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Gar nicht unglücklich darüber, das versiffte Nest Varanasi zu verlassen ging's zum Bahnhof. Der kann einen schon zur Weißglut treiben. Es ist nichts angeschrieben, die Lautsprecherdurchsagen betreffen immer nur Züge, die man selbst nicht braucht und die Bahnangestellten geben Auskünfte, denen man einfach nicht traut (hauptsächlich deshalb, weil sie alle 30 Minuten etwas anderes sagen). Der Zug nach Kolkata hatte nur viereinhalb Stunden Verspätung, weshalb wir nicht allzu viel Zeit mit den Kühen am Bahnsteig spielen konnten. (Ich übertreibe hier maßlos, da war so eine Kuh, die es auf unsere Bananenschalen abgesehen hatte...)

Zugfahren ist in Indien außerordentlich angenehm, wenn man von den Gitterstaeben vor den Fenstern absieht, die schon bei so manchem Zugunglück vielen Leuten den Fluchtweg ins Freie blockiert haben. Die Betten sind ungefähr 1.70m lang, also zu kurz für die meisten Europäer.
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Das sind die Betten in den meisten Hotels aber auch, weshalb keine Umstellung notwendig ist. Im Vergleich zu den Nachtbussen fährt man mit dem Zug einigermaßen ruckelfrei und kann deshalb auch schreiben und lesen, ohne dass einem schlecht wird. Man darf sich das nicht so vorstellen wie bei uns, wo zwischendurch der Schaffner kommt und das Ticket kontrolliert, hier herrscht ein reges Treiben, wie auf einem Bazar. Einige Leute rennen die ganze Zeit den Zug auf und ab und verkaufen Tee. Ihr monotones “Tschae”...”Tschae”...”Tschae”... entwickelt sich rasch zum Ohrwurm, wirkt aber auch beruhigend und erleichtert das Einschlafen.

Als ich in der Früh erwachte waren wir schon in Westbengalen, einem Bundesland, das seit ueber 30 Jahren ununterbrochen von der CPI (M) [WEBLINK www.cpim.org] regiert wird. Das nahm ich gleich zum Anlass mich zu einer der offenen Türen zu setzen und mir das Land ein bisschen anzugucken. Auf den ersten Blick erkennt man kaum einen Unterschied – weite Weizen- und Reisfelder, Palmen, Menschen aller Altersgruppen (7-70) die am Acker arbeiten, Kuhscheisse zu Türmen aufgestapelt – zum restlichen Indien. Wer aber genauer schaut, sieht hier und da eine rote Fahne wehen, die von Hammer und Sichel geschmückt wird – ein erhebendes Gefühl.
Großbildansicht kolkata_taxi.jpg (34.4 KB)
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Sehr verwundert war ich dann, als ich am Bahnhof eines Kuhkaffs die elektronischen Anzeigetafeln sah, mit unserer Zugnummer, Ankunftszeit etc. Das schaffen die in einer Millionenstadt nicht, aber mitten im Nirgendwo funktioniert's... wie ich nach einiger Zeit erkannte übrigens an jedem Bahnhof!

Als wir in Kolkata ankamen, war es schon nach Mittag. Ich war nach meinen Erfahrungen schon auf das Schlimmste gefasst, schliesslich hört man nicht viel Gutes über diese Stadt. Trotzdem war ich geschockt von meinen ersten Eindrücken. Das ganze Strassenleben ist hier dominiert, nicht von Fahrradrickschahs, nicht von Autorickschahs, nein von Bussen und Taxis! Keine Kühe, die auf die Strasse scheissen (CPI (M) ha's verboten). Kurz gesagt, die sauberste Stadt die ich bislang in Indien gesehen habe. Und das war nicht nur ein trügerischer erster Eindruck den die Gegend um den Bahnhof vermittelt. Das zieht sich durch das ganze Stadtbild.

Nächster Bericht: Kolkata

 
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  Kommentar zum Artikel von hw:
Samstag, 03.03.2007 - 15:35

Unweigerlich drängt sich mir bei der Lektüre Deines Berichts eine Anti-Hundstrümmerlkampagne auf.

Ausgeschissen! – KPÖ

Schade, dass ich das nicht vor der Bezirkskonferenz heute gewusst hab'.