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•NEUES THEMA28.11.2022, 15:07 Uhr
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• Armenien, Aserbaidschan und Bergkarabach
Dazu mal ein längerer Text auf RTdeutsch am 16. September 2022. Interessant dadurch, daß dieser Text zwei Analysen gegenüberstellt: je eine von einem Armenier (Hayk Khalatyan) und von einem Aserbaidschaner (Nijat Hajiyev). Hayk Khalatyan ist Leiter des Zentrums für die Analyse strategischer Studien und Initiativen in Jerewan; Nijat Hajiyev ist ein politischer Analyst aus Aserbaidschan.
Ich kenne mich in der Thematik zu wenig aus, um die einzelnen Aussagen beurteilen zu können, nicht einmal den Gesamtgehalt des Artikels kann ich bewerten, also bildet Euch gefälligst selbst eine Einschätzung. Aber man kriegt dazu ja i. d. R. in der BRD nicht allzuviele Infos.
Konfliktherd Kaukasus: Warum sich Armenien und Aserbaidschan um Bergkarabach bekriegen
Vor 21 Monaten wurde im umstrittenen Gebiet von Bergkarabach ein Waffenstillstand ausgerufen. Aber gibt es tatsächlich eine Chance auf einen echten und anhaltenden Frieden?
Eine Gegenüberstellung der Analysen von Hayk Khalatyan (Armenien) und Nijat Hajiyev (Aserbaidschan)
Kriege, ethnische Säuberungen, gegenseitige Beschuldigungen wegen Kriegsverbrechen und historisches Unrecht begleiten den Konflikt in Bergkarabach, der seit mehr als 100 Jahren im Herzen des Kaukasus schwelt. De jure gehört das Gebiet von Bergkarabach zu Aserbaidschan, dessen territoriale Integrität von allen Mitgliedsstaaten der UNO anerkannt wird. Nach dem zweiten Krieg um dieses Gebiet im Jahre 2020, konnte Baku den Großteil dieses Territoriums auch de facto unter seine Kontrolle bringen.
Dennoch ist kein dauerhafter Frieden im Südkaukasus in Sicht – mit besorgniserregenden Ereignissen – inmitten einer globalen Instabilität. Am 12. September bestätigten Baku und Jerewan Berichte über militärische Zusammenstöße, die den fragilen Waffenstillstand in Bergkarabach erschütterten. Explosionen, die Artillerie und Angriffsdrohnen zugeschrieben wurden, waren am Dienstag, kurz nach Mitternacht, von den Bewohnern von Wardenis, Dschermuk, Goris und Tatew – alles Ortschaften innerhalb Armeniens – gemeldet worden.
Hayk Khalatyan, der Leiter des Zentrums für die Analyse strategischer Studien und Initiativen in Jerewan und Nijat Hajiyev, ein politischer Analyst aus Aserbaidschan, teilten mit RT ihre Gedanken darüber, warum Armenier und Aserbaidschaner immer wieder zu den Waffen greifen und ob es einen Ausweg aus diesem Teufelskreis gibt. Wir haben ihre Ansichten und Gedanken in diesem Artikel zusammengefasst und gegenübergestellt.
Was ist Karabach?Â
Hayk Khalatyan (ARM): Die Armenier nennen dieses Land Arzach. Das Gebiet ist eines der fünfzehn Provinzen des historischen Armeniens und ein wesentlicher Bestandteil des Gebietes, in dem Armenier seit Tausenden von Jahren leben und arbeiten. Strabo, Plutarch, Ptolemäus und andere antike Schriftsteller schrieben über Arzach als Teil des Königreichs von Armenien.
Die ethnische Zusammensetzung der Region änderte sich erst im Mittelalter, als Stämme der Turkvölker sich in großer Zahl ansiedelten. Verschiedene Eroberer drängten die Grenze der armenischen Gebiete, die früher entlang des Flusses Kura verlief, immer weiter zurück. Dadurch waren die Eingeborenen gezwungen, aus den flachen Ebenen von Arzach in die Bergregionen zu ziehen, die bis zum 19. Jahrhundert, als Armenien Teil des russischen Imperiums wurde, immer noch Heimat der teil-unabhängigen Fürstentümer war, die als Khamsayi oder die fünf Melikdoms von Karabach bekannt waren.
Nijat Hajiyev (AZE): Karabach ist einer der ältesten Teile Aserbaidschans. Das Wort Karabach selbst stammt aus dem Aserbaidschanischen und bedeutet "schwarzer Garten". Der armenische Name für diese Region entstand erst viel später. Man muss sich nur darüber im Klaren sein, dass der Kampf um dieses Territorium schon immer als der "Karabach-Konflikt" bekannt war.
Man kann in den Tiefen der vergangenen Jahrhunderte wühlen, so viel man will, und nach steinzeitlichen Beweisen für die Behauptungen der Armenier suchen, aber wie verhält sich das zur Realität? Im Mittelalter war Karabach Teil eines Staates, der auf dem Territorium des modernen Aserbaidschans existierte und von muslimischen türkischen Dynastien regiert und von Ethnien bewohnt wurde, die in den Turksprachen untereinander kommunizierten.
Im 18. Jahrhundert entstand das Khanat Karabach, das von der türkischen Dynastie der Jawanschir regiert wurde. Dies war ein aserbaidschanischer Staat mit einer aserbaidschanischen Aristokratie, in dem Aserbaidschaner die Mehrheit der Bevölkerung ausmachten. Nach der Unterzeichnung des Vertrags von Kurakchay im Jahr 1805, wurde das Khanat von Karabach gezwungen, sich der russischen imperialen Herrschaft zu unterwerfen. Dieses Dokument erwähnt weder Armenier noch den angeblichen armenischen Ursprung dieser Region. Tatsächlich haben das damals weder die Armenier noch die Russen anders gesehen.
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Ich kenne mich in der Thematik zu wenig aus, um die einzelnen Aussagen beurteilen zu können, nicht einmal den Gesamtgehalt des Artikels kann ich bewerten, also bildet Euch gefälligst selbst eine Einschätzung. Aber man kriegt dazu ja i. d. R. in der BRD nicht allzuviele Infos.
Konfliktherd Kaukasus: Warum sich Armenien und Aserbaidschan um Bergkarabach bekriegen
Vor 21 Monaten wurde im umstrittenen Gebiet von Bergkarabach ein Waffenstillstand ausgerufen. Aber gibt es tatsächlich eine Chance auf einen echten und anhaltenden Frieden?
Eine Gegenüberstellung der Analysen von Hayk Khalatyan (Armenien) und Nijat Hajiyev (Aserbaidschan)
Kriege, ethnische Säuberungen, gegenseitige Beschuldigungen wegen Kriegsverbrechen und historisches Unrecht begleiten den Konflikt in Bergkarabach, der seit mehr als 100 Jahren im Herzen des Kaukasus schwelt. De jure gehört das Gebiet von Bergkarabach zu Aserbaidschan, dessen territoriale Integrität von allen Mitgliedsstaaten der UNO anerkannt wird. Nach dem zweiten Krieg um dieses Gebiet im Jahre 2020, konnte Baku den Großteil dieses Territoriums auch de facto unter seine Kontrolle bringen.
Dennoch ist kein dauerhafter Frieden im Südkaukasus in Sicht – mit besorgniserregenden Ereignissen – inmitten einer globalen Instabilität. Am 12. September bestätigten Baku und Jerewan Berichte über militärische Zusammenstöße, die den fragilen Waffenstillstand in Bergkarabach erschütterten. Explosionen, die Artillerie und Angriffsdrohnen zugeschrieben wurden, waren am Dienstag, kurz nach Mitternacht, von den Bewohnern von Wardenis, Dschermuk, Goris und Tatew – alles Ortschaften innerhalb Armeniens – gemeldet worden.
