Kapital ist ein gesellschaftliches Verhältnis
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Von oben nach unten: Curt Engelhorn, Susanne Klatten, Michael Otto. Es geht nicht darum, denen das Geld wegzunehmen und an die Bedürftigen zu verteilen. Es geht darum, die Unterordnung der Gesellschaft unter das Privateigentum, unter den Profit, unter das Einzelinteresse zu beseitigen. |
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Bevor die Frage:
Was ist fiktives Kapital?, also die Verwendung von Kapital, seine Bestandteile und Wirkungen betrachtet wird, ist zunächst festzustellen, was allen Erscheinungsarten von Kapital gemeinsam ist, was kapitalistisches Eigentum also Kapital grundsätzlich darstellt:
Kapital ist nicht in erster Linie eine Ansammlung von messbaren oder vergleichbaren Summen, Beträgen oder Eigentumstiteln, Kapital bedeutet zuallererst und insbesondere ein gesellschaftliches Verhältnis. Ein historisch entstandenes und damit vergängliches gesellschaftliches Verhältnis zwischen den Eigentümern von Produktionsmitteln und Nichteigentümern von Produktionsmitteln, Arbeitern, die frei von Produktionsmitteln sind und deshalb gezwungen, ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Nur durch das Aussaugen ihrer Arbeitskraft wird das tote Kapital mit Leben erfüllt, erst durch dieses Verhältnis der kapitalistischen Lohnarbeit entfaltet es seine scheinbar wundersame Kraft der Vermehrung. Die Arbeitskraft ist die einzige Ware des Kapitalismus, die die Fähigkeit hat, mehr zu produzieren, als für ihren eigenen Unterhalt notwendig ist. Und nur durch diese lebendige Ware werden die toten Produkte, die Maschinen, Kaufhäuser und Finanzmärkte zum Tanzen gebracht, nur dann kann man Kapital in eine Maßeinheit wie DM oder US-Dollar fassen.
Die Sachen verbergen dabei die gesellschaftlichen Verhältnisse der Menschen. Der Wert einer Ware (ganz gleich ob Arbeitskraft oder beispielsweise Lebensmittel) bringt das gesellschaftliche Verhältnis zum Ausdruck. Doch es erscheint als eine ebenso natürliche Eigenschaft der Ware wie deren Farbe oder Gewicht. Diese Versachlichung der Produktionsverhältnisse ist der für die Gesellschaft charakteristische Warenfetischismus
1. Im Geld tritt dieser besonders deutlich zu Tage. Das Geld ist eine gewaltige Kraft in diesem gesellschaftlichen Verhältnis, es verleiht seinem Besitzer Macht über die Menschen. Für Geld kann man alles kaufen. Es entsteht der Schein, die Fähigkeit alles kaufen zu können sei eine Eigenschaft des Geldes, während sie in Wirklichkeit das Ergebnis bestimmter gesellschaftlicher Verhältnisse ist.
Kapitalkreislauf:Geld Produktionsmittel und Arbeitskraft Ware GeldJeder Einzelkapitalist beginnt seinen Lebensweg als Kapitalist in Gestalt einer bestimmten Geldsumme, es tritt auf als Geldkapital. Der Kapitalist kauft mit dem Geld spezielle Waren: 1. Produktionsmittel und 2. Arbeitskraft. Durch diese Formveränderung (von Geldkapital in Produktionsmittel und Arbeitskraft) erhält sein Besitzer alles das zur Verfügung, was zur Produktion notwendig ist. Vorher besaß er Kapital in Geldform, jetzt besitzt er Kapital derselben Größe, doch in Form von produktivem Kapital. Das erste Stadium der Bewegung des Kapitals besteht also in der Verwandlung von Geldkapital in produktives Kapital.
Dann beginnt der Produktionsprozess, die produktive Konsumtion der vom Kapitalisten gekauften Waren. Diese besteht darin, dass die Arbeiter ihre Arbeitskraft verausgaben, der Rohstoff verarbeitet, der Brennstoff verheizt und die Maschinen abgenutzt werden. Das Kapital ändert erneut seine Form: als Ergebnis des Produktionsprozesses erscheint das vorgeschossene Kapital nun in einer bestimmten Warenmasse, es nimmt körperlich die Form des Warenkapitals an. Dies sind aber erstens bereits nicht mehr jene Waren, die der Kapitalist zu Beginn kaufte und zweitens ist der Wert dieser Warenmasse größer als der ursprüngliche Wert des Kapitals, weil in ihm der von den Arbeitern produzierte Mehrwert enthalten ist. Somit besteht das zweite Stadium der Bewegung des Kapitals in der Verwandlung des produktiven Kapitals in Warenkapital.
