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•NEUES THEMA20.06.2022, 17:05 Uhr
EDIT: arktika
16.11.2022, 22:42 Uhr
16.11.2022, 22:42 Uhr
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Jugoslawien 1999: Das erste NEIN Rußlands gegen 'den Westen'
1999 im Jugoslawien-Krieg:
Zum ersten Mal seit dem Untergang der Sowjetunion hatte Russland den Mut aufgebracht, sich außenpolitisch einzumischen und eine eigene Politik voranzutreiben, die jener des Westens zuwiderlief. Gleichzeitig hatte die Operation der NATO im Kosovo eine ernüchternde Wirkung auf all jene in Russland, die dem Westen wohlgesinnt waren.
Ein Text von Jewgeni Norin heute auf RT Deutsch, der das heutige Verhältnis zwischen Rußland und den NATO-Ländern bzw. der EU auf die Ereignisse im Jugoslawienkrieg zurückführt, besonders auf die Bombardierung Serbiens.
Wie sich russische Truppen den NATO-Streitkräften in Jugoslawien widersetzten
RT DE erinnert an ein Schlüsselereignis im Jugoslawien-Konflikt im Jahr 1999, das letztlich dazu beitrug, Russlands Blick auf den Westen grundlegend zu verändern. Der Vorfall wird immer noch als der erste Fall in der postsowjetischen Geschichte wahrgenommen, bei dem Russland sein entschiedenes "Nein" gegenüber dem Westen aussprach.
In Debatten über die derzeitigen Beziehungen zwischen Russland und dem Westen werden die Ereignisse der 1990er Jahre in Jugoslawien oft übersehen. Viele verstehen nicht, warum die öffentliche Meinung in Russland, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion einen positiven und hoffnungsvollen Blick auf die USA und Westeuropa gerichtet hatte, plötzlich in eine ablehnende Haltung umschlug. Was die oft naiven und idealistischen Illusionen vieler Russen gegenüber dem Westen besonders erschütterte, war die militärische Operation der NATO gegen Jugoslawien im Jahr 1999.
Der formelle Vorwand für die Bombardierung Jugoslawiens durch die NATO war der Kosovo-Krieg. Die sogenannte Befreiungsarmee des Kosovo (UÇK), eine militante Gruppierung ethnisch albanischer Rebellen, hatte einen Guerilla-Krieg angezettelt und Terroranschläge auf serbische Regierungstruppen verübt, während die Serben im Gegenzug versuchten, sich dafür zu rächen. Beide Seiten begingen im Zuge der Auseinandersetzungen Gräueltaten, aber der Westen entschied aus politischen Gründen, sich auf die Seite der Albaner zu schlagen.
Vom 24. März bis zum 10. Juni 1999 führte daraufhin die NATO eine massive Kampagne von Luftangriffen gegen Jugoslawien durch. Es gibt unterschiedliche Berichte über die vermutliche Zahl der Todesopfer, aber zwischen 270 und 1.000 jugoslawische Soldaten sowie 450 bis 2.500 jugoslawische Zivilisten wurden getötet, während gleichzeitig aber der Infrastruktur und der Wirtschaft von Jugoslawien besonders großer Schaden zugefügt wurde. Schlussendlich stimmte Belgrad allen vom Westen gestellten Bedingungen zu, und die NATO entsandte Friedenstruppen in das Kosovo, um dort die bislang serbisch geführten Streitkräfte vor Ort zu ersetzen.
Dies wurde von vielen Russen als eine Tragödie betrachtet. Historisch hatte Russland immer starke und emotionale Bindungen zu Serbien. Die UdSSR war erst kürzlich zusammengebrochen, und die tschetschenische Rebellion war immer noch ein großes Problem, sodass die Russen die Situation der Serben sehr gut verstehen konnten. Viele glaubten damals – und glauben es noch heute –, dass Russland sich nur deshalb nicht in das Jugoslawien-Szenario hat verwickeln lassen, weil es nuklear bewaffnet war und dadurch ein Konflikt von noch größerer Dimension hätte ausbrechen können.
Viele Russen reagierten auf die Bombardierung Jugoslawiens mit Protesten vor der US-Botschaft in Moskau und den diplomatischen Vertretungen von deren Verbündeten. Nicht wenige gingen sogar nach Jugoslawien, um als Freiwillige an der Seite der Serben zu kämpfen. Als Staat war Russland damals jedoch nicht in der Lage, etwas Wesentliches zu unternehmen, um seinem langjährigen Verbündeten beizustehen, da es zu der Zeit intensiv damit beschäftigt war, sich von einer verheerenden eigenen Wirtschaftskrise zu erholen.
Auch die innenpolitische Szene in Russland war sehr angespannt, und die russische Armee lag faktisch in Trümmern. Trotzdem wollte Moskau in die friedensstiftende Operation im Kosovo einbezogen werden, idealerweise mit einem Mandat für den Einsatz eigener Friedenstruppen im Norden des Kosovo, wo eine große lokale serbische Bevölkerung lebte.
Dies war im Grunde eine sehr vernünftige Idee, da ethnische Serben niemanden hatten, der sie vor ethnischen Säuberungen schützen würde, nachdem die jugoslawische Armee aus dem Gebiet verdrängt worden war. Aber innerhalb der NATO erschien Moskaus Vorhaben viel zu ehrgeizig, und weil der von den USA geführte Militärpakt nicht zur Zusammenarbeit bereit war, beschloss der Kreml kurzerhand zu versuchen, sich eigenständig in die Geschehnisse einzumischen und dem Westen die Teilnahme Russlands an dieser Friedensmission faktisch aufzuzwingen.
Der Plan war ziemlich einfach und bestand aus einem Überraschungsmanöver russischer Truppen, die Teil der Stabilisierungstruppe in Bosnien und Herzegowina (SFOR) waren. Ein mechanisiertes russisches Bataillon sollte in das Kosovo einmarschieren, die Stadt Priština erreichen und deren Flughafen sichern. Dies sollte dann als Druckmittel bei Gesprächen über die Beteiligung Russlands an den internationalen Friedensbemühungen genutzt werden.
Am 10. Juni erhielten die russischen Streitkräfte bei der SFOR verschlüsselte Anweisungen, 200 Soldaten und leicht gepanzerte Fahrzeuge auszurüsten und zum Luftwaffenstützpunkt Slatina bei Priština vorzurücken. Das mechanisierte Bataillon russischer Fallschirmjäger würde die Mission unter dem Kommando von Oberst Sergej Pawlow durchführen, der übrigens heute Kadetten an einer russischen Militärakademie ausbildet.
Politisch vorbereitet wurde der Plan vom russischen Außenministerium und erstellt vom GRU, dem russischen Militärgeheimdienst, während es bedeutende Fraktionen innerhalb der russischen Regierung gab, die nicht bereit waren, das Vorhaben zu unterstützen. Daher wurden Vorkehrungen getroffen, um zu verhindern, dass die Pläne des Kremls an die Presse weitergegeben und somit vorzeitig hätten bekannt werden können. Lediglich sechs Personen hatten vollen Zugriff auf Informationen über den Plan.
Eine kleine separate Einheit russischer Truppen war bereits im Kosovo stationiert. Sie bestand aus 18 Soldaten einer Gruppe für Sondereinsätze des GRU unter dem Kommando von Junus-bek Jewkurow. Wie mit den Serben vereinbart, wurde Jewkurow zum Kommandeur dieser Gruppe ernannt und mit einer Aufklärungsmission beauftragt – sie sollte unerwartete Ereignisse auf dem Flugplatz verhindern, bis die Hauptstreitkräfte dort eintreffen würden.
Dieses Sondereinsatzkommando operierte effizient und unauffällig, es führte Aufklärungsmissionen durch und hielt die Lage unter Kontrolle, während es gleichzeitig versuchte, Begegnungen mit Truppen der NATO oder Kämpfern der UÇK aus dem Weg zu gehen.
Unterdessen liefen in Bosnien die Vorbereitungen für die geplante russische Operation. Die russische Luftlandeeinheit organisierte eine militärische Übung als Tarnung, um Ausrüstung und Mannschaften für den Start der Operation vorzubereiten. Jeder Soldat erhielt ein doppeltes Kontingent an Munition und ausreichende Nahrungsrationen für 10 Tage.
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Zum ersten Mal seit dem Untergang der Sowjetunion hatte Russland den Mut aufgebracht, sich außenpolitisch einzumischen und eine eigene Politik voranzutreiben, die jener des Westens zuwiderlief. Gleichzeitig hatte die Operation der NATO im Kosovo eine ernüchternde Wirkung auf all jene in Russland, die dem Westen wohlgesinnt waren.
