Am 24.6.1952 hatte der Hamburger Verleger Axel Springer eine Idee: ein deutsches Massenblatt, ganz nach dem Vorbild der englischen "Yellow-Press", mit großen Aufmachern, vielen Bildern, wenig Text, viel Sport, ein wenig Hokuspokus, Astrologie und Klatsch und Tratsch. Und das Ganze so billig wie nötig, um es breitestmöglich unter's Volk bringen zu können. Die erste Ausgabe war umsonst, der günstigste Termin für die sog. "Null-Nummer" war von Springers Hausastrologin vorgeschlagen worden. So harmlos beginnt die Erfolgsgeschichte der einflußreichsten Tages-"Zeitung" Deutschlands, wenn nicht Europas - nach einigen Rückschlägen traf "BILD" mit dem Konzept Springers nämlich genau in den Nerv der frühen "Writschaftswunder"-Zeit:
» Als ich BILD schuf, habe ich vor allem an eins gedacht: Dass der deutsche Leser auf keinen Fall eines will, nämlich nachdenken. « (Axel Springer)
Politik nahm in der frühen "Bild" keinen sonderlichen Stellenwert ein - natürlich auch nicht, wenn es um den Wiederaufstieg alter Nazis und gleichzeitig um die erneute Kriminalisierung und Verfolgung ehemaliger sozialistischer und kommunistischer Widerständler in der neuen Bundesrepublik ging. Axel Springers Ambitionen waren mit "Bild" in der Gewinnzone allerdings noch lange nicht gedeckt: Ende der fünfziger Jahre machte er Versuche, aktiv für die deutsche Wiedervereinigung tätig zu werden und reiste zu diesem Zwecke zunächst in die USA, wo er allerdings gar nicht erst empfangen wurde. Sein daraufhin folgender Besuch in der UdSSR und sein Vorschlag an Chruschtschow, er würde ihm die DDR "abkaufen", geriet vollauf zum Desaster. Aus gekränkter Eitelkeit und maßloser Selbstüberschätzung vollzog Springer daraufhin eine radikale Kehrtwende - das neue Motto lautete: Alle Rohre gegen die DDR und die Sowjetunion. Daraufhin prasselte es aus der "Bild" und den anderen Springer-Blättern (Springer hielt zu dieser Zeit beinahe ein Monopol in gewissen Zeitungssparten, so z.B. den Sonntagszeitungen in West-Berlin und auch der restlichen BRD, auch im regulären Zeitungsmarkt hatte er teilweise mehr als die Hälfte aller Blätter in seinem Besitz): "Berlin marschiert gegen die Mauer", "wird Deutschland jetzt verkauft?", "Berlin-Krise wird heiß", "ein Wille, ein Weg, ein Ziel!" Resultat: lebensgefährliche Aktionen aufgestachelter Jugendlicher, Sonder-Bundestagssitzungen, Proteste westdeutscher Politiker:
» Es ist schon wieder soweit gekommen wie ehedem, als die Nazi-Krawalle auf Befehl und unter Mitwirkung eines gewissen Goebbels in Szene gesetzt worden sind. « (Marie Lüders, FDP-Politikerin und damalige Alterspräsidentin des deutschen Bundestages, über die Hetze der Bild-"Zeitung")
Axel Springer mäßigte sich daraufhin notgedrungen etwas - den Geschmack an politischer Macht hat er allerdings nicht vergessen. Sein "Kettenhund", wie er in seinen seltenen klaren Momenten zu sagen pflegte, war dabei die Bild-"Zeitung", die bereits eine Auflage von über 4 Millionen Exemplaren erreicht hatte. "Bild sagt, wie es ist", war das Motto dieser Tage; Springers Größenwahn nahm immer groteskere Züge an: Als der Verkaufpreis von damals 10 auf 15 Pfennig steigen sollte, versuchte er allen Ernstes, in Bonn die Einführung einer 15-Pfennig-Münze druchzusetzen. Springer selbst, manisch-depressiv erkrankt und eigentlich eher ein pathologischer Fall, allerdings einer mit unvorstellbarer Macht, delilierte weiter:
» Wenn wir die BILD-Zeitung auf über 5 Millionen haben, dann werden wir den Leuten befehlen, auf Händen zu laufen, und sie werden es tun. « (Axel Springer)
