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Von secarts

Heute am 15. Oktober wurde der 17. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) in Beijing eroeffnet. Dieses Ereignis hat fuer die chinesische Politik und Gesellschaft grosse Tragweite; die KPCh regiert das Land seit 1949 ununterbrochen. Der Parteitag als ihr hoechstes Organ beschliesst die strategischen Leitlinien der Politik der Partei und waehlt ihre Spitzenaemter.

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© by Xinhua Großbildansicht 00105cadb92a087d07f202.jpg (92.7 KB)
das Plenum des 17. Parteitages der KPCh in der Grossen Halle des Volkes, Beijing
Dass ein Parteitag naht, war in China seit meiner Ankunft zu bemerken: Veranstaltungen, Sondersendungen und Plakate kuendeten seit Wochen vom bevorstehenden Grossereignis - im zentralen Fernsehen wurden jeden Abend kurz verschiedene Delegierte mit Lebenslauf und Verdiensten vorgestellt; in den Fussgaengerzonen der Staedte gab es in den letzten Tagen Konzerte und Veranstaltungen; Zeitungen und oeffentliche Aushangkaesten berichteten detailliert ueber Politik und Strategie der KPCh. Die Kommunistische Partei Chinas, seit 58 Jahren an der Macht, ist der dominierende Faktor in der chinesischen Politik, auch wenn neben ihr noch weitere 8 Parteien existieren und auch verschiedene Massenorganisationen (wie Frauenverband, Gewerkschaften und Kommunistische Jugendliga) grossen Einfluss ausueben.

Der 17. Parteitag, fuenf Jahre nach dem letzten, 16. Parteitag einberufen, ist der erste unter der Regie Hu Jintaos, des Generalsekretaers der Partei. Dieser wurde vor fuenf Jahren als Nachfolger Jiang Zemins an die Spitze von Partei und Staat berufen und sorgte einerseits fuer Kontinuitaet bei der wirtschaftlichen Oeffnung des Landes, setzte andererseits aber auch neue Schwerpunkte, in dem er auf deutlich mehr sozialen Ausgleich innerhalb der sich schnell wandelnden chinesischen Gesellschaft orientierte. Hu ist, ebenso wie der derzeitige Premierminister und die Nummer Zwei in Staat und Partei, Wen Jiabao, beim Volk populaer. Beide stehen nach der schnellen Wachstumspolitik der vergangenen 15 Jahre fuer mehr Gehoer fuer die Bauernschaft, Entbuerokratisierung der Verwaltung und direktere Demokratie - die oertlichen Organe wurden gestaerkt, die Korruption offensiv unter Feuer genommen. Gerade im laendlichen China hat diese Politik - Premier Wen wird von den Bauern bei seinen obligatorischen Inspektionsreisen durchs laendliche China mittlerweile wie ein Popstar empfangen - Pluspunkte an Sympatie gebracht. Guenstig ist also die Lage vor dem Parteitag: Chinas Wirtschaft boomt ununterbrochen, die entstandenen sozialen Probleme auf dem Land konnten gemildert werden, der zur Zeit angegangene Umbau des Sozial-, Renten- und Gesundheitssystems wird als positiv eingeschaetzt. Und auch die Korruption unter lokalen Kadern, seit Jahrhunderten eine Geissel Chinas, wird bekaempft: Der Sturz des maechtigen Buergermeisters von Shanghai, der wegen Vorteilsnahme aus dem Politbuero flog und all seiner Posten enthoben wurde, macht dies deutlich: es geht um mehr als nur um Schoenheitskorrekturen.

Doch auch Problemen stehen Partei und Fuehrungspersonal gegenueber: die schnell wachsende Wirtschaft bringt oekologische wie soziale Probleme mit sich. Der 17. Parteitag, von dem sicher kaum ein radikaler Kurswechsel in irgendeine Richtung zu erwarten ist, will sich denn auch vor allem strategisch oekonomischen Fragen widmen: die weitere wirtschaftliche Entwicklung (avisiert ist eine Vervierfachung des BIP bis 2020), der Schutz der Ressourcen und der Umwelt, der technischen und wissenschaftlichen Entwicklung. Ein weiterer wichtiger Punkt wird die fortgesetzte Korruptionsbekaempfung sein.

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© by Organisationsabteilung beim ZK der KPCh Großbildansicht 00114321088d0845a9ca06.jpg (30.7 KB)
grafische Darstellung der Berufe der Delegierten zum 17. Parteitag der KPCh
Sieben Tage lang wird der Parteitag in Beijing abgehalten werden; 2217 Delegierte vertreten hier ueber 73 Millionen Mitglieder der Kommunistischen Partei. Jeder 20. Chinese ist damit Parteimitglied, die KPCh ist von der Grossstadt bis zum Dorf, von der Parteizelle in Armee und Polizei bis zur Betriebsgruppe beim Joint Venture von Wall-Mart ueberall im Land vertreten. Eine Mammutveranstaltung wie der Parteitag mit mehr als 2000 Delegierten wird natuerlich in erster Linie strategische Fragen eroertern, und wenig bis keine Zeit fuer Details haben - das auf diesem Parteitag neu zu waehlende Zentralkomitee (ZK) der Partei wird in den naechsten fuenf Jahren bis zum 18. Parteitag dafuer zustaendig sein. Dennoch werden in der naechsten Woche die Weichen gestellt werden: alle Spitzenposten werden neu besetzt, die entscheidenden Gremien wie ZK, Disziplinkontrollkommission und Sekretaere werden neu gewaehlt.

Ich habe hier die Moeglichkeit, live und direkt den Parteitag zu verfolgen; zumindest die ersten Tage - sieben sollen es insgesamt sein, ich werde in drei Tagen abreisen. Bis dahin kann ich eine in englisch synchronisierte Liveuerbertragung im Fernsehen verfolgen, englischsprachige Zeitungen lesen, und mir natuerlich auch hin und wieder etwas uebersetzen lassen, was es nur auf chinesisch gibt. Das ist natuerlich interessant, denn in Deutschland werden hoechstens Bruchstuecke des Geschehens ankommen - schade eigentlich, da in den naechsten sieben Tagen der weitere Kurs der bevoelkerungsreichsten Landes der Welt bestimmt wird.


Mehr Informationen zum Parteitag gibt es auf:
- der Seite der Internationalen Abteilung des ZK der KPCh (auf englisch)
- der Seite des staatlichen Informationsdienstes "china.org.cn".




Anmerkung: ich bediene mich sowohl auf der Karte als auch in den Artikeln der offiziellen chinesischen Pinyin-Umschrift, die vielfach von der hierzulande bekannten, allerdings überholten Umschrift abweicht. "Guangzhou" ist gleichbedeutend mit "Canton", "Beijing" mit "Peking" und so weiter. Wenn einmal ein Wort nicht verständlich ist, bitte gleich in den Kommentaren nachfragen!


 
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  Kommentar zum Artikel von Sebastian:
Freitag, 19.10.2007 - 14:58

Soweit ich weiß werden ja VertreterInnen von Schwesterparteien aus der ganzen Welt zum Parteitag eingeladen. Weißt du wer alles dort ist?