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unofficial world wide web avantgarde
NEUES THEMA23.06.2017, 22:08 Uhr
EDIT: FPeregrin
09.05.2022, 22:58 Uhr
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FPeregrin

Zu Erfindung und Funktion des 'Holodomor' Zu einer der dreistesten und erfolgreichsten Geschichtslügen des Klassenfeinds - den sog. "Holomodor" - heute in der jW ein lesenswerter Artikel von Thanasis Spanidis m.d.T. Der erfundene Völkermord, dessen letzten Absatz hier einmal zitiere:

"Beim »Holodomor« handelt es sich also um einen besonders dreisten Fall von Geschichtsfälschung, da jedes Detail des relativ gut erforschten Ereignisses der These eines gewollten »Völkermords« widerspricht. Erst recht gilt das, wenn man bedenkt, dass es durchaus andere historische Ereignisse gibt, die man als »Hungergenozid« bezeichnen könnte. So beispielsweise die Hungersnot von Bengalen 1943, als die britischen Kolonialherren den Tod von geschätzten 1,5 bis vier Millionen Menschen achselzuckend hinnahmen. Nichts dergleichen geschah in der Sowjetunion. Dennoch ist der erfundene ukrainische Völkermord viel bekannter als der tatsächliche Hungergenozid des britischen Kolonialismus. Der Grund dafür ist offensichtlich: Lügen haben nur dann kurze Beine, wenn sie nicht von mächtigen Interessen unterstützt werden. Der »Holodomor« aber erfüllt mindestens eine dreifache politische Funktion: Erstens und vor allem geht es darum, das aus der Oktoberrevolution hervorgegangene System als mörderische und menschenverachtende Diktatur darzustellen und damit die Vision einer sozialistischen Gesellschaft, also der planmäßigen Produktion und Verteilung der Güter in einer Gemeinschaft der Gleichen, an sich zu diskreditieren. Zweitens wollen bestimmte Kreise mit dem »kommunistischen Völkermord« die Verbrechen der deutschen Faschisten und ihrer Verbündeten, insbesondere ihrer ukrainischen Hilfstruppen, relativieren, in den Hintergrund rücken oder gar als Reaktion auf den »stalinistischen Terror« darstellen. Und drittens schließlich ist der »Holodomor« ein nützliches Propagandainstrument im Dienste des westlichen Imperialismus und der fanatisch antirussisch eingestellten Regierungen in Osteuropa, allen voran der ukrainischen. Russland wird als Nachfolgestaat eines genozidalen Systems angeprangert, um tief verwurzelte Vorurteile und Ängste der Bevölkerungen gegenüber einem angeblich typisch russischen Despotismus zu mobilisieren. Das verfälschte Geschichtsbild des ukrainischen Nationalismus dient nicht zuletzt dem Kiewer Putschregime zur Rechtfertigung seiner Politik. Es bedarf wohl keiner großen Voraussicht, wenn man also davon ausgeht, dass uns die Legende vom »Holodomor« noch eine Zeitlang erhalten bleiben wird."

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NEUER BEITRAG15.04.2022, 18:01 Uhr
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Zu Erfindung und Funktion des 'Holomodor' #Ukraine:

Da die Darstellung dieses Märchens als feste historische Tatsache z.Z. an aktueller Bedeutung gewinnt, sei o.g. jW-Artikel Der erfundene Völkermord, der inzwischen nicht mehr frei zugänglich ist, noch einmal vollständig gespiegelt:


Aus: Ausgabe vom 23.06.2017, Seite 12 / Thema
Geschichtspolitik

Der erfundene Völkermord

Die Behauptung, Anfang der 1930er Jahre habe die Sowjetunion unter Stalin in der Ukraine eine Hungersnot initiiert, um politischen Widerstand zu brechen, hält sich bis heute – die Fakten zeigen indes ein anderes Bild

Von Thanasis Spanidis

»Bitter Harvest« oder auf deutsch: »Holodomor – bittere Ernte« ist der Titel eines aufwendigen »Geschichtsdramas«, das Ende Februar dieses Jahres in den USA in die Kinos kam. Der Film stellt, selbst gemessen an Hollywood-Standards, einen ganz besonders dreisten Fall von Geschichtsfälschung dar. Sein Thema ist die »ukrainische Hungersnot« von 1932/33, die, folgt man den Filmemachern, von der sowjetischen Regierung absichtlich ins Werk gesetzt wurde, um die Ukrainer für ihren Freiheitsdrang zu bestrafen.

Der Regisseur George Mendeluk ist nicht zufällig ein ukrainischer Exilant aus Kanada. Für das Drehbuch stellte der ukrainisch-kanadische Investor Ian Ihnatowycz 21 Millionen US-Dollar zur Verfügung. Da der Streifen, abgesehen vom geschichtsklitternden Inhalt, auch filmisch in jeder Hinsicht zu wünschen übriglässt, darf man immerhin hoffen, dass ihm ein nennenswerter Erfolg verwehrt bleibt. Jedenfalls: Mendeluks »Werk« zeichnet das Bild einer Ukraine, in der vor der Oktoberrevolution idyllische Zustände herrschten, bis bösartige Bolschewisten mit russischem Akzent mordend und brandschatzend über das Land herfielen. Erbost darüber, dass die Ukrainer sich das nicht gefallen ließen, befahl Stalin, sie alle zu Tode zu hungern. Aber dann ein Lichtblick: Nachdem Millionen gestorben sind, stehen die Massen auf und machen sich ans Kommunistentöten, um ihre »Freiheit« zurückzugewinnen.

Das Erscheinen des Films im Jahr 2017 dürfte kaum ein Zufall sein. Die NATO ist in den vergangenen Jahren auf offenen Konfrontationskurs gegenüber Russland gegangen. Ein wichtiger Baustein bei der Einkreisung Moskaus ist das Regime in Kiew, zu dessen Nationalerzählung der »Holodomor« fest dazugehört. Der Begriff ist eine ukrainische Wortneuschöpfung, die in etwa »Mord durch Hunger« bedeutet und dessen klangliche Ähnlichkeit mit dem Wort »Holocaust« wohl beabsichtigt ist. Vor allem aber ist der »Holodomor« eins: ein Märchen und keine geschichtliche Tatsache.

Doch so falsch das Geschichtsbild des Films, randständig ist es keineswegs. Zwar sind ukrainische Faschisten und Nationalisten seit jeher die eifrigsten Vertreter der Holodomor-Lüge. Sie sind aber bei weitem nicht die einzigen. Auch zahlreiche Regierungen schließen sich der Geschichtsfälschung an. Bis dato erkennen 24 Regierungen den »Holodomor« als Völkermord an, darunter Polen, Australien, Kanada, die USA, Spanien, Tschechien und einige Länder Lateinamerikas. Auch das EU-Parlament bezeichnete 2008 den »Holodomor« als Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Die Entstehung eines Mythos

Das Geburtsjahr des »Hungergenozids« ist das Jahr 1935. Damals veröffentlichten US-Zeitungen, die dem Imperium des Medienmoguls William Randolph Hearst angehörten, eine Serie über die »ukrainische Hungersnot«, gezeichnet von Thomas Walker. Hearst selbst war einer der reichsten Männer der Welt und glühender Anhänger von Hitler und Mussolini. Es dauerte allerdings nicht lange, bis sich alles an der Serie als Fälschung herausstellte: Nicht nur die Behauptungen Walkers waren erfunden, auch seine Bilder stammten aus anderen historischen Kontexten, aus Österreich-Ungarn während des Ersten Weltkriegs oder Russland während der Hungersnot von 1921/22.1 Diese Peinlichkeiten hielten natürlich den Völkischen Beobachter nicht davon ab, die Schauermärchen der Hearst-Presse zu übernehmen und in den Dienst der Propaganda gegen den »jüdischen Bolschewismus« zu stellen.

Das Nazireich wurde 1945 begraben, nicht aber die Lüge über den »Hungerholocaust«. Denn weiterhin standen starke Interessen dahinter. Es hatte während der faschistischen Besatzung der Ukraine vor allem in den westlichen Gebieten eine Kollaborationsbewegung gegeben. Die Ukrainische Aufstandsarmee (UPA) war unter ihrem Führer Stepan Bandera (1909–1959) an schwersten Kriegsverbrechen gegen polnische, jüdische und prosowjetische Zivilisten beteiligt gewesen und assistierte den Einheiten der SS und der Wehrmacht auch bei der Durchführung des Judenmords. Der zentrale Opfermythos, der die Verbrechen der UPA verdrängen oder zumindest verständlicher machen soll, ist der »Holodomor«.

Und selbst bei den Historikern findet sich der Mythos bis heute: Zwar lehnen Geschichtswissenschaftler, die sich an ein Mindestmaß qualitativer Forschungsstandards halten, die These vom »Holodomor« ab. Doch nach wie vor erfreut sich das Holodomor-Standardwerk »Harvest of Sorrow« des britischen Historikers und Geheimdienstmitarbeiters Robert Conquest aus dem Jahr 1986 einer gewissen Beliebtheit.2 Als Renegat der kommunistischen Bewegung hatte der stramme Reaktionär Conquest seine eigentliche Berufung beim Information Research Department (IRD) gefunden. Das IRD war eine Behörde des britischen Außenministeriums, deren wichtigstes Ziel es war, Desinformationskampagnen gegen die Sowjetunion zu organisieren. Es war auch das IRD, das Conquest dazu bewog, antisowjetische Propaganda in Form akademischer Buchpublikationen zu betreiben.3 Doch so nützlich Conquests Buch für antikommunistische Zwecke war, die Fachwelt war wenig begeistert. Die wichtigsten westlichen Historiker, die sich mit der Geschichte der Sowjetunion befassten, verwarfen allesamt die Publikation als unwissenschaftlich und Conquests Kernthese vom »Hungergenozid« als absurd. Im Jahr 2010 legte Timothy Snyder von der Universität Yale mit seinem Bestseller »Bloodlands« nach, der in punkto Geschichtsrevisionismus selbst noch Conquest übertraf.4 Auch hier zeigten sich die Fachkollegen skeptisch, aber das Klima hatte sich spürbar verändert. Eine grundlegende Kritik an Snyder wurde nur noch selten laut.


