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Seit der Bun­des­tags­wahl 2013 hat die­se Re­pu­blik – ein­sch­ließlich des ein­ver­leib­ten DDR-Ge­biets – ei­nen mas­si­ven Rechts­ruck durch­ge­macht. Das Wahl­er­geb­nis war 2013 eine knap­pe Mehr­heit links von CDU und CSU. Aus Feig­heit und Op­por­tu­nis­mus schmiss sich die SPD-Führung da­mals den­noch der CDU-Herr­schaft in die Arme, mach­te lie­ber den Büttel für eine Mer­kel-Re­gie­rung, statt sich der schon da­mals deut­lich gefähr­li­chen Rechts­ent­wick­lung ent­ge­gen­zu­stel­len.

In den fol­gen­den Jah­ren ver­mehr­te sich die Zahl der Asyl- und Schutz­su­chen­den auf der Welt auf­grund ver­mehr­ter Ko­lo­ni­al­krie­ge, im­pe­ria­lis­ti­scher In­ter­ven­tio­nen und im­pe­ria­lis­ti­scher Aus­plünde­rung ar­mer Länder. Ende 2015 wa­ren 65,3 Mil­lio­nen Men­schen auf der Flucht. Nur ein win­zi­ger Bruch­teil die­ser Zahl von Men­schen ge­lang­te in die BRD, um Schutz und Asyl zu er­hal­ten. Die Re­gie­rung hal­lu­zi­nier­te, dass es eine „Flücht­lings­kri­se“ gebe. Für die mi­li­tan­ten Na­zi­ban­den war das wie ein Auf­ruf zur Tat: Zwi­schen 2013 und 2015 schnell­te die jähr­lich re­gis­trier­te Zahl der An­grif­fe auf Flücht­lings­un­terkünfte von 58 auf 1077 hoch. PE­GI­DA in Dres­den be­gann ihre dumm­dreis­ten fa­schis­ti­schen Mon­tags­de­mons­tra­tio­nen, die AfD zog 2014 erst­mals ins Eu­ro­pa­par­la­ment und drei Land­ta­ge ein, die Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen CDU und CSU nah­men an Schärfe zu, eben­so wie die Ver­su­che der baye­ri­schen Staats­re­gie­rung, die ge­sam­te Re­pu­blik nach rechts zu trei­ben.

Je­der Kom­mu­nist weiß, dass es in Wirk­lich­keit kei­ne „Flücht­lings­kri­se“ gibt. Für uns gilt nach wie vor, was Le­nin ein­mal so zu­sam­men­ge­fasst hat: „Es be­steht kein Zwei­fel, dass nur äußers­tes Elend die Men­schen ver­an­lasst, die Hei­mat zu ver­las­sen und dass die Ka­pi­ta­lis­ten die ein­ge­wan­der­ten Ar­bei­ter in ge­wis­sen­lo­ses­ter Wei­se aus­beu­ten. Doch nur Re­ak­ti­onäre können vor der fort­schritt­li­chen Be­deu­tung die­ser mo­der­nen Völker­wan­de­rung die Au­gen ver­sch­ließen. Eine Erlösung vom Joch des Ka­pi­tals ohne wei­te­re Ent­wick­lung des Ka­pi­ta­lis­mus, ohne den auf die­ser Ba­sis geführ­ten Klas­sen­kampf gibt es nicht und kann es nicht ge­ben. Und ge­ra­de in die­sen Kampf zieht der Ka­pi­ta­lis­mus die werktäti­gen Mas­sen der gan­zen Welt hin­ein, in­dem er die Muf­fig­keit und Zurück­ge­blie­ben­heit des lo­ka­len Le­bens durch­bricht, die na­tio­na­len Schran­ken und Vor­ur­tei­le zerstört und Ar­bei­ter al­ler Länder in den großen Fa­bri­ken und Gru­ben Ame­ri­kas, Deutsch­lands usw. mit­ein­an­der ver­ei­nigt.“1

Wenn die Re­gie­rung von ei­ner „Flücht­lings­kri­se“ schwa­dro­niert, dann wis­sen wir, wor­um es sich han­delt: Um eine Kri­se des Ka­pi­tals. Das deut­sche Ka­pi­tal hat es durch die im­pe­ria­lis­ti­schen Ak­tio­nen der Bun­des­re­gie­rung bis­her leid­lich ge­schafft, die 2009 be­gon­ne­ne Kri­se vor al­lem auf die an­de­ren EU-Länder ab­zuwälzen. Aber das geht nicht im­mer so wei­ter. Nicht zu über­se­hen ist die schar­fe Kon­kur­renz zu den US-Mo­no­po­len, be­son­ders seit mit dem Amts­an­tritt Do­nald Trumps als Präsi­dent der USA für den deut­schen Im­pe­ria­lis­mus die Kar­ten neu ge­mischt sind. Eben­falls nicht zu über­se­hen ist die Zu­spit­zung der Kon­flik­te mit Russ­land, nicht zu­letzt her­vor­ge­ru­fen durch die ag­gres­si­ve Durch­set­zung des EU-As­so­zi­ie­rungs­ab­kom­mens mit der Ukrai­ne ab Herbst 2013 und die im­mer of­fe­ne­re mi­litäri­sche Ein­mi­schung in Sy­ri­en. Gleich­zei­tig droht die deutsch do­mi­nier­te EU zu zer­bre­chen. Während der lin­ke, re­for­mis­ti­sche Wi­der­stand wie in Grie­chen­land im­mer noch mit der deut­schen Knu­te gezähmt wer­den kann, wird der erz­re­ak­ti­onäre Wi­der­stand von Re­gie­run­gen wie der pol­ni­schen und der un­ga­ri­schen für Deutsch-Eu­ro­pa zu ei­nem Pro­blem (mit Un­garn gab es ins­be­son­de­re in der Fra­ge der Be­hand­lung der Flücht­lin­ge mas­si­ve Wi­dersprüche). Mit dem „Brex­it“ will sich nun so­gar ein im­pe­ria­lis­ti­scher Kon­kur­rent die­ser EU ent­zie­hen.

