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29.10.2005 in Göttingen |
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Nach der schweren Schlappe, die der NPD und den "freien Kameradschaften" bei ihrem Versuch, unter staatlichem Schutz am 29.10.2005 in Göttingen aufzumarschieren, verpasst wurde (www.secarts.de berichtete u.a.
hier,
hier und
hier), wollen die Faschisten noch einmal testen, ob und wie weit sie in Göttingen gehen können:
Für den
13.05.2006 wurden zwei Demonstrationen bei der Stadt angemeldet; ein NPD-Aufmarsch (Wunschroute der NPD: die alte...) sowie eine Demonstration unter Faschisten-Kader Christian Worch auf dem historischen Marktplatz.
Warum die Faschisten diesmal gleich mit zwei Demonstrationen unter verschiedenen Veranstaltern drohen, kann mehrere Gründe haben: sei es, dass die Nazikader hoffen, wenigstens eine Anmeldung durchzubekommen; seien es interne Querelen:
In der "Szene" kam es nämlich im Anschluss an die etwas übereilte Heimfahrt der Faschisten im sonnigen Göttinger Oktober zu einem handfesten Streit. Bekanntlich wurde der Aufmarsch von einem Bündnis der NPD Göttingen, die als Antragsteller und "Schirmherr" fungierte, und den sog. "freien Kameradschaften", die bundesweit auf allen möglichen Veranstaltungen das Fussvolk stellen, ausgetragen (faschistische Veröffentlichungen sprechen von einem Kräfteverhältnis von 30 NPD : 70 "freie Kameradschaften"). Drei Rednern der "freien Kameradschaften" wurde bei der Demonstration am 29.10.2005 allerdings von der NPD ein "Redeverbot" auferlegt - wovon niemand viel mitbekam, da sowieso alles, was die Damen und Herren vom "nationalen Widerstand" kundzutun gedachten, heilos im Lärm der Gegendemonstration unterging. Das "Redeverbot" wurde durch die NPD Niedersachsen unterdessen jedoch wieder aufgehoben und damit seitens der NPD die "Bedingung" der "freien Kameradschaften" für weitere "Zusammenarbeit" erfüllt.
Wie immer dem auch sei - beide Demonstrationen der NPD und der Worch-Truppe sollen sich, so die Planungen der Faschisten, an einer bestimmten Stelle zu einem "großen Zug" vereinen.
50 plus 100 sind gleich 150. Wenn es sich unterwegs nicht einige anders überlegen...
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entdeckt in Göttingen: "welcome to the end of the road" |
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Soweit zur Situation bei den Faschisten - die Anmeldungen für beide Demonstrationen sind bei der Stadt Göttingen eingegangen; mit dem Argument der Gefahrenabwehr sollen beide Demonstrationen diesmal durch die Stadt, die bei der letzten NPD-Demo am 29.10.2005 noch eine großzügige Linie mit offerierter Route gegen die Nazis fuhr, untersagt werden - mit Berufung auf die "gewalttätigen Ausschreitungen" der letzten Demo.
Es ist also noch nichts entschieden - die Antwort der demokratisch-antifaschistischen Kräfte an die NPD und ihren staatlichen Wegfreimacher am 29.10.2005 war wuchtig genug, um die Stadtverwaltung ins Grübeln zu bringen: ein ganzer Samstag Umsatzeinbruch für die Innenstadt; negative Publicity in ganz Deutschland und selbst im Ausland durch brennende Barrikaden und Bürgerkriegsatmosphäre in Göttingen und eine völlig düpierte Polizei, die teilweise stundenlang nicht verhindern konnte, dass Teile der Stadt zu "rechtsfreiem Gebiet" wurden - das ist zuviel des Guten.
"
Angesichts der Gewalt bei der Demo am 29. Oktober 2005 ist die Stadt fest entschlossen, die Kundgebung zu verbieten", sagte Stadtsprecher Johannson dem Göttinger Tageblatt. Daher sei die Stadt zuversichtlich, dass auch das OVG jetzt zu einer anderen Beurteilung komme, so Johannson. Ob die Gerichte dieser Argumentation jedoch folgen werden, steht noch völlig in den Sternen; allzu oft bewiesen deutsche Richter, wie sie das Recht auf "freie Meinungäußerung" verstehen.
