www.secarts.org dokumentiert an dieser Stelle ausgewählte Statements einer aktuellen Diskussion aus der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) um Fragen der Stellung von Kommunisten zur Europäischen Union. Wir, als überparteiliche Webseite und nicht parteigebundene Diskussionsplattform, begrüßen die breite Diskussion dieser für die gesamte Linke wichtigen Fragen, auch über die DKP hinaus. Wir machen uns als Redaktion von secarts.org nicht gemein mit allen Standpunkten der Debatte. Eine Veröffentlichung weiterer Diskussionsbeiträge behalten wir uns vor.
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Zur EL-Kampagne gegen Sparprogramme...Wera und Patrik schreiben, es "muss über die Kampagne in der ganzen Partei diskutiert werden, bevor sie beschlossen wird - bestenfalls auf einem Parteitag." Da haben sie natürlich Recht. Und das Sekretariat hätte vor der 3. Parteivorstandstagung die durch die ELP vorgeschlagene Kampagne sicherlich zur Diskussion stellen können und müssen. Selbst wenn die Zeit für eine Entscheidung drängte.
Fakt ist aber auch, dass es zur politischen Handlungsfähigkeit einer Partei gehört, auf Grundlage von Parteiprogramm und Beschlüssen der Parteitage auch kurzfristig zu aktuellen politischen Anlässen Beschlüsse zu fassen und gemeinsam zu agieren. Im Klassenkampf gibt es Siege, Niederlagen und verlorene Gelegenheiten. Eine verlorene Gelegenheit wäre, wenn die Partei nicht aktiv wird angesichts europaweit exekutierter "Sparprogramme", des "Paktes für den Euro" aber auch angesichts der sich entwickelnden Protestbewegungen.
Im Parteiprogramm wird die EU als ein Feld des Klassenkampfes charakterisiert, wobei es darauf ankomme, "im gemeinsamen Handeln die Beherrschung der EU-Institutionen durch das Monopolkapital einzuschränken, diese Institutionen zu demokratisieren und selbst Einfluss auf deren Entscheidungen zu gewinnen". Diese Position ist Ergebnis einer jahrelangen Diskussion (siehe z. B. bereits die Thesen des 8. Parteitages, 1986). Der 18. Parteitag beschloss, den "Beobachterstatus in der Europäischen Linkspartei wahr(zu)nehmen, um an den gesellschafts- und friedenspolitischen Initiativen dieser Partei mitzuwirken, ... einen Beitrag zu leisten, um die Rechtsentwicklung in der Europäischen Union zu stoppen und eine Perspektive für eine Zusammenarbeit im Interesse der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung auf der Grundlage des Kampfes für die Sicherung und Erweiterung politischer und sozialer Rechte und einer Politik des Friedens zu entwickeln".
Die Politische Resolution des 19. Parteitages orientiert auf die Formierung von "Allianzen verschiedener sozialer und gesellschaftlicher Kräfte, in denen die Arbeiterklasse die entscheidende Kraft sein muss ... und (die) für eine soziale und demokratische Wende in der Entwicklung der BRD und EU-Europas eintreten". Als Aufgabe der DKP wird benannt, "für die Verbindung des Kampfes auf nationaler Ebene mit den Kämpfen auf europäischer und globaler Ebene einzutreten." Bei dem Vorschlag, dass sich die DKP an der europaweiten Kampagne gegen die "Sparprogramme" und an der Mobilisierung für eine politische Alternative beteiligen möge, handelt es sich also um die Umsetzung von Beschlüssen, die von der Partei diskutiert und von Parteitagen beschlossen worden sind.
Nun lässt sich natürlich darüber streiten, ob die Konzeption der Kampagne schlüssig ist, ob der Antrag nachvollziehbar begründet wurde und die Partei die Kraft hat, sich an dieser Kampagne zu beteiligen. Darum ging es aber in der Diskussion im Parteivorstand nur am Rande. Ein wesentlicher Grund für die Ablehnung durch einige Genossinnen und Genossen lag darin, dass "es sich nämlich um eine Kampagne der Europäischen Linkspartei handelt", und "die Einschätzung der EU und der Europäischen Linkspartei innerhalb der DKP umstritten ist".
Diese Argumente stehen auch bei Wera und Patrik im Zentrum ihrer Kritik: "Die EU kann nicht umgekehrt, sondern muss abgeschafft werden." Sie polemisieren gegen die Forderung im Antrag, die "Rolle der Europäischen Zentralbank muss grundlegend geändert werden". Diese Forderung ist aber nichts Neues: Im Wahlprogramm der DKP zur Wahl des Europäischen Parlaments 1999 wird die "Demokratische Kontrolle der Europäischen Zentralbank" gefordert. Die Delegierten des 16. Parteitages beschlossen auf der Wahlkonferenz zur Europawahl 2004 die "Umgestaltung der Leitlinien für die Tätigkeit der EZB durch Festlegung einer sozialstaatlichen Verpflichtung zur Förderung von Vollbeschäftigung und zur Bekämpfung von Armut und Armutszonen in Europa."
Es geht also nicht um die Kampagne, sondern um die grundsätzliche Ablehnung unserer europapolitischen Positionen. Warum eigentlich? Und wie soll eine Parteiführung "führen", wenn ein Teil die programmatischen Positionen nicht nur in Frage stellt, sondern das Handeln blockiert?
Als kurios ist dann nur noch zu werten, dass am zweiten Tag der 3. Parteivorstandstagung Ende März ein Antrag gestellt wurde, das Sekretariat des Parteivorstandes zu beauftragen, "mit den europäischen Schwester-/Bruderparteien konkrete Projekte zur Umsetzung gemeinsamer Aktionen" zu vereinbaren. Also mit einer ganzen Reihe unserer Schwesterparteien (Rifondazione, Partei der italienischen Kommunisten, PCF, PC Spanien, KP Böhmen und Mähren, KP Slowakei, AKEL um nur einige zu nennen) machen wir keine gemeinsame Kampagne, weil sie im Rahmen der Europäischen Linken stattfindet, aber das Sekretariat soll mit den gleichen Parteien bilateral gemeinsame Aktionen vereinbaren. Das verstehe wer will. Die Mehrheit des Parteivorstandes verstand es auch nicht. Aber so wird die Arbeit des Parteivorstandes und der gesamten Partei paralysiert.
Übernommen aus der UZ - Unsere Zeit, Zeitung der DKP - vom 17.06.2011.