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Von Erika

Auf welche Teile der Gesellschaft stützt sich die Monopolbourgeoisie im Klassenkampf hauptsächlich?

Es gibt überhaupt nur rund eine halbe Million Kapitalisten in der BRD, das sind 1,5 Prozent der sogenannten „Erwerbsbevölkerung“ und weniger als 1 Prozent der Gesamtbevölkerung. Diese halbe Million sind die kleine Minderheit, die die Arbeiter in der BRD ausbeuten.
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Die Bourgeoisie – eine kleine Minderheit
Aber die Minderheit, die politisch über uns herrscht, die ist noch viel kleiner, die zählt nach Menschen überhaupt nur einige Hundert. Das sind die Monopolkapitalisten, die an den Schaltzentralen der ökonomischen und politischen Macht sitzen. Diese paar Hundert können nie und nimmer allein über uns herrschen, auf den Knochen der Arbeiter immer reicher werden, Armut und Kriege produzieren. Wenn es nur gegen die ginge, hätten die Arbeiter längst mit diesem Elend Schluss gemacht und die Fabriken übernommen. Wie hätten die paar hundert Monopolherren die Sowjetunion überfallen sollen? Und wie hätten sie allein die sozialistischen Länder unterminieren, boykottieren, erpressen, bedrängen sollen, ohne dass die Arbeiter ihnen auf die Finger gehauen hätten?

Die Herren der Konzerne und Banken sind also in jeder Situation darauf angewiesen, ich Reserven in der Gesellschaft zu sichern, auf die sie sich stützen können und mit deren Hilfe sie die Arbeiterklasse bekämpfen, ruhig stellen und sogar für ihre politischen Ziele einspannen können.

Diese Reserven oder sozialen Stützen werden aus zwei verschiedenen gesellschaftlichen Schich­ten gewonnen, die im Imperialismus unvermeidlich vorhanden sind:

1. Gesellschaftliche Schichten außerhalb der Arbeiterklasse

Diese Schichten spielen nicht erst im Imperialismus eine Rolle, sondern seit es den Kapitalismus gibt:
„Die Mittelstände, der kleine Industrielle, der kleine Kaufmann, der Handwerker, der Bauer, sie alle bekämpfen die Bourgeoisie, um ihre Existenz als Mittelstände vor dem Untergang zu sichern. Sie sind also nicht revolutionär, sondern konservativ. Noch mehr, sie sind reaktionär, sie suchen das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Sind sie revolutionär, so sind sie es im Hinblick auf den ihnen bevorstehenden Übergang ins Proletariat, so verteidigen sie nicht ihre gegenwärtigen, sondern ihre zukünftigen Interessen, so verlassen sie ihren eigenen Standpunkt, um sich auf den des Proletariats zu stellen.“1

Die reaktionäre Tendenz in diesen kleinbürgerlichen Schichten, die Sehnsucht, das Rad der Geschichte zurückzudrehen, wurde Jahrzehnte nach Veröffentlichung dieser Zeilen des Kommunistischen Manifests (1848) großen Teilen von ihnen zum Verhängnis, da sie mit Hilfe der faschistischen, scheinbar antikapitalistischen Demagogie für die Interessen des Großkapitals eingespannt wurden.

Und weitere Schichten bieten sich schon seit dem vorigen Jahrhundert dem Kapital an:
„Die Bourgeoisie hat alle bisher ehrwürdigen und mit frommer Scheu betrachteten Tätigkeiten ihres Heiligenscheins entkleidet. Sie hat den Arzt, den Juristen, den Pfaffen, den Poeten, den Mann der Wissenschaft in ihre bezahlten Lohnarbeiter verwandelt.“2

Dieser Bereich der Intelligenz, der Kleingewerbetreibende enthält und formal Lohnabhängige, die nicht zur Arbeiterklasse gehören, vergrößert sich im Zeitalter des Imperialismus gegenüber der Zeit, in der das Kommunistische Manifest geschrieben wurde, ganz gewaltig. Große Teile der Intelligenz werden dann im 20. Jahrhundert auch anfällig und gewinnbar für faschistische Demagogie, da der Faschismus ihnen Herrschafts- und Machtpositionen verspricht.