Als mit dem Mord der Berliner Polizei an dem Studenten Benno Ohnesorg im Jahr 1967 die studentischen Proteste zu eskalieren drohten, mischte natürlich auch "Bild" ganz vorne mit, witterte doch Axel Springer den langen Arm des verhassten Moskau. "Bild" empfahl "Polizei-Hiebe auf Krawallköpfe", forderte "kein Geld für langbehaarte Affen", "da hilft nur noch eins: Härte", "jetzt wird aufgeräumt: Unruhestifter unter den Studenten ausmerzen!" und verlangte: "stoppt den Terror der Jung-Roten JETZT!". Der Hilfsarbeiter Josef Bachmann nimmt sich dies zu Herzen und verübt 1968 ein Mordattentat auf Rudi Dutschke, den Anführer der Studentenproteste. In seiner Tasche: ein Bündel ausgschnittene Artikel der NPD-Zeitung und der "BILD" - nach den dort in Fandungsfoto-Manier abgelichteten Dutschke-Bildern hatte er den Studentenführer ausfindig gemacht. In Deutschland protestieren in 27 Städten 400000 Menschen, schnell richtet sich der Protest gegen den Springer-Verlag, ein "Enteignet-Springer-Komitee" unter Mitwirkung vieler Prominenter wird gegründet. Springers Blatt übersteht auch das.
1977 gelingt es dem Journalisten Günter Wallraff, international bekannt geworden durch seine Undercover-Industriereportagen, mit einer falschen Identität als Redakteur bei der "Bild" Hannover anzuheuern - es folgen mehrere Buchveröffentlichungen über seine Tätigkeit in der Bild-Redaktion und über die Methoden, mit denen bei "Bild" gearbeitet wird, als erstes "Der Aufmacher. Der Mann, der bei "Bild" Hans Esser war".
» Bei "Bild" hatte ich oft den Eindruck, in einer zynischen, fast kriminellen Einrichtung gelandet zu sein. « (Günter Wallraff)
Günter Wallraff berichtet in seinen Büchern über "Bild" von "journalistischen" Methoden wie Erpressung, Einbruch, Diebstahl, offenkundiger und bewußter Falschdarstellung, Nötigung und so fort - dies gehört(e) zum normalen, täglichen Handwerkszeug eines "Bild"-Reporters. Nach Wallraffs Buchveröffentlichung setzte "Bild" Spitzel auf ihn an, horchte sein Umfeld aus, beschattete ihn jahrelang und schaffte es sogar, unter Mithilfe des BND das Telefon des Journalisten zu verwanzen; nach einem Gerichtsurteil wurden die Bild-Täter dafür verurteilt - die BND-Männer natürlich nicht.
» Ich habe auch schon mal eingebrochen. Jeder gute BILD-Reporter muss einbrechen! « (ein Bild-Chefreporter, wiedergegeben nach Günter Wallraff)
Und "Bild" lügt nicht nur und bricht nicht nur ein, um Bilder und Material zu beschaffen, "Bild" geht, im wörtlichen Sinne, über Leichen. Günter Wallraff, der später einen Rechtshilfe-Fonds für Opfer der Bild-"Zeitung" gründete, veröffentlichete Abschiedsbriefen von Menschen, die durch die verleumnderische und falsche Hetze der Bild-"Zeitung" in den Selbstmord getrieben wurden, berichtet von zerstörten Leben und Rufmord ohne jegliche Hemmungen - alles für die Jagd nach einer "guten Schlagzeile". Die Wahrheit war dabei nicht nur ausnahmsweise, sondern regulär zweitrangig.
Bis heute hat sich der Charakter der "Bild" kaum gebessert. Gründer und Besitzer Axel Springer starb 1985, als verbitterter Mann, der von Schicksalsschlägen in der eigenen Familie eingeholt wurde: 1980 hatte sich, am Jahrestag des Attentats auf Rudi Dutschke (der 1979 an den Spätfolgen starb) Springers eigener Sohn das Leben genommen. Springers Witwe Elfriede, ehemalige Sekretärin und fünfte Frau des Chefs, führt den Verlag bis heute ganz im Sinne ihres Mannes.
