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Von secarts

Zur "großen Freude" des "Tibetischen Zentrums" in Deutschland hat "Seine Heiligkeit, der Dalai Lama" wieder einmal eine Einladung nach Deutschland angenommen. Im Juli 2007 wird der Anführer der tibetischen "Gelbmützen"-Sekte sein Stelldichein geben - in Deutschland, bei Freunden, weilt er gerne. Und der deutsche Blätterwald rauscht, bis es kracht... der "Spiegel" stellt in gewohnt religionskritischer Manier nach einer vom "Spiegel" in Auftrag gegebenen Umfrage fest, "dass 44 Prozent der Bundesbürger den tibetischen Gottkönig als Vorbild betrachten", der Papst rangiere lediglich bei 42 % Vertrauen.1 Auch die BILD-"Zeitung" jubelt: "Willkommen, Eure Heiligkeit!", und kündigt gleich an: "Heute wird das weltliche und geistige Oberhaupt der Tibeter mit dem BILD-OSGAR ausgezeichnet!"

Das "Oberhaupt", das zumindest einen Teil der tibetischen Bevölkerung - nämlich all jene, die sich zur "Gelbmützen"-Sekte bekennen und von dem Mann nicht die Nase gestrichen voll haben - "geistig" vertritt, verfügt allerdings über keine "weltliche" Macht, wenn man von seinem Exilstützpunkt in Dharamsala, Indien, einmal absieht. Über den "BILD-OSGAR" wird der Mann sich sicher trotzdem freuen. Denn den, so BILD, hat er verdient, "für seinen gewaltlosen Freiheitskampf für das tibetische Volk."2

Wer ist der Mann, der im deutschen Bundestag wie ein amtierendes Staatsoberhaupt empfangen wird, der bei seinen Shooting-Auftritten menopausierende Hausfrauen in die zweite Pubertät, inklusive Gekreische, Geheule und kalkulierte Ohnmacht, schickt, der auf internationalem diplomatischem Parkett und in der Redaktion der "Bild" "sein Volk" aus der "Annexion" durch die VR China befreien will? Der Versuch einer Klärung.

I. der "14. Dalai Lama"

Die Karriere des später von BILD ausgerufenen "geistigen und weltlichen Oberhaupts aller Tibeter" begann recht unspektakulär, im Jahre 1935. Eine Familie bekommt im Dörfchen Takster, damalige Provinz Amdo, China, einen Sohn: Lhamo Dhondrub lautet sein Name. Dies ist ungewöhnlich, denn der Vorname ist weiblich, und bedeutet in etwa "wunscherfüllende Göttin". Die Eltern sind einfache, tief religiöse Leute. Die Umgangssprache im elterlichen Hausshalt ist chinesisch; die Herrschaft über die damalige Provinz Amdo übt die nationalistische Guomindang-Zentralregierung aus. Und so ist der Weg, den einige Mönche später von Lhasa aus nach Takster einschlagen, eine ungewöhnliche und nicht ganz einfache Reise durch's zersplitterte, von Bürgerkrieg und Intervention heimgesuchte China.

Zum Jahreswechsel 1937/38 machte sich aus der Hauptstadt Tibets, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Sturz des chinesischen Kaiserhauses und Schwächung der chinesischen Zentralregierung gänzlich unter die Fuchtel eines theokratischen Feudalregimes geraten war, eine hochrangige Delegation tibetischer Würdenträger auf den Weg durchs weite Land. Vorrausgegangen war der Tod des 13. Dalai Lama Thubten Gyatso fünf Jahre zuvor, und nach der Lehre der Gelupga ("Gelbmützen")-Sekte des tibetischen Buddhismus reinkarniert sich der jeweilige verstorbene Dalai Lama in einem unschuldigen Knaben - diesen aufzustöbern war das Ziel der Delegation. Die Suche war dabei bereits etwas eingegrenzt, denn dem 13. Dalai Lama sackte im Augenblick des Todes der Kopf in nordwestliche Richtung - es war also verständlich, dass der Suchtrupp in Richtung Amdo auszog. In Takster hatten die Mönche schließlich Erfolg: Lhamo Dhondrub wurde in umfangreichen Tests auf die in ihm vermutete Seele des verstorbenen Vorgängers untersucht, und nach eigener Auskunft gelang es ihm, unter einer Vielzahl ausgebreiteter Gegenstände aus dem täglichen Leben des 13. Dalai Lama die Richtigen auszusortieren.3