Im gleichen Lokalblattartikel sinniert die desillusionierte Polizeiführung, enttäuscht ob des Ungehorsamspotentials ihrer Bürger, auch gleich über mögliche Verbesserungen für den nächsten Aufmarsch nach: Die Göttinger Polizei, so ihr Direktionspräsident Wargel, werde darauf bestehen, dass NPD- und Gegendemonstration stärker getrennt werden, um ein "
Überschwappen der Aggressivität zu verhindern". Es dürfe nur ein Weg für die Demonstrationen genehmigt werden, der den neuralgischen Punkt Bahnhof nicht berührt.
Dies am Rande: auch wenn die Argumentation der Stadtverwaltung, erst
nach den "
negativen Erfahrungen" der letzten Demo diesmal gleich verbieten zu wollen, unfreiwillig entlarvend und zynisch ist - die Gewalt geht ursächlich schließlich nicht von den Antifaschisten, sondern von den einmarschierenden Faschisten aus! - scheint die Schocktherapie vom 29.10. nicht ganz wirkungslos gewesen zu sein. Wieder einmal hat sich in aller Deutlichkeit gezeigt: Polizei, Verwaltung und Staatsmacht werden die Faschisten nicht stoppen. Nur eine vereinte, massive Gegenwehr aller bürgerlich-demokratischen und antifaschistischen Kräfte - auch unter Einschluß sog. "zivilen Ungehorsams", denn Lichterketten und Luftballons reichen nicht! - kann den braunen Pöbel in seine Schranken weisen. Und nur deutlicher Protest und Gegenwehr kann die Stadt Göttingen (der Name ist hier sicher austauschbar...) und die staatliche Ordnungskräfte zwingen, von ihrer geschichtsvergessenen und parteiischen Legalitätstaktik abzugehen.
Ergänzung 24.03.2006:Aus aktuellem Anlass sei folgendes noch einmal in aller Deutlichkeit gesagt:
www.secarts.de ruft nicht zur Gewalt auf! Idealerweise sollten Faschisten weder in Göttingen, wo sie auf keinerlei Resonanz in der Bevölkerung stoßen, noch sonst irgendwo in Deutschland demonstrieren dürfen. Es ist außerordentlich begrüßenswert, dass die Stadt Göttingen dies nun genauso sieht. Falls es jedoch nicht möglich ist, die Faschisten am Marschieren zu hindern, ist breitester - von bürgerlich-demokratischen bis hin zu allen weiteren antifaschistischen Kräften, von Parteien bis zu Initiativen und Einzelpersönlichkeiten - Widerstand erforderlich, um den Faschisten zu zeigen, dass sie weder hier noch sonstwo erwünscht sind. "Breitester Widerstand", das meint: kreativer Protest. Eine große und breitestmögliche Gegendemonstration, Rahmenveranstaltungen zu Geschichte und Gegenwart, Bündnisaufrufe zur Vernetzung aller antifaschistischen Kräfte, Verteidigung bürgerlich-demokratischer Rechte - wie dem Recht auf Unversehrtheit und dem NS-Wiederbetätigungsverbot nach §139 GG. Und, notfalls, auch eine - friedliche! - Sitzblockade.
www.secarts.de hat sich sowohl bei der letzten Demonstration am 29.10.2005, als auch im Vorbereitungsprozess zu der möglichen Gegendemonstration am 13.05.2006 ausdrücklich dem Aufruf des "Bündnisses gegen Rechts", das zu friedlichen Protesten aufruft, angeschlossen. Nirgendwo wurde zur Gewalt gegen Personen oder Sachen aufgerufen!
Gleichzeitig weigern wir uns jedoch, einseitige Distanzierungen gegen "Krawallmacher" abzugeben, wie dies gelegentlich von einzelnen politischen Kräften gefordert wurde, die sich im Übrigen in keinster Weise am friedlichen Protest beteiligen wollten.
Denn: nicht die friedlichen Gegendemonstranten, sondern die Faschisten tragen die Gewalt in die Stadt Göttingen! Ohne Nazi-Demo gäbe es keinen Anlass zu Gegendemonstrationen. Und eine Polizeiführung, die rechtzeitig bei Gefahr im Verzug die Nazi-Demo abbricht, entzieht damit möglichen Ausschreitungen im Vorhinein den Boden.
Wir wünschen uns: Stadtverwaltung, Gerichte und Polizei, die nicht gegen die Interessen zehntausender Bewohner der Stadt Göttingen handeln. Eine konsequent und geschichtsbewußt vorgehende Verwaltung und Polizei, die unnachsichtig gegen Kräfte einschreitet, die mit denselben Parolen und Zielen antreten wie ihre unseligen Vorgänger 1933. Und damit Rahmenbedingungen, die möglichen Gewaltausbrüchen von vorhinein den Boden entziehen.
