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Stalin war ein Verbrecher. Er hatte bekanntlich nichts anderes im Sinn, als ständig, massenhaft, Leute umzubringen, die ihm aus irgendeinem Grunde nicht gefielen.

Aber es gab auch eine Gruppe von Menschen, die er mochte, denen er alle Möglichkeiten zum Forschen, Konstruieren, Arbeiten einräumte. Das waren diejenigen, die Aluminium herstellen konnten.

Josef Wissarionowitsch Dshugaschwili, geboren 1879, Zögling eines Georgischen Priesterseminars, muss von dem leichten, silbrigen Metall fasziniert gewesen sein. Dabei dürfte es sicher sein, dass er bis zum Anfang, vielleicht sogar bis Mitte der 20er Jahre überhaupt noch nie etwas von Aluminium gehört hatte.

Ludwig Renn beschreibt in seinem Roman "Krieg", wie 1914, beim Marsch auf Paris, die Soldaten von der Feldküche verpflegt wurden. Die Kameraden "hatten Aluminium -Teller vor sich... und bliesen in die heißen Löffel." Zwanzig Jahre später, während des Schriftstellerkongresses in Moskau, reiste Oskar Maria Graf, ein linker, anarchistischer Schriftsteller, der über das Leben armer, bayrischer Kleinbauern schrieb, mit den Mitgliedern der deutschen Delegation, zu der Bredel, Toller und Scharrer gehörten, nach Georgien. "Mir kam es vor, als sei Rußland, dieses riesige, unübersichtliche Land, etwas wie ein undurchdringlicher Urwald, den die Sowjets gleichsam wie kühne, unverdrossene Siedler Stück für Stück rodeten und bewohnbar machten." Dann schilderte er ein Festessen in einem Dorf. "Man hockte im Kreis und verzehrte aus hölzernen Schüsseln die Mahlzeit mit den Händen oder mit Holzlöffeln..." Graf fragte: "Was ist das denn für ein schrecklicher Gestank hier?" Antwort: "Die meisten Menschen waschen sich mit Pferdeurin..." Das half gegen Läuse!

Also auch 1934 kannten die Kaukasier weder Aluminium noch Insektenbekämpfungsmittel. Im Donezbecken war man schon weiter. Ilja Ehrenburg beschreibt in "Menschen, Jahre, Leben", wie er 1932 eine Kantine eines in Bau befindlichen Werkes besichtigte: "Beim Eintritt mußte man die Mütze abgeben; zurück bekam man sie erst, wenn man seinen Löffel abgeliefert hatte. Die Mützen lagen auf einem Haufen am Boden. Man mußte lange suchen, bis man sie fand." Ehrenburg sagte dem Kantinenleiter, dass das entwürdigend sei. Doch der antwortete barsch: "Für die Löffel hafte ich und nicht Sie!"

Der Mann handelte richtig. Aluminium war schließlich Stalins Lieblingsmetall und die Sowjetunion hatte gerade erst begonnen, auch solche unwichtigen Dinge wie Löffel herzustellen. Man konnte sie nicht einfach individuell kaufen, sie wurden nach und nach an Betriebe geliefert, zu Hause aß man noch mit Holzlöffeln.

Im Februar 1931 hatte Stalin gesagt: "Wir sind hinter den fortschrittlichen Ländern um 50 bis 100 Jahre zurückgeblieben. Wir müssen diese Distanz in zehn Jahren (also bis 1941!) durchlaufen. Entweder wir bringen das zustande, oder wir werden zermalmt."

Stalin war also nicht nur ein Mörder, sondern auch ein Lügner. 50 bis 100 Jahre zurück - das betraf das zentralrussische Industriegebiet, Moskau, Tula, Omsk, das Donezbecken, Leningrad, den Ural. Der Kaukasus war mindestens 200, Zentralasien 300, Nordsibirien 2000 Jahre zurück, dort lebten die Leute noch - ohne Schriftsprache - in urgesellschaftlichen Verhältnissen. Aber, so sagte Stalin, "Wir können femer nicht wissen, an welchem Tage die Imperialisten die UdSSR überfallen... würden... Die Partei war daher gezwungen, das Land einzupeitschen... Die Partei hatte keine Möglichkeit, zu warten und zu manövrieren, sie mußte die Politik des maximal beschleunigten Tempos durchführen." So 1933 über die Ergebnisse des l. Fünfjahresplans.