Das sind die kleinbürgerlichen Zwischenschichten, aus denen das Monopolkapital Reserven für sich schöpfen kann. Und dann gibt es noch eine Schicht, die nicht zur Arbeiterklasse und nicht zur Bourgeoisie gehört:
„Das Lumpenproletariat, diese passive Verfaulung der untersten Schichten der alten Gesellschaft, wird durch eine proletarische Revolution stellenweise in die Bewegung hineingeschleudert, seiner ganzen Lebenslage nach wird es bereitwilliger sein, sich zu reaktionären Umtrieben erkaufen zu lassen.“3

Die ganze Bedeutung dieser Feststellungen aus dem Kommunistischen Manifest wurde erst im 20.Jahrhundert offensichtlich, als die SA den hoffnungslosesten Gestalten dieser kapitalistischen Gesellschaft Stiefel und Uniform gab.

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Gesellschaftliche Schichten außerhalb der Arbeiterklasse
Die kleinbürgerlichen und lumpenproletarischen Schichten und natürlich die paar hunderttausend nichtmonopolistischen Kapitalisten sind also das Reservoir außerhalb der Arbeiterklasse, aus dem die Monopolbourgeoisie ihre Bataillone bilden kann. Unwahr ist aber, dass die Arbeiterklasse von einer reaktionären Masse umgeben sei – eine Behauptung, die im 19. Jahrhundert von der lassalleanischen Richtung der Arbeiterbewegung aufgestellt wurde. Die Geschichte ist so verlaufen, wie die obigen Zitate aus dem Kommunistischen Manifest es auch darstellen: wenn die Arbeiterklasse kämpft, dann zieht sie auch Bündnispartner auf ihre Seite, dann entreißt sie der Bourgeoisie Bataillone, die dann entweder neutralisiert werden können oder die sogar gemeinsam mit den Arbeitern kämpfen. Teile dieser sozialen Stütze der Bourgeoisie können sich so in Reserven der Arbeiterklasse verwandeln.

Die Geschichte lehrt, dass in revolutionären Situationen oder zumindest nach dem Sieg der Arbeiterklasse große Teile der kleinbürgerlichen Schichten für die Sache der Arbeiterklasse gewonnen werden können, z.B. die arme Bauernschaft und die untersten Schichten des städtischen Kleinbürgertums. Das liegt zum einen daran, dass diese Werktätigen ein ebenso schweres, wenn nicht sogar ein schwereres Los als die Arbeiter haben. Zum zweiten - und das ist der wichtigere Grund - bietet die Zukunft der Arbeiter, die sozialistische Gesellschaft, diesen Schichten eine Perspektive. Diese Perspektive stellte sich in den bisherigen sozialistischen Ländern in der Errichtung z.B. von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, Handwerksgenossenschaften, Konsumgenossenschaften usw., kollektivem Eigentum dar, das frei vom Würgegriff der Konzerne und Banken ist.

Solange diese revolutionäre Perspektive noch nicht greifbar ist, sind diese Schichten kaum als Bündnispartner der Arbeiterklasse gewinnbar. Wenn es um den Kampf gegen den Faschismus geht, treten aber andere kleinbürgerliche Schichten an die Seite des Proletariats, sofern ein proletarischer antifaschistischer Kampf tatsächlich sichtbar ist. Das war z.B. der Fall, als Schriftsteller und andere Künstler und Intellektuelle sich auf die Seite der Sowjetunion im Krieg gegen Hitler-Deutschland stellten.

Eine zweite soziale Stütze der Monopolbourgeoisie kommt aus der Arbeiterklasse und wirkt in ihr.

Sie wird rekrutiert aus verbürgerten Arbeiterführern und aus der Arbeiteraristokratie. Das sind diejenigen, die uns das Leben in den Betriebsräten, in den Gewerkschaften schwer machen. Ihre politische Heimat ist die SPD, die Partei, die sich aus einer ehemals revolutionären in eine opportunistische verwandelt hat, bei den Arbeitern verankert war und hohes Ansehen genoss und nur dadurch die Spaltung und den heutigen Ruin der deutschen Arbeiterbewegung verursachen konnte. Diese soziale Stütze der Herrschenden innerhalb der Arbeiterklasse ist viel jünger als die vorher genannte kleinbürgerlich-lumpenproletarische Reserve. Ihre Entstehung hängt zusammen mit der Entwicklung des Kapitalismus zu seinem höchsten Stadium, dem Imperialismus (auch wenn es Vorläufer bereits vor dem imperialistischen Stadium in Großbritannien gab – dies hing mit dem reichen britischen Kolonialbesitz zusammen).

