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•NEUES THEMA27.09.2021, 20:17 Uhr
EDIT: FPeregrin
27.09.2021, 20:34 Uhr
27.09.2021, 20:34 Uhr
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• Österreich: KPÖ-Durchmarsch in Graz
... wie es anders gehen kann als z.Z. in Deutschland zeigt die KPÖ - genauer und richtiger: die #KPOESteiermark - am Wochenende bei den Gemeinderatswahlen in Graz. jW morgen:
Erfolg für Kommunisten
KPÖ gewinnt Gemeinderatswahlen im österreichischen Graz
Von Matthias István Köhler
Die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) mit ihrer Spitzenkandidatin Elke Kahr hat bei den Gemeinderatswahlen in Graz am Sonntag einen überraschenden Sieg eingefahren. Nach den letzten vor jW-Redaktionsschluss veröffentlichen Zahlen verwies sie mit 28,9 Prozent der Stimmen die konservative ÖVP (25,7 Prozent) auf Platz zwei. Im Vergleich zu den Wahlen 2017 konnte die KPÖ 8,6 Prozentpunkte zulegen, die ÖVP stürzte um 12,1 Punkte ab. Kahr nannte das Ergebnis »überwältigend«. ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl kündigte noch am Wahlabend nach 18jähriger Amtszeit seinen Rücktritt an.
Der langjährige frühere Vorsitzende der KPÖ Steiermark, Franz Parteder, machte gegenüber jW zum einen eine »allgemeine Unzufriedenheit in der österreichischen Bevölkerung« für den Wahlerfolg verantwortlich. Das gelte auch für die Landeshauptstadt Graz. »Viele Menschen sahen in der Stimme für Elke Kahr und die KPÖ das wirksamste Mittel, um diesen Unmut auszudrücken.« Er verwies zudem auf die »jahrzehntelange Arbeit« und die »konkrete Hilfe von Elke Kahr«.
Auch jW-Autor Max Zirngast schaffte den Sprung in den Grazer Gemeinderat und sprach mit Blick auf das Ergebnis der KPÖ gegenüber dieser Zeitung von einer »historischen Chance«. Es sei nun wichtig, »auf die Prinzipien zu vertrauen«, die die Partei in diese Position gebracht hätten. Man müsse »weiterhin immer für die Menschen dasein und für die Menschen Politik machen«. Die Bundes-KPÖ erklärte, dies sei nicht nur ein Sieg in Graz. Es handele sich auch um »ein starkes Signal für eine starke Linke in ganz Österreich«, so Sprecher Tobias Schweiger gegenüber der Kleinen Zeitung.
Laut Parteder werde man in der zweitgrößten Stadt Österreichs nun beginnen, mit den anderen Rathausparteien zu verhandeln, was »recht kompliziert« werden dürfte. Ziel sei aber, »ein Arbeitsübereinkommen für eine soziale und ökologische Stadtentwicklung abzuschließen und die Wahl von Elke Kahr zur Bürgermeisterin sicherzustellen«.
Eine Überraschung gab es auch bei den Landtagswahlen in Oberösterreich. Hier schafften es die Coronaimpfskeptiker der Liste »Menschen–Freiheit–Grundrechte« mit mehr als sechs Prozent in den Landtag. Die ÖVP konnte sich mit 37,6 Prozent als stärkste Kraft behaupten, allerdings stürzte ihr Koalitionspartner FPÖ von etwas über 30 Prozent auf 19,8 Prozent ab.
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... das Ausmaß mag vielleicht überraschend sein - war es für mich sogar nicht -, vom Himmel gefallen ist dieser Sieg jedenfalls nicht. Schon das letzte Gemeinderatswahlergebnis war ja eigentlich fulminant:
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... und der stringenten und klassenbezogenen Kommunalpolitik der Partei in der Steiermark zu verdanken. - Ich hatte das Thema NB gestern abend mit jungen Genossen der #Bewegungslinke, die - trotz Haustürwahlkampf etc. - die Bedeutung solcher Kommunalpolitik nicht auf der Palette hatten, ... ich sage mal: noch nicht!
Erfolg für Kommunisten
KPÖ gewinnt Gemeinderatswahlen im österreichischen Graz
Von Matthias István Köhler
Die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) mit ihrer Spitzenkandidatin Elke Kahr hat bei den Gemeinderatswahlen in Graz am Sonntag einen überraschenden Sieg eingefahren. Nach den letzten vor jW-Redaktionsschluss veröffentlichen Zahlen verwies sie mit 28,9 Prozent der Stimmen die konservative ÖVP (25,7 Prozent) auf Platz zwei. Im Vergleich zu den Wahlen 2017 konnte die KPÖ 8,6 Prozentpunkte zulegen, die ÖVP stürzte um 12,1 Punkte ab. Kahr nannte das Ergebnis »überwältigend«. ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl kündigte noch am Wahlabend nach 18jähriger Amtszeit seinen Rücktritt an.
Der langjährige frühere Vorsitzende der KPÖ Steiermark, Franz Parteder, machte gegenüber jW zum einen eine »allgemeine Unzufriedenheit in der österreichischen Bevölkerung« für den Wahlerfolg verantwortlich. Das gelte auch für die Landeshauptstadt Graz. »Viele Menschen sahen in der Stimme für Elke Kahr und die KPÖ das wirksamste Mittel, um diesen Unmut auszudrücken.« Er verwies zudem auf die »jahrzehntelange Arbeit« und die »konkrete Hilfe von Elke Kahr«.
Auch jW-Autor Max Zirngast schaffte den Sprung in den Grazer Gemeinderat und sprach mit Blick auf das Ergebnis der KPÖ gegenüber dieser Zeitung von einer »historischen Chance«. Es sei nun wichtig, »auf die Prinzipien zu vertrauen«, die die Partei in diese Position gebracht hätten. Man müsse »weiterhin immer für die Menschen dasein und für die Menschen Politik machen«. Die Bundes-KPÖ erklärte, dies sei nicht nur ein Sieg in Graz. Es handele sich auch um »ein starkes Signal für eine starke Linke in ganz Österreich«, so Sprecher Tobias Schweiger gegenüber der Kleinen Zeitung.
Laut Parteder werde man in der zweitgrößten Stadt Österreichs nun beginnen, mit den anderen Rathausparteien zu verhandeln, was »recht kompliziert« werden dürfte. Ziel sei aber, »ein Arbeitsübereinkommen für eine soziale und ökologische Stadtentwicklung abzuschließen und die Wahl von Elke Kahr zur Bürgermeisterin sicherzustellen«.
Eine Überraschung gab es auch bei den Landtagswahlen in Oberösterreich. Hier schafften es die Coronaimpfskeptiker der Liste »Menschen–Freiheit–Grundrechte« mit mehr als sechs Prozent in den Landtag. Die ÖVP konnte sich mit 37,6 Prozent als stärkste Kraft behaupten, allerdings stürzte ihr Koalitionspartner FPÖ von etwas über 30 Prozent auf 19,8 Prozent ab.
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... das Ausmaß mag vielleicht überraschend sein - war es für mich sogar nicht -, vom Himmel gefallen ist dieser Sieg jedenfalls nicht. Schon das letzte Gemeinderatswahlergebnis war ja eigentlich fulminant:
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... und der stringenten und klassenbezogenen Kommunalpolitik der Partei in der Steiermark zu verdanken. - Ich hatte das Thema NB gestern abend mit jungen Genossen der #Bewegungslinke, die - trotz Haustürwahlkampf etc. - die Bedeutung solcher Kommunalpolitik nicht auf der Palette hatten, ... ich sage mal: noch nicht!
•NEUER BEITRAG01.10.2021, 13:54 Uhr
EDIT: FPeregrin
01.10.2021, 14:17 Uhr
01.10.2021, 14:17 Uhr
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Österreich: KPÖ-Durchmarsch in Graz
jW heute:
»In hartnäckiger Kleinarbeit einen Namen gemacht«
Graz: Wahlerfolg der KPÖ gründet auf Wahrnehmbarkeit im alltäglichen Leben der Menschen. Ein Gespräch mit Robert Krotzer
Interview: Christof Mackinger
Robert Krotzer ist seit 2013 Stadtrat der KPÖ in Graz
Vergangenen Sonntag hat Ihre Partei bei der Gemeinderatswahl in Graz, Österreichs zweitgrößter Stadt, einen überraschenden Sieg errungen: Mit 28,84 Prozent wurde die Kommunistische Partei Österreich (KPÖ) die stärkste Partei. Was macht man nach so einem Wahlerfolg?
Nach der Wahlparty haben wir erst mal aufgeräumt. Am nächsten Tag waren alle möglichen Kamerateams da, das Telefon hat pausenlos gebimmelt. Danach wurde eine Delegation von Züricher Verkehrsexperten empfangen, die sich Verkehrskonzepte in Graz anschauen wollten. Seit gestern hat unsere Spitzenkandidatin Elke Kahr zahlreiche Interviews gegeben, von der Washington Post bis zu slowenischen und kroatischen Nachrichtenstationen war alles dabei. Abends sind wir als Partei zusammengekommen und haben unter anderem diskutiert, wer unser dritter Stadtrat werden wird.
Die bisher regierende konservative ÖVP hat bei der Wahl fast zwölf Prozentpunkte verloren, die mitregierende FPÖ verlor über fünf Prozentpunkte. Was ist da im Wahlkampf der KPÖ passiert?
In dem Ausmaß hat uns der Sieg selbst überrascht, auch wenn wir schon vor dem Sommer die gute Stimmung gegenüber der KPÖ wahrgenommen haben. Viele Menschen waren mit dem abgehobenen Politikstil der ÖVP auf Stadt- und Bundesebene unzufrieden. »Die ganze Nachbarschaft will die KPÖ wählen«, wurde uns immer wieder erzählt.
Seit dem Jahr 1962 hat es die KPÖ auf Bundesebene nicht mehr über zwei Prozent geschafft. Was ist das Erfolgsrezept der KPÖ in der Steiermark?
Gegen Ende der 1980er Jahre haben wir in Graz begonnen, auf der Grundlage unserer politischen Ausrichtung eine nützliche Partei für das tägliche Leben der Menschen zu sein. Unser großes Ziel ist es, die Arbeiterbewegung auf vielfältigste Weise mit Leben zu füllen. Sei es der Mieter-Notruf, der Hilfsfonds für Opfer von Spekulanten, der Einsatz für Mieter in Gemeindewohnungen – über dieses Engagement hat sich die KPÖ in jahrelanger, hartnäckiger Kleinarbeit einen Namen gemacht. Als Mitglieder des Gemeinderats haben Elke Kahr und ich gemeinsam mit unserem Team tausende Beratungsgespräche absolviert. Damit wurden wir im alltäglichen Leben der Menschen eine wahrnehmbare Kraft. So konnten wir auch große Projekte der ÖVP-FPÖ-Stadtregierung verhindern, wie etwa die Kandidatur für die Olympischen Spiele oder eine millionenschwere Gondel quer durch unsere Stadt.
Seit Jahren beobachten wir einen Rechtsruck in ganz Europa. Ist dieser Wahlsieg ein Zeichen für den Beginn einer neuen Ära?
Ich befürchte, das kann man nicht sagen. Ich bin überzeugt, solange wir unter kapitalistischen Bedingungen leben, dem System mit all seinen Ausbeutungs- und Ausgrenzungsmechanismen, dem Konkurrenzdruck und Ellbogendenken, solange gibt es eine Grundlage für das Bedienen rassistischer Ressentiments und für das Schüren von Feindseligkeiten. Dem kann man immer nur ganz konkret begegnen; indem die Menschen die Erfahrung machen: Nur wenn wir uns für unsere eigenen Interessen auf die Füße stellen, kann sich was verändern. In den kommenden Wochen und Monaten wird auch hier von der politischen Rechten versucht werden, Stimmung gegen uns zu machen, zu spalten. Diesem Druck eine Politik der Solidarität entgegenzuhalten, das wird unsere große Aufgabe.
Am Grazer Wahlsonntag wurde auch in Berlin in einer Volksabstimmung über die Enteignung großer Immobilienkonzerne abgestimmt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die KPÖ in Graz in Zukunft für das Ressort Wohnen zuständig sein wird. Was wird in der Wohnungspolitik zu erwarten sein?
In Berlin wurden in den letzten Jahrzehnten tausende Wohnungen an Immobilienkonzerne verkauft. Die sollen jetzt zurückgeholt werden. In Graz ist es mit einer von der KPÖ initiierten Volksbefragung im Jahr 2004 gelungen, eine solche Privatisierung abzuwenden. Daher stellt sich hier die Frage ganz anders: Wir haben leistbaren Wohnraum, müssen aber schauen, wie sich die Zugangsberechtigung ausweiten lässt, so dass mehr Menschen darauf Anspruch haben. Und dann geht es natürlich um die Frage, neue Gemeindewohnungen zu bauen, die wir ganz dringend brauchen. Was wir in dem Bereich darüber hinaus tun werden, kann ich aktuell noch nicht sagen.
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»In hartnäckiger Kleinarbeit einen Namen gemacht«
Graz: Wahlerfolg der KPÖ gründet auf Wahrnehmbarkeit im alltäglichen Leben der Menschen. Ein Gespräch mit Robert Krotzer
Interview: Christof Mackinger
Robert Krotzer ist seit 2013 Stadtrat der KPÖ in Graz
Vergangenen Sonntag hat Ihre Partei bei der Gemeinderatswahl in Graz, Österreichs zweitgrößter Stadt, einen überraschenden Sieg errungen: Mit 28,84 Prozent wurde die Kommunistische Partei Österreich (KPÖ) die stärkste Partei. Was macht man nach so einem Wahlerfolg?
Nach der Wahlparty haben wir erst mal aufgeräumt. Am nächsten Tag waren alle möglichen Kamerateams da, das Telefon hat pausenlos gebimmelt. Danach wurde eine Delegation von Züricher Verkehrsexperten empfangen, die sich Verkehrskonzepte in Graz anschauen wollten. Seit gestern hat unsere Spitzenkandidatin Elke Kahr zahlreiche Interviews gegeben, von der Washington Post bis zu slowenischen und kroatischen Nachrichtenstationen war alles dabei. Abends sind wir als Partei zusammengekommen und haben unter anderem diskutiert, wer unser dritter Stadtrat werden wird.
Die bisher regierende konservative ÖVP hat bei der Wahl fast zwölf Prozentpunkte verloren, die mitregierende FPÖ verlor über fünf Prozentpunkte. Was ist da im Wahlkampf der KPÖ passiert?
In dem Ausmaß hat uns der Sieg selbst überrascht, auch wenn wir schon vor dem Sommer die gute Stimmung gegenüber der KPÖ wahrgenommen haben. Viele Menschen waren mit dem abgehobenen Politikstil der ÖVP auf Stadt- und Bundesebene unzufrieden. »Die ganze Nachbarschaft will die KPÖ wählen«, wurde uns immer wieder erzählt.
Seit dem Jahr 1962 hat es die KPÖ auf Bundesebene nicht mehr über zwei Prozent geschafft. Was ist das Erfolgsrezept der KPÖ in der Steiermark?