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NEUER BEITRAG15.04.2022, 18:04 Uhr
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Baustein des Nationalismus

Der »Holodomor« ist also ein wichtiger Baustein des herrschenden Geschichtsbildes von der Sowjetunion bzw. den drei Jahrzehnten, in denen Stalin Generalsekretär der Kommunistischen Partei war. Doch während insgesamt sehr wenig von dem, was die breitere Öffentlichkeit (einschließlich des Großteils der »Linken«) über diese Zeit zu wissen glaubt, wirklich den Tatsachen entspricht, stellt die Holodomor-Lüge eine besondere Qualität der Geschichtsklitterung dar.

Folgendes soll sich in den Jahren 1932/33 demnach abgespielt haben: Stalin, der zumeist in eins gesetzt wird mit der gesamten sowjetischen Führung, habe die Landwirtschaft auspressen wollen, um damit die Industrialisierung der Sowjetunion zu finanzieren. Außerdem habe ihm der ukrainische Nationalismus zu schaffen gemacht. Stalin habe die Bauern und die Ukrainer im besonderen verachtet. Um den Widerstand der ukrainischen Bauern zu brechen, habe er dann beschlossen, die Ukrainer einer fürchterlichen Hungersnot zu unterwerfen. Als diese ausbrach, habe die Regierung die Republikgrenzen geschlossen, um jede Flucht unmöglich zu machen, unterdessen aber weiterhin munter Millionen Tonnen Getreide exportiert. Das Ergebnis dieser gewollten Hungersnot seien je nach Darstellung sieben, zehn oder vierzehn Millionen Tote gewesen. Dass die »Schätzungen« knapp oberhalb der Opferzahl des faschistischen Völkermords an den Juden ansetzen, dürfte kein Zufall sein.

Tatsächlich hat sich jedoch fast nichts so ereignet, wie es der Mythos behauptet: Die sowjetische Führung wollte zu keinem Zeitpunkt der Geschichte irgendeine Hungersnot, sondern hat darin im Gegenteil über Jahrzehnte eine ständige Gefahr gesehen. Sie unternahm sogar einiges, um sie einzudämmen. Für die Behauptung, Stalin habe die Bauern und/oder die Ukrainer gehasst, gibt es keine Belege, wohl aber zahlreiche für das Gegenteil. Die Behauptung einer »menschengemachten« Hungersnot ist ebenfalls falsch, da in Wahrheit natürliche Faktoren entscheidend waren. Dass die Sowjetunion kaltblütig ihre Getreideexporte fortgesetzt habe, ist bestenfalls eine stark verzerrte Sichtweise. Und schließlich dürfte auch die behauptete Zahl der Hungertoten übertrieben sein. Wahr ist an alledem nur eines: Es ist nicht zu bezweifeln, dass sich 1932/33 in Teilen der Sowjetunion eine schwere Hungersnot mit vielen Todesopfern ereignete.

Unter seriösen Historikern gibt es dennoch einen gewissen Streit über deren Ursachen, der sich darum dreht, zu welchem Grad nicht nur Umweltfaktoren, sondern auch politische Entwicklungen zu ihrer Verschärfung beitrugen. Robert Davies und Stephen Wheatcroft sehen in der Agrarpolitik der Sowjetregierung den Hauptgrund für die Hungersnot: Die Kollektivierung der Landwirtschaft sei mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durchgesetzt worden bei gleichzeitiger Erhöhung der Getreideabgaben, um durch die Industrialisierung bewirkte Ausfälle zu decken. Die beginnende Ausstattung der Bauern mit Traktoren, verbessertem Saatgut und Kunstdünger habe den Zusammenbruch der Landwirtschaft nur teilweise kompensieren können. Die Autoren betonen jedoch, dass die Hungersnot unerwartet kam und in höchstem Maße unerwünscht war. Die Gegenmaßnahmen der Regierung reichten dann jedoch nicht mehr aus, um ein Massensterben zu verhindern.5

Unterschätzte Umweltbedingungen

Mark B. Tauger hat dagegen nicht nur die Version einer beabsichtigten Hungersnot, sondern auch die einer unbeabsichtigten, aber dennoch »menschengemachten« Katastrophe einer umfassenden Kritik unterzogen. Der renommierte Experte der sowjetischen Agrargeschichte verfolgt im Kern zwei Argumentationslinien. Zunächst bietet er eine umfassendere Analyse der Faktoren, die zur Hungersnot geführt haben, als alle anderen Autoren und weist nach, dass die Umweltbedingungen als Ursache der Hungersnot den bei weitem wichtigsten Faktor darstellten. Große Teile der Sowjetunion wurden 1931/32 von einer schweren Dürre heimgesucht, gleichzeitig kam es in einigen Regionen zu schweren Regenfällen und Überflutungen, die große Teile der Ernte vernichteten. Begünstigt durch die übermäßige Feuchtigkeit, brachen schwere Pflanzenkrankheiten aus, vor allem Rostpilz in mehreren Varianten, Getreidebrand und Mutterkorn. Zusätzlich vermehrten sich Schädlinge und alle Arten von Unkraut in Massen. Nach einer sowjetischen Schätzung wurden etwa neun Millionen Tonnen Getreide oder 13–20 Prozent der Gesamternte allein durch Getreidebrand und Rostpilz vernichtet. Die Ernteeinbußen durch weitere Krankheiten, Schädlinge und Wetterbedingungen waren ebenfalls substantiell. Das Zusammenkommen mehrerer enorm ungünstiger Faktoren löste also eine schwere Krise der Nahrungsproduktion aus, die jedem damaligen Landwirtschaftssystem große Probleme bereitet hätte. Die Nahrungsengpässe und Hungersnöte der vergangenen Jahre hatten auch den Bestand an Zugpferden stark in Mitleidenschaft gezogen, was die Kapazität zum Pflügen der Felder verringerte.

Die vieldiskutierten »menschengemachten« Faktoren spielen in Taugers Analyse demgegenüber nur eine sekundäre Rolle. Durch die Industrialisierung zogen viele landwirtschaftliche Arbeitskräfte in die Städte. Die Kollektivierung beeinträchtigte wohl kurzfristig ebenfalls die Ernte, weil sie mit der Umsiedlung der wohlhabenden Bauern (»Kulaken«) einherging und widerständige Bauern Getreide oder Vieh vernichteten. Das fiel aber nicht so stark ins Gewicht, weil die Kulaken in der Regel ihre Tätigkeit fortsetzten und weil bäuerlicher Widerstand nicht das Fehlen vieler Millionen Tonnen Getreide erklären kann. Dafür hätte sich schon ein Großteil der Landbevölkerung an solchen Aktionen beteiligen müssen. Schließlich trugen auch Fehler und Ineffizienz der Wirtschaftsplanung und -verwaltung auf dem Land, unvollständige Kenntnis der Umweltbedingungen und unzuverlässige Informationsbeschaffung der Regierung zur Verschlimmerung der Lage bei. Insgesamt hält Tauger jedoch fest, dass ein außergewöhnliches Zusammentreffen extrem ungünstiger Umweltfaktoren eine Hungersnot auslöste, die durch den Mangel an Arbeits- und Zugkraft, Fälle von Missmanagement und bäuerlicher Sabotage in einem nicht genau quantifizierbaren Ausmaß verschärft wurde.

Die Regierung war sich der Gefahr einer Hungersnot bewusst, unterschätzte sie aber, da der sowjetische Staat zu diesem Zeitpunkt weder ausreichend über effektive Informationsbeschaffungssysteme noch über landwirtschaftliches Expertenwissen verfügte. Beides befand sich erst im Aufbau. Die Regierung ging dennoch zu einem breiten Spektrum an Maßnahmen über, um die Hungersnot einzudämmen. Das vom Land abgezogene Getreide (über staatliche Abgaben und Privatverkäufe der Bauern) sank erheblich von 18,8 Millionen Tonnen 1931 auf 13,7 Millionen Tonnen 1932. Viele erzwungene Abgaben hatten zudem in den Hungergebieten stattgefunden und wurden zurückerstattet. Die Getreideexporte, die oft als Beleg angeführt wurden, dass die Regierung den Hungertod von Millionen in Kauf nahm, wurden in Wirklichkeit nach Ausbruch der Hungersnot drastisch reduziert: Mitte 1931 bis Mitte 1932 waren noch 4,7 Millionen Tonnen exportiert worden, im Folgejahr nur noch 1,6 Millionen, davon nur 220.000 Tonnen im ersten Halbjahr 1933, gemessen an der Gesamtgröße der Ernte eine minimale Größe. Die staatlichen Getreidereserven waren eine ständige Sorge der Sowjetführung, die den Aufbau solcher Reserven für den Kriegsfall als wichtige Priorität sah. Dennoch wurden diese nun weitgehend für die Ernährung der Bevölkerung aufgebraucht, einschließlich der Getreidelager der Roten Armee. Insgesamt wurden 5,76 Millionen Tonnen an Nahrung und Saatgut in die Hungergebiete geliefert, die größte Hungerhilfe der sowjetischen und russischen Geschichte. Da die Ernte insgesamt bei weitem zu niedrig war, bildete das Politbüro der Kommunistischen Partei ab September 1932 eine Kommission zur Ernteverbesserung, der auch Stalin und Außenminister Molotow angehörten. Spätestens jetzt hatte die Hungersnot die volle Aufmerksamkeit der politischen Führung. Das Landwirtschaftsministerium legte Programme zur Schädlingsbekämpfung und Erntesteigerung mit verbessertem Saatgut auf. Ineffizient arbeitende Funktionäre auf dem Land wurden durch erfahrene Bauern ausgetauscht. Neue Gesetze sollten auch durch Strafen die Arbeitsdisziplin verbessern. Politische Abteilungen wurden in den Maschinen-Traktoren-Stationen auf dem Land sowie in den Staatsfarmen gegründet, um die Arbeitsorganisation zu verbessern. Die unkontrollierte Binnenmigration hungernder Menschen wurde eingeschränkt, um die Bauern dazu zu zwingen, weiter ihre Felder zu bestellen. Die genaue Betrachtung ergibt damit das Bild einer Staats- und Parteiführung, die ernsthaft darum bemüht war, eine Hungersnot zu verhindern, aber bei weitem nicht die dafür erforderlichen Ressourcen hatte.6


