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8. Mai 1945 - Der Krieg ist beendet; zumindest in Europa. Seit 1939 stand der Kontinent in Brand; vorangegangen waren die militärische Besetzung des Ruhrgebiets, die Einverleibung des Saarlandes, die Annexion Österreichs, die Zerschlagung der Tschechoslowakei: "Wer Hitler wählt, wählt Krieg", lautete ein bekannter Slogan der Kommunistischen Partei Deutschlands vom Anfang der dreißiger Jahre. Die Leute wählten Hitler. Doch die KPD hatte Recht.

Die Kommunisten, gleich nach der Machtübertragung durch die deutschen Faschisten in die wilden Konzentrationslager verschleppt, gefoltert und ermordet, leiteten die Reihe der Opfer dieses Kniefalls der Zivilisation, ein. Die Reihe wurde immer länger: Sozialdemokraten, Pazifisten, "Fremdrassische", Juden, "Asoziale", Homosexuelle. Die Konsolidierung der "Volksgemeinschaft", die Ausschaltung aller Andersdenkenden war die Vorraussetzung für das Kommende: 1939 Überfall auf Polen. Krieg mit Frankreich und England. Überfall auf Dänemark und Norwegen 1940. Angriff auf Belgien, die Niederlande und Luxemburg. Einmarsch in Frankreich. 1941 Bombenterror gegen England, Angriff auf Jugoslawien und Griechenland, Verlegung von Truppen nach Nordafrika. Beginn des Ausrottungsfeldzuges gegen die UdSSR. Kriegserklärung an die USA. 1943 Überfall auf den einstigen Verbündeten Italien, Einmarsch in Albanien.

Nach der Niederringung der faschistischen Wehrmacht und ihrer verbliebenen Verbündeten in Europa und Afrika durch die Alliierten wird der blutigste und grausamste Krieg in der Geschichte der Menschheit im Mai 1945 zumindest für die Bewohner Europas mit der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands beendet. Die Hauptlast am Sieg über den Faschismus trug die sozialistische Sowjetunion, unter kaum vorstellbaren Verlusten an Produktionsmitteln, Städten und Dörfern, Menschen: über 20 Millionen Zivilisten und 6 Millionen Soldaten. Der sog. "Hitler-Stalin-Pakt" hatte dem Land die zweijährige, bitter nötige Verschnaufpause zur Rüstung gegen Nazideutschland gewährt; die Rote Armee befreite 11 Nationen aus deutscher Hand und hatte sich bis Elbe und Berlin vorgekämpft. Nur mit Gewehren und Kanonen konnte den deutschen Henkern das Handwerk gelegt werden. 60 Millionen Tote forderte der deutsche Griff nach der Weltmacht.

Beschämend für die Opfer, eine Schande für das Land der Täter ist der Streit, der seit Jahrzehnten durch die deutschen Zeitungen spukt: wurden wir befreit, besiegt, besetzt oder geschlagen? Selbst Bundespräsident Köhler bringt bei seiner Rede zum 60. Jahrestag vor zwei Jahren das Wort des "Tages der Befreiung" nicht über die Lippen - auch 60 Jahre später scheint die Demütigung bei manch Einem noch sehr tief zu sitzen. Dabei ist der ganze Streit eigentlich mehr als belanglos, denn es ist doch alles ganz einfach: wer sich besiegt fühlen will, der gehört zu den Besiegten. Wer das Kriegsende als Befreiung empfindet, der wurde befreit. Und wer den 8. Mai als Sieg empfindet - der hat gesiegt. Über Unmenschlichkeit, Rassenwahn, Weltherrschaftsgelüste des deutschen imperialismus.

Als Bewohner Deutschlands fühlen wir uns befreit. Und als Kommunisten, Sozialisten, antifaschistische Demokraten fühlen wir uns als Sieger: mit den Bajonetten der Roten Armee hat die Menschlichkeit über die Unmenschlichkeit triumphiert. Dafür gebührt den Befreiern, den Alliierten, der sozialistischen Sowjetunion unser Dank - für ein Europa ohne Faschismus.

Unser Dank an die Befreier muss unsere Verpflichtung sein, Faschismus nie wieder zuzulassen - und hinter dem System die Ursache zu entdecken: das imperialistische Expansionsstreben Deutschlands. 62 Jahre später: schon wieder deutsche Soldaten um den halben Globus; schon wieder Kampf um wirtschaftliche und politische Hegemonie in Europa - das ist noch lange nicht Faschismus, aber das ist alles andere als ein konsequenter Bruch mit dem Wirtschaftssystem, das den Faschismus erst ermöglichte. Wer vom Kapitalismus nicht reden will, hat vom Faschismus zu schweigen.


 
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