Ein Text von Jewgeni Norin heute auf RT Deutsch, der das heutige Verhältnis zwischen Rußland und den NATO-Ländern bzw. der EU auf die Ereignisse im Jugoslawienkrieg zurückführt, besonders auf die Bombardierung Serbiens.
Wie sich russische Truppen den NATO-Streitkräften in Jugoslawien widersetzten
RT DE erinnert an ein Schlüsselereignis im Jugoslawien-Konflikt im Jahr 1999, das letztlich dazu beitrug, Russlands Blick auf den Westen grundlegend zu verändern. Der Vorfall wird immer noch als der erste Fall in der postsowjetischen Geschichte wahrgenommen, bei dem Russland sein entschiedenes "Nein" gegenüber dem Westen aussprach.
In Debatten über die derzeitigen Beziehungen zwischen Russland und dem Westen werden die Ereignisse der 1990er Jahre in Jugoslawien oft übersehen. Viele verstehen nicht, warum die öffentliche Meinung in Russland, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion einen positiven und hoffnungsvollen Blick auf die USA und Westeuropa gerichtet hatte, plötzlich in eine ablehnende Haltung umschlug. Was die oft naiven und idealistischen Illusionen vieler Russen gegenüber dem Westen besonders erschütterte, war die militärische Operation der NATO gegen Jugoslawien im Jahr 1999.
Der formelle Vorwand für die Bombardierung Jugoslawiens durch die NATO war der Kosovo-Krieg. Die sogenannte Befreiungsarmee des Kosovo (UÇK), eine militante Gruppierung ethnisch albanischer Rebellen, hatte einen Guerilla-Krieg angezettelt und Terroranschläge auf serbische Regierungstruppen verübt, während die Serben im Gegenzug versuchten, sich dafür zu rächen. Beide Seiten begingen im Zuge der Auseinandersetzungen Gräueltaten, aber der Westen entschied aus politischen Gründen, sich auf die Seite der Albaner zu schlagen.
Vom 24. März bis zum 10. Juni 1999 führte daraufhin die NATO eine massive Kampagne von Luftangriffen gegen Jugoslawien durch. Es gibt unterschiedliche Berichte über die vermutliche Zahl der Todesopfer, aber zwischen 270 und 1.000 jugoslawische Soldaten sowie 450 bis 2.500 jugoslawische Zivilisten wurden getötet, während gleichzeitig aber der Infrastruktur und der Wirtschaft von Jugoslawien besonders großer Schaden zugefügt wurde. Schlussendlich stimmte Belgrad allen vom Westen gestellten Bedingungen zu, und die NATO entsandte Friedenstruppen in das Kosovo, um dort die bislang serbisch geführten Streitkräfte vor Ort zu ersetzen.
Dies wurde von vielen Russen als eine Tragödie betrachtet. Historisch hatte Russland immer starke und emotionale Bindungen zu Serbien. Die UdSSR war erst kürzlich zusammengebrochen, und die tschetschenische Rebellion war immer noch ein großes Problem, sodass die Russen die Situation der Serben sehr gut verstehen konnten. Viele glaubten damals – und glauben es noch heute –, dass Russland sich nur deshalb nicht in das Jugoslawien-Szenario hat verwickeln lassen, weil es nuklear bewaffnet war und dadurch ein Konflikt von noch größerer Dimension hätte ausbrechen können.
Viele Russen reagierten auf die Bombardierung Jugoslawiens mit Protesten vor der US-Botschaft in Moskau und den diplomatischen Vertretungen von deren Verbündeten. Nicht wenige gingen sogar nach Jugoslawien, um als Freiwillige an der Seite der Serben zu kämpfen. Als Staat war Russland damals jedoch nicht in der Lage, etwas Wesentliches zu unternehmen, um seinem langjährigen Verbündeten beizustehen, da es zu der Zeit intensiv damit beschäftigt war, sich von einer verheerenden eigenen Wirtschaftskrise zu erholen.
Auch die innenpolitische Szene in Russland war sehr angespannt, und die russische Armee lag faktisch in Trümmern. Trotzdem wollte Moskau in die friedensstiftende Operation im Kosovo einbezogen werden, idealerweise mit einem Mandat für den Einsatz eigener Friedenstruppen im Norden des Kosovo, wo eine große lokale serbische Bevölkerung lebte.
Dies war im Grunde eine sehr vernünftige Idee, da ethnische Serben niemanden hatten, der sie vor ethnischen Säuberungen schützen würde, nachdem die jugoslawische Armee aus dem Gebiet verdrängt worden war. Aber innerhalb der NATO erschien Moskaus Vorhaben viel zu ehrgeizig, und weil der von den USA geführte Militärpakt nicht zur Zusammenarbeit bereit war, beschloss der Kreml kurzerhand zu versuchen, sich eigenständig in die Geschehnisse einzumischen und dem Westen die Teilnahme Russlands an dieser Friedensmission faktisch aufzuzwingen.
Der Plan war ziemlich einfach und bestand aus einem Überraschungsmanöver russischer Truppen, die Teil der Stabilisierungstruppe in Bosnien und Herzegowina (SFOR) waren. Ein mechanisiertes russisches Bataillon sollte in das Kosovo einmarschieren, die Stadt Priština erreichen und deren Flughafen sichern. Dies sollte dann als Druckmittel bei Gesprächen über die Beteiligung Russlands an den internationalen Friedensbemühungen genutzt werden.
Am 10. Juni erhielten die russischen Streitkräfte bei der SFOR verschlüsselte Anweisungen, 200 Soldaten und leicht gepanzerte Fahrzeuge auszurüsten und zum Luftwaffenstützpunkt Slatina bei Priština vorzurücken. Das mechanisierte Bataillon russischer Fallschirmjäger würde die Mission unter dem Kommando von Oberst Sergej Pawlow durchführen, der übrigens heute Kadetten an einer russischen Militärakademie ausbildet.
Politisch vorbereitet wurde der Plan vom russischen Außenministerium und erstellt vom GRU, dem russischen Militärgeheimdienst, während es bedeutende Fraktionen innerhalb der russischen Regierung gab, die nicht bereit waren, das Vorhaben zu unterstützen. Daher wurden Vorkehrungen getroffen, um zu verhindern, dass die Pläne des Kremls an die Presse weitergegeben und somit vorzeitig hätten bekannt werden können. Lediglich sechs Personen hatten vollen Zugriff auf Informationen über den Plan.
Eine kleine separate Einheit russischer Truppen war bereits im Kosovo stationiert. Sie bestand aus 18 Soldaten einer Gruppe für Sondereinsätze des GRU unter dem Kommando von Junus-bek Jewkurow. Wie mit den Serben vereinbart, wurde Jewkurow zum Kommandeur dieser Gruppe ernannt und mit einer Aufklärungsmission beauftragt – sie sollte unerwartete Ereignisse auf dem Flugplatz verhindern, bis die Hauptstreitkräfte dort eintreffen würden.
Dieses Sondereinsatzkommando operierte effizient und unauffällig, es führte Aufklärungsmissionen durch und hielt die Lage unter Kontrolle, während es gleichzeitig versuchte, Begegnungen mit Truppen der NATO oder Kämpfern der UÇK aus dem Weg zu gehen.
Unterdessen liefen in Bosnien die Vorbereitungen für die geplante russische Operation. Die russische Luftlandeeinheit organisierte eine militärische Übung als Tarnung, um Ausrüstung und Mannschaften für den Start der Operation vorzubereiten. Jeder Soldat erhielt ein doppeltes Kontingent an Munition und ausreichende Nahrungsrationen für 10 Tage.
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•NEUER BEITRAG20.06.2022, 17:10 Uhr
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Jugoslawien 1999: Das erste NEIN Rußlands gegen 'den Westen'
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Am 11. Juni um 4 Uhr morgens verließ die Gruppe die bosnische Stadt Ugljevik und fuhr mit Schützenpanzern und Lastwagen quer durch Jugoslawien in Richtung Priština. Der Tross bestand aus insgesamt 15 Schützenpanzern und 35 weiteren Militärfahrzeugen, bemannt mit 206 Soldaten. Neben den gewöhnlichen Militärfahrzeugen befanden sich in der Kolonne auch mehrere Tankfahrzeuge und ein Kommunikationsfahrzeug.
