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•NEUES THEMA28.06.2021, 19:03 Uhr
EDIT: arktika
28.06.2021, 19:04 Uhr
28.06.2021, 19:04 Uhr
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• GB: Deliveroo + Justiz Hand in Hand gegen ArbeiterInnen
Dazu ein Artikel von Christian Bunke in der jW von heute:
Erlaubnis unnötig
Gericht stuft Deliveroo-Lieferanten als Selbständige ein. Zusammenschluss als Lohnabhängige nun formal unmöglich. Gewerkschaft zeigt sich unbeeindruckt
Mit »Erleichterung« hätten Anleger auf das Urteil eines Londoner Revisionsgerichts reagiert, das für den Deliveroo-Konzern arbeitenden Essenslieferanten eine Einstufung als »Arbeiter« verweigert. Deren Gewerkschaft, die syndikalistische IWGB, liefert sich seit 2017 einen Rechtsstreit mit Deliveroo über genau diese Frage. Das Urteil des Revisionsgerichts vom 24. Juni ist das vierte in Folge, welches die Essenslieferanten als »Selbständige« einstuft. Die Londoner Börse reagierte mit einem Kurssprung von neun Prozent für die Deliveroo-Aktie.
Damit verweigert das Gericht den mit Motor- und Fahrrädern ausliefernden Fahrern gleichzeitig das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung. Zwar gebe es für die Fahrerinnen und Fahrer grundsätzlich das Recht, sich zusammenzuschließen, aber eben nicht in einer Arbeiterorganisation. Denn es handele sich hier um Selbständige, so das Richtergremium in der Urteilsbegründung.
Der Deliveroo-Konzern hat im Verlauf der Jahre einige Tricksereien angewendet, um die Selbständigenklassifizierung aufrechtzuerhalten. So wurde laut einem Bericht der Tageszeitung The Guardian im Jahr 2017 ein neuer Passus in die Verträge zwischen den Deliveroo-Fahrern und der Unternehmensseite eingebaut. Dieser ermöglichte es den Fahrern, sich durch eine Kollegin oder einen Kollegen vertreten zu lassen. Rein zufällig wurde diese Änderung durch das Unternehmen nur elf Tage vor einer Anhörung vor einem Londoner Arbeitsgericht vorgenommen. Dieses stellte anschließend pflichtgemäß fest, dass die Fahrer sich ja jederzeit vertreten lassen können, somit also kein abhängiges Dienstverhältnis vorliege.
Die IWGB hat in den vergangenen Jahren eine andere Rechtsauffassung ins Feld geführt. Sie forderte eine Einstufung der Essenslieferanten als »Limb (B) workers«. Diese Besonderheit des britischen Arbeitsrechts bezeichnet Selbständige, die Dienstleistungen für einen anderen Betrieb oder Konzern verrichten. Im Gegensatz zu »echten« Selbständigen, sogenannten »Independent contractors«, haben »Limb (B) workers« Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, Urlaubsgeld, eine Rente und rechtliche Absicherung gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz.
Laut einer Recherche des »Bureau of Investigative Journalism« verdienen britische Deliveroo-Fahrer teilweise weniger als zwei Pfund pro Stunde. Für über 23jährige liegt der gesetzliche Mindestlohn derzeit bei 8,91 Pfund. Hier verbirgt sich wohl der Kern des Widerstands des Deliveroo-Konzerns gegen die IWGB. Selbst die Zahlung des doch sehr mickrigen gesetzlichen Mindestlohns würde das Deliveroo-Geschäftsmodell schlagartig drastisch verteuern.
Interessant ist, dass das Revisionsgericht der IWGB den Gang zum britischen Höchstgericht, dem Supreme Court, verweigert und somit verunmöglicht hat. Denn der Oberste Gerichtshof hat im Februar eine Entscheidung gefällt, wonach für die Onlineplattform Uber fahrende Taxifahrer als »Workers« und nicht als Selbständige einzustufen sind. Uber hat laut Medienberichten seitdem begonnen, alle für den Konzern tätigen Fahrerinnen und Fahrer entsprechend umzukategorisieren. Das Urteil sorgte seinerzeit für Spekulationen, dass nun die Möglichkeit für eine Umstrukturierung der als »Gig-Economy« bezeichneten modernen Dienstbotenbranche im Sinne der Lohnabhängigen kommen könnte. Mit seinem Deliveroo-Urteil hat das Londoner Revisionsgericht dafür gesorgt, dass das nicht geschieht.
Die IWGB scheint sich durch das Urteil jedenfalls nicht einschüchtern lassen zu wollen. In den vergangenen Jahren haben die in dieser Gewerkschaft organisierten Essenslieferanten immer wieder mit Protesten, Streiks und anderen Kampfmaßnahmen auch international Schlagzeilen gemacht. »Wir brauchen keine Erlaubnis von Richtern, Politikern oder Millionären, um gegen Niedriglöhne und ungerechte Arbeit zu kämpfen«, so die Gewerkschaft in einer Reaktion auf das Urteil. Deliveroos »Armee von Anwälten und PR-Firmen wird diese Arbeiter nicht daran hindern, sich zu organisieren.«
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Eine erfreulich kämpferische Gewerkschaft, die die kämpfenden ArbeiterInnen unterstützt. Auch in diesem Falle, wie so oft auch in der BRD bei "untypischen" ArbeiterInnen, eine syndikalistische.