Hayk Khalatyan, der Leiter des Zentrums für die Analyse strategischer Studien und Initiativen in Jerewan und Nijat Hajiyev, ein politischer Analyst aus Aserbaidschan, teilten mit RT ihre Gedanken darüber, warum Armenier und Aserbaidschaner immer wieder zu den Waffen greifen und ob es einen Ausweg aus diesem Teufelskreis gibt. Wir haben ihre Ansichten und Gedanken in diesem Artikel zusammengefasst und gegenübergestellt.
Was ist Karabach?Â
Hayk Khalatyan (ARM): Die Armenier nennen dieses Land Arzach. Das Gebiet ist eines der fünfzehn Provinzen des historischen Armeniens und ein wesentlicher Bestandteil des Gebietes, in dem Armenier seit Tausenden von Jahren leben und arbeiten. Strabo, Plutarch, Ptolemäus und andere antike Schriftsteller schrieben über Arzach als Teil des Königreichs von Armenien.
Die ethnische Zusammensetzung der Region änderte sich erst im Mittelalter, als Stämme der Turkvölker sich in großer Zahl ansiedelten. Verschiedene Eroberer drängten die Grenze der armenischen Gebiete, die früher entlang des Flusses Kura verlief, immer weiter zurück. Dadurch waren die Eingeborenen gezwungen, aus den flachen Ebenen von Arzach in die Bergregionen zu ziehen, die bis zum 19. Jahrhundert, als Armenien Teil des russischen Imperiums wurde, immer noch Heimat der teil-unabhängigen Fürstentümer war, die als Khamsayi oder die fünf Melikdoms von Karabach bekannt waren.
Nijat Hajiyev (AZE): Karabach ist einer der ältesten Teile Aserbaidschans. Das Wort Karabach selbst stammt aus dem Aserbaidschanischen und bedeutet "schwarzer Garten". Der armenische Name für diese Region entstand erst viel später. Man muss sich nur darüber im Klaren sein, dass der Kampf um dieses Territorium schon immer als der "Karabach-Konflikt" bekannt war.
Man kann in den Tiefen der vergangenen Jahrhunderte wühlen, so viel man will, und nach steinzeitlichen Beweisen für die Behauptungen der Armenier suchen, aber wie verhält sich das zur Realität? Im Mittelalter war Karabach Teil eines Staates, der auf dem Territorium des modernen Aserbaidschans existierte und von muslimischen türkischen Dynastien regiert und von Ethnien bewohnt wurde, die in den Turksprachen untereinander kommunizierten.
Im 18. Jahrhundert entstand das Khanat Karabach, das von der türkischen Dynastie der Jawanschir regiert wurde. Dies war ein aserbaidschanischer Staat mit einer aserbaidschanischen Aristokratie, in dem Aserbaidschaner die Mehrheit der Bevölkerung ausmachten. Nach der Unterzeichnung des Vertrags von Kurakchay im Jahr 1805, wurde das Khanat von Karabach gezwungen, sich der russischen imperialen Herrschaft zu unterwerfen. Dieses Dokument erwähnt weder Armenier noch den angeblichen armenischen Ursprung dieser Region. Tatsächlich haben das damals weder die Armenier noch die Russen anders gesehen.
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•NEUER BEITRAG28.11.2022, 15:11 Uhr
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Der Zusammenbruch des russischen Imperiums und die Ankunft der Sowjets
Nijat Hajiyev (AZE): Die Dinge begannen sich während des Ersten Weltkriegs zu ändern. Die Westmächte unterstützten den armenischen Nationalismus im Osmanischen Reich finanziell, bewaffneten die Armenier und unterstützten ihre separatistischen Bestrebungen. Dies war die Zeit, als dann das passierte, was passiert ist. Wir ernten immer noch die Früchte dieser Ereignisse und Entscheidungen.
Als die Bolschewiki an die Macht kamen, hatte Aserbaidschan die volle Kontrolle über Karabach und kämpfte darum, die Kontrolle über Sangesur zurückzugewinnen. Eine Entscheidung der Sowjetunion ließ Sangesur jedoch in armenischer Hand, obwohl es hauptsächlich von Aserbaidschanern bewohnt war, während Karabach innerhalb Aserbaidschans autonom wurde. Die Frage über die Region Nachitschewan, auf die auch die Armenier Anspruch erhoben, wurde durch den Vertrag von Kars zwischen den Sowjets und der Türkei geregelt.
Hayk Khalatyan (ARM): Der Konflikt um Karabach – oder genauer gesagt der Kampf um die Erhaltung der armenischen Bevölkerung in ihrem historischen Vaterland – erreichte im 20. Jahrhundert nach dem Zusammenbruch des russischen Imperiums einen neuen Höhepunkt, als Armenien, Aserbaidschan und Georgien unabhängig wurden. Begleitet wurde der Kampf um Karabach vom Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich und der aktiven Beteiligung der Türkei am Konflikt. Die türkische Armee half Aserbaidschan, mit dem man ethnisch eng verbunden war, in seinem Krieg gegen die Armenier, indem sie Massaker, Pogrome und ethnische Säuberungen in Ost-Armenien nutzte, um die "Armenierfrage" ein für alle Mal zu lösen. Ein Beispiel hierfür wäre das Massaker von Schuschi im Jahr 1920, als Zehntausende von Armeniern getötet und deportiert wurden.
Die sowjetische Herrschaft über den Südkaukasus nahm dem Konflikt für mehrere Jahrzehnte die Schärfe, konnte ihn aber nicht beilegen und schuf sogar noch mehr Gründe für sein Wiederaufflammen. Durch eine willkürliche rechtliche Entscheidung übertrug die politische Führung eines Drittlandes – die Kommunistische Partei Russlands, die Bolschewiki – Bergkarabach und das von Armeniern bewohnte Nachitschewan an Aserbaidschan. Die Armenier glauben, dass dies das Ergebnis eines Abkommens zwischen Wladimir Lenin und dem türkischen Staatsoberhaupt Mustafa Kemal Atatürk war.
Unabhängigkeit und Krieg
Hayk Khalatyan (ARM): Als sich Ende der 1980er-Jahre die sowjetische Kontrolle lockerte und die UdSSR zu zerfallen begann, flammte der Konflikt erneut auf. Armenische Bewohner von Bergkarabach, die während der gesamten Sowjetzeit von den aserbaidschanischen Behörden unter Druck gesetzt und diskriminiert worden waren, beschlossen, sich wieder mit Armenien zu vereinen. So wollten sie dem Schicksal der Armenier aus Nachitschewan entgehen, die von der aserbaidschanischen Regierung vollständig aus der autonomen Republik vertrieben worden waren. Diese Entwicklungen fanden inmitten von Pogromen statt, die gegen Armenier in Sumgait, Baku und anderen aserbaidschanischen Städten verübt wurden. Die Frage der Wiedervereinigung Karabachs mit der Armenischen Sozialistischen Sowjetrepublik stand schon vor dem Zusammenbruch der UdSSR auf der Tagesordnung. Als die Sowjetrepubliken ihre Unabhängigkeit erlangten, entschieden die Armenier in Bergkarabach, dass sie diese auch wollten, in Übereinstimmung mit dem Grundrecht der Völker auf Selbstbestimmung, wie es in der UN-Charta verankert ist.
Es ist wichtig anzumerken, dass sich die Autonome Region Bergkarabach in voller Übereinstimmung mit der sowjetischen Gesetzgebung von der Aserbaidschanischen Sozialistischen Sowjetrepublik abgespalten hat. Darüber hinaus betrachtet sich die heutige Republik Aserbaidschan nicht als Rechtsnachfolger der Aserbaidschanischen Sozialistischen Sowjetrepublik (ASSR), sondern nur der Aserbaidschanischen Republik von 1918 bis 1920, die Bergkarabach nie umfasste. Man erinnere sich, dass Aserbaidschan damals unter anderem wegen des umstrittenen Status von Karabach nicht in den Völkerbund aufgenommen wurde.