Gegen Ende der 1980er Jahre haben wir in Graz begonnen, auf der Grundlage unserer politischen Ausrichtung eine nützliche Partei für das tägliche Leben der Menschen zu sein. Unser großes Ziel ist es, die Arbeiterbewegung auf vielfältigste Weise mit Leben zu füllen. Sei es der Mieter-Notruf, der Hilfsfonds für Opfer von Spekulanten, der Einsatz für Mieter in Gemeindewohnungen – über dieses Engagement hat sich die KPÖ in jahrelanger, hartnäckiger Kleinarbeit einen Namen gemacht. Als Mitglieder des Gemeinderats haben Elke Kahr und ich gemeinsam mit unserem Team tausende Beratungsgespräche absolviert. Damit wurden wir im alltäglichen Leben der Menschen eine wahrnehmbare Kraft. So konnten wir auch große Projekte der ÖVP-FPÖ-Stadtregierung verhindern, wie etwa die Kandidatur für die Olympischen Spiele oder eine millionenschwere Gondel quer durch unsere Stadt.
Seit Jahren beobachten wir einen Rechtsruck in ganz Europa. Ist dieser Wahlsieg ein Zeichen für den Beginn einer neuen Ära?
Ich befürchte, das kann man nicht sagen. Ich bin überzeugt, solange wir unter kapitalistischen Bedingungen leben, dem System mit all seinen Ausbeutungs- und Ausgrenzungsmechanismen, dem Konkurrenzdruck und Ellbogendenken, solange gibt es eine Grundlage für das Bedienen rassistischer Ressentiments und für das Schüren von Feindseligkeiten. Dem kann man immer nur ganz konkret begegnen; indem die Menschen die Erfahrung machen: Nur wenn wir uns für unsere eigenen Interessen auf die Füße stellen, kann sich was verändern. In den kommenden Wochen und Monaten wird auch hier von der politischen Rechten versucht werden, Stimmung gegen uns zu machen, zu spalten. Diesem Druck eine Politik der Solidarität entgegenzuhalten, das wird unsere große Aufgabe.
Am Grazer Wahlsonntag wurde auch in Berlin in einer Volksabstimmung über die Enteignung großer Immobilienkonzerne abgestimmt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die KPÖ in Graz in Zukunft für das Ressort Wohnen zuständig sein wird. Was wird in der Wohnungspolitik zu erwarten sein?
In Berlin wurden in den letzten Jahrzehnten tausende Wohnungen an Immobilienkonzerne verkauft. Die sollen jetzt zurückgeholt werden. In Graz ist es mit einer von der KPÖ initiierten Volksbefragung im Jahr 2004 gelungen, eine solche Privatisierung abzuwenden. Daher stellt sich hier die Frage ganz anders: Wir haben leistbaren Wohnraum, müssen aber schauen, wie sich die Zugangsberechtigung ausweiten lässt, so dass mehr Menschen darauf Anspruch haben. Und dann geht es natürlich um die Frage, neue Gemeindewohnungen zu bauen, die wir ganz dringend brauchen. Was wir in dem Bereich darüber hinaus tun werden, kann ich aktuell noch nicht sagen.
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•NEUER BEITRAG03.10.2021, 14:01 Uhr
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•NEUER BEITRAG03.10.2021, 18:59 Uhr
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So sehr man darüber debattieren kann - und muß! -, ob das, was die KPÖ-Steiermark betreibt, als 'Sozialdemokratismus' zu bestimmen ist: Der Bezug auf Brechts "Lied vom Klassenfeind" im ZdA-Kommentar (zweiter Linke) ist bedenklich schief! Brecht benutzt die Allegorie des "Anstreichers" hier und in vielen anderen Gedichten explizit und völlig eindeutig und durchsichtig für Hitler - den Möchtegern-Kunstmaler und politischen Kaschierer des maroden Systems. Dies hier auf eine echte oder vermeindliche Sozialdemokratie zu drehen, entspricht dem gefährlichen linksradikalen Unsinn, Sozialdemokratie und Faschismus für irgendwie dasselbe zu halten. Und darüber kann man nicht mehr sinnvoll debattieren! Das muß bekämpft werden!
•NEUER BEITRAG03.10.2021, 19:58 Uhr
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FPeregrin | |
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Österreich: KPÖ-Durchmarsch in Graz
In der jW von morgen ein Interview mit einem Vertreter der KJÖ:
»Der Wahlsieg der KPÖ in Graz freut uns sehr«
Die Kommunistische Jugend Österreichs will als unabhängige Kraft Klassenbewusstsein schaffen. Ein Gespräch mit Leonhard Engelmaier
Interview: Annuschka Eckhardt
Leonhard Engelmaier ist in Wien aktiv in der Kommunistischen Jugend ÂÖsterreichs (KJÖ)
Sie sind aktiv in der Kommunistischen Jugend Österreichs, KJÖ. Was unterscheidet Ihre Organisation von der Kommunistischen Partei Österreichs, KPÖ, von der sie sich vor einigen Jahren abgespalten haben?
Die KPÖ hat sich auf Bundesebene und in den Bundesländern außerhalb der Steiermark schon vor langer Zeit von marxistischen Überzeugungen verabschiedet. Das fing in den 1990er Jahren an und setzte sich seitdem Schritt für Schritt fort. Einige Strömungen würden aus der KPÖ gerne eine Partei machen wie Die Linke in Deutschland. Das war der Grund für uns, als marxistisch-leninistische Jugendorganisation zu sagen, dass wir nicht mehr mit der KPÖ zusammenarbeiten. Die KJÖ wiederum ist der einzige kommunistische Jugendverband, der bundesweit in Österreich existiert. Unser Ziel ist es, die ganze arbeitende und lernende Jugend zu organisieren, Klassenbewusstsein zu schaffen.
Wie steht die KJÖ zur Partei der Arbeit, PdA?
Die PdA ist eine der Parteien in Österreich, die sich als kommunistisch verstehen. Da es auf Bundesebene keine solche Kraft gibt, arbeiten wir je nach Bundesland mit unterschiedlichen Parteien zusammen, darunter ist auch die PdA.
Am vorletzten Wochenende errang die KPÖ Steiermark einen Achtungserfolg. In der Landeshauptstadt Graz wurde sie bei der Gemeinderatswahl stärkste Kraft. Wie bewerten Sie dieses Ergebnis?
Der Wahlsieg der KPÖ in Graz freut uns sehr. Es ist nicht nur eine verdiente Bestätigung für die Mitglieder der KJÖ in der Stadt, die auch außerhalb der Wahlkampfzeiten unermüdliche politische Arbeit leisten, sondern ein Motivationsschub für alle jungen Kommunistinnen und Kommunisten hierzulande. Dass so etwas in einem antikommunistischen Land wie Österreich gelungen ist, muss den Aktiven in Graz hoch angerechnet werden.
Wir hoffen zudem, dass das ein Zeichen für ein Umdenken bei der Jugend im Land ist. Die letzten Jahre, die Pandemie und der sich immer offensichtlicher zeigende Klimawandel haben für viele deutlich gemacht, dass es in diesem kapitalistischen System keine Zukunft gibt – weder auf kurze noch auf lange Sicht. Aber natürlich ist dieser Wahlsieg noch keine Revolution. Unabhängig davon, wie die Grazer Stadtregierung am Ende aussehen wird, wird unsere Arbeit weitergehen.
Wie begegnet Ihnen der Antikommunismus im Alltag?
Das ist sehr unterschiedlich. In der Jugend ist er unseren Erfahrungen nach nicht so stark verbreitet. Vor allem begegnet uns Unwissen darüber, für was Kommunismus eigentlich steht, abseits gängiger Vorurteile. An Universitäten begegnen uns schon eher antikommunistische Milieus, das reicht von Rechten bis zu den »Postmodernen«.
Die Coronapandemie stellte insbesondere die junge Generation vor große Herausforderungen. Wie bewerten Sie die Arbeit der österreichischen Regierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz?
Von den Jugendlichen wurde während der Pandemie erwartet, den ganzen Tag zu Hause zu sitzen. Schulunterricht fand nur online statt. Nur fehlten die Vorbereitungen dafür, es herrschte ein regelrechtes Chaos. Für das, was sie in der Coronakrise bis jetzt »geleistet« haben, kann es nur eine Forderung an die österreichische Regierung geben: Tretet zurück! Wenig überraschend, wurden von Anfang an kurzfristige Profitinteressen über das Wohl und die Sicherheit der arbeitenden Menschen gestellt. Diese Politik wird bis heute fortgesetzt, ohne aus irgendwelchen vergangenen Fehlern zu lernen. Es ist eine Tragödie, dass nach dem Sommer 2020 die Infektionszahlen im Herbst wieder stiegen und eine neue Welle anrollte, während die Regierung quasi tatenlos zuschaute. Dass sich das in diesem Jahr aber genauso wiederholt, ist eine Farce. Allerdings vergeht den Betroffenen im Gesundheitsbereich, den arbeitenden Menschen und den Jugendlichen langsam das Lachen. Ansonsten können wir von einer neoliberalen bis rechten Regierung nicht viel fordern. Alles andere wäre naiv.
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»Der Wahlsieg der KPÖ in Graz freut uns sehr«
Die Kommunistische Jugend Österreichs will als unabhängige Kraft Klassenbewusstsein schaffen. Ein Gespräch mit Leonhard Engelmaier
Interview: Annuschka Eckhardt
Leonhard Engelmaier ist in Wien aktiv in der Kommunistischen Jugend ÂÖsterreichs (KJÖ)
Sie sind aktiv in der Kommunistischen Jugend Österreichs, KJÖ. Was unterscheidet Ihre Organisation von der Kommunistischen Partei Österreichs, KPÖ, von der sie sich vor einigen Jahren abgespalten haben?
Die KPÖ hat sich auf Bundesebene und in den Bundesländern außerhalb der Steiermark schon vor langer Zeit von marxistischen Überzeugungen verabschiedet. Das fing in den 1990er Jahren an und setzte sich seitdem Schritt für Schritt fort. Einige Strömungen würden aus der KPÖ gerne eine Partei machen wie Die Linke in Deutschland. Das war der Grund für uns, als marxistisch-leninistische Jugendorganisation zu sagen, dass wir nicht mehr mit der KPÖ zusammenarbeiten. Die KJÖ wiederum ist der einzige kommunistische Jugendverband, der bundesweit in Österreich existiert. Unser Ziel ist es, die ganze arbeitende und lernende Jugend zu organisieren, Klassenbewusstsein zu schaffen.
Wie steht die KJÖ zur Partei der Arbeit, PdA?
Die PdA ist eine der Parteien in Österreich, die sich als kommunistisch verstehen. Da es auf Bundesebene keine solche Kraft gibt, arbeiten wir je nach Bundesland mit unterschiedlichen Parteien zusammen, darunter ist auch die PdA.
Am vorletzten Wochenende errang die KPÖ Steiermark einen Achtungserfolg. In der Landeshauptstadt Graz wurde sie bei der Gemeinderatswahl stärkste Kraft. Wie bewerten Sie dieses Ergebnis?
Der Wahlsieg der KPÖ in Graz freut uns sehr. Es ist nicht nur eine verdiente Bestätigung für die Mitglieder der KJÖ in der Stadt, die auch außerhalb der Wahlkampfzeiten unermüdliche politische Arbeit leisten, sondern ein Motivationsschub für alle jungen Kommunistinnen und Kommunisten hierzulande. Dass so etwas in einem antikommunistischen Land wie Österreich gelungen ist, muss den Aktiven in Graz hoch angerechnet werden.
Wir hoffen zudem, dass das ein Zeichen für ein Umdenken bei der Jugend im Land ist. Die letzten Jahre, die Pandemie und der sich immer offensichtlicher zeigende Klimawandel haben für viele deutlich gemacht, dass es in diesem kapitalistischen System keine Zukunft gibt – weder auf kurze noch auf lange Sicht. Aber natürlich ist dieser Wahlsieg noch keine Revolution. Unabhängig davon, wie die Grazer Stadtregierung am Ende aussehen wird, wird unsere Arbeit weitergehen.
Wie begegnet Ihnen der Antikommunismus im Alltag?
Das ist sehr unterschiedlich. In der Jugend ist er unseren Erfahrungen nach nicht so stark verbreitet. Vor allem begegnet uns Unwissen darüber, für was Kommunismus eigentlich steht, abseits gängiger Vorurteile. An Universitäten begegnen uns schon eher antikommunistische Milieus, das reicht von Rechten bis zu den »Postmodernen«.
Die Coronapandemie stellte insbesondere die junge Generation vor große Herausforderungen. Wie bewerten Sie die Arbeit der österreichischen Regierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz?
Von den Jugendlichen wurde während der Pandemie erwartet, den ganzen Tag zu Hause zu sitzen. Schulunterricht fand nur online statt. Nur fehlten die Vorbereitungen dafür, es herrschte ein regelrechtes Chaos. Für das, was sie in der Coronakrise bis jetzt »geleistet« haben, kann es nur eine Forderung an die österreichische Regierung geben: Tretet zurück! Wenig überraschend, wurden von Anfang an kurzfristige Profitinteressen über das Wohl und die Sicherheit der arbeitenden Menschen gestellt. Diese Politik wird bis heute fortgesetzt, ohne aus irgendwelchen vergangenen Fehlern zu lernen. Es ist eine Tragödie, dass nach dem Sommer 2020 die Infektionszahlen im Herbst wieder stiegen und eine neue Welle anrollte, während die Regierung quasi tatenlos zuschaute. Dass sich das in diesem Jahr aber genauso wiederholt, ist eine Farce. Allerdings vergeht den Betroffenen im Gesundheitsbereich, den arbeitenden Menschen und den Jugendlichen langsam das Lachen. Ansonsten können wir von einer neoliberalen bis rechten Regierung nicht viel fordern. Alles andere wäre naiv.
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•NEUER BEITRAG03.10.2021, 20:10 Uhr
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FPeregrin | |
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... und ebd. im Feuilleton eine kleine Revue zur Dummdreistigkeit des österreichischen Antikommunismus:
Von Stalingraz nach St. Leninhard
Von Florian Neuner
Der Stadtschreiber hat das Gefühl, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Und wann lässt sich das schon sagen? Graz hat am 26. September einen historischen Wahlabend erlebt, und es war – was in Österreich selten genug vorkommt – diesmal keine böse Überraschung! Die Presse spricht vom »Beben von Graz«, dem »Grazer Hammerschlag«, einem »Triumph für Kommunisten« oder auch weniger dramatisch von einem »Linksruck«. In den Straßen von Graz ertönte am Wahlsonntag die Internationale, im Volkshaus wurde ausgelassen gefeiert. KPÖ-Spitzenkandidatin Elke Kahr mochte es zunächst selbst kaum glauben und fühlte sich veräppelt, als ihr mitgeteilt wurde, dass ihre Partei zur stärksten Kraft geworden war. Nun ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie die neue Bürgermeisterin der zweitgrößten Stadt Österreichs wird.
Seit Tagen rätselt die bürgerliche Presse, wie das passieren konnte. Dabei ist die Frage gar nicht schwer zu beantworten. Man muss sich dazu nur die Stellungnahmen der Spitzenkandidaten vom Wahlabend ansehen. Während Elke Kahr, nach den Gründen für ihren Erfolg gefragt, von den stets offenen Türen der KPÖ-Stadträte sprach und von einem von Freundlichkeit getragenen Politikstil, kündigte der Wahlverlierer und Langzeitbürgermeister Siegfried Nagl nicht nur seinen Rückzug aus der Politik an, sondern meinte allen Ernstes, er müsse nun seine »schützende und helfende Hand« von Graz zurückziehen. Bei soviel Hybris, gepaart mit Investorenfreundlichkeit, kann es nicht verwundern, dass dem ÖVP-Politiker selbst die bürgerlichen Stammwähler reihenweise davonliefen.