Die Bewegung des Kapitals hört damit nicht auf. Die produzierten Waren müssen verkauft werden. Der Kapitalist erhält eine bestimmte Geldsumme im Austausch für die verkauften Waren. Das Kapital ändert zum dritten Mal seine Form: Es nimmt wieder die Form von Geldkapital an. Aber jetzt verfügt sein Besitzer über eine größere Geldsumme als am Anfang dieses Kreislaufes! Das Ziel der kapitalistischen Produktionsweise, die Aneignung von Mehrwert, ist erreicht. Somit besteht das dritte Stadium der Bewegung des Kapitals in der Verwandlung des Warenkapitals in Geldkapital.
Dann beginnt die nächste RundeDas für die verkauften Waren erhaltene Geld verwendet der Kapitalist erneut zum Kauf von Produktionsmitteln und Arbeitskraft. Der Kreislauf des Kapitals beginnt von neuem. Den drei Stadien dieses Kapitalkreislaufes entsprechen die drei Formen des industriellen Kapitals: 1. Geldkapital, 2. Produktives Kapital und 3. Warenkapital. In der Praxis hat jeder Kapitalist gleichzeitig Kapital in allen drei Formen. Während einer seiner Teile Geldkapital darstellt, das sich in produktives Kapital verwandelt, ist ein anderer Teil produktives Kapital, das sich in Warenkapital, und ein dritter Teil Warenkapital, das sich in Geldkapital verwandelt. Jeder dieser drei Teile nimmt der Reihe nach alle drei Formen an und streift sie wieder ab. So verhält es sich nicht nur mit jedem Kapital im Einzelnen, sondern auch mit allen Kapitalen zusammengenommen, also mit dem gesellschaftlichen Gesamtkapital. Darin liegt bereits die Möglichkeit der verselbstständigten Existenz der drei Kapitalformen verborgen.
2 In der weiteren Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise sondert sich von dem in der Produktion angelegten Kapital das Handels- und das Bankkapital (Leihkapital) ab. Auch beginnt das fiktive Kapital (worum es in den folgenden Artikeln hauptsächlich gehen wird) in seinen wichtigsten Erscheinungen, als Aktie und als Staatsverschuldung zu entstehen.
Mehrwert und ProfitNachdem die Banken und Händler entstanden waren und über ihre ursprüngliche Vermittlerfunktion hinausgingen
3, begann die Aufteilung des von den Industriekapitalisten realisierten Mehrwertes unter diesen verschiedenen Gruppen von Kapitalisten. Im Kapitalkreislauf der Banken und Händler entsteht kein neuer Mehrwert, sie eignen sich einen Teil des in der Produktion entstandenen Mehrwertes in Form des Profites an. Der Profit wird so zum Maßstab der Dinge, die Gesamtsumme aller Profite entspricht dem insgesamt entstandenen Mehrwert. Diese Neuverteilung des Mehrwertes in Form des Profites erschwert uns die Sicht auf den Kern der Angelegenheit.
Natürlich fordern auch die Eigentümer des fiktiven Kapitals Profit. Auch dieser Profit muss zunächst als Mehrwert entstehen und wird dann zwischen den Kapitalisten neu verteilt. Schon vorher mussten die Aktionäre sich das zum Aktienkauf notwendige Kapital beschaffen, und das funktioniert bis heute nur, wenn sie vorher Profit (also einen Teil vom Mehrwert) ergattert haben
4. Fiktives Kapital ist also genauso Teil der kapitalistischen Ausbeutung wie das Industriekapital und die anderen Teile und es hat auch den gleichen Ursprung.
15.000.000.000.000 DM Vermögen und die Hoffnung auf ZukunftKapital existiert also im Grunde in den drei Formen (oder Phasen) des Kapitalkreislaufes und in der Praxis existiert jedes Kapital gleichzeitig in allen drei Formen, da der Kreislauf ein ständiger Prozess ist. Bei Statistiken über Vermögen oder als so genannte Anlagemöglichkeiten bei Banken nimmt Kapital scheinbar andere Formen an. In dieser Art der Erscheinung werden dem Kapital Zahlen und Summen zugeordnet, was den Ursprung und die Ausbeutung der Arbeitskraft verschleiert und aus dem Blickfeld rücken lässt:
So werden Geldanlagen wohlklingende Namen gegeben, die den Kleinsparer begeistern sollen für die Produkte der Banken. Diese Bezeichnungen sind Schall und Rauch. Und dass ein Großteil dieses Kapitals heute vermischt wird in verschiedensten so genannten Investmentfonds ändert nichts daran, dass die Kapitalanlagen nur aus drei Arten bestehen, nämlich:
- Eigentum an Firmen,
- Eigentum an Grund und Boden und Immobilien,
- sowie Forderungen und Zinspapiere (Sparguthaben, Eigentum an verzinslichen Wertpapieren, Staatsanleihen usw.)