Letzt­lich wird die im­pe­ria­lis­ti­sche Kon­kur­renz zum Krieg, zum Welt­krieg führen, wenn die pro­le­ta­ri­sche Re­vo­lu­ti­on die­sem Trei­ben nicht ein Ende macht. Und wir wis­sen aus der Ge­schich­te – um Kri­se und Krieg zu meis­tern, braucht das deut­sche Mo­no­pol­ka­pi­tal den Fa­schis­mus, braucht es eine fa­schis­ti­sche Samm­lungs­be­we­gung, die je­den Wi­der­stand ge­gen die im­pe­ria­lis­ti­sche „Va­ter­lands­ver­tei­di­gung“ im Keim er­stickt. Die So­zi­al­de­mo­kra­tie ist zu un­zu­verlässig für die­sen Job. Sie hat es zwar 1914 ge­schafft, die deut­sche Ar­bei­ter­klas­se in den Krieg ge­gen ihre Klas­sen­brüder zu ja­gen. Aber sie hat es nicht ge­schafft zu ver­hin­dern, dass sich schon im Krieg pro­le­ta­ri­scher Wi­der­stand ge­bil­det hat, der zu den re­vo­lu­ti­onären Kämp­fen 1918 bis 1923 führte. In die­sen Kämp­fen war die So­zi­al­de­mo­kra­tie wie­der not­wen­dig – kei­ne fa­schis­ti­sche Ge­walt hätte es ver­mocht, das re­vo­lu­ti­onäre Feu­er zu löschen.

Zu­dem: Wenn die So­zi­al­de­mo­kra­tie ab­wirt­schaf­tet, schränkt das natürlich ihre Brauch­bar­keit für die Bour­geoi­sie ge­wal­tig ein. Das gilt auch für das Ab­wirt­schaf­ten zu­guns­ten re­ak­ti­onärer, fa­schis­ti­scher Kräfte. Die So­zi­al­de­mo­kra­tie wird ja durch die­ses Ab­wirt­schaf­ten – wie wir es z.B. bei der IG-Me­tall-Führung se­hen, die je­den größeren Kampf in den großen In­dus­trie­be­trie­ben ver­sucht zu ver­mei­den – letzt­lich un­taug­lich, kom­men­de re­vo­lu­ti­onäre Kämpfe in re­for­mis­ti­sche Bah­nen zu len­ken. So bleibt dem großen Ka­pi­tal, will es Kri­se und Krieg meis­tern ge­gen sei­ne mäch­ti­gen Kon­kur­ren­ten, letz­ten En­des nur, eine fa­schis­ti­sche Be­we­gung hoch­zuzüch­ten, sich hauptsächlich auf die­se fa­schis­ti­sche Be­we­gung zu stützen, statt sich wei­ter­hin auf die Be­frie­dungs­funk­ti­on der So­zi­al­de­mo­kra­tie zu ver­las­sen. Das heißt un­ter an­de­rem: Die­se fa­schis­ti­sche Be­we­gung wird auch eine un­mit­tel­ba­re Ge­fahr für die So­zi­al­de­mo­kra­tie.

So schlimm die Ka­pi­talshörig­keit der so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Führer – auch und ge­ra­de durch ih­ren Ein­fluss in den Ge­werk­schaf­ten – ist, wenn sie be­droht und aus­ge­schal­tet wer­den, ist die Frei­heit der Ar­bei­ter im Kampf ge­gen das Ka­pi­tal so ein­ge­schränkt, wie es un­ter der So­zi­al­de­mo­kra­tie als Hauptstütze des Mo­no­pol­ka­pi­tals nie­mals der Fall ist. Wir müssen des­halb ver­su­chen, so weit wie möglich mit So­zi­al­de­mo­kra­ten ge­mein­sam der fa­schis­ti­schen Ge­fahr ent­ge­gen­zu­tre­ten.

Die faschistische Gefahr – gestern und heute

Man hört im­mer öfter nach­denk­li­che Ge­nos­sen, be­sorg­te De­mo­kra­ten, die his­to­ri­sche Ver­glei­che zie­hen zu den Jah­ren des En­des der Wei­ma­rer Re­pu­blik. Auf der Brüsse­ler Kon­fe­renz der KPD 1935, auf der die KPD ihre Po­li­tik ge­gen den Fa­schis­mus kri­tisch über­prüfte, sprach Wil­helm Pieck über die Si­tua­ti­on in die­ser Zeit und das Verhält­nis zur So­zi­al­de­mo­kra­tie. Er sag­te:

„Wir ha­ben mit un­se­rem Haupt­an­griff ge­gen die So­zi­al­de­mo­kra­tie zu der Zeit, als die Tak­tik rich­tig war, als in den Sta­bi­li­sie­rungs­jah­ren die so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Il­lu­sio­nen der Wirt­schafts­de­mo­kra­tie und des or­ga­ni­sier­ten Ka­pi­ta­lis­mus die Ar­bei­ter­hir­ne ver­kleis­ter­te und die Ar­bei­ter vom Kamp­fe zurück­hiel­ten, große Er­fol­ge er­zielt. Ohne die­se Tak­tik wäre es nicht zu den ent­schei­den­den Kämp­fen an Rhein und Ruhr, in Ber­lin, an der Was­ser­kan­te, in Mit­tel­deutsch­land und Sach­sen ge­kom­men. Die Bour­geoi­sie hätte in noch viel ra­sche­rem Tem­po den Lohn­ab­bau und die Be­schnei­dung der de­mo­kra­ti­schen Rech­te und Frei­hei­ten der Ar­bei­ter durch­zuführen ver­mocht. Auch un­ser Kampf ge­gen die Wei­ma­rer Re­pu­blik, ge­gen die bürger­li­che De­mo­kra­tie, war ab­so­lut not­wen­dig und rich­tig, weil sie nicht nur die, gan­ze deut­sche Kon­ter­re­vo­lu­ti­on’ um sich schar­te, son­dern weil von ihr aus die schwers­ten An­grif­fe ge­gen die Ar­bei­ter­klas­se ge­rich­tet wur­den. Wir ha­ben mit die­ser un­se­rer Tak­tik ge­gen die So­zi­al­de­mo­kra­tie und ge­gen die Wei­ma­rer Re­pu­blik in die­ser Zeit das vol­le Verständ­nis großer Tei­le der deut­schen Ar­bei­ter­klas­se ge­fun­den, wo­durch die KPD zu ei­ner Mas­sen­par­tei wur­de.