Der relativ kleine Trupp musste eine Strecke von über 600 km zurücklegen, um an sein befohlenes Ziel zu gelangen. Auf Grund der Betonung auf Geschwindigkeit, wurde im Gegensatz zum anfänglichen Plan, der einen größeren Konvoi vorsah, der Stoßtrupp auf die wesentlichen Fahrzeuge reduziert. Die Kolonne bewegte sich mit hoher Geschwindigkeit – durchschnittlich 80 km/h – vorwärts und kam weitgehend ungehindert voran, auch weil die serbische Polizei die Straßen abgesperrt hatten und so einen "grünen Korridor" sichern konnte.
Die Kolonne wurde von begeisterten Menschenmengen sehr herzlich empfangen. In Priština bewarfen Serben die vorbeifahrenden russischen Fahrzeuge mit Blumen. Dies war zwar eine sehr angenehme Erfahrung für die Soldaten, verlangsamte aber auch ihren Vormarsch. Kurz vor Tagesanbruch erreichte der Stoßtrupp schließlich die Pisten des Luftwaffenstützpunkts Slatina. Die serbischen Soldaten begrüßten die russischen Waffenbrüder herzlichst, übergaben ihnen das Kommando über den Flugplatz und verließen ihre Stellungen.
Gegen 11:00 Uhr rückten britische und französische Truppen von Mazedonien aus nach Priština. Die Briten versuchten, die Landebahn von Slatina zu nutzen, um ihre Hubschrauber zu landen, aber die russischen gepanzerten und mit Maschinenkanonen bewaffneten Truppentransporter, die auf dem Flugplatz patrouillierten, verhinderten dies.
"General Wesley Clark war außer sich vor Wut. Das konnte ich ihm nicht verübeln, aber ich wusste, dass wir glücklicherweise nicht am Rande des Dritten Weltkriegs standen", erinnerte sich US-Präsident Bill Clinton später.
Der britische Generalleutnant Sir Michael Jackson, Oberkommandierender der NATO-Streitkräfte im Kosovo, ging in die Offensive und befahl britischen Panzerbesatzungen, auf den Flugplatz vorzurücken. Der Dolmetscher der Russen, Oberleutnant Nikolai Jazikow, funkte den Briten, dass dies schlimme Konsequenzen haben werde, während ein einzelner russischer Soldat, mit Nachnamen Iwanow, aus seinem Fahrzeug ausstieg und trotzig auf den ersten britischen Panzer zuging, mit einem Granatwerfer in der Hand und kampfbereit.
Die Briten hätten keine Probleme gehabt, das 200 Mann starke russische Bataillon zu besiegen. Das hätte jedoch einen Krieg zwischen zwei Atommächten entfachen können. Und genau das sagte Sir Jackson auch seinen Vorgesetzten:
"Ich werde meine Soldaten nicht dafür verantwortlich machen, den Dritten Weltkrieg zu beginnen."
Die britischen Streitkräfte umstellten den Flugplatz, und die russischen Fallschirmjäger verbrachten die nächsten Tage eingekesselt. Unterdessen verhandelten die Politiker im Hintergrund.
Das Ergebnis dieser Verhandlungen war im Großen und Ganzen eine Enttäuschung. Russland durfte zwar ein Truppenkontingent in das Kosovo schicken, bekam aber keinen eigenen Sektor des Territoriums zugewiesen. Effektiv bedeutete dies, dass die Serben im Kosovo niemals einen angemessenen Schutz vor der Terrorkampagne der albanischen Terroristen erhalten würden. Russland war damals eine schwache Nation und konnte den Mangel an politischer, wirtschaftlicher und militärischer Macht nicht durch ein paar mutige Schritte ausgleichen.
In den kommenden Jahren diente eine russische Friedenstruppe – insgesamt 650 Mann – im Kosovo und verließ die Provinz 2003. In all diesen Jahren fanden im Kosovo ethnische Säuberungen mit stillschweigender Billigung der NATO statt. Auch die Mehrheit der Serben verließ die Provinz, viele wurden getötet.
Serbische Denkmäler und historische Stätten wurden dem Erdboden gleichgemacht. Letztendlich konnte die Besetzung des Flughafens von Priština durch russische Truppen keine größeren politischen Veränderungen bewirken. Moskau gelang es ja nicht einmal, sich einen eigenen Sektor zu sichern.
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Am 11. Juni um 4 Uhr morgens verließ die Gruppe die bosnische Stadt Ugljevik und fuhr mit Schützenpanzern und Lastwagen quer durch Jugoslawien in Richtung Priština. Der Tross bestand aus insgesamt 15 Schützenpanzern und 35 weiteren Militärfahrzeugen, bemannt mit 206 Soldaten. Neben den gewöhnlichen Militärfahrzeugen befanden sich in der Kolonne auch mehrere Tankfahrzeuge und ein Kommunikationsfahrzeug.
Der relativ kleine Trupp musste eine Strecke von über 600 km zurücklegen, um an sein befohlenes Ziel zu gelangen. Auf Grund der Betonung auf Geschwindigkeit, wurde im Gegensatz zum anfänglichen Plan, der einen größeren Konvoi vorsah, der Stoßtrupp auf die wesentlichen Fahrzeuge reduziert. Die Kolonne bewegte sich mit hoher Geschwindigkeit – durchschnittlich 80 km/h – vorwärts und kam weitgehend ungehindert voran, auch weil die serbische Polizei die Straßen abgesperrt hatten und so einen "grünen Korridor" sichern konnte.
Die Kolonne wurde von begeisterten Menschenmengen sehr herzlich empfangen. In Priština bewarfen Serben die vorbeifahrenden russischen Fahrzeuge mit Blumen. Dies war zwar eine sehr angenehme Erfahrung für die Soldaten, verlangsamte aber auch ihren Vormarsch. Kurz vor Tagesanbruch erreichte der Stoßtrupp schließlich die Pisten des Luftwaffenstützpunkts Slatina. Die serbischen Soldaten begrüßten die russischen Waffenbrüder herzlichst, übergaben ihnen das Kommando über den Flugplatz und verließen ihre Stellungen.
Gegen 11:00 Uhr rückten britische und französische Truppen von Mazedonien aus nach Priština. Die Briten versuchten, die Landebahn von Slatina zu nutzen, um ihre Hubschrauber zu landen, aber die russischen gepanzerten und mit Maschinenkanonen bewaffneten Truppentransporter, die auf dem Flugplatz patrouillierten, verhinderten dies.
"General Wesley Clark war außer sich vor Wut. Das konnte ich ihm nicht verübeln, aber ich wusste, dass wir glücklicherweise nicht am Rande des Dritten Weltkriegs standen", erinnerte sich US-Präsident Bill Clinton später.
Der britische Generalleutnant Sir Michael Jackson, Oberkommandierender der NATO-Streitkräfte im Kosovo, ging in die Offensive und befahl britischen Panzerbesatzungen, auf den Flugplatz vorzurücken. Der Dolmetscher der Russen, Oberleutnant Nikolai Jazikow, funkte den Briten, dass dies schlimme Konsequenzen haben werde, während ein einzelner russischer Soldat, mit Nachnamen Iwanow, aus seinem Fahrzeug ausstieg und trotzig auf den ersten britischen Panzer zuging, mit einem Granatwerfer in der Hand und kampfbereit.
Die Briten hätten keine Probleme gehabt, das 200 Mann starke russische Bataillon zu besiegen. Das hätte jedoch einen Krieg zwischen zwei Atommächten entfachen können. Und genau das sagte Sir Jackson auch seinen Vorgesetzten:
"Ich werde meine Soldaten nicht dafür verantwortlich machen, den Dritten Weltkrieg zu beginnen."
Die britischen Streitkräfte umstellten den Flugplatz, und die russischen Fallschirmjäger verbrachten die nächsten Tage eingekesselt. Unterdessen verhandelten die Politiker im Hintergrund.
Das Ergebnis dieser Verhandlungen war im Großen und Ganzen eine Enttäuschung. Russland durfte zwar ein Truppenkontingent in das Kosovo schicken, bekam aber keinen eigenen Sektor des Territoriums zugewiesen. Effektiv bedeutete dies, dass die Serben im Kosovo niemals einen angemessenen Schutz vor der Terrorkampagne der albanischen Terroristen erhalten würden. Russland war damals eine schwache Nation und konnte den Mangel an politischer, wirtschaftlicher und militärischer Macht nicht durch ein paar mutige Schritte ausgleichen.
