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Dossier: Hnde weg von Libyen! // Aufstand in Libyen: Metropolen planen die
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Am heutigen Donnerstag stimmt das Europaparlament im französischen Strasbourg über einen "Gemeinsamen Resolutionsantrag" aller Fraktionen mit Ausnahme der föderalen Fraktion Vereinte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL) zur "Südlichen Nachbarschaft und speziell Libyen" ab. Das Papier unterstützt unter anderem die mögliche Entscheidung des UN-Sicherheitsrats über eine Flugverbotszone in Libyen. Allerdings wird der Antrag vom deutschen GUE/NGL-Fraktionsvorsitzenden Lothar Bisky (Die Linke) und den Mitgliedern der Parlamentariergruppe Miguel Portas (Bloco de Esquerda, Portugal) und Marie-Christine Vergiat (Front de Gauche, Frankreich) befürwortet."

Großbildansicht bisky.jpg (45.3 KB)
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Bisher nannte Die Linke die Forderung nach einer militärischen Intervention »Kriegstreiberei«
Wenn diese Meldung stimmt - was bedeutet das? Was folgt daraus, wenn ein herausragender Vertreter der deutschen Linkspartei wie Bisky sich gegen die Positionen seiner eigenen Partei wendet und zusammen mit den Sozialdemokraten und der Rechten für einen Überfall auf Libyen - denn um nichts anderes handelt es sich, ungeachtet der vorgeschobenen Menschenrechtsheuchelei - stimmt?

Wird Bisky veranlasst werden, seinen Sitz im EU-Parlament aufzugeben oder wenigstens erklärt werden, dass er dort nicht mehr als Vertreter der deutschen Linkspartei sein Mandat wahrnimmt? Wird er wegen Kriegstreiberei aus der Partei ausgeschlossen werden? Wird man ihm nahelegen, endlich in die SPD einzutreten? Das wäre in jedem Fall zwingend, egal wie Bisky letzten Endes abstimmt. Denn er hat damit offengelegt, wo er mit der Linkspartei hin will.

Für jeden, der die Entwicklung der Linkspartei verfolgt, ist zu spüren, dass die friedenspolitische Position der Linkspartei nicht unumstritten ist, dass es Mandatare und Funktionäre gibt, die diese aufweichen wollen, um sie letzten Endes zu überwinden und mit dem der übrigen Bundestagsparteien kompatibel zu machen. Es geht ums "Ankommen", um die "Regierungsfähigkeit". Als Rammbock dient in Sachen Friedenspolitik, die Diskussion darauf zu lenken, ob man nicht vielleicht doch, wenn es ein UN-Mandat gibt ... - eine hinterfotzige Diskussion! Was für Schweinereien sind nicht schon mit UN-Mandaten abgesegnet worden?! Erinnert sich, nur zum Beispiel, noch jemand an den Korea-Krieg, in dem die USA mit einem Mandat der UNO ein ganzes Land buchstäblich dem Erdboden gleichgemacht haben?

Aus der Linkspartei und anderen Mitgliedsparteien der Europäischen Linkspartei und von den kommunistischen Parteien, die eine Mitgliedschaft in der ELP ablehnen, gibt es klare Worte zu Libyen. In der "jungen Welt" steht dazu: "Sabine Lösing (Die Linke, Deutschland) bezeichnete die Unterstützung einer Flugverbotszone als 'Autorisierung von Krieg', der 'als Angriffskrieg betrachtet werden' sollte. Willy Meyer (Izquierda Unida, Spanien) warnte in einem Brief an Bisky, Portas und die Länderdelegationen in der Fraktion, die GUE/NGL könne 'diese rote Linie nicht überschreiten'. Er verwies auf die Äußerung von US-Verteidigungsminister Robert Gates, wonach 'eine Flugverbotszone mit einer Attacke zur Zerstörung der libyschen Luftabwehr beginnt', d. h. mit einer militärischen Intervention. Die Resolution demonstriere erneut die doppelten Standards in Bezug auf humanitäre Krisen oder kriminelle Handlungen von Staaten, mit denen die Gemeinschaft Assoziationsabkommen habe. So habe die 'Aggression Israels gegen Libanon oder das Massaker an der Zivilbevölkerung in Gaza die internationale Gemeinschaft nicht veranlaßt, eine Flugverbotszone in Israel einzurichten'. Die beiden Abgeordneten der Griechischen Kommunistischen Partei KKE, Georgios Toussas und Charalampos Angourakis, sowie die Abgeordneten der Portugiesischen Kommunistischen Partei kündigten ihr Nein zu der Resolution an."