In jüngerer Zeit gelang es den Bewohnern von Arzach, mit Armeniens Hilfe zunächst die Aggression aus Baku, im Krieg von 1992 bis 1994 abzuwehren und ihr Recht auf Unabhängigkeit zu verteidigen. Anschließend verbrachte man viele Jahre damit, das Problem durch Verhandlungen zu lösen. Um den Verhandlungsprozess nicht zu gefährden, verzichtete Armenien in diesen Jahren darauf, die Unabhängigkeit von Arzach anzuerkennen, in der Hoffnung, dass die Ko-Vorsitzenden der OSZE-Minsk-Gruppe – Russland, die USA und Frankreich, die die Verhandlungen beaufsichtigten und unterstützten – eine einvernehmliche Lösung finden würden. Bei zwei Gelegenheiten waren die Parteien kurz davor, ein Friedensabkommen zu unterzeichnen: im Jahr 2001 in Key West und im Jahr 2011 in Kasan. Aber Baku weigerte sich beide Male, die ausgearbeiteten Abkommen zu unterzeichnen.
In den vergangenen Jahren bereitete sich Aserbaidschan auf einen Krieg vor und nutzte dafür ein ab dem Herbst 2020 günstiges internationales Umfeld – die COVID-Pandemie, die Spannungen zwischen Russland und dem Westen und die Wahlen in den USA – sowie die aktive militärische und politische Unterstützung seines Verbündeten Türkei und begann einen Krieg gegen Arzach. In der Folge besetzte Aserbaidschan drei Viertel des Territoriums der Republik Bergkarabach einschließlich der Bezirke, die früher Teil der Autonomen Region Bergkarabach waren, wie Schuschi, Hadrut und so weiter. Nur ein rechtzeitiger Einsatz russischer Friedenstruppen half, die Armenier in Arzach vor einer umfassenden ethnischen Säuberung zu bewahren.
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Der Zusammenbruch des russischen Imperiums und die Ankunft der Sowjets
Nijat Hajiyev (AZE): Die Dinge begannen sich während des Ersten Weltkriegs zu ändern. Die Westmächte unterstützten den armenischen Nationalismus im Osmanischen Reich finanziell, bewaffneten die Armenier und unterstützten ihre separatistischen Bestrebungen. Dies war die Zeit, als dann das passierte, was passiert ist. Wir ernten immer noch die Früchte dieser Ereignisse und Entscheidungen.
Als die Bolschewiki an die Macht kamen, hatte Aserbaidschan die volle Kontrolle über Karabach und kämpfte darum, die Kontrolle über Sangesur zurückzugewinnen. Eine Entscheidung der Sowjetunion ließ Sangesur jedoch in armenischer Hand, obwohl es hauptsächlich von Aserbaidschanern bewohnt war, während Karabach innerhalb Aserbaidschans autonom wurde. Die Frage über die Region Nachitschewan, auf die auch die Armenier Anspruch erhoben, wurde durch den Vertrag von Kars zwischen den Sowjets und der Türkei geregelt.
Hayk Khalatyan (ARM): Der Konflikt um Karabach – oder genauer gesagt der Kampf um die Erhaltung der armenischen Bevölkerung in ihrem historischen Vaterland – erreichte im 20. Jahrhundert nach dem Zusammenbruch des russischen Imperiums einen neuen Höhepunkt, als Armenien, Aserbaidschan und Georgien unabhängig wurden. Begleitet wurde der Kampf um Karabach vom Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich und der aktiven Beteiligung der Türkei am Konflikt. Die türkische Armee half Aserbaidschan, mit dem man ethnisch eng verbunden war, in seinem Krieg gegen die Armenier, indem sie Massaker, Pogrome und ethnische Säuberungen in Ost-Armenien nutzte, um die "Armenierfrage" ein für alle Mal zu lösen. Ein Beispiel hierfür wäre das Massaker von Schuschi im Jahr 1920, als Zehntausende von Armeniern getötet und deportiert wurden.
Die sowjetische Herrschaft über den Südkaukasus nahm dem Konflikt für mehrere Jahrzehnte die Schärfe, konnte ihn aber nicht beilegen und schuf sogar noch mehr Gründe für sein Wiederaufflammen. Durch eine willkürliche rechtliche Entscheidung übertrug die politische Führung eines Drittlandes – die Kommunistische Partei Russlands, die Bolschewiki – Bergkarabach und das von Armeniern bewohnte Nachitschewan an Aserbaidschan. Die Armenier glauben, dass dies das Ergebnis eines Abkommens zwischen Wladimir Lenin und dem türkischen Staatsoberhaupt Mustafa Kemal Atatürk war.
Unabhängigkeit und Krieg
Hayk Khalatyan (ARM): Als sich Ende der 1980er-Jahre die sowjetische Kontrolle lockerte und die UdSSR zu zerfallen begann, flammte der Konflikt erneut auf. Armenische Bewohner von Bergkarabach, die während der gesamten Sowjetzeit von den aserbaidschanischen Behörden unter Druck gesetzt und diskriminiert worden waren, beschlossen, sich wieder mit Armenien zu vereinen. So wollten sie dem Schicksal der Armenier aus Nachitschewan entgehen, die von der aserbaidschanischen Regierung vollständig aus der autonomen Republik vertrieben worden waren. Diese Entwicklungen fanden inmitten von Pogromen statt, die gegen Armenier in Sumgait, Baku und anderen aserbaidschanischen Städten verübt wurden. Die Frage der Wiedervereinigung Karabachs mit der Armenischen Sozialistischen Sowjetrepublik stand schon vor dem Zusammenbruch der UdSSR auf der Tagesordnung. Als die Sowjetrepubliken ihre Unabhängigkeit erlangten, entschieden die Armenier in Bergkarabach, dass sie diese auch wollten, in Übereinstimmung mit dem Grundrecht der Völker auf Selbstbestimmung, wie es in der UN-Charta verankert ist.
Es ist wichtig anzumerken, dass sich die Autonome Region Bergkarabach in voller Übereinstimmung mit der sowjetischen Gesetzgebung von der Aserbaidschanischen Sozialistischen Sowjetrepublik abgespalten hat. Darüber hinaus betrachtet sich die heutige Republik Aserbaidschan nicht als Rechtsnachfolger der Aserbaidschanischen Sozialistischen Sowjetrepublik (ASSR), sondern nur der Aserbaidschanischen Republik von 1918 bis 1920, die Bergkarabach nie umfasste. Man erinnere sich, dass Aserbaidschan damals unter anderem wegen des umstrittenen Status von Karabach nicht in den Völkerbund aufgenommen wurde.
In jüngerer Zeit gelang es den Bewohnern von Arzach, mit Armeniens Hilfe zunächst die Aggression aus Baku, im Krieg von 1992 bis 1994 abzuwehren und ihr Recht auf Unabhängigkeit zu verteidigen. Anschließend verbrachte man viele Jahre damit, das Problem durch Verhandlungen zu lösen. Um den Verhandlungsprozess nicht zu gefährden, verzichtete Armenien in diesen Jahren darauf, die Unabhängigkeit von Arzach anzuerkennen, in der Hoffnung, dass die Ko-Vorsitzenden der OSZE-Minsk-Gruppe – Russland, die USA und Frankreich, die die Verhandlungen beaufsichtigten und unterstützten – eine einvernehmliche Lösung finden würden. Bei zwei Gelegenheiten waren die Parteien kurz davor, ein Friedensabkommen zu unterzeichnen: im Jahr 2001 in Key West und im Jahr 2011 in Kasan. Aber Baku weigerte sich beide Male, die ausgearbeiteten Abkommen zu unterzeichnen.
In den vergangenen Jahren bereitete sich Aserbaidschan auf einen Krieg vor und nutzte dafür ein ab dem Herbst 2020 günstiges internationales Umfeld – die COVID-Pandemie, die Spannungen zwischen Russland und dem Westen und die Wahlen in den USA – sowie die aktive militärische und politische Unterstützung seines Verbündeten Türkei und begann einen Krieg gegen Arzach. In der Folge besetzte Aserbaidschan drei Viertel des Territoriums der Republik Bergkarabach einschließlich der Bezirke, die früher Teil der Autonomen Region Bergkarabach waren, wie Schuschi, Hadrut und so weiter. Nur ein rechtzeitiger Einsatz russischer Friedenstruppen half, die Armenier in Arzach vor einer umfassenden ethnischen Säuberung zu bewahren.