Noch wehen keine roten Fahnen auf dem Schlossberg, kein Villenbesitzer auf den Hügeln am Stadtrand wurde enteignet, und auch davon, dass die Puntigamer Brauerei verstaatlicht werden könnte, war noch nichts zu vernehmen. Die Berichterstattung über die Grazer Wahl würde das eigentlich nahelegen. Denn wer sich über die Plumpheit der »Rote Socken«-Kampagne, die Laschet und Co. in der Endphase des deutschen Wahlkampfs fuhren, wunderte, der kennt die österreichische Spielart des Antikommunismus noch nicht! »Hat Nordkorea schon gratuliert, Frau Kahr?« musste sich die Bürgermeisterin in spe etwa von der Kronenzeitung fragen lassen. Mit welcher Engelsgeduld sie in diesen Tagen noch die dämlichsten Fragen beantwortet, nötigt Bewunderung ab. Und Wolfgang Fellner, Herausgeber des von der Bundesregierung hochsubventionierten Gratisboulevardblatts Oe 24, polterte in einem Kommentar: »Man kann es kaum fassen, aber es ist wahr: Fast 30 Prozent der Grazer wählten die Partei von Stalin, Honecker und Putin, um ihren Protest gegen die etablierte Politik in Österreich auszudrücken.« Wladimir Putin wird ja gerne unterstellt, er arbeite an der Wiederauferstehung der Sowjetunion – Fellner hat offenbar gar nicht mitbekommen, dass dieser Staat seit nunmehr 30 Jahren nicht mehr existiert.
Aber es geht noch dümmer: Michael Jeannée, der für die Krone die Bild-Kolumne »Post von Wagner« kopiert und es sogar schafft, diese regelmäßig zu unterbieten, meinte, sich in der vergangenen Woche gleich zweimal an die »KPÖ-Genossin Elke Kahr« wenden zu müssen: »Dabei schauen Sie ganz normal aus. Ich meine, man sieht Ihnen nicht an, dass Sie Kommunistin sind. Sie lächeln harmlos. Haben sogar Grübchen.« Was die Genossin dem unfreiwillig komischen kalten Krieger zufolge erfolgreich weglächelt, ist vermutlich der Plan, am Grazer Stadtrand Gulags zu errichten, denn er fährt in seinem Stakkatostil fort: »Kommunisten sind rote Nazis. Erbarmungslos, menschenverachtend, ohne Gnade, mörderisch. Die KPÖ ist ein Witz.« Und entblödet sich nicht, Elke Kahr dazu aufzufordern, sich nicht zur Bürgermeisterin wählen zu lassen.
Einen Jeannée nimmt kaum noch jemand ernst. Perfider sind die Versuche, das Grazer Wahlergebnis mit der Behauptung zu relativieren, es sei nur um die Person Elke Kahr gegangen, sie sei natürlich nicht gewählt worden, weil sie eine Kommunistin sei, sondern trotzdem. Und die vielen Stimmen seien mit dem sozialen Engagement der Mandatare, das in Graz bis weit in bürgerliche Kreise hinein Anerkennung findet, quasi erkauft. Die greise Journalistin Barbara Coudenhove-Kalergi meint im Standard: »Diese Vorgangsweise erinnert eher an Franz von Assisi als an Lenin, und das Unternehmen KPÖ Graz lässt eher an Caritas denken als an Weltrevolution.« Die in der Steiermark dominante Kleine Zeitung hat den Grazer Soziologen Manfred Prisching in die Spur geschickt, um den Lesern zu erklären, warum der Wahltriumph der Kommunisten nur auf einem Missverständnis beruhen kann – nämlich der »Verwechslung von Politik und Sozialarbeit«. Und fährt in der Wählerschelte fort: »Für diesen Wahlsieg gibt es nur eine Erklärung: Das Wählervolk betrachtet Wahlen als unpolitische Aktivität.« Was nicht sein darf, das kann auch nicht sein: dass sich ein Drittel der Grazer ganz bewusst und mit voller Absicht für ein linkes Politikangebot entschieden haben könnte! Prischings Realitätsverlust geht aber noch weiter. Insbesondere den bürgerlichen KPÖ-Wählern in Bezirken wie St. Leonhard (neuerdings: St. Leninhard!) unterstellt er »Unernsthaftigkeit« und schwadroniert von einem »Wahlergebnis als Gag«. Wer sich einen Jux hätte machen wollen, der hätte in Graz auch Die PARTEI wählen können. Viele waren es zum Glück nicht. Leute wie Prisching aber könnten noch ihr rotes Wunder erleben: Wer sagt, dass ein sozial und korruptionsfrei regiertes Graz nicht eine Ausstrahlung weit über die Stadtgrenzen hinaus entfalten könnte?
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Von Stalingraz nach St. Leninhard
Von Florian Neuner
Der Stadtschreiber hat das Gefühl, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Und wann lässt sich das schon sagen? Graz hat am 26. September einen historischen Wahlabend erlebt, und es war – was in Österreich selten genug vorkommt – diesmal keine böse Überraschung! Die Presse spricht vom »Beben von Graz«, dem »Grazer Hammerschlag«, einem »Triumph für Kommunisten« oder auch weniger dramatisch von einem »Linksruck«. In den Straßen von Graz ertönte am Wahlsonntag die Internationale, im Volkshaus wurde ausgelassen gefeiert. KPÖ-Spitzenkandidatin Elke Kahr mochte es zunächst selbst kaum glauben und fühlte sich veräppelt, als ihr mitgeteilt wurde, dass ihre Partei zur stärksten Kraft geworden war. Nun ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie die neue Bürgermeisterin der zweitgrößten Stadt Österreichs wird.
Seit Tagen rätselt die bürgerliche Presse, wie das passieren konnte. Dabei ist die Frage gar nicht schwer zu beantworten. Man muss sich dazu nur die Stellungnahmen der Spitzenkandidaten vom Wahlabend ansehen. Während Elke Kahr, nach den Gründen für ihren Erfolg gefragt, von den stets offenen Türen der KPÖ-Stadträte sprach und von einem von Freundlichkeit getragenen Politikstil, kündigte der Wahlverlierer und Langzeitbürgermeister Siegfried Nagl nicht nur seinen Rückzug aus der Politik an, sondern meinte allen Ernstes, er müsse nun seine »schützende und helfende Hand« von Graz zurückziehen. Bei soviel Hybris, gepaart mit Investorenfreundlichkeit, kann es nicht verwundern, dass dem ÖVP-Politiker selbst die bürgerlichen Stammwähler reihenweise davonliefen.
Noch wehen keine roten Fahnen auf dem Schlossberg, kein Villenbesitzer auf den Hügeln am Stadtrand wurde enteignet, und auch davon, dass die Puntigamer Brauerei verstaatlicht werden könnte, war noch nichts zu vernehmen. Die Berichterstattung über die Grazer Wahl würde das eigentlich nahelegen. Denn wer sich über die Plumpheit der »Rote Socken«-Kampagne, die Laschet und Co. in der Endphase des deutschen Wahlkampfs fuhren, wunderte, der kennt die österreichische Spielart des Antikommunismus noch nicht! »Hat Nordkorea schon gratuliert, Frau Kahr?« musste sich die Bürgermeisterin in spe etwa von der Kronenzeitung fragen lassen. Mit welcher Engelsgeduld sie in diesen Tagen noch die dämlichsten Fragen beantwortet, nötigt Bewunderung ab. Und Wolfgang Fellner, Herausgeber des von der Bundesregierung hochsubventionierten Gratisboulevardblatts Oe 24, polterte in einem Kommentar: »Man kann es kaum fassen, aber es ist wahr: Fast 30 Prozent der Grazer wählten die Partei von Stalin, Honecker und Putin, um ihren Protest gegen die etablierte Politik in Österreich auszudrücken.« Wladimir Putin wird ja gerne unterstellt, er arbeite an der Wiederauferstehung der Sowjetunion – Fellner hat offenbar gar nicht mitbekommen, dass dieser Staat seit nunmehr 30 Jahren nicht mehr existiert.
Aber es geht noch dümmer: Michael Jeannée, der für die Krone die Bild-Kolumne »Post von Wagner« kopiert und es sogar schafft, diese regelmäßig zu unterbieten, meinte, sich in der vergangenen Woche gleich zweimal an die »KPÖ-Genossin Elke Kahr« wenden zu müssen: »Dabei schauen Sie ganz normal aus. Ich meine, man sieht Ihnen nicht an, dass Sie Kommunistin sind. Sie lächeln harmlos. Haben sogar Grübchen.« Was die Genossin dem unfreiwillig komischen kalten Krieger zufolge erfolgreich weglächelt, ist vermutlich der Plan, am Grazer Stadtrand Gulags zu errichten, denn er fährt in seinem Stakkatostil fort: »Kommunisten sind rote Nazis. Erbarmungslos, menschenverachtend, ohne Gnade, mörderisch. Die KPÖ ist ein Witz.« Und entblödet sich nicht, Elke Kahr dazu aufzufordern, sich nicht zur Bürgermeisterin wählen zu lassen.
Einen Jeannée nimmt kaum noch jemand ernst. Perfider sind die Versuche, das Grazer Wahlergebnis mit der Behauptung zu relativieren, es sei nur um die Person Elke Kahr gegangen, sie sei natürlich nicht gewählt worden, weil sie eine Kommunistin sei, sondern trotzdem. Und die vielen Stimmen seien mit dem sozialen Engagement der Mandatare, das in Graz bis weit in bürgerliche Kreise hinein Anerkennung findet, quasi erkauft. Die greise Journalistin Barbara Coudenhove-Kalergi meint im Standard: »Diese Vorgangsweise erinnert eher an Franz von Assisi als an Lenin, und das Unternehmen KPÖ Graz lässt eher an Caritas denken als an Weltrevolution.« Die in der Steiermark dominante Kleine Zeitung hat den Grazer Soziologen Manfred Prisching in die Spur geschickt, um den Lesern zu erklären, warum der Wahltriumph der Kommunisten nur auf einem Missverständnis beruhen kann – nämlich der »Verwechslung von Politik und Sozialarbeit«. Und fährt in der Wählerschelte fort: »Für diesen Wahlsieg gibt es nur eine Erklärung: Das Wählervolk betrachtet Wahlen als unpolitische Aktivität.« Was nicht sein darf, das kann auch nicht sein: dass sich ein Drittel der Grazer ganz bewusst und mit voller Absicht für ein linkes Politikangebot entschieden haben könnte! Prischings Realitätsverlust geht aber noch weiter. Insbesondere den bürgerlichen KPÖ-Wählern in Bezirken wie St. Leonhard (neuerdings: St. Leninhard!) unterstellt er »Unernsthaftigkeit« und schwadroniert von einem »Wahlergebnis als Gag«. Wer sich einen Jux hätte machen wollen, der hätte in Graz auch Die PARTEI wählen können. Viele waren es zum Glück nicht. Leute wie Prisching aber könnten noch ihr rotes Wunder erleben: Wer sagt, dass ein sozial und korruptionsfrei regiertes Graz nicht eine Ausstrahlung weit über die Stadtgrenzen hinaus entfalten könnte?
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•NEUER BEITRAG03.10.2021, 22:06 Uhr
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Für so was lohnt es sich, doch öfter mal ins Feuilleton zu gucken.
•NEUER BEITRAG11.10.2021, 15:22 Uhr
EDIT: arktika
11.10.2021, 15:23 Uhr
11.10.2021, 15:23 Uhr
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Österreich: KPÖ-Durchmarsch in Graz
Auch wenn es aus der MaLi-RevisionistInnen-Kurve kommt, so stelle ich doch einen Text auf kommunisten.de vom 1. Oktober hier mal rein:
Außergewöhnlicher Wahlerfolg der Kommunisten in Graz
01.10.2021: Bekommt die zweitgrößte Stadt Österreichs, Graz, die Landeshauptstadt des Bundeslandes Steiermark, demnächst eine kommunistische Bürgermeisterin? ++ Die KPÖ wurde bei der Wahl am 29. September stärkste Partei ++ Elke Kahr über die Pläne der KPÖ
Die am Sonntag, den 26. September, abgehaltene Gemeinderatswahl hat die Wahl einer Kommunistin in das Bürgermeisteramt in Graz, der Landeshauptstadt der Steiermark, in den Bereich des Möglichen gerückt. Falls dafür eine entsprechende Koalition mit anderen im Gemeinderat vertretenen Parteien zustande kommt. Das wäre wohl derzeit ein für ganz Europa einmaliger Vorgang.
Zur allgemeinen Überraschung landete die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) bei dieser Wahl in der Stadt Graz auf Platz 1. Sie wurde stärkste Partei im Gemeinderat. Damit steht ihr das Recht zu, den Bürgermeisterposten zu beanspruchen und entsprechende Gespräche mit anderen Parteien zur Bildung einer tragfähigen Mehrheit im Gemeinderat zu führen.
Austria Graz Wahlergebnis2021
Bei einer Wahlbeteiligung von 54 Prozent (3,4 % weniger als das letzte Mal 2017) konnte die Grazer KPÖ mit rd. 34.000 Stimmen (28,84 %) die seit 18 Jahren in der Stadtregierung vorherrschende rechtskonservative "Österreichische Volkspartei" (ÖVP) überholen, die mit knapp 31.000 Stimmen nur noch 25,9 Prozent erreichte. Während die KPÖ gegenüber ihrem Ergebnis von 2017 rd. 8.600 Stimmen oder 8,5 % dazugewann und damit 15 Gemeinderatssitze erreichte, verlor die ÖVP fast 17.000 Stimmen oder 11,9 %. Der bisher die Grazer Stadtpolitik entscheidend dominierende ÖVP-Langzeit-Bürgermeister Siegfried Nagl, sah sich gezwungen, noch in der Wahlnacht seinen Rücktritt vom Amt des Stadtchefs bekanntzugeben. Er hatte sich durch das Anschieben mehrerer teurer, aber für Bauunternehmen profitabler Bauprojekte, darunter einer U‑Bahnstrecke, den Missmut vieler Bürgerinnen und Bürger zugezogen. Er hatte deshalb den Beinamen "Beton-Siegi" erhalten.
Austria Graz Wahlergebnis2021 Mandate
Aufgrund des Wahlergebnisses erhält die KPÖ nun auch die meisten Stadtsenatsmandate, nämlich drei statt bisher zwei. Stadtsenat oder Stadtrat heißt in Graz zum Unterschied vom Gemeinderat die siebenköpfige Stadtexekutive. Die Stadträte werden nicht vom Gemeinderat gewählt, sondern unter allen im Gemeinderat vertretenen Parteien proportional nach der Stärke der Fraktionen verteilt. Neben den drei nunmehr auf die KPÖ entfallenden Stadträten stellen die ÖVP nun noch zwei und die Grünen und die FPÖ je einen Stadtrat. SPÖ und NEOS sind wegen zu geringer Stimmanteile in der Stadtregierung nicht vertreten.
Austria Graz Wahlergebnis2021 Stadtsenat
Bei den im gleichen Wahlgang gewählten 17 Stadtbezirksvertretungen liegt die KPÖ auffälligerweise in allen 8 Innenstadtbezirken vorn, während in den 9 Außenstadtbezirken, wo vielfach die wohlhabenderen Einwohner in Villengegenden zu Hause sind, weiterhin die ÖVP führend bleibt ("rote" Kernstadt, "schwarzer" Außenring).
