Es gibt Leute, die sind einfach völlig überbezahlt. Leute, die zwar auch irgendeine Art von Arbeit leisten, aber sich lange nicht so abrackern wie z.B. ein Fabrikarbeiter, der von morgens bis abends am Band Akkord leisten muss. Und doch bekommen sie mehr Geld aufs Konto geschüttet als sie jemals ausgeben können. Ist eine solche Welt nicht ungerecht? - fragt FAZ.net. Was sind das für Leute? Politiker? Anwälte? Bankchefs? Nein - die Fußballstars! Sagt FAZ.net.Teil IV
Schließlich verdient selbst ein hart arbeitender, fleißiger, zurückhaltender, geforderter, missverstandener und völlig zu Unrecht kritisierter, kompetenter Mensch wie Josef Ackermann (welch ein Beispiel!) nur läppische zwölf Millionen Euro (welch ein Almosen!), was nach Ansicht der FAZ ganz klar zuwenig ist. Denn der pferdegleich aus der Bar glotzende Ronaldinho verdient ja prompt das doppelte, und das für bloße Balltreterei. Auch andere Profifußballer, wie Ronaldo, Beckham und Zidane, lächeln von ihrem Geldberg auf den "armen" Deutsche-Bank-Chef hämisch herab. Und warum das so ist, will uns FAZ.net heute mal zeigen.
Es wird erklärt: "Das ökonomische Gesetz von Angebot und Nachfrage gilt auch auf dem Markt für Fußballspieler. Der Preis steigt, wenn das Angebot hinter der Nachfrage zurückbleibt. Genau das passiert seit Mitte der neunziger Jahre in Europa." ...davor nicht? Wer erlässt eigentlich ökonomische Gesetze erst in den neunziger Jahren? Und wie sah das jetzt konkret aus; wer bot an, wer fragte nach? "Die Einnahmen der 20 führenden Clubs stiegen von 1,2 Milliarden Euro in der Saison 1996/97 auf über drei Milliarden Euro 2004/05."
Das ist zwar eine schöne hohe Summe, sagt jedoch nichts über die Ausgaben oder über den Rest, der schließlich für Spielerkäufe übrigbleibt. Außerdem bleibt offen, ob die Vereine durch Spielerkäufe mehr verdienten oder durch Mehrverdienste Spieler kauften. Aber mit solchen Lappalien wie Kausalität kann sich doch eine FAZ nicht rumschlagen, wenn es um den weit erhabeneren König Fußball geht.
1995 gab es das Bosman-Urteil, welches entschied, dass einerseits für Vereinswechsel keine Ablösegelder gezahlt werden müssen, und andererseits nun auch Nichteuropäer verstärkt rekrutiert werden durften. Das Angebot von Spielern stieg also...dann müssten sie ja günstiger geworden sein. Allerdings: "Die Kaufkraft der Vereine der besten Ligen stieg spürbar", weil wahrscheinlich weniger Geld für Spieler verausgabt wurde. Trotzdem sagt uns FAZ.net, dass die Spieler jetzt mehr verdienten. Paradox, erst das eine behaupten und dann das Gegenteil erklären. Über diese Ungereimtheit schulterzuckend wird uns weiter berichtet, wie das rasante Wachstum des Privatfernsehens, der Anstieg von Werbeeinnahmen, Merchandising und Aktienausgaben, und nicht zuletzt die Gründung der Champions-League das Geld der Vereine vermehrten.
Ist mehr Geld da, muss davon also irgendjemand profitieren. Und wie regelt sich die Verteilung? Hatte FAZ.net da eben ein ökonomisches Gesetz erlassen und ist das noch gültig? Nein, ab jetzt verteilt die "spielerische Macht", womit wir schon fast die dühringsche Verteilung durch die "Gewalt" erreicht haben. In der Tat eine ungerechte Welt.
Nachdem so passend die Macht eingeführt und die Gewalt antizipiert worden sind, wird weiterhin passend von einem Rüstungswettlauf der Vereine gesprochen, in dem die "ökonomische Vernunft" auf der Strecke bleibe und das "unprofessionelle Verhalten des Managements" "wirtschaftlich nicht solide" sei. Und die Leute mit der schwersten Geldrüstung sind dann die flinksten Kicker, die den "tödlichen Pass" spielen können und deshalb heiß begehrt sind. Also Einzelleistung entscheidet über das Gehalt.