Aber auch die kleinbürgerliche soziale Stütze erfährt im Imperialismus insofern eine Veränderung, als sie eine aggressive Organisationsform gegen das Proletariat erhält, die faschistische Sammlungsbewegung mit ihren buntscheckigen Parteien, Vereinen, militärischen Formationen, in die Achtgroschenjungen, Hausfrauen, Metzger, Beamte, Akademiker, Künstler ... hineingezogen werden.

Aber sehen wir uns zunächst an, warum im Imperialismus überhaupt Veränderungen für die Bourgeoisie hinsichtlich ihrer Stützen in der Gesellschaft notwendig und möglich werden.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die Entwicklung des Kapitalismus so weit abgeschlossen, dass der Feudalismus als Gesellschaftssystem erledigt war, der Kapitalismus auf dem ganzen Erdball keinen weißen Fleck mehr gelassen hatte, sich riesige Monopolverbände und wenige imperialistische Staaten herausgebildet hatten, deren Konkurrenz untereinander alles Bisherige in den Schatten stellte. Und auch der Krieg, der daraus resultierte, stellte alle bisherigen Kriege in den Schatten. Um diesen Weltkrieg anzuzetteln und zu führen, musste der deutsche Imperialismus das Volk gegen andere Völker hetzen, und insbesondere die deutschen Arbeiter gegen andere Arbeiter hetzen.

Das war ein sehr schwieriges Problem, vor dem der deutsche Imperialismus da stand! Denn die Arbeiter waren zu ausgemachten Gegnern der Bourgeoisie geworden. Ökonomisch war der Kapitalismus in Deutschland vollendet, aber zu spät und zu kurz gekommen bei der Aufteilung der Welt – er besaß kaum Kolonien. Politisch war Deutschland eins der rückständigsten, zersplittertsten und polizeihörigsten Länder Europas. Die Bourgeoisie hatte mit den Junkern ein Klassenbündnis geschlossen und begründete so den für Deutschland typischen preußisch-junkerlichen Kapitalismus. Der unversöhnliche Widerspruch zwischen Arbeiterklasse und Bourgeoisie war das größte Kriegshindernis, zumal die Arbeiterklasse inzwischen so angewachsen war, dass alles – auch Krieg oder Frieden – von ihr abhing. Es war also eine Lebensfrage des deutschen Imperialismus, die Arbeiterklasse mit der Bourgeoisie zu versöhnen. Dazu hatte es schon im 19. Jahrhundert verschiedene Versuche gegeben, die kleinbürgerlichen Reserven zu nutzen zur Desorganisierung und
Verwirrung der Arbeiter – z.B. christliche Gewerkschaften, wohltätige Vereine, die Bis­marck’­sche Sozial­„re­form“ usw.

All das blieb verhältnismäßig wirkungslos. Die Massen der klassenbewussten Arbeiter folgten ihren antimilitaristischen Führern August Bebel und Wilhelm Liebknecht und verachteten die Versöhnlerei des Kleinbürgertums. Mehr noch: die Arbeiterklasse war nicht nur ein Kriegshindernis, sie gewann politisch immer mehr an Stärke und bereitete sich auf den Sturz der bürgerlichen Gesellschaft vor.

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Der Krieg beginnt...
Die Monopolbourgeoisie musste angesichts der immer stärker werdenden Konkurrenz unter den Imperialisten andere Methoden finden, die Klassenversöhnung durchzusetzen. Man sagt, mit Geld geht alles. Und dieses Geld, die Klassenversöhnung zu kaufen, war jetzt tatsächlich vorhanden. Denn jetzt hat der Kapitalismus „eine Hand voll (weniger als ein Zehntel der Erdbevölkerung, ganz ,freigebig’ und übertrieben gerechnet, weniger als ein Fünftel) besonders reicher und mächtiger Staaten hervorgebracht, die – durch einfaches ,Kuponschneiden’ – die ganze Welt ausplündern. ... Es ist klar, dass man aus solchem gigantischen Extraprofit (denn diesen Profit streichen die Kapitalisten über den Profit hinaus ein, den sie aus den Arbeitern ihres ,eigenen’ Landes herauspressen) die Arbeiterführer und die Oberschicht der Arbeiteraristokratie bestechen kann. Sie wird denn auch von den Kapitalisten der ,fortgeschrittenen’ Länder bestochen – durch tausenderlei Methoden, direkte und indirekte, offene und versteckte. Diese Schicht der
verbürgerten Arbeiter oder der ,Arbeiteraristokratie’, in ihrer Lebensweise, nach ihrem Einkommen, durch ihre ganze Weltanschauung vollkommen verspießert, ist die Hauptstütze der II. Internationale und in unseren Tagen die soziale (nicht militärische) Hauptstütze der Bourgeoisie. Denn sie sind wirkliche Agenten der Bourgeoisie innerhalb der Arbeiterbewegung, Arbeiterkommis der Kapitalistenklasse (...), wirkliche Schrittmacher des Reformismus und Chauvinismus. Im Bürgerkrieg zwischen Proletariat und Bourgeoisie stellen sie sich in nicht geringer Zahl unweigerlich auf die Seite der Bourgeoisie ...