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•NEUER BEITRAG28.11.2022, 15:16 Uhr
EDIT: arktika
28.11.2022, 15:17 Uhr
28.11.2022, 15:17 Uhr
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Nijat Hajiyev (AZE): Als die sowjetische Zentralregierung ihre Macht verlor, brach ein Konflikt aus, der Aserbaidschaner nicht nur aus der sogenannten ehemaligen Autonomen Region Bergkarabach, sondern auch aus sieben angrenzenden Bezirken ihrer Heimat vertrieb. Die armenische Besatzung hat insgesamt fast 700.000 Menschen vertrieben. Der 44-tägige Krieg im Jahr 2020 ermöglichte es Aserbaidschan, diese Gebiete zu befreien. Der Konflikt wurde mit einer trilateralen Erklärung von Aserbaidschan, Russland und Armenien beendet, in der Russland das Mandat erteilt wurde, eine Friedensmission nach Karabach zu entsenden.
Obwohl der Konflikt beendet wurde, müssen einige Fragen zur Umsetzung mehrerer Teile der trilateralen Erklärung noch gelöst werden. Die jüngste vom aserbaidschanischen Verteidigungsministerium durchgeführte Operation Revenge (Operation Vergeltung) wurde durch die Tötung eines aserbaidschanischen Soldaten durch bewaffnete armenische Elemente ausgelöst, die auf dem von der russischen Friedensmission in Karabach kontrollierten Gebiet stattfand, tatsächlich hinter dem Rücken der russischen Friedenstruppen.
Was passiert als nächstes?
Nijat Hajiyev (AZE): Im Großen und Ganzen tragen die Ergebnisse der Operation Revenge zur vollständigen Umsetzung der Bestimmungen des trilateralen Abkommens bei, zu dem sich beide Konfliktparteien und Russland als sein Garant verpflichtet haben.
Insbesondere Absatz 4 der Erklärung fordert unmissverständlich den "Rückzug der armenischen Truppen, gleichzeitig mit der Stationierung der friedensstiftenden Kräfte der Russischen Föderation". Wie wir wissen, kamen die russischen Friedenstruppen innerhalb von 48 Stunden nach Unterzeichnung der Erklärung im November 2020 zum Einsatz. Jetzt befinden wir uns im September 2022, und was sind die Verlautbarungen der Armenier?
Armen Grigoryan, Sekretär des Sicherheitsrates von Armenien, sagte im vergangenen Juli, dass der Abzug regulärer armenischer Truppen nicht vor September stattfinden werde. Er schien damit auch einen Hinweis darauf zu geben, dass sich sogenannte "Vertragssoldaten" weiterhin illegal in Karabach aufhalten könnten, das, nicht zu vergessen, nach internationalem Recht ein souveräner Teil Aserbaidschans ist, was von Wladimir Putin selbst bestätigt wurde. Wer trägt also die Verantwortung dafür, dass eine der wichtigsten Forderungen des trilateralen Abkommens zur Demilitarisierung Karabachs nicht erfüllt wird, obwohl seither zwei Jahre vergangen sind?
Aber das ist noch nicht alles. Gemäß Paragraf 6 des Abkommens, sind die Parteien für den Bau einer neuen Route über den Latschin-Korridor unter Umgehung der Stadt Latschin verantwortlich, die gemäß demselben Abkommen bis zum 1. Dezember 2020 von armenischen Truppen hätte geräumt werden sollen. In den letzten zweieinhalb Jahren hat Aserbaidschan seinen Teil der Straße auf seinem Territorium gebaut, um diese Bestimmung zu erfüllen. Was hat Armenien getan? Noch vor einem Monat gaben armenische Regierungsbeamte bekannt, dass man dabei sei, die Route des armenischen Teils der Straße zu skizzieren. Baku empfindet dies verständlicherweise als Sabotageakt und als mangelnde Bereitschaft, den Rückzug aus dem Bezirk Latschin zu vollenden, der übrigens außerhalb der Verwaltungsgrenzen der ehemaligen Autonomen Region Bergkarabach liegt.
Was wir jetzt sehen, ist eine Sabotage der trilateralen Erklärung, das Versäumnis, einer Verantwortung nachzukommen, was die Atmosphäre durch eine ständig zunehmende Spannung und eine waghalsige Politik vergiftet. Diese Situation großer Ungewissheit widerspricht den vitalen Interessen von Aserbaidschan.
Das entschlossene Vorgehen von Baku zeigt jedoch, dass Aserbaidschan den Willen und die Mittel hat, um Druck auf Armenien auszuüben, die Friedensagenda mit echten Fortschritten und nicht nur mit Worten umzusetzen. Die Aussage des armenischen Ministers für Territorialverwaltung und Infrastruktur, Gnel Sanosyan, zum sofortigen Baubeginn des armenischen Teils des Latschin-Korridors belegt übrigens die Wirksamkeit der von Baku erzwungenen Schritte.
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Nijat Hajiyev (AZE): Als die sowjetische Zentralregierung ihre Macht verlor, brach ein Konflikt aus, der Aserbaidschaner nicht nur aus der sogenannten ehemaligen Autonomen Region Bergkarabach, sondern auch aus sieben angrenzenden Bezirken ihrer Heimat vertrieb. Die armenische Besatzung hat insgesamt fast 700.000 Menschen vertrieben. Der 44-tägige Krieg im Jahr 2020 ermöglichte es Aserbaidschan, diese Gebiete zu befreien. Der Konflikt wurde mit einer trilateralen Erklärung von Aserbaidschan, Russland und Armenien beendet, in der Russland das Mandat erteilt wurde, eine Friedensmission nach Karabach zu entsenden.
Obwohl der Konflikt beendet wurde, müssen einige Fragen zur Umsetzung mehrerer Teile der trilateralen Erklärung noch gelöst werden. Die jüngste vom aserbaidschanischen Verteidigungsministerium durchgeführte Operation Revenge (Operation Vergeltung) wurde durch die Tötung eines aserbaidschanischen Soldaten durch bewaffnete armenische Elemente ausgelöst, die auf dem von der russischen Friedensmission in Karabach kontrollierten Gebiet stattfand, tatsächlich hinter dem Rücken der russischen Friedenstruppen.
Was passiert als nächstes?
Nijat Hajiyev (AZE): Im Großen und Ganzen tragen die Ergebnisse der Operation Revenge zur vollständigen Umsetzung der Bestimmungen des trilateralen Abkommens bei, zu dem sich beide Konfliktparteien und Russland als sein Garant verpflichtet haben.
Insbesondere Absatz 4 der Erklärung fordert unmissverständlich den "Rückzug der armenischen Truppen, gleichzeitig mit der Stationierung der friedensstiftenden Kräfte der Russischen Föderation". Wie wir wissen, kamen die russischen Friedenstruppen innerhalb von 48 Stunden nach Unterzeichnung der Erklärung im November 2020 zum Einsatz. Jetzt befinden wir uns im September 2022, und was sind die Verlautbarungen der Armenier?
Armen Grigoryan, Sekretär des Sicherheitsrates von Armenien, sagte im vergangenen Juli, dass der Abzug regulärer armenischer Truppen nicht vor September stattfinden werde. Er schien damit auch einen Hinweis darauf zu geben, dass sich sogenannte "Vertragssoldaten" weiterhin illegal in Karabach aufhalten könnten, das, nicht zu vergessen, nach internationalem Recht ein souveräner Teil Aserbaidschans ist, was von Wladimir Putin selbst bestätigt wurde. Wer trägt also die Verantwortung dafür, dass eine der wichtigsten Forderungen des trilateralen Abkommens zur Demilitarisierung Karabachs nicht erfüllt wird, obwohl seither zwei Jahre vergangen sind?
