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Der Bundespräsident traf Christian Klar. Das machte Eindruck. Vor allem auf die national-konservative Meute. Sie heulte auf. "Ihr" Bundespräsident schien im Lager der Nachdenklichen, dafür hatten sie ihn nicht gewählt. Markus Söder - die Karriere fest im Blick - wurde deutlich. Eine Begnadigung Klars werde eine "schwere Hypothek" für eine mögliche Wiederwahl.

Zwei Tage später war die Welt wieder in rechter Ordnung. Köhler begnadigte nicht. Und schuf damit zwei Legenden. Er sei vor den Rechts-Konservativen eingeknickt und diese Entscheidung sei erst in letzter Sekunde - angesichts der Reuelosigkeit von Klar - gefallen.

Beides ist falsch. Köhler war und ist Bestandteil der Kampagne zum 30. Jahrestag des Deutschen Herbstes. Deren Ziel, Akzeptanz für die militante Politik der Regierung zu sichern, mehr noch die Unabänderlichkeit der herrschenden Verhältnisse - bei Strafe des Verfaulens im Knast - autoritativ festzuschreiben, ist Köhlers Ziel.

Die Geste des Besuches war Kalkül, das allen Andersdenkenden zeigen sollte, dass in diesem Land nicht die Plebs, sondern nur der (usurpierte) Souverän selbst den Daumen hebt oder senkt. Dass nach Gnade zwar gefragt werden darf, sie aber nur bei bedingungsloser Unterwerfung gewährt wird.

Der ehemalige Verfassungsrichter Mahrenholz maß das Verhalten Köhlers völlig zu Recht daran, dass nationalsozialistische Täter - "vieltausendfache Judenmörder" - ohne weiteres begnadigt worden seien. "Das war nie ein Problem, auch nicht im Blick auf die Angehörigen."

Köhler selbst zeichnete im Verlaufe seiner Karriere als gelernter Volkswirt und schließlich als Chef des Internationalen Währungsfonds für zahlreiche ökonomische Zwangsmaßnahmen verantwortlich, die viel Leid über Menschen in aller Welt brachten. Wie Filbinger einst ein furchtbarer Jurist war, ist Köhler heute ein furchtbarer Volkswirt, ein furchtbarer Bundespräsident.

 
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