Ohne die ökonomischen Wurzeln dieser Erscheinung begriffen zu haben, ohne ihre politische und soziale Bedeutung abgewogen zu haben, ist es unmöglich, auch nur einen Schritt zur Lösung der praktischen Aufgaben der kommunistischen Bewegung und der kommenden sozialen Revolution zu machen.“
Die Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung war mit dem Beginn des ersten Weltkriegs vollendet, da die SPD die Kriegskredite bewilligte und die Arbeiter zur Beteiligung am großen Völkermorden aufforderte. Alle Parteien der sozialistischen Internationale begingen diesen Verrat bis auf die russischen Bolschewiki, die Sozialdemokratische Partei Serbiens, die „Engherzigen“ in Bulgarien und zunächst auch die italienische Sozialistische Partei. Die deutsche Sozialdemokratie war aber die Erste, die der Kriegspolitik „ihrer“ Kapitalisten folgte, gegen die Beschlüsse und den Willen der Sozialistischen Internationale. Das wurde spätestens seit 1907 deutlich, wobei in der deutschen Sozialdemokratie schon lange vorher „theo­retische Vorarbeit“ in Sachen Opportunismus geleistet worden war, z.B. gegen den politischen Massenstreik, gegen die praktischen Erfahrungen des Kampfes der Arbeiter in Russland.

Die Großbourgeoisie hatte nun also mit der Arbeiteraristokratie eine zweite soziale Stütze, die ihren Bedürfnissen viel besser angepasst war als das buntscheckige Gemisch aus Kleinbürgertum und Lumpenproletariat.

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die Faschisten sammeln sich, haben aber noch nicht viel zu bieten
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In welche seiner beiden sozialen Reserven das Monopolkapital hauptsächlich investiert, ist keine Frage der Moral sondern der Bilanz.
Allerdings warf sie diese Reserve außerhalb der Arbeiterklasse nicht achtlos weg. Nun war nicht mehr Wohltätigkeitsgedöns und christliche Erbauung der Arbeiter gefragt. Sondern die neuen Aufgaben dieser kleinbürgerlichen Reserve ergaben sich aus dem 1. Weltkrieg, der gerade diese Schichten ungeheuer brutalisiert und bestialisiert hatte, der ihren Kleingeist durch die militärische Niederlage noch mehr verwirrt und chauvinistisch verhetzt hatte. Es entstand eine neue, „moderne“ Möglichkeit, diesen buntscheckigen Haufen zu organisieren und gezielt für die Interessen des Monopolkapitals einzusetzen – die faschistische Bewegung. Sie trat als Keimform schon bei der Niederschlagung der Novemberrevolution in Aktion, an der die SPD aber den Hauptanteil hatte. Ihre Premiere hatte sie im April 1919 bei der blutigen Niederschlagung der Münchner Räterepublik.

Der Faschismus ist also keine italienische Erfindung, auch wenn das Wort aus dem Italienischen kommt. Der Faschismus wurde in Italien zum ersten Mal zur politischen Herrschaftsform der Monopolbourgeoisie (1922). Das erwies sich als geradezu harmlos gegenüber dem, was der deutsche Faschismus in Verbindung mit dem Antisemitismus (der in Italien viel schwächer ausgeprägt war) „vollbracht“ hat. Er hat den zweiten Weltkrieg des deutschen Imperialismus begonnen, hat es gewagt, in die erste Bastion des Weltproletariats, die Sowjetunion, brutal einzudringen, hat mit der planmäßigen Vernichtung von Millionen von Menschen die größten Verbrechen in der Geschichte begangen und Deutschland der ganzen Welt zum Feind gemacht.

Bevor dem deutschen Faschismus die Macht übertragen wurde, sammelte und organisierte sich diese Bewegung hauptseitig im bäuerlichen und traditionell reaktionären Bayern sowie im von Junkern beeinflussten und geplünderten Preußen.

Wie sieht eine faschistische Bewegung aus?

