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Von secarts

Hallo, ihr lieben MdB's und MdL's!

Ihr musstet in den letzten Tagen tüchtig einstecken. Erst Hermann-Josef Arentz mit seinen RWE-Gratisstromlieferungen, dann CDU-Gefreiter Laurenz Meyer, jetzt die VW-Genossen in der SPD. Niemand gönnt euch euer kleines, bescheidenes Zubrot zur kargen Abgeordneten-Diät.
In der Tat, denkt sich manch Einer, für einen Haufen Marionetten in Thierses Laienspielgruppe Demokratie kassieren die doch ganz gut ab. Manch ein Bühnendarsteller in großen deutschen Theatern, mitunter Männer und Frauen von Weltruf, bekommt viel weniger für weitaus höheren Arbeits- und Zeitaufwand. Außerdem habt ihr a) viel weniger zu sagen als ein Theaterschauspieler, müsst b) nichtmal zur Arbeit erscheinen und habt c) nach zwei Legislaturperioden im Komödienstadl an der Spree auch noch ausgedient für den Rest des Lebens. Dicker und häßlicher seid ihr außerdem noch, obwohl die meisten von euch nach Gesicht gewählt sind. Aber es gibt ja die Photoretusche. Unfair, irgendwie. Und andere enden im Würgegriff von Hartz IV.

Aber das sind ja alles nur soziale Reflexe, die da jetzt auf euch herniederprasseln. Ich sag euch mal was: Weiter so. Ihr macht ganze Arbeit! Ich werde euch wählen! Alle auf einmal!!!
Denn: der gemeine Bürger kann und darf heutzutage, wo die Zeit bekanntlich Geld ist, gar nicht mit solchen Hirngespinsten wie "plebiszitärer Demokratie" und all diesem modernen Unfug belastet werden. Einmal alle vier Jahre wählen reicht völlig, und dazwischen habt ihr, verehrte MdB's und MdL's, ja auch noch euer Gewissen. Und dem traue ich!
Und eine Tatsache darf man auch nicht unterschlagen: Wer reich ist, kann nicht mehr bestochen werden, zumindest nicht mit Geld. Je schwerer das Säckl wiegt, desto ruhiger kann ich schlafen. Eigentlich sollten nur noch Millionäre zur Wahl kandidieren dürfen!
Vielleicht, und das war erst meine Idee zu dem leidigen Thema, sollten wir doch wieder die repräsentative Monarchie anstelle des repräsentativen Parlamentarismus einführen: Ein König alleine kann gar nicht so viel kosten wie ein paar hundert Abgeordnete. Und ihr könntet dann alle nach Hause gehen und euch am Zusammengerafften erquicken. Der König hätte natürlich auch nix zu sagen, das versteht sich ja von selbst - die Macht bleibt da, wo sie immer war...
Aber mit Monarchen, und seien es auch nur repräsentative, haben wir ja bekanntlich eher schlechte Erfahrungen gemacht. Also ist 'ne Bude voller Abgeordneter immer noch besser, wenn sie nicht gerade Ermächtigungsgesetze abnicken oder Notstandsverfassungen einführen wollen. Sichern sie uns doch allabendlich 5 Minuten Heiterkeit, vielen Printjournaillen das nackte Überleben und schlußendlich die Rettung vor dem Schicksal Schurkenstaat - dafür sollten wir alle dankbar sein.

Wir müssen uns sowieso langsam mal von dem Gedanken verabschieden, im Parlament eine feudale Oase der Beständigkeit zu sehen. Alles ist hier käuflich: Liebe, Essen, ein Dach über dem Kopf, Freundschaften. Warum nicht auch Abgeordnete!? Das kurbelt die Wirtschaft an und bringt den Laden auf Trab, denn Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Wenn ich also, hypothetisch natürlich, als Abgeordneter A. der - imaginären! - Partei SDP merke, dass Abgeordneter B. von der - frei erfundenen! - Partei DCU mit dem - nicht existenten! - Rüstungsbetrieb XYZ einen fetten Provisionsvertrag abgeschlossen hat, ich aber gerade mal vom Wasserversorger ABC mein Trinkwasser billiger geliefert bekomme, unternehme ich doch naturgemäß große Anstrengungen, um dem Konkurrenten Paroli zu bieten. Vielleicht die Einfädelung eines Milliardendeals von Kernzentrifugen in den Iran, oder auch der Zuschlag für den Bau eines neuen Autobahnzubringers im Wahlkreis an den spendabelsten Bauunternehmer. Und beim nächsten Buffet in meiner Villa kann ich wieder den großen Zampano machen... Da schaut der Kollege von der DCU blöd aus der Gesichtsfünf.