1940 wird der nunmehr Viereinhalbjährige in Lhasa inthronisiert. Sein neuer Name lautet "Jetsun Jamphel Ngawang Lobsang Yeshe Tenzin Gyatso" ("Heiliger Herr, gütiger Herr, mitfühlender Verteidiger des Glaubens, Ozean der Weisheit"). Formal ist er der höchste Repräsentant der Gelupga-Sekte, die zu dieser Zeit die Regierungsgewalt über einen Teil Tibets ausübt, ohne freilich international anerkannt zu sein. Die Mönchstheokratie stört das wenig: wozu auf internationalem Parkett nach Anerkennung streben, wenn man daheim die absolute Macht hat?

II. Tibet bis 1950

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Lage der Autonomen Region Tibet in der VR China
Das Hochland von Tibet umfasst einen großen Teil des Himalaya-Gebirges und liegt auf einer durchschnittlichen Höhe von 4500 Metern – dies brachte ihm die Bezeichnung „Dach der Welt“ ein. Seine größte Zeit erlebte Tibet zwischem dem 7. und 10. Jahrhundert unserer Zeitrechnung; die damalige tibetische Yarlung-Monarchie hatte durch kriegerische Feldzüge viel Gebiet unterworfen und in Innerasien zeitweise als Großmacht die Kontrolle ausgeübt. Die Eroberung durch die Mongolen im 13. Jahrhundert beendete die Eigentständigkeit Tibets jedoch, für immer: Der siegreiche mongolische Feldherr Güyük Khan machte seinen jüngeren Bruder Köden zum Statthalter in Tibet. Von nun an war Tibet unter mongolischer Schrimherrschaft, und mit der Etablierung der chinesischen Yuan-Dynastie (die durch die Feldzüge der Mongolen zustande kam) wurde das Gebiet unter Kublai Khan in das damalige chinesisch-mongolische Kaiserreich integriert. Seitdem sind die Bande zu China, in unterschiedlichem Grade, eng: lokale tibetische Würdenträger wurden unter den verschiedenen auf die Yuan-Dynastie folgenden Herrscherhäusern ein- oder abgesetzt; mal kam es zur Stationierung von mongolischen oder hanchinesischen Soldaten, mal ließ sich jahrzehntelang kein Bevollmächtigter der Zentralregierung auf dem unwegsamen und äußerst schwer zugänglichen Hochplateau blicken.

Schwung in die wenig klaren Verhältnisse Tibets kam erst wieder im 19. Jahrhundert: die Briten, in den beiden Opiumkriegen gegen China siegreich und in Indien fest als Kolonialmacht etabliert, griffen auch nach Tibet: das Hochland lag strategisch günstig und galt als militärisch uneinnehmbar – gute Bedingungen für die weitere Expansion der britischen Kolonialtruppen in China also. Im Jahre 1894 gelang es dem bereits erwähnten 13. Dalai Lama mit Schützenhilfe der britischen Imperialsten, den chinesischen Statthalter aus Lhasa zu vertreiben. Die chinesische Zentralregierung konnte wenig dagegen ausrichten, denn im chinesischen Kernland operierten längst britische Truppen, die die separationistischen Tendenzen der tibetischen Theokratie reichlich unterstützten. 1911 stürzte die bürgerlich-demokratische Revolution unter Dr. Sun Yatsen die letzte (Qing-) Dynastie in China, und in den darauf folgenden Revolutions- und Bürgerkriegswirren ergriff der 13. Dalai Lama die Initiative: 1913 erklärte er Tibet für unabhängig.

Sehr weit her war es mit dieser Unabhängigkeit jedoch nicht: weder China, noch irgendein anderes Land der Welt erkannte den neuen Staat an; auch fehlt die chinesischen Unterschrift auf dem Unabhängigkeitsdokument. Für die Chinesen war diese Episode bloß eine weitere nationale Demütigung; verübt durch die verschiedenen in China operierenden imperialistischen Mächte. Massive Auswirkungen hatte die neue Politik des 13. Dalai Lama jedoch für die tibetische Innenpolitik: nachdem bereits in den vorangegangenen Jahrhunderten wenig Einmischung durch die chinesische Zentralregierung in das tibetische Geschehen stattfand, hatte die herrschende Dynastie nun völlig freie Hand.4