Aber die Mehr­heit der deut­schen Ar­bei­ter­klas­se leis­te­te der So­zi­al­de­mo­kra­tie Ge­folg­schaft und setz­te ihre Hoff­nung auf die bürger­li­che De­mo­kra­tie, auf die Ko­ali­ti­ons­po­li­tik der So­zi­al­de­mo­kra­tie. Und das umso mehr, als die fa­schis­ti­sche Be­we­gung mäch­tig an­schwoll und alle Rech­te und Frei­hei­ten der Ar­bei­ter­klas­se be­droh­te. Da wir selbst die fa­schis­ti­sche Ge­fahr un­terschätz­ten und sie der Ar­bei­ter­schaft nicht genügend si­gna­li­sier­ten, im Ge­gen­teil nach wie vor un­se­ren Haupt­s­toß ge­gen die So­zi­al­de­mo­kra­tie und ge­gen die bürger­li­che De­mo­kra­tie rich­te­ten, so konn­te es nicht aus­blei­ben, dass wir nicht ver­moch­ten, die Ar­bei­ter­klas­se für den Kampf ge­gen den Fa­schis­mus zu mo­bi­li­sie­ren.

Ich möchte das an ei­nem Bei­spiel näher erläutern. Die Fa­schis­ten er­ziel­ten bei der Reichs­tags­wahl am 14. Sep­tem­ber 1930 mit ih­ren 6,4 Mil­lio­nen Stim­men ge­genüber den 800.000 Stim­men, die sie noch bei den Mai­wah­len 1928 er­hal­ten hat­ten, ei­nen großen Wahl­er­folg. Die Fa­schis­ten überflügel­ten uns bei die­ser Wahl um fast zwei Mil­lio­nen Stim­men. Die­ser Vor­marsch der Fa­schis­ten hätte uns ernst ge­nug die fa­schis­ti­sche Ge­fahr auf­zei­gen und uns ver­an­las­sen müssen, in un­se­rer stra­te­gi­schen Ori­en­tie­rung eine Wen­dung in der Rich­tung des Haupt­s­toßes ge­gen die Fa­schis­ten vor­zu­neh­men und alle An­stren­gun­gen zu ma­chen, die Ein­heits­front mit den so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Ar­bei­tern zum Kampf ge­gen den Fa­schis­mus zu schaf­fen.“2

Wie nah die fa­schis­ti­sche Ge­fahr von heu­te aus ge­se­hen in Jah­ren und Mo­na­ten ist, kann nie­mand vor­aus­se­hen. Wie sah die Si­tua­ti­on des deut­schen Im­pe­ria­lis­mus in den letz­ten Jah­ren der Wei­ma­rer Re­pu­blik im Ver­gleich zu heu­te aus? Während der deut­sche Im­pe­ria­lis­mus heu­te seit 1990 von all sei­nen Fes­seln be­freit ist, war er in der ge­sam­ten Zeit der Wei­ma­rer Re­pu­blik durch den Ver­sail­ler Ver­trag wirt­schaft­lich, po­li­tisch, ter­ri­to­ri­al und mi­litärisch ein­ge­schränkt. Al­ler­dings hat­te zum glei­chen Zeit­punkt, an dem die Fa­schis­ten so spek­ta­kuläre Stim­men­ge­win­ne er­ziel­ten (1930), der deut­sche Im­pe­ria­lis­mus ei­nen großen Sieg zu ver­bu­chen: Er hat­te durch­ge­setzt, dass die al­li­ier­ten Trup­pen fünf Jah­re früher als im Ver­sail­ler Ver­trag vor­ge­se­hen aus dem Rhein­land ab­zo­gen. Da­mals wie heu­te erschütter­ten ge­wal­ti­ge Kri­sen die im­pe­ria­lis­ti­schen Länder, wo­bei sich heu­te im Ge­gen­satz zu da­mals der deut­sche Im­pe­ria­lis­mus da­durch aus­zeich­net, dass er die Fol­gen der Kri­se bis jetzt noch auf den Schul­tern der an­de­ren EU-Länder ab­la­den kann, was sich an­ge­sichts der oben schon erwähn­ten Wi­dersprüche aber schnell ändern kann. In­ter­na­tio­nal hat der deut­sche Im­pe­ria­lis­mus eine ganz an­de­re Stel­lung als da­mals. Da ist sei­ne (wenn auch bröckeln­de) He­ge­mo­nie in Eu­ro­pa, und da ist sei­ne wirt­schaft­li­che im­pe­ria­lis­ti­sche Ak­ti­vität so­wie die po­li­ti­sche und mi­litäri­sche Ein­mi­schung übe­r­all auf der Welt, die ein un­ver­gleich­lich viel höhe­res Aus­maß hat als in der Zeit der Wei­ma­rer Re­pu­blik. Da­mals und heu­te ähnelt sich die grundsätz­li­che Si­tua­ti­on der im­mer schwie­ri­ger wer­den­den Ka­pi­tal­ver­wer­tung (sicht­ba­rer Aus­druck des­sen ist z.B. die Ab­sur­dität der Null­zins-Si­tua­ti­on) und der sich mit großer Ge­schwin­dig­keit verschärfen­den zwi­schen­im­pe­ri­al­is­ti­schen Wi­dersprüche.