Aufgetürmt ergeben diese drei Anlageformen in der BRD zurzeit die Summe von ca. DM 15 Billionen (in Zahlen: DM 15.000.000.000.000 oder DM 15.000 Milliarden). Aber es muss wiederholt werden: Kapital ist Teil eines gesellschaftlichen Verhältnisses und nur auf diesem Hintergrund ist es überhaupt zahlenmäßig bestimmbar. Und so soll die Ausbeutung weitergehen, sie ist das Geschäft aller Kapitaleigentümer. In diesem Punkt vereinigen sie sich, auch wenn sie sich dessen vielleicht nicht bewusst sind und individuell sehr verschiedene Zweige und Zukunftserwartungen haben. So zum Beispiel:
- Der Produktionskapitalist kauft eine Maschine und erwartet, dass die damit produzierten Waren künftig zu einem für ihn Gewinn bringenden Preis abgesetzt werden können.
- Der Vermieter setzt darauf, dass auch künftig ein Mieter da ist, der das Haus nutzen will und Miete bezahlen kann.
- Der Bundesschatzbriefbesitzer und die anderen Staatsgläubiger setzen auf den Staat, sie erwarten auch morgen noch ausreichende Steuereinnahmen, damit ihre Zinsen gesichert sind.
- Der Aktionär setzt ebenfalls auf künftigen Gewinn, er wählt sorgfältig aus, wo für ihn günstige Entwicklungen sein könnten und hofft auf Kursanstieg und Dividende.
- ...
Alle setzen in die Zukunft, Vermögenswerte sind im Kapitalismus wenn man so möchte : angesaugte Zukunft. Kapitalistische Vermögenswerte sind und bleiben nur Kapital, solange die kapitalistische Lohnarbeit, das gesellschaftliche Verhältnis Kapital, fortbesteht und funktioniert, der Kapitalkreislauf also nicht ins Stocken gerät.
Börsen und AktienUnterschiede und Gemeinsamkeiten: Fiktives und reales Kapital
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Tatort Börse |
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Die Begrifflichkeiten von fiktivem und realem (oder wirklichem) Kapital sind durch Karl Marx, insbesondere im 3. Band des Kapitals definiert worden. Das reale Kapital ist demnach alles Kapital, was in der kapitalistischen Produktion und Zirkulation angewendet wird:
Die Produktionssphäre umfasst die zur Warenherstellung und/oder bearbeitung erforderlichen Mittel und Einrichtungen, also Maschinen, Produktionsgebäude, Rohstoffe, Einzelteile usw.
Die Zirkulationssphäre umfasst insbesondere alles, was außerhalb der eigentlichen Produktion notwendig ist, um Waren Gewinn bringend zu verkaufen. Also den gesamten Handel (einschließlich Groß- und Zwischenhändlern), den Transport, die Werbung usw. Das reale Kapital ist nicht gleichzusetzen mit Kapital in der Produktion oder nur in Gegenständen angelegtes Kapital. Es ist alles Kapital, was zum Ankauf von Produktionsmitteln und Arbeitskraft verwendet wird.
Zum realen Kapital gehört also beispielsweise alles Kapital, was die Daimler-Chrysler AG zum Kauf ihrer Produktionsanlagen und der Einzelteile verwendet, was sie für Telefon- und Bankgebühren ausgibt usw. Genauso zählt zum realen Kapital, was der Vertragsautohändler der Daimler-Chrysler AG für seine Ausstellungshallen und die in diesen stehenden Autos ausgibt, seine Werbung in der Lokalzeitung usw. Und in beiden Firmen sind in dem ganzen Prozess Menschen beschäftigt, deren Lohn (auch wenn er Gehalt heißt) zählt natürlich auch dazu.