Aber das ist noch nicht alles. Gemäß Paragraf 6 des Abkommens, sind die Parteien für den Bau einer neuen Route über den Latschin-Korridor unter Umgehung der Stadt Latschin verantwortlich, die gemäß demselben Abkommen bis zum 1. Dezember 2020 von armenischen Truppen hätte geräumt werden sollen. In den letzten zweieinhalb Jahren hat Aserbaidschan seinen Teil der Straße auf seinem Territorium gebaut, um diese Bestimmung zu erfüllen. Was hat Armenien getan? Noch vor einem Monat gaben armenische Regierungsbeamte bekannt, dass man dabei sei, die Route des armenischen Teils der Straße zu skizzieren. Baku empfindet dies verständlicherweise als Sabotageakt und als mangelnde Bereitschaft, den Rückzug aus dem Bezirk Latschin zu vollenden, der übrigens außerhalb der Verwaltungsgrenzen der ehemaligen Autonomen Region Bergkarabach liegt.
Was wir jetzt sehen, ist eine Sabotage der trilateralen Erklärung, das Versäumnis, einer Verantwortung nachzukommen, was die Atmosphäre durch eine ständig zunehmende Spannung und eine waghalsige Politik vergiftet. Diese Situation großer Ungewissheit widerspricht den vitalen Interessen von Aserbaidschan.
Das entschlossene Vorgehen von Baku zeigt jedoch, dass Aserbaidschan den Willen und die Mittel hat, um Druck auf Armenien auszuüben, die Friedensagenda mit echten Fortschritten und nicht nur mit Worten umzusetzen. Die Aussage des armenischen Ministers für Territorialverwaltung und Infrastruktur, Gnel Sanosyan, zum sofortigen Baubeginn des armenischen Teils des Latschin-Korridors belegt übrigens die Wirksamkeit der von Baku erzwungenen Schritte.
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•NEUER BEITRAG28.11.2022, 15:23 Uhr
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Hayk Khalatyan (ARM): Aserbaidschan nutzt erneut ein günstiges internationales Umfeld, in dem die Aufmerksamkeit Russlands und der internationalen Gemeinschaft auf den Ukraine-Konflikt gelenkt und der Westen bestrebt ist, russisches Öl durch Lieferungen aus Aserbaidschan zu ersetzen. Baku versucht, eine endgültige Lösung des Konflikts um Karabach zu erreichen und die Armenier aus ihrem historischen Mutterland zu vertreiben. Armenische kulturelle und historische Denkmäler werden zerstört und alte armenische Kirchen und Tempel werden einer "Albanisierung" unterzogen, genauso wie zwischen 1998 und 2005, als die aserbaidschanischen Behörden ungestraft mittelalterliche armenische Gedächtnissteine, sogenannte Chatschkar, in Dschulfa im Gebiet Nachitschewan zerstörten. Die internationale Gemeinschaft hat sich damit zufriedengegeben, ein Auge zuzudrücken. Trotzdem wurden immer wieder Vertreter Aserbaidschans in Führungspositionen der UNESCO gewählt, die sich für den Erhalt historischer Denkmäler einsetzen soll.
Angesichts des Ausmaßes der Phobie gegen Armenier, die in Aserbaidschan herrscht, die seit Jahrzehnten von der Führung des Landes geschürt wird und zur Verherrlichung von Leuten wie Ramil Safarow geführt hat, der einem schlafenden armenischen Offizier während eines NATO-Trainingsseminars in Budapest den Kopf abhackte. Es ist unwahrscheinlich, dass Armenier aus Bergkarabach in diesem Land bleiben wollen.
Die internationale Gemeinschaft, die zivilisierte Welt und die führenden Mächte haben zumindest diesmal die Chance, einen weiteren Völkermord an den Armeniern zu verhindern. Sie könnten dieses eine Mal geopolitische und energiepolitische Interessen beiseitelegen, um sich an historische Gerechtigkeit, Menschenrechte und an ihre eigenen erklärten Werte zu erinnern. Es ist schwer vorstellbar, dass die Welt im 21. Jahrhundert Öl aus Aserbaidschan höher wertet als armenisches Blut.
Globale und regionale Akteure wie Aserbaidschan und die Türkei, die versuchen, rasch einen Frieden zu erreichen, der ihren Interessen dient, indem sie einseitige Zugeständnisse von den Armeniern einfordern, die auf Kosten ihres Blutes und ihres Vaterlandes ihre Rechte verletzen, täten gut daran, sich daran zu erinnern, dass solch ein Frieden nicht dauerhaft sein kann. Früher oder später werden in Armenien neue Kräfte an die Macht kommen, die Gerechtigkeit, die Rückgabe des Vaterlandes und Rache für die gegen das armenische Volk begangenen Verbrechen fordern werden, was zu einem erneuten Konflikt und weiteren Kriegen führen wird. Nur ein Frieden, der auf Kompromissen basiert, hat eine Chance, von Dauer zu sein. Aserbaidschan sollte verstehen, dass sich das internationale Umfeld und die Interessen der globalen Akteure manchmal über Nacht verschieben können.
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#Armenien
#Aserbaidschan
#BergKarabach
Hayk Khalatyan (ARM): Aserbaidschan nutzt erneut ein günstiges internationales Umfeld, in dem die Aufmerksamkeit Russlands und der internationalen Gemeinschaft auf den Ukraine-Konflikt gelenkt und der Westen bestrebt ist, russisches Öl durch Lieferungen aus Aserbaidschan zu ersetzen. Baku versucht, eine endgültige Lösung des Konflikts um Karabach zu erreichen und die Armenier aus ihrem historischen Mutterland zu vertreiben. Armenische kulturelle und historische Denkmäler werden zerstört und alte armenische Kirchen und Tempel werden einer "Albanisierung" unterzogen, genauso wie zwischen 1998 und 2005, als die aserbaidschanischen Behörden ungestraft mittelalterliche armenische Gedächtnissteine, sogenannte Chatschkar, in Dschulfa im Gebiet Nachitschewan zerstörten. Die internationale Gemeinschaft hat sich damit zufriedengegeben, ein Auge zuzudrücken. Trotzdem wurden immer wieder Vertreter Aserbaidschans in Führungspositionen der UNESCO gewählt, die sich für den Erhalt historischer Denkmäler einsetzen soll.
Angesichts des Ausmaßes der Phobie gegen Armenier, die in Aserbaidschan herrscht, die seit Jahrzehnten von der Führung des Landes geschürt wird und zur Verherrlichung von Leuten wie Ramil Safarow geführt hat, der einem schlafenden armenischen Offizier während eines NATO-Trainingsseminars in Budapest den Kopf abhackte. Es ist unwahrscheinlich, dass Armenier aus Bergkarabach in diesem Land bleiben wollen.
Die internationale Gemeinschaft, die zivilisierte Welt und die führenden Mächte haben zumindest diesmal die Chance, einen weiteren Völkermord an den Armeniern zu verhindern. Sie könnten dieses eine Mal geopolitische und energiepolitische Interessen beiseitelegen, um sich an historische Gerechtigkeit, Menschenrechte und an ihre eigenen erklärten Werte zu erinnern. Es ist schwer vorstellbar, dass die Welt im 21. Jahrhundert Öl aus Aserbaidschan höher wertet als armenisches Blut.
Globale und regionale Akteure wie Aserbaidschan und die Türkei, die versuchen, rasch einen Frieden zu erreichen, der ihren Interessen dient, indem sie einseitige Zugeständnisse von den Armeniern einfordern, die auf Kosten ihres Blutes und ihres Vaterlandes ihre Rechte verletzen, täten gut daran, sich daran zu erinnern, dass solch ein Frieden nicht dauerhaft sein kann. Früher oder später werden in Armenien neue Kräfte an die Macht kommen, die Gerechtigkeit, die Rückgabe des Vaterlandes und Rache für die gegen das armenische Volk begangenen Verbrechen fordern werden, was zu einem erneuten Konflikt und weiteren Kriegen führen wird. Nur ein Frieden, der auf Kompromissen basiert, hat eine Chance, von Dauer zu sein. Aserbaidschan sollte verstehen, dass sich das internationale Umfeld und die Interessen der globalen Akteure manchmal über Nacht verschieben können.
