Das tschechische Oberverwaltungsgericht hat ein Urteil des Prager Bezirksverwaltungsgerichtes, das den Einspruch des Kommunistischen Jugend Tschechiens (KSM) gegen das Verbot abgelehnt hatte, aufgehoben und an die Vorinstanz zurückverwiesen. Als einen „sehr positiven Schritt im Kampf um die Legalität des KSM, gegen Antikommunismus und die undemokratische Entwicklung in der Tschechischen Republik“ wertete KSM-Vorsitzender Milan Krajca das Urteil in einer Aussendung.
Dass die KSM in ihrem Programm die Überwindung des Privateigentums an den Produktionsmitteln fordert, war die offiziell für das Verbot der Jugendorganisation angeführte Begründung. Augenscheinlich ging es der tschechischen Regierung jedoch um zweierlei: zum einen darum, den wachsenden Einfluss der jungen KommunistInnen einzudämmen und zum anderen, mittelfristig die Illegalisierung der starken Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens (KSCM) vorzubereiten.
Das Verbot erfolgte schließlich in erster Instanz im Oktober 2006, was weltweite Proteste zur Folge hatte.
„Wir ziehen nicht in Erwägung, unser Programm zu ändern. Wenn sie uns verbieten, dann gehen wir halt in die Illegalität. Eine ganze Reihe vor allem linker Organisationen arbeitet ohnehin illegal“, erklärte ein KSM-Sprecher, nachdem der tschechische Staat schon im Dezember 2005 Vorbereitungen zur Illegalisierung der Kommunistischen Jugend Tschechiens einleitete.
„Die Zukunft kann nicht verboten werden!“, schrieb die KSM in einer Stellungnahme, nachdem das Prager Stadtgericht im März 2008 „in vollem Umfang“ das Verbot bestätigt hatte und die polizeilichen Maßnahmen gegen sie massiv verschärft wurden. Sie behielt recht. Tausende von Menschen in Tschechien hatten mit ihrer Unterschrift bereits gegen das KSM-Verbot protestiert. Zu den Organisationen, die beim Innenministerium protestiert hatten gehören u.a. der Verband der früheren Kämpfer gegen den Faschismus und Angehörige der tschechischen Partisanenbewegung, Studierendenverbände und Parteien. Das KSM-Verbot musste auf Antrag der kommunistischen Abgeordneten auch im Parlament der Tschechischen Republik diskutiert werden. International hatten Hunderte von Jugend- und Studierendenorganisationen, Gewerkschaften und Parteien gegen das Verbot protestiert. Tausende von Menschen versammelten sich vor den tschechischen Botschaften und Konsulaten in aller Welt oder schrieben Protestbriefe an das Innenministerium in Prag. 80 griechische Parlamentsabgeordnete faktisch aller Parteien unterzeichneten die Petition des Weltbundes der demokratischen Jugend (WBDJ), die eine sofortige Aufhebung des Verbots forderte.
„KommunistInnen waren und sind immer das erste Ziel der politischen Reaktion, um den Widerstand gegen die herrschende Politik zu brechen und reaktionäre Formen der Machtausübung durchzusetzen. Unsere Sorge gilt unseren tschechischen GenossInnen, die in ihrem täglichen Kampf für die tschechische Jugend – für Ausbildungs- und Arbeitsplätze, gegen Armut und Perspektivlosigkeit der Jugend, gegen Ausbeutung, gegen Militarisierung und Krieg – kriminalisiert werden. Unsere Sorge gilt aber auch der tschechischen Republik. Nicht nur die österreichische Geschichte hat gezeigt, dass mit dem Verbot kommunistischer Organisationen das Ende der Demokratie eingeläutet wird“, hielten der Kommunistische StudentInnenVerband (KSV) und die Kommunistische Jugend Österreichs (KJÖ) in einem Protestschreiben fest, das im Zuge einer Demonstration der Botschaft der Tschechischen Republik in Wien übergeben wurde. Darin hieß es weiter:
„Dass die Forderung nach kollektivem Eigentum, das eine Mitbestimmung der Bevölkerung und damit eine Demokratisierung des Eigentums ermöglicht, zum Verbot unserer Schwesterorganisation führt, ist gleichermaßen erschreckend und warnend. Sie kann nur als Vorwand dienen, KritikerInnen des Kapitalismus mundtot machen zu wollen.
Heute sind kommunistische Organisationen wie der KSM den Konzernen und Generälen Europas ein Dorn im Auge. […] Während die Europäische Union vorgibt Innbegriff für Meinungsfreiheit und Demokratie zu sein, wird versucht kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Widerstand gegen die Auswirkung des kapitalistischen Systems – gegen die Ausbeutung der werktätigen Klasse und der Völker der Welt, gegen Armut und Verelendung, gegen Hunger, gegen Sozialabbau, gegen Militarisierung und Krieg, gegen profitorientierte Umweltzerstörung – ist nicht nur nicht erwünscht, sonder wird verboten. Die kommunistische Bewegung in Europa widersetzt sich den imperialistischen Interessen des europäischen Monopolkapitals und ihrer Generäle, deren Ziel es ist, ihre ökonomischen Interessen durch den Aufbau einer eigenen EU-Armee auch mit militärischen Mitteln – mit sogenannten „Friedenseinsätzen“, Protektoraten und Kriegen – voranzutreiben. Um den Widerstand gegen diese Politik zu brechen und um von den Widersprüchen innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft abzulenken, wird die sozialistische und kommunistische Idee kriminalisiert. Jede Alternative zum gegenwärtigen Kapitalismus, jede Gesellschaft die den Menschen anstatt den Profit in den Mittelpunkt stellt, soll aus den Köpfen der Menschen gelöscht werden.“
Mit der Entscheidung des tschechischen Höchstgerichts vom 1. September ist ein wichtiger Etappensieg errungen worden. Die Proteste von Tausenden von Jugendlichen in der tschechischen Republik und die internationale Solidarität haben Früchte getragen. Sie sind ein Beweis, dass es möglich ist, dem bürgerlichen Staat mit seinen Kriminalisierungsgelüsten und Repressionen durch gemeinsame Aktion Sand ins Getriebe zu streuen. Der Kampf geht weiter.