Die KPÖ-Spitzenkandidatin Elke Kahr (59 Jahre), die schon seit 1993 Mitglied des Gemeinderats ist und seit 2005 als KPÖ-Stadträtin zunächst das Ressort Wohnungswesen, später das Ressort Verkehrswesen leitete, zeigte sich m Wahlabend vom Ausmaß ihres Wahlerfolgs selbst höchst überrascht. "Dieses Ergebnis ist überwältigend. Wir können es noch gar nicht fassen", sagte sie in ersten Äußerungen dazu. "Das ist für uns ein Riesenerfolg und mehr als erfreulich, ich habe mir das in dem Ausmaß nicht erwartet." Sie dankte den Wählerinnen und Wählern, aber zugleich auch den Spitzenkandidat*innen der anderen Parteien, weil der Wahlkampf "trotz allem ein sehr fairer" gewesen sei.
Elke Kahr erklärte, sie wolle "sehr sorgsam und umsichtig mit dem Ergebnis umgehen, damit Soziales in der Stadt nicht untergeht – für ein Graz, in dem jeder Platz haben muss". Sie werde mit allen im Gemeinderat vertretenen Parteien Gespräche suchen, einschließlich ihrem Vorgänger Nagl von der ÖVP. Als am ehesten möglich wird in Medienkommentaren eine Koalition der KPÖ mit den Grünen und der SPÖ betrachtet. Bei einem Gemeinderat mit 48 Sitzen liegt die Mehrheit bei 24 + 1. Das wäre durch eine Koalition der 15 KPÖ-Mandate mit den 9 Mandaten der Grünen und 4 Mandaten der SPÖ erreichbar - vorausgesetzt, ein entsprechender politischer Wille zur Zusammenarbeit kann sich durchsetzen und die Koalitionspartner widerstehen dem auf sie ausgeübten massiven Druck, die Wahl von Elke Kahr zur Grazer Bürgermeisterin zu verhindern.
Der "Erdrutschsieg" der Grazer KPÖ, wie er in einigen Medienberichten genannt wurde, hat natürlich in der etablierten Politikerkaste Österreichs und in den vorherrschenden bürgerlichen Medien einige Aufregung ausgelöst. Wie ist so etwas möglich? Der Erklärungsbedarf ist groß. Selbst Österreichs Bundeskanzler und ÖVP-Bundesvorsitzender Sebastian Kurz meinte, sich dazu äußern zu müssen: "Dass die Kommunisten in Österreich eine Wahl, wenn auch eine regionale, gewinnen können, ist etwas, das nachdenklich stimmen sollte".
Manche Kommentatoren versuchten sich mit "Pfeifen im Walde" zu trösten. Der Wahlsieg in Graz sei ein lokaler "Sonderfall". Gewählt worden sei ein altmodischen, geschichtlich überholtes und gescheiterten Politikmodell. Deshalb werde der kommunistische Erfolg in Graz nur eine kurzfristige Episode bleiben.
Andere griffen zum Strohhalm diffamierender Behauptungen, dass sich die Kommunisten die Stimmen nur mit Geld gekauft hätten. Hintergrund dafür war die Praxis der Grazer KPÖ, dass alle ihre gewählten Mandatsträger von ihren Politvergütungen nur etwa 2.000 Euro pro Monat für sich selbst behalten und den weitaus größeren Rest (etwa 4.000 € und mehr) in einen Sozialfonds einzahlen. Daraus werden einmalige Unterstützungszuschüsse, maximal 200 €, an Menschen in sozialer Not ausgezahlt. Damit wurde schon vielen Grazerinnen und Grazern bei der Bezahlung von Mietrückständen oder in anderen Notlagen aus der Patsche geholfen, natürlich ohne dass dafür eine irgendwie geartete politische Gegenleistung verlangt wurde.
Zumeist mussten allerdings auch bürgerliche Kommentatoren doch irgendwie eingestehen, dass die Grazer KPÖ und insbesondere ihre Spitzenkandidatin Elke Kahr ihren Wahlerfolg in erster Linie ihrem unermüdlichen Einsatz für soziale Anliegen ihrer Mitmenschen verdanken, und dies nicht nur in Worten, sondern in spürbaren und nachvollziehbaren Taten.
Bereits seit 1992 betrieb die Grazer KPÖ mit großem Zuspruch aus der Bevölkerung von Montag bis Donnerstag täglich bis 22 Uhr und an Wochenenden von 10 – 20 Uhr einen "Mieternotruf". Außerdem hielt Elke Kahr persönlich mindestens an zwei Tage in der Woche in ihrem Büro Sozialsprechstunden ab. Da gab es Beratung, Auskünfte und Hilfe bei Fragen wie Mieterhöhungen, Betriebskosten-Abrechnungen, Kündigungs- und Räumungsklagen.
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Außergewöhnlicher Wahlerfolg der Kommunisten in Graz
01.10.2021: Bekommt die zweitgrößte Stadt Österreichs, Graz, die Landeshauptstadt des Bundeslandes Steiermark, demnächst eine kommunistische Bürgermeisterin? ++ Die KPÖ wurde bei der Wahl am 29. September stärkste Partei ++ Elke Kahr über die Pläne der KPÖ
Die am Sonntag, den 26. September, abgehaltene Gemeinderatswahl hat die Wahl einer Kommunistin in das Bürgermeisteramt in Graz, der Landeshauptstadt der Steiermark, in den Bereich des Möglichen gerückt. Falls dafür eine entsprechende Koalition mit anderen im Gemeinderat vertretenen Parteien zustande kommt. Das wäre wohl derzeit ein für ganz Europa einmaliger Vorgang.
Zur allgemeinen Überraschung landete die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) bei dieser Wahl in der Stadt Graz auf Platz 1. Sie wurde stärkste Partei im Gemeinderat. Damit steht ihr das Recht zu, den Bürgermeisterposten zu beanspruchen und entsprechende Gespräche mit anderen Parteien zur Bildung einer tragfähigen Mehrheit im Gemeinderat zu führen.
Austria Graz Wahlergebnis2021
Bei einer Wahlbeteiligung von 54 Prozent (3,4 % weniger als das letzte Mal 2017) konnte die Grazer KPÖ mit rd. 34.000 Stimmen (28,84 %) die seit 18 Jahren in der Stadtregierung vorherrschende rechtskonservative "Österreichische Volkspartei" (ÖVP) überholen, die mit knapp 31.000 Stimmen nur noch 25,9 Prozent erreichte. Während die KPÖ gegenüber ihrem Ergebnis von 2017 rd. 8.600 Stimmen oder 8,5 % dazugewann und damit 15 Gemeinderatssitze erreichte, verlor die ÖVP fast 17.000 Stimmen oder 11,9 %. Der bisher die Grazer Stadtpolitik entscheidend dominierende ÖVP-Langzeit-Bürgermeister Siegfried Nagl, sah sich gezwungen, noch in der Wahlnacht seinen Rücktritt vom Amt des Stadtchefs bekanntzugeben. Er hatte sich durch das Anschieben mehrerer teurer, aber für Bauunternehmen profitabler Bauprojekte, darunter einer U‑Bahnstrecke, den Missmut vieler Bürgerinnen und Bürger zugezogen. Er hatte deshalb den Beinamen "Beton-Siegi" erhalten.
Austria Graz Wahlergebnis2021 Mandate
Aufgrund des Wahlergebnisses erhält die KPÖ nun auch die meisten Stadtsenatsmandate, nämlich drei statt bisher zwei. Stadtsenat oder Stadtrat heißt in Graz zum Unterschied vom Gemeinderat die siebenköpfige Stadtexekutive. Die Stadträte werden nicht vom Gemeinderat gewählt, sondern unter allen im Gemeinderat vertretenen Parteien proportional nach der Stärke der Fraktionen verteilt. Neben den drei nunmehr auf die KPÖ entfallenden Stadträten stellen die ÖVP nun noch zwei und die Grünen und die FPÖ je einen Stadtrat. SPÖ und NEOS sind wegen zu geringer Stimmanteile in der Stadtregierung nicht vertreten.
Austria Graz Wahlergebnis2021 Stadtsenat
Bei den im gleichen Wahlgang gewählten 17 Stadtbezirksvertretungen liegt die KPÖ auffälligerweise in allen 8 Innenstadtbezirken vorn, während in den 9 Außenstadtbezirken, wo vielfach die wohlhabenderen Einwohner in Villengegenden zu Hause sind, weiterhin die ÖVP führend bleibt ("rote" Kernstadt, "schwarzer" Außenring).
Die KPÖ-Spitzenkandidatin Elke Kahr (59 Jahre), die schon seit 1993 Mitglied des Gemeinderats ist und seit 2005 als KPÖ-Stadträtin zunächst das Ressort Wohnungswesen, später das Ressort Verkehrswesen leitete, zeigte sich m Wahlabend vom Ausmaß ihres Wahlerfolgs selbst höchst überrascht. "Dieses Ergebnis ist überwältigend. Wir können es noch gar nicht fassen", sagte sie in ersten Äußerungen dazu. "Das ist für uns ein Riesenerfolg und mehr als erfreulich, ich habe mir das in dem Ausmaß nicht erwartet." Sie dankte den Wählerinnen und Wählern, aber zugleich auch den Spitzenkandidat*innen der anderen Parteien, weil der Wahlkampf "trotz allem ein sehr fairer" gewesen sei.
Elke Kahr erklärte, sie wolle "sehr sorgsam und umsichtig mit dem Ergebnis umgehen, damit Soziales in der Stadt nicht untergeht – für ein Graz, in dem jeder Platz haben muss". Sie werde mit allen im Gemeinderat vertretenen Parteien Gespräche suchen, einschließlich ihrem Vorgänger Nagl von der ÖVP. Als am ehesten möglich wird in Medienkommentaren eine Koalition der KPÖ mit den Grünen und der SPÖ betrachtet. Bei einem Gemeinderat mit 48 Sitzen liegt die Mehrheit bei 24 + 1. Das wäre durch eine Koalition der 15 KPÖ-Mandate mit den 9 Mandaten der Grünen und 4 Mandaten der SPÖ erreichbar - vorausgesetzt, ein entsprechender politischer Wille zur Zusammenarbeit kann sich durchsetzen und die Koalitionspartner widerstehen dem auf sie ausgeübten massiven Druck, die Wahl von Elke Kahr zur Grazer Bürgermeisterin zu verhindern.
Der "Erdrutschsieg" der Grazer KPÖ, wie er in einigen Medienberichten genannt wurde, hat natürlich in der etablierten Politikerkaste Österreichs und in den vorherrschenden bürgerlichen Medien einige Aufregung ausgelöst. Wie ist so etwas möglich? Der Erklärungsbedarf ist groß. Selbst Österreichs Bundeskanzler und ÖVP-Bundesvorsitzender Sebastian Kurz meinte, sich dazu äußern zu müssen: "Dass die Kommunisten in Österreich eine Wahl, wenn auch eine regionale, gewinnen können, ist etwas, das nachdenklich stimmen sollte".
Manche Kommentatoren versuchten sich mit "Pfeifen im Walde" zu trösten. Der Wahlsieg in Graz sei ein lokaler "Sonderfall". Gewählt worden sei ein altmodischen, geschichtlich überholtes und gescheiterten Politikmodell. Deshalb werde der kommunistische Erfolg in Graz nur eine kurzfristige Episode bleiben.
Andere griffen zum Strohhalm diffamierender Behauptungen, dass sich die Kommunisten die Stimmen nur mit Geld gekauft hätten. Hintergrund dafür war die Praxis der Grazer KPÖ, dass alle ihre gewählten Mandatsträger von ihren Politvergütungen nur etwa 2.000 Euro pro Monat für sich selbst behalten und den weitaus größeren Rest (etwa 4.000 € und mehr) in einen Sozialfonds einzahlen. Daraus werden einmalige Unterstützungszuschüsse, maximal 200 €, an Menschen in sozialer Not ausgezahlt. Damit wurde schon vielen Grazerinnen und Grazern bei der Bezahlung von Mietrückständen oder in anderen Notlagen aus der Patsche geholfen, natürlich ohne dass dafür eine irgendwie geartete politische Gegenleistung verlangt wurde.
Zumeist mussten allerdings auch bürgerliche Kommentatoren doch irgendwie eingestehen, dass die Grazer KPÖ und insbesondere ihre Spitzenkandidatin Elke Kahr ihren Wahlerfolg in erster Linie ihrem unermüdlichen Einsatz für soziale Anliegen ihrer Mitmenschen verdanken, und dies nicht nur in Worten, sondern in spürbaren und nachvollziehbaren Taten.
Bereits seit 1992 betrieb die Grazer KPÖ mit großem Zuspruch aus der Bevölkerung von Montag bis Donnerstag täglich bis 22 Uhr und an Wochenenden von 10 – 20 Uhr einen "Mieternotruf". Außerdem hielt Elke Kahr persönlich mindestens an zwei Tage in der Woche in ihrem Büro Sozialsprechstunden ab. Da gab es Beratung, Auskünfte und Hilfe bei Fragen wie Mieterhöhungen, Betriebskosten-Abrechnungen, Kündigungs- und Räumungsklagen.
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•NEUER BEITRAG11.10.2021, 15:28 Uhr
EDIT: arktika
11.10.2021, 15:42 Uhr
11.10.2021, 15:42 Uhr
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Der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier (Lehrstuhl an der Uni Graz) nannte als Gründe für den Aufwärtstrend der Kommunisten, "dass die KPÖ als die sozialpolitische Partei weit über die kommunistische Partei hinaus den Platz besetzt hat, ursprünglich, historisch gesehen, und da reden wir von zwei Jahrzehnten, noch mit Ernest Kaltenegger (früherer KPÖ-Gemeinde- und Wohnungs-Stadtrat 2005 – 2010, Red.), mit dem Thema leistbares Wohnen, mittlerweile aber für immer mehr sozialpolitische Themen, und auch durch den Niedergang der SPÖ in Graz."
Der in Wien tätige Politikexperte Thomas Hofer erklärte gegenüber dem österreichischen Rundfunk ORF: "Die KPÖ ist in Graz nicht erst seit gestern einfach sehr authentisch und sehr glaubwürdig beim Thema Sozialpolitik etabliert… Das heißt, da gibt es auch viele Bürgerliche - ich bin selbst Steierer, ich kenne viele Bürgerliche -, die angekündigt haben, schon letzte Zeit, sie werden jetzt KPÖ wählen."
Das deutsche ARD-Studio Wien ließ seinen Korrespondenten am Tag nach der Wahl berichten: "Elke Kahr gilt als bodenständig, sachkundig, verlässlich und ist seit bald drei Jahrzehnten in der Kommunalpolitik aktiv. Dass ihr knapp ein Drittel der Bevölkerung von Graz das Vertrauen ausgesprochen hat, führt die KPÖ-Politikerin unter anderem auf ihren Kurs in der Sozialpolitik zurück." Er zitierte die Aussage von Elke Kahr gegenüber dem ORF: " Was wichtig ist: dass man vor allem auf jene achtet, die es dann schlichtweg schwerer haben - egal, ob sie arbeiten oder arbeitsuchend sind, ob es ältere Menschen oder Jüngere sind … Und ich stehe absolut für ein Weltbild und eine Gesellschaft, die zusammenführt und nicht trennt."