» Im Kern ist die BILD-Zeitung die alte. Ein entsetzliches, menschenverachtendes Blatt. « (aus der konservativen und für gewöhnlich eher nicht BILD-kritischen "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung")
Die Bild-"Zeitung" erreicht heutzutage über 10 Millionen Leser, ist für über 50 % ihrer Leser die einzige Nachrichtenquelle, kann flächendeckend zumindest in ganz Europa, wenn nicht vielen Gebieten der Welt bezogen werden und hat nicht an Macht eingebüßt; seit dem Einstieg des Springer-Konzerns in das Privatsendergeschäft verfügt das Konsortium neben Zeitungen, Zeitschriften und Buchverlagen auch noch über ein TV-Standbein. "Bild" ist eine Macht in Deutschland - dies wissen natürlich auch die Politiker:
» Es kommt einem politischen Selbstmord gleich, sich mit BILD und der Springerpresse anzulegen. « (Helmut Schmidt, Altbundeskanzler)
Auch die heutigen Politiker wissen das zu berücksichtigen: Hatte z.B. noch Gerhard Schröder seinerzeit mit 200 anderen Landtags- und Bundestagsabgeordneten gemeinsam eine Erklärung abgegeben, der Bild-"Zeitung" keine Interviews und Informationen zu geben, hat er heute nicht nur eine Bild-Journalistin zur Ehefrau, sondern nimmt auch einen wie Bela Anda aus der Bild-Redaktion zum persönlichen Berater und Pressesprecher der Regierung:
» Ich kann ohne BILD, BILD AM SONNTAG und Glotze nicht regieren. « (Gerhard Schröder)
Wo die wahren Sympathien der Bild-"Zeitung" allerdings wirklich liegen, muss auch Gerhard Schröder klar sein: Im letzten Bundestagswahlkampf stellte die Bild-Redaktion den Wahlkampfmanager für Edmund Stoiber, Bild-Chefredakteur Kai Diekmann macht schon mal den Trauzeugen für Helmut Kohls Sohn. Und auch im anstehenden Wahlkampf dürfte "Bild" wieder schonungslos seine Sympathien oder Feindschaften enthüllen. So heißt es z.B. über den möglichen Spitzenkandidaten der linken Wahlalternative, Gregor Gysi:
» Gysis Krankenakte. Wie gesund ist er wirklich? [...] das Herz ist schwach und der Kopf lädiert. « (BILD-"Zeitung", 14.06.2005)
Gleichzeitig bläßt "Bild" zur "neuen großen Serie - Angela Merkel privat", die den Lesern die Spitzenkandidatin der Union näher bringen soll, denn sehr zum Leidwesen der Redaktion haben viele gerade im Westen noch so ihre Probleme mit der unnahbaren Ost-Politikerin. Das muss sich jetzt schleunigst ändern.
"Bild" verfügt in Deutschland über eine subtile, umfassende Macht. Kein etablierter Politiker kann an der Postille vorbei; das Blatt "macht" die Helden des Tages - und läßt sie auch wieder fallen, wie es ihm beliebt. Ganze Berufszweige sind von "Bild" abhängig geworden; menschliche Schicksale enge mit Wohl und Wehe der "Bild"-Redaktion verflochten.