Ob etwas den Namen „faschistisch“ verdient, hängt nicht davon ab, wie sehr oder wenig es äußerlich Formen der Hitlerbewegung ähnelt. Sondern es gibt einen bezeichnenden Unterschied zu anderen bürgerlichen Organisationen, z.B. konservativen Parteien, die von der Monopolbourgeoisie auch für ihre Dienste bezahlt werden, aber eben keine ernsthaften gesellschaftlichen Stützen darstellen, die große Massen lenken und leiten können. Charakteristisch für jede faschistische Bewegung ist die breite und aggressive Organisierung kleinbürgerlicher und lumpenproletarischer Kräfte gegen die Arbeiterbewegung. Konservative Parteien organisieren nicht breit, sondern in ihnen sind die Honoratioren vereint, die über den Pöbel die Nase rümpfen.

Mit dieser Charakterisierung von konservativen Parteien und faschistischen Bewegungen ist auch schon der wesentliche Unterschied zwischen CDU und CSU charakterisiert, wobei es natürlich in der CDU – seit den letzten 10 bis 15 Jahren vermehrt – faschistische Ecken gibt, und in der CSU auch der ein oder andere demokratisch-konservative bayerische Bürger organisiert ist. Und in der letzten Zeit tun sich auch Führerfiguren hervor, die scheinbar (aber nur scheinbar) auf eigene Rechnung arbeiten, wie z.B. Steinbach und Sarrazin.

Franz Josef Strauß hatte einst von einer „Sammlungsbewegung zur Rettung des Vaterlands“ gesprochen. Und Strauß hatte auch den Satz geprägt: „Mit Hilfstruppen darf man nicht zimperlich sein, und seien sie noch so reaktionär.“

Eben diese Hilfstruppen – z.B. NPD, DVU, die CSU-Abspaltung Reps, Freie Wähler, die Pro-Bewegung und wie sie alle heißen sowie die außerparlamentarischen Mörderbanden – erfüllen jetzt nicht nur die Funktion, von der CSU und den reaktionärsten Teilen der CDU abzulenken und Menschen brutal einzuschüchtern. Sie arbeiten fast unbehelligt in der einverleibten DDR (wobei die Organisationen und Parteien durchweg aus Westdeutschland kommen), und sind für unzählige Morde, Verletzungen und weitere rassistische und antisemitische Taten verantwortlich. Sie knüpfen dort mit ihrer Demagogie an Erinnerungen an die DDR an, die sie verfälschen, indem sie Antifaschismus zu Faschismus verdrehen. Sie sind eine Reserve der Monopolbourgeoisie für den Fall, dass die Beherrschung der eroberten DDR doch noch auf größeren Widerstand stößt. Sie sind gefährlich, aber noch gefährlicher ist es, Faschismus auf diese Grüppchen zu reduzieren und ihn anschließend für eine Randerscheinung zu erklären.

[file-periodicals#142]Nachdem wir nun die faschistische soziale Stütze der Bourgeoisie den bürgerlich-demokratischen konservativen Parteien gegenüber gestellt haben, müssen wir uns an dieser Stelle auch den Unterschied zwischen den beiden großen sozialen Stützen der Monopolbourgeoisie vergegenwärtigen. Die sozialdemokratische Stütze sucht die besten und klassenbewusstesten Teile der Arbeiterklasse zu beeinflussen, um die Arbeiterklasse zu demoralisieren, vom Kampf abzuhalten oder wenigstens den Kampf in der bürgerlichen Gesellschaft verträgliche Bahnen zu lenken und so die Klassenversöhnung zu erreichen und einen Weg der friedlichen Reformen (notfalls auch auf Kosten anderer Völker) einzuschlagen. Die faschistische Stütze sammelt und organisiert die rückständigsten Teile des Kleinbürgertums und des Lumpenproletariats, um sie gegen die Arbeiterklasse aufmarschieren zu lassen und die bürgerliche Demokratie zu vernichten. Der Faschismus will nicht die Klassen versöhnen, sondern den Klassenkampf abschaffen und die Volksgemeinschaft
gegen den Rest der Welt errichten. Da der Klassenkampf nicht abgeschafft werden kann, nimmt der Faschismus – insbesondere wenn er an der Macht ist – blutige Rache an der Arbeiterklasse und auch an der Arbeiteraristokratie. Diese Unterschiede sind für Arbeiter und fortschrittliche Menschen oft nicht leicht zu begreifen. Denn für die Klassenversöhnung fließt notfalls auch mal Arbeiterblut, wie 1919 und 1929, und ein SPD-Mitglied kann auch mal auf der faschistischen Seite landen. Aber das ändert nichts an den Unterschieden, die ich eben dargestellt habe.