Dabei verstecken die führenden Kommunalpolitiker der KPÖ in Graz ihre kommunistische Überzeugung nicht hinter ihrer sozialpolitischen Arbeit. Elke Kahr hat in Interviews mehrfach betont, dass sie sich selbst als "Marxistin" versteht. Auf die Frage, was sie nach 24 Jahren Stadtpolitik antreibt, antwortete sie: "Der Glaube an eine sozial gerechtere Welt, in der auch die, die jetzt alle vergessen, zu ihrem Recht kommen." Zugleich lautete ein auf den Werbematerialen der Grazer KPÖ verbreiteter Slogan: "Wir treten für einen Systemwechsel in Richtung Sozialismus ein, um die Klimakrise zu bewältigen."
Im Mittelpunkt des Wahlkampfs der Grazer KPÖ standen allerdings die tatsächlichen Alltagsprobleme der Mitmenschen. So hieß es in einer ihrer Veröffentlichungen: "Das tägliche Leben wird immer teurer. Viele Menschen arbeiten schwer für wenig Lohn oder sind ohne Arbeit. Die Politik kürzt aber bei den Sozialleistungen. So darf es nicht weitergehen. Wir treten ein für: Arbeitsplätze bei der Stadt ausbauen, Arbeitslosengeld anheben, Wohnungsunterstützung und Sozialhilfe verbessern, Zugang zur Grazer Sozialcard erleichtern, Stadtteilzentren sichern."
Ein besonderer Schwerpunkt bildete dabei die Wohnungsproblematik: "Die KPÖ setzt sich ein für Mietzinsobergrenzen für alle Wohnungen, Betriebskosten senken,, Delogierungsstopp, Licht und Wärme garantieren, keine Abschaltungen, 1000 neue Gemeindewohnungen". Außerdem gehörte dazu die Forderung nach einer "Leerstandsabgabe" für längere Zeit leerstehenden Wohnraum, was zwar "kein Allheilmittel" sei, aber neben einer Beschränkung der Miethöhe und der Errichtung von Wohnungen durch die öffentliche Hand ein nötiges Instrument zur Senkung der Wohnkosten sei.
In anderen Materialien wandte sich die Grazer KPÖ gegen die anschwellende Teuerungswelle, wobei die Steigerung der Wohnkosten und der Energiekosten im Mittelpunkt stehen. Elke Kahl erklärte dazu: "Diese alarmierende Entwicklung darf man nicht mit Schweigen übergehen, auch wenn Wahlen vor der Tür stehen.." Es sei natürlich vor allem Aufgabe der schwarz-grünen österreichischen Bundesregierung, hier gegenzusteuern, aber auch die Stadt Graz könne einen Beitrag zur Dämpfung der Preisentwicklung leisten. Deshalb seien für die KPÖ "das Einfrieren der städtischen Tarife und Gebühren und ein deutliches Senken des Preises für die Grazer Jahreskarte Bedingungen für Verhandlungen nach der Gemeinderatswahl, von denen wir nicht abgehen werden".
Mit gleicher Entschiedenheit engagierte sich die Grazer KPÖ dafür, dass die weitere Reduzierung der Bettenzahlen in umliegenden Krankenhäusern und "Spitalschließungen" gestoppt werden muss. Der neben Elke Kahr tätige und für das Gesundheitswesen zuständige KPÖ-Stadtrat Robert Krotzer erklärte dazu weiter: "Es braucht einen breiten Ausbau der kassenärztlichen Versorgung – vor allem für Menschen mit psychischen Erkrankungen, die durch die Lockdowns immer mehr geworden sind. Die Gesundheitsfrage führt uns direkt zur Systemfrage. Es wird deutlich, dass der Kapitalismus dem Wohlergehen diametral zuwiderläuft. Jetzt geht es um breite Bündnisse zur (Reform) des Gesundheitswesens, für Personalaufstockungen und für Verbesserung der Arbeitsbedingungen".
Da Elke Kahr im Stadtrat zuletzt für das Verkehrsressort in Graz zuständig war, hieß es in einem von der KPÖ veröffentlichten Material unter der Überschrift "Für eine mobile Stadt" aber auch: "Vorrang für den öffentlichen Verkehr, für RadfahrerInnen und Fußgänger! Verkehrsstadträtin Elke Kahr hat auf diesem Weg viel erreicht. Es ist gelungen, das Radwegnetz zu erweitern. Es gibt mehr Buslinien, neue Straßenbahnlinien, Graz hat mehr Fußgänger- und Begegnungszonen und neue Wohnstraßen wurden geschaffen. In der aktuellen Diskussion sagen wir klar. Straßenbahn und S-Bahn haben Vorrang vor einer U‑Bahn."
Das Grazer Wahlergebnis für die KPÖ kann offenbar als ein Beleg dafür angesehen werden, dass eine bürgernahe, den Menschen zugewandte, offene, sozial und ökologisch engagierte und auch durch das persönliche Verhalten glaubwürdige Politik durchaus in der Lage sein kann, durch etablierte Kreise geschürte antikommunistische Vorurteile und Sperren in den Hintergrund zu drängen und zu überwinden. In diesem Sinn lässt sich das Grazer Wahlergebnis als ein ermutigendes Signal weit über den lokalen Grazer Rahmen hinaus zur Kenntnis nehmen.
Von Georg Polikeit unter Link ...jetzt anmelden!
Vor dem Hintergrund, daß der KPÖ regelmäßig - ob zu recht oder nicht, will ich hier offen lassen - "Sozialdemokratismus" vorgeworfen wird (vgl.. auch in 2 vorherigen Beiträgen von Lars u. FPeregrin ), ist es allerdings nicht verwunderlich, daß Polikeit & Co so sehr des Lobes voll sind.
Allerdings muß man auch sagen, daß die KP Steiermark in vielen Punkten doch etwas anders tickt als die restliche KPÖ und damit der MaLi nicht ganz so nahe steht.
Ein großer Erfolg ist das Ergebnis jedenfalls allemal!
Der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier (Lehrstuhl an der Uni Graz) nannte als Gründe für den Aufwärtstrend der Kommunisten, "dass die KPÖ als die sozialpolitische Partei weit über die kommunistische Partei hinaus den Platz besetzt hat, ursprünglich, historisch gesehen, und da reden wir von zwei Jahrzehnten, noch mit Ernest Kaltenegger (früherer KPÖ-Gemeinde- und Wohnungs-Stadtrat 2005 – 2010, Red.), mit dem Thema leistbares Wohnen, mittlerweile aber für immer mehr sozialpolitische Themen, und auch durch den Niedergang der SPÖ in Graz."
Der in Wien tätige Politikexperte Thomas Hofer erklärte gegenüber dem österreichischen Rundfunk ORF: "Die KPÖ ist in Graz nicht erst seit gestern einfach sehr authentisch und sehr glaubwürdig beim Thema Sozialpolitik etabliert… Das heißt, da gibt es auch viele Bürgerliche - ich bin selbst Steierer, ich kenne viele Bürgerliche -, die angekündigt haben, schon letzte Zeit, sie werden jetzt KPÖ wählen."
Das deutsche ARD-Studio Wien ließ seinen Korrespondenten am Tag nach der Wahl berichten: "Elke Kahr gilt als bodenständig, sachkundig, verlässlich und ist seit bald drei Jahrzehnten in der Kommunalpolitik aktiv. Dass ihr knapp ein Drittel der Bevölkerung von Graz das Vertrauen ausgesprochen hat, führt die KPÖ-Politikerin unter anderem auf ihren Kurs in der Sozialpolitik zurück." Er zitierte die Aussage von Elke Kahr gegenüber dem ORF: " Was wichtig ist: dass man vor allem auf jene achtet, die es dann schlichtweg schwerer haben - egal, ob sie arbeiten oder arbeitsuchend sind, ob es ältere Menschen oder Jüngere sind … Und ich stehe absolut für ein Weltbild und eine Gesellschaft, die zusammenführt und nicht trennt."
Dabei verstecken die führenden Kommunalpolitiker der KPÖ in Graz ihre kommunistische Überzeugung nicht hinter ihrer sozialpolitischen Arbeit. Elke Kahr hat in Interviews mehrfach betont, dass sie sich selbst als "Marxistin" versteht. Auf die Frage, was sie nach 24 Jahren Stadtpolitik antreibt, antwortete sie: "Der Glaube an eine sozial gerechtere Welt, in der auch die, die jetzt alle vergessen, zu ihrem Recht kommen." Zugleich lautete ein auf den Werbematerialen der Grazer KPÖ verbreiteter Slogan: "Wir treten für einen Systemwechsel in Richtung Sozialismus ein, um die Klimakrise zu bewältigen."
Im Mittelpunkt des Wahlkampfs der Grazer KPÖ standen allerdings die tatsächlichen Alltagsprobleme der Mitmenschen. So hieß es in einer ihrer Veröffentlichungen: "Das tägliche Leben wird immer teurer. Viele Menschen arbeiten schwer für wenig Lohn oder sind ohne Arbeit. Die Politik kürzt aber bei den Sozialleistungen. So darf es nicht weitergehen. Wir treten ein für: Arbeitsplätze bei der Stadt ausbauen, Arbeitslosengeld anheben, Wohnungsunterstützung und Sozialhilfe verbessern, Zugang zur Grazer Sozialcard erleichtern, Stadtteilzentren sichern."
Ein besonderer Schwerpunkt bildete dabei die Wohnungsproblematik: "Die KPÖ setzt sich ein für Mietzinsobergrenzen für alle Wohnungen, Betriebskosten senken,, Delogierungsstopp, Licht und Wärme garantieren, keine Abschaltungen, 1000 neue Gemeindewohnungen". Außerdem gehörte dazu die Forderung nach einer "Leerstandsabgabe" für längere Zeit leerstehenden Wohnraum, was zwar "kein Allheilmittel" sei, aber neben einer Beschränkung der Miethöhe und der Errichtung von Wohnungen durch die öffentliche Hand ein nötiges Instrument zur Senkung der Wohnkosten sei.
In anderen Materialien wandte sich die Grazer KPÖ gegen die anschwellende Teuerungswelle, wobei die Steigerung der Wohnkosten und der Energiekosten im Mittelpunkt stehen. Elke Kahl erklärte dazu: "Diese alarmierende Entwicklung darf man nicht mit Schweigen übergehen, auch wenn Wahlen vor der Tür stehen.." Es sei natürlich vor allem Aufgabe der schwarz-grünen österreichischen Bundesregierung, hier gegenzusteuern, aber auch die Stadt Graz könne einen Beitrag zur Dämpfung der Preisentwicklung leisten. Deshalb seien für die KPÖ "das Einfrieren der städtischen Tarife und Gebühren und ein deutliches Senken des Preises für die Grazer Jahreskarte Bedingungen für Verhandlungen nach der Gemeinderatswahl, von denen wir nicht abgehen werden".
Mit gleicher Entschiedenheit engagierte sich die Grazer KPÖ dafür, dass die weitere Reduzierung der Bettenzahlen in umliegenden Krankenhäusern und "Spitalschließungen" gestoppt werden muss. Der neben Elke Kahr tätige und für das Gesundheitswesen zuständige KPÖ-Stadtrat Robert Krotzer erklärte dazu weiter: "Es braucht einen breiten Ausbau der kassenärztlichen Versorgung – vor allem für Menschen mit psychischen Erkrankungen, die durch die Lockdowns immer mehr geworden sind. Die Gesundheitsfrage führt uns direkt zur Systemfrage. Es wird deutlich, dass der Kapitalismus dem Wohlergehen diametral zuwiderläuft. Jetzt geht es um breite Bündnisse zur (Reform) des Gesundheitswesens, für Personalaufstockungen und für Verbesserung der Arbeitsbedingungen".
Da Elke Kahr im Stadtrat zuletzt für das Verkehrsressort in Graz zuständig war, hieß es in einem von der KPÖ veröffentlichten Material unter der Überschrift "Für eine mobile Stadt" aber auch: "Vorrang für den öffentlichen Verkehr, für RadfahrerInnen und Fußgänger! Verkehrsstadträtin Elke Kahr hat auf diesem Weg viel erreicht. Es ist gelungen, das Radwegnetz zu erweitern. Es gibt mehr Buslinien, neue Straßenbahnlinien, Graz hat mehr Fußgänger- und Begegnungszonen und neue Wohnstraßen wurden geschaffen. In der aktuellen Diskussion sagen wir klar. Straßenbahn und S-Bahn haben Vorrang vor einer U‑Bahn."
Das Grazer Wahlergebnis für die KPÖ kann offenbar als ein Beleg dafür angesehen werden, dass eine bürgernahe, den Menschen zugewandte, offene, sozial und ökologisch engagierte und auch durch das persönliche Verhalten glaubwürdige Politik durchaus in der Lage sein kann, durch etablierte Kreise geschürte antikommunistische Vorurteile und Sperren in den Hintergrund zu drängen und zu überwinden. In diesem Sinn lässt sich das Grazer Wahlergebnis als ein ermutigendes Signal weit über den lokalen Grazer Rahmen hinaus zur Kenntnis nehmen.
Von Georg Polikeit unter Link ...jetzt anmelden!
Vor dem Hintergrund, daß der KPÖ regelmäßig - ob zu recht oder nicht, will ich hier offen lassen - "Sozialdemokratismus" vorgeworfen wird (vgl.. auch in 2 vorherigen Beiträgen von Lars u. FPeregrin ), ist es allerdings nicht verwunderlich, daß Polikeit & Co so sehr des Lobes voll sind.
Allerdings muß man auch sagen, daß die KP Steiermark in vielen Punkten doch etwas anders tickt als die restliche KPÖ und damit der MaLi nicht ganz so nahe steht.
Ein großer Erfolg ist das Ergebnis jedenfalls allemal!
•NEUER BEITRAG16.11.2021, 15:25 Uhr
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Österreich: KPÖ-Durchmarsch in Graz
jW heute:
Linkskoalition in Graz
Österreich: Kommunisten einigen sich nach Wahlsieg mit Sozialdemokraten und Grünen
Von Johannes Greß, Wien
An der Spitze der steirischen Landeshauptstadt Graz wird mit Elke Kahr erstmals eine Kommunistin stehen. Die designierte Bürgermeisterin und KPÖ-Chefin wird die erste Frau in diesem Amt sein und bildet mit ihrer Partei in der zweitgrößten Stadt Österreichs eine Koalition mit Grünen und SPÖ. Nach rund siebenwöchigen Verhandlungen haben sich die Parteien geeinigt, am Mittwoch soll der Grazer Gemeinderat zur konstituierenden Sitzung zusammentreten und Kahr zur Bürgermeisterin wählen.
Am Sonnabend sprach sich Kahr bei der Präsentation des 21 Punkte umfassenden Koalitionsprogramms »Gemeinsam für ein neues Graz« für eine Stadt aus, in der »Mensch und Umwelt im Mittelpunkt stehen« sollen. Der Koalition stimmten zuvor die Parteigremien von KPÖ und Grünen einstimmig, die der SPÖ mit 82 Prozent zu.
Kahr wird für die Wohnungsagenden, das Sozialamt und die Magistratsdirektion zuständig sein. Auch Finanzen, Gesundheit sowie Integration und Bildung sind in kommunistischer Hand. Künftig sollen mehr Gemeindewohnungen zur Verfügung stehen und die Wohnungsbeihilfen ausgebaut werden. Außerdem soll die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel günstiger sowie der Kindergartenbeitrag gesenkt werden. Die Dreierkoalition strebt zudem einen ausgeglichenen Haushalt an. Kahr machte am Sonnabend mehrmals deutlich: In Graz solle niemand zurückgelassen werden, die Stadt soll für alle Bewohnerinnen und Bewohner – unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Einkommen – eine lebenswerte Stadt sein.