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NEUER BEITRAG15.04.2022, 18:06 Uhr
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Notwendige Kontextualisierung

Taugers zweite Argumentationslinie besteht darin, die Kollektivierung in den Kontext der russischen und sowjetischen Agrargeschichte zu stellen. Verschiedene Autoren haben die Kollektivierung der Landwirtschaft als politisch motivierte Entscheidung dargestellt, die ökonomisch desaströs war, aber dazu diente, die Opposition der Bauern zu brechen und die Getreideabgaben zu erhöhen. Diese Position lässt sich aus den historischen Quellen jedoch nicht nur nicht belegen, sondern steht im direkten Widerspruch zu den tatsächlich nachweisbaren Motiven der kommunistischen Führung. Diese betrachtete die Unterentwicklung der Landwirtschaft als zentrales Hindernis für den sozialistischen Aufbau und eine ausreichende Ernährung der Bevölkerung. Tatsache ist, dass im Zarenreich und den Jahren nach der Revolution die landwirtschaftliche Produktivität so niedrig war, dass jede Störung der normalen Ernteabläufe ausreichte, um eine Hungersnot auszulösen. So hatte es 1891/92 eine Hungersnot gegeben, 1918–22 dann eine extrem schwere während des Bürgerkriegs und weitere wiederum in den Jahren 1924/25, 1927 und 1928/29.

Diesen Zustand sah die Regierung als untragbar und als gewaltiges Hindernis für die Industrialisierung des Landes an. In Stalins These des »Sozialismus in einem Land« nahm das Bündnis mit der Bauernschaft eine zentrale Stellung ein: Nur wenn man die Bauern als aktive Unterstützer und Hauptverbündete der Diktatur des Proletariats gewinne, die Landwirtschaft modernisiere und die Ernährungsfrage ein für allemal löse, könne die Sowjetunion in einer feindlichen Umwelt überleben. Stalins Ziel war nicht die »Brechung«, sondern die politische Aktivierung und Mobilisierung der Bauern, die Hebung ihres Kulturniveaus und die effizientere Organisierung der Arbeitsprozesse.

Die Modernisierung der Landwirtschaft war aus Sicht der Regierung nur möglich, wenn die kleinteiligen bäuerlichen Höfe und Dörfer zu größeren Einheiten zusammengeschlossen würden, die moderne Technik auf der Grundlage wissenschaftlicher Kenntnisse anwenden könnten. Die Kollektivierung taucht in den Beratungen, Diskussionen und Beschlüssen von Partei und Regierung nicht als Mittel zur Erhöhung der Getreideabgaben auf, sondern als Beginn einer langfristigen Modernisierung und Transformation der Landwirtschaft im Interesse sowohl der Land- als auch der Stadtbevölkerung. Und es blieb auch nicht bei Absichtserklärungen: Weit davon entfernt, die Landwirtschaft irgendwie »auszupressen«, leitete die Regierung gerade während der Kollektivierung umfassende Ressourcen in diesen Bereich. Wurden 1928/29 noch 8,1 Prozent des Nationaleinkommens in die Landwirtschaft investiert, erreichten die Investitionen 1930 einen Höhepunkt von 12,2 Prozent, um dann vor allem Ende der 1930er Jahre im Kontext der Kriegsvorbereitungen wieder zu sinken. Dabei sind allerdings die umfassenden Investitionen, die in die industrielle Produktion landwirtschaftlicher Geräte wie Traktoren flossen, noch nicht eingerechnet. Die Vorstellung einer modernen Landwirtschaft, wie sie mehrheitlich unter den führenden Bolschewiki vorherrschte, bestand in einer Imitation des US-amerikanischen Modells der mechanisierten Großfarm unter sozialistischen Bedingungen. Einige sehr erfolgreiche Experimente mit Staatsfarmen (Sowchosen) in den Jahren zuvor hatten die Machbarkeit dieser Idee bestätigt. Und auch wenn bei der Kollektivierung viele unvorhergesehene Probleme auftauchten, es zu Gewaltexzessen kam, manche Ziele nicht erreicht wurden und auch die ökologische Bilanz dieser Form der Landwirtschaft problematisch ist, handelte es sich um den vermutlich einzig realistischen Ansatz, das Agrar- und Nahrungsproblem des Landes zu lösen.7


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NEUER BEITRAG15.04.2022, 18:09 Uhr
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Verzerrte Wahrnehmung

Die Wahrnehmung der sowjetischen Kollektivierung insgesamt ist, wie Mark B. Tauger zeigt, vollkommen verzerrt. Dazu haben nicht nur Leute wie Snyder beigetragen, sondern auch seriösere Historiker. Die bäuerliche Opposition gegen die Kollektivierung wird von zahlreichen Autoren grotesk überzeichnet, indem einzelne Anekdoten kurzerhand für repräsentativ erklärt wurden. Tauger zeigt dagegen, dass etwa 1930, auf dem Höhepunkt der Kollektivierung, selbst nach den großzügigsten Schätzungen (unter Ausblendung von Mehrfachzählungen) maximal fünf Prozent der erwachsenen bäuerlichen Bevölkerung sich an Protesten beteiligt haben. Von denen wiederum waren mehr als 90 Prozent friedlich, nur bei etwa einem Prozent der Aktionen handelte es sich tatsächlich um bewaffnete Aufstände. In den allermeisten Fällen konnte der Unmut einfach durch Erklärungen, Überzeugung und Zugeständnisse beschwichtigt werden. Auf der anderen Seite gab es auch viele Bauern, die die Kollektivierung aktiv unterstützten und vorantrieben, und eine überwältigende Mehrheit, die sie zumindest akzeptierte und mit umsetzte.8

Die Kollektivierung war trotz ihrer Probleme insgesamt durchaus erfolgreich. Sie eliminierte die extrem ineffiziente Form der individuellen Bewirtschaftung kleiner Landstreifen, die bis dahin vorherrschend war. Sie ermöglichte die Mechanisierung und Verwendung besserer Anbaumethoden. Mit weniger Arbeitskraft konnte nun mehr Land bewirtschaftet werden, so dass die Migration von Arbeitskräften in die Städte und damit die Industrialisierung möglich wurde. Das Landleben wurde revolutioniert, eine neue Art des Zusammenlebens und ein sozialistisches Selbstverständnis der Bauernschaft als einer wichtigen politischen Kraft wurden geschaffen. Und nicht zuletzt: Nach der Kollektivierung kam es nur noch im Kontext des Zweiten Weltkrieges zu einer Wiederholung von Hungersnöten. Nach 1947 waren sie endgültig Geschichte.

Diskreditierung und Mobilisierung

Beim »Holodomor« handelt es sich also um einen besonders dreisten Fall von Geschichtsfälschung, da jedes Detail des relativ gut erforschten Ereignisses der These eines gewollten »Völkermords« widerspricht. Erst recht gilt das, wenn man bedenkt, dass es durchaus andere historische Ereignisse gibt, die man als »Hungergenozid« bezeichnen könnte. So beispielsweise die Hungersnot von Bengalen 1943, als die britischen Kolonialherren den Tod von geschätzten 1,5 bis vier Millionen Menschen achselzuckend hinnahmen. Nichts dergleichen geschah in der Sowjetunion. Dennoch ist der erfundene ukrainische Völkermord viel bekannter als der tatsächliche Hungergenozid des britischen Kolonialismus. Der Grund dafür ist offensichtlich: Lügen haben nur dann kurze Beine, wenn sie nicht von mächtigen Interessen unterstützt werden. Der »Holodomor« aber erfüllt mindestens eine dreifache politische Funktion: Erstens und vor allem geht es darum, das aus der Oktoberrevolution hervorgegangene System als mörderische und menschenverachtende Diktatur darzustellen und damit die Vision einer sozialistischen Gesellschaft, also der planmäßigen Produktion und Verteilung der Güter in einer Gemeinschaft der Gleichen, an sich zu diskreditieren. Zweitens wollen bestimmte Kreise mit dem »kommunistischen Völkermord« die Verbrechen der deutschen Faschisten und ihrer Verbündeten, insbesondere ihrer ukrainischen Hilfstruppen, relativieren, in den Hintergrund rücken oder gar als Reaktion auf den »stalinistischen Terror« darstellen. Und drittens schließlich ist der »Holodomor« ein nützliches Propagandainstrument im Dienste des westlichen Imperialismus und der fanatisch antirussisch eingestellten Regierungen in Osteuropa, allen voran der ukrainischen. Russland wird als Nachfolgestaat eines genozidalen Systems angeprangert, um tief verwurzelte Vorurteile und Ängste der Bevölkerungen gegenüber einem angeblich typisch russischen Despotismus zu mobilisieren. Das verfälschte Geschichtsbild des ukrainischen Nationalismus dient nicht zuletzt dem Kiewer Putschregime zur Rechtfertigung seiner Politik. Es bedarf wohl keiner großen Voraussicht, wenn man also davon ausgeht, dass uns die Legende vom »Holodomor« noch eine Zeitlang erhalten bleiben wird.