Das Monopolkapital bedient sich stets beider großer Reserven in der Gesellschaft. Aber eine von beiden hat immer den Vorrang – nämlich die, die sich in der gegebenen Klassenkampfsituation am meisten für die Herren der großen Industrie und der Banken rechnet.
Die beiden großen sozialen Stützen entsprechen den beiden Herrschaftsformen des Imperialismus: die soziale Stütze, die durch die SPD repräsentiert wird, entspricht der bürgerlich-demokratischen Republik. Die soziale Stütze, aus der sich die faschistische Bewegung rekrutiert, entspricht der faschistischen Terrorherrschaft. Allerdings kann es Übergangsformen geben, in denen die aktuelle soziale Hauptstütze nicht der Herrschaftsform entspricht.

Die jeweilige Regierung, die von CDU/CSU zur SPD gewechselt hat und umgekehrt, hat mit der Frage, welche der sozialen Stützen die Hauptstütze ist, nur sehr wenig zu tun. In den Jahren 1945 bis heute war in Westdeutschland die ganze Zeit die Sozialdemokratie die soziale Hauptstütze der Monopolbourgeoisie, egal, wer an der Regierung war. Wesentlich ist für diese Frage nicht die Regierung, sondern der Einfluss in der Arbeiterbewegung und verbunden damit die Dienste der Sozialdemokratie für das Monopolkapital.

Ob die Monopolbourgeoisie ihre soziale Hauptstütze wechselt, wird nicht durch gesittete Diskussionszirkel der Monopolkapitalisten entschieden. Sondern darum wird ein Kampf um Leben und Tod in der Bourgeoisie selbst geführt, und dieser Kampf spiegelt sich wider in der Kämpfen der reaktionären Kräfte, wie wir sie seit Jahren sehen können. Und da es sich um heftige und chaotische Kämpfe handelt, ist es auch kaum möglich, sozusagen Regeln aufzustellen, unter welchen Bedingungen das Kapital die soziale Hauptstütze wechselt. Aber einige historische Erfahrungen sind doch vorhanden:

Die Sozialdemokratie als soziale Hauptstütze wird meistens in friedlichen oder akut revolutionären Zeiten gebraucht, während die faschistische Reserve im Wesentlichen dann gebraucht wird, wenn unmittelbar und akut die Vorbereitung der faschistischen Diktatur angestrebt wird, wenn also für das Kapital die gewaltsame Neuaufteilung der Welt zur zwingenden Notwendigkeit geworden ist, der Krieg unmittelbar vorbereitet werden muss. Die Sozialdemokratie, die Arbeiteraristokratie kann kurzfristig (und nur kurzfristig!) unter dem Faschismus die soziale Hauptstütze sein. Dafür gibt es ein historisches Beispiel, nämlich Italien unter Mussolini.

Die Monopolbourgeoisie wechselt erst dann die Sozialdemokratie zu Gunsten der faschistischen Hauptstütze aus, wenn dies ökonomisch unbedingt notwendig ist, d.h. wenn es sie zum Krieg treibt. Sie macht das nicht aus Spaß, sondern weil sie es von ihrer Ökonomie her muss.

Die Sozialdemokratie bleibt auch unter dem Faschismus eine Reserve der Monopolbourgeoisie. Ein offensichtliches Beispiel dafür ist der 1.Mai 1933. Der Faschismus war längst an der Macht und noch länger war die faschistische Bewegung schon die soziale Hauptstütze der Monopolbourgeoisie. In dieser Situation haben die rechten Führer des ADGB noch gewaltigen Schaden angerichtet, indem sie die Arbeiter zur faschistischen 1.Mai-Kundgebung aufgerufen haben. Am 2.Mai haben dann die Nazis die Gewerkschaftshäuser gestürmt.

Die faschistische Sammlungsbewegung wird aufgebaut, wenn die Sozialdemokratie noch die soziale Hauptstütze ist.

Wenn die faschistische Bewegung zur sozialen Hauptstütze wird, dann liegt das nicht an der Stärke der Arbeiterbewegung (dagegen setzt die Monopolbourgeoisie eher die Sozialdemokratie ein), sondern dann heißt das, die Arbeiterbewegung ist zu schwach gewesen, diesen reaktionären Umschwung zu verhindern.