Bernd das Brot, Megakultstar des Erfurter KiKa, hat ein Problem: Er will nur seine Ruhe und definitiv keine Mitgeschöpfe (Schafe, Büsche, Brotschneidemaschinen) in seinem engeren Bezugssystem – wir werden sehen, wie wir ihm helfen können.
Unternehmen wir einen Ausflug in die Welt des Radios: Niemand hört mehr Radio, außer morgens früh, wo aus irgendeinem kulturellen Grunde das Fernsehen unschicklich erscheint - und im Auto, wo Fernsehen zugegebenermaßen keine wirklich gute Idee darstellt.
Nun ist allerdings weder der Autofahrer an sich noch der früh geweckte Morgenmuffel irgendwie in der Lage, kompliziertere Informationen – etwa Sätze ohne simple Pointe oder mit mehr als zehn Worten – zu verarbeiten. Das Radio regiert darauf: Alle längeren Wortbeiträge, die man noch mehr oder weniger aus der eigenen Kindheit kannte, sterben den Gnadentod:
- schmerzvoll und langsam, also öffentlich-rechtlich,
- ziemlich unbemerkt, mit dem Umweg über den Spartensender, wo man die Frequenz nicht kennt,
- oder direkt, hart und schnell - privat.
JA, auch die Privatsender, seinerzeit durch den damaligen Landesvater Ernst Albrecht gefördert, konnten aus ihren Programmen der Anfangstagen abspecken. Frühstücksradio mit Gute-Laune-Funk und mysteriösen Gewinnspielen ist die brechreizerregende Formel, mit der auf Quotenfang gegangen wird. Wie diese Quote ermittelt wird, ist auch ein Rätsel für sich, da denkende Menschen jedoch auf die Frage nach ihrem Lieblingsprogrammen stets antworten, sie hätten weder Radio noch Fernsehen, um nicht in die Fänge der GEZ zu geraten, braucht man sich über die Repräsentativität solcher Umfragen keinerlei Illusionen zu machen. Kurz: Wer so blöd ist, Unbekannten gegenüber zuzugeben, Radio zu hören, hört auch Antenne Niedersachsen.
An dieser Stelle möchte der Autor einfließen lassen, dass alles, was er vom Radio- und Fernsehprogramm mitbekommt, bei seinen Friseur- uns Zahnarztbesuchen vom Nachbarsitz aufgeschnappt hat.
Besonders tragisch ist dies im Falle eines kleinen niedersächsischen Rocksenders (Radio 21), der vor ca. zehn Jahren mit der Musik aus unserer Jugend die Hörerwelt aufmischte. Leute, die beruflich viel telephonierten (im konkreten Fall war dies ein Kurierdienstmanager), erzählten vom neuartigen Stereosound; am linken Ohr das eigene Radio, am rechten die Musik des Angerufenen. Das konnte natürlich nicht lange gut gehen. Zunächst beschränkte man sich strikt auf eine Kleinstauswahl, sprich: nur wenige Bands und Interpreten konnten ein zweites Lied in die Programmauswahl platzieren.
Und als das noch nicht genug war, griff man zur Geheimwaffe: Aus dem Fundus des darniedergegangen Hardrocksenders „Projekt 98.0 digital“ erwarb man günstig Alex Rudzinski. Mit einem poussierlichen Deutsch, das bislang nur Mr. Pumpernickel Chris Howland zu sprechen wagte, einer penetranten Radiopräsenz durch zehnminütig eingestreute Jingels („Hi Folks, nicht vergessen, ...“) und dem gesungenen Wetterbericht verleiht er dem üblichen Morgen-Grauen eine ganz neue Dimension. Besonders perfide: Angesichts der Einsparung sämtlicher Wortbeiträge am Wochenende meldete sich Alex dreimal die Stunde und versprach, aufgrund der Hörerwünsche, künftig kein überflüssigen Wort zu senden. Alle 20 Minuten! „Hi Folks...“
Und damit haben wir auch schon die Lösung für das obige Brotproblem: Mit Gründung eines Alex-Fanclubs dürfte Bernd das geschafft haben, wovon er immer träumte: Das einsamste Wesen der Welt zu werden.