Dies wäre der Idealfall -
nur wenn dies nicht eintritt, ist die Bevölkerung in der Pflicht. Von uns aus gerne friedlich!
Alleine der Verbotsversuch der Stadt ist zu begrüßen und muss als großer Erfolg der antifaschistischen Gegenaktivitäten vom 29.10.2005 gewertet werden, wie immer der zu erwartende Prozess auch ausgehen wird, den die Nazis gegen die Stadt Göttingen anstrengen werden. Verwaltungsbeamte mögen aus Erfahrung irgendwann einmal schlau werden - bei Verwaltungs
richtern ist dies immer noch völlig unbewiesen.
Bleibt es also nicht beim Verbot der Fascho-Demo, sollte man sich - schon jetzt - auf einige Punkte konzentrieren:
- zwei Nazidemos gleichzeitig sind mehr als unwahrscheinlich. Und beide favorisierten Nazi-Routen ebenfalls: Höchstwahrscheinlich werden die Nazis
nicht ihre polizeilich kaum zu schützende alte Route durch das verwunschene und unübersichtliche Ostviertel und Unigebiet oder gar den zentralen Marktplatz benutzen können. Eine (in der Vergangenheit schon mehrfach praktizierte) Teilung der Nazi-Demo in die Weststadt; eine weit entfernte Gegen-Demonstration im Innenstadtring ist demnach das Wahrscheinlichste.
- Dies ist mehrfach problematisch; die Faschisten werden auf Wohngebiete losgelassen, die vielfach von Migranten, mithin ihren rassistischen Feindbildern, bewohnt werden; die hoffentlich gut gemischt bürgerlich-antifaschistische Gegendemonstration hockt derweil abgeschirmt vom Geschehen zwei Kilometer weit weg.
- Und, zuletzt: WENN es zur Nazi-Demo kommt, werden sich Stadt und Polizeiführung diesmal nicht noch ein Desaster wie im Oktober erlauben wollen. Noch stärkere staatliche Kräfte werden zusammengezogen werden, wenn die Verantwortlichen entscheiden werden, die Nazis durch die Stadt marschieren zu lassen. Dies bedeutet: eingeschränkte Bewegungsfreiheit, ein weiterer Samstag Umsatzeinbruch für die Göttinger Innendstadt und wiederholter Ausnahmezustand wegen zweihundert Faschisten.
Es ist ganz klar: auch diesmal werden alle demokratisch-antifaschistischen Kräfte - erst recht nicht! - dulden können, dass die Faschisten in Göttingen einmarschieren. Rechtzeitig organisieren, rechtzeitig planen, und ein deutliches Gegenzeichen setzen - denn noch immer gilt: Wenn wir sie nicht stoppen, tut es niemand!
KEINEN FUSSBREIT DEN FASCHISTEN!
SCHLAGT DIE FASCHISTEN, WO IHR SIE TREFFT! *
[*= dieses historische Zitat ist selbstverständlich nicht physisch, sondern allegorisch gemeint!]
Nachtrag 14.03.2006:www.secarts.de schließt sich dem
Aufruf des Bündnisses gegen Rechts gegen den geplanten Aufmarsch am 13.05.2006 an und fordert, nach dem erfolgten Verbot der Faschisten-Demonstrationen durch die Stadt Göttingen, dass auch die Gerichte der Argumentation der Stadt folgen und den Aufmarsch unterbinden.
Weiterhin ist es vonnöten, die Diskussionen und Vorbereitungen eines deutlichen Gegenzeichens fortzuführen - falls die Faschisten kommen, sollen sie schließlich auch ordentlich empfangen werden!
Nachtrag 24.03.2006:www.secarts.de wendet sich in aller Deutlichkeit gegen die Versuche der Göttinger Polizei, legitime Aufrufe zum Widerstand gegen die geplante (und derzeit immer noch verbotene!) Fascho-Demo am 13.05.2006 zu kriminalisieren!
Der Text aus dem "Polizei-Presse-Portal", in dem der Aufruf zu Gegenaktivitäten u. a. auf dieser Webseite in den Ruch krimineller und gewalttätiger Aktionen gebracht werden sollen, ist
hier nachzulesen.
...auf dem Laufenden bleiben:
- natürlich auf www.secarts.de,
- dem DGB Südniedersachsen und
- bei der Antifaschistischen Linken International (A.L.I.)