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Berg-Karabach Straße nach.jpg
•NEUER BEITRAG29.09.2023, 16:01 Uhr
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Armenien, Aserbaidschan und Bergkarabach
Wie zu befürchten war, der mehrtägige "Blitzkrieg" (oder "Antiterrormaßnahme", wie der Angreifer es selbst bezeichnet) Aserbaidschans gegen die autonome Republik Bergkarabach ist beendet. Für die ehemals autonome Sowjetrepublik wohl mit dem schwärzestmöglichen Ergebnis: der Aufgabe, sprich der Auflösung!
Nicht anerkannte Republik Bergkarabach wird aufgelöst
Der Präsident von Bergkarabach hat ein Dekret unterzeichnet, wonach die nicht anerkannte Republik ab dem kommenden Jahr nicht mehr existieren wird. Die Entscheidung sei "im Zusammenhang mit der derzeit schwierigen militärisch-politischen Lage" getroffen worden.
Die Behörden von Bergkarabach haben am Donnerstagmorgen die Auflösung der selbsternannten Republik angekündigt. Der Präsident Samwel Schachramanjan unterzeichnete ein entsprechendes Dekret. Die Republik Bergkarabach wird ab dem nächsten Jahr nicht mehr existieren. "Alle staatlichen Institutionen und Organisationen, die deren Ressorts unterstellt sind, sind bis zum 1. Januar 2024 aufzulösen, und die Republik Bergkarabach (Arzach) hört auf zu existieren", heißt es in dem Dokument.
Die Entscheidung sei "im Zusammenhang mit der derzeit schwierigen militärisch-politischen Lage" getroffen worden, um die "physische Sicherheit und lebenswichtige Interessen der Bevölkerung" sicherzustellen und die Vereinbarungen mit Aserbaidschan, die durch Vermittlung russischer Friedenstruppen erreicht wurden, zu berücksichtigen.
In dem Dokument heißt es auch, dass die Bewohner der Region, einschließlich jener, die das Gebiet verlassen haben, "sich mit den von der Republik Aserbaidschan angebotenen Reintegrationsbedingungen vertraut machen" und eine unabhängige Entscheidung darüber treffen sollten, ob sie in Bergkarabach bleiben beziehungsweise dorthin zurückkehren wollen.
Daraufhin teilte der ehemalige Außenminister von Bergkarabach mit, er habe beschlossen, sich den aserbaidschanischen Behörden zu ergeben. Dawid Babajan erklärte, dass er auf einer Schwarzen Liste Aserbaidschans stehe, weshalb er gezwungen sei, wegen Ermittlungen nach Baku zu reisen. "Mein Nichterscheinen oder, schlimmer noch, meine Flucht wird unserem leidgeprüften Volk, vielen Menschen, ernsthaften Schaden zufügen, und ich als ehrlicher Mensch, harter Arbeiter, Patriot und Christ kann das nicht zulassen", schrieb er auf Facebook.
Am 19. September hatte das aserbaidschanische Verteidigungsministerium den Beginn lokaler "Antiterrormaßnahmen" in Bergkarabach angekündigt, um "die verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen". Zwei Tage später berichteten die aserbaidschanischen Behörden, dass die Armee "alle zugewiesenen Aufgaben in Bergkarabach erfolgreich abgeschlossen und die Souveränität" ihres Landes wiederhergestellt habe. Die Behörden von Bergkarabach kündigten auf Vorschlag russischer Friedenstruppen einen Waffenstillstand an. Armeniens Premierminister Nikol Paschinjan sagte, dass das Land nicht an den Verhandlungen zwischen Bergkarabach und Aserbaidschan teilgenommen habe.
Mehr als die Hälfte der Einwohner – über 65.000 Menschen – verließen das Gebiet. Beim Versuch, nach Armenien einzureisen, wurde der Geschäftsmann Ruben Wardanjan, der zuvor die Regierung von Bergkarabach geleitet hatte, festgenommen.
Am 28. Sept. auf RTdeutsch unter
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Nicht anerkannte Republik Bergkarabach wird aufgelöst
Der Präsident von Bergkarabach hat ein Dekret unterzeichnet, wonach die nicht anerkannte Republik ab dem kommenden Jahr nicht mehr existieren wird. Die Entscheidung sei "im Zusammenhang mit der derzeit schwierigen militärisch-politischen Lage" getroffen worden.
Die Behörden von Bergkarabach haben am Donnerstagmorgen die Auflösung der selbsternannten Republik angekündigt. Der Präsident Samwel Schachramanjan unterzeichnete ein entsprechendes Dekret. Die Republik Bergkarabach wird ab dem nächsten Jahr nicht mehr existieren. "Alle staatlichen Institutionen und Organisationen, die deren Ressorts unterstellt sind, sind bis zum 1. Januar 2024 aufzulösen, und die Republik Bergkarabach (Arzach) hört auf zu existieren", heißt es in dem Dokument.
Die Entscheidung sei "im Zusammenhang mit der derzeit schwierigen militärisch-politischen Lage" getroffen worden, um die "physische Sicherheit und lebenswichtige Interessen der Bevölkerung" sicherzustellen und die Vereinbarungen mit Aserbaidschan, die durch Vermittlung russischer Friedenstruppen erreicht wurden, zu berücksichtigen.
In dem Dokument heißt es auch, dass die Bewohner der Region, einschließlich jener, die das Gebiet verlassen haben, "sich mit den von der Republik Aserbaidschan angebotenen Reintegrationsbedingungen vertraut machen" und eine unabhängige Entscheidung darüber treffen sollten, ob sie in Bergkarabach bleiben beziehungsweise dorthin zurückkehren wollen.
Daraufhin teilte der ehemalige Außenminister von Bergkarabach mit, er habe beschlossen, sich den aserbaidschanischen Behörden zu ergeben. Dawid Babajan erklärte, dass er auf einer Schwarzen Liste Aserbaidschans stehe, weshalb er gezwungen sei, wegen Ermittlungen nach Baku zu reisen. "Mein Nichterscheinen oder, schlimmer noch, meine Flucht wird unserem leidgeprüften Volk, vielen Menschen, ernsthaften Schaden zufügen, und ich als ehrlicher Mensch, harter Arbeiter, Patriot und Christ kann das nicht zulassen", schrieb er auf Facebook.
Am 19. September hatte das aserbaidschanische Verteidigungsministerium den Beginn lokaler "Antiterrormaßnahmen" in Bergkarabach angekündigt, um "die verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen". Zwei Tage später berichteten die aserbaidschanischen Behörden, dass die Armee "alle zugewiesenen Aufgaben in Bergkarabach erfolgreich abgeschlossen und die Souveränität" ihres Landes wiederhergestellt habe. Die Behörden von Bergkarabach kündigten auf Vorschlag russischer Friedenstruppen einen Waffenstillstand an. Armeniens Premierminister Nikol Paschinjan sagte, dass das Land nicht an den Verhandlungen zwischen Bergkarabach und Aserbaidschan teilgenommen habe.
Mehr als die Hälfte der Einwohner – über 65.000 Menschen – verließen das Gebiet. Beim Versuch, nach Armenien einzureisen, wurde der Geschäftsmann Ruben Wardanjan, der zuvor die Regierung von Bergkarabach geleitet hatte, festgenommen.
Am 28. Sept. auf RTdeutsch unter
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•NEUER BEITRAG29.09.2023, 18:09 Uhr
EDIT: FPeregrin
29.09.2023, 18:17 Uhr
29.09.2023, 18:17 Uhr
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Bitter!
"Die bürgerliche Gesellschaft hat in der Lösung der nationalen Frage vollständig Bankrott gemacht." Stalin (SW 5, 16).
