahlen Direktkandidatin der KSCM in Prag
Die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens, KSCM, hat bei den vergangenen Wahlen in Tschechien das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt und wird nicht im kommenden Parlament vertreten sein. Sie waren am Wochenende auf einer Konferenz des Jugendverbandes der KP. War die Stimmung sehr düster?
Das Treffen der jungen Kommunisten war bewusst für die Zeit zwischen Wahl und KP-Parteitag am kommenden Wochenende angesetzt. Die Atmosphäre war, wie immer, freundlich und offen. Im jungen Kollektiv wird ganz anders diskutiert als unter den älteren, erfahrenen Genossen. Wir hatten eine Menge Spaß, mit einem Ausflug zur Burg Trosky, einem Nachtfeuer. Einige Wagemutige nahmen sogar ein Bad in einem Teich.
Welche Antworten hat die KP-Jugend auf die Frage nach den Gründen für das schlechte Abschneiden gefunden?
Die Auswertung war leidenschaftlich, aber in einigen Punkten waren wir uns einig. Die KSCM hat es nicht geschafft, die Ergebnisse ihrer Arbeit, nennen wir es mal: zu verkaufen. Es war problematisch, dass wir die Regierung von Premier Andrej Babis weiter unterstützt haben, obwohl sie ganz offensichtlich unsere Bedingungen dafür nicht eingehalten hat. Was dann auf der anderen Seite dank unseres Drucks Positives zustande kam, haben Babis’ Partei ANO oder der Koalitionspartner, die sozialdemokratische CSSD, als ihren Erfolg ausgegeben. Wir waren nicht in der Lage, in den sozialen Netzwerken flexibel und energisch genug zu kommunizieren. Wir haben uns nicht ausreichend als Alternative zum derzeitigen System profiliert.
Sie selbst haben in Prag kandidiert. Vor den Wahlen sprachen sie in einem Interview davon, dass viele junge Menschen sich nicht trauen, öffentlich zu ihren kommunistischen Überzeugungen zu stehen. Wovor haben sie Angst?
30 Jahre nach der Konterrevolution nehmen antikommunistische Tendenzen in unserer Gesellschaft zu. Die Gesellschaft radikalisiert sich immer mehr, und die Kommunisten, die jetzt durch die Wahlniederlagen geschwächt sind, sind ein leichtes Ziel. Aus meinem Umfeld weiß ich von Menschen, die wegen ihrer kommunistischen Überzeugungen entlassen wurden. Viele von uns haben Freunde verloren. Auch Probleme in den Familien sind keine Ausnahme. Während des Wahlkampfes habe ich relativ starkes Cybermobbing auf Facebook erlebt. Auch wenn man meint, darauf vorbereitet zu sein, erschüttert es einen doch. Mir wurde mit Körperverletzung und Tod gedroht, meine Familie und ich wurden beleidigt, selbst meine kleinen Kinder wurden nicht verschont. Zum Glück habe ich genügend Menschen um mich herum, auf die ich mich verlassen kann. Aber das ist nicht bei allen so, und wenn man allein mit solchem Mobbing konfrontiert wird, kann man leicht daran zerbrechen. Wenn sich die Menschen doch trauen, zu ihren kommunistischen Überzeugungen zu stehen, ist das eine große Motivation und ein gutes Beispiel für andere.
Zurück zum Parteitag am kommenden Wochenende: Was muss sich ändern, damit die KP in Zukunft wieder stärker wird?
Ja, der Sonderkongress am Sonnabend ist sehr wichtig. Wir müssen eine ganz neue Partei vorstellen: frisch, modern, verständlich, aber gleichzeitig kompromisslos bei unseren ideologischen Überzeugungen. Das programmatische Ziel der KSCM ist der Sozialismus. Wir müssen lernen, dies den Menschen besser zu erklären. Auf moderne Art, in den sozialen Netzwerken. Wir müssen auch zurück auf die Straße, unter den arbeitenden Menschen, den Studenten sein. Wir müssen die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften verstärken. Wir haben auch das Potential, mit jungen Familien zu arbeiten. Wegen der Verschärfung der Wirtschaftskrise werden es sich Eltern nicht mehr leisten können, ihren Kindern Freizeitaktivitäten zu bieten. Die sind ohnehin schon sehr teuer. Wir würden ihnen gerne dabei helfen. Was die Arbeit innerhalb der KSCM betrifft, so ist es notwendig, ein effektives System für die Schulung unserer Mitglieder zu schaffen. Wir wollen in vier Jahren wieder im Parlament sein. Bis dahin müssen wir alles tun, um personell und ideologisch vorbereitet zu sein. Heiße Kandidatin für den Parteivorsitz ist Katerina Konecna, unsere derzeitige EU-Abgeordnete.
& ein Leserbrief (Ronald B. aus Kassel):
Ich möchte Euer Interview mit folgendem Link auf eine (englischsprachige) Erklärung des tschechischen kommunistischen Jugendverbandes vom 12.10.2021 zu den Palarmentswahlen in Tschechien sinnvoll ergänzen - siehe: Link ...jetzt anmelden!
