Meine China-Reise geht zuende – auch wenn, ganz praktisch gesehen, erst morgen kurz vor Mitternacht mein Flugzeug von chinesischem Boden abheben wird und dieser Tag einer der antrengendsten meiner Reise werden koennte, habe ich doch irgendwas zwischen 35 und 40 Kilogramm Gepaeck zu transportieren und muss mich durch den riesigen Ansturm der Hongkong-Touristen quaelen – dennoch ist heute fuer mich der Tag, an dem ich von China Abschied nehme.
Ein letztes Mal lasse ich vom 12. Stockwerk aus meinen Blick ueber das endlose Lichtermeer Guangzhous streifen, ein letztes Mal erlebe ich die etwas Kuehlung verschaffende subtropische Nacht; morgen um diese Zeit werde ich die Wartezeit im Hongkong Airport totschlagen; uebermorgen liege ich wieder in Deutschland im eigenen Bett und werde sicherlich morgens in der deutschen Kaelte mit dem Gefuehl, die Klimaanlage zu kalt eingestellt zu haben, erwachen...
Nein, ich werde heute kein Resumee ziehen, irgendwelche grossen Resultate meiner Reise postulieren oder eine Neue zu den ungezaehlten Theorien, die sich Deutsche so gern ueber das Ausland zurechtueberlegen, hinzufuegen – ich stecke noch mitten drin und werde wohl einigen Abstand benoetigen, um mein Schlusswort zum Kapitel „Secarts in China“ verfassen zu koennen. Heute packe ich meine Mitbringsel, blaettere noch einmal beim Verstauen in meinen 30 bereits entwickelten Filmen, fuer die ich beinahe schon einen eigenen Koffer brauche, und ordne meine Erinnerungen:
In knapp acht Wochen bin ich mehr gereist als je zuvor in meinem Leben, habe mehr Kilometer absolviert (es duerften, mit den Fluegen, mehr als 30.000 km sein), mehr Klimazonen erlebt und mehr Menschen gesehen. Die Reise war hektisch, zu schnell fuer viele Gebiete und manchesmal bis zum Anschlag anstrengend, und auch deswegen wird sie zu den eindringlichsten Erfahrungen, die ich in meinen 24 Lebensjahren machen durfte, gehoeren. Ich kann nicht behaupten, jetzt China zu kennen; vielleicht aber habe ich das Recht zu sagen, dass mir Land und Menschen viel naeher sind – ich habe Freunde hier gefunden, viele schoene Stunden verbracht und Einblick in eine alte, tiefe und faszinierende Kultur gewonnen. Und in eine Gesellschaft, die trotz aller Probleme optimistisch in die Zukunft blickt und zu ihrer Eroberung bereit ist.
In meinem allerersten Beitrag ueber die (damals noch nicht mal begonnene) Reise schrieb ich, dass ich wohl in China erst merken wuerde, wie wenig ich ueber das Land und seine Menschen weiss. Das war sicherlich richtig – gleichwohl war eine ganz andere Erfahrung viel praegnanter.
Denn ob in Deutschland, China oder sonst wo anders – die Menschen sind sich ungeachtet verschiedener Sprachen oder Kulturen in vielem sehr nah. Auch ohne nur ein Wort Chinesisch sprechen oder schreiben zu koennen, war ich nie „sprachlos“ oder „taub“ – immer war irgendwie Kommunikation moeglich; wenn nichts anderes mehr ging mit Gestik oder einem Laecheln. Und die Wuensche, Sorgen, Hoffnungen und Aengste hier sind nicht anders als die in Europa auch: satt wollen alle werden, eine Schule besuchen koennen, keinen Krieg erleben muessen. Und viele Dinge, die uns seit langem als selbstverstaendlich erscheinen, sind hier jung und gerade erkaempft – China entwickelt sich rasant, nicht nur oekonomisch, sondern mindestens genauso schnell auch gesellschaftlich. Ich bin mir sicher, auch ohne viele Bereiche der Welt je gesehen zu haben: kaum ein Land duerfte heutzutage so spannend, so schnell, so atemberaubend sein wie China!
Fuer ein Resumee ist es zu frueh - was mir auch nach meiner Rueckkehr nach Deutschland von dieser Reise bleiben wird, weiss ich allerdings schon heute. Neben all den materiellen Dingen wie Photos oder Buechern sind es die neuen Bekanntschaften, die mir China nie wieder fern sein lassen werden; sind es meine Erfahrungen und Einblicke in alte Kultur und ganz normales Leben; sind es die historischen Staetten und wunderbaren Landschaften, die ich von nun an fuer den Rest meines Lebens mit anderen Augen sehen werde, wann immer sie in Bild und Wort auftauchen.
Und eine Entscheidung steht fest: das letzte Mal bin ich nicht hiergewesen;
China - ich komme wieder!
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An dieser Stelle werde ich mich verabschieden, denn in China werde ich nicht mehr ins Internet kommen. Wieder daheim werde ich noch viele, bessere Photos nachliefern, die eine oder andere Ergaenzung schreiben und vielleicht auch mit einigen Reisetipps aufwarten – einem Individualreisenden helfen eine Handvoll praktischer Ratschlaege mehr als jeder dickleibige Reisefuehrer.
Ich hoffe, dass es mir trotz aller unter Zeitdruck oftmals sehr subjektiv verfassten Reiseberichte gelungen ist, den einen oder anderen ein Stueckweit mitzunehmen auf meiner Reise durch China – und vielleicht auch Interesse geweckt zu haben, nicht nur auf die (mal hoeflich formuliert: nicht immer besonders sachlichen) deutschen Medien zu hoeren, wenn es um China geht – sondern sich selbst ein Bild von diesem Land zu machen.
Ich wuensche mir, dass nicht nur ich von meiner Reise profitieren konnte, sondern dass ich in der Lage war, ein wenig an all diejenigen, die mir waehrrend meiner Tour treue Leser waren, abzugeben.
Zum Abschluss meiner Reise ist es mir ein Beduerfnis, mich bei allen Menschen, die mir diese Reise moeglich machten, zu bedanken: meiner Familie, die mich nicht nur finanziell erst in die Lage versetzte, ueberhaupt hierhin reisen zu koennen; meinen Freunden, die mir mit Rat und Tat beiseite standen und auf die ich mich auch trotz 10.000 Kilometern Distanz verlassen konnte; meiner Freundin Jing und ihrer Familie, die mich aufnahmen wie einen engen Verwandten und mir Land, Leute und Kultur viel, viel naeher brachten als mir dies alleine je moeglich gewesen waere.
Und ich danke allen regelmaessigen Lesern, Kommentatoren und Besuchern dieser meiner Homepage, die mich immer mit Feedback versorgt haben – auf bald daheim!
Danke, und viele Gruesse,
euer Secarts!