Seit dem 16. Jahrhundert hatte sich die Gelupga-Sekte, die – nach ihrer traditionellen Kluft benannte - sogenannte „Gelbmützen“-Sekte, in mehreren blutigen Religionskriegen gegen die älteren Vertreter anderer buddhistischer Schulen durchsetzen können, ohne freilich jemals komplett die religiöse Deutungshoheit übernommen zu haben (so existieren auch heute noch konkurrierende, den Dalai Lama nicht anerkennende Gruppen, wie z. B. die „Rotmützen“, in Tibet). Hier zu ausführlich auf die genauen Unterschiede der verschiedenen Gruppen einzugehen, würde den Rahmen sprengen. Keineswegs origineller, wohl aber deutlich tatkräftiger als die religiösen Konkurrenten machte sich die Gelupga-Sekte an die Unterwerfung des Landes: im ganzen Land wurden befestigte und bewaffnete Klöster gegründet, diese wiederum „befriedeten“ das Umland: viele Tibeter oder andere dort lebende Minderheiten hingen dem ursprünglichen „Bön“-Glauben an, einer polytheistischen Urreligion. Auch die fanatischen Gelupga brachten nie mehr als eine Synthese aus importiertem Buddhismus mit Versatzstücken der Bön-Religion, verschiedener Volksaberglauben und Schutzgötterverehrung zustande. Wohl aber gelang ihnen die absolute weltliche Herrschaft über Tibet: sie etablierten ein feudal-theokratisches System, das weder an Engstirnigkeit, noch an Grausamkeit oder Armut der Bevölkerung allzu oft überboten wurde.

III. Faszinosum Tibet:
oder: was trieb die Nazis nach Lhasa?


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"Geheimnis Tibet": Der Film, der den Boom auslöste
Wenn sich heute manch einer wundert über die oftmals weltfremd wirkende Begeisterung vieler Deutscher für Tibet und sich die dazu passende Frage stellt, wann und warum dieser Trend um sich griff und ausgerechnet Tibet, nicht aber – beispielsweise – das alte Guatemala oder die Voodoo-Religion in Lateinamerkia zum Ziel der Sehnsüchte, Interpretationen und Träumereien von einem fernen, unberührten, nicht von „Zivilisation“ und „Technik“ verseuchten Märchenland machte, so wird auch die Antwort verwundern: der Tibet-Hype in Deutschland begann – 1942. Damals wurde ein Film namens „Geheimnis Tibet“ zum Kassenschlager der UFA-Filmpaläste, der bereits viel von den später mit dem „Tibet-Mythos“ in Verbindung gebrachten Elementen enthielt: Tibet, ein gänzlich abgeschottetes, schwer bis gar nicht zu erreichendes fernes Wunderland, regiert von religiösen Führern nach uralten Weisheiten, unerschüttert von all den modernen – je nach Lesart – Segnungen oder Flüchen. Zum Film passend überschwemmt eine wahre Flut von Publikationen die deutsche Öffentlichkeit: „Geheimnisvolles Tibet“, „Wikinger der Wissenschaft“, „Wir reiten in die verbotene Stadt des Dalai Lama“, „Im Schatten der Götterburg“, „mit der Kamera im verbotenen Landy“, „Laaloo – die Götter wollen es“, „ein Hannoveraner in Tibet, dem dunklen Herzen Asiens“, „das entschleierte Tibet“, „der Gottkönig empfängt uns“, und dergleichen mehr: in über 400 zentral durch Goebbels’ „Reichsschrifttumskammer“ ferngesteuerten Medien wurde die Tibethysterie angeschürt.5 Das obsessive Interesse der deutschen Faschisten an Tibet hatte neben spinnerten Rasseideen auch einen ganz profanen Hintergrund: den zweiten Weltkrieg. Um die Lage an der Heimatfront ruhig zu halten und der Bevölkerung neue Kriegsbegeisterung einzuhauchen, wurden verschiedenste Register gezogen; eine breite Publikationswelle über nacheifernswerte ostasiatische Kriegerreligionen, die Samurai oder eben die durchaus nicht gewaltlose tibetische Kultur sollten Ablenkung schaffen und zu neuer Aufopferung inspirieren.