In den kommenden Jahren diente eine russische Friedenstruppe – insgesamt 650 Mann – im Kosovo und verließ die Provinz 2003. In all diesen Jahren fanden im Kosovo ethnische Säuberungen mit stillschweigender Billigung der NATO statt. Auch die Mehrheit der Serben verließ die Provinz, viele wurden getötet.
Serbische Denkmäler und historische Stätten wurden dem Erdboden gleichgemacht. Letztendlich konnte die Besetzung des Flughafens von Priština durch russische Truppen keine größeren politischen Veränderungen bewirken. Moskau gelang es ja nicht einmal, sich einen eigenen Sektor zu sichern.
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•NEUER BEITRAG20.06.2022, 17:13 Uhr
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Für das heutige Russland trägt diese Episode der Geschichte dennoch eine gewisse symbolische Bedeutung in sich. Zum ersten Mal seit dem Untergang der Sowjetunion hatte Russland den Mut aufgebracht, sich außenpolitisch einzumischen und eine eigene Politik voranzutreiben, die jener des Westens zuwiderlief. Gleichzeitig hatte die Operation der NATO im Kosovo eine ernüchternde Wirkung auf all jene in Russland, die dem Westen wohlgesinnt waren.
In Russland galten die Serben immer schon als verwandtes und letztlich befreundetes Volk – ein Gefühl, das bis heute anhält. Auch aus diesem Grund waren die Russen empört über den Horror, dem die Serben durch die US-geführten Streitkräfte ausgesetzt waren.
Noch wichtiger ist aber, dass die Haltung der Europäischen Union und der USA zum Kosovo-Konflikt moralisch bestenfalls zweideutig war. In diesem komplizierten politischen Umfeld, in dem jede Seite legitime Ansprüche hatte und keine Seite unschuldig war, sympathisierte der Westen klar mit einer Seite und verurteilte die andere. Man bombardierte Belgrad unter dem Vorwand, die Albaner vor ethnischen Säuberungen schützen zu müssen, tat aber nichts, um die ethnische Säuberung der Serben in demselben Gebiet zu stoppen.
Diese Widersprüchlichkeit brachte viele Russen dazu, westliche moralische Werte infrage zu stellen und sie als nichts anderes als Doppelzüngigkeit und Heuchelei zu betrachten.
Moskau kämpfte damals auch mit einem innenpolitischen Problem, dem islamistischen Terrorismus im Nordkaukasus. Nur wenige Monate nach der Episode im Kosovo löste die Invasion der russischen Republik Dagestan durch die Kämpfer von Schamil Bassajew und dem saudischen Kommandeur Ibn al-Chattab einen Konflikt aus, der als Zweiter Krieg in Tschetschenien bekannt ist.
Damals konnten die Russen nicht anders, als sich vorzustellen, wie es sein, in der Haut der Serben zu stecken. Das moralisierende Gehabe der Europäer und der US-Amerikaner über den Krieg in Tschetschenien rief in der russischen Bevölkerung vor dem Hintergrund der Bombardierung Belgrads durch die NATO ein Gefühl gehässiger Ironie hervor.
Während die Militäroperation in Priština den Russen nicht als Beispiel eines brillanten politischen Sieges in Erinnerung bleibt, wird sie dennoch als das erste Mal in der postsowjetischen Geschichte wahrgenommen, bei dem Russland dem Westen ein entschiedenes "Nein" entgegensetzte – ungeachtet des Endresultats.
(Jewgeni Norin ist ein russischer Historiker mit dem Fokus auf internationale Politik und die Kriege Russlands.)
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Für das heutige Russland trägt diese Episode der Geschichte dennoch eine gewisse symbolische Bedeutung in sich. Zum ersten Mal seit dem Untergang der Sowjetunion hatte Russland den Mut aufgebracht, sich außenpolitisch einzumischen und eine eigene Politik voranzutreiben, die jener des Westens zuwiderlief. Gleichzeitig hatte die Operation der NATO im Kosovo eine ernüchternde Wirkung auf all jene in Russland, die dem Westen wohlgesinnt waren.
In Russland galten die Serben immer schon als verwandtes und letztlich befreundetes Volk – ein Gefühl, das bis heute anhält. Auch aus diesem Grund waren die Russen empört über den Horror, dem die Serben durch die US-geführten Streitkräfte ausgesetzt waren.
Noch wichtiger ist aber, dass die Haltung der Europäischen Union und der USA zum Kosovo-Konflikt moralisch bestenfalls zweideutig war. In diesem komplizierten politischen Umfeld, in dem jede Seite legitime Ansprüche hatte und keine Seite unschuldig war, sympathisierte der Westen klar mit einer Seite und verurteilte die andere. Man bombardierte Belgrad unter dem Vorwand, die Albaner vor ethnischen Säuberungen schützen zu müssen, tat aber nichts, um die ethnische Säuberung der Serben in demselben Gebiet zu stoppen.
Diese Widersprüchlichkeit brachte viele Russen dazu, westliche moralische Werte infrage zu stellen und sie als nichts anderes als Doppelzüngigkeit und Heuchelei zu betrachten.
Moskau kämpfte damals auch mit einem innenpolitischen Problem, dem islamistischen Terrorismus im Nordkaukasus. Nur wenige Monate nach der Episode im Kosovo löste die Invasion der russischen Republik Dagestan durch die Kämpfer von Schamil Bassajew und dem saudischen Kommandeur Ibn al-Chattab einen Konflikt aus, der als Zweiter Krieg in Tschetschenien bekannt ist.
Damals konnten die Russen nicht anders, als sich vorzustellen, wie es sein, in der Haut der Serben zu stecken. Das moralisierende Gehabe der Europäer und der US-Amerikaner über den Krieg in Tschetschenien rief in der russischen Bevölkerung vor dem Hintergrund der Bombardierung Belgrads durch die NATO ein Gefühl gehässiger Ironie hervor.
Während die Militäroperation in Priština den Russen nicht als Beispiel eines brillanten politischen Sieges in Erinnerung bleibt, wird sie dennoch als das erste Mal in der postsowjetischen Geschichte wahrgenommen, bei dem Russland dem Westen ein entschiedenes "Nein" entgegensetzte – ungeachtet des Endresultats.
(Jewgeni Norin ist ein russischer Historiker mit dem Fokus auf internationale Politik und die Kriege Russlands.)
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•NEUER BEITRAG16.11.2022, 22:31 Uhr
EDIT: arktika
16.11.2022, 22:44 Uhr
16.11.2022, 22:44 Uhr
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Jugoslawien 1999 und der NATO-Krieg gegen die Ukraine
In diesen Kontext gehört auch dieser am 3. Oktober 2022 von Nebojša Malić auf RT deutsch veröffentlichte Text, der einen Bogen zum Krieg in der Ukraine und in den Volksrepubliken im Donbaß zieht:
Wie der illegale Angriff der NATO auf den Balkan den Lauf der europäischen Geschichte veränderte
Eine militärische Intervention, die das imperiale Projekt der USA hätte krönen sollen, endete stattdessen mit dem Verlust des Einflusses der USA über Russland. Der aktuelle Konflikt um die Ukraine ist der Endpunkt dieser Entwicklung. Aber es gibt noch einen weiteren Faktor.
Es ist nicht möglich, die derzeitigen Ereignisse in der Ukraine zu verstehen, wenn man nicht versteht, was 1999 mit Jugoslawien passiert ist. Es gibt einen Hegelschen roten Faden, der direkt von der angeblichen "humanitären Intervention" der NATO bis zur russischen "militärischen Spezialoperation" verläuft. Er verbindet Belgrad mit Belgorod – und mit allem, was dazwischen liegt.
Als am 24. März 1999 die ersten Flugzeuge der NATO ihre Bomben auf die Hauptstadt des damaligen Jugoslawiens abwarfen, sollte dies die Krönung eines Projekts sein, das damals als "wohlwollende globale Hegemonie" bezeichnet wurde, heute besser bekannt als die "regelbasierte internationale Ordnung". Sie wäre unipolar, die USA würden alle Regeln bestimmen und der Rest der Welt würde in zwei Lager zerfallen: Verbündete und zukünftige Angriffsziele.
Die USA, zusammen mit der NATO als ihr Durchsetzungsinstrument, hatten es bereits in der ersten Hälfte des Jahrzehnts geschafft, die UN an den Rand zu drängen. UN-Friedenstruppen wurden, während eines von den USA unterstützten kroatischen Angriffs auf Serben, einfach beiseite geschoben, gefolgt von der Bombardierung von Serben durch die NATO in Bosnien und einem Friedensabkommen, das im Schatten von US-Bombern, auf einem Luftwaffenstützpunkt in der Nähe von Dayton, Ohio, ausgehandelt wurde.