#GB
#Deliveroo
#KampfgegenArbeiterInnen
#Scheinselbstaendigkeit
#Scheinselbstaendige
Erlaubnis unnötig
Gericht stuft Deliveroo-Lieferanten als Selbständige ein. Zusammenschluss als Lohnabhängige nun formal unmöglich. Gewerkschaft zeigt sich unbeeindruckt
Mit »Erleichterung« hätten Anleger auf das Urteil eines Londoner Revisionsgerichts reagiert, das für den Deliveroo-Konzern arbeitenden Essenslieferanten eine Einstufung als »Arbeiter« verweigert. Deren Gewerkschaft, die syndikalistische IWGB, liefert sich seit 2017 einen Rechtsstreit mit Deliveroo über genau diese Frage. Das Urteil des Revisionsgerichts vom 24. Juni ist das vierte in Folge, welches die Essenslieferanten als »Selbständige« einstuft. Die Londoner Börse reagierte mit einem Kurssprung von neun Prozent für die Deliveroo-Aktie.
Damit verweigert das Gericht den mit Motor- und Fahrrädern ausliefernden Fahrern gleichzeitig das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung. Zwar gebe es für die Fahrerinnen und Fahrer grundsätzlich das Recht, sich zusammenzuschließen, aber eben nicht in einer Arbeiterorganisation. Denn es handele sich hier um Selbständige, so das Richtergremium in der Urteilsbegründung.
Der Deliveroo-Konzern hat im Verlauf der Jahre einige Tricksereien angewendet, um die Selbständigenklassifizierung aufrechtzuerhalten. So wurde laut einem Bericht der Tageszeitung The Guardian im Jahr 2017 ein neuer Passus in die Verträge zwischen den Deliveroo-Fahrern und der Unternehmensseite eingebaut. Dieser ermöglichte es den Fahrern, sich durch eine Kollegin oder einen Kollegen vertreten zu lassen. Rein zufällig wurde diese Änderung durch das Unternehmen nur elf Tage vor einer Anhörung vor einem Londoner Arbeitsgericht vorgenommen. Dieses stellte anschließend pflichtgemäß fest, dass die Fahrer sich ja jederzeit vertreten lassen können, somit also kein abhängiges Dienstverhältnis vorliege.
Die IWGB hat in den vergangenen Jahren eine andere Rechtsauffassung ins Feld geführt. Sie forderte eine Einstufung der Essenslieferanten als »Limb (B) workers«. Diese Besonderheit des britischen Arbeitsrechts bezeichnet Selbständige, die Dienstleistungen für einen anderen Betrieb oder Konzern verrichten. Im Gegensatz zu »echten« Selbständigen, sogenannten »Independent contractors«, haben »Limb (B) workers« Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, Urlaubsgeld, eine Rente und rechtliche Absicherung gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz.
Laut einer Recherche des »Bureau of Investigative Journalism« verdienen britische Deliveroo-Fahrer teilweise weniger als zwei Pfund pro Stunde. Für über 23jährige liegt der gesetzliche Mindestlohn derzeit bei 8,91 Pfund. Hier verbirgt sich wohl der Kern des Widerstands des Deliveroo-Konzerns gegen die IWGB. Selbst die Zahlung des doch sehr mickrigen gesetzlichen Mindestlohns würde das Deliveroo-Geschäftsmodell schlagartig drastisch verteuern.
Interessant ist, dass das Revisionsgericht der IWGB den Gang zum britischen Höchstgericht, dem Supreme Court, verweigert und somit verunmöglicht hat. Denn der Oberste Gerichtshof hat im Februar eine Entscheidung gefällt, wonach für die Onlineplattform Uber fahrende Taxifahrer als »Workers« und nicht als Selbständige einzustufen sind. Uber hat laut Medienberichten seitdem begonnen, alle für den Konzern tätigen Fahrerinnen und Fahrer entsprechend umzukategorisieren. Das Urteil sorgte seinerzeit für Spekulationen, dass nun die Möglichkeit für eine Umstrukturierung der als »Gig-Economy« bezeichneten modernen Dienstbotenbranche im Sinne der Lohnabhängigen kommen könnte. Mit seinem Deliveroo-Urteil hat das Londoner Revisionsgericht dafür gesorgt, dass das nicht geschieht.
Die IWGB scheint sich durch das Urteil jedenfalls nicht einschüchtern lassen zu wollen. In den vergangenen Jahren haben die in dieser Gewerkschaft organisierten Essenslieferanten immer wieder mit Protesten, Streiks und anderen Kampfmaßnahmen auch international Schlagzeilen gemacht. »Wir brauchen keine Erlaubnis von Richtern, Politikern oder Millionären, um gegen Niedriglöhne und ungerechte Arbeit zu kämpfen«, so die Gewerkschaft in einer Reaktion auf das Urteil. Deliveroos »Armee von Anwälten und PR-Firmen wird diese Arbeiter nicht daran hindern, sich zu organisieren.«
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Eine erfreulich kämpferische Gewerkschaft, die die kämpfenden ArbeiterInnen unterstützt. Auch in diesem Falle, wie so oft auch in der BRD bei "untypischen" ArbeiterInnen, eine syndikalistische.
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