Also - um das mal zusammenzufassen: Ich, als euer Wähler, beauftrage euch hiermit, spätestens in der nächsten Legislaturperiode mindestens zwei Nebenbeschäftigungen "ohne Geschäftsbereich" einzugehen, mindestens einmal Bestechungsgelder in sechsstelliger bzw. mindestens zweimal Bestechungsgelder in fünfstelliger Höhe anzunehmen und obendrein einen wohlwollenden Gönner im privatwirtschaftlichen Bereich zu finden.
Ich könnte einfach nicht verwinden, dass ihr nix mehr zum Fressen habt, wenn der ganze Laden auseinandergejagt wird. Und das wir kommen so sicher wie die nächste Überweisung!


herzlichst;
euer secarts.

 
Creative Commons CC BY-NC-ND 4.0
Inhalt (Text, keine Bilder und Medien) als Creative Commons lizensiert (Namensnennung [Link] - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen), Verbreitung erwünscht. Weitere Infos.
 

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  Kommentar zum Artikel von secarts:
Mittwoch, 09.02.2005 - 03:37

"Ausnahmefall" ist eine schöne Umschreibung für ein System, dass nicht zuletzt auf Bereicherungswillen als letzter Triebfeder beruht...
Gute Nacht. Und träum von Gerechtigkeit!


  Kommentar zum Artikel von greensleeve:
Samstag, 08.01.2005 - 11:32

Naja, es sind und bleiben aber Ausnahmefälle. Und das solche Skandale wie Meier oder Arentz an die Öffentlichkeit kommen und diese Leute dann gehen (müssen), zeigt doch eigendlich, daß es Selbstheilungskräfte gibt. Wenn es Methode wäre, würde sich doch niemand mehr drüber aufregen...
Aber Reacht hast du schon, es ist und bleibt ein Skandal - wir wählen die Abgeordneten als Interessenvertreter, und sie breichern sich, wo sie können...


  Kommentar zum Artikel von 127757:
Freitag, 07.01.2005 - 17:50

hähä, sehr gut auf den punkt gebracht...
die betrügen und bereichern sich, wo sie nur können. aber das ist glaube ich kein problem, was nur irgendwelche abgeordneten betrifft, sondern ein grundzug des kapitalistischen systems, wie du schon sagst, alles wird zur ware und ist käuflich...


  Kommentar zum Artikel von Stephan:
Dienstag, 04.01.2005 - 07:12

Zwei, drei Anmerkungen möchte ich dazu loswerden: Zunächst sollte man bedenken, daß die wundervollen Geschenke für unsere Volksvertreter ja durch Aufschlag auf die verkauften Produkte refinanziert werden. Wer in eine Haselnußtafel der Marke Hanuta beißt, sollte weniger an die schöne Bäckerin sondern an den häßlichen Koch denken, eine Vorstellung, die einen den Appetit auf Fett, Zucker, Weißmehl und künstliche Nahrungsergänzungen schon mindert. Auch das Tanken bei Elf, so selten diese Tankstellen in der BRD sind, half ja, den Wahlkampf unseres ehemaligen Bundeskanzlers mitzufinanzieren. Eben dieses Kanzlers, der ja dem Herrgott dankenswerterweise laut unserer BILDzeitung die Flutwelle überlebt hat (Frau Hoppmann mutmaßte zwar, er hätte sie ausgelöst, aber das stimmt bestimmt nicht).

Die zweite Überlegung betrifft die allseits geforderte Offenlegung: Zunächst erscheint sie plausibel und parlamentarischedemokratiefördernd, sie würde aber vor allem eine Preisspirale in Gang setzen. Warum solle etwa ein braver Sozialdemokrat gegen eine Medikamentenpositivliste stimmen, wenn er von der Pharmaindustrie signifikant weniger bekommt, als der Konkurrent von der benachbarten Hinterbank. Schließlich ist das eigene Gewissen zwar billig aber ja nicht billiger.

Und eine weitere Folge einer Offenlegung: Man wird das Bestechungsgeld als Lohnkosten deklarieren müssen! Wer erfindet passende Jobs (Leitungsberatungsassistent ohne vertragliche Mindestarbeitszeit) oder entwickelt nichtssagende Gutachtensanforderungen, bei denen nicht sofort die Bestechung ruchbar wird (Titel des Gutachtens: "Unabhängigkeit frei gewählter Abgeordneter trotz exorbitanter Zuwendungen im Selbstversuch"???). Jetzt ist Kreativität gefragt! Ein Job für secarts?