Es sei daran erinnert, daß die Bolschewiki in der Gründungsphase der UdSSR auf die Bildung einer Transkaukasischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik orientiert haben statt auf unionsunmittelbarer Einzelrepubliken. Stalin hat das in der "Prawda Grusii" vom 13. Juli 1921 (SW 5, 76ff.) sehr gut begründet u.a. mit der Persistenz der jeweiligen Nationalismen. Dies läßt sich nach der langen Phase von Revisionismus und Konterrevolution natürlich so nicht widerholen, zeigt aber m.E. doch die ungefähre Richtung, den die Arbeiterklasse Transkaukasiens wird gehen müssen, um die traurige Reihe dieser Veranstaltungen zu beenden.
"Die bürgerliche Gesellschaft hat in der Lösung der nationalen Frage vollständig Bankrott gemacht." Stalin (SW 5, 16).
Es sei daran erinnert, daß die Bolschewiki in der Gründungsphase der UdSSR auf die Bildung einer Transkaukasischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik orientiert haben statt auf unionsunmittelbarer Einzelrepubliken. Stalin hat das in der "Prawda Grusii" vom 13. Juli 1921 (SW 5, 76ff.) sehr gut begründet u.a. mit der Persistenz der jeweiligen Nationalismen. Dies läßt sich nach der langen Phase von Revisionismus und Konterrevolution natürlich so nicht widerholen, zeigt aber m.E. doch die ungefähre Richtung, den die Arbeiterklasse Transkaukasiens wird gehen müssen, um die traurige Reihe dieser Veranstaltungen zu beenden.
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•NEUER BEITRAG29.09.2023, 20:10 Uhr
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Armenien, Aserbaidschan und Bergkarabach
Jörg Kronauer in der jW von morgen:
Ein Staat löst sich auf
Massenexodus aus Bergkarabach: Nach Eroberung der Region durch Aserbaidschan will der Westen Armenien an sich binden
Von Jörg Kronauer
Die Massenflucht der Armenier aus Bergkarabach hat sich am Freitag fortgesetzt. Von den rund 120.000 Einwohnern des Gebiets seien inzwischen fast 85.000 nach Armenien geflohen, hieß es am Freitag vormittag in der armenischen Hauptstadt Jerewan. Mit zahlreichen weiteren Flüchtlingen wird gerechnet. Beobachter gehen davon aus, dass kaum ein Armenier in Bergkarabach zurückbleiben wird, zumal die dortige selbsterklärte Republik Arzach ihre Auflösung zum 1. Januar 2024 angekündigt hat. Sie war zwar international nicht anerkannt, gewährleistete aber in Bergkarabach quasistaatliche Strukturen und bot zugleich den dort lebenden Armeniern Schutz.
Unterdessen flammt der Streit darüber auf, wie die Massenflucht zu bewerten ist. Armeniens Ministerpräsident Nikol Paschinjan warf Aserbaidschan am Donnerstag abend in Jerewan eine »ethnische Säuberung« vor. In Baku hieß es, davon könne keine Rede sein; die Armenier seien nach der Beendigung der Kampfhandlungen in der vergangenen Woche nicht attackiert worden und hätten Bergkarabach freiwillig verlassen. Von echter Freiwilligkeit lässt sich allerdings keinesfalls sprechen. Die Fluchtbewegung resultiert aus der weitverbreiteten Furcht, in Bergkarabach sei man nach der finalen Kriegsniederlage in der vergangenen Woche aserbaidschanischer Gewalt schutzlos ausgeliefert. Begründet ist die Furcht nicht bloß durch die Gewalterfahrung in dem schon seit Jahrzehnten andauernden Konflikt, sondern auch durch die historische Erfahrung des Armenier-Genozids. Aserbaidschanische Nationalisten verstehen sich als enges »Brudervolk« der Türkei, deren Vorgängerstaat Osmanisches Reich im Ersten Weltkrieg den Genozid an den Armeniern auf seinem Territorium begangen hatte.
Tagesaktuelle Bedeutung erhält die Debatte darüber, ob eine »ethnische Säuberung« vorliegt, durch ein neues taktisches Manöver der Vereinigten Staaten. Washington fordert seit einigen Tagen, Aserbaidschan müsse die Entsendung einer Beobachtermission nach Bergkarabach zulassen, und begründet dies damit, es lägen Berichte über Gewalt gegen Armenier vor. Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) hat sich der Forderung inzwischen angeschlossen. Der Westen inszeniert sich damit als Unterstützer Armeniens – und zwar mit dem Ziel, das Land aus seinem Bündnis mit Russland herauszubrechen. Washington arbeitet daran seit einem Besuch von Nancy Pelosi, damals Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, vor etwas mehr als einem Jahr in Jerewan. Kürzlich hielten sich sogar US-Truppen zu einem gemeinsamen Manöver in Armenien auf. Das Manöver war während Aserbaidschans Überfall vergangene Woche noch im Gang.
Die Massenflucht dürfte nun allerdings eine Beobachtermission der westlichen Staaten in Bergkarabach gegenstandslos machen. Das käme Russland zupass. Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow wies am Donnerstag darauf hin, es gebe keine größeren Berichte über Gewalt gegen armenische Zivilisten in Bergkarabach und damit auch keinen »direkten Grund« für ihre Flucht. Die Äußerung kam in Armenien nicht gut an. Allerdings herrscht dort auch Skepsis gegenüber dem Westen. Um besseren Zugriff auf Aserbaidschans Erdgas zu erhalten, hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das Land im Juli 2022 einen »vertrauenswürdigen Partner« genannt; Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lobte es aus gleichem Grunde im März 2023 als »Partner von wachsender Bedeutung«. Die Hinwendung der EU zu Aserbaidschan steht Berlins aktuellen Versuchen im Weg, sich Armenien anzunähern, um Moskau abzudrängen.
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Ein Staat löst sich auf
Massenexodus aus Bergkarabach: Nach Eroberung der Region durch Aserbaidschan will der Westen Armenien an sich binden
Von Jörg Kronauer
Die Massenflucht der Armenier aus Bergkarabach hat sich am Freitag fortgesetzt. Von den rund 120.000 Einwohnern des Gebiets seien inzwischen fast 85.000 nach Armenien geflohen, hieß es am Freitag vormittag in der armenischen Hauptstadt Jerewan. Mit zahlreichen weiteren Flüchtlingen wird gerechnet. Beobachter gehen davon aus, dass kaum ein Armenier in Bergkarabach zurückbleiben wird, zumal die dortige selbsterklärte Republik Arzach ihre Auflösung zum 1. Januar 2024 angekündigt hat. Sie war zwar international nicht anerkannt, gewährleistete aber in Bergkarabach quasistaatliche Strukturen und bot zugleich den dort lebenden Armeniern Schutz.
Unterdessen flammt der Streit darüber auf, wie die Massenflucht zu bewerten ist. Armeniens Ministerpräsident Nikol Paschinjan warf Aserbaidschan am Donnerstag abend in Jerewan eine »ethnische Säuberung« vor. In Baku hieß es, davon könne keine Rede sein; die Armenier seien nach der Beendigung der Kampfhandlungen in der vergangenen Woche nicht attackiert worden und hätten Bergkarabach freiwillig verlassen. Von echter Freiwilligkeit lässt sich allerdings keinesfalls sprechen. Die Fluchtbewegung resultiert aus der weitverbreiteten Furcht, in Bergkarabach sei man nach der finalen Kriegsniederlage in der vergangenen Woche aserbaidschanischer Gewalt schutzlos ausgeliefert. Begründet ist die Furcht nicht bloß durch die Gewalterfahrung in dem schon seit Jahrzehnten andauernden Konflikt, sondern auch durch die historische Erfahrung des Armenier-Genozids. Aserbaidschanische Nationalisten verstehen sich als enges »Brudervolk« der Türkei, deren Vorgängerstaat Osmanisches Reich im Ersten Weltkrieg den Genozid an den Armeniern auf seinem Territorium begangen hatte.