Ei­nen Ver­gleich, der 1:1 punkt­ge­naue Leh­ren bezüglich der Nähe der fa­schis­ti­schen Ge­fahr aus der Ge­schich­te be­stim­men kann, können wir also nicht zie­hen – wir wis­sen aber, dass das deut­sche Ka­pi­tal letzt­lich auf Fa­schis­mus set­zen muss, um ge­gen sei­ne im­pe­ria­lis­ti­schen Kon­kur­ren­ten auch die Waf­fe der ge­gen den Rest der Welt ver­schwo­re­nen „Volks­ge­mein­schaft“ ein­set­zen zu können. Und wir se­hen wie vie­le de­mo­kra­tisch und an­ti­fa­schis­tisch ge­sinn­te Men­schen, dass sich die An­zei­chen ei­ner näher kom­men­den fa­schis­ti­schen Ge­fahr meh­ren. Vie­le Men­schen se­hen Par­al­le­len zu den letz­ten Jah­ren der Wei­ma­rer Re­pu­blik al­lein an dem tatsächlich be­sorg­nis­er­re­gen­den An­wach­sen der Wähler­stim­men der AfD in den Land­ta­gen, z.B. in Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Ber­lin. An­de­re wie­der­um be­strei­ten, dass die AfD eine fa­schis­ti­sche Par­tei sei. Sehr oft wird da­bei die AfD mit der CSU ver­gli­chen. Die­ser Ver­gleich ist völlig be­rech­tigt. Zwi­schen AfD und CSU passt ideo­lo­gisch kein Blatt Pa­pier. Oft wird dann aber die­se Tat­sa­che her­ge­nom­men, um der AfD bürger­lich-de­mo­kra­ti­sche Ei­gen­schaf­ten zu be­schei­ni­gen. Da­bei ist das Ge­gen­teil der Fall!

Zen­trum und Schwer­ge­wicht der fa­schis­ti­schen Samm­lungs­be­we­gung ist in der BRD nach wie vor die CSU – auch wenn sie nach dem Tod von Strauß erst­mal Fe­dern las­sen muss­te. Sie un­ter­schei­det sich durch ein sehr we­sent­li­ches Merk­mal von ei­ner NS­DAP in der Wei­ma­rer Re­pu­blik: Sie ist Staats­par­tei, passt sich dem par­la­men­ta­ri­schen Sys­tem an, war seit der Exis­tenz der BRD in der Mehr­zahl der Jah­re in Bun­des­re­gie­run­gen ver­tre­ten – so­zu­sa­gen als Er­satz-CDU in Bay­ern, wo es kei­ne CDU gibt. Da­durch soll­te man sich nicht täuschen las­sen: CDU und CSU sind in ih­rer Ge­schich­te und ih­rer Funk­ti­on sehr un­ter­schied­lich und von hef­ti­gen Kämp­fen ge­gen­ein­an­der ge­zeich­net. Die CDU war von ih­rer Gründung in West­deutsch­land an eine kon­ser­va­ti­ve Ho­no­ra­tio­ren-Par­tei. Als Re­gie­rungs­par­tei war sie bis in die sech­zi­ger Jah­re da­mit er­folg­reich. Ab Ende der sech­zi­ger Jah­re stan­den an­de­re Op­tio­nen auf der Wunsch­lis­te des Ka­pi­tals: Die Außen­po­li­tik muss­te geändert wer­den, die „neue Ost­po­li­tik“ stand auf dem Pro­gramm, die mit dem plum­pen An­ti­kom­mu­nis­mus der CDU nicht zu ma­chen war. Nur die SPD konn­te eine Po­li­tik ma­chen, die über­zeu­gend für die neu­en Han­dels­part­ner im RGW war und gleich­zei­tig dafür sorg­te, dass die Ar­bei­ter nicht übermütig wur­den, nur weil die Knu­te des stu­ren An­ti­kom­mu­nis­mus vorüber­ge­hend bei­sei­te­ge­legt wur­de. Die CDU wur­de chan­cen­los, und be­kam gleich­zei­tig großen Ärger mit ih­rer „Schwes­ter­par­tei“ CSU, die von ih­rem Führer F.J.Strauß 1970 als „Sam­mel­be­we­gung zur Ret­tung des Va­ter­lan­des“ ge­gen die „kom­mu­nis­ti­sche Ge­fahr“ de­fi­niert wur­de. Planmäßig be­trieb Strauß in den 70er Jah­ren die De­mon­ta­ge der CDU-Größen. Mit Kündi­gung der Frak­ti­ons­ge­mein­schaft und Vier­te-Par­tei-Dro­hung – d.h. der Dro­hung, die CSU bun­des­weit aus­zu­deh­nen –, ord­ne­te er die kon­ser­va­ti­ve Schwes­ter sei­ner Samm­lungs­be­we­gung un­ter. Die CDU war in die­ser Ge­men­ge­la­ge in eine erns­te Kri­se ge­ra­ten. Eine Um­struk­tu­rie­rung und Mo­der­ni­sie­rung er­folg­te, die CDU wur­de von der Ho­no­ra­tio­ren­par­tei zur Mit­glie­der­par­tei. Ge­gen Strauß und sei­ne CSU konn­te sie sich den­noch nicht durch­set­zen, Kohl muss­te 1980 Strauß die Kanz­ler­kan­di­da­tur über­las­sen. Nach dem Tod von Strauß ge­riet die CSU in eine Kri­se, ihre Lage ver­schlech­ter­te sich noch, als sie kei­ne Ge­win­ne aus der Ein­ver­lei­bung der DDR zie­hen konn­te, während die CDU ein­fach die CDU der DDR kas­sier­te. Nun ge­riet aber auch die CDU trotz oder ge­ra­de we­gen der „Mo­der­ni­sie­rung“ und des DDR-Ge­winns in SchwieàÌÿ˜UàÌÿ˜U û˜U`:L™UHÍÿ˜UÍÿ˜U@Íÿ˜Ue das selbst schon zu sein oder zu wer­den. So wur­de die CDU Ende der neun­zi­ger Jah­re von der CSU ins Schlepp­tau ge­nom­men für eine ras­sis­ti­sche Un­ter­schrif­ten­samm­lung ge­gen Im­mi­gran­ten, mit de­ren Hil­fe dann der Mi­nis­ter­präsi­dent von Hes­sen, Ro­land Koch, die Land­tags­wahl ge­wann. Außer­dem ha­ben sich im­mer wie­der CDU-Mi­nis­ter­präsi­den­ten zu­sam­men­ge­rot­tet, um von rechts ge­gen Kanz­le­rin Mer­kel zu schießen. Zer­reißpro­ben gibt es auch mit der un­ge­lieb­ten Ver­wandt­schaft aus der DDR. Die Wi­dersprüche zwi­schen dem aus der DDR-CDU über­nom­me­nen Par­tei­ap­pa­rat und den später ein­ge­tre­te­nen frühe­ren DDR-„Bürger­recht­lern“ schwe­len noch. Das und die ver­hee­ren­den Fol­gen der Ein­ver­lei­bung der DDR, die zu Wi­dersprüchen mit der do­mi­nie­ren­den West-Par­tei führen, ma­chen die Ost-CDU zu ei­nem kom­pli­zier­ten und völlig un­be­re­chen­ba­ren Fak­tor in der Ge­samt­par­tei. Die so­ge­nann­te „Flücht­lings­kri­se“ hat die CDU voll­ends in die in­ne­re Zer­ris­sen­heit ge­trie­ben, und in den Dau­er­stress mit der CSU. Die CSU da­ge­gen hat ge­ra­de in den letz­ten Jah­ren auf dem Rücken der Asyl­su­chen­den aus ih­rer Kri­se her­aus­ge­fun­den und rote Wan­gen be­kom­men. So ist sie er­neut Sam­mel­be­cken und führen­de Kraft der fa­schis­ti­schen Be­we­gung, auch wenn im­mer wie­der Grup­pie­run­gen auf­tre­ten, die sich in – bis­her er­folg­lo­ser – Kon­kur­renz zu ihr ver­su­chen.