Nein, ruft die FAZ, die Einzelleistung ist nix, die Teamleistung alles, und "Erfolg hat eine Mannschaft nur, wenn Spieler kooperieren. Wird der Abstand zu den Einkommen der Stars in einem Team zu groß, spielen mittelmäßige Kicker weniger mannschaftsdienlich. Die Ungleichheit in den Einkünften stößt an eine quasi 'natürliche Grenze'." Tödliche Pässe also ins Leere.
Allerdings stellt man fest, dass die Einkünfte von Spielern proportional zu deren offensiver Position steigen, Stürmer also am meisten verdienen, woraus die FAZ einfach mal auf ihre Knappheit schließt.
Damit ist der Artikel am Ende seiner Argumente angekommen, und erklärt kurzerhand die bisher ungelöste Frage der hohen Spielerpreise zur moralischen Frage, zum Wohlwollen der "boomenden" Fans. Na klar, der mehr oder weniger hart arbeitende, den ganzen Tag für ein paar Kröten die Stunde schwitzende Fan muss doch einsehen, wieviel mehr das Hobby seines Stars wert ist! Und die Vereine finden das auch prima, solange sie "an den Werbeeinnahmen der Stars beteiligt sind."
Wir haben also bisher erfahren, dass die Vereine immer mehr verdienen, die Spieler vermittelst Macht und Gewalt einen großen Brocken dieses Geldes einkassieren, und den Fans der Spaß wert ist. Und irgendwas war noch mit Angebot und Nachfrage, was allerdings eher anekdotisch vermerkt als wirklich ausgeführt wurde.
Man kann das Ganze so interpretieren: Ein Fußballspieler ist ein Lohnarbeiter wie jeder andere. Er produziert eine Ware, "guten Fußball"; der Gebrauchswert für eine Vielzahl von Fans sei einfach mal vorausgesetzt. Diese Ware ist allerdings nur ein Stufenprodukt; um wirklich etwas draus zu machen bedarf sie der weiteren Verarbeitung durch Kameras, Fernsehübertragungen, Sportmagazinen, Merchandising jeglicher Art etc. Die Ware wird also multipliziert, und erreicht so viele Tausende Konsumenten in der einen oder anderen Form. Natürlich muss eine solche Ware von möglichst hoher Qualität sein, und die Fußball-Arbeiter stehen in doppelter Konkurrenz zueinander, auf dem Spielfeld und auf dem Markt. Auf dem Spielfeld sortieren sich die fähigsten aus, sie allein können der einzelnen Ware den höchsten Gebrauchswert einhauchen, den "schönsten Fußball" spielen. Sie setzen als Arbeiter mit ihrem Stufenprodukt die ganze große internationale Maschinerie der Fußballvermarktung in Gang, wo ihre Leistung millionenfach verkauft wird und dementsprechende Geldmassen einbringt, in erster Linie für die Vereine. Dazu kommt durch die hohe Medienpräsenz des Fußballs eine gesteigerte Attraktivität für Werber in Betracht, die Unsummen für den Aufdruck ihres Logos auf dem Trikot einiger weniger solcher Stars zahlen. Da wird natürlich auch klar, dass Stürmer am meisten verdienen. Sie schießen die Tore, sie stehen im Rampenlicht und vor den Kameras, ihr Trikot wird am regelmäßigsten gezeigt. Allerdings sind solche guten Fußballer selten, setzen jahrelanges Training und intensive Spezifizierung voraus, und eben durch diese Seltenheit, durch die Knappheit des Angebots, sind sie für die Vereine so wertvoll. Denn auch wenn ein Star Millionen kostet, er bringt noch viele weitere Millionen Mehrwert ein.
der nächste Artikel der elfteiligen Serie "Verklär' mir die Welt - von Dummies für Dummies: die FAZ erklärt die Wirtschaft" erscheint am Mittwoch, den 13.09.2006, auf www.secarts.org.