Tagesaktuelle Bedeutung erhält die Debatte darüber, ob eine »ethnische Säuberung« vorliegt, durch ein neues taktisches Manöver der Vereinigten Staaten. Washington fordert seit einigen Tagen, Aserbaidschan müsse die Entsendung einer Beobachtermission nach Bergkarabach zulassen, und begründet dies damit, es lägen Berichte über Gewalt gegen Armenier vor. Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) hat sich der Forderung inzwischen angeschlossen. Der Westen inszeniert sich damit als Unterstützer Armeniens – und zwar mit dem Ziel, das Land aus seinem Bündnis mit Russland herauszubrechen. Washington arbeitet daran seit einem Besuch von Nancy Pelosi, damals Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, vor etwas mehr als einem Jahr in Jerewan. Kürzlich hielten sich sogar US-Truppen zu einem gemeinsamen Manöver in Armenien auf. Das Manöver war während Aserbaidschans Überfall vergangene Woche noch im Gang.
Die Massenflucht dürfte nun allerdings eine Beobachtermission der westlichen Staaten in Bergkarabach gegenstandslos machen. Das käme Russland zupass. Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow wies am Donnerstag darauf hin, es gebe keine größeren Berichte über Gewalt gegen armenische Zivilisten in Bergkarabach und damit auch keinen »direkten Grund« für ihre Flucht. Die Äußerung kam in Armenien nicht gut an. Allerdings herrscht dort auch Skepsis gegenüber dem Westen. Um besseren Zugriff auf Aserbaidschans Erdgas zu erhalten, hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das Land im Juli 2022 einen »vertrauenswürdigen Partner« genannt; Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lobte es aus gleichem Grunde im März 2023 als »Partner von wachsender Bedeutung«. Die Hinwendung der EU zu Aserbaidschan steht Berlins aktuellen Versuchen im Weg, sich Armenien anzunähern, um Moskau abzudrängen.
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•NEUER BEITRAG19.11.2023, 01:06 Uhr
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Armenien, Aserbaidschan und Bergkarabach
Friedensgespräche zwischen Aserbaidschan und Armenien???
Dazu ein Text von Jörg Kronauer in der jW vom 18.11.:
Bergkarabach
Der vergessene Krieg
Aserbaidschan lehnt Friedensgespräche mit Armenien ab. Erdoğans Unterstützung für Baku bei Berlin-Besuch ausgeblendet
[...]
Weitgehend ausgeblendet wurde die Rolle der Türkei in den zwei Kriegen, mit denen Aserbaidschan erst im Herbst 2020, danach erneut im September 2023 Armenien überzogen hat. Ankara hatte Aserbaidschan, dessen Bevölkerung türkische Nationalisten als »Brudervolk« bezeichnen (»eine Nation, zwei Staaten«), über Jahre militärisch unterstützt, es unter anderem mit modernsten Drohnen aufgerüstet und es ihm damit möglich gemacht, in zwei Angriffskriegen das von Armeniern bewohnte Gebiet Bergkarabach einzunehmen. Nach dem kurzen, aber entscheidenden Waffengang vom 19./20. September 2023 flohen fast alle rund 120.000 Einwohner Bergkarabachs – aus Furcht vor aserbaidschanischer Gewalt an Zivilisten. Solche Gewalt hat es seit dem Aufflammen des Konflikts um Bergkarabach Ende der 1980er Jahre immer wieder gegeben. Zudem ist unter Armeniern die Erinnerung daran lebendig, dass sich Aserbaidschaner am Ende des Ersten Weltkriegs an der Seite osmanischer Truppen am Genozid an den Armeniern beteiligt hatten. Dass die Türkei unter Erdoğan den Genozid bis heute leugnet, verbessert die Lage aus armenischer Sicht nicht.
Die von der Türkei beförderte kriegerische Einnahme Bergkarabachs und die folgende Massenflucht der dortigen Einwohner beschäftigen weiterhin die internationale Politik und Justiz. Am späten Freitag nachmittag wurde ein Urteil des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag erwartet, den Armenien bereits Ende September aufgefordert hatte, Aserbaidschan zu Maßnahmen zum Schutz der Einwohner Bergkarabachs zu verpflichten. Darüber hinaus finden Gespräche über eine friedliche Beendigung des Konflikts im Südkaukasus statt. Dabei weigert sich Aserbaidschan allerdings, westliche Vermittlung zu akzeptieren. Bereits am 5. Oktober sagte Präsident Ilham Alijew ein Treffen mit Armeniens Staatschef Nikol Paschinjan unter Vermittlung der EU ab. Am Donnerstag erklärte Baku, man werde keine Vertreter zu den für nächsten Montag geplanten Friedensgesprächen in Washington entsenden. Man traue dem Westen nicht und wolle regionale Konflikte auf regionaler Ebene lösen. Gespräche dazu fanden zuletzt am 23. Oktober in Teheran statt, wo die Außenminister Aserbaidschans und Armeniens mit ihren Amtskollegen aus Iran, Russland und der Türkei verhandelten. Gelingt es, in diesem Format eine Lösung zu finden, wäre der Westen außen vor.
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Dazu ein Text von Jörg Kronauer in der jW vom 18.11.:
Bergkarabach
Der vergessene Krieg
Aserbaidschan lehnt Friedensgespräche mit Armenien ab. Erdoğans Unterstützung für Baku bei Berlin-Besuch ausgeblendet
[...]
Weitgehend ausgeblendet wurde die Rolle der Türkei in den zwei Kriegen, mit denen Aserbaidschan erst im Herbst 2020, danach erneut im September 2023 Armenien überzogen hat. Ankara hatte Aserbaidschan, dessen Bevölkerung türkische Nationalisten als »Brudervolk« bezeichnen (»eine Nation, zwei Staaten«), über Jahre militärisch unterstützt, es unter anderem mit modernsten Drohnen aufgerüstet und es ihm damit möglich gemacht, in zwei Angriffskriegen das von Armeniern bewohnte Gebiet Bergkarabach einzunehmen. Nach dem kurzen, aber entscheidenden Waffengang vom 19./20. September 2023 flohen fast alle rund 120.000 Einwohner Bergkarabachs – aus Furcht vor aserbaidschanischer Gewalt an Zivilisten. Solche Gewalt hat es seit dem Aufflammen des Konflikts um Bergkarabach Ende der 1980er Jahre immer wieder gegeben. Zudem ist unter Armeniern die Erinnerung daran lebendig, dass sich Aserbaidschaner am Ende des Ersten Weltkriegs an der Seite osmanischer Truppen am Genozid an den Armeniern beteiligt hatten. Dass die Türkei unter Erdoğan den Genozid bis heute leugnet, verbessert die Lage aus armenischer Sicht nicht.
Die von der Türkei beförderte kriegerische Einnahme Bergkarabachs und die folgende Massenflucht der dortigen Einwohner beschäftigen weiterhin die internationale Politik und Justiz. Am späten Freitag nachmittag wurde ein Urteil des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag erwartet, den Armenien bereits Ende September aufgefordert hatte, Aserbaidschan zu Maßnahmen zum Schutz der Einwohner Bergkarabachs zu verpflichten. Darüber hinaus finden Gespräche über eine friedliche Beendigung des Konflikts im Südkaukasus statt. Dabei weigert sich Aserbaidschan allerdings, westliche Vermittlung zu akzeptieren. Bereits am 5. Oktober sagte Präsident Ilham Alijew ein Treffen mit Armeniens Staatschef Nikol Paschinjan unter Vermittlung der EU ab. Am Donnerstag erklärte Baku, man werde keine Vertreter zu den für nächsten Montag geplanten Friedensgesprächen in Washington entsenden. Man traue dem Westen nicht und wolle regionale Konflikte auf regionaler Ebene lösen. Gespräche dazu fanden zuletzt am 23. Oktober in Teheran statt, wo die Außenminister Aserbaidschans und Armeniens mit ihren Amtskollegen aus Iran, Russland und der Türkei verhandelten. Gelingt es, in diesem Format eine Lösung zu finden, wäre der Westen außen vor.
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