Un­ter­schie­de gibt es auch zwi­schen der CSU und de­ren (Möchte­gern-)Kon­kur­renz von AfD bis zu den mor­den­den und brand­schat­zen­den Nazi-Ter­ror­grup­pen.

F.J.Strauß, bis 1988 Führer der bun­des­deut­schen Kon­ter­re­vo­lu­ti­on, hat­te ein­mal ge­sagt: „Man muss sich der na­tio­na­len Kräfte be­die­nen, auch wenn sie noch so re­ak­ti­onär sind. … Mit Hilfs­trup­pen darf man nicht zim­per­lich sein.“ „Nicht zim­per­lich“ hat eine dop­pel­te Be­deu­tung: Zum ei­nen lässt man den Pöbel die Drecks­ar­beit ma­chen, ge­gen Ein­wan­de­rer und Asyl­su­chen­de, ge­gen Lin­ke, ge­gen Men­schen, die Men­schen blei­ben wol­len. Der­weil nimmt sich die CSU der „Sor­gen der Bürger“ an und sorgt als Staats­par­tei „für Ord­nung“. Zum an­de­ren wer­den fa­schis­ti­sche Grup­pie­run­gen auch gar nicht „zim­per­lich“ bekämpft. Es war die CSU, die das ers­te (ge­schei­ter­te) Ver­bots­ver­fah­ren ge­gen die NPD im Jahr 2000 in Gang setz­te. Was al­les an­de­re heißt, als dass die CSU ge­gen Na­zis wäre. Aber auch nach ei­nem NPD-Ver­bot gäbe es die Na­zis, die die Drecks­ar­beit ma­chen, während die CSU in ih­rem Marsch ge­gen die bürger­li­che De­mo­kra­tie in al­ler Ruhe den Staats­ap­pa­rat nut­zen kann. Sie ver­steht es ge­ra­de mit Hil­fe der an­geb­li­chen „Flücht­lings­kri­se“, ihre Möglich­kei­ten als Staats­par­tei zu nut­zen. Den Start­schuss dazu gab sie mit ih­rem Ent­wurf zu ei­nem baye­ri­schen „In­te­gra­ti­ons­ge­setz“.

Schon die­ser Ent­wurf zeig­te bun­des­weit Wir­kung: Im Juli 2016 wur­de ein „In­te­gra­ti­ons­ge­setz“ vom Bun­des­tag be­schlos­sen, das ei­nen Teil der For­de­run­gen aus Bay­ern erfüllt. Es ist eins der Anti-Asyl-Ge­set­ze, die die Mer­kel-Re­gie­rung (die an­geb­lich so mensch­li­che) in der letz­ten Zeit durch­ge­peitscht hat. Es enthält zum Bei­spiel Sank­tio­nen ge­gen Flücht­lin­ge, die nicht so spu­ren, wie es die Behörden wol­len, und es ermöglicht den Ämtern, selbst an­er­kann­ten Asyl­be­rech­tig­ten ih­ren Wohn­sitz vor­zu­schrei­ben und ih­nen da­mit ein we­sent­li­ches Grund­recht zu neh­men. Die­se Be­stim­mung wur­de von Bay­ern als ers­tem Bun­des­land an­ge­wen­det.

Aber die­ses Bun­des„in­te­gra­ti­ons“ge­setz reicht der CSU nicht, „sie will mehr“, schreibt Hed­wig Krim­mer, Ge­werk­schafts­se­kretärin und Spre­che­rin des Bünd­nis­ses ge­gen das baye­ri­sche Aus­gren­zungs­ge­setz. „Sie will“, so Hed­wig Krim­mer, „alle auf die ‚Leit­kul­tur‘ ver­pflich­ten. Das ge­plan­te baye­ri­sche Aus­gren­zungs­ge­setz ist da­bei ein Zwi­schen­schritt zu ih­rem Vor­ha­ben, die ‚Leit­kul­tur‘ in der baye­ri­schen Ver­fas­sung fest­zu­schrei­ben. Weil sie die dazu er­for­der­li­che 2/​3-Mehr­heit im baye­ri­schen Land­tag nicht hat, hat der CSU-Par­tei­vor­stand am 9./​10. Sep­tem­ber be­schlos­sen: ‚Darüber soll die baye­ri­sche Bevölke­rung ab­stim­men‘. Das heißt nichts an­de­res als: Die CSU will in ganz Bay­ern mo­bi­li­sie­ren, um die gewähl­ten Op­po­si­ti­ons­par­tei­en im Land­tag aus­zu­schal­ten. Und auch die an­geb­lich zurück­ge­nom­me­ne For­de­rung nach ei­nem Asyl­recht nur für christ­li­che Asyl­su­chen­de hat nur ein an­de­res Ge­wand be­kom­men. Jetzt steht dort schwarz auf weiß: ‚In Zu­kunft muss es heißen: Vor­rang für Zu­wan­de­rer aus un­se­rem christ­lich-abendländi­schen Kul­tur­kreis‘.“