Doch spätestens seit Günter Wallraffs Bild-Recherche ist eine Gegenöffentlichkeit vorhanden - seit einem Jahr berichtet zum Beispiel der BILDblog - Notizen über eine große deutsche Boulevardzeitung laufend und aktuell über die Lügen der Bild-"Zeitung". Unter dem Motto "Was heute in der "Bild"-Zeitung steht, steht morgen überall. Vielleicht sollte man sich also mal genauer anschauen, was sie schreibt. Die kleinen Merkwürdigkeiten und das große Schlimme" berichten die vier Betreiber des Blogs über Unregelmäßigkeiten, Lügen und Verdrehungen des größten Revolverblattes der Republik. ein unterstützenswertes Projekt, denn wir wissen, spätestens seit Günter Wallraffs Recherche:
» 50 Jahre Journalismus als Menschenjagd, Fälschung und Sensationsmache: wirklich kein Grund zum Feiern. Gegen BILD hilft vor allem Aufklärung. « (Günter Wallraff)
Günter Wallraff schlägt vor, gegen "Bild" mit dem Paragraphen "BILDung einer kriminellen Vereinigung" vorzugehen: "Allerdings, wer es wagt, dies öffentlich auszusprechen, dürfte schon bald der Selbstjustiz dieser gewaltigen und gewalttätigen Übermacht zum Opfer fallen" (Günter Wallraff, "Ich -der andere", KiWi 2002). Nun, wir wagen es: "Bild" mischt sich, ohne über eine einzige demokratische Legitimation, abgesehen von der Auflagenhöhe, zu verfügen, ungehemmt in das politische Geschehen ein. "Bild" rufmordet, verleumndet, hetzt und beleidigt. "Bild" operiert eventuell juristisch gesehen in einer Grauzone; moralisch gesehen ist der Bereich schon tiefschwarz. Und "Bild" ist durch seine mediale Potenz ein subtiles, wirksames Unterdrückungsinstrument.
Inhalt (Text, keine Bilder und Medien) als Creative Commons lizensiert (Namensnennung [Link] - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen), Verbreitung erwünscht. Weitere Infos.
ja als ein w e n i g naiv und selektiv betrachtet würde ich das schon bezeichnen. aber ein netter naiver gedanke......
Aber was ich eigentlich schreiben wollte: Dies fand ich gerade im Weltengewebe des Internets:
"Enteignet Springer, beteiligt Euch an der taz". So wurde 1988 für Kommanditbeteiligungen an dem Neubauvorhaben des taz-Verlagshauses vor Springers Haustür in der Kochstraße geworben, das heute den Namen Rudi Dutschkes trägt.
Spielt auf die Möglichkeit an Anteilseigner zu werden bzw. eigentlich eher Genosse in die Genossenschaft der Tageszeitung (T.A.Z.) zu werden, die es bis heute gibt und wovon zuhauf gebrauch gemacht wird.
Kommentar zum Artikel von Stephan:
Mittwoch, 29.06.2005 - 09:31
Nur zu den Gegendarstellungen: Es war vor einigen Jahren die BUNTE, die ein recht interessantes und persönlich gehaltenes Interview mit dem Schauspieler Tom Cruise veröffentlichte, ein Interview, bei dem zwei für die Zeitung fatale Sachen zusammentrafen: Zum einen: Tom Cruise hörte von dem Interview und - es war frei erfunden. Die Androhung einer Millionenklage, die in den USA durchaus erfolgversprechend ist, brachte die Führungsspitze des Blattes dazu, winselnd beim bekannt humorlosen Scientology-Mitglied um Gnade zu betteln, erstaunlicherweise mit Erfolg. Mr. Cruise kann aber sicher sein, nie wieder etwas Erdachtes über sich in der BUNTE lesen zu müssen. Auch in Deutschland kann das Schadensersatzrecht in dieser Beziehung noch ausgebaut werden, auch wenn die Befürchtung nicht von der Hand zu weisen ist, daß vor allem unliebsame Blätter damit in den Ruin getrieben werden. Aber wenn "Deutschlands faulster Lehrer" von der Entschädigung der BILD die ganze Schule zu einem Konzert der Backstreet Boys oder der Stones einladen kann - in der Schulaula!, wenn "Deutschlands dümmste Fleischereiverkäuferin" danach mit einem Rolls herumfährt und ein dreitägiges Grillfest schmeißt, wenn "Porno-Schrulle, die notgeile Hausfrau" im Anschluß eine Weltreise im Luxusliner macht - wird sich auch in der notorisch klatschsüchtigen Dorfbevölkerung der Glaube an die Fehlbarkeit dieser Zeitung sich durchsetzen ("wenn die soviel Geld dafür rasuschmeißen....").
Oder ist das zu naiv von mir?
Kommentar zum Artikel von secarts:
Montag, 27.06.2005 - 22:23
"Die platte Forderung "Verbietet dieses Blatt" ist meines Erachtens ähnlich feingeistig wie die Überschriften auf dem Titelblatt."
Ich hoffe, dass du nicht der Einzige bist, der diese kleine Ironie mit der BILD-Schlagzeile erkannt hat. Jaa, lustig, ne? Sieht aus wie in BILD!!!