Anpeitschen! Das lag ihm, dem Stalin! Mal sehen, was dabei herauskam. Das "Statistische Jahrbuch für das Deutsche Reich 1941/42, Geheim!" enthält in seinem internationalen Anhang folgende Angaben:

Gewinn von Aluminium in Tonnen:

JahreDeutschlandFrankreichUSAUdSSR
192933.30029.100102.1000
1933 18.30014.30036.6004.400
1939 199.40050.000148.40050.000


Deutschland war also zum größten Aluminiumproduzenten der Welt geworden, hatte die USA weit überholt, erzeugte das Vierfache Frankreichs! Hierbei ging es nicht um Löffel, sondern um Bomber, Jäger, Stukas, Aufklärer, Schlachtflugzeuge, Transporter! Die deutsche Aluminiumproduktion ist der unwiderlegbare Beweis, dass das Nazireich Krieg wollte. Merkwürdig, dass dies in keiner der zahllosen Betrachtungen von Historikern, Schriftstellern, Intellektuellen gleich welcher politischen Richtung erwähnt wird!

Die Sowjetunion konnte bei Beginn des 2. Weltkrieges immerhin schon ein Viertel der Aluminiummenge des aggressivsten imperialistischen Staates herstellen, natürlich nicht, damit die russischen Arbeiter nicht mehr Mütze gegen Löffel erhielten, sondern um sich dagegen zu rüsten, nicht zermalmt zu werden.

Addieren wir einmal die Mengen, die insgesamt von 1929 bis 1939 produziert wurden (in Tonnen):

DeutschlandFrankreichUSAUdSSR
756.500240.000741.700205.000


Für Löffel war da nichts übrig.

Die Herstellung von Aluminium ist aber viel komplizierter als die Gewinnung von Kupfer, Zinn, Eisen. Das konnten schon die alten Ägypter, Griechen, Römer, sogar Germanen und Kelten. Aluminium tritt in der Natur allein chemisch gebunden auf, als Bauxit. Man gewinnt es - in der DDR in Bitterfeld - vor allem durch Elektrolyse, man muss durch eine Bauxitbrühe elektrischen Strom leiten, so dass sich an der Anode eine Aluminiumplatte bildet. Ob dem Mörder Stalin es nun gefiel oder nicht, wollte er Aluminium, brauchte er auch Leute, die Kraftwerke bauen konnten, die dazugehörigen Apparate, Kabel. Und dazu brauchte man wiederum Stahl, um die nötigen Maschinen herzustellen, nicht zuletzt für den Bau von Aluminiumwalzwerken. Könnte es sein, dass die Aluminiumproduktion eine komplette, moderne Industrie erforderte?

Die Voraussetzungen waren dafür in der UdSSR denkbar schlecht. Schon vor dem l. Weltkrieg war Rußland hinter Deutschland, Frankreich, den USA weit zurück geblieben. In Ullsteins "Weltgeschichte" von 1925 findet man folgende Angaben:

Kohleproduktion 1913 in Mio Tonnen:

USAEnglandDeutschlandFrankreichRussland
5172922624136


Roheisenproduktion 1913 in Mio Tonnen:

USADeutschlandEnglandFrankreichRussland
31,519,310,45,34,6


Der l. Weltkrieg, Bürgerkrieg und Intervention imperialistischer Mächte führten in Rußland zu ungeheuren Zerstörungen. Die Landwirtschaft erreichte 1920 nur 65 % der Erträge von 1913. Die Produktion der Schwerindustrie war auf 10 % von 1913 gesunken. Die Kohleförderung im Donezbecken erreichte 1920/21 nur 20 Prozent, die Metallurgie in der Ukraine kaum 4 % des Vorkriegsstandes.