Die Verkehrsagenden übernimmt die designierte Vizebürgermeistin Judith Schwentner von den Grünen, die Graz langfristig zur autofreien Stadt machen will. Man sei nicht angetreten, um sich »Denkmäler zu schaffen« oder sich in Prestigeprojekten zu verwirklichen, sondern wolle konkrete, unmittelbare Verbesserungen vor Ort.
Aufgrund der etwas eigenartig anmutenden Proporzregelung (Parteien steht ein Regierungssitz zu, wenn sie eine bestimmte Stärke erreicht haben) ist die SPÖ zwar Mitglied der Regierung, hat jedoch kein Ressort inne. Laut dem Grazer SPÖ-Chef Michael Ehmann sei das vertretbar, denn es fänden sich einige zentrale Forderungen im Koalitionsprogramm wieder, und die Partei erhält den Vorsitz in vier Gemeinderatsausschüssen.
Von der Opposition hagelte es unmittelbar nach der Einigung Kritik. Die ÖVP sprach von einem »Programm zwischen Ideenlosigkeit, Mutlosigkeit und Gesellschaftsspaltung«, die FPÖ von »Wirtschaftsfeindlichkeit« und »Autofahrerbashing«. Dabei dürfte das noch die geringste Sorge der Grazer FPÖ sein: Nachdem Ende Oktober bekannt wurde, dass sich die Parteispitze gelegentlich einen Griff in die Parteikasse genehmigt hatte, um damit ihr Privatvergnügen zu finanzieren, sind die Freiheitlichen derzeit vor allem mit sich selbst beschäftigt. Exvizebürgermeister Mario Eustacchio und Exklubobmann (Exfraktionschef) Armin Sippel gaben nach den Enthüllungen bekannt, auf ihre Mandate verzichten zu wollen. Beide legten sämtliche parteiinternen Funktionen nieder.
Etwas gelassener reagierten die liberalen Neos auf den Grazer Linksruck. Sie sehen »Licht und Schatten« im »dunkelrot-grün-roten« Koalitionsprogramm. »Auf sachlicher Ebene« werde man »bei einigen Themen gut zusammenarbeiten können«.
Die KPÖ, die im Rest der Republik kaum eine Rolle spielt, machte sich in Graz in den vergangenen Jahrzehnten durch eine bürgernahe Politik einen Namen. Das bescherte ihr schon in der Vergangenheit ungewohnt gute Wahlergebnisse. Bei der Gemeinderatswahl vom 27. September holte sie schließlich mit 28,8 Prozent (ein Plus von 8,5 Prozent) überraschend Platz eins, vor der bisher stimmenstärksten ÖVP mit 25,9 Prozent (minus 11,9 Prozent). Der bis dahin regierende ÖVP-Politiker Siegfried Nagl musste daraufhin sein Amt als Grazer Parteichef aufgeben. Die Grünen kamen auf 17,3, die FPÖ auf 10,6 Prozent. Dahinter folgten die SPÖ (9,5 Prozent) und die Neos (5,4 Prozent).
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Linkskoalition in Graz
Österreich: Kommunisten einigen sich nach Wahlsieg mit Sozialdemokraten und Grünen
Von Johannes Greß, Wien
An der Spitze der steirischen Landeshauptstadt Graz wird mit Elke Kahr erstmals eine Kommunistin stehen. Die designierte Bürgermeisterin und KPÖ-Chefin wird die erste Frau in diesem Amt sein und bildet mit ihrer Partei in der zweitgrößten Stadt Österreichs eine Koalition mit Grünen und SPÖ. Nach rund siebenwöchigen Verhandlungen haben sich die Parteien geeinigt, am Mittwoch soll der Grazer Gemeinderat zur konstituierenden Sitzung zusammentreten und Kahr zur Bürgermeisterin wählen.
Am Sonnabend sprach sich Kahr bei der Präsentation des 21 Punkte umfassenden Koalitionsprogramms »Gemeinsam für ein neues Graz« für eine Stadt aus, in der »Mensch und Umwelt im Mittelpunkt stehen« sollen. Der Koalition stimmten zuvor die Parteigremien von KPÖ und Grünen einstimmig, die der SPÖ mit 82 Prozent zu.
Kahr wird für die Wohnungsagenden, das Sozialamt und die Magistratsdirektion zuständig sein. Auch Finanzen, Gesundheit sowie Integration und Bildung sind in kommunistischer Hand. Künftig sollen mehr Gemeindewohnungen zur Verfügung stehen und die Wohnungsbeihilfen ausgebaut werden. Außerdem soll die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel günstiger sowie der Kindergartenbeitrag gesenkt werden. Die Dreierkoalition strebt zudem einen ausgeglichenen Haushalt an. Kahr machte am Sonnabend mehrmals deutlich: In Graz solle niemand zurückgelassen werden, die Stadt soll für alle Bewohnerinnen und Bewohner – unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Einkommen – eine lebenswerte Stadt sein.
Die Verkehrsagenden übernimmt die designierte Vizebürgermeistin Judith Schwentner von den Grünen, die Graz langfristig zur autofreien Stadt machen will. Man sei nicht angetreten, um sich »Denkmäler zu schaffen« oder sich in Prestigeprojekten zu verwirklichen, sondern wolle konkrete, unmittelbare Verbesserungen vor Ort.
Aufgrund der etwas eigenartig anmutenden Proporzregelung (Parteien steht ein Regierungssitz zu, wenn sie eine bestimmte Stärke erreicht haben) ist die SPÖ zwar Mitglied der Regierung, hat jedoch kein Ressort inne. Laut dem Grazer SPÖ-Chef Michael Ehmann sei das vertretbar, denn es fänden sich einige zentrale Forderungen im Koalitionsprogramm wieder, und die Partei erhält den Vorsitz in vier Gemeinderatsausschüssen.
Von der Opposition hagelte es unmittelbar nach der Einigung Kritik. Die ÖVP sprach von einem »Programm zwischen Ideenlosigkeit, Mutlosigkeit und Gesellschaftsspaltung«, die FPÖ von »Wirtschaftsfeindlichkeit« und »Autofahrerbashing«. Dabei dürfte das noch die geringste Sorge der Grazer FPÖ sein: Nachdem Ende Oktober bekannt wurde, dass sich die Parteispitze gelegentlich einen Griff in die Parteikasse genehmigt hatte, um damit ihr Privatvergnügen zu finanzieren, sind die Freiheitlichen derzeit vor allem mit sich selbst beschäftigt. Exvizebürgermeister Mario Eustacchio und Exklubobmann (Exfraktionschef) Armin Sippel gaben nach den Enthüllungen bekannt, auf ihre Mandate verzichten zu wollen. Beide legten sämtliche parteiinternen Funktionen nieder.
Etwas gelassener reagierten die liberalen Neos auf den Grazer Linksruck. Sie sehen »Licht und Schatten« im »dunkelrot-grün-roten« Koalitionsprogramm. »Auf sachlicher Ebene« werde man »bei einigen Themen gut zusammenarbeiten können«.
Die KPÖ, die im Rest der Republik kaum eine Rolle spielt, machte sich in Graz in den vergangenen Jahrzehnten durch eine bürgernahe Politik einen Namen. Das bescherte ihr schon in der Vergangenheit ungewohnt gute Wahlergebnisse. Bei der Gemeinderatswahl vom 27. September holte sie schließlich mit 28,8 Prozent (ein Plus von 8,5 Prozent) überraschend Platz eins, vor der bisher stimmenstärksten ÖVP mit 25,9 Prozent (minus 11,9 Prozent). Der bis dahin regierende ÖVP-Politiker Siegfried Nagl musste daraufhin sein Amt als Grazer Parteichef aufgeben. Die Grünen kamen auf 17,3, die FPÖ auf 10,6 Prozent. Dahinter folgten die SPÖ (9,5 Prozent) und die Neos (5,4 Prozent).
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•NEUER BEITRAG17.11.2021, 21:55 Uhr
EDIT: FPeregrin
18.11.2021, 13:40 Uhr
18.11.2021, 13:40 Uhr
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FPeregrin | |
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Österreich: KPÖ-Durchmarsch in Graz
jW morgen - die Überschrift ist etwas großkotzig: An der Regierung sein heißt nicht, an der Macht zu sein; an der Macht sein heißt nicht, den Klassenfeind besiegt zu haben -:
Graz ist kommunistisch
KPÖ-Bürgermeisterin in Österreich
Von Emre Sahin
Die Freude war groß: Am Mittwoch ist Elke Kahr zur Bürgermeisterin der zweitgrößten österreichischen Stadt Graz gewählt worden. Die Grazer Chefin der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) erreichte im Gemeinderat bereits im ersten Wahlgang die nötige Anzahl an Stimmen: Von 46 abgegebenen Stimmen erhielt sie 28 und somit eine mehr, als es Abgeordnete in ihrer Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ gibt. Kahr nahm die Wahl wie erwartet an. In ihrer Rede sagte sie: »Wenn jemand fragt, was in Graz anders wird: Unser Blick wird nicht von oben sein, sondern von unten.« Wer mächtig ist, brauche keine Hilfe, so Kahr.
Für Überraschung sorgte die ÖVP, die als zweitstärkste Fraktion das Vorschlagrecht für den Posten des Vizebürgermeisters hat. Nachdem ihr Kandidat Kurt Hohensinner in der ersten Runde gescheitert war, nominierte die ÖVP überraschend Grünen-Chefin Judith Schwentner für die zweite Runde und wählte sie auch. Hätte Hohensinner erneut kandidiert und wäre gescheitert, hätte die Sitzung unterbrochen und auf Donnerstag vertagt werden müssen.
Zwar fragte auch Kahr in ihrer Rede, wer das gedacht hätte, dass ausgerechnet sie als erste Frau, als Kommunistin und als Tochter eines Schlossers Bürgermeisterin wird. Überraschend kam der Wahlsieg der KPÖ bei den Wahlen vom 26. September, der in linken Internetforen als »Stalingraz« bejubelt wurde, indes nicht: Seit Jahren steht die steirische KPÖ für eine bürgernahe Politik. Ab 2005 betreute Kahr in Graz das Wohnressort und machte sich einen Namen als kompetente Mieterberaterin. Nachdem die KPÖ bei den Wahlen von 2017 zweitstärkste Kraft wurde, nahm die Koalition aus ÖVP und FPÖ Kahr das Wohnressort weg, in der Hoffnung, ihre Popularität bremsen zu können. Das Kalkül ging nicht auf, Kahr bot weiter ihre Hilfe für Mieterinnen und Mieter an, und spendete wie auch ihre Fraktion weiterhin zwei Drittel ihres Nettoeinkommens. Bis heute wurden dadurch 1.557 arme Menschen mit 168.000 Euro unterstützt.
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Graz ist kommunistisch
KPÖ-Bürgermeisterin in Österreich
Von Emre Sahin
Die Freude war groß: Am Mittwoch ist Elke Kahr zur Bürgermeisterin der zweitgrößten österreichischen Stadt Graz gewählt worden. Die Grazer Chefin der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) erreichte im Gemeinderat bereits im ersten Wahlgang die nötige Anzahl an Stimmen: Von 46 abgegebenen Stimmen erhielt sie 28 und somit eine mehr, als es Abgeordnete in ihrer Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ gibt. Kahr nahm die Wahl wie erwartet an. In ihrer Rede sagte sie: »Wenn jemand fragt, was in Graz anders wird: Unser Blick wird nicht von oben sein, sondern von unten.« Wer mächtig ist, brauche keine Hilfe, so Kahr.
Für Überraschung sorgte die ÖVP, die als zweitstärkste Fraktion das Vorschlagrecht für den Posten des Vizebürgermeisters hat. Nachdem ihr Kandidat Kurt Hohensinner in der ersten Runde gescheitert war, nominierte die ÖVP überraschend Grünen-Chefin Judith Schwentner für die zweite Runde und wählte sie auch. Hätte Hohensinner erneut kandidiert und wäre gescheitert, hätte die Sitzung unterbrochen und auf Donnerstag vertagt werden müssen.
Zwar fragte auch Kahr in ihrer Rede, wer das gedacht hätte, dass ausgerechnet sie als erste Frau, als Kommunistin und als Tochter eines Schlossers Bürgermeisterin wird. Überraschend kam der Wahlsieg der KPÖ bei den Wahlen vom 26. September, der in linken Internetforen als »Stalingraz« bejubelt wurde, indes nicht: Seit Jahren steht die steirische KPÖ für eine bürgernahe Politik. Ab 2005 betreute Kahr in Graz das Wohnressort und machte sich einen Namen als kompetente Mieterberaterin. Nachdem die KPÖ bei den Wahlen von 2017 zweitstärkste Kraft wurde, nahm die Koalition aus ÖVP und FPÖ Kahr das Wohnressort weg, in der Hoffnung, ihre Popularität bremsen zu können. Das Kalkül ging nicht auf, Kahr bot weiter ihre Hilfe für Mieterinnen und Mieter an, und spendete wie auch ihre Fraktion weiterhin zwei Drittel ihres Nettoeinkommens. Bis heute wurden dadurch 1.557 arme Menschen mit 168.000 Euro unterstützt.
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•NEUER BEITRAG04.12.2021, 10:40 Uhr
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Lars | |
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Anne Rieger in uz
Hier noch ein Artikel aus der uz vom 25.11.2021 zur Wahl von Elke Kahr in Graz:
• PDF-Datei
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•NEUER BEITRAG04.12.2021, 10:41 Uhr
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Lars | |
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uz-Artikel zu Online-Veranstaltung aus Göttingen
und noch ein Artikel aus der gleichen uz vom 25.11.2021 über die Veranstaltung in Göttingen:
• PDF-Datei
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•NEUER BEITRAG20.02.2022, 20:35 Uhr
EDIT: arktika
20.02.2022, 20:42 Uhr
20.02.2022, 20:42 Uhr
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arktika | |
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Österreich: KPÖ-Durchmarsch in Graz
Am 27. Jan. erschien auf re:volt eine Analyse von Laura Müller, in der sie nach dem großen Erfolg der KP Steiermark in Graz die Frage stellt, wie "die politische Praxis der Partei aus einer revolutionären Perspektive zu beurteilen" sei.
Dabei stellt sie fest, daß "[sich] bei der KPÖ in all ihren wichtigen politischen Aktionen und Initiativen die sozialistische Linie ebenso erkennen [läßt] wie der Versuch, den Kapitalismus auszuhöhlen und das Primat des Privateigentums in Frage zu stellen." Sie sagt, daß "die KPÖ Klassenpolitik [macht], insofern sie in ihrer politischen Praxis zuverlässig auf Seiten der Lohnabhängigen steht und sich dabei in einem Spannungsverhältnis zwischen reformerischer Konsensorientierung und lebensnaher revolutionärer Praxis [bewegt]" und daß sie viele Charakteristika sozialistischer Politik aufweise.
Eine unmittelbare Übertragung der politischen Praxis der KPÖ Graz als einer Lokal-Partei mit engem regionalem Bezug und Wirkungsradius auf größere Zusammenschlüsse sei jedoch nicht möglich, eine Frage, die sich ja nach der knallenden Niederlage der PDL nach den letzten Wahlen in der BRD geradezu aufgedrängt hatte.
Ein Gespenst geht um in Graz. Das Gespenst des Kommunismus?
Groß war die Aufregung im September 2021, als in Graz der Kommunistischen Partei Österreich (KPÖ) das gelang, wovon viele westliche Kommunistische Parteien insbesondere seit dem Zerfall der Sowjetunion weit entfernt sind: Bei den Gemeinderatswahlen holte die Partei unter dem Vorsitz von Stadträtin Elke Kahr mit knapp 29 Prozent das beste Wahlergebnis und führt seitdem die Regierungskoalition. „Graz wird kommunistisch“ titelte daher die Süddeutsche Zeitung. Aber stimmt das?