"Zum Beleg: Ich habe es einigeMale erlebt, daß in linken Kreisen eine von jemandem mitgebrachte BILD von Hand zu Hand ging und mit einem distanzierendem Gesichtsausdruck begierig verschlungen wurde."
Ich habe auch schon erlebt, dass Akademiker die BILD am Bahnhofskiosk kauften und in einem Pornomagazin gut eingerollt mit in den Zug nahmen, damit niemand entdeckt, was sie da - als Intellektuelle mit Bildung und Stil - mit sich rumtragen... Es scheint eine ganz tiefe Sehnsucht nach dem Primitiven zu geben bei den Herren Großkopferten, die sich für's gepflegte Tischgespräch immer Goethe und so reinquälen müssen...
"... der recht fundierte Sportteil ..."
Das Argument habe ich schonmal gehört. "BILD? Schreckliches Blatt!!! ICH lese NUR den Sportteil, der ist wirklich gut gemacht"... sagt der Leser verschämt und schaut sich die Titten auf Seite eins an. Sehen ja auch fast aus wie Fußbälle. Und der Rest wird auch noch mal überflogen. Man will die Knete ja nicht ganz zum Fenster rauswerfen, und lustig ist's auch noch... Und genau dann haben die Bild-Macher gewonnen, denn das ist ihr Rezept: für jeden ein Häppchen - von den, notfalls nur unterbewußt, wahrgenommenen Hammer-Schlagzeilen bleibt schon irgendwas hängen. Irgendwann. Mit BILD-Lesern ist es wie mit Alkoholikern: nach einem Jahr noch kaum was anzumerken, nach 5 noch halbwegs fit, nach 20 total im Arsch. Und alle lesen nur den Sportteil, ist ja klar. Der ist ja auch ganz fundiert.
"Ein Verbot risse eine Lücke, die fast umgehend durch ein Äquivalent gefüllt würde, stellt die BILD zudem in eine Opferrolle, in der sie nun überhaupt nichts zu suchen hat. "
Kapier ich das grade richtig? Das Verbot wäre falsch, weil BILD dann in einer Opferrolle wäre? Ja, gütiger Himmel! Pazifismus kann man nun wirklich auch übertreiben! Verurteilt den Mörder nicht! Er würde selbst zum Opfer!!
"Der Weg, mit der BILD fertig zu werden, ist viel komplizierter, er setzt auf Aufklärung von Leuten, die das geistige Niveau der Gaffer auf der Gegenspur besitzen, die ebenfalls einen Stau verursachen. "
Na, da bin ich ja immerhin beruhigt, dass man noch was machen kann, wenn ein Verbot schon aus humanitären Gründen nicht in Frage kommt. Wir machen's wie mit den Faschos... Verbieten? Nein. An die Wand labern!
Also, da komm ich nun nicht mehr mit. Wenn sich jemand kriminell verhält, gehört er bestraft. Was hier kriminell ist, bestimmen bürgerliche Gesetze und Gerichte: wenn ich, sagen wir mal, den Bundeskanzler in einem Park per Megafon einen räudigen Köter, dem man eins überbraten sollte nenne, werde ich wegen Beleidigung verklagt und sicher auch verurteilt. Wenn ich zudem noch behaupte, er würde Bestechungssummen von Angela Merkel annehmen, um die Sozialdemokratie endgültig zu ruinieren, kriegt man mich zusätzlich noch wegen Rufmord und/oder Verleumndung dran. BILD behauptet, natürlich ähnlich haarsträubenden Schwachsinn, sowas oder ähnliches jeden Tag, und das vor Millionen. BILD wird nicht verurteilt. Weil BILD Macht und Geld hat. Der erste Schritt wäre also, die Geltung bürgerlicher Gesetze für Jeden zu erkämpfen, nicht nur für die breite Masse armer Schlucker, die sich nicht wehren können.