Im Februar 1998 beschrieb Außenministerin Madeleine Albright die USA als "die unverzichtbare Nation", die bereit und in der Lage sei, Gewalt anzuwenden, "um Opfer für Freiheit, Demokratie und die amerikanische Lebensweise zu bringen". Kein Wunder also, dass Albright eine der Haupttreiber hinter dem Angriff der NATO auf Jugoslawien war, den Verfechter und Kritiker dieser Intervention gleichermaßen als "Madeleines Krieg" bezeichneten.
"Die Serben brauchten ein bisschen Bombardierung"
Die offizielle Darstellung erklärt, die USA und ihre Verbündeten seien besorgt über die "Menschenrechte" der ethnischen Albaner im Kosovo gewesen, damals eine Provinz Serbiens und Teil der Bundesrepublik Jugoslawien. Serbien kämpfte gegen einen bewaffneten Aufstand von Militanten, die sich "Befreiungsarmee des Kosovo" (UÇK) nannten, während die USA Belgrad mit Bombenangriffen drohten, sollten die Serben sich nicht mäßigen.
Jugoslawien stimmte dem zu und eine "Kosovo Verifizierungsmission" (KVM) der OSZE wurde entsandt, um die Situation vor Ort zu überwachen. Die UÇK nutzte den Waffenstillstand jedoch, um sich neu zu formieren und aufzurüsten. Dann, im Januar 1999, kam es im Dorf Račak zu Zusammenstößen zwischen Kämpfern der UÇK und der Polizei. Der Chef der OSZE-Mission, William Walker, ein US-Beamter, erklärte die Zusammenstöße umgehend zu einem "Massaker an unschuldigen Zivilisten". Helena Ranta, die leitende forensische Pathologin aus Finnland, die mit der Untersuchung der Leichen betraut wurde, widersprach dem später – aber da war es bereits zu spät.
Die Vorfälle in Račak wurden dann als Vorwand benutzt, um ein Ultimatum zu formulieren. Madeleine Albright rief die Delegationen Jugoslawiens und der UÇK in das französische Schloss Rambouillet zusammen, wo Belgrad das Ultimatum gestellt wurde: Entweder es akzeptiert NATO-Truppen im Kosovo in der Funktion einer Friedenstruppe und willigt ein, dass die Albaner innerhalb von drei Jahren ein Referendum über die Unabhängigkeit des Kosovo abhalten dürfen – oder man würde Serbien aus der Luft bombardieren. Darüber hinaus sah Anhang B des Vertrags vor, den Truppen der NATO absolute Bewegungsfreiheit im restlichen Jugoslawien zu gewähren.
Die Serben sahen darin ein Ultimatum, das jenem von Österreich-Ungarn im Juni 1914 ebenbürtig war – und das war kein Zufall. Die USA legten die Messlatte für die Serben absichtlich zu hoch, da sie "ein wenig Bombardierung brauchten, um zur Vernunft zu kommen", soll ein namentlich nicht genannter Beamter später gesagt haben. Genau wie 1914 wies Belgrad das Ultimatum zurück. Und genau wie Wien 1914 zum Angriff überging, ging auch die NATO 1999 zum Angriff über.
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Wie der illegale Angriff der NATO auf den Balkan den Lauf der europäischen Geschichte veränderte
Eine militärische Intervention, die das imperiale Projekt der USA hätte krönen sollen, endete stattdessen mit dem Verlust des Einflusses der USA über Russland. Der aktuelle Konflikt um die Ukraine ist der Endpunkt dieser Entwicklung. Aber es gibt noch einen weiteren Faktor.
Es ist nicht möglich, die derzeitigen Ereignisse in der Ukraine zu verstehen, wenn man nicht versteht, was 1999 mit Jugoslawien passiert ist. Es gibt einen Hegelschen roten Faden, der direkt von der angeblichen "humanitären Intervention" der NATO bis zur russischen "militärischen Spezialoperation" verläuft. Er verbindet Belgrad mit Belgorod – und mit allem, was dazwischen liegt.
Als am 24. März 1999 die ersten Flugzeuge der NATO ihre Bomben auf die Hauptstadt des damaligen Jugoslawiens abwarfen, sollte dies die Krönung eines Projekts sein, das damals als "wohlwollende globale Hegemonie" bezeichnet wurde, heute besser bekannt als die "regelbasierte internationale Ordnung". Sie wäre unipolar, die USA würden alle Regeln bestimmen und der Rest der Welt würde in zwei Lager zerfallen: Verbündete und zukünftige Angriffsziele.
Die USA, zusammen mit der NATO als ihr Durchsetzungsinstrument, hatten es bereits in der ersten Hälfte des Jahrzehnts geschafft, die UN an den Rand zu drängen. UN-Friedenstruppen wurden, während eines von den USA unterstützten kroatischen Angriffs auf Serben, einfach beiseite geschoben, gefolgt von der Bombardierung von Serben durch die NATO in Bosnien und einem Friedensabkommen, das im Schatten von US-Bombern, auf einem Luftwaffenstützpunkt in der Nähe von Dayton, Ohio, ausgehandelt wurde.
Im Februar 1998 beschrieb Außenministerin Madeleine Albright die USA als "die unverzichtbare Nation", die bereit und in der Lage sei, Gewalt anzuwenden, "um Opfer für Freiheit, Demokratie und die amerikanische Lebensweise zu bringen". Kein Wunder also, dass Albright eine der Haupttreiber hinter dem Angriff der NATO auf Jugoslawien war, den Verfechter und Kritiker dieser Intervention gleichermaßen als "Madeleines Krieg" bezeichneten.
"Die Serben brauchten ein bisschen Bombardierung"
Die offizielle Darstellung erklärt, die USA und ihre Verbündeten seien besorgt über die "Menschenrechte" der ethnischen Albaner im Kosovo gewesen, damals eine Provinz Serbiens und Teil der Bundesrepublik Jugoslawien. Serbien kämpfte gegen einen bewaffneten Aufstand von Militanten, die sich "Befreiungsarmee des Kosovo" (UÇK) nannten, während die USA Belgrad mit Bombenangriffen drohten, sollten die Serben sich nicht mäßigen.
Jugoslawien stimmte dem zu und eine "Kosovo Verifizierungsmission" (KVM) der OSZE wurde entsandt, um die Situation vor Ort zu überwachen. Die UÇK nutzte den Waffenstillstand jedoch, um sich neu zu formieren und aufzurüsten. Dann, im Januar 1999, kam es im Dorf Račak zu Zusammenstößen zwischen Kämpfern der UÇK und der Polizei. Der Chef der OSZE-Mission, William Walker, ein US-Beamter, erklärte die Zusammenstöße umgehend zu einem "Massaker an unschuldigen Zivilisten". Helena Ranta, die leitende forensische Pathologin aus Finnland, die mit der Untersuchung der Leichen betraut wurde, widersprach dem später – aber da war es bereits zu spät.
Die Vorfälle in Račak wurden dann als Vorwand benutzt, um ein Ultimatum zu formulieren. Madeleine Albright rief die Delegationen Jugoslawiens und der UÇK in das französische Schloss Rambouillet zusammen, wo Belgrad das Ultimatum gestellt wurde: Entweder es akzeptiert NATO-Truppen im Kosovo in der Funktion einer Friedenstruppe und willigt ein, dass die Albaner innerhalb von drei Jahren ein Referendum über die Unabhängigkeit des Kosovo abhalten dürfen – oder man würde Serbien aus der Luft bombardieren. Darüber hinaus sah Anhang B des Vertrags vor, den Truppen der NATO absolute Bewegungsfreiheit im restlichen Jugoslawien zu gewähren.
Die Serben sahen darin ein Ultimatum, das jenem von Österreich-Ungarn im Juni 1914 ebenbürtig war – und das war kein Zufall. Die USA legten die Messlatte für die Serben absichtlich zu hoch, da sie "ein wenig Bombardierung brauchten, um zur Vernunft zu kommen", soll ein namentlich nicht genannter Beamter später gesagt haben. Genau wie 1914 wies Belgrad das Ultimatum zurück. Und genau wie Wien 1914 zum Angriff überging, ging auch die NATO 1999 zum Angriff über.
