Freitag, 14.03.2008:Deutsch-syrischer Herbst(Eigener Bericht) - Berlin hat die konsularischen Bemühungen um den in einem syrischen Foltergefängnis einsitzenden Mohammed Haydar Zammar eingestellt, um ihn verhören zu können. Dies erklärt der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages. Demnach legte das Bundeskanzleramt im Herbst 2002 viel Wert darauf, Zammar durch deutsche Beamte befragen zu lassen, und ließ Damaskus freie Hand. Die Äußerung lässt erkennen, dass die oberste deutsche Regierungsbehörde unter der Ägide des früheren Kanzleramtschefs Frank-Walter Steinmeier ermittlungstaktische Erwägungen über rechtliche Pflichten stellte: Zammar besitzt einen deutschen Pass und hat damit Rechtsanspruch auf konsularischen Beistand. Das Geschehen bleibt weiterhin ohne Folgen. Der Zeitraum, in dem das Bundeskanzleramt Zammars Folterhaft rechtswidrig ignorierte, fällt mit dem Versuch zusammen, die Geheimdienstkooperation mit Syrien für den "Anti-Terror-Kampf", aber auch für das gemeinsame Vorgehen gegen unerwünschte Einwanderung in die EU auszubauen. Die deutschen Bemühungen um konsularischen Beistand für Zammar setzten erst viel später wieder ein - als das Scheitern des deutsch-syrischen Kooperationsversuchs sich deutlich abzeichnete.
Donnerstag, 13.03.2008:Oktober 2001 | Die Informationen zur Deutschen Außenpolitik (german-foreign-policy.com) werden von einer Gruppe unabhängiger Publizisten und Wissenschaftler zusammengestellt, die das Wiedererstarken deutscher Großmachtbestrebungen auf wirtschaftlichem, politischem und militärischem Gebiet kontinuierlich beobachten. german-foreign-policy.com erscheint mehrsprachig, um die kritische Berichterstattung über hegemoniale Taktiken und Strategien des vereinigten Deutschland einem internationalen Leserkreis zu eröffnen. Webseite von www.german-foreign-policy.com besuchen |
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(Eigener Bericht) - Aussagen des ehemaligen CIA-Europachefs über die Verschleppung von Verdächtigen im "Anti-Terror-Kampf" belasten die Spitzen der deutschen Geheimdienste und Außenminister Frank-Walter Steinmeier schwer. Wie Tyler Drumheller gegenüber einem deutschen Wochenmagazin bestätigt, war Berlin bereits im Herbst 2001 über die US-Praktiken informiert und führte darüber Verhandlungen mit der CIA. Drumheller nennt in diesem Kontext den Oktober 2001 - den Monat, in dem das Bundeskriminalamt Daten über den Deutschen Mohammed Haydar Zammar an US-Dienste weitergab und damit dessen Verschleppung ermöglichte. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagt in Sachen Zammar am heutigen Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages aus. Drumhellers Auskünfte bestätigen Recherchen von Dick Marty, der als Sonderermittler des Europarats die CIA-Verschleppungsflüge untersuchte. Marty war zu dem Schluss gekommen, die kriminellen Praktiken gingen auf geheime NATO-Vereinbarungen vom 4. Oktober 2001 zurück. An ihnen war Berlin in vollem Umfang beteiligt. Im Fall Zammar vernachlässigte die Bundesregierung auch ihre gesetzliche Pflicht, im Ausland in Bedrängnis geratenen deutschen Bürgern beizustehen. Wie Hans-Christian Ströbele, Mitglied des Untersuchungsausschusses, im Gespräch mit german-foreign-policy.com erklärt, hält er es für "bewiesen, dass das Auswärtige Amt seine anfänglichen Bemühungen um konsularischen Zugang" zu dem in einem Foltergefängnis Inhaftierten "schon nach wenigen Wochen eingestellt" hat - "vermutlich auf Betreiben des Kanzleramtes".