Zum Zweiten gibt es für mich Grenzen. Die sind dort zu ziehen, wo der Mensch verächtlich gemacht und in den Schmutz getreten wird. Ob die Täter dumpfe Faschisten sind oder Zyniker in den Vorstandsetagen einer großen deutschen "Zeitungs"-Redaktion, ist dabei sekundär. Die stumpfen Naziparteien zu verbieten, wenn sie gefährlich werden, reicht nicht aus - und selbst da klappt ja, wie wir wissen, nicht. Es muss auch der geistige Nährboden, der den Erfolg der braunen Rattenfänger überhaupt erst ermöglicht, beseitigt werden, sonst wachsen die Giftpilze ständig wieder nach.
"Der erste Schritt wäre, die Rechte der Opfer effizient zu steigern. Das Instrument der Gegendarstellung ist für sich allein viel zu schwach - zu selten findet eine solche ins Blatt - zu oft bleibt das Opfer mit der Rufschädigung allein."
Also Gegendarstellungen IMMER abdrucken, und das genauso fett wie den beanstandeten Artikel, auch mit Bildchen und fetter Schlagzeile, auf Seite eins? Ist dir in etwa bewußt, wie nachhaltig eine raffinierte oder auch nur mehrfach wiederholte Verleumndung sein kann? Und wie wenig selbst die großformatigste Gegendarstellung de facto bewirkt? In zwei Jahren kennt keiner mehr die Texte, er weiß nur noch, dass da mal was war. Und ein Name, ein Leben, ein Berufsweg ist zerstört - über BILD und seine Opfer, im Kleinen wie im Großen, könnte man Sammelbände herausgeben. Viele davon nahmen sich aus Schande über eine deutschlandweit verbreitete Lüge das Leben. Denen hilft keine Gegendarstellung mehr.
"Ein zweiter Schritt wäre es, allen Zeitungen Deutschlands die Verwendung eines Mindestanteils an Fachtermini, Relativsätzen und bestimmten grammatikalischen Feinheiten vorzuschreiben sowie Dummensprache ("Boris Balla Balla") unter finanzielle Sanktionen zu stellen. Äquivalent zum Fastfood: Mindestwartezeit sowie verpflichtend die Benutzung von Messer, Gabel und Serviette."
Das ist dann wie im Radio, die "Quote für gutes Deutsch" statt für deutsche Musik. Gibt's nur ein Problem: man kann auch ganz geschliffen den allergrößten Schwachsinn schreiben.
"Eine zu scharfe Einschränkung könnte dann eine auch andere treffende Einschränkung der Pressefreiheit bedeuten, ich möchte in keiner Gesellschaft leben, in der sämtliche Zeitungen regierungskonform berichten müssen oder sich auf Bussi Bär-Niveau halten."
Nein, natürlich nicht, das will ja niemand. Aber: es gibt zwei Arten von Zensur: die mit der Schere, bei der am Ende ein öder Einheitsbrei herauskommt, und die mit dem Geldbeutel, bei der zum Schluß alle in anderen Farben den selben Mist verzapfen, weill es "der Markt diktiert". Methode zwei ist sicherlich raffinierter und subtiler, aber keineswegs besser. Und, ich will ja niemandem den Abend versauen, der sich's grad vor BILD, SPIEGEL, SZ oder WAZ bequem gemacht hat, aber: so läuft's hier. Bei BILD heisst die Schlagzeile zum Beispiel: "Schröder lässt Deutschland ausbluten!", beim SPIEGEL wird's die Serie "auf Kosten der nächsten Generation: der Sozialstaat frißt seine Kinder". Das eine für den funktionalen Analphabeten, das andere für den linksliberalen Bildungsbürger. Und so lullt uns seit Jahrzehnten ein Chor aus Massenmedien denselben Unfug vor, bis irgendwann kaum noch eine Gegenöffentlichkeit auch nur in der Lage ist, wahrgenommen zu werden. Goebbels würde vor Neid erblassen.
Kommentar zum Artikel von Stephan:
Donnerstag, 23.06.2005 - 08:08
Die platte Forderung "Verbietet dieses Blatt" ist meines Erachtens ähnlich feingeistig wie die Überschriften auf dem Titelblatt. Die BILD hat über die Jahre aus guten Gründen viele Leser an sich gezogen, denen es Spaß macht, BILD zu lesen, die nicht viel Geld ausgeben wollen und die einfache Sprache schätzen. Das Nackedei auf Seite 1, der recht fundierte Sportteil und clevere Werbeaktionen gaben diesem Blatt eine Stellung wie Mc Donalds im Gastronomiesektor und den Lottozahlen bei der Erhebung der Dummensteuer. Zum Beleg: Ich habe es einigeMale erlebt, daß in linken Kreisen eine von jemandem mitgebrachte BILD von Hand zu Hand ging und mit einem distanzierendem Gesichtsausdruck begierig verschlungen wurde.