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•NEUER BEITRAG16.11.2022, 22:47 Uhr
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Ein militärisches Versagen
Das ursprüngliche Ziel der Bombardierung war die Durchsetzung der Bedingungen von Rambouillet. Überzeugt von ihrer totalen Überlegenheit, basierend auf den Erfahrungen aus dem Ersten Golfkrieg und der Tatsache, dass Jugoslawien seit fast einem Jahrzehnt unter Sanktionen stand, erwartete die NATO einen "kurzen, siegreichen Krieg", der etwa zwei Wochen dauern würde. Stattdessen zog er sich 78 Tage lang hin.
Am dritten Tag des Krieges schoss die jugoslawische Luftverteidigung mit einer S-125 SA-3-Rakete aus den 1960er Jahren einen US-Tarnkappen-Bomber vom Typ F-117 Nighthawk vom Himmel. Eine weitere F-117 wurde später schwer beschädigt, konnte aber zur Basis zurückkehren. Die Details dieses Vorfalls blieben bis heute weitgehend geheim. Oberstleutnant David Goldfein, der später als Stabschef der US-Luftwaffe diente, fand sich am 2. Mai 1999 in einer von ihm geflogenen und über Serbien abgeschossenen F-16 Fighting Falcon wieder.
Schwere strategische Bomber vom Typ B-52 wurden eingesetzt, um den Grenzposten von Košare, der auf der Schlüsselroute von Albanien in den Kosovo lag, mit einem Bombenteppich zu belegen. Überlebende jugoslawische Soldaten sagten später aus, der Angriff habe nicht Košare getroffen, sondern stattdessen die Truppen der UÇK. Košare selbst sei nie gefallen. Die USA schickten auch Kampfhubschrauber vom AH-64 Apache nach Albanien, aber sie kamen nie zu einem Kampfeinsatz und mindestens zwei gingen durch sogenannte Trainingsunfälle verloren.
Nach der Zerstörung der Kasernen und der Stützpunkte der jugoslawischen Armee richtete die NATO ihre Aufmerksamkeit auf Straßen, Brücken, Kraftwerke, Eisenbahnverbindungen, Krankenhäuser, Wohnhäuser, Märkte und sogar auf Flüchtlingskonvois. Kolonnen von fliehenden ethnischen Albanern – also jener Teil der Bevölkerung, die die NATO offiziell schützen wollte – wurden bei mehreren Gelegenheiten getroffen. Die NATO erklärte, ihre Piloten hätten diese Flüchtlingskolonnen mit jugoslawischen Truppen verwechselt – doch selbst als die UÇK damit begann, die Piloten mit Zielinformationen vom Boden aus zu versorgen, kam es zu weiteren Vorfällen dieser Art.
Am 23. April griff die NATO dann das Gebäude des serbischen öffentlich-rechtlichen Fernsehens RTS in Belgrad an und tötete dabei 16 Mitarbeiter. Es gelang jedoch nicht, das Sendesignal des Senders vollständig lahmzulegen. Am 7. Mai schlugen Bomben in die chinesische Botschaft in Belgrad ein. Die CIA gab später zu, dass der Angriff durch Fehleinschätzungen verursacht wurde, entschuldigte sich öffentlich dafür und erklärte, man habe ein anderes Gebäude in der Nähe angreifen wollen. Bei diesem Angriff kamen drei Kriegsberichterstatter des chinesischen Staatsfernsehens ums Leben. China hat das bis heute weder vergessen noch vergeben.
Zur Effektivität der Angriffe auf die jugoslawische Armee schätzte das Pentagon schließlich, dass 120 Panzer, 220 gepanzerte Mannschaftstransporter und 450 Artilleriegeschütze zerstört wurden. In der zweiten Juniwoche, als sich die jugoslawische Armee gemäß den Bedingungen des Waffenstillstands aus der Provinz Kosovo zurückzog, wurden westliche Berichterstatter jedoch Zeugen von Militärkonvois, die von NATO-Luftangriffen unberührt geblieben sind. Tatsächlich wurden nur 13 Panzer zerstört. Später stellte sich heraus, dass es sich beim Rest der angeblich zerstörten Panzer um Attrappen oder Relikte aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs gehandelt hat, die ursprünglich damals von den USA für den Kampf gegen die Wehrmacht bereitgestellt wurden.
Im Juli 2000 erklärte das Air Force Magazine, dass der Erfolg der Jugoslawien-Kampagne nicht an der Zahl der zerstörten Panzer gemessen werden sollte, sondern an den "kombinierten Auswirkungen der militärischen, politischen, wirtschaftlichen und diplomatischen Aktionen", und nannte die Kampagne "eine Übung der NATO in Zwangsdiplomatie".
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Ein militärisches Versagen
Das ursprüngliche Ziel der Bombardierung war die Durchsetzung der Bedingungen von Rambouillet. Überzeugt von ihrer totalen Überlegenheit, basierend auf den Erfahrungen aus dem Ersten Golfkrieg und der Tatsache, dass Jugoslawien seit fast einem Jahrzehnt unter Sanktionen stand, erwartete die NATO einen "kurzen, siegreichen Krieg", der etwa zwei Wochen dauern würde. Stattdessen zog er sich 78 Tage lang hin.
Am dritten Tag des Krieges schoss die jugoslawische Luftverteidigung mit einer S-125 SA-3-Rakete aus den 1960er Jahren einen US-Tarnkappen-Bomber vom Typ F-117 Nighthawk vom Himmel. Eine weitere F-117 wurde später schwer beschädigt, konnte aber zur Basis zurückkehren. Die Details dieses Vorfalls blieben bis heute weitgehend geheim. Oberstleutnant David Goldfein, der später als Stabschef der US-Luftwaffe diente, fand sich am 2. Mai 1999 in einer von ihm geflogenen und über Serbien abgeschossenen F-16 Fighting Falcon wieder.
Schwere strategische Bomber vom Typ B-52 wurden eingesetzt, um den Grenzposten von Košare, der auf der Schlüsselroute von Albanien in den Kosovo lag, mit einem Bombenteppich zu belegen. Überlebende jugoslawische Soldaten sagten später aus, der Angriff habe nicht Košare getroffen, sondern stattdessen die Truppen der UÇK. Košare selbst sei nie gefallen. Die USA schickten auch Kampfhubschrauber vom AH-64 Apache nach Albanien, aber sie kamen nie zu einem Kampfeinsatz und mindestens zwei gingen durch sogenannte Trainingsunfälle verloren.
Nach der Zerstörung der Kasernen und der Stützpunkte der jugoslawischen Armee richtete die NATO ihre Aufmerksamkeit auf Straßen, Brücken, Kraftwerke, Eisenbahnverbindungen, Krankenhäuser, Wohnhäuser, Märkte und sogar auf Flüchtlingskonvois. Kolonnen von fliehenden ethnischen Albanern – also jener Teil der Bevölkerung, die die NATO offiziell schützen wollte – wurden bei mehreren Gelegenheiten getroffen. Die NATO erklärte, ihre Piloten hätten diese Flüchtlingskolonnen mit jugoslawischen Truppen verwechselt – doch selbst als die UÇK damit begann, die Piloten mit Zielinformationen vom Boden aus zu versorgen, kam es zu weiteren Vorfällen dieser Art.
Am 23. April griff die NATO dann das Gebäude des serbischen öffentlich-rechtlichen Fernsehens RTS in Belgrad an und tötete dabei 16 Mitarbeiter. Es gelang jedoch nicht, das Sendesignal des Senders vollständig lahmzulegen. Am 7. Mai schlugen Bomben in die chinesische Botschaft in Belgrad ein. Die CIA gab später zu, dass der Angriff durch Fehleinschätzungen verursacht wurde, entschuldigte sich öffentlich dafür und erklärte, man habe ein anderes Gebäude in der Nähe angreifen wollen. Bei diesem Angriff kamen drei Kriegsberichterstatter des chinesischen Staatsfernsehens ums Leben. China hat das bis heute weder vergessen noch vergeben.
Zur Effektivität der Angriffe auf die jugoslawische Armee schätzte das Pentagon schließlich, dass 120 Panzer, 220 gepanzerte Mannschaftstransporter und 450 Artilleriegeschütze zerstört wurden. In der zweiten Juniwoche, als sich die jugoslawische Armee gemäß den Bedingungen des Waffenstillstands aus der Provinz Kosovo zurückzog, wurden westliche Berichterstatter jedoch Zeugen von Militärkonvois, die von NATO-Luftangriffen unberührt geblieben sind. Tatsächlich wurden nur 13 Panzer zerstört. Später stellte sich heraus, dass es sich beim Rest der angeblich zerstörten Panzer um Attrappen oder Relikte aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs gehandelt hat, die ursprünglich damals von den USA für den Kampf gegen die Wehrmacht bereitgestellt wurden.