Anmerkungen:

1 Douglas Tottle: Fraud, Famine, and Fascism. The Ukrainian Genocide Myth from Hitler to Harvard, Toronto 1987, S. 7–12

2 Robert Conquest: The Harvest of Sorrow: Soviet Collectivization and the Terror-Famine, Oxford 1986

3 David Leigh: »Death of the Department That Never Was«, Guardian, 27.1.1978

4 Timothy Snyder: Bloodlands. Europa zwischen Hitler und Stalin, München 2010

5 Robert W. Davies/Stephen G. Wheatcroft: The Years of Hunger. Soviet Agriculture 1931–33, London 2004

6 Mark B. Tauger: Natural Disaster and Human Actions in the Soviet Famine of 1931–1933, in: The Carl Beck Papers (2001), No. 1.506 und ders.: Soviet Peasants and Collectivization 1930–1939. Resistance and Adaption, in: Journal of Peasant Studies 31 (2004), No. 3/4, S. 445

7 Mark B. Tauger: Stalin, Soviet Agriculture, and Collectivisation, in: Frank Trentmann/Flemming Just (Hg.): Food and Conflict in Europe in the Age of the Two World Wars, Basingstoke 2006, S. 109–142

8 Mark B. Tauger: Soviet Peasants and Collectivization, a. a. O.


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NEUER BEITRAG12.06.2022, 23:54 Uhr
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Zu Erfindung und Funktion des 'Holodomor' Und da ist es jetzt auch aktuell: Das Märchen als ideologiscge Kriegswaffe des deutschen Imperialismus - jW morgen:

»Holodomor« laut Grünen-Chef Genozid

Berlin. Der Grünen-Kovorsitzende Omid Nouripour hat sich dafür ausgesprochen, die Hungersnot in der Ukraine zwischen 1932 und 1933 – den sogenannten Holodomor – als Genozid einzustufen. »Die Anerkennung dieses grausamen Verbrechens wäre ein wichtiges Signal der Empathie und des Geschichtsbewusstseins in Richtung der Menschen in der Ukraine«, sagte Nouripour den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonnabend). Das ukrainische Wort Holodomor steht für »Mord durch Hunger«. Es bezeichnet eine große Hungersnot, von der immer wieder behauptet wird, die politische Führung der damaligen Sowjetunion unter Josef Stalin habe sie gezielt verursacht. (dpa/jW)


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NEUER BEITRAG25.11.2022, 21:51 Uhr
EDIT: FPeregrin
28.11.2022, 13:08 Uhr
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Zu Erfindung und Funktion des 'Holodomor' ... und so geht es dann folgerichtig weiter - jW morgen:

Geschichtsrevisionismus

Parlament der Historiker

Am Mittwoch soll der Bundestag beschließen: Die Hungersnot 1932/33 in der Sowjetunion war ein Völkermord an der Ukraine

Von Arnold Schölzel

Hintergrund: Geschichtspolitik

Unter dem ukrainischen Präsidenten Leonid Kutschma wurde 1998 ein nationaler Gedenktag für die Opfer der Hungerkatastrophe von 1932/33 eingeführt und unter seinem Nachfolger Wiktor Juschtschenko, der durch eine »Farbenrevolution« 2004 an die Macht gekommen war, 2006 das Geschehen vor 90 Jahren per Gesetz zum Genozid am ukrainischen Volk erklärt. Juschtschenko bemühte sich weltweit um die Anerkennung des Völkermords.

Unter ihm, der auch den faschistischen Kollaborateur Stepan Bandera zum Nationalhelden erklärte, wuchs die Zahl der Publikationen zum Thema »Holodomor« rasch. 2008 wurde in Kiew das »Nationale Museum des Holodomor-Genozids« eingerichtet. Bis 2017 wurden in der Ukraine 7.000 Denkmäler und Gedenkstätten für die Opfer errichtet.

Auf dem Staatsgebiet der heutigen Ukraine wurden rund eineinhalb Millionen Juden von Wehrmacht, SS und einheimischen Kollaborateuren wie Banderas Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) ermordet. Die Erinnerung an den Judenmord spielte in der Ukraine jedoch lange keine Rolle – die an die 27 Millionen Toten der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg amtlich ohnehin nicht. Zwar gedachte 1991 die Regierung am 50. Jahrestag des Massakers von Babyn Jar in einer Erklärung der »Massenvernichtung sowjetischer Bürger, vor allem Juden, durch faschistische deutsche Invasoren«. Aber zur Errichtung von Holocaustgedenkstätten in Charkiw (1996), Odessa (2009) und Dnipro (2012) »kam es nur dank privater Initiativen« (FAZ).

Der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken ist die Ukraine nicht beigetreten. Die Judenvernichtung ist bis heute kein Bestandteil der Kiewer Geschichtspolitik.

Am Freitag erklärte der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk im FAZ-Interview zum Holodomor: »Es war eine der größten Tragödien in der Geschichte der Menschheit.« Im Anschluss forderte er mehr deutsche Waffen für den Krieg gegen Russland. (as)


Je weniger der Waffen- und Wirtschaftskrieg gegen Russland die erwünschten Resultate bringt, desto intensiver und irrationaler wird der ideologische Feldzug gegen Moskau. Der Bundestag, der mit seinem »Standortauswahlgesetz« für die Endlagerung von hochradioaktivem Atommüll bereits seine Unfehlbarkeit in Physik und Geologie unter Beweis gestellt hat und zuversichtlich einen »Nachweiszeitraum von einer Million Jahre« fürs Müllager beschloss, soll nun auch seine Kompetenz in Geschichte unter Beweis stellen. Genauer: Die soll umgeschrieben werden zugunsten einer zuerst von der Propaganda des deutschen Faschismus erzählten Version, wonach die Hungersnot in der Sowjetunion von 1932 und 1933 ein gezielter Vernichtungsversuch der sowjetischen Führung gegen die Ukraine gewesen sei – der »Holodomor«. Dem stehen zwar die Tatsachen entgegen, aber die mit Nazideutschland kollaborierenden ukrainischen Nationalisten und Faschisten übernahmen die Erzählung. Seit 1991 ist sie Gründungsmythos der wieder kapitalistischen Ukrai­ne.

Bandera als Nationalheld

Nun soll der Bundestag einer Forderung Kiews nachkommen und, wie dpa am Freitag meldete, »die vor 90 Jahren von Sowjetdiktator Josef Stalin gezielt herbeigeführte Hungersnot in der Ukraine« mit den Stimmen der Koalition und der Union als Völkermord anerkennen. Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und dem Spiegel lagen demnach ein gemeinsamer Antrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und CDU/CSU vor. Der Entwurf soll am Mittwoch im Bundestag beraten und beschlossen werden.

Das ist geschichtswissenschaftlich konsequent, zumal ein Land wie die Ukraine, das Stepan Bandera zum Nationalhelden gemacht hat, den Antisemiten, Polen- und Russenmörder mit Denkmälern und Straßennamen ehrt, sich geschichtspolitisch nicht irren kann. Zwar erfasste die Hungersnot 1932 große Teile der Sowjetunion von der Ukrai­ne im Westen bis nach Kasachstan im Osten und kostete ungefähr sieben Millionen Tote. Die Sterberate war in Kasachstan am höchsten. Dort starb mit 1,5 Millionen Menschen etwa ein Drittel der Bevölkerung, in der Ukraine waren es mehr als 3,5 Millionen. Allein die Ukraine besteht allerdings darauf, analog dem »Holocaust« einem Vernichtungsfeldzug der sowjetischen Führung zum Opfer gefallen zu sein. Bereits 2019 forderte der damalige ukrainische Präsident Petro Poroschenko von Israel eine Gleichsetzung beider Ereignisse und erntete böse Kommentare. Wolodimir Selenskij verlangte kurz nach seiner Wahl zum ukrainischen Präsidenten 2019 dasselbe – ohne Resonanz. Als er auch noch am 20. März 2022 während einer Videoansprache in der Knesset das russische Eingreifen in den seit 2014 in der Ukraine stattfindenden Krieg mit der von Nazideutschland geplanten Vernichtung des jüdischen Volkes während des Zweiten Weltkriegs gleichsetzte, kam ein empörtes Echo. Die Schoah-Gedenkstätte Yad Vashem kritisierte, unverantwortliche Äußerungen wie jene des ukrainischen Präsidenten würden die Tragödie der Schoah trivialisieren.

Grüne Initiatoren

Dabei macht unter Führung von Bündnis 90/Die Grünen nun auch das deutsche Parlament mit. Der Spiegel zitiert aus dem Antrag: »Betroffen von Hunger und Repressionen war die gesamte Ukraine, nicht nur deren getreideproduzierende Regionen.« Die Initiatoren um den Grünen-Abgeordneten Robin Wagener, Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe im Bundestag, schreiben weiter: »Damit liegt aus heutiger Perspektive eine historisch-politische Einordnung als Völkermord nahe. Der Deutsche Bundestag teilt eine solche Einordnung.« Weiter heißt es in dem Resolutionsentwurf laut FAZ, der »Holodomor« reihe sich ein »in die Liste menschenverachtender Verbrechen totalitärer Systeme, in deren Zuge vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa Millionen Menschenleben ausgelöscht wurden«. Das Verbrechen sei »Teil unserer gemeinsamen Geschichte als Europäerinnen und Europäer«. Und: »Der massenhafte Hungertod war keine Folge von Missernten, sondern von der politischen Führung der Sowjetunion unter Josef Stalin verantwortet.« Sowie: »Der Holodomor stellt damit ein Menschheitsverbrechen dar.« Es sei aber in Deutschland und der EU bisher wenig bekannt. Die Bundesregierung sei aufgefordert, zur Verbreitung des Wissens darüber und zum Gedenken an dessen Opfer beizutragen. Zudem solle sie »jeglichen Versuchen, einseitige russische historische Narrative zu lancieren, weiterhin entschieden entgegenwirken«. Laut dpa signalisierten Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), sie seien »sehr positiv« zu dem Antrag eingestellt.
Wagener erklärte der Zeitung zufolge, der russische Präsident Wladimir Putin stehe »in der grausamen und verbrecherischen Tradition Stalins«. Heute werde die Ukraine erneut mit russischem Terror überzogen. »Erneut sollen durch Gewalt und Terror der Ukraine die Lebensgrundlagen entzogen, das gesamte Land unterworfen werden.«

Bis zum Beginn dieses Jahres hatten etwa 15 Staaten diese Einstufung als Völkermord akzeptiert, darunter Australien, Ecuador, Estland, Georgien, Kanada, Lettland, Litauen, Mexiko, Peru, Polen, Portugal, Ungarn und der Vatikan. Eine entsprechende Resolution wurde 2008 vom US-Repräsentantenhaus verabschiedet, im April 2022 schloss sich das tschechische Parlament an. Am Donnerstag folgten Irland, die Republik Moldau und Rumänien.