Der Film entstand aus dem mitgebrachten Filmmaterial einer deutschen Expedition, die unter dem Leiter, SS-Untersturmführer Ernst Schäfer, unter der „Schrimherrschaft der SS 1938/39 auf das „Dach der Welt“ gereist war. Entstanden waren die Pläne zur Expedition im „SS-Ahnenerbe“, der pseudowissenschaftlichen Denkfabrik Heinrich Himmlers. Dieser, seit jeher begeistert von asiatischen Kriegerreligionen, durch und durch mysthisch veranlagt und abergläubisch, hatte nicht nur ein Faible für Tibet, sondern erhoffte dort nichts Geringeres als gemeinsame arische Vorfahren der Germanen und Tibeter zu finden. Dementsprechend wurde die Expedition nicht nur mit den nötigen Experten für Geologie, Schürfforschung und Mettallurgie ausgestattet, die – auch die Nazis hatten ihre ganz irdischen Neigungen – nach für Großdeutschland ausbeutbarem Material suchen sollten, sondern obendrein mit Schädelvermessern und „Rassekundlern“ bestückt. Der Expeditionsteilnehmer Bruno Beger zum Beispiel, der sich in Nazideutschland als Experte für Schädelkunde einen Namen gemacht hatte und für die Expedition folgendes Programm entwarf: „Suche nach fossilen Menschenresten. Suche nach Skelettresten früherer nordischer Einwohner. Erforschung der nordischen Rasse unter der Bevölkerung.“ Fündig wurde Beger dann unter der herrschenden Mönchskaste und im tibetischen Adel: „Hoher Wuchs, gepaart mit langem Kopf; schmales Gesicht, zurücktreten der Backenknochen, [...] herrisch selbstbewußtes Auftreten“. 6 Doch die tibetische Theokratie hatte noch mehr Gemeinsamkeiten mit den Nazis:

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Ernst Schäfer (links) und Bruno Beger in Tibet
Vor allem die absolute Macht, die archaischen Vorstellungen und das – so gar nicht zum heutigen Bild des per se „friedfertigen“ Landes passende – gewalttätige Element in der tibetischen Kultur tat es den SS-Männern an. Seit der Buddhisierung im 9. Jahrhundert, aber auch schon lange davor und gerade im atavistischen Bön-Glauben der Urbevölkerung, finden sich gewalttätige Darstellungen, Erzählungen und Rituale zuhauf. Wohlgemerkt ist dies nichts Besonderes; mithin die allermeisten menschlichen Kulturen wurden von und durch Krieg geprägt und geschaffen; dies findet selbstverständlich seinen Niederschlag in Religion und Kultur. Der tibetische Buddhismus, und dies macht ihn tatsächlich ein wenig exklusiv, hat die religiös motivierte Gewalt jedoch zu einem Hauptprinzip erhoben: die reiche und schillernde Ikonographie der vielen Halb-, Schutz- und Hausgötter, die im tibetischen Buddhismus in unerhörter Zahl vorkommen, sind in der Regel gewalttätige und aggressive Gestalten; gesegnet mit ganzen Arsenalen von Dolchen, Spießen, Hacken, Schwertern und grausamen Hinrichtungsmaschinen. Gerade die tibetische Beschwörung des Kriegsgottes Kangchendzönga, an der die SS-Männer teilnehmen durften, musste es den auf „meine Ehre heißt Treue“ eingeschworenen Mannen Himmlers angetan haben: „Mein Kriegsgott, mein fünffältiges Sinnbild der Treue, der Ehre, der Tapferkeit, des Großmutes und des Sieges“, lautet das Gebet: „Du meine blutgetränkte Klinge bist das Schwert des Lebens. Tausend Dämonnen haben dich aus dem Metall des Donnerkeils geschlagen undund tausend Götter haben dich heilig gesprochen. [...] In wundersame Gifte bist du getaucht und an menschlichen Schädeln bist du geschliffen. [...] Wenn ich dich schwinge, dann springen die Funken, und wenn ich dich senke, dann tropfst du vor Blut.“7 In der tibetisch-buddhistischen Liturgie geht es nicht weniger grausam zu: „Ständig essen sie [die Buddhas] Blut und Fleischfetzen... Schädel, Knochen, Räucherwerk, Öl und Fett machen große Freude“, heißt es im „Guhyasamaja-Tantra“.8 „In ihrem Sakralwesen benutzen die Lamas Objekte und Substanzen aus dem Totenreich. Die morbiden Ritualgegenstände lassen einen jedenfalls das Grauen lernen: Präparierte Schädel, mumifizierte Hände, Rosenkränze aus Menschenknochen, Trompeten aus den Oberschenkeln 16-jähriger Mädchen. Menschenköpfe, Blut, Fleisch, Fett, Eingeweide, die abgezogene Haut von Kindern, das Menstruationsblut einer Witwe und Steine, mit denen Menschenschädel eingeschlagen werden, können in den Ritualen zur Anwendung kommen“.9