Im Juli 2000 erklärte das Air Force Magazine, dass der Erfolg der Jugoslawien-Kampagne nicht an der Zahl der zerstörten Panzer gemessen werden sollte, sondern an den "kombinierten Auswirkungen der militärischen, politischen, wirtschaftlichen und diplomatischen Aktionen", und nannte die Kampagne "eine Übung der NATO in Zwangsdiplomatie".
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•NEUER BEITRAG16.11.2022, 22:52 Uhr
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Ein politischer Sieg
Der NATO gelang es, die jugoslawische Führung zu täuschen. Nelson Strobridge Talbott – der führende Analyst im Russland-Büro in der Regierung von Bill Clinton – leitete, zusammen mit dem finnischen Präsidenten Martti Ahtisaari als angeblich neutralem Vermittler, die diplomatischen Bemühungen. Ahtisaari verfasste später einen Fahrplan für die Unabhängigkeit des Kosovo und zeigte damit in den Augen der Serben sein wahres Gesicht.
Der damalige russische Premierminister Jewgeni Primakow befand sich auf einem Flug nach Washington über dem Atlantik, als er vom Beginn der NATO-Bombardierungen erfuhr und wies seine Piloten an, das Flugzeug unverzüglich zu wenden und nach Moskau zurückzufliegen. Sein Vorgänger Wiktor Tschernomyrdin war unterdessen maßgeblich daran beteiligt, Talbott dabei zu helfen, den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević davon zu überzeugen, einen von den Amerikanern vorgeschlagenen Waffenstillstand als einzige Möglichkeit zur Beendigung des Konflikts zu unterzeichnen. Tschernomyrdin bestand jedoch später stets darauf, dass er weder Milošević "getäuscht" noch vor den USA "kapituliert" habe, wie General Leonid Iwaschow – ein hochrangiger Beamter des russischen Verteidigungsministeriums – in einem Interview mit einem serbischen TV-Sender behauptete.
Iwaschow war einer der Planer des Vorstoßes russischer Fallschirmjäger zum Flughafen Priština – ein Schachzug, der Moskau beinahe eine Rolle in der Friedensmission der Nachkriegszeit gesichert hätte, was aber aufgrund des fehlenden politischen Willens im Sande verlief.
Auf dem Papier waren die Bedingungen, die Jugoslawien schließlich am 9. Juni in der nordmazedonischen Stadt Kumanovo akzeptierte, eine Abkehr von den Bedingungen, die in Rambouillet formuliert wurden. Es war nicht mehr die Rede von einem Referendum über die Unabhängigkeit des Kosovo, auch nicht über die absolute Bewegungsfreiheit für die NATO – und ein Teil der serbischen Armee und Polizei sollte innerhalb weniger Monate zurückkehren dürfen. Es wurde versprochen, dass die Mission zur Friedenssicherung von den Vereinten Nationen geführt werde und die Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrats garantierte die territoriale Integrität sowohl Serbiens als auch Jugoslawiens. In der Praxis verletzte die NATO jede einzelne dieser Bestimmungen, übergab die Provinz umgehend in die Kontrolle der UÇK und erkannte schließlich 2008 die Unabhängigkeit des Kosovo an.
Als der Internationale Gerichtshof 2010 über den Einspruch Serbiens gegen die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo zu befinden hatte, ließ sich das Gericht auf etwas ein, was einer der Richter als "eine Art juristischer Taschenspielertrick" bezeichnete: Die provisorische Regierung des Kosovo, die gemäß UN-Resolution 1244 eingesetzt worden war, wurde einfach neu als eine Gruppe von Bürgern klassifiziert, die nicht dem Völkerrecht unterliegen.
Ein böser kleiner Krieg
Die Handlungen der NATO verstießen gegen die UN-Charta – Artikel 2, Artikel 53 und Artikel 103 –, aber auch gegen die eigenen Regeln des Militärbündnisses – Artikel 1 und Artikel 7 –, gegen die Schlussakte von Helsinki von 1975 und gegen das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge zwischen Staaten von 1980. Das wussten auch die USA und ihre Verbündeten. Also richteten sie eine "unabhängige Kommission" ein, die vom Ankläger des Kriegsverbrechertribunals für Jugoslawien geleitet wurde, um die Handlungen der NATO nachträglich als "illegal, aber legitim" zu beschönigen.
US-Präsident Bill Clinton und der britische Premierminister Tony Blair führten als Begründung eine neu geschaffene Doktrin an, jener der "Responsibility to Protect" ("Verantwortung zum Schutz" oder kurz: R2P), und beschuldigten Belgrad der "ethnischen Säuberung" und sogar des "Genozids" an Albanern. Noch während der Bombardierung von Jugoslawien spekulierten Generäle und Funktionäre der NATO, dass über 100.000 Albaner getötet worden seien. Als die Ermittler jedoch weniger als 3.000 Leichen finden konnten, entschied man sich, die offizielle Zahl auf die willkürliche Schätzung von 10.000 festzulegen.
Die BRD behauptete sogar die Existenz eines geheimen serbischen Plans zur Deportation von einer Million Albanern und nannte ihn "Operation Horseshoe" (Hufeisenplan), doch es wurden nie Beweise für die Existenz eines solchen Planes vorgelegt. In seinen Memoiren aus dem Jahr 2000 deutete der pensionierte deutsche General Heinz Loquai an, dass es sich bei der Behauptung aus Berlin um aufgebauschte Spekulationen des bulgarischen Geheimdienstes handelte.
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Ein politischer Sieg
Der NATO gelang es, die jugoslawische Führung zu täuschen. Nelson Strobridge Talbott – der führende Analyst im Russland-Büro in der Regierung von Bill Clinton – leitete, zusammen mit dem finnischen Präsidenten Martti Ahtisaari als angeblich neutralem Vermittler, die diplomatischen Bemühungen. Ahtisaari verfasste später einen Fahrplan für die Unabhängigkeit des Kosovo und zeigte damit in den Augen der Serben sein wahres Gesicht.
Der damalige russische Premierminister Jewgeni Primakow befand sich auf einem Flug nach Washington über dem Atlantik, als er vom Beginn der NATO-Bombardierungen erfuhr und wies seine Piloten an, das Flugzeug unverzüglich zu wenden und nach Moskau zurückzufliegen. Sein Vorgänger Wiktor Tschernomyrdin war unterdessen maßgeblich daran beteiligt, Talbott dabei zu helfen, den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević davon zu überzeugen, einen von den Amerikanern vorgeschlagenen Waffenstillstand als einzige Möglichkeit zur Beendigung des Konflikts zu unterzeichnen. Tschernomyrdin bestand jedoch später stets darauf, dass er weder Milošević "getäuscht" noch vor den USA "kapituliert" habe, wie General Leonid Iwaschow – ein hochrangiger Beamter des russischen Verteidigungsministeriums – in einem Interview mit einem serbischen TV-Sender behauptete.
Iwaschow war einer der Planer des Vorstoßes russischer Fallschirmjäger zum Flughafen Priština – ein Schachzug, der Moskau beinahe eine Rolle in der Friedensmission der Nachkriegszeit gesichert hätte, was aber aufgrund des fehlenden politischen Willens im Sande verlief.
Auf dem Papier waren die Bedingungen, die Jugoslawien schließlich am 9. Juni in der nordmazedonischen Stadt Kumanovo akzeptierte, eine Abkehr von den Bedingungen, die in Rambouillet formuliert wurden. Es war nicht mehr die Rede von einem Referendum über die Unabhängigkeit des Kosovo, auch nicht über die absolute Bewegungsfreiheit für die NATO – und ein Teil der serbischen Armee und Polizei sollte innerhalb weniger Monate zurückkehren dürfen. Es wurde versprochen, dass die Mission zur Friedenssicherung von den Vereinten Nationen geführt werde und die Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrats garantierte die territoriale Integrität sowohl Serbiens als auch Jugoslawiens. In der Praxis verletzte die NATO jede einzelne dieser Bestimmungen, übergab die Provinz umgehend in die Kontrolle der UÇK und erkannte schließlich 2008 die Unabhängigkeit des Kosovo an.