•NEUER BEITRAG24.10.2021, 22:27 Uhr
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Tschechien: Zum Ergebnis der Parlamentswahl '21
jW morgen:
Tschechien: Konecna neue KP-Vorsitzende
Prag. Die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens (KSCM) hat am Sonnabend auf einem Sonderparteitag in Prag Katerina Konecna zur neuen Vorsitzenden gewählt. Die EU-Abgeordnete versprach, einen Generationswechsel in der Partei einleiten zu wollen, wie der tschechische Rundfunk online meldete. Spekulationen über einen Zusammenschluss mit den Sozialdemokraten wies sie demnach zurück. Die tschechische KP hatte bei den vergangenen Wahlen den Einzug ins Parlament verpasst. Der frühere Vorsitzende Filip Vojtech war daraufhin zurückgetreten. (jW)
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Tschechien: Konecna neue KP-Vorsitzende
Prag. Die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens (KSCM) hat am Sonnabend auf einem Sonderparteitag in Prag Katerina Konecna zur neuen Vorsitzenden gewählt. Die EU-Abgeordnete versprach, einen Generationswechsel in der Partei einleiten zu wollen, wie der tschechische Rundfunk online meldete. Spekulationen über einen Zusammenschluss mit den Sozialdemokraten wies sie demnach zurück. Die tschechische KP hatte bei den vergangenen Wahlen den Einzug ins Parlament verpasst. Der frühere Vorsitzende Filip Vojtech war daraufhin zurückgetreten. (jW)
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•NEUER BEITRAG28.10.2021, 15:26 Uhr
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arktika | |
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Tschechien: Zum Ergebnis der Parlamentswahl '21
"kündigte sie an, dass die Partei »zu ihren Wurzeln einer radikalen Politik zurückkehren« müsse."
"Spekulationen über einen Zusammenschluss mit den Sozialdemokraten wies sie demnach zurück."
Warten wir also die weitere Entwicklung ab. Allein daß die Vermutung/Behauptung aufgetaucht ist, die KSCM wolle mit den - ebenfalls abgekackten! - Sozis zusammengehen, ist nicht gerade beruhigend. Ein verzweifeltes Greifen nach jedmöglichem Strohhalm wäre keine Alternative, und einer, an dem 'Sozis' dranstände, wäre mit großer Wahlscheinlichkeit ein schon angefaulter...
Angesichts der wirtschaftlichen u. sozialen Lage der Bevölkerung halte ich eine Rückkehr zu einer klaren kommunistischen Ausrichtung der Partei für unerläßlich, allem - zunehmenden - Antikommunismus zum Trotz. Und "Wischiwaschi" können die SozInnen (und andere) sowieso besser. Ich fürchte allerdings auch, daß hierfür erst einmal ein dringender Schulungsbedarf für die Mitglieder - nicht nur die jüngeren!!! - besteht.
Aber dies gilt ja nicht nur für die tschechische KP.
"Spekulationen über einen Zusammenschluss mit den Sozialdemokraten wies sie demnach zurück."
Warten wir also die weitere Entwicklung ab. Allein daß die Vermutung/Behauptung aufgetaucht ist, die KSCM wolle mit den - ebenfalls abgekackten! - Sozis zusammengehen, ist nicht gerade beruhigend. Ein verzweifeltes Greifen nach jedmöglichem Strohhalm wäre keine Alternative, und einer, an dem 'Sozis' dranstände, wäre mit großer Wahlscheinlichkeit ein schon angefaulter...
Angesichts der wirtschaftlichen u. sozialen Lage der Bevölkerung halte ich eine Rückkehr zu einer klaren kommunistischen Ausrichtung der Partei für unerläßlich, allem - zunehmenden - Antikommunismus zum Trotz. Und "Wischiwaschi" können die SozInnen (und andere) sowieso besser. Ich fürchte allerdings auch, daß hierfür erst einmal ein dringender Schulungsbedarf für die Mitglieder - nicht nur die jüngeren!!! - besteht.
Aber dies gilt ja nicht nur für die tschechische KP.
•NEUER BEITRAG08.11.2021, 20:54 Uhr
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arktika | |
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Tschechien: Zum Ergebnis der Parlamentswahl '21
Koalitionsvertrag in Tschechien steht
Prag. Einen Monat nach der Parlamentswahl in Tschechien haben die Spitzenvertreter von fünf konservativen und liberalen Parteien am Montag in Prag ihre Unterschrift unter den Koalitionsvertrag gesetzt. Neuer Ministerpräsident soll der Vorsitzende der Bürgerdemokraten (ODS) werden, Petr Fiala. Das Bündnis plant unter anderem sowohl erhebliche Kürzungen im Staatshaushalt als auch eine engere Bindung an EU und NATO. Über die endgültige Zustimmung zum Koalitionsvertrag will einer der fünf Partner, die Piratenpartei, noch ihre Mitglieder abstimmen lassen.(dpa/jW)
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Prag. Einen Monat nach der Parlamentswahl in Tschechien haben die Spitzenvertreter von fünf konservativen und liberalen Parteien am Montag in Prag ihre Unterschrift unter den Koalitionsvertrag gesetzt. Neuer Ministerpräsident soll der Vorsitzende der Bürgerdemokraten (ODS) werden, Petr Fiala. Das Bündnis plant unter anderem sowohl erhebliche Kürzungen im Staatshaushalt als auch eine engere Bindung an EU und NATO. Über die endgültige Zustimmung zum Koalitionsvertrag will einer der fünf Partner, die Piratenpartei, noch ihre Mitglieder abstimmen lassen.(dpa/jW)
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Das ist auf jeden Fall sinnvoll HIER untergebracht! Vielleicht ist das ganze ja nur ampelige Übergründlichkeit, was aber im...mehr
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John Schehr: 90. Todestag
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• 09.02.2024
Thälmann: 80. Todestag
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Zum 80. Todestag des Genossen Ernst "Teddy" Thälmann gibt es heute eine jW-Beilage, die hiermit dokumentiert sei:
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• 14.08.2024
Europa 2024: Vorkriegsära reloaded
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