Sichert sich eine Kommunistische Partei innerhalb der parlamentarischen Institutionen den Wahlsieg, so liegt aus Perspektive einer revolutionären Linken die Frage nach dem „Wie“ des Aufstiegs der Partei nahe. Hat sich die Partei im Laufe der Zeit einer sozialdemokratischen Linie angepasst, um damit eine gemäßigte Wähler*innenklientel an sich zu binden oder hat sie mit einer klaren klassenpolitischen Praxis überzeugt?
Der Wahlsieg kommt jedenfalls nicht von ungefähr. In der mit 300.000 Einwohner*innen zweitgrößten Stadt Österreichs, die in den letzten Amtszeiten konservativ regiert wurde, ist die KPÖ seit Jahren eine wichtige politische Größe, die sich den sozialen Anliegen der Grazer*innen widmet. Die taz bezeichnet das als „bodenständige Sozialpolitik“, während das Jacobin-Magazin darin ein „unerschütterliche[s] Bekenntnis zur Klassenpolitik“ sieht, worin sich eine deutliche Diskrepanz in der Beurteilung der politischen Praxis der KPÖ auftut. Was aber sind überhaupt Charakteristika von sozialistischen bzw. kommunistischen Parteien? Dieser Artikel analysiert diese Frage hinsichtlich der KPÖ Graz. Er arbeitet – unter anderem mit Rückgriff auf das Luxemburg’sche Konzept der revolutionären Realpolitik – heraus, ob die Arbeit der KPÖ eine Blaupause für andere Parteiprogramme sein kann.
Grundlage dafür bilden die wichtigsten politischen Aktionen der KPÖ der letzten Jahre. Eine umfassende Analyse der politischen Gesamtpraxis kann dieser Artikel nicht leisten – sie würde schlicht den Rahmen sprengen. Gleichwohl kann der Artikel aber zur Debatte um die sozialistische Ausrichtung linker Parteien anregen.
Von der Kleinstpartei zur Repräsentantin der Vielen
Die KPÖ wurde 1918 gegründet und war von 1945 bis 1959 im Österreichischen Nationalrat vertreten. Nach dieser Zeit spielte sie auf Bundesebene nur noch eine randständige Rolle und galt „als Zufluchtsort für weltanschaulich überzeugte Intellektuelle und Aktivistinnen“, wie es im erwähnten Jacobin-Artikel heißt. Schon damals bildete die Grazer KPÖ eine Ausnahme. Sie war seit 1945 ständig im Gemeinderat vertreten, wobei sie 1983, in einer Zeit der sich intensivierenden Spannungen zwischen dem kapitalistischen Westen und der Sowjetunion und des vehement propagierten Antikommunismus, ihr schlechtestes Wahlergebnis einfuhr und lediglich ein Mandat im Stadtparlament verteidigte. In den darauffolgenden Jahren und Jahrzehnten konnte sie jedoch wieder kontinuierlich Stimmenzugewinne verbuchen.
Während die KPÖ vor 1990 insgesamt eine klassisch marxistisch-leninistische Linie vertrat, versuchte sich die Partei auf Bundesebene nach dem Ende der Sowjetunion an einer Modernisierungsstrategie. Im Zuge dessen wollte sie nicht länger als ML-Partei gelten und ließ die bisher ablehnende Haltung zur EU hinter sich, deren Bestrebungen des europaweiten neoliberalen Umbaus von Wirtschaft und Gesellschaft sie zuvor noch kritisierte. Der Plan, durch diese Anbiederung an liberal-bürgerliche Prinzipien gemäßigtere Wähler*innen für sich zu gewinnen, ging nicht auf.
In der Steiermark, zu der auch die Stadt Graz gehört, wollte man nicht mit der Bundespartei über die Planke springen und stattdessen an kommunistischen Prinzipien festhalten. Und das mit Erfolg: Seit 2005 ist die steirische KPÖ permanent im Landesparlament vertreten und in Graz führt sie nun die Stadtregierung. Dort hatte sich die Partei mit Beginn der 1990er Jahre verstärkt dem drängenden Wohnungsthema gewidmet. Die Situation auf dem Grazer Wohnungsmarkt war damals fatal: Menschen mit kleinen Einkommen hatten aufgrund hoher Mietpreise kaum eine Chance, eine Wohnung zu bekommen. Fanden sie doch eine, mussten sie oft 50-60 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufbringen – und das selbst in Genossenschaftswohnungen. Wohnungseigentümer*innen versuchten Bestandsmieter*innen mit allerlei dubiosen Methoden aus den Wohnungen zu drängen, um sie teurer neuvermieten zu können.
Hier setzte die KPÖ an. Sie richtete eine Mieter*innenberatung und einen Rechtshilfefonds ein, den die Gemeinderatsmitglieder aus Teilen ihrer Gehälter speisten, um den Betroffenen Rückhalt zu bieten und sie dazu anzuhalten, sich gegen Immobilieneigentümer*innen und Spekulant*innen zu wehren. 1998 gewann die KPÖ mit dieser Politik zum ersten Mal einen Sitz im Stadtsenat - eine ungewohnte Rolle für eine Partei, von der der ehemalige Vorsitzende Ernest Kaltenegger sagt, sie verstünde sich als „Opposition zu einem System, das Menschen letztendlich wirklich nicht gut behandelt“. Naheliegenderweise erhielt die Partei das Wohnungsressort und konnte ihre soziale Wohnungspolitik fortsetzen.
Als der vorherige Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) der KPÖ das Wohnungsressort entzog und es Mario Eustacchio von der neofaschistischen FPÖ übertrug, nützte das der KPÖ mehr als es ihr schadete. Eustacchio setzte in üblicher neoliberaler Manier auf das Anlocken privater Immobilieninvestor*innen statt auf sozial verträgliche Wohnungspolitik. Hierfür wurde das extrem rechte Regierungsbündnis bei den Wahlen 2021 schließlich von den Wähler*innen abgestraft.
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Dabei stellt sie fest, daß "[sich] bei der KPÖ in all ihren wichtigen politischen Aktionen und Initiativen die sozialistische Linie ebenso erkennen [läßt] wie der Versuch, den Kapitalismus auszuhöhlen und das Primat des Privateigentums in Frage zu stellen." Sie sagt, daß "die KPÖ Klassenpolitik [macht], insofern sie in ihrer politischen Praxis zuverlässig auf Seiten der Lohnabhängigen steht und sich dabei in einem Spannungsverhältnis zwischen reformerischer Konsensorientierung und lebensnaher revolutionärer Praxis [bewegt]" und daß sie viele Charakteristika sozialistischer Politik aufweise.
Eine unmittelbare Übertragung der politischen Praxis der KPÖ Graz als einer Lokal-Partei mit engem regionalem Bezug und Wirkungsradius auf größere Zusammenschlüsse sei jedoch nicht möglich, eine Frage, die sich ja nach der knallenden Niederlage der PDL nach den letzten Wahlen in der BRD geradezu aufgedrängt hatte.
Ein Gespenst geht um in Graz. Das Gespenst des Kommunismus?
Groß war die Aufregung im September 2021, als in Graz der Kommunistischen Partei Österreich (KPÖ) das gelang, wovon viele westliche Kommunistische Parteien insbesondere seit dem Zerfall der Sowjetunion weit entfernt sind: Bei den Gemeinderatswahlen holte die Partei unter dem Vorsitz von Stadträtin Elke Kahr mit knapp 29 Prozent das beste Wahlergebnis und führt seitdem die Regierungskoalition. „Graz wird kommunistisch“ titelte daher die Süddeutsche Zeitung. Aber stimmt das?
Sichert sich eine Kommunistische Partei innerhalb der parlamentarischen Institutionen den Wahlsieg, so liegt aus Perspektive einer revolutionären Linken die Frage nach dem „Wie“ des Aufstiegs der Partei nahe. Hat sich die Partei im Laufe der Zeit einer sozialdemokratischen Linie angepasst, um damit eine gemäßigte Wähler*innenklientel an sich zu binden oder hat sie mit einer klaren klassenpolitischen Praxis überzeugt?
Der Wahlsieg kommt jedenfalls nicht von ungefähr. In der mit 300.000 Einwohner*innen zweitgrößten Stadt Österreichs, die in den letzten Amtszeiten konservativ regiert wurde, ist die KPÖ seit Jahren eine wichtige politische Größe, die sich den sozialen Anliegen der Grazer*innen widmet. Die taz bezeichnet das als „bodenständige Sozialpolitik“, während das Jacobin-Magazin darin ein „unerschütterliche[s] Bekenntnis zur Klassenpolitik“ sieht, worin sich eine deutliche Diskrepanz in der Beurteilung der politischen Praxis der KPÖ auftut. Was aber sind überhaupt Charakteristika von sozialistischen bzw. kommunistischen Parteien? Dieser Artikel analysiert diese Frage hinsichtlich der KPÖ Graz. Er arbeitet – unter anderem mit Rückgriff auf das Luxemburg’sche Konzept der revolutionären Realpolitik – heraus, ob die Arbeit der KPÖ eine Blaupause für andere Parteiprogramme sein kann.
Grundlage dafür bilden die wichtigsten politischen Aktionen der KPÖ der letzten Jahre. Eine umfassende Analyse der politischen Gesamtpraxis kann dieser Artikel nicht leisten – sie würde schlicht den Rahmen sprengen. Gleichwohl kann der Artikel aber zur Debatte um die sozialistische Ausrichtung linker Parteien anregen.
Von der Kleinstpartei zur Repräsentantin der Vielen
Die KPÖ wurde 1918 gegründet und war von 1945 bis 1959 im Österreichischen Nationalrat vertreten. Nach dieser Zeit spielte sie auf Bundesebene nur noch eine randständige Rolle und galt „als Zufluchtsort für weltanschaulich überzeugte Intellektuelle und Aktivistinnen“, wie es im erwähnten Jacobin-Artikel heißt. Schon damals bildete die Grazer KPÖ eine Ausnahme. Sie war seit 1945 ständig im Gemeinderat vertreten, wobei sie 1983, in einer Zeit der sich intensivierenden Spannungen zwischen dem kapitalistischen Westen und der Sowjetunion und des vehement propagierten Antikommunismus, ihr schlechtestes Wahlergebnis einfuhr und lediglich ein Mandat im Stadtparlament verteidigte. In den darauffolgenden Jahren und Jahrzehnten konnte sie jedoch wieder kontinuierlich Stimmenzugewinne verbuchen.
Während die KPÖ vor 1990 insgesamt eine klassisch marxistisch-leninistische Linie vertrat, versuchte sich die Partei auf Bundesebene nach dem Ende der Sowjetunion an einer Modernisierungsstrategie. Im Zuge dessen wollte sie nicht länger als ML-Partei gelten und ließ die bisher ablehnende Haltung zur EU hinter sich, deren Bestrebungen des europaweiten neoliberalen Umbaus von Wirtschaft und Gesellschaft sie zuvor noch kritisierte. Der Plan, durch diese Anbiederung an liberal-bürgerliche Prinzipien gemäßigtere Wähler*innen für sich zu gewinnen, ging nicht auf.
In der Steiermark, zu der auch die Stadt Graz gehört, wollte man nicht mit der Bundespartei über die Planke springen und stattdessen an kommunistischen Prinzipien festhalten. Und das mit Erfolg: Seit 2005 ist die steirische KPÖ permanent im Landesparlament vertreten und in Graz führt sie nun die Stadtregierung. Dort hatte sich die Partei mit Beginn der 1990er Jahre verstärkt dem drängenden Wohnungsthema gewidmet. Die Situation auf dem Grazer Wohnungsmarkt war damals fatal: Menschen mit kleinen Einkommen hatten aufgrund hoher Mietpreise kaum eine Chance, eine Wohnung zu bekommen. Fanden sie doch eine, mussten sie oft 50-60 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufbringen – und das selbst in Genossenschaftswohnungen. Wohnungseigentümer*innen versuchten Bestandsmieter*innen mit allerlei dubiosen Methoden aus den Wohnungen zu drängen, um sie teurer neuvermieten zu können.
Hier setzte die KPÖ an. Sie richtete eine Mieter*innenberatung und einen Rechtshilfefonds ein, den die Gemeinderatsmitglieder aus Teilen ihrer Gehälter speisten, um den Betroffenen Rückhalt zu bieten und sie dazu anzuhalten, sich gegen Immobilieneigentümer*innen und Spekulant*innen zu wehren. 1998 gewann die KPÖ mit dieser Politik zum ersten Mal einen Sitz im Stadtsenat - eine ungewohnte Rolle für eine Partei, von der der ehemalige Vorsitzende Ernest Kaltenegger sagt, sie verstünde sich als „Opposition zu einem System, das Menschen letztendlich wirklich nicht gut behandelt“. Naheliegenderweise erhielt die Partei das Wohnungsressort und konnte ihre soziale Wohnungspolitik fortsetzen.
Als der vorherige Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) der KPÖ das Wohnungsressort entzog und es Mario Eustacchio von der neofaschistischen FPÖ übertrug, nützte das der KPÖ mehr als es ihr schadete. Eustacchio setzte in üblicher neoliberaler Manier auf das Anlocken privater Immobilieninvestor*innen statt auf sozial verträgliche Wohnungspolitik. Hierfür wurde das extrem rechte Regierungsbündnis bei den Wahlen 2021 schließlich von den Wähler*innen abgestraft.
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•NEUER BEITRAG20.02.2022, 20:41 Uhr
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Die Symbiose von Reform und Revolution
Rosa Luxemburg hat über mehrere ihrer Werke hinweg das Konzept der Revolutionären Realpolitik entwickelt. Die Streitschrift „Sozialreform oder Revolution“ von 1899, in der sie gegen den Reformismus ihres Parteigenossen Eduard Bernstein argumentiert, ist dabei sicher das Zentralste. Im Kern will Luxemburg mit diesem Konzept die parlamentarische Arbeit mit der revolutionären Tat der Massen verbinden und formuliert damit die Bedingungen, an denen sich die politische Praxis sozialistischer und kommunistischer Parteien messen lassen kann. Sie zeichnet damit die notwendigen Richtlinien sozialistischer Politik vor und eben durch diesen praktischen Bezug lässt sich die Revolutionäre Realpolitik sowohl als Schablone als auch als Analyseinstrument politischer Tätigkeit anwenden. Es bildet den theoretischen Rahmen für die Beurteilung der politischen Tätigkeit, denn die „Frage von der Sozialreform und der Revolution, vom Endziel und der Bewegung ist von anderer Seite die Frage vom kleinbürgerlichen oder proletarischen Charakter der Arbeiterbewegung“ (Luxemburg 2019: 10). Freilich ist das Konzept aber auch über einhundert Jahre alt und muss auf unsere heutige politische Situation übertragen und durch unsere Erfahrungen angereichert werden.
Charakteristikum 1: „Für die Sozialdemokratie besteht zwischen der Sozialreform und der sozialen Revolution ein unzertrennlicher Zusammenhang, indem ihr der Kampf um die Sozialreform das Mittel, die soziale Umwälzung aber der Zweck ist“ (ebd.: 9).