Aber damit ist es nicht getan. Wenn Biskys Verhalten keine Konsequenzen hat, stellt es einen weiteren Schritt dar, die Linkspartei von ihrem Antikriegs-Kurs abzubringen. Langsames Rutschen führt auch in den Dreck. Es dauert bloss länger bis man drin liegt.

Informationen der Kommunistischen Plattform der Partei DIE LINKE:

Alleingang Lothar Bisky's im Europäischen Parlament.


Sehr geehrter Genosse Lothar Bisky,

Am 10. März 2011 behandelte das Europäische Parlament einen gemeinsamen Entschließungsantrag "Zu den südlichen Nachbarländern der EU, insbesondere Libyen" aller Fraktionen mit Ausnahme der konföderalen Fraktion GUE/NGL. Gemeinsam mit zwei weiteren Abgeordneten der Fraktion GUE/NGL hast Du diesen Antrag, der die Forderung der nach der Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen einschließt, mit eingereicht.

Dies widerspricht den jüngsten Erklärungen aus den Reihen unserer Partei. Dies widerspricht den in der LINKEN geltenden friedenspolitischen Prinzipien. Dies ist eine Zustimmung zu einem möglichen Krieg der NATO. Man muss Gaddafi nicht mögen, um NATO-Kriege prinzipiell abzulehnen.

Du bist in einer verantwortungsvollen Position, und wir nehmen daher Deinen Alleingang sehr ernst, auch wenn Du mittlerweile ebenso eine Erklärung von Teilen der Delegation der LINKEN unterzeichnet hast, in der jede militärische Intervention in Libyen abgelehnt wird.

Letztlich aber stimmtest Du im Europäischen Parlament - wenngleich als einziger aus der Delegation der LINKEN - dem Entschließungsantrag "Zu den südlichen Nachbarländern der EU, insbesondere Libyen" zu.

Dein zwiespältiges Verhalten ist für uns ein Grund mehr, in der Programmdebatte für den Erhalt der in der Partei geltenden friedenspolitischen Prinzipien zu kämpfen.

Bundessprecherrat der Kommunistischen Plattform der Partei DIE LINKE



 


 
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  Kommentar zum Artikel von retmarut:
Freitag, 11.03.2011 - 10:51

Laut Redglobe stimmten 11 EP-Abgeordnete der GUE/NGL für die Resolution, also für militärische Maßnahmen ("Flugverbotszone") gegen die libysche Republik; darunter auch Lothar Bisky.
Lediglich 14 der 34 Fraktionsmitglieder stimmten gegen die Resolution; das ist nicht einmal die Hälfte der Fraktion.
Für die Kriegspolitik gegen Libyen haben aus der Fraktion gestimmt:

Jaromír KOHLÍČEK (KSČM)
Kartika Tamara LIOTARD (Socialistische Partij)
Jiří MAÅ TÁLKA (KSČM)
Marisa MATIAS (Bloco de Esquerda)
Lothar BISKY (PDL)
Jean-Luc MÉLENCHON (Front de gauche)
Miguel PORTAS (Bloco de Esquerda)
Vladimír REMEK (KSČM)
Søren Bo SØNDERGAARD (Folkebevægelsen mod EU)
Rui TAVARES (Bloco de Esquerda)
Marie-Christine VERGIAT (Front de gauche)






  Kommentar zum Artikel von retmarut:
Donnerstag, 10.03.2011 - 19:17

Als ich das heute in der jW las, war mein erster, spontaner Gedanke "Scheidemann-Bisky".

Ich vermute, die Entscheidung über den Kurs der PDL wird nicht auf dem Programmparteitag fallen. Dort können Pflöcke in die eine oder andere Richtung geschlagen werden, die unterschiedlichen Positionen bleiben aber bestehen.

Was Rosa Luxemburg schon 1899 in ihrer Artikelreihe "Miliz und Militarismus" über die SPD schrieb, lässt sich heute auf die PDL übertragen:

"In dem Militarismus kristallisiert sich die Macht und die Herrschaft ebenso des kapitalistischen Staates wie der bürgerlichen Klasse, und wie die Sozialdemokratie die einzige Partei ist, die ihn prinzipiell bekämpft, so gehört auch umgekehrt die prinzipielle Bekämpfung des Militarismus zum Wesen der Sozialdemokratie. Die Verzichtleistung auf den Kampf mit dem militärischen System läuft praktisch auf die Verleugnung des Kampfes mit der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung überhaupt hinaus."