Außerhalb des Kreislaufes: Fiktives Kapital
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Der Markt eröffnet freundlich |
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Fiktives Kapital ist im Gegensatz zum realen kein selbstständiger Wert. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es nicht zum Ankauf von Arbeitskraft und Produktionsmitteln (Maschinen, Gebäude, Verkaufsregale, Rohstoffe usw.) verwendet wird. Es bewegt sich nicht in der Produktions- oder Zirkulationssphäre, es absolviert nicht den Kreislauf des Kapitals, es ist in dieser Hinsicht sozusagen bewegungslos. Fiktives Kapital existiert meist in Wertpapieren (insbesondere Aktien oder Staatsanleihen), die einen Anspruch auf Profit, einen Teil des Mehrwertes in Form von Zins oder Dividende verkörpern.
Dass ein erheblicher Teil fiktiven Kapitals in Form der Staatsschuld (die verzinst wird) besteht, bedeutet keinesfalls, dass alle Anleihen, Forderungen und Wertpapiere, auf die Zinsen gezahlt werden, fiktives Kapital sind. Entscheidend ist immer die Verwendung des Kapitals: Gewährt die Bank einem Kapitalisten Kredit, dann wendet der Kapitalist dieses Kapital real an (zum Ankauf von Produktionsmitteln und Arbeitskraft) und der Kredit ist Teil des Realkapitals. Bei der Staatsschuld hingegen erfolgt kein Ankauf von Produktionsmitteln oder Arbeitskraft zur Anwendung im Kapitalkreislauf
5. Das Geld ist längst ausgegeben, ohne dass etwas zurückkommt.
Aktien als Waren mit wichtigen Besonderheiten beschreibt Marx unter anderem so:
Sie [die Eigentumstitel, z.B. Aktien] geben nur Rechtsansprüche auf einen Teil des von demselben [Kapital] zu erwerbenden Mehrwerts. Aber diese Titel werden ebenfalls papierne Duplikate des wirklichen Kapitals, wie wenn der Ladungsschein [verbrieft den Rechtsanspruch auf z.B. eine Schiffsladung] einen Wert erhielt neben der Ladung und gleichzeitig mit ihr. Sie werden zu nominellen Repräsentanten nicht existierender Kapitale. Denn das wirkliche Kapital existiert daneben und ändert durchaus nicht die Hand dadurch, dass diese Duplikate die Hände wechseln. [...] Soweit die Akkumulation dieser Papiere die Akkumulation von Eisenbahnen, Bergwerken, Dampfschiffen etc. ausdrückt, drückt sie Erweiterung des wirklichen Reproduktionsprozesses aus, ganz wie die Erweiterung einer Steuerliste z.B. auf Mobiliareigentum die Expansion dieses Mobilars anzeigt. Aber die Duplikate, die selbst als Waren verhandelbar sind und daher selbst als Kapitalwerte zirkulieren, sind sie illusorisch, und ihr Wertbetrag kann fallen und steigen ganz unabhängig von der Wertbewegung des wirklichen Kapitals, auf das sie Titel sind.
6 Was ist die Börse?In der ständigen Suche der Kapitalisten nach neuen Verwertungsmöglichkeiten für Kapital versuchen sie in immer neue Bereiche einzudringen. In der FAZ vom 14.11.2000 findet sich hierzu mal wieder eine interessante Darstellung über einen Anlagefonds mit diesem Ziel: Geld mittels Windenergie zu vermehren, lautet das Anlageziel zweier neuer Windparks in Niedersachsen. [...] Garantiert wird ein jährlicher Nettoertrag, ,dessen Höhe sich nach den jeweils vorherrschenden regionalen Windverhältnissen richtet, wie es in der Verkaufmitteilung heißt.
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Die Börse ist der Ort, an dem Käufer und Verkäufer von Wertpapieren über ihre jeweiligen Banken (oder sonstigen Vermittler) zum Geschäftsabschluss zusammengeführt werden. Die Börse ist nur eine organisatorische Handelseinrichtung, sie selbst kauft oder verkauft keine Aktien. Börsen sind keine öffentlichen Einrichtungen, sondern (in der Regel) private AGs, die sich mehrheitlich oder ausschließlich in den Händen großer Banken befinden. Die Deutsche Börse AG ist im Februar 2001 selbst an die Börse gegangen, ein Teil der Aktien wird seitdem an der Börse gehandelt. Die Aktienkäufer hoffen auf Gewinne der Deutschen Börse AG, die an jedem Wertpapiergeschäft verdient, das über sie abgewickelt wird. Außerdem verkauft sie Systemsoftware an andere Börsen, verwaltet zentral die gesamten Wertpapierurkunden der BRD und anderes mehr. Die Deutsche Börse AG ist auch Eigentümer des geschützten Markennamens DAX®
7. Die Mehrheit
8 der Börsenaktien ist wepv»&V