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Der Titel "Parlament der Historiker" zeigt sehr schön, was der philosophische Kern dieser Übung ist: Eine - wie auch immer zusammengekommene - 'Mehrheit' entscheidet über sachliche Richtigkeit. Das ist #Wissenschaftsfeindlichkeit und #Antiaufklaerung pur! Die theoretischen Begründungen für dergleichen Enthirnung liegen im #Pragmatismus und in der #Postmoderne. Dieses Gesülze war schon in den 80ern sowas von hipp, daß es tief im kollektiven "Bewußtsein" - haha! - der metropolitanen Linken verankert ist. Der Klassenfeind kann uns danach wirklich jedes Männchen machen und durch jeden brennenden Reifen springen lassen. In der Bekenntnisformel vom "völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Rußland gegen die Ukraine" begegnet uns dasselbe, obwohl es sachlich nicht richtig ist. Werden lustige Zeiten ...

#DrohenderFaschismus
#FaschistischeGefahr
NEUER BEITRAG25.11.2022, 21:56 Uhr
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FPeregrin

Zu Erfindung und Funktion des 'Holodomor' Ebd.:

Absurde Faktenverdrehung

Zur Anerkennung der Hungerkrise in der Ukraine 1932/33 als »Völkermord«. Gastbeitrag des russischen Botschafters in der Bundesrepublik, Sergej J. Netschajew

Von Sergej J. Netschajew

Sergej J. Netschajew ist Außerordentlicher und Bevollmächtigter Botschafter der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland

Mit großem Bedauern und Befremden haben wir der deutschen Presse entnommen, dass einige Bundestagsabgeordnete dazu aufrufen, die massenhafte Hungersnot, die zu Beginn der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts in der UdSSR herrschte, als Genozid am ukrainischen Volk anzuerkennen. Ein Narrativ, das schlichtweg antihistorisch und wahrheitswidrig ist sowie dem gesunden Menschenverstand widerspricht.

Aus historischen Dokumenten wird ersichtlich, dass infolge der Hungersnot, die 1932/1933 große Teile der UdSSR traf, sieben Millionen Menschen, darunter zirka 2,5 Millionen im russischen Kernland und 1,5 Millionen auf dem Gebiet Kasachstans, starben. Der Hunger war massenhaft und suchte sich seine Opfer nicht aus. Er begann mit einer starken Dürre und daraus resultierender Missernte, mit denen außerordentliche Maßnahmen der Sowjetregierung im Rahmen der Zwangskollektivierung einhergingen. Diese harten Maßnahmen wurden in ausnahmslos allen Agrargebieten der UdSSR umgesetzt. Infolgedessen wurden von der Hungersnot nicht nur die Ukraine, sondern auch der Süden Weißrusslands, die untere Wolga, Kasachstan, das Dongebiet, das Kubangebiet, der Nordkaukasus, der Südural und Westsibirien betroffen. Es waren nicht nur Ukrainer, die hungerten und starben, sondern auch Russen, Belarussen, Tataren, Baschkiren, Kasachen, Tschuwaschen, Wolgadeutsche sowie andere Völker.

Den Entwicklungen, die zur Hungersnot führten, lagen verschiedene Motive zugrunde: der Klassenkampf gegen wohlhabende Bauern (die »Kulaken«), die angestrebte Vereinnahmung der Landwirtschaft durch den Staat, die Finanzierung ausländischer Kredite, die für den Ankauf von Industrieanlagen aus dem Ausland aufgenommen wurden, die Versorgung der zunehmenden Stadtbevölkerung angesichts eines drastischen Rückgangs des Getreideanbaus. Es ist unstrittig, dass sich mit dem Tod von Millionen Menschen landesweit eine erschreckende Tragödie ereignete. Dennoch ist es auch offensichtlich, dass die Wegnahme von Getreide in den Bauernhäusern nicht das Ziel hatte, eine besondere nationale Gruppe, u. a. die Bevölkerung der Ukraine, mutwillig zu vernichten, die zudem nicht monoethnisch, sondern stets multinational war.

Multinational besetzt war auch die Sowjetregierung. Es ist absurd, ihr den Hass gerade gegen die Ukraine vorzuwerfen. Bekannt ist ebenfalls, dass auch in der Ukraine ein häufiger Grund für Exzesse bei der Umsetzung der Anweisungen aus der Zentrale übermäßiger Eifer örtlicher Stellen war.

Die Fehler und tragischen Konsequenzen der Hungersnot in der UdSSR wurden bereits 1933 offiziell zugegeben. Die Sowjetregierung organisierte eine großangelegte Nahrungsmittelhilfe für Regionen, die am härtesten vom Hunger betroffen waren, die Ukraine inklusive.

Dass man die für zahlreiche Völker der UdSSR gemeinsame Tragödie der Hungersnot zu Beginn der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts als eine gezielte Ausmerzung einer bestimmten Bevölkerungsgruppe aufgrund ihrer ethnischen (ukrainischen) Zugehörigkeit darstellt und dabei millionenfache Opfer anderer Nationalitäten übersieht, ist unvertretbar und unanständig. Mit diesem Narrativ, das mit Objektivität nichts zu tun hat, verfolgt man das Ziel, antirussische Stimmungen zu schüren und in diesem Sinne die Geschichte aktiv und russophob zu revidieren.


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NEUER BEITRAG26.11.2022, 14:16 Uhr
EDIT: FPeregrin
28.11.2022, 13:10 Uhr
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FPeregrin

Zu Erfindung und Funktion des 'Holodomor' Und zeitgleich zu dieser bösartigen Narrenposse wird dann folgerichtig ein wenig "Wissenschaft" gespielt - Spektrum heute:
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"Heute ist unbestritten, dass der Holodomor eine von Josef Stalin (1878–1953) herbeigeführte Katastrophe und eine Folge seiner »Revolution von oben« war." - Allein dieser Satz - Kernaussage: "ist unbestritten" - ist erwiesenermaßen sachlich falsch! Er paßt aber zur zur Mode gewordenen Masche des "Faktensetzens", die möglich geworden ist, weil sich die postmoderne Matschbirne lieber mit dem Gewese um "Konstruktion" und "Dekonstruktion" von "Narrativen" und u. dgl. m. befaßt als um die Erforschung der materiellen Wirklichkeit selbst. Solchen alt-aufklärerischen Kram machen wir doch heute nicht mehr!

Es bleibt dabei:
#BankrottDesBuergerlichenWissenschaftsbetriebs
NEUER BEITRAG26.11.2022, 14:34 Uhr
EDIT: FPeregrin
26.11.2022, 14:36 Uhr
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FPeregrin

P.S.: Nur aus der Erinnerung, die aber bei sowas ständig hochschwappt: Im 3. Indiana-Jones-Film ("Indiana Jones und der letzte Kreuzzug") sagt Vater Jones zu Indy: "Das nennst du nun Wissenschaft, mein Sohn?!" 1989 durfte man das noch sagen, ... zumindest im Kino!
NEUER BEITRAG29.11.2022, 21:25 Uhr
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FPeregrin

Zu Erfindung und Funktion des 'Holodomor' Sevim Dagdelens Gastkommentar in der jW von morgen:

Geistige Mobilisierung

»Holodomor«-Resolution des Bundestags. Gastkommentar

Von Sevim Dagdelen

Sevim Dagdelen ist Mitglied des Bundestags für die Partei Die Linke

Eine übergroße Koalition des Bundestages, bestehend aus Ampel und Union, will am Mittwoch beschließen, dass die Hungersnot der Jahre 1932/33 in der Ukraine ein Völkermord gewesen sei. Liest man den Antragsentwurf, wird schnell klar: Es geht nicht um das damalige Leid der Hungertoten. Es geht vielmehr um die geistige Mobilmachung gegen Russland heute.

Die überwältigende Mehrheit der Historiker zweifelt nicht daran, dass die Hungersnot durch politische Entscheidungen der sowjetischen Führung planvoll verschärft worden ist. Aber sie zweifelt am Genozidcharakter. Genau aus diesem Grund hat der Bundestag im Jahr 2017 noch eine Petition abgelehnt, die den »Holodomor« als Genozid anerkannt wissen wollte. Es spreche doch »einiges dagegen«, und es liege »nicht im Ermessen des Petitionsausschusses«, über eine in der Geschichtswissenschaft strittige Frage zu entscheiden, befand das Parlament damals, mit den Stimmen auch derjenigen, die das heute anders entscheiden wollen. Noch im Frühjahr 2022 fasste der Petitionsausschuss in einer vorläufigen Beschlussempfehlung zusammen, dass die Einschätzung, ob der Holodomor die Merkmale eines Völkermordes erfülle, weiterhin umstritten sei.

Die Erkenntnisse der Geschichtswissenschaft haben sich seit diesen Beratungen nicht geändert. Dennoch gehen die Antragsteller sogar so weit, den Holodomor »in die Liste menschenverachtender Verbrechen totalitärer Systeme« einzureihen. Damit machen sie en passant auch die Schoah und den faschistischen Vernichtungskrieg zum Teil einer »Liste« und relativieren so die Singularität des Holocaust.

In erschreckender Weise wird mit der Genozidfeststellung das Narrativ ukrainischer Nationalisten übernommen, offenbar, wie es so treffend im Antrag heißt, um einseitigen russischen Narrativen entschieden entgegenzuwirken. Die Erkenntnisse einer überwiegenden Mehrheit der Historiker werden bewusst ignoriert, so auch israelische Narrative, nicht zuletzt des Simon-Wiesenthal-Zentrums. Israel lehnt die Einstufung als Genozid ab, da er keine »Vernichtung anhand ethnischer Kriterien« gewesen sei und sieht den Holodomor als »größte Tragödie des ukrainischen Volkes« an. Laut Simon-Wiesenthal-Zentrum würde eine solche Wertung den Holocaust relativieren.