Da­mit hat sich der von der CSU be­trie­be­ne re­ak­ti­onäre An­griff ver­viel­facht: Zu dem Aus­gren­zungs­ge­setz­ent­wurf mit sei­nen an­ti­de­mo­kra­ti­schen, of­fen ras­sis­ti­schen und so­wohl dem Grund­ge­setz als auch der baye­ri­schen Ver­fas­sung hohn­spre­chen­den Be­stim­mun­gen kommt nun dazu: re­ak­ti­onäre Ände­rung der baye­ri­schen Ver­fas­sung und Außer­kraft­set­zung der Op­po­si­ti­on im Land­tag. Und die Mo­bi­li­sie­rung zu ei­ner „Volks­ab­stim­mung“ ist nichts wei­ter als die Ein­be­zie­hung der für die äußers­te Re­ak­ti­on ge­winn­ba­ren kleinbürger­li­chen Mas­sen, um sich als Führer der fa­schis­ti­schen Samm­lungs­be­we­gung wei­ter zu eta­blie­ren. Ideo­lo­gisch wird die­se Samm­lungs­be­we­gung dar­auf ein­ge­schwo­ren, dass an die Stel­le des bürger­li­chen Rechts die „Leit­kul­tur“ zu tre­ten hat – ein Kampf­be­griff der fa­schis­ti­schen Willkür. So rief See­ho­fer auf dem CSU-Par­tei­tag zum Kampf ge­gen die „Links­front“ auf (d.h. Re­gie­rungsbünd­nis aus SPD, Grünen und Links­par­tei) – „Da­mit Deutsch­land Deutsch­land bleibt“.

Und so stellt sich die CSU seit den letz­ten Land­tags­wah­len in Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Ber­lin dar: Wo die AfD nur mörde­ri­sche Het­ze ver­brei­ten kann, da kann die CSU als Staats­par­tei han­deln.

Da­mit ist auch schon das meis­te zum Un­ter­schied zwi­schen AfD und CSU ge­sagt (Wei­te­res zu den Un­ter­schie­den von CSU und AfD in ih­rem Auf­tre­ten ist nach­zu­le­sen in dem Ar­ti­kel aus der Jun­gen Welt „Rot­licht: CSU“, den wir hier do­ku­men­tie­ren). Natürlich kann es der CSU nicht genügen, der AfD außer­halb Bay­erns das Feld zu über­las­sen. Ein schwie­ri­ges Pro­blem für die CSU ist das ein­ver­leib­te DDR-Ge­biet. 1989/​90 war sie mit dem Ver­such, in der DDR eine Zweig­stel­le na­mens DSU zu eta­blie­ren, elend ge­schei­tert. Eine AfD kann sie – auch auf dem frühe­ren DDR-Ge­biet, wo sie ei­gent­lich kei­ne Chan­ce hat – ne­ben sich nicht dul­den. Ein neu­er Ver­such, dort Fuß zu fas­sen, bahnt sich an – ein ge­mein­sa­mes Pa­pier zur deut­schen „Leit­kul­tur“ wur­de von der CSU und der CDU Sach­sens ge­mein­sam un­ter­zeich­net.

Die ständi­gen Zerwürf­nis­se zwi­schen CSU und CDU sind ein wei­te­res Zei­chen für eine äußerst re­ak­ti­onäre Ent­wick­lung. Vie­le auf­rech­te De­mo­kra­ten und An­ti­fa­schis­ten aber las­sen sich vom par­la­men­ta­ri­schen Mäntel­chen der CSU wie der AfD täuschen.

Da­bei ist es nichts Neu­es, dass sich Fa­schis­ten in der Ver­klei­dung bra­ver kon­ser­va­ti­ver Par­la­men­ta­ri­er präsen­tie­ren.

So besaß der ita­lie­ni­sche Fa­schis­mus un­ter Mus­so­li­ni Fle­xi­bi­lität und Kom­pro­missfähig­keit, ge­paart mit größter Bru­ta­lität und Feind­se­lig­keit ge­gen die Ar­bei­ter­klas­se. Die­se Art Fa­schis­mus er­weck­te bis zum Sturz Mus­so­li­nis die Auf­merk­sam­keit der in­ter­na­tio­na­len Bour­geoi­sie. Es gab Über­le­gun­gen, ob nicht der ita­lie­ni­sche Fa­schis­mus eine „an­nehm­ba­re“, „zi­vi­li­sier­te“ Ab­art des Fa­schis­mus sei.

Seit 1945 ist bei der deut­schen Mo­no­pol­bour­geoi­sie auch „De­mo­kra­tie“ an­ge­sagt, denn der stu­re An­ti­de­mo­kra­tis­mus des Hit­ler­fa­schis­mus war doch welt­weit zu sehr in Ver­ruf ge­ra­ten – zu­mal bei den eins­ti­gen im­pe­ria­lis­ti­schen Kriegs­geg­nern, in de­ren Wind­schat­ten man wie­der zur al­ten Größe zurück­fin­den woll­te. Die Wie­der­auf­la­ge ei­nes Fa­schis­mus im „de­mo­kra­ti­schen“ Ge­wand, in dem die So­zi­al­de­mo­kra­tie so­gar vor­erst noch Hauptstütze der Bour­geoi­sie sein kann, bis sie durch Kom­pro­mis­se und De­mo­kra­tie­spie­le­rei­en so weit in heil­lo­se Ver­wir­rung und Zer­set­zung ge­trie­ben wird und die fa­schis­ti­sche Be­we­gung so weit gestärkt wird, dass der Fa­schis­mus à la Mus­so­li­ni durch ei­nen of­fe­nen, kom­pro­miss­lo­sen Fa­schis­mus nach Art des deut­schen Nazi-Re­gimes er­setzt wer­den kann – das ist in un­se­rem Land so un­wahr­schein­lich nicht.

Bei­de großen rech­ten Ak­teu­re – CSU an vor­ders­ter Front, und dann die AfD – sind zu schein­par­la­men­ta­ri­schen In­sze­nie­run­gen nach Mus­so­li­ni-Art sehr gut in der Lage, ins­be­son­de­re die CSU kann das in ih­rer Po­si­ti­on als baye­ri­sche Staats­par­tei mühe­los ze­le­brie­ren (z.B. durch die In­tri­ge, über eine Volks­ab­stim­mung die par­la­men­ta­ri­sche Op­po­si­ti­on aus­zu­schal­ten). Bei­de trei­ben die­se Kunst so weit, dass sehr vie­le An­ti­fa­schis­ten große Zwei­fel ha­ben, ob es sich hier um fa­schis­ti­sche Sam­mel­be­we­gun­gen han­delt.

