Presseerklärung der Sozialistischen deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) Rheinland WestfalenDas Schuljahr 2007 / 2008 hat begonnen. Die SchülerInnen NRW´s werden nun von einem neuen Repressionsinstrument erwartet: Die wieder eingeführten Kopfnoten sollen unter anderem Konfliktfähigkeit und Kooperationsfähigkeit bewerten. Schon die regulären Noten sind subjektiv und von den Meinungen der Lehrkräfte abhängig. Die Bewertung in den oben angeführten Kategorien öffnen jetzt der Willkür Tür und Tor. Der einzige Effekt dieser Maßnahme ist die Erziehung zum Opportunismus. Angst und Anpassung werden die Folgen in der Schülerschaft sein. Die Maßnahme reiht sich nahtlos in die übrige Steinzeitliche Bildungspolitik: Egal ob Trainingsräume oder Schnellgericht statt Klassenkonferenzen, das Prinzip heißt Drauf hauen! statt Pädagogik. Wir sehen in diesen Maßnahmen die Umsetzung der langjährigen Forderung von Industrie und Wirtschaft. Deren Vertreter fordern schon länger eine klare Erziehung zur Anpassung um später über willfährige Arbeitskräfte zu verfügen. Die Zerschlagung von selbstbewusster Interessensvertretung wird hier unter dem Deckmantel ihrer Förderung betrieben.
Auch die Erklärung der Schulen zu Demokratie und Mitbestimmungsfreien Räumen schlägt in diese Kerbe: Schon im vergangenen Schuljahr wurden die Rechte der SchülerInnenvertretung erheblich eingeschränkt: Nicht nur das SV Sitzungen nun außerhalb der Schulzeit zu erfolgen haben. Vor allem die Abschaffung der Drittelparitätischen Mitbestimmung in der Schulkonferenz für die SchülerInnenvertreter war ein herber Schlag. Nun droht es auch den Lehrerinnen und Lehrern: Mit der anstehenden Beschneidung des Landespersonalvertretungsgesetzes werden ihnen wesentliche demokratische Rechte genommen. Wie sollen sie Demokratie lehren, wenn sie sie selber nicht erfahren?
Auch die neuesten Forderungen der Landesregierung verdecken den reaktionären Kurs der Bildungspolitik nicht. Feierlich wird erklärt, man wolle die unerhöhte Zahl der Sitzenbleiber verringern. Doch statt dieses Wilhelminische Relikt abzuschaffen, wird das Prinzip der Konkurrenz als Allheilmittel angepriesen: Die Schulen sollen ihre Sitzenbleiber Zahlen veröffentlichen. Wer sie senkt, der bekomme eine halbe Lehrerstelle. Also bekommen die bisher ohnehin gut ausgestatteten Schulen noch einen Zuschlag, die anderen können sehen wo sie bleiben. Gettoisierung und Ausgrenzung werden die Folgen sein. Wieder mal ein ideologisch verklärtes Mittel, um Bildung zum Exklusivrecht eines kleinen Teiles der Bevölkerung zu machen.
Den Samstag zum Unterrichtstag zur erklären gehört zum gleichen Konzept: Statt endlich die Ganztagschule zum Regelfall zu machen, soll auch der Samstagvormittag mit veraltetem pädagogischem Konzept vereinnahmt werden. Dahinter steckt System: Nur Kinder reicher Eltern können sich arme Schulen leisten, welche ihre Schülerschaft am Nachmittag sich selbst überlassen. Die Schulministerin gesteht dies durch ihre Politik selbst ein: Um die zum Abschiebebahnhof verkommenen Hauptschulen wieder in den Griff zu bekommen (und die Forderung nach ihrer längst überfälligen Abschaffung nicht überhand werden zu lassen), werden hier Prestige- und Medienwirksam Ganztagskonzepte angewendet. Gleichzeitig wird dies für Schulen mit höherem Abschluss immer noch verweigert.
Das Konzept der Bildung nur für Reiche und der sozialen Selektion schlägt mit Beginn diesen Schuljahres erneut und härter zu: Schon zum Ende des vergangenen Schuljahres wurden Viertklässler in die Selektionsmaschinerie gepresst. Verbindlich wurde ihnen vorherbestimmt, wie viel Bildung sie Wert sind. Durch die Festschreibung klar unterschiedlicher Bildungsaufgaben von Haupt- und Realschule sowie dem Gymnasium wird ein Wechseln kaum noch möglich sein. Dieses System gehört endlich abgeschafft und durch eine einheitliche Schule ersetzt!
Dieser bildungspolitische Amoklauf geschieht vor dem Hintergrund einer Wirtschaft, die meint, es sich leisten zu können. Bildung nur für wenige, angepasste und zurechtgestutzte Jugendliche, das ist nur angesichts einer erneuten Ausbildungsplatzkrise möglich: Über 280.000 betriebliche Ausbildungsplätze fehlten noch im Monat Juli. Unter den Bewerbern um einen Platz befanden sich ca. 300.000 Altbewerber. Dies macht die Unternehmen wählerisch. Durch ihre Weigerung ausreichend auszubilden, setzten sie nun nicht nur Bewerber unter Druck, sondern alle Schülerinnen und Schüler. Die Landesregierung mit Frau Sommer und Herrn Rüttgers ist dabei ihr williger Helfer.
Wir fordern weiterhin:
1. Kostenlose Bildung
2. Öffentlich finanzierte Lehrmittel und Schuleinrichtungen
3. Kopfnoten verbieten! Noten zur Repression und Selektion abschaffen.
4. 50% aller Stimmen in allen Schulgremien für Schüler
5. Eine Schule für Alle!Am 7. September, im Freidenkerzentrum, Bayenstr. 11, Köln, wollen wir über Ursachen und Alternativen diskutieren sowie gemeinsame Aktionen beraten. Wer diskutieren und sich wehren will, der ist herzlich eingeladen!