Ein Verbot risse eine Lücke, die fast umgehend durch ein Äquivalent gefüllt würde, stellt die BILD zudem in eine Opferrolle, in der sie nun überhaupt nichts zu suchen hat. Der Weg, mit der BILD fertig zu werden, ist viel komplizierter, er setzt auf Aufklärung von Leuten, die das geistige Niveau der Gaffer auf der Gegenspur besitzen, die ebenfalls einen Stau verursachen.
Der erste Schritt wäre, die Rechte der Opfer effizient zu steigern. Das Instrument der Gegendarstellung ist für sich allein viel zu schwach - zu selten findet eine solche ins Blatt - zu oft bleibt das Opfer mit der Rufschädigung allein. Eine öffentliche Korrekturmöglichkeit der Fehler im Blatt wäre ein zweiter Schritt - zu deutsch: dem Bildblog eine breite Öffentlichkeit zu geben. Eine zu scharfe Einschränkung könnte dann eine auch andere treffende Einschränkung der Pressefreiheit bedeuten, ich möchte in keiner Gesellschaft leben, in der sämtliche Zeitungen regierungskonform berichten müssen oder sich auf Bussi Bär-Niveau halten.
Die Gründung eines linksgerichteten Ersatzpräparat zur Substitution ist von der SPD mehrfach versucht worden. In Hamburg, Köln und München gibt es mit Mopo, Express und tz zwar andere Boulevardblätter, aber auch diese sind substanziell kaum besser als die Bild. Burger King-Futter schmeckt ja auch kaum besser als Mäcces, ist keinesfalls gesünder und verdirbt langfristig ebenfalls die Lust, sich für sein Essen anzustrengen.
Ein zweiter Schritt wäre es, allen Zeitungen Deutschlands die Verwendung eines Mindestanteils an Fachtermini, Relativsätzen und bestimmten grammatikalischen Feinheiten vorzuschreiben sowie Dummensprache ("Boris Balla Balla") unter finanzielle Sanktionen zu stellen. Äquivalent zum Fastfood: Mindestwartezeit sowie verpflichtend die Benutzung von Messer, Gabel und Serviette.
• Kommentar zum Artikel von 127757:
Donnerstag, 16.06.2005 - 06:43
jau, verbieten, und zwar sofort! Diese Dreckschleuder ist menschenverachtend und kriminell, schürt Hass und Vorurteile. Und bildet darüber hinaus ein Meinungsmonopol, wie es sonst nur in manchen Diktaturen vorkommt -> deswegen enteignen und in Volkseigentum überführen! Bzw. auflösen, weil keine Gesellschaft so eine Giftspritze braucht!!!
Kommentar zum Artikel von secarts:
Mittwoch, 15.06.2005 - 19:26
Einen demographischen Fakt nannte ich ja bereits: für mehr als die Hälfte aller BILD-Leser ist BILD die einzige Nachrichtenquelle. Über viele weitere Fakten, wie z.B. den Zustand ihres Weltbildes, Allgemeinbildung, et cetera gibt das doch schon erschütternde Auskunft...
Wirklich erschreckend, dass die Auflagenzahlen in Deutschland so hoch sind, wobei bei BILD doch so offensichtlich schwachsinniger Müll verzapft wird. Gibt es eigentlich demografisches Material über den durchschnittlichen BILD-"Leser"? Vorstellen kann ich's mir gut, doch ich hätt gern harte Fakten.
Kommentar zum Artikel von Maggi:
Mittwoch, 15.06.2005 - 17:27
Ich kann mich dem Beitrag nur anschließen: Nieder mit Bild Wobei mir dann wahrscheinlich die Bildblog-Artikel fehlen würden...
Achja und alle schön für Bildblog beim OnlineGrimmePreis werben!