Bei­de zei­gen aber ne­ben der „de­mo­kra­ti­schen“ An­pas­sungsfähig­keit auch die Möglich­kei­ten des Ter­rors ge­gen die Ar­bei­ter­be­we­gung und der Prak­ti­zie­rung fa­schis­ti­schen Ras­sen­wahns. So zeigt z.B. der in­zwi­schen ver­ab­schie­de­te Ge­setz­ent­wurf der CSU ganz deut­lich Ele­men­te der Nürn­ber­ger Ras­sen­ge­set­ze von 1935 (der Stamm­baum deut­scher Staatsbürger wird bis zu den Großel­tern ver­folgt). Bei der De­mons­tra­ti­on am 22. Ok­to­ber 2016 in München ge­gen das „In­te­gra­ti­ons­ge­setz“ der CSU wur­de die Baye­ri­sche Po­li­zei los­ge­las­sen zum hem­mungs­lo­sen Drauf­schla­gen auf fried­lich pro­tes­tie­ren­de Bürger, dar­un­ter auch Fa­mi­li­en mit Kin­dern. Was die AfD be­trifft, so wen­de­te sich eine Spre­che­rin der Bun­des­tags­frak­ti­on der Par­tei Die Lin­ke ge­gen die Il­lu­si­on, die AfD sei eine nor­ma­le par­la­men­ta­ri­sche kon­ser­va­ti­ve Par­tei: „Viel­mehr ha­ben wir es mit ei­nem gefähr­li­chen Sam­mel­be­cken für Rechts­kon­ser­va­ti­ve, Völki­sche und Neo­na­zis zu tun.“

Was sich ge­nau in der nächs­ten Zeit ent­wi­ckeln wird, weiß natürlich nie­mand. Bei al­len großen Un­ter­schie­den zu den letz­ten Jah­ren der Wei­ma­rer Re­pu­blik gibt es doch Din­ge, die ei­nen an die­se Zeit den­ken las­sen:

Nach der Bun­des­tags­wahl 2013 gab es noch eine knap­pe Mehr­heit links von CDU und CSU – die Er­geb­nis­se der letz­ten Land­tags­wah­len zei­gen, dass die Zahl der Rechtswähler er­heb­lich wächst und die der Linkswähler er­heb­lich schwin­det (bei der Be­zeich­nung „Linkswähler“ und „Rechtswähler“ geht es nicht um die Be­ur­tei­lung der Po­li­tik von SPD, Grünen oder der Links­par­tei, es geht ein­zig dar­um, wel­che Wähler po­ten­zi­ell für den ge­mein­sa­men Kampf ge­gen die fa­schis­ti­sche Ge­fahr zu ge­win­nen sind – das sind Wähler aus dem Spek­trum der Ar­bei­ter­be­we­gung, des de­mo­kra­ti­schen Kleinbürger­tums und des an­ti­fa­schis­tisch ge­sinn­ten Bevölke­rungs­an­teils in der ein­ver­leib­ten DDR).

Bay­ern dient wie­der als Ord­nungs­zel­le und Auf­marsch­ge­biet der fa­schis­ti­schen Samm­lungs­be­we­gung, und das in ei­nem Aus­maß an Ag­gres­si­vität und Ver­let­zung des bürger­li­chen Rechts, das zur aku­ten Ge­fahr für die bürger­li­che De­mo­kra­tie in der ge­sam­ten Re­pu­blik wird.

Kräfte for­mie­ren sich neu, grup­pie­ren sich neu. Ver­schie­dens­te Grup­pie­run­gen bie­ten sich dem Mo­no­pol­ka­pi­tal als Ret­ter aus der ka­pi­ta­lis­ti­schen Kri­se an, und sie bekämp­fen sich ge­gen­sei­tig aufs Hef­tigs­te. Die CSU kann kei­ne AfD ne­ben sich dul­den, sie muss ir­gend­wie über Bay­ern hin­aus­kom­men. Ob die AfD das über­lebt, weiß nie­mand. In wel­cher Wei­se die CDU da­bei zer­rie­ben wird, steht eben­falls in den Ster­nen. Wel­che Kräfte dann auch noch aus dem Gul­ly krie­chen, um sich als „Ret­ter des Va­ter­lands“ zu präsen­tie­ren, kann auch nie­mand vor­her­sa­gen. Un­klug wäre es je­den­falls, sich darüber zu freu­en, wie sich die re­ak­ti­onärs­ten, fa­schis­ti­schen Kräfte ge­gen­sei­tig bekämp­fen. Denn die­se Kämpfe sind Spie­gel­bild der Kämpfe in­ner­halb des Fi­nanz­ka­pi­tals (d.h. dem mit­ein­an­der ver­floch­te­nen mo­no­po­lis­ti­schen In­dus­trie- und Bank­ka­pi­tal). Die­se Kämpfe sind hef­tig und gefähr­lich, sie be­rei­ten den Krieg ge­gen die im­pe­ria­lis­ti­schen Kon­kur­ren­ten vor, ge­gen den die jet­zi­gen Krie­ge nur ein Vor­spiel sind. Wel­ches Aus­maß die­se in­ner­fa­schis­ti­schen Kämpfe an­neh­men können, wis­sen wir aus der Röhm-Affäre 1934, als die Hit­ler­fa­schis­ten ein Blut­bad un­ter den ei­ge­nen Leu­ten an­rich­te­ten – wo es auch nur um die Fra­ge der Klärung von Wi­dersprüchen in­ner­halb des Fi­nanz­ka­pi­tals ging. Als die DDR vom deut­schen Im­pe­ria­lis­mus ein­ver­leibt wur­de, wur­de ge­gen vie­le Er­run­gen­schaf­ten der Ar­bei­ter­be­we­gung Krieg geführt. So wur­de auch eine wich­ti­ge Er­kennt­nis der in­ter­na­tio­na­len kom­mu­nis­ti­schen Be­we­gung 1935 verächt­lich ge­macht als so­ge­nann­te „Dimi­troff-For­mel“: Der Fa­schis­mus an der Macht ist „die of­fe­ne, ter­ro­ris­ti­sche Dik­ta­tur der re­ak­ti­onärs­ten, chau­vi­nis­tischs­ten, am meis­ten im­pe­ria­lis­ti­schen Ele­men­te des Fi­nanz­ka­pi­tals“. Heu­te wird sehr of­fen­sicht­lich, war­um ein sol­cher Feld­zug ge­ra­de im ein­ver­leib­ten DDR-Ge­biet ge­gen die so­ge­nann­te „Di­mitroff-For­mel“ geführt wur­de – weil die Rea­lität die­ser Ana­ly­se sich im­mer kla­rer zeigt. Dass die fa­schis­ti­schen Kräfte sprung­haft stärker, dreis­ter und ag­gres­si­ver wer­den, liegt letz­ten En­des nicht an ir­gend­wel­chen verrückt ge­wor­de­nen „be­sorg­ten Bürgern“. Die ei­gent­li­che Ur­sa­che ist das Be­stre­ben des deut­schen Fi­nanz­ka­pi­tals, sei­ne Ver­wer­tungs­schwie­rig­kei­ten zu be­he­ben, die He­ge­mo­nie in Eu­ro­pa zu ret­ten und ge­gen den Kon­kur­ren­ten USA an­tre­ten zu können. Die ver­schie­de­nen Kri­sen der EU („Ban­ken­kri­se“, „Flücht­lings­kri­se“, „Brex­it“ und das Auf­tre­ten der „EU-Skep­ti­ker“ in CSU, AfD und sons­ti­gen re­ak­ti­onärs­ten Krei­sen usw.) so­wie die ag­gres­si­ve Po­li­tik ge­gen Russ­land bei gleich­zei­ti­ger Op­ti­on ei­nes Bünd­nis­ses mit Russ­land ge­gen die USA – all das spricht Bände, wel­che Schlach­ten da in­ner­halb der Mo­no­pol­bour­geoi­sie – der deut­schen und in­ter­na­tio­nal – ge­schla­gen wer­den.