Mittwoch, 12.03.2008:Weichenstellung(Eigener Bericht) - Die Militarisierung der EU-Außengrenzen mit gewöhnlich im Krieg eingesetzten Drohnen steht am heutigen Mittwoch bei einer EU-Ministerkonferenz zur Diskussion. Der Plan, Flüchtlinge in Zukunft auch mit unbemannten Luftfahrzeugen zu jagen, die ansonsten über Afghanistan oder dem Irak zum Einsatz kommen, ist Teil einer umfassenden Strategie der EU-Kommission. Sie führt bisherige deutsche Ansätze zur Flüchtlingsabwehr fort und beinhaltet drei verbundene Bereiche: die Hochrüstung der Grenze selbst, die Perfektionierung vorgelagerter "Grenzschutz"-Trupps und die großflächige Überwachung der grenznahen Meeresgebiete. Brüssel will die Totalkontrolle später "auf den gesamten maritimen Bereich der EU" ausdehnen und unter anderem Fischer bei ihrer Arbeit ausspionieren. Von den Milliardensummen aus dem EU-Haushalt, die in den kommenden Jahren zur Verfügung stehen, profitieren Hersteller der modernsten Repressionstechnologien. Sie sollen auch Mittel aus der vorgeblich zivilen Forschungsförderung erhalten. Während die Militarisierung der EU-Außengrenzen damit Industrie und Forschung immer stärker in ihren Sog zieht, fällt der deutsch-europäischen Flüchtlingsabwehr eine weiterhin zunehmende Zahl von Migranten zum Opfer. Erst in der vergangenen Woche strandeten erneut tote Flüchtlinge auf den Kanarischen Inseln.
Dienstag, 11.03.2008:Transatlantische Achse(Eigener Bericht) - Nach dem Zuschlag für einen "Jahrhundertauftrag" der US-Luftwaffe kündigt der deutsch-französische Rüstungskonzern EADS Firmenübernahmen in den Vereinigten Staaten an. Wie es in einer internen EADS-Mitteilung heißt, wird das Unternehmen noch 2008 "mindestens einen" Zukauf in den USA tätigen. Die Expansion gilt der Rüstungs- und Repressionsbranche und zielt auf die Teilhabe am mit Abstand größten nationalen Waffenmarkt weltweit. Zugleich zieht der forcierte Einstieg in den US-Rüstungsmarkt die deutsch-europäische Industrie ein Stück weiter in die globalen Kriegspläne Washingtons hinein. Die Expansionsankündigung entspricht - wie auch der Auftrag für die Lieferung von 179 Tankflugzeugen - vor allem deutschen Interessen und unterminiert die französische Stellung bei EADS, die bereits im vergangenen Jahr durch Berliner Einflussoffensiven geschwächt wurde. Sie treibt Paris weiter in die Defensive und stärkt die deutsche Hegemonie in der kerneuropäischen Konkurrenz.
Montag, 10.03.2008:Repressionspartner(Eigener Bericht) - Menschenrechtsorganisationen erheben schwere Vorwürfe gegen einen engen Kooperationspartner der deutschen Repressionsbehörden im sogenannten Anti-Terror-Kampf. Wie es in einer aktuellen Stellungnahme heißt, ist der jordanische Geheimdienst GID für die willkürliche Inhaftierung von Verdächtigen und für Misshandlungen verantwortlich. Er wird beschuldigt, an Verschleppungen durch US-Dienste ("extraordinary renditions") in nennenswertem Umfang mitgewirkt zu haben; über eine Beihilfe deutscher Behörden zu solchen Verbrechen wird in dieser Woche Außenminister Frank-Walter Steinmeier vor dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages befragt. Der GID arbeitet intensiv mit dem Bundeskriminalamt (BKA) und de Bundesnachrichtendienst (BND) zusammen. Die Bundesrepublik kooperiert schon seit den 1970er Jahren mit den jordanischen Repressionsbehörden und bezieht dabei die Streitkräfte des nahöstlichen Landes sowie die Lieferung deutscher Rüstungsgüter ein. Inzwischen dient Jordanien immer öfter als Basis für Expeditionen der Bundeswehr in der Region und wird über die NATO in die westlichen Militärstrategien eingebunden - ungeachtet der Menschenrechtsverletzungen durch seine Behörden.