Die SS-Männer sind fasziniert vom Land „unter dem östlichen Hakenkreuz“. Einiges kennen sie aus eigener Anschauung, aus Deutschland, dem Land unter dem „westlichen Hakenkreuz“: Ernst Schäfer, der als Teilnehmer an den Menschenexperimenten des KZ-Arztes Rascher in Dachau teilnahm, und Bruno Beger, der später wegen Mordes an 86 sowjetischen Kriegsgefangenen vor Gericht gestellt wird, deren Skelette er einer „anthropologischen Sammlung“ von „Judenschädeln“ einverleibt hatte und dafür extra eine „Entfleischungsmaschine“ orderte, fühlen sich im nekrophilen, makabren und düsteren tibetischen Ritualglauben wie zu Hause. Befriedigt konnte Schäfer dann auch feststellen: „Zwecks Beschwichtigung der tantrischen Gottheiten sind anstelle milder Gaben von Blumen und Früchten auch heute noch Blutopfer gebräuchlich.“10

"Wir Tibeter haben traditionsgemäß schon immer für die Underdogs Partei ergriffen und meinten deshalb auch, dass die Deutschen gegen Ende der vierziger Jahre von den Aliierten genug bestraft und gedemütigt worden waren. Wir fanden, man sollte sie in Ruhe lassen und ihnen helfen.

14. Dalai Lama
Die SS-Expedition war jedenfalls ein Erfolg auf ganzer Linie: das Treffen mit dem damaligen Regenten Renting Rinpoche, der die Deutschen auf einem mit Hakenkreuzen geschmückten Thron sitzend empfing, löste nicht nur bei Schäfer mythische Gefühle und übersinnliche Erfahrungen aus, sondern brachte auch handfeste Ergebnisse: zwei versiegelte Schreiben, je an Adolf Hitler und Heinrich Himmler: „Dem trefflichen Herrn Hitler (König) der Deutschen, der erlangt hat die Macht über die weite Erde![...] Gegenwärtig bemühen Sie sich um das Werden eines dauerhaften Reiches in friedlicher Ruhe und Wohlstand, auf rassischer Grundlage. Deshalb erstrebt jetzt der Leiter der deutschen Tibetexpedition, der Sahib Schäfer (She-par), zumal keine Schwierigkeiten im Wege stehen, bis zu einem unmittelbaren Verkehr mit Tibet nicht nur das Ziel der Festigung des (persönlichen) freundschaftlichen Verkehrs auf (unsere beiderseitigen) Regierungen. Nehmen Sie nun, Eure Exzellenz, Führer (wörtlich König) Herr Hitler, zu diesem Verlangen nach gegenseitiger Freundschaft, wie sie von Ihrer Seite ausgesprochen wurde, unsere Zustimmung.“11

Nach diesem erfreulichen Ausgang der Expedition machte sich das SS-Hauptquartier an die Umsetzung einer zweiten, größeren und weniger friedlichen Mission: die nächsten Deutschen, die im Himalaya kulturelle Gemeinsamkeiten bejubeln würden, sollten Soldaten sein. Ihr Ziel: von Tibet, der uneinnehmbaren Bergfeste, in die britische Kronkolonie, und nach China. Dass daraus nicht mehr wurde, lag am verlorengegangenen Krieg.



Anmerkungen:
1 Spiegel Online, 14.07.2007: http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,494452,00.html
2 BILD, 13.07.2007, http://www.bild.t-online.de/BTO/news/2007/05/12/dalai-lama/ankunft-deutschland.html
3 vergl. Goldner, Colin: Fall eines Gottkönigs, Aschaffenburg 1999, S. 33f.
4 vergl. Historische Koordinaten Tibet-China, China Intercontinental Press, 1997
5 vergl. Trimondi, V. & V.: Hitler, Buddha, Krischna, Wien, 2002, S. 156
6 zitiert nach: ebenda, S. 133f.
7 zitiert nach: ebenda, S. 148
8 zitiert nach: ebenda, S. 150
9 vergl. ebenda, S. 150
10 zitiert nach: ebenda, S. 150
11 zitiert nach: ebenda, S. 130



 
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