Ver­ges­sen wer­den darf nicht, wie weit der Staats­ap­pa­rat im­mer wei­ter um­ge­baut und aus­ge­rich­tet wird, zu ei­ner Waf­fe wird, die durch eine fa­schis­ti­sche Dik­ta­tur leicht zu über­neh­men ist. Das 1949 von den West­al­li­ier­ten ver­ord­ne­te Tren­nungs­ge­bot von Po­li­zei und Ge­heim­diens­ten wur­de auf­ge­ho­ben, Mit der „Zi­vil­mi­litäri­schen Zu­sam­men­ar­beit“ wird eine Bürger­kriegs­ar­mee ge­schaf­fen. Grund­rech­te wer­den ein­ge­schränkt oder be­sei­tigt. In München wur­de im Som­mer 2016 die gan­ze Stadt ge­sperrt, völlig lahm­ge­legt, in Gei­sel­haft ge­nom­men und durch be­waff­ne­te Zi­vil­po­li­zis­ten in Angst und Schre­cken ver­setzt und das al­les im an­geb­li­chen „Kampf“ ge­gen ei­nen Amokläufer. Seit­dem trifft die Kriegs­mi­nis­te­rin von der Ley­en kon­kre­te Vor­be­rei­tun­gen zum Ein­satz der Bun­des­wehr im In­land. „Der Anti-Ter­ror-Kampf ist eine neue Form des Kriegs der herr­schen­den Klas­se, der nicht bloß nach außen ge­rich­tet ist, son­dern auch nach in­nen. Mit der gleich­zei­ti­gen De­mon­ta­ge des Ver­samm­lungs­rechts und den An­grif­fen auf das Streik­recht sol­len uns die we­ni­gen Waf­fen ge­nom­men wer­den, die wir ge­gen die­sen An­griff über­haupt ha­ben.“3

Wie ge­sagt, wir wis­sen so we­nig wie je­der an­de­re, wann die Mo­no­pol­bour­geoi­sie die So­zi­al­de­mo­kra­tie als ihre so­zia­le Hauptstütze ver­ab­schie­det, wann sie ge­ra­den Kurs auf den Fa­schis­mus nimmt. Ohne Zwei­fel geht aber die Ten­denz sehr stark in die­se Rich­tung und wir müssen uns jetzt dar­auf vor­be­rei­ten. Sich vor­be­rei­ten heißt, sich so in Stel­lung zu brin­gen, dass es uns doch noch ge­lin­gen kann, die­sen kom­men­den fa­schis­ti­schen An­griff zu ver­hin­dern – was gleich­zei­tig der bestmögli­che Kampf ge­gen die Welt­kriegs­ge­fahr wäre. Die Ab­wehr ei­nes fa­schis­ti­schen An­griffs ge­mein­sam mit den so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen und par­tei­lo­sen Ar­bei­tern würde im schlech­tes­ten Fall die So­zi­al­de­mo­kra­tie als so­zia­le Hauptstütze des Mo­no­pol­ka­pi­tals ret­ten (was im­mer noch güns­ti­ger für die Möglich­kei­ten der Ar­bei­ter­klas­se wäre als dem Fa­schis­mus aus­ge­lie­fert zu sein). Im bes­ten Fall würde die­ser Kampf zur Re­vo­lu­tio­nie­rung der so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen und par­tei­lo­sen Ar­bei­ter, zur Ein­heit der Ar­bei­ter­klas­se führen – und da­mit hätten wir ei­nen großen Schritt ge­tan, dem Ka­pi­ta­lis­mus end­lich sein ver­dien­tes Ende zu be­rei­ten.


KAZ-Frak­ti­on „Für Dia­lek­tik in Or­ga­ni­sa­ti­ons­fra­gen“


Anmerkungen:
1 Lenin, Kapitalismus und Arbeiterimmigration, LW Bd. 19, S. 447
2 Bericht von Wilhelm Pieck in: Die Brüsseler Konferenz der KPD (3.-15. Oktober 1935), Frankfurt am Main 1975, S. 78f
3 Renate Münder auf der II. Konferenz „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“, www.gegen-den-hauptfeind.de/texte/2010/notstand/



 
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