Luxemburg sprach sich dafür aus, dass sozialistische Parteien das Parlament als Bühne und als Plattform des kleinschrittigen Fortschritts innerhalb des Kampfes um eine neue Ordnung nutzen. Reformbestrebungen seien „der alltägliche praktische Kampf […], um die Besserung der Lage des arbeitenden Volkes noch auf dem Boden des Bestehenden“ (ebd.) zu erreichen. Sie unterstrich damit den grundlegend humanistischen Charakter ihrer Ideen: anstatt das Elend der Massen zu instrumentalisieren, galt es, auch noch so kleine Kämpfe um die Verbesserung der Lebensbedingungen zu führen und Reformen durchzusetzen, die den Arbeiter*innen unmittelbar zugutekamen. Reformen können demnach einen durchaus revolutionären Charakter haben, indem sie revolutionäre Entwicklungen vorbereiten.
Dabei wollte Luxemburg das Konzept der Revolutionären Realpolitik klar abgegrenzt wissen vom Reformismus Eduard Bernsteins, der sich für eine Verbesserung der Lage der Arbeiter*innen allein innerhalb des bestehenden kapitalistischen Systems aussprach, um damit die „Sozialreform aus einem Mittel des Klassenkampfs zu seinem Zweck zu machen“ (ebd.). Die Mittel-Zweck-Beziehung ist für Rosa Luxemburgs Überlegungen zentral.
Als erstes Charakteristikum revolutionärer Politik müssen Reformen eine klare strategische Ausrichtung haben und das Potenzial mitbringen, zum Sozialismus zu führen: „Nur das Endziel ist es, welches den Geist und den Inhalt unseres sozialistischen Kampfes ausmacht, ihn zum Klassenkampf macht. Und zwar müssen wir unter Endziel nicht verstehen, wie Heine gesagt hat, diese oder jene Vorstellung vom Zukunftsstaat, sondern das, was einer Zukunftsgesellschaft vorangehen muß, nämlich die Eroberung der politischen Macht“ (Luxemburg 1898). Eine sozialistische Reform muss sich also daran messen lassen, ob sie neben dem Nah- auch das Fernziel beinhaltet.
Charakteristikum 2: „Der bezeichnete Gang der Dinge ist es, dessen Gegenstück der Aufschwung des politischen und sozialistischen Klassenkampfes sein muss“ (Luxemburg 2019: 28).
Das zweite Charakteristikum revolutionärer Parteipolitik im Parlamentarismus ist, dass Reformen über die bestehende Ordnung hinausweisen müssen. Auf Eduard Bernsteins Frage, ob in einem Fabrikgesetz zur Begrenzung der kapitalistischen Ausbeutung der Arbeiter*innen „viel oder wenig Sozialismus“ stecke, antwortet Rosa Luxemburg, dass „in dem allerbesten Fabrikgesetz genau so viel Sozialismus steckt wie in den Magistratsbestimmungen über die Straßenreinigung und das Anzünden der Gaslaternen, was ja auch ‚gesellschaftliche Kontrolle‘ ist“ (ebd.: 32). Reformen müssen ein sozialistisches Moment enthalten, weil sie ansonsten nur innerhalb der kapitalistischen Ordnung verbleiben und damit letztlich Kapitalinteressen dienen, indem sie ihre inneren Widersprüche verschleiern und weniger erfahrbar machen.
Mit einem „sozialistischen Moment“ ist in erster Linie die Kollektivierung der Produktion gemeint. Ausgehend von der materialistischen Gesellschaftsanalyse basiert die soziale Ordnung stets auf der Organisation des Produktionsprozesses und der klassenspezifischen Verteilung der Produktionsmittel. Eine grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse lässt sich somit nur erreichen, wenn die materiellen Verhältnisse an der Wurzel gepackt und umgewälzt werden. Nach Rosa Luxemburg ebne den Weg zum Sozialismus zweierlei: „die wachsende Anarchie der kapitalistischen Wirtschaft, die ihren Untergang zum unvermeidlichen Ergebnis macht, zweitens […] die fortschreitende Vergesellschaftung des Produktionsprozesses“ (ebd.: 12). Somit haben politische Aktionen und Reformen stets dann einen revolutionären Charakter, wenn sie letztlich auf eine Neuorganisierung der Produktion abzielen und die institutionellen Rahmenbedingungen des sozialistischen Kampfes zu verändern bestrebt sind.
Charakteristikum 3: „Die sozialistische Umwälzung setzt einen langen und hartnäckigen Kampf voraus, wobei das Proletariat allem Anscheine nach mehr als einmal zurückgeworfen wird […].“
Eine sozialistische Revolution aus der Kalten kann es nicht geben. Neben der Krisenhaftigkeit des Kapitalismus und der Vergesellschaftung der Produktionsmittel muss „die wachsende Organisation und Klassenerkenntnis des Proletariats, das den aktiven Faktor der bevorstehenden Umwälzung bildet“ (ebd.) hinzukommen. Durch Bildung und Organisierung sollen die Menschen für die Revolution bereit gemacht werden, wobei mit Bildung in erster Linie ein Lernen im Zuge sozialer Kämpfe gemeint ist – ein Lernen mit dem und durch den Kampf. Dazu können die gewählten Repräsentant*innen der Arbeiterschaft durchaus einen Beitrag leisten: „Sie müssen fortwährend auf der Suche sein, die Widersprüche in der Wirklichkeit für Eingriffe zu nutzen, die das Volk, die Massen handlungsfähiger machen. Ziel sollte sein, eine Politik von oben zu machen, die eine von unten befördert. Dafür sollten sie das Parlament als Bühne nutzen“ (Haug 2009: 21).
Das dritte Charakteristikum sozialistischer Politik ist somit die Vorbereitung der lohnabhängigen Klasse auf die bevorstehende soziale Umwälzung durch eine Ausweitung ihrer Handlungsfähigkeit auf Basis von parlamentarischer Tätigkeit, Organisierung und Bildung. Das läuft auf eine Strategie des kontinuierlichen Kampfes hinaus. Luxemburg war überzeugt, dass die Revolution nur möglich ist, „indem das Proletariat erst im Laufe jener Krisen, die seine Machtergreifung begleiten wird […], erst im Feuer langer und hartnäckiger Kämpfe, den erforderlichen Grad der politischen Reife erreichen kann, der es zur endgültigen großen Umwälzung befähigen wird“ (Luxemburg 2019: 74).
Die so herausgearbeiteten Aspekte strategische Ausrichtung zum Fernziel Sozialismus, ein über die bestehende Ordnung hinausweisendes Moment und die Vorbereitung der lohnabhängigen Klasse bilden die Prinzipien sozialistischer Parteiarbeit. „Eine soziale Umwälzung und eine gesetzliche Reform sind nicht durch die Zeitdauer, sondern durch das Wesen verschiedene Momente“ (ebd.: 67). In der folgenden Analyse wird geklärt, wie nah die KPÖ Graz diesen Prinzipien steht, ob sie also ihrem Wesen nach sozialistisch ist, und wie ihre Praxis somit aus einer revolutionären Perspektive zu beurteilen ist.
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Die Symbiose von Reform und Revolution
Rosa Luxemburg hat über mehrere ihrer Werke hinweg das Konzept der Revolutionären Realpolitik entwickelt. Die Streitschrift „Sozialreform oder Revolution“ von 1899, in der sie gegen den Reformismus ihres Parteigenossen Eduard Bernstein argumentiert, ist dabei sicher das Zentralste. Im Kern will Luxemburg mit diesem Konzept die parlamentarische Arbeit mit der revolutionären Tat der Massen verbinden und formuliert damit die Bedingungen, an denen sich die politische Praxis sozialistischer und kommunistischer Parteien messen lassen kann. Sie zeichnet damit die notwendigen Richtlinien sozialistischer Politik vor und eben durch diesen praktischen Bezug lässt sich die Revolutionäre Realpolitik sowohl als Schablone als auch als Analyseinstrument politischer Tätigkeit anwenden. Es bildet den theoretischen Rahmen für die Beurteilung der politischen Tätigkeit, denn die „Frage von der Sozialreform und der Revolution, vom Endziel und der Bewegung ist von anderer Seite die Frage vom kleinbürgerlichen oder proletarischen Charakter der Arbeiterbewegung“ (Luxemburg 2019: 10). Freilich ist das Konzept aber auch über einhundert Jahre alt und muss auf unsere heutige politische Situation übertragen und durch unsere Erfahrungen angereichert werden.
Charakteristikum 1: „Für die Sozialdemokratie besteht zwischen der Sozialreform und der sozialen Revolution ein unzertrennlicher Zusammenhang, indem ihr der Kampf um die Sozialreform das Mittel, die soziale Umwälzung aber der Zweck ist“ (ebd.: 9).
Luxemburg sprach sich dafür aus, dass sozialistische Parteien das Parlament als Bühne und als Plattform des kleinschrittigen Fortschritts innerhalb des Kampfes um eine neue Ordnung nutzen. Reformbestrebungen seien „der alltägliche praktische Kampf […], um die Besserung der Lage des arbeitenden Volkes noch auf dem Boden des Bestehenden“ (ebd.) zu erreichen. Sie unterstrich damit den grundlegend humanistischen Charakter ihrer Ideen: anstatt das Elend der Massen zu instrumentalisieren, galt es, auch noch so kleine Kämpfe um die Verbesserung der Lebensbedingungen zu führen und Reformen durchzusetzen, die den Arbeiter*innen unmittelbar zugutekamen. Reformen können demnach einen durchaus revolutionären Charakter haben, indem sie revolutionäre Entwicklungen vorbereiten.
Dabei wollte Luxemburg das Konzept der Revolutionären Realpolitik klar abgegrenzt wissen vom Reformismus Eduard Bernsteins, der sich für eine Verbesserung der Lage der Arbeiter*innen allein innerhalb des bestehenden kapitalistischen Systems aussprach, um damit die „Sozialreform aus einem Mittel des Klassenkampfs zu seinem Zweck zu machen“ (ebd.). Die Mittel-Zweck-Beziehung ist für Rosa Luxemburgs Überlegungen zentral.
Als erstes Charakteristikum revolutionärer Politik müssen Reformen eine klare strategische Ausrichtung haben und das Potenzial mitbringen, zum Sozialismus zu führen: „Nur das Endziel ist es, welches den Geist und den Inhalt unseres sozialistischen Kampfes ausmacht, ihn zum Klassenkampf macht. Und zwar müssen wir unter Endziel nicht verstehen, wie Heine gesagt hat, diese oder jene Vorstellung vom Zukunftsstaat, sondern das, was einer Zukunftsgesellschaft vorangehen muß, nämlich die Eroberung der politischen Macht“ (Luxemburg 1898). Eine sozialistische Reform muss sich also daran messen lassen, ob sie neben dem Nah- auch das Fernziel beinhaltet.
Charakteristikum 2: „Der bezeichnete Gang der Dinge ist es, dessen Gegenstück der Aufschwung des politischen und sozialistischen Klassenkampfes sein muss“ (Luxemburg 2019: 28).
Das zweite Charakteristikum revolutionärer Parteipolitik im Parlamentarismus ist, dass Reformen über die bestehende Ordnung hinausweisen müssen. Auf Eduard Bernsteins Frage, ob in einem Fabrikgesetz zur Begrenzung der kapitalistischen Ausbeutung der Arbeiter*innen „viel oder wenig Sozialismus“ stecke, antwortet Rosa Luxemburg, dass „in dem allerbesten Fabrikgesetz genau so viel Sozialismus steckt wie in den Magistratsbestimmungen über die Straßenreinigung und das Anzünden der Gaslaternen, was ja auch ‚gesellschaftliche Kontrolle‘ ist“ (ebd.: 32). Reformen müssen ein sozialistisches Moment enthalten, weil sie ansonsten nur innerhalb der kapitalistischen Ordnung verbleiben und damit letztlich Kapitalinteressen dienen, indem sie ihre inneren Widersprüche verschleiern und weniger erfahrbar machen.
Mit einem „sozialistischen Moment“ ist in erster Linie die Kollektivierung der Produktion gemeint. Ausgehend von der materialistischen Gesellschaftsanalyse basiert die soziale Ordnung stets auf der Organisation des Produktionsprozesses und der klassenspezifischen Verteilung der Produktionsmittel. Eine grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse lässt sich somit nur erreichen, wenn die materiellen Verhältnisse an der Wurzel gepackt und umgewälzt werden. Nach Rosa Luxemburg ebne den Weg zum Sozialismus zweierlei: „die wachsende Anarchie der kapitalistischen Wirtschaft, die ihren Untergang zum unvermeidlichen Ergebnis macht, zweitens […] die fortschreitende Vergesellschaftung des Produktionsprozesses“ (ebd.: 12). Somit haben politische Aktionen und Reformen stets dann einen revolutionären Charakter, wenn sie letztlich auf eine Neuorganisierung der Produktion abzielen und die institutionellen Rahmenbedingungen des sozialistischen Kampfes zu verändern bestrebt sind.
Charakteristikum 3: „Die sozialistische Umwälzung setzt einen langen und hartnäckigen Kampf voraus, wobei das Proletariat allem Anscheine nach mehr als einmal zurückgeworfen wird […].“
Eine sozialistische Revolution aus der Kalten kann es nicht geben. Neben der Krisenhaftigkeit des Kapitalismus und der Vergesellschaftung der Produktionsmittel muss „die wachsende Organisation und Klassenerkenntnis des Proletariats, das den aktiven Faktor der bevorstehenden Umwälzung bildet“ (ebd.) hinzukommen. Durch Bildung und Organisierung sollen die Menschen für die Revolution bereit gemacht werden, wobei mit Bildung in erster Linie ein Lernen im Zuge sozialer Kämpfe gemeint ist – ein Lernen mit dem und durch den Kampf. Dazu können die gewählten Repräsentant*innen der Arbeiterschaft durchaus einen Beitrag leisten: „Sie müssen fortwährend auf der Suche sein, die Widersprüche in der Wirklichkeit für Eingriffe zu nutzen, die das Volk, die Massen handlungsfähiger machen. Ziel sollte sein, eine Politik von oben zu machen, die eine von unten befördert. Dafür sollten sie das Parlament als Bühne nutzen“ (Haug 2009: 21).
Das dritte Charakteristikum sozialistischer Politik ist somit die Vorbereitung der lohnabhängigen Klasse auf die bevorstehende soziale Umwälzung durch eine Ausweitung ihrer Handlungsfähigkeit auf Basis von parlamentarischer Tätigkeit, Organisierung und Bildung. Das läuft auf eine Strategie des kontinuierlichen Kampfes hinaus. Luxemburg war überzeugt, dass die Revolution nur möglich ist, „indem das Proletariat erst im Laufe jener Krisen, die seine Machtergreifung begleiten wird […], erst im Feuer langer und hartnäckiger Kämpfe, den erforderlichen Grad der politischen Reife erreichen kann, der es zur endgültigen großen Umwälzung befähigen wird“ (Luxemburg 2019: 74).
Die so herausgearbeiteten Aspekte strategische Ausrichtung zum Fernziel Sozialismus, ein über die bestehende Ordnung hinausweisendes Moment und die Vorbereitung der lohnabhängigen Klasse bilden die Prinzipien sozialistischer Parteiarbeit. „Eine soziale Umwälzung und eine gesetzliche Reform sind nicht durch die Zeitdauer, sondern durch das Wesen verschiedene Momente“ (ebd.: 67). In der folgenden Analyse wird geklärt, wie nah die KPÖ Graz diesen Prinzipien steht, ob sie also ihrem Wesen nach sozialistisch ist, und wie ihre Praxis somit aus einer revolutionären Perspektive zu beurteilen ist.
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