Die geschichtspolitischen Feststellungen der Antragsteller werden in direkten Zusammenhang zur Lieferung von immer mehr und immer schwereren Waffen an die Ukraine durch die Bundesregierung gerückt. Ganz explizit wird gefordert, die Ukraine »im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel (…) militärisch zu unterstützen«, als wäre der heutige Krieg die Fortsetzung einer einst verlorenen Schlacht.


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Und: Es ist ein Unterschied, ob eine solchen Position im BT noch möglich ist oder schon nicht mehr. Und dies ist aktuell abhängig von dem Überleben oder der (Selbst-)Zerlegung der Partei #DieLinke. Punkt.
NEUER BEITRAG01.12.2022, 12:12 Uhr
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FPeregrin

Zu Erfindung und Funktion des 'Holodomor' jW:

Online Extra
30.11.2022, 19:47:33 / Inland
Geschichtspolitik

Suche nach dem zweiten Auschwitz

Bundestag stuft Hungersnot als Genozid ein. CDU-Mann: »Es wurde systematisch selektiert«. Gysi gegen »Gleichstellung« von Hitler und Stalin

Von Nico Popp

Der Bundestag hat am Mittwoch abend per Mehrheitsbeschluss die Hungerkatastrophe in mehreren Teilrepubliken der UdSSR in den Jahren 1932 und 1933 als gegen das ukrainische Volk gerichteten Genozid eingestuft. Der entsprechende Antrag war von den drei Regierungsfraktionen und der Unionsfraktion eingebracht worden. In Anwesenheit des ukrainischen Botschafters Oleksij Makejew und des stellvertretenden ukrainischen Außenministers Andrij Melnyk stimmten die Abgeordneten von SPD, Grünen, FDP und Unionsparteien für den Antrag. Die Abgeordneten von Die Linke und AfD enthielten sich. Es gab keine Gegenstimmen.

»Aus heutiger Perspektive« liege »eine historisch-politische Einordnung als Völkermord nahe«, heißt es in dem beschlossenen Antrag. Der Bundestag »teilt eine solche Einordnung«. Der »Holodomor« reihe sich ein »in die Liste menschenverachtender Verbrechen totalitärer Systeme, in deren Zuge vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa Millionen Menschenleben ausgelöscht wurden«.

Die Antragsteller haben den »Holodomor«-Beschluss direkt mit aktuellen außenpolitischen Fragen verknüpft. In dem Dokument wird die Bundesregierung aufgefordert, »die Ukraine als Opfer des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands und der imperialistischen Politik Wladimir Putins im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel weiterhin politisch, finanziell, humanitär und militärisch zu unterstützen«.

Vor der Beschlussfassung fand eine etwa dreiviertelstündige Aussprache zu dem Antrag statt. Robin Wagener (Grüne), Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe, stellte fest, »der Horror« habe »seine Ursache im Kreml« gehabt. Es sei um die Unterdrückung des ukrainischen Nationalbewusstseins, von Sprache und Kultur gegangen. Man sehe hier die »brutale Wahrheit stalinistischer Gewalt«. Zweck des Antrags sei allerdings nicht, die deutschen Verbrechen in der Sowjetunion zu relativieren.

Der CDU-Abgeordnete Michael Brand behauptete, die Ukraine sei von der sowjetischen Führung zum Opfer eines Völkermordes gemacht worden. »Es wurde systematisch selektiert«, so Brand. »Nie wieder darf weder in deutschem noch im russischen Namen geschehen, was durch den Holodomor und die Nazis an Massenmord in der Ukraine begangen wurde«, sagte der Abgeordnete. Das sei die »Lehre der eigenen deutschen Geschichte«. Brand beschwerte sich darüber, dass kein einziger Bundesminister anwesend sei und beendete seine Rede mit dem ukrainischen Nationalistengruß »Slawa Ukrajini«.

Die SPD-Abgeordnete Gabriela Heinrich gab sich überzeugt, dass das »ungeheure Verbrechen« nicht auf Missernten zurückzuführen sei. Der Bevölkerung sei das Essen einfach weggenommen worden. Ziel sei die Unterdrückung des ukrainischen Nationalbewusstseins gewesen; es handele sich um eine gewollte und geplante Hungersnot.

Für die AfD nutzte der Abgeordnete Marc Jongen die von der Ampel und der Union geschaffene günstige Gelegenheit zu einem kleinen geschichtsrevisionistischen Rundumschlag. Den »Holodomor« nannte Jongen eines der großen Menschheitsverbrechen des 20. Jahrhunderts. Lenin habe das 1922 bereits »angekündigt«. Die Lehre müsse sein, dass die »sozialistische Ideologie« abzulehnen und zu bekämpfen sei, wo immer sie »in neuer Verkleidung ihr scheußliches Haupt erhebt«. Das gelte für die »nationalsozialistische Variante« wie auch für die »internationale Variante«, die sich hinter »wohlklingenden Parolen« wie »Gerechtigkeit oder Fortschritt versteckt«. Die AfD habe vor drei Jahren über den »Holodomor« informiert, damals habe es aber kaum jemanden interessiert. Das »linkslastige politische Establishment« habe bei »Verbrechen im kommunistischen Machtbereich« jahrzehntelang weggeschaut. Man komme ja auch bei dem »Gedenken an die SED-Verbrechen« nicht recht voran. Jongen wandte sich im weiteren Verlauf seiner Rede gegen die »Instrumentalisierung der Geschichte« im Kontext des Ukraine-Krieges; die AfD lehne das ab.

Der FDP-Abgeordnete Ulrich Lechte sah in dem »Massenmord« eine Strafe für den Widerstand gegen die Zwangskollektivierung und für die Ablehnung der sowjetischen Herrschaft. Die Hungerkatastrophe sei »politisch künstlich herbeigeführt« und »systematisch durchgeführt« worden.

Für die Fraktion Die Linke sprach Gregor Gysi. »Terroristische Industrialisierung und Zwangskollektivierung« seien ein »schlimmes Verbrechen« gewesen. Stalin habe sich freilich gegen alle gewendet, die diese »terroristische Industrialisierung und Zwangskollektivierung« abgelehnt haben – also nicht nur gegen Ukrainer. Der Petitionsausschuss des Bundestages habe 2017 festgestellt, dass manches gegen eine Einstufung des »Holodomor« als Völkermord spreche. Auch der Europarat habe das abgelehnt. Beim Lesen des vorliegenden Antrages erhalte man den Eindruck einer »Gleichstellung« von Hitler und Stalin. In Deutschland aber solle man die »Suche nach einem zweiten Hitler und nach einem zweiten Auschwitz aufgeben«. Gysi verwies darauf, dass die Außenministerin Russland soeben einen Zivilisationsbruch vorgehalten habe - »ein Begriff, der bislang ausschließlich für die Shoah angewandt wurde«. Das sei »mehr als bedenklich«. Die Linke verurteile das Verbrechen, könne also nicht gegen diesen Antrag stimmen. Die Kritik verbiete auch eine Zustimmung. Man enthalte sich deshalb.


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NEUER BEITRAG01.12.2022, 20:00 Uhr
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FPeregrin

Zu Erfindung und Funktion des 'Holodomor' jW morgen:

Mit Melnyk im Plenarsaal

Der »Holodomor«-Beschluss des Bundestages. Über die Hintergründe einer interessengeleiteten historischen Erzählung

Von Reinhard Lauterbach

Ginge es nur um historische Erkenntnis, könnte man den Beschluss des Bundestages, die Hungersnot in der Ukraine während der Kollektivierung Anfang der 1930er Jahre (nachfolgend auch: »Holodomor«) als »Genozid« einzustufen, ignorieren. Denn zur Klärung dessen, was passiert ist, trägt er nichts Neues bei, und was er beiträgt, ist eine moralisierende Einordnung, durch die man auch nicht klüger wird. Solcher gedankliche Mummenschanz ist kein Zufall. Die Demokratie als »Legitimation durch Verfahren« (Niklas Luhmann) hat sich mit dem Mehrheitsprinzip ein Kriterium für Entscheidungen gewählt, das sich von Inhalten irgendeiner Art unabhängig macht. Papier ist geduldig, und beschließen kann man alles, wofür man eine Mehrheit findet. Das Parlament der Republik Polen hat vor ein paar Jahren auch schon einmal die Jungfrau Maria als Königin Polens anerkannt,¹ ohne dass irgend jemand hierin den Staatsstreich gewittert hat, der dieser Beschluss objektiv gewesen wäre, wenn man ihn ernstgenommen hätte.

Aber etwas mehr als ein beliebiger Unsinn ist dieser Beschluss natürlich schon. Er ist – und soll es sein – eine politische Solidarisierung mit einer Ideologie, die in der Ukraine den Charakter der zentralen Herrschaftslegitimation angenommen hat, obwohl ihre Argumentationsgrundlage zumindest erhebliche Zweifel weckt. Die Ukrainer seien Anfang der 1930er Jahre Opfer eines sowjetisch-russischen Genozidversuchs geworden, so die Erzählung. Bebildert wird diese Behauptung mit der tatsächlich hohen Zahl der Opfer, die die Kollektivierung in den sowjetischen Dörfern forderte, darunter auch in der Ukraine. Die meisten Autoren gehen von sieben bis acht Millionen durch Gewalt oder Hunger getötete Menschen in den Agrarregionen der Sowjetunion aus, darunter etwa die Hälfte in der Ukrainischen Sowjetrepu­blik. Aber eben bei weitem nicht nur dort.