Als der Internationale Gerichtshof 2010 über den Einspruch Serbiens gegen die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo zu befinden hatte, ließ sich das Gericht auf etwas ein, was einer der Richter als "eine Art juristischer Taschenspielertrick" bezeichnete: Die provisorische Regierung des Kosovo, die gemäß UN-Resolution 1244 eingesetzt worden war, wurde einfach neu als eine Gruppe von Bürgern klassifiziert, die nicht dem Völkerrecht unterliegen.
Ein böser kleiner Krieg
Die Handlungen der NATO verstießen gegen die UN-Charta – Artikel 2, Artikel 53 und Artikel 103 –, aber auch gegen die eigenen Regeln des Militärbündnisses – Artikel 1 und Artikel 7 –, gegen die Schlussakte von Helsinki von 1975 und gegen das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge zwischen Staaten von 1980. Das wussten auch die USA und ihre Verbündeten. Also richteten sie eine "unabhängige Kommission" ein, die vom Ankläger des Kriegsverbrechertribunals für Jugoslawien geleitet wurde, um die Handlungen der NATO nachträglich als "illegal, aber legitim" zu beschönigen.
US-Präsident Bill Clinton und der britische Premierminister Tony Blair führten als Begründung eine neu geschaffene Doktrin an, jener der "Responsibility to Protect" ("Verantwortung zum Schutz" oder kurz: R2P), und beschuldigten Belgrad der "ethnischen Säuberung" und sogar des "Genozids" an Albanern. Noch während der Bombardierung von Jugoslawien spekulierten Generäle und Funktionäre der NATO, dass über 100.000 Albaner getötet worden seien. Als die Ermittler jedoch weniger als 3.000 Leichen finden konnten, entschied man sich, die offizielle Zahl auf die willkürliche Schätzung von 10.000 festzulegen.
Die BRD behauptete sogar die Existenz eines geheimen serbischen Plans zur Deportation von einer Million Albanern und nannte ihn "Operation Horseshoe" (Hufeisenplan), doch es wurden nie Beweise für die Existenz eines solchen Planes vorgelegt. In seinen Memoiren aus dem Jahr 2000 deutete der pensionierte deutsche General Heinz Loquai an, dass es sich bei der Behauptung aus Berlin um aufgebauschte Spekulationen des bulgarischen Geheimdienstes handelte.
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•NEUER BEITRAG16.11.2022, 22:58 Uhr
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Serbien "gewinnen", aber Russland verlieren
Während die Bombenangriffe die Regierung in Belgrad nicht stürzen konnten, wurde Milošević schließlich im Oktober 2000 in einer sogenannten "Farbrevolution" gestürzt. Jugoslawien wurde dann mit westlicher Unterstützung schrittweise aufgelöst und verschwand schließlich 2006 mit der Abspaltung Montenegros gänzlich. Bis heute pflegt die US-Botschaft in Serbien die Angewohnheit, öffentlich bekannt zu geben, welche Art von Regierung sie in Belgrad sehen möchte.
Die wahren Ziele des Krieges der NATO gegen Jugoslawien wurden in einem Buch von John Norris enthüllt, einem Mitarbeiter von Nelson Strobridge Talbott, mit dem Titel "Collision Course: NATO, Russia, and Kosovo". Das 2005 mit einem glühenden Vorwort von Talbott veröffentlichte Buch nennt den Kosovo selbst "einen Flecken Territorium von unbedeutendem strategischen Nutzen" und stellt die folgende These auf:
"Es war der Widerstand Jugoslawiens gegen die breiteren Trends politischer und wirtschaftlicher Reformen – nicht die Notlage der Kosovo-Albaner –, das den Krieg der NATO am besten erklärt."
Norris versucht damit, Milošević die Schuld am Krieg zu geben, der 2001 nach Den Haag ausgeliefert wurde und dort 2006 unter mysteriösen Umständen starb. Was das Buch von Norris jedoch aufzeigt, ist, dass Washington alle Fäden zog – immer auch mit dem Ziel, die Kontrolle über Russland zu behalten, das damals vom unberechenbaren und pro-amerikanischen Boris Jelzin regiert wurde.
Und hier liegt das spektakuläre Scheitern der NATO im Jahr 1999. "Der grausame NATO-Bombenangriff auf Jugoslawien beendete in Russland die Anbetung des Westens", sagte der berühmte sowjetische Dissident Alexander Solschenizyn 2007 dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. "Man kann sagen, dass alle Schichten der russischen Gesellschaft tief und unauslöschlich schockiert waren von diesen Bombenangriffen" fügte er hinzu. Selbst ein so zynisch-kommerzielles russisches Musikprojekt wie die Mädchengruppe t.A.T.u. veröffentlichten ein Protestlied mit dem Titel "Jugoslawien".
Als die NATO daraufhin ab 1999 nach Osteuropa und in die ehemaligen Sowjetrepubliken expandierte, konnte es nur noch schlimmer kommen. Der aktuelle Konflikt um die Ukraine ist der Endpunkt dieser Entscheidung. Aber es gibt noch einen weiteren Faktor. Am 9. August 1999 – zwei Monate nach dem Waffenstillstand, der den Krieg gegen Jugoslawien beendete – ernannte Jelzin Wladimir Putin zum neuen amtierenden Ministerpräsidenten Russlands. Dann, am 31. Dezember 1999, bietet der stark angeschlagene Boris Jelzin dem russischen Volk im Fernsehen eine Entschuldigung an – und seinen Rücktritt. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.
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#NATO
#Jugoslawien
#Russland
#Ukraine
#USA
#KrieggegenJugoslawien
#Kosovo
Serbien "gewinnen", aber Russland verlieren
Während die Bombenangriffe die Regierung in Belgrad nicht stürzen konnten, wurde Milošević schließlich im Oktober 2000 in einer sogenannten "Farbrevolution" gestürzt. Jugoslawien wurde dann mit westlicher Unterstützung schrittweise aufgelöst und verschwand schließlich 2006 mit der Abspaltung Montenegros gänzlich. Bis heute pflegt die US-Botschaft in Serbien die Angewohnheit, öffentlich bekannt zu geben, welche Art von Regierung sie in Belgrad sehen möchte.
Die wahren Ziele des Krieges der NATO gegen Jugoslawien wurden in einem Buch von John Norris enthüllt, einem Mitarbeiter von Nelson Strobridge Talbott, mit dem Titel "Collision Course: NATO, Russia, and Kosovo". Das 2005 mit einem glühenden Vorwort von Talbott veröffentlichte Buch nennt den Kosovo selbst "einen Flecken Territorium von unbedeutendem strategischen Nutzen" und stellt die folgende These auf:
"Es war der Widerstand Jugoslawiens gegen die breiteren Trends politischer und wirtschaftlicher Reformen – nicht die Notlage der Kosovo-Albaner –, das den Krieg der NATO am besten erklärt."
Norris versucht damit, Milošević die Schuld am Krieg zu geben, der 2001 nach Den Haag ausgeliefert wurde und dort 2006 unter mysteriösen Umständen starb. Was das Buch von Norris jedoch aufzeigt, ist, dass Washington alle Fäden zog – immer auch mit dem Ziel, die Kontrolle über Russland zu behalten, das damals vom unberechenbaren und pro-amerikanischen Boris Jelzin regiert wurde.
Und hier liegt das spektakuläre Scheitern der NATO im Jahr 1999. "Der grausame NATO-Bombenangriff auf Jugoslawien beendete in Russland die Anbetung des Westens", sagte der berühmte sowjetische Dissident Alexander Solschenizyn 2007 dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. "Man kann sagen, dass alle Schichten der russischen Gesellschaft tief und unauslöschlich schockiert waren von diesen Bombenangriffen" fügte er hinzu. Selbst ein so zynisch-kommerzielles russisches Musikprojekt wie die Mädchengruppe t.A.T.u. veröffentlichten ein Protestlied mit dem Titel "Jugoslawien".
Als die NATO daraufhin ab 1999 nach Osteuropa und in die ehemaligen Sowjetrepubliken expandierte, konnte es nur noch schlimmer kommen. Der aktuelle Konflikt um die Ukraine ist der Endpunkt dieser Entscheidung. Aber es gibt noch einen weiteren Faktor. Am 9. August 1999 – zwei Monate nach dem Waffenstillstand, der den Krieg gegen Jugoslawien beendete – ernannte Jelzin Wladimir Putin zum neuen amtierenden Ministerpräsidenten Russlands. Dann, am 31. Dezember 1999, bietet der stark angeschlagene Boris Jelzin dem russischen Volk im Fernsehen eine Entschuldigung an – und seinen Rücktritt. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.
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