Weil Stalin unbedingt Aluminium haben wollte, sah er sich gezwungen, nicht nur Aluminiumfachleute, sondern praktisch alle Arbeiter, Ingenieure, Wissenschaftler anzupeitschen. Da er das nicht allein konnte, missbrauchte er dazu die Partei. Aber das ging nicht so einfach. Schon Lenin erklärte 1918: "...die äußerst kritische und sogar verzweifelte Lage des Landes hinsichtlich der Garantierung auch nur der einfachsten Existenzmöglichkeit der Bevölkerung, hinsichtlich des Schutzes der Bevölkerung vor dem Hunger... erfordern dringend die Erzielung bestimmter Resultate. Das Dorf könnte sich mit seinem Getreide ernähren... wenn wirklich das ganze vorhandene Getreide unter Kontrolle genommen wird und wenn wir es verstehen, es mit größter Sparsamkeit und Sorgfalt unter der gesamten Bevölkerung zu verteilen. Zu einer richtigen Verteilung bedarf es jedoch einer richtigen Organisation des Transportwesens. Gerade das Transportwesen aber ist durch den Krieg am meisten zerstört worden. Und zur Wiederherstellung des Transportwesens in einem Lande, das so gewaltige Entfernungen aufzuweisen hat wie Rußland, bedarf es vor allem einer guten, funktionierenden und festgefügten Organisation... Wir müssen... zwei Kategorien demokratischer Funktionen streng auseinanderhalten: einerseits die Diskussionen, das Abhalten von Versammlungen, andererseits die Einführung der strengsten Verantwortung für die Exekutivfunktionen und eine unbedingte aktive, disziplinierte, freiwillige Durchführung der Vorschriften und Anordnungen, die notwendig sind, damit der Wirtschaftsmechanismus so arbeitet wie eine Uhr... Kein Zweifel, daß die Meinung sehr verbreitet ist, von einer solchen Vereinbarung könne keine Rede sein, die persönliche diktatorische Gewalt sei weder mit dem Demokratismus noch mit dem sowjetische Staatstypus, noch mit der Kollegialität der Verwaltung vereinbar. Nichts ist falscher als diese Auffassung." Konnte es sein, dass Stalin nach 1945 ähnlich gedacht hat?

Aber was Lenin für unabdingbar hielt, gefiel manchen alten Bolschewik! nicht. Lenin: "Die Losung der praktischen Arbeit und der Sachlichkeit erfreute sich keiner großen Popularität unter den Revolutionären. Man kann sogar sagen, daß bei ihnen keine Losung weniger populär war."

Um diese Wirtschaft im Interesse der Werktätigen in Gang zu bringen, brauchte man jedoch nicht nur den Willen, den man ja in Versammlungen erzeugen konnte, sondern auch das Wissen. Und das fehlte den meisten alten Bolschewiki. Lenin auf dem XI. Parteitag 1922: "Wir begreifen das nicht, weil es hier noch kommunistischen Hochmut gibt... Der Kommunist, der Revolutionär, der die größte Revolution der Welt vollbracht hat,... er muß von einem simplen Handlungsgehilfen lernen,... der das Geschäft versteht, während er, der verantwortliche Kommunist und ergebene Revolutionär, weit davon entfernt, es zu verstehen, nicht einmal versteht, daß er es nicht versteht."

Über dieses Problem haben sich viele bürgerliche Wissenschaftler recht drastisch geäußert. So schrieb H.G. Wells in "Grundlinien der Weltgeschichte" 1925 nach einem Besuch der Sowjetunion und einem Treffen mit Lenin über die Lage 1920: "Im Verlauf von zwei oder drei Jahren zeigte sich das Bestreben der Bolschewisten, einen wirksamen Kommunismus durchzuführen, als völlig verfehlt; sie bewiesen nichts als die schöpferische Unfruchtbarkeit der marxistischen Doktrine. Es gelang ihnen nicht, Rußland wieder aufzurichten. Sie waren gänzlich außerstande, die gestörten russischen Industrien wieder in Gang zu setzen. Die meisten ihrer Führer waren von dem schriftstellerischen und rednerischen Sozialistentypus und hatten keinerlei organisatorische Erfahrung... Sie versuchten, Rußland durch Reden in Gang zu bringen, doch war der Arbeiter in seine Fabrik zurückgekehrt, der Bauer zu seinem Pfluge, so war es mit der Wirkung der Reden vorbei. In den Städten gerieten Verkehr und Fabrikarbeit in Verfall, und der Bauer produzierte nur für seinen eigenen Bedarf und versteckte seine Vorräte."

Ähnlich, jedoch schon anders, mit dem Blick auf die 30er Jahre äußerte sich Prof. Dr. phil. Valentin Gitermann, Nationalrat, Zürich, in der von Golo Mann 1960 bis 1964 herausgegebenen "Propyläen-Weltgeschichte". Zunächst beschreibt er die Mitte der 20er Jahre beginnende "Kontroverse" zwischen Stalin, Trotzki und später dann anderen alten Bolschewiki vom schriftstellerischen Typus. "Trotzki vertrat die These, daß Rußland allein nicht im Stande sein werde, die sozialistische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu realisieren... Voraussetzung... sei, daß sie sich als 'permanente Revolution' über alle nationalen Grenzen hinweg zur Weltrevolution zu erweitern vermöge... Wie aber, replizierte Stalin, wenn die internationale Revolution zu spät kommt? Dann bietet Trotzkis Theorie 'überhaupt keinen Lichtblick', dann erweist sich seine 'permanente Revolution' als unfruchtbares Marschieren vor Ort." Und er fügte hinzu, der Sowjetunion obliege die Pflicht, "auf ihrem Territorium für die Sache des Proletariats ein geistiges und materielles Bollwerk zu schaffen, nach Lenins letztem Programm."

"Trotzkis Theorie", so Gitermann, "war kompliziert und verlor sich in Abstraktionen. Stalin dagegen argumentierte einfach und stellte konkrete Erfolge in Aussicht. Welch gewaltige Opfer an Menschen die Durchführung seines Programmes noch kosten werde, war damals wohl auch ihm selbst noch nicht ganz klar... Das wichtigste Hindernis, das die Sowjetunion während der Industrialisierungsepoche zu überwinden hatte, bestand im Mangel an qualifizierten Arbeitern, Technikern, Ingenieuren und Direktoren. So lange es nicht gelang, aus dem Proletariat und dem Bauernstand eine ausreichende Schicht von Spezialisten herauszubilden, war man in erheblichem Maße auf die Mitarbeit politisch neutraler oder auch bürgerlicher Elemente angewiesen. Nach und nach ersetzte man sie, wenn möglich durch Kommunisten, denen die Grundbegriffe eines stalinistisch vereinfachten Marxismus in Volksschulen und Arbeiterfakultäten beigebracht worden waren. Dabei wurde die alte bolschewistische Elite, die vorwiegend aus Intellektuellen bestand, in den Hintergrund geschoben. Sie hatte wohl ihre Eignung zu revolutionärer Agitation bewiesen, besaß aber jene praktischen Fähigkeiten nicht, die von Ingenieuren und Betriebsleitern nun verlangt werden mußten. Diese Umschichtung der Kader trug dazu bei, die Entmachtung der Trotzkisten zu beschleunigen."

Sehr schwierig war die Lage auf dem Lande. Gitermann schreibt: "Der Kleinbetrieb war unfähig, seine Dürftigkeit aus eigener Kraft zu überwinden. So mußte man sich zur beschleunigten Vermehrung der Sowchosen und Kolchosen entschließen... Verschärft wurde der Brotmangel in den Städten allerdings auch durch die Haltung vieler Großbauern, die sich weigerten, dem Staat einen vorgeschriebenen Teil der Ernte zu den amtlich fixierten Preise°óOBŽU°óOBŽUp®>BŽUØ BŽUôOBŽUÐóOBŽUtÐóOBŽUes Kulakentums trat die Sowjetregierung mit schärfsten strafrechtlichen Maßnahmen entgegen... Beim rechten Flügel der bolschewistischen Partei stieß diese kulakenfeindliche Agrarpolitik auf einigen Widerstand. Bucharin, Rykow, Tomski und andere vertraten die Ansicht,...: Die Aussicht auf Gewinn werde den Lieferungsstreik der Dorfbevölkerung brechen. Bucharm ging so weit, die Kulaken mit der Parole 'Bereichert Euch!' zu ermuntern... Stalins Antrag, die 'Rechtsabweichung von der Generallinie'... zu verurteilen, setzte sich mit Leichtigkeit durch. Bucharin, Rykow und Tomski gingen ihrer Ämter verlustig..."

1928 trat der erste Fünfjahrplan in Kraft. "Nie zuvor in der Geschichte", so Gitermann, "war der Versuch gewagt worden, die wirtschaftliche Tätigkeit einer Bevölkerung von mehr als hundertfünfzig Millionen im voraus programmatisch festzulegen. Das Experiment imponierte durch seine Kühnheit selbst den Amerikanern... Ein großer Teil der Sowjetbürger wurde von echter Begeisterung ergriffen... Das Aufbauwerk der bolschewistischen Fünfjahrpläne hat eine äußerst strenge Disziplinierung der Nation unvermeidlich gemacht und infolgedessen auch intensivste Formen der Diktatur erzeugt... Jede Nachlässigkeit, jede 'Abweichung' nach 'rechts' oder nach 'links' wurde mit drakonischer Strenge verfolgt."

Es gelang also, in nur zehn Jahren, bis zum Beginn des 2. Weltkriegs, die Sowjetunion so weit voranzupeischen, dass es 1941 dem deutschen Faschismus nicht gelang, sie zu zermalmen. Zu recht war also Stalin, wie Gitermann schreibt, "von der Unabwendbarkeit des Krieges fest überzeugt" gewesen. "In Voraussicht höchst bedrohlicher Situationen, in denen die Existenz der Sowjetunion auf dem Spiel stehen würde, entschloß er sich, die inneren Gefahren durch barbarische Beseitigung sämtlicher, selbst der nur potentiellen Gegner auszuschalten... Die Epoche der Prozesse und Säuberungen hinterließ... erstaunlicherweise fast keine sichtbaren Spuren... Ein neuer, sowjetischer Patriotismus breitete sich aus... Die Gewaltmethoden des Stalinschen Regimes hatte die alte Garde der Bolschewiki verschlungen. Die Jugend fragte nicht mehr nach ihr. Die Probleme, mit denen die Alten gerungen hatten, waren abgetan und erledigt... Am Vorabend des zweiten Weltkrieges konnte Stalin für sich in Anspruch nehmen, daß die Partei unter seiner Führung zu einem Block von monolithischer Geschlossenheit geworden sei."

Der erste Botschafter der USA in der UdSSR, Joseph E. Davies, der offensichtlich im Auftrag Roosevelts prüfen sollte, ob die Sowjetunion im Falle eines Krieges, der auch die USA bedrohen könnte, ein stabiler Verbündeter sein könnte, schrieb 1937: "Was ich in der Sowjetunion gesehen habe, hat mir großen Eindruck gemacht. Es war für mich etwas außerordentliches, mit anzusehen, wie die Sowjetunion versucht, innerhalb von fünf bis sechs Jahren auf dem Gebiet der Industrialisierung zu erreichen, was zuwege zu bringen in den Vereinigten Staaten mehrere Generationen gebraucht hat." Als Davies wieder in den USA war, wurde er "genau drei Tage nach Hitlers Einfall in die Sowjetunion", als er in der Universität von Chicago sprach, von Zuhörern gefragt: "Wie steht es denn mit der Fünften Kolonne in Rußland?" Er antwortete: "Gibt es nicht. Alle erschossen."

Die Fünfte Kolonne - das war ein Begriff, der im spanischen Bürgerkrieg geprägt worden war. Beim Angriff auf Madrid prahlte der Franco-General Quiepo de Liano: "Vier Kolonnen marschieren auf Madrid, die fünfte wartet schon innerhalb der Stadt."

Die Fünfte Kolonne spielte, mit Ausnahme der Sowjetunion, während des zweiten Weltkrieges überall eine große Rolle. Es ist zu Genüge bekannt, wieviele französische Reaktionäre mit den Faschisten kollaborierten. Da gab es den Norweger Quisling, dessen Name zum Begriff für Verräter wurde, Degrelle in Belgien, Ante Pavelitsch, den Führer der Faschisten Kroatiens, wo serbische Bewohner ganzer Täler ausgerottet wurden, den Faschisten Tiso, der die Slowakei in einen Kroatien gleichen Staat umwandelte. Wir wollen auch nicht vergessen, dass es in der UdSSR zwar keine Fünfte Kolonne gab, aber auch Verräter wie die Krimtataren, die der SS halfen, Rotarmisten, die sich in den Kalkfelsenhöhlen der Halbinsel Kertsch versteckt hatten, zu ermorden, femer die Kosakendivision, die in Jugoslawien gegen die Partisanen kämpfte. Aber es gab nur einen einzigen sowjetischen General, der sich Hitler andiente: Wlassow.

Ja, nun haben wir wohl genug über die Verbrechen Stalins gelesen.

 
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Kommentare anzeigen: absteigend   aufsteigend
  Kommentar zum Artikel von secarts:
Montag, 28.05.2007 - 03:08

Prof. Gitermann zitiert ja indirekt Stalin, und in dem Kontext ergibt eigentlich nur die Weltrevolution als Lenins u. a. mit der KomIntern angestrebtes Ziel einen Sinn. Die UdSSR sollte, so Lenin und Stalin (im Gegensatz zu Trotzki), nach ihren inneren Möglichkeiten versuchen, die Basis für die kommenden Umwälzungen in anderen Ländern zu werden. Dazu gehört natürlich das Überleben als sozialistisches Land - sprich die Theorie vom "Sozialismus in einem Land", die Trotzki so vehement bekämpft hatte.

...so zumindest klänge es logisch!


 m Kommentar zum Artikel von markus:
Samstag, 26.05.2007 - 22:01

ich finde es gut, dass stalin und das was er und die SU geleistet haben hier nicht verschwiegen wird.

weiß jemand was Prof. Dr. phil. Valentin Gitermann mit "Lenins letztem Programm" meint?