Beschleunigte Kollektivierung

Diese hohe Zahl an Opfern lässt sich erklären, auch ohne dass man dafür die Vermutung eines antiukrainischen Komplotts der (als russisch unterstellten, faktisch durchaus multinationalen) Sowjetführung bemühen müsste. Der Mainstream der historischen Forschung unterstellt, dass die sowjetische Führung den Beschluss des Jahres 1928, die Landwirtschaft beschleunigt zu kollektivieren (also die Agrarrevolution der Jahre 1917 bis 1920 zurückzunehmen, der die Bolschewiki in der frühen Phase ihrer Herrschaft immerhin den Sieg ihrer Revolution verdankten, weil die Bauern dem zaristischen und bürgerlichen System die Gefolgschaft verweigerten und sich statt dessen Landanteile sicherten), aus im wesentlichen drei Motiven heraus fasste:

Erstens, den Aufwand für die Industrialisierung des Landes auf Kosten der Dorfbevölkerung zu finanzieren; Stalin selbst hat diese Überlegung damit verglichen, den Bauern eine »Industrialisierungsrente« abzuverlangen ähnlich derjenigen, mit der die kapitalistischen Industriestaaten ihre ursprüngliche Akkumulation durch die Extraausbeutung der Kolonien und ihrer Bewohner finanziert hatten: eine Phase »ungleichen Tausches« mit dem Ziel, die UdSSR industriell zu entwickeln und dadurch auch zur Abwehr imperialistischer Angriffe zu befähigen. Die Ukrai­ne war zu diesem Zeitpunkt das wichtigste Getreideüberschussgebiet der Sowjetunion – die Urbarmachung des Kaukasusvorlands und der östlichen Ausläufer der Schwarzerderegion in Kasachstan stand erst noch bevor. Damals war in der Ukraine schlicht das meiste für die staatlichen Ziele zu holen, deshalb wurde sie zwangsläufig auch zu einer Schwerpunktregion der Repression gegen den Widerstand der bäuerlichen Bevölkerung gegen ihre faktische Enteignung.

Denn der zweite Aspekt der Kollektivierung bestand darin, dass sie eine Reihe von Widersprüchen der 1921 von Lenin proklamierten »Neuen Ökonomischen Politik« (NÖP) gewaltsam auflösen sollte. Die NÖP hatte faktisch die Wiederzulassung des Kapitalismus in Landwirtschaft und Leichtindustrie bedeutet. 1921 war das eine aus der wirtschaftlichen Zerrüttung nach dem Bürgerkrieg geborene Notmaßnahme gewesen, ausgelöst auch vom beharrlichen Widerstand der Bauern gegen die Getreidekonfiskationen zugunsten von Städten und Armee. Im Zuge der 1920er Jahre brachte sie neue (bzw. alte) Klasseninteressen hervor: die der Privateigentümer in Landwirtschaft, Kleinhandel und Leichtindustrie, also den konsumnahen Branchen der sowjetischen Wirtschaft. Diese sozialen Interessen liefen denen der zentralen Industrialisierungsplanung zuwider. Bauern verhielten sich zu ihren Produkten wie die Eigentümer, die sie waren, das bedeutete auch, dass sie sie verkauften, wenn es ihnen profitabel erschien, und dies unterließen, wenn ihnen die staatlichen Aufkaufpreise zu niedrig waren. Sie mussten aber niedrig – also aus Sicht der Bauern nicht kostendeckend – sein, wenn mit ihnen das politisch vorgegebene Ziel erreicht werden sollte, Mittel für die Industrialisierung zu beschaffen. Als Folge geriet das andere Ziel in Gefahr, um dessentwillen die Bolschewiki den privaten Handel der Bauern wieder zugelassen hatten: die Versorgung der Industrieregionen und der Arbeiterklasse als ihrer sozialen Hauptstütze zu garantieren. Sie ließ sich eben nicht garantieren, solange man das Interesse der aus der Agrarrevolution ohne Zutun der Bolschewiki hervorgegangenen und durch die NÖP gesetzlich anerkannten privaten Parzellenbauern politisch gelten ließ.

Damit stellte sich drittens die Frage, wie lange auf dieser Grundlage die Herrschaft der Bolschewiki als Partei noch aufrechtzuerhalten sein würde. Wenn Stalin die »Rechtsabweichler« um Nikolai Bucharin, die dafür eintraten, die NÖP laufen zu lassen und der Sowjetwirtschaft ein gemäßigteres und eher an den Konsumbedürfnissen der Bevölkerung orientiertes Wachstum zu erlauben, als Gefahr für die Herrschaft der Bolschewiki ausmachte, war das nicht völlig aus der Luft gegriffen. Es wäre tatsächlich wahrscheinlich früher oder später auf die Notwendigkeit eines Klassenkompromisses mit den Bauern und den sonstigen sozialen Nutznießern der NÖP hinausgelaufen – genau das, was Lenin in seinen Reden und Schriften zur Einführung der NÖP als drohende Gefahr erkannt hatte, die die Partei aber, so seine Überzeugung, neutralisieren könne, wenn sie die politische Kontrolle fest in der Hand behalte.

Die »Scherenkrise« der späten 1920er Jahre (der Umstand, dass die Preise für Industrieprodukte beständig stiegen, während landwirtschaftliche Güter immer niedriger vergütet wurden) demonstrierte der sowjetischen Führung, dass das so einfach nicht war. Von daher gewann der Gedanke, den gordischen Knoten widerstreitender Klasseninteressen lieber früher als später zu durchschlagen, an Plausibilität. Dass dies einen neuen Bürgerkrieg lostreten könnte, war für niemanden in der Parteiführung eine Überraschung; die passende Theorie über den im Verlaufe des Aufbaus des Sozialismus angeblich immer schärfer werdenden Klassenkampf war schnell postuliert, und das für den Sieg in diesem neuen Bürgerkrieg absehbar erforderliche Maß an Gewalt gegen einen Teil der eigenen Gesellschaft, den man noch vor kurzem als Verbündeten der Arbeiterklasse hofiert hatte, bereitete den überlieferten Quellen zufolge nur wenigen in der Parteiführung Probleme, schon gar keine moralischen. Alle Beteiligten hatten den ersten Bürgerkrieg mitgemacht und waren überzeugt, dass dies eben die Regeln des politischen Kampfes seien. Man kann dies im nachhinein bedauern oder kritisieren, aber solche Kritik bleibt moralisch, solange nicht erkannt wird, dass der Handlungs- und Vorstellungsraum der damaligen politischen Akteure eben durch die Gewalterfahrung von Revolution und Bürgerkrieg geprägt worden war.


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NEUER BEITRAG01.12.2022, 20:03 Uhr
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FPeregrin

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Keine Beweise

All dies ist in der russischen und auch internationalen Forschung umfassend diskutiert worden. Die führende Studie dazu stammt von dem an der russischen Universität Penza lehrenden Historiker Wiktor Kondraschin,² und die Überzeugungskraft des ukrainischen Narrativs könnte insbesondere durch die Tatsache geschmälert werden, dass dieses gut 500 Seiten starke Werk 2008 unter Schirmherrschaft der inzwischen in Russland verbotenen, antisowjetischen NGO »Memorial« und im Verlag des »Jelzin-Zentrums« in Jekaterinburg herausgegeben wurde, also von aus westlicher Sicht »guten« Russen. Auch der notorische Kommunistenfresser Jörg Baberowski von der Humboldt-Universität in Berlin hat sich im Kern dieser Argumentation angeschlossen,³ und sogar die US-Historikerin und -Journalistin Anne Applebaum, die sich in ihrem seit 2010 aus offenkundig ideologischen Beweggründen unter Nutzung ganz überwiegend ukrainischer Quellen entstandenen Buch »Roter Hunger«⁴ bemüht hat, für ein breiteres Lesepublikum die spezielle ukrainisch-nationalistische Sichtweise auf den tragischen Verlauf der Kollektivierung im Westen zu popularisieren, kommt nicht umhin, im Nachwort zu diesem umfangreichen Werk zuzugeben, dass die Argumentation der »funktionalistischen« Historiker wie Wiktor Kondraschin »teilweise richtig« sei.⁵

Auch Applebaum schafft es nicht, den schlüssigen Beweis zu führen, dass die Opfer der Kollektivierungsphase nicht die Folge einer mit höchster Beschleunigung und maximalem Gewalteinsatz durchgesetzten Enteignung der Bauern, konkret der Rücknahme der Agrarrevolution der Jahre 1918 bis 1920, gewesen sei, sondern der Ausdruck einer gezielt gegen die Ukraine und ihre Bevölkerung gerichteten Politik der Bolschewiki. Ihr Trick besteht darin, parallel auf zwei Ebenen zu argumentieren und die Gleichzeitigkeit der Ereignisse auf beiden zum Beleg ihres inneren Zusammenhangs zu erklären, konkret: die Kollektivierung auf der einen Seite und das Zurückdrängen der nationalukrainischen Einflüsse im Kulturleben der ukrainischen Sowjetrepublik ab der zweiten Hälfte der 1920er Jahre auf der anderen Seite.

Selbst wenn man Applebaums These folgt, dass die siegreichen Bolschewiki nach 1917 in mehreren Teilen des Imperiums, das sie aus der Konkursmasse der provisorischen Regierung übernommen hatten, mit nationalen Abspaltungsbewegungen konfrontiert gewesen seien, von denen die in der Ukraine für sie aus verschiedenen Gründen die gefährlichste gewesen sei und sie deshalb über Jahre bemüht waren, diese politisch zu neutralisieren, ist die Folgerung der Autorin, die vielen Kollektivierungsopfer in der Ukraine seien primär Ausdruck einer antiukrainischen Kampagne gewesen (was waren sie dann in Russland oder Kasachstan?) nicht zwingend.

Mit der Parallelisierung beider Entwicklungen versucht sich Applebaum um ein zentrales Beweisproblem herumzudrücken, das Politik und Rechtsprechung seit der Entwicklung des Genozidbegriffs durch den polnischen Juristen Raphael Lemkin in den 1940er Jahren im US-Exil prägt: Lemkin hatte in seiner Pionierstudie »Axis Rule in Occupied Europe« (1944) Genozid definiert als einen »koordinierten Plan verschiedener Aktionen, der auf die Zerstörung essentieller Grundlagen des Lebens einer Bevölkerungsgruppe gerichtet ist mit dem Ziel, die Gruppe zu vernichten«.⁶ Lemkin setzt also erstens Absicht voraus, und zweitens das Ziel, die Zielgruppe des Völkermordes insgesamt zu vernichten. Applebaum räumt selbst ein, dass die Kollektivierungskampagne Stalins dieses Ziel gar nicht verfolgt habe⁷; gleichwohl ist sie bemüht, einen Genozid zu suggerieren. Sie erreicht das, indem sie das Element der Intentionalität aus dem Vorgehen gegen die ukrainische Intelligenz entnimmt (die ja aber nur ein Teil der ukrainischen Bevölkerung war und an der sich – sogar im hypothetischen Fall ihrer vollständigen Vernichtung – das Kriterium der universellen Mordabsicht nicht hätte demonstrieren lassen können) und mit dem Element der Massenhaftigkeit der Repression aus dem Vorgehen gegen die Bauern in der Ukrai­ne (das sich aber nicht auf diese Republik beschränkte) verbindet.

Politische Motive

Applebaum räumt im Nachwort, das der »Wiederkehr der ukrainischen Frage« im Zuge der Diskussion um den »Holodomor« gewidmet ist, verklausuliert ein, dass die von ihr im übrigen propagierte These vom antiukrainischen Völkermord Resultat einer politischen Absichtserklärung unter dem »prowestlichen« ukrainischen Präsidenten Wiktor Juschtschenko (2005–2010) gewesen sei, demselben Juschtschenko, der politisch stark unter dem Einfluss der ukrainischen Diaspora in den USA und Kanada stand und dessen politischer Nachlass im wesentlichen darin besteht, dass er 2006 die Hungersnot zum Genozid und 2010 den Antisemiten und Nazikollaborateur Stepan Bandera sowie etliche seiner Gesinnungsgenossen zu »Helden der Ukrai­ne« erklärt hat. Applebaum ist sich übrigens völlig klar über den manipulativen Charakter von Juschtschenkos Holodomor-Argumentation: »Juschtschenko verstand die Macht der Hungersnot als einigende nationale Erinnerung der Ukrainer (…). Zweifellos politisierte er sie, (…) einige seiner Zahlenangaben waren übertrieben«.⁸

Der schwedische Historiker Per Anders Rudling hat rekonstruiert, wie die Legende vom Hungerverbrechen an den Ukrainern entstanden ist.⁹ Nach seinen Erkenntnissen haben die ehemaligen ukrainischen Nazikollaborateure, die sich nach 1945 mit Protektion insbesondere des britischen Geheimdienstes trotz ihrer den Alliierten bekannten Nazivergangenheit über den Atlantik retten konnten,¹⁰ die Erzählung vom »Holodomor« in den späten 1970er Jahren entwickelt, als unter dem Eindruck der US-Fernsehserie »Holocaust« (1978) die Auswirkungen der Debatte über die Akteure und Profiteure der Judenvernichtung in Osteuropa spürbar wurden; mit einer Gegenerzählung hätten sie versucht, von ihrer eigenen Verwicklung bzw. der ihrer Organisationen in jene Verbrechen abzulenken. Es ist eine Chuzpe, wie sie in ukrainischen Nationalistenkreisen kein Einzelfall ist. Andrij Melnyk, der langjährige Botschafter der Ukraine in der Bundesrepublik, hat nie etwas dabei gefunden, sich einerseits als Bandera-Fan zu outen, andererseits aber die deutsche Gesellschaft an die Naziopfer in der Ukraine zu erinnern.

Es ist also eine ausgesprochen trübe Suppe, aus der der Bundestag seinen Holodomor-Beschluss geschöpft hat. Die Frage ist, warum; nur die Tatsache, dass zuvor bereits die Parlamente Kanadas (2008) und der USA (2010) ähnliche Beschlüsse gefasst haben, kann es nicht gewesen sein, sie bindet den Bundestag ja nicht. Unkenntnis kann auch nicht geltend gemacht werden, schließlich unterhält der Bundestag »Wissenschaftliche Dienste«, die genau die Aufgabe haben, die politisch Verantwortlichen auf Unsicherheiten, Zweifelsfälle und potentielle Peinlichkeiten hinzuweisen, bevor sie politisch aktenkundig werden.

Allerdings ist es dann die politische Entscheidung der Abgeordneten, ob sie diesen Ratschlägen folgen. Dass sie das nicht tun, wenn ihnen die Schlussfolgerung der Experten nicht in den Kram passt, hat bereits im Frühjahr dieses Jahres die Auseinandersetzung um die Frage gezeigt, ob es eine indirekte Kriegsbeteiligung sei, wenn die Bundeswehr ukrainische Soldaten auf deutschem Boden ausbilde.¹¹ Während die Experten dies bejahten, beschloss die große Mehrheit der Abgeordneten, diese Bedenken zu ignorieren und mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten auf deutschem Boden fortzufahren. Nach genau derselben Logik ignorierten die Parlamentarier jetzt die schwache Argumentationsgrundlage und die fragwürdige Entstehungsgeschichte des »Hunger-Genozids«.


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NEUER BEITRAG01.12.2022, 20:05 Uhr
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Schlag gegen Russland

Es liegt nahe anzunehmen, dass es die Absicht der den Beschluss tragenden Fraktionen ist, Russland auf geschichtspolitischer Ebene einen symbolischen Schlag zuzufügen. Mehr ist es in der Sache nicht, auch wenn sich jetzt schlechtinformierte Leitartikler auf den Bundestagsbeschluss berufen können, um dessen Inhalt nachzuplappern. Was der Beschluss aber tatsächlich bezwecken soll, ist nicht recht absehbar. Die Vermutung, hier solle durch die Unterstellung eines »sowjetischen Holocaust« die Bedeutung des von Deutschland ins Werk gesetzten Völkermords an den europäischen Juden relativiert werden, wirkt wenig überzeugend. Zu gut hat die bundesdeutsche Geschichtsmoral genau mit der – billig zu habenden – Anerkennung der »Einzigartigkeit« der deutschen Verbrechen international Punkte gemacht, nicht zuletzt in Israel, das aus der Behauptung dieser Einzigartigkeit ein Element seiner Staatsräson gemacht hat. Wozu sich an dieser Stelle den Ärger einhandeln, den sich die Ukraine bereits 2019 eingefangen hat, als Präsident Wolodimir Selenskij Israel aufgefordert hat, die Anerkennung der Hungersnot der frühen 1930er Jahre als mit dem Holocaust vergleichbar vorzunehmen.¹² An der Stelle hört für Israel der Spaß auf. Das ukrainische Ansinnen wurde brüsk zurückgewiesen.

Das hindert die ukrainische Seite freilich nicht, für ein Publikum ohne philologische Kenntnisse diese Gleichsetzung über den ähnlichen Anlaut der beiden Wörter »Holodomor« und »Holocaust« zu suggerieren. Dabei hat das eine slawische und das andere griechische Wurzeln, beide haben also nichts miteinander zu tun. Trotzdem hat sich das Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften nicht entblödet, 2009 den Artikel einer rumänischen Autorin zu veröffentlichen, der diese peinliche Dummheit zumindest als Eingangsfrage wiederholt.¹³

Eher könnte die Resolution der Versuch sein, die innerdeutsche Debatte zu zensieren. Denn schon im Oktober ist das Strafgesetzbuch um einen Paragraphen 130b erweitert worden, der »das öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschheit und Kriegsverbrechen« unter Strafe stellt.¹⁴ Damit wäre auch das juristische Dilemma umschifft, dass zwar eine Bestrafung nur auf Grund eines Gesetzes möglich ist, dass jedoch der Inhalt der neuen Vorschrift nicht präzisiert, was das Kriterium solcher »Verharmlosung« ist: womöglich auch ein inhaltlich fragwürdiger und von seinem Charakter her rein deklarativer Parlamentsbeschluss ohne Gesetzeskraft. Wenn sich der Bundestag von ukrainischen Geschichtsideologen vorschreiben lässt, was in Deutschland gesagt und geschrieben werden darf, wäre dies nicht verwunderlich, nachdem das politische Berlin die monatelangen Pöbeleien eines Andrij Melnyk widerstandslos hingenommen hat. Insofern ist leider, so belanglos die Resolution inhaltlich ist, Schlimmes für die Diskussionsfreiheit in Deutschland zu befürchten: die Melnykisierung des Diskurses.

Anmerkungen:

1 Link ...jetzt anmelden! Beschluss vom 15.12.2016

2 Wiktor Kondraschin: Golod 1932-33gg. Tragedija sowetskoj derewni (Der Hunger der Jahre 1932/33. Die Tragödie des sowjetischen Dorfes), Moskwa 2008, online unter: Link ...jetzt anmelden!

3 Jörg Baberowski: Die Kollektivierung der Landwirtschaft und der Terror gegen die Kulaken (2007), Link ...jetzt anmelden!

4 Anne Applebaum: Roter Hunger. Stalins Krieg gegen die Ukraine, München 2019

5 Ebd., S. 440 f.

6 »a coordinated plan of different actions aiming at the destruction of essential foundations of the life of national groups, with the aim of annihilating the groups themselves«. Rafael Lemkin: Axis Rule in Occupied Europe. Laws of Occupation, Analysis of Government, Proposals for Redress, New Jersey 2005 [1944], S. 79

7 Applebaum, a. a. O., S. 437: »Der Holodomor entspricht diesem Kriterium nicht. Die ukrainische Hungersnot war nicht der Versuch, jeden Einzelnen Ukrainer zu vernichten, außerdem endete sie im Sommer 1933, bevor sie das gesamte ukrainische Volk auslöschen konnte.«

8 Ebda., S. 438:

9 Per Anders Rudling: Memories of »Holodomor« and National Socialism in Ukrainian political culture. In: Yves Bizeul (Hg.): Rekonstruktion des Nationalmythos? Frankreich, Deutschland und die Ukraine im Vergleich. Göttingen 2013. S. 227-258

10 Richard Breitman; Norman J. W. Goda: Hitler’s Shadow. Nazi Criminals, US Intelligence, and the Cold War, Washington D.C. 2007, online unter: Link ...jetzt anmelden!

11 Rechtsfragen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch NATO-Staaten zwischen Neutralität und Konfliktteilnahme (16.3.2022), Link ...jetzt anmelden!

12 Link ...jetzt anmelden!

13 Alexandra Ilie: Holodomor, the Ukrainian Holocaust? In: Studia Politica: Romanian Political Science Review 11 (2011), No. 1